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{"created":"2022-01-31T16:54:38.168662+00:00","id":"lit14901","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Szili, Adolf","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 359-387","fulltext":[{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"\u201e Flatternde Herzen \u201c.\nVon\nAdolf Szili\nin Budapest.\n(Vorgelegt und demonstriert in der mathem. und naturwissenscli.aftlich.en\nKlasse der k\u00f6nigl. ungarischen Akademie der Wissenschaften am 14. M\u00e4rz 1892.)\nAls ich meinen ersten Erkl\u00e4rungsversuch d\u00e7r \u201eflatternden Herzen\u201c machte,1 ist mir sofort eine Anzahl von eigent\u00fcmlichen Erscheinungen aufgefallen, deren Studium ich erst in der Folge gesondert vorzunehmen gedachte. Meine diesbez\u00fcglichen Untersuchungen haben mich zu einer Reihe von Beobachtungen gef\u00fchrt, die in solchem Mafse das in meiner ersten Mitteilung Enthaltene erg\u00e4nzen und zum Teil berichtigen, dafs ich glaube, mit ihrer Ver\u00f6ffentlichung nicht z\u00f6gern zu m\u00fcssen. Ich halte diese Beobachtungen allerdings noch immer nicht f\u00fcr abgeschlossen, denn die Versuchsobjekte sind so zahlreich, und die Versuchsumst\u00e4nde k\u00f6nnen so vielfach variiert werden, dafs die m\u00f6glichen Kombinationen nahezu unersch\u00f6pflich sind. Aber ich sehe, was mich selbst betrifft, dafs ich vorl\u00e4ufig mit ihnen nicht weiter gelange, und aufserdem glaube ich, dasjenige, was ich hier angeben werde, mit dem bisher Erreichten schon gen\u00fcgend st\u00fctzen zu k\u00f6nnen.\nIch habe meine ersten Versuche auf Rot und Orange gemacht, mit welchen Farben das sogenannte Flattern am\n1 A. Szili, Zur Erkl\u00e4rung der \u201eflatternden Herzen.\u201c Du Bois-Beymonds Archiv f. Physiologie. Jg. 1891. S. 157.","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"360\nAdolf Szili.\nleichtesten zu erzielen ist, weil es aus gewissen Gr\u00fcnden, deren ich auch noch gedenken werde, bei ihnen den weitesten Spielraum hat. Ich bespreche sie hier wiederum an erster Stelle, weil ich haupts\u00e4chlich zur Analyse ihres Ergebnisses erst meine \u00fcbrigen Versuche angestellt habe. Diese haben zum Teil ganz merkw\u00fcrdige, bisher unbekannte Erscheinungen geliefert. Die wichtigsten unter ihnen sollen hier ausf\u00fchrlich beschrieben werden in einer Reihenfolge, die sich zugleich zur gew\u00fcnschten Analyse dienlich erweisen wird. Ich habe aufser diesen noch eine Anzahl von Versuchen angestellt, welche, teils die an sie gekn\u00fcpften negativen Erwartungen best\u00e4tigend, teils gewisse positive Erwartungen t\u00e4uschend, erfolglos geblieben sind. Blofs diejenigen, bei welchen diese Verneinung bez\u00fcglich des Gegenstandes nicht v\u00f6llig belanglos ist, werde ich an geeigneter Stelle erw\u00e4hnen.\nDa die Erscheinungen, von welchen hier die Rede sein wird, in den meisten F\u00e4llen erst bei schwacher k\u00fcnstlicher Beleuchtung zu voller Geltung gelangen, werde ich s\u00e4mtliche Versuche, die ich wohl wiederholt bei verschiedener Beleuchtung angestellt habe, der Einheitlichkeit halber nur nach dem Ergebnis unter dem Lichte einer Kerze beschreiben.1 Um die Einzelheiten der Erscheinung besser beurteilen zu k\u00f6nnen, habe ich es f\u00fcr ratsam gehalten, teils kreisrunde, teils viereckige Papierscheiben von wenigstens 1,5 cm Durchmesser als Objekte zu nehmen. Zu beiden Seiten dieser \u201eflatternden Marke\u201c befindet sich auf dem Grunde, auf welchem sie aufgeklebt ist, in etwa 2\u20143 cm horizontaler Entfernung, noch je eine kleinere \u201eGegenmarke\u201c, welche nicht flattern darf, sondern dadurch, dafs sie die Bewegungen des Grundes anzeigt, die scheinbare Labilit\u00e4t der mittleren um so auffallender macht. Diese Gegenmarken sind auf hellem Grunde am besten schwarz, auf dunklem Grunde weifs.\nZur Bezeichnung der bei den folgenden Versuchen verwendeten Farben beziehe ich mich zum Teil auf die Heidelberger Kollektion HelmholtzscIier Farbenpapiere vom Mechaniker Jung; hier werde ich zur Farbennummer die Quelle kurzweg\n1 Wer mit \u00e4hnlichen Untersuchungen vertrant ist, wird auch bei Lampenlicht die n\u00f6tige Distanz f\u00fcr jeden einzelnen Versuch zu finden wissen.","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"Flatternde Her gen\u201c.\n361\n\u201eBlumenpapier\u201c nennen. Da ich. aber manches wichtige Ergebnis mit Farbennuancen erhielt, die in meiner Heidelberger Kollektion nicht enthalten sind, und mir Herr Jung auch f\u00fcr die zur Verwendung gelangten verschiedenen Nuancen des Grau keinen Index liefern konnte, werde ich diese \u00fcbrigen gelegentlich mit der Nummer der Musterkollektionen von Umschlagpapieren, Buntpapieren und Einbandleinwanden bezeichnen, der die gebrauchte Farbe entspricht. Diese Kollektionen sind:\n1.\t\u201eKarl Louis Posners Musterbuch von farbigen Umschlagpapieren der Leykam-Josephsthaler Papier - Industrie-Actien-gesellschaft\u201c. Diese Quelle werde ich kurz Umschlagpapier nennen.\n2.\t\u201eMusterbuch von Buntpapieren. Fabriksniederlage f\u00fcr Buchbinderartikel\u201c. Budapest V, Elisabethplatz 5. Kurz: Bunt-p apier.\n3.\t\u201eLeinwandmusterkarte der ersten ungarischen Buchbinderartikel-Fabriksniederlage\u201c, (ebendaselbst). Kurz: Einbandleinwand.\nJedermann, der die Versuche, die ich nun beschreiben werde, nachzumachen gedenkt, wird sich stets daran zu erinnern haben, dafs die verschiedenen Kombinationen zum Teil unter ungleicher Beteiligung der dem Flattern im allgemeinen g\u00fcnstigen Bedingungen ihre Wirksamkeit entfalten. Ich wollte bez\u00fcglich dessen stellenweise die an mir selbst gemachten Erfahrungen angeben;1 allein sie w\u00fcrden sich kaum immer als zutreffend bew\u00e4hren, nicht so sehr wegen der etwa anzunehmenden individuellen Verschiedenheit der Beobachter (wenn ich von Farbenblindheit und \u00e4hnlichen St\u00f6rungen absehe), sondern mehr infolge der wechselnden Disposition des einzelnen. Ich selbst sehe die mit jeder besonderen Kombination zu erzielenden Erscheinungen nicht stets unter v\u00f6llig gleichen \u00e4ufseren Bedingungen. Ich will gerade darum, weil ein fl\u00fcchtiger Beobachter hierdurch leicht zu einem falschen Urteil verleitet werden k\u00f6nnte, schon jetzt zu Beginn ausdr\u00fccklich betonen, dafs keine der hier als wirksam angef\u00fchrten Kombinationen jemals versagen darf, wenn auch das Mafs der Bedingungen, welche zum Hervorrufen der ihr zugeschriebenen Erscheinung erforderlich sind, ab und zu schwankt.\n1 In der ersten Versuchsreihe habe ich es gethan.","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362\nAdolf Sz\u00fci.\nErste Versuchsreihe.\nFlattern auf rotem und orangefarbigem Grund.\n1.\tRoter Grund (Blumenpapier, No. 1\tI\nKarmin), kreisrunde gr\u00fcne Scheibe (Blumen- Versuch, papier, No. 7 Nachtgr\u00fcn).\nWenn ich diese Tafel etwa in einem Meter Entfernung von der Kerzenflamme vor mir halte, indem ich meinen Blick auf die gr\u00fcne Scheibe richte, so bemerke ich bald \u00fcber der letzteren einen hellen glanz \u00e4hnlichen Schimmer, welcher mit den leichtesten Schwankungen meiner Hand oder meines Blickes erzittert. Bewege ich die Tafel in m\u00e4fsigem Tempo1 und in kurzen Abweichungen in ihrer Ebene hin und her, dann bleibt dieser Schimmer als zusammenh\u00e4ngendes zweites Bild der Scheibe offenbar mit meinem nicht rasch genug folgenden Auge zur\u00fcck. Am besten kann ich darum die Erscheinung beobachten, wenn ich bei dem Versuche wom\u00f6glich die gleiche Blickrichtung beibehalte. Beim Hin- und Herbewegen des Blattes schiebt sich bald rechts, bald links von der wirklichen Scheibe ein sichelf\u00f6rmiges St\u00fcck dieses zweiten Bildes \u00fcber den roten Grund, w\u00e4hrend am entgegengesetzten Rande immer ein ebensogrofses sichelf\u00f6rmiges St\u00fcck der Scheibe selbst von dem Schimmer frei wird. Wenn ich bei diesem Versuche meine Aufmerksamkeit auf die Vorg\u00e4nge an immer demselben Rande der Scheibe gerichtet halte, so erscheint mir das zur\u00fcckbleibende sichelf\u00f6rmige St\u00fcck des zweiten Bildes ganz untr\u00fcglich in der Farbe des roten Grundes, jedoch viel heller als dieser; hingegen sehe ich das St\u00fcck der Scheibe selbst, welches bei der Bewegung jenem zweiten Bilde vorauseilt, in ihrer urspr\u00fcnglichen gr\u00fcnen Farbe, aber wesentlich dunkler, als der von dem Schimmer bedeckte Teil der Scheibe. Um mich von dem Gesagten zu \u00fcberzeugen, mufs ich meine Aufmerksamkeit gesondert eine Zeit lang bald blofs dem schwankenden Scheinbilde, bald blofs der Scheibe zuwenden.\n2.\tWenn auf demselben roten Grunde eine\tII.\nblaue Marke (BlumeDpapier, Nr. 11 UltramarinIII) Versuch, befestigt ist, kann ich dieses Hin- und Herschwanken des subjektiven zweiten Bildes noch besser beobachten, weil die\n1 Rasche Bewegung hindert die Beobachtung der Einzelheiten der Erscheinung.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"Flatternde Herzen\u201c.\n363\nMarke in dieser Farbe sieh kr\u00e4ftiger von ihm differenziert, als wenn sie gr\u00fcn ist.\n3. Wenn ich auf demselben roten Grunde III. eine neutral graue Marke (Einbandleinwand\tVersuch.\nNr. 69)1 ben\u00fctze, so erhalte ich diese Erscheinung des Flatterns ebenfalls ganz deutlich. Auf die Wichtigkeit dieses Resultates habe ich schon in meiner ersten Mitteilung aufmerksam gemacht und werde ich noch im Verlaufe dieser Abhandlung zur\u00fcckkehren.\nV\u00f6llig gleiche Beobachtungen, wie die hier mitgeteilten, mache ich mutatis mutandis mit allen Helligkeitsgraden des Rot und mit jedem Orange als Farbe des Grundes, so dafs es unn\u00f6tig erscheint, die einzelnen Versuche besonders anzuf\u00fchren.\nAnstatt vieler nenne ich blofs ein Beispiel: Orange-\tIV.\u2014VI.\nfarbiger Grund (Blumenpapier No. 18. V) 1. Gr\u00fcne Versuch. Marke (Buntpapier G'. 2. Blaue Marke (Umschlagpapier 510. No. 10). 3. Graue Marke (Umschlagpapier 55, No. 19). (Entfernung von der Kerze ca. 1,5 Meter. 2 und 3 erfordert eine etwas gr\u00f6fsere Entfernung als 1.)\nReines Gelb habe ich weder als Grund noch sp\u00e4ter als Marke verwenden k\u00f6nnen. Es verh\u00e4lt sich wie Weifs, welches ebenfalls kein Flattern aufkommen l\u00e4fst. Bei herabgesetzter Beleuchtung wird bei jeder Kombination des Gelb mit einer anderen Farbe der Helligkeitsunterschied zwischen Grund und Marke dermafsen zu grofs, dafs schon allein damit f\u00fcr die Erscheinung ein un\u00fcberwindliches Hindernis gegeben ist.\nWer die oben angegebenen Versuche mit der Farbe des Grundes vom ges\u00e4ttigten Rot bis zum hellsten Orange durchmacht, macht bald die Wahrnehmung, dafs zur Erzielung eines v\u00f6llig gleichen Effektes mit der Helligkeit des Grundes auch diejenige der Objekte in stets gleichem Mafse zu- und abnehmen mufs. Damit steht es nicht im Widerspruch, dafs die Lichtst\u00e4rke der Marke dennoch auch f\u00fcr einen und denselben Grund innerhalb bestimmter Grenzen verschieden sein kann, ohne dafs die Kombination\n1 Zu allen Versuchen mit grauen Marken kann man diese noch besser dadurch herstellen, dafs man die gew\u00fcnschten Formen aus rauhem weifsen Papier schneidet und, nachdem sie aufgeklebt sind, mit Bleistift und Wischer sorgf\u00e4ltig gleichm\u00e4fsig schattiert, bis die wirksame Nuance erreicht ist.","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364\nAdolf Szili.\nihre Wirksamkeit verliert. Jedoch gestaltet sich dann die entsprechende Netzhautreaktion auf folgende Weise verschieden.\nEs ergiebt sich, dafs dann, wenn die Marke dem Grunde an Helligkeit m\u00f6glichst nahesteht, der objektive Eindruck von der subjektiven Reaktionsempfindung dermafsen \u00fcbert\u00f6nt wird, dafs fast ausschliefslich das schwankende Scheinbild zur Perzeption gelangt, und ich nur bei angestrengter Aufmerksamkeit das jeweilig in der Bewegungsrichtung des Blattes freiwerdende Segment der Marke entdecken kann. Darum l\u00e4fst sich auch mit solchen Objekten, deren Helligkeit dem des Grundes gleichkommt, die Erscheinung der tanzenden Figuren am t\u00e4uschendsten erzielen: man erh\u00e4lt eine \u00fcberraschend reine Scheinbewegung. Nimmt man die Marken merklich heller, als den Grund, dann ergiebt sich keine nennenswerte Reaktion, mithin auch keine Scheinbewegung. Sehr interessant gestaltet sich aber das Ph\u00e4nomen, wenn man die Marken gradweise dunkler nimmt. Erst dann entsteht die fr\u00fcher beschriebene Erscheinung des Vorbeischwankens eines zweiten Bildes \u00fcber dem sichtbar bleibenden wirklichen Objekt; erst jetzt l\u00e4fst sich mit gen\u00fcgender Deutlichkeit bemerken, wie bei den m\u00e4fsig raschen Bewegungen in der Ebene das in der Bewegungsrichtung von dem Scheinbilde freiwerdende Segment der Marke die eigene Farbe, das Segment des Scheinbildes, welches durch sein Zur\u00fcckbleiben an dem der Bewegungsrichtung entgegengesetzten Rande der Marke erscheint, die Farbe des Grundes hat. Die sichere Beurteilung dieser Einzelheiten der Erscheinung erfordert einige Umsicht : unge\u00fcbte Personen sehen zuweilen anfangs alles umgekehrt; sie lokalisieren nicht blofs das jeweilig auftauchende helle und dunkle Segment falsch, sondern sie glauben auch, dafs die Scheinbewegung in einem Vorauseilen der Marke besteht.\nZu den bei diesen Versuchen beobachteten Erscheinungen geh\u00f6ren noch folgende:\nWenn die Marke in allm\u00e4liger Abstufung dunkler verwendetwird, dann r\u00fcckt die Erscheinung des Flatterns in kreisf\u00f6rmigen Zonen immer mehr vom centralen Sehen ab, bis sie endlich auch f\u00fcr das exzentrische Sehen v\u00f6llig aufh\u00f6rt. Die Grenze der Helligkeitsverminderung, bei welcher noch Flattern in der Peripherie erzielt werden kann,","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n365\nscheint nicht f\u00fcr alle Farben gleich weit zu sein. Zugleich bemerke ich, dafs bei solchen Marken, die ob ihrer relativen Dunkelheit in der N\u00e4he der Kerze nur im exzentrischen Sehen flattern, die Zone des Flatterns mit der zunehmenden Entfernung von der Kerze (also mit der abnehmenden Beleuchtung) sich dem centralen Sehen wieder n\u00e4hert, bis die dunklere Marke bei einer gewissen Herabsetzung der Beleuchtung das gleiche Ph\u00e4nomen bietet, wie die relativ hellere Marke in st\u00e4rkerem Lichte.1 Das hier Beobachtete steht wohl in Beziehung zu der bekannten Gleichartigkeit des Verhaltens der Farbenperzeption im exzentrischen Sehen mit demjenigen des centralen Sehens bei verminderter Beleuchtung.\nAbgesehen von der Alteration, welche sich an jeder der hier verwendeten Marken auf rotem und orangefarbigem Grunde bez\u00fcglich ihres Aussehens schon im centralen Sehen bemerkbar macht, ergiebt sich noch eine weitere Ab\u00e4nderung im exzentrischen Sehen. Jede der 3 Marken (Gr\u00fcn, Blau und Grau) wird n\u00e4mlich aufserhalb einer um den Fixationspunkt konzentrischen Zone sehr rasch auffallend hell. Die Aufhellungszone ist vielleicht nicht f\u00fcr jede Farbe der Marken gleich weit: ich konnte es aber nicht sicher entscheiden, weil ich kein sicheres Mals daf\u00fcr habe, die verschiedenfarbigen Marken v\u00f6llig gleich lichtstark auszuw\u00e4hlen oder herzustellen, und f\u00fcr relativ verschieden helle Marken von einer und derselben Farbe sind die Zonen der gleichwertigen Aufhellung wirklich verschieden weit; sie erfolgt um so weiter vom Centrum, je dunkler die Marke im Verh\u00e4ltnis zum roten oder orangefarbigen Grunde ist; hingegen tritt sie um so n\u00e4her zum Centrm schon ein, je schw\u00e4cher die Beleuchtung ist. Die Weite der Aufhellungszone steht also im umgekehrten Verh\u00e4ltnis zur relativen Helligkeit der Marke und im geraden Verh\u00e4ltnis zur Beleuchtung.\nDas absolute Maximum der Aufhellung ist der objektiven Lichtst\u00e4rke der verschiedenen Marken proportional, so dafs die dunklere unter mehreren Marken auch nach erfolgter maximaler Aufhellung, in derselben Entfernung vom Fixationspunkte, als die dunklere erscheint. Gleichwohl l\u00e4fst sich mit verschieden\n1 Das gleiche Ziel erreicht man durch Vorhalten rauchgrauer Gl\u00e4ser. Zeitschrift f\u00fcr Psychologie III.\t24","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366\nAdolf Ssili.\nhellen Marken von gleicher Farbe auf rotem und orangefarbigem Grund durch eine passende r\u00e4umliche Verteilung, bei welcher die hellste Marke dem Fixationspunkt am n\u00e4chsten, die dunkelste sich am weitesten von ihm befindet, der Eindruck erzielen, dafs s\u00e4mtliche Marken v\u00f6llig gleich erscheinen, und zwar nicht blofs bez\u00fcglich der Helligkeit und F\u00e4rbung, sondern auch bez\u00fcglich des Grades jener Netzhauterregung, auf welcher die Erscheinung des Flatterns beruht : flattert eine Marke, so flattern alle, die nun im gleichen Helligkeitsgrade erscheinen, mit gleicher Intensit\u00e4t. All das \u00e4ndert sich aber sofort, wenn die Blickrichtung derart ver\u00e4ndert wird, dafs die relative Entfernung der einzelnen Marken vom Fixationspunkte nicht die gleiche bleibt.\nUm ein wirksames Beispiel zu geben, empfehle ich\tVII.\nauf dem orangefarbigen Grund (Blumenpapier No. 18) Versuch, die folgenden drei gr\u00fcnen kreisf\u00f6rmigen Marken von ca. 2 cm Durchmesser: 1. Blumenpapier No. 23 Giftfreies Gr\u00fcn VI, 2. Bunt-(Gelatin)papier G. und 3. Blumenpapier No. 7 Nachtgr\u00fcn senkrecht \u00fcbereinander mit Intervallen von etwa 2 cm anzubringen. Im direkten Sehen flattert mit den charakteristischen Erscheinungen die unterste Marke in 0,5 m von der Kerzenflamme, die mittlere in 1,0 m, die oberste in 2 m Entfernung. Wenn ich in 1,5 m von der Kerze den Blick auf den oberen Band der unteren (hellsten) Marke gerichtet halte, erscheinen mir alle drei Marken an Farbe und Helligkeit v\u00f6llig gleich, und wenn ich das Blatt in seiner Ebene hin- und herbewege, zeigen sie gleichm\u00e4fsige Scheinbewegungen. Ebensoleicht ist es, dasselbe Experiment mit blauen Marken anzustellen. Vollends mit grauen Marken, die man nicht aus vorhandenem Material auszuw\u00e4hlen gezwungen ist, sondern sich selbst in jedem Helligkeitsgrade anfertigen kann, l\u00e4fst sich zu dem gleichen Zweck eine reichere Stufenleiter mit k\u00fcrzeren Zwischenr\u00e4umen anbringen. Mit Ber\u00fccksichtigung der schon einmal angegebenen Bedingungen l\u00e4fst sich der gleiche Erfolg auf dem Grunde von Bot und Orange eines jeden beliebigen Helligkeitsgrades erzielen.\nAns den bisher beschriebenen Versuchen haben wir zun\u00e4chst erfahren, dafs die Erscheinung des Flatterns durch Kombinationen von Farben zu erhalten ist, die im Spektrum sich ungleich weit voneinander befinden. Und dazu mufs jetzt noch erw\u00e4hnt werden, dafs wir auch mit H\u00fclfe von violetten Marken in dieser Gruppe sehr gut die Erscheinung hervorrufen k\u00f6nnen. Ich berichte hier\u00fcber erst nachtr\u00e4glich, weil das Verhalten des Violett, wie wir bald sehen werden, sich in wichtiger Hinsicht von demjenigen der bisher benutzten Farben unterscheidet.","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n367\nVIII.\nVersuch.\nIX.\nVersuch.\n1.\tAuf Rotbraun (Buntpapier 149 und 290) flattert eine Marke von Blumenpapier No. 14 Neuviolett VII \u00e4ufserst lebhaft in 1,5 m Entfernung von der Kerze.\n2.\tAuf Orange (Blumenpapier No. 18, V.) flattert eine hellviolette Marke (Umschlagpapier 57 No. 11) ebensogut in gleicher Entfernung.\nEs k\u00f6nnte sonach, scheinen, dafs dann, wenn die Marke eine Farbe hat, diese der entgegengesetzten H\u00e4lfte des Spektrums angeh\u00f6ren mufs; aber ich kann schon hier ein Beispiel anf\u00fchren, welches dem widerspricht. Auf dunklem Karmin (Buntpapier 149) flattern Blumenpapier Vcreuch No. 5 Braunrot II in 1 m von der Kerzenflamme und No. 9 Braunrot Y in 0,5 m.\nWenn wir hierzu nun noch die Erfolge rechnen, die wir auf dem Grunde von hellem Orange bis zum dunkeln Karmin mit den Marken von entsprechend hellem bis dunklem Grau erhalten (auf dem zuletzt benutzten Karmin flattert Blumenpapier No. 16 Schwarz I oder eine Marke aus schwarzem Karton, der in jeder Papierhandlung zu haben ist), so erscheint uns vorl\u00e4ufig so viel sicher, dafs bei den bisher angestellten Versuchen die eigent\u00fcmliche Netzhauterregung, welche zur optischen T\u00e4uschung des Flatterns f\u00fchrt, vorzugsweise durch die Einwirkung des farbigen Grundes entsteht. Die Marke hat blofs die Aufgabe, eine geeignete Unterbrechung des Grundes herzustellen, auf welcher jene Netzhhauterregung sich reaktiv \u00e4ufsern kann. Wir werden sp\u00e4ter sehen, dafs unter geeigneten Umst\u00e4nden umgekehrt auch eine farbige Marke auf farblosem Grunde die gleiche Netzhauterregung hervorruft.\nUnter den f\u00fcr das Auftreten des Flatterns erforderlichen \u00e4ufseren Umst\u00e4nden zeigen s\u00e4mtliche bisher verwendeten Marken auf dem entsprechenden roten und orangefarbigen Grunde die unverkennbaren Erscheinungen des Farbenkontrastes. Wie hinf\u00e4llig der Eindruck der objektiven Farbe der Marke der subjektiven Kontrastempfindung gegen\u00fcber ist, erf\u00e4hrt man leicht, wenn man beispielsweise die bei den ersten drei Versuchen benutzten Marken: Blumenpapier No. 7 Gr\u00fcn, No. 11 Blau und Grau (Einbandleinwand No. 69) in einiger Entfernung voneinander auf dem roten Grunde (Blumenpapier No. 1) anbringt. Jede der drei Marken erscheint dann in einer gewissen Entfernung\n24*\nXI.\nVersuch.","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368\nAdolf Szili.\nvon der Kerze graugr\u00fcn, kaum durch einen Helligkeitsgrad voneinander unterschieden. Die gleiche Kontrastwirkung kann man im exzentrischen Sehen schon in geringerer Entfernung wahrnehmen. Bei beiden Versuchsarten erh\u00e4lt man die Reaktion am fr\u00fchesten mit der grauen Marke, offenbar weil ihr die farblose Unterbrechung des Grundes den freiesten Spielraum l\u00e4fst, dann mit der gr\u00fcnen Marke, weil hier der objektive Eindruck der subjektiven Kontrastempfindung qualitativ n\u00e4her steht, als bei der blauen Marke.\nSo wie hier k\u00f6nnen wir es bei s\u00e4mtlichen bisher versuchten Kombinationen erfahren, dafs die subjektive Erregung der Netzhaut bei sinkender Beleuchtungsintensit\u00e4t, sowie durch Verschiebung des Netzhauteindruckes aus dem Bereich des centralen Sehens, bis zu einer gewissen Grenze, sich in steigendem Mafse geltend macht. Es ist nun die Frage: nimmt die Intensit\u00e4t dieser reaktiven Netzhauterregung durch eine solche Steigerung der ihr g\u00fcnstigen Bedingungen absolut zu, oder ist es ihr nur gestattet, besser hervorzutreten, etwa weil sie bei abnehmender Beleuchtung und im exzentrischen Sehen verh\u00e4ltnism\u00e4fsig langsamer abnimmt, als die objektive Wahrnehmung ?\nEs ist nicht zu bezweifeln, dafs diese Reaktion der Netzhaut durch die geeigneten Kombinationen wohl unter allen Umst\u00e4nden angeregt, jedoch f\u00fcr gew\u00f6hnlich in ihrem Geltendwerden dadurch behindert wird, dafs ihr die objektive Wahrnehmung noch gen\u00fcgend die Wage h\u00e4lt. Wir empfinden oft den eigent\u00fcmlichen Konflikt zwischen beiden schon bei gutem Tageslicht. So zum Beispiel wird aus diesem Grunde das Verweilen des Blickes auf roten Fl\u00e4chen mit gr\u00fcnen und blauen Buchstaben, und umgekehrt auf gr\u00fcnen und blauen Fl\u00e4chen mit roten Buchstaben, welchen man oft genug begegnet, zuweilen h\u00f6chst unleidlich. Ich selbst kann mit H\u00fclfe dieser Empfindung schon bei voller Beleuchtung fast s\u00e4mtliche zum Flattern geeigneten Kombinationen sofort ausw\u00e4hlen. Nach den \u00fcbereinstimmenden Erfahrungen bei den von uns bisher angestellten Versuchen bedarf es wohl keines weiteren Beweises, dafs diese durch gewisse Farbenkombinationen erzeugte subjektive Netzhautempfindung, die bei vollem Lichte von der objektiven Wahrnehmung unterdr\u00fcckt wird, letztere bei gen\u00fcgend herabgesetzter Beleuchtung v\u00f6llig \u00fcbert\u00f6nt. Bei","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n369\ndieser Intensit\u00e4tsverschiebung der objectiven und subjektiven Empfindung m\u00fcssen bei einem gewissen Grade beide gleich sein: dann haben wir zu gleicher Zeit die objektive Wahrnehmung der Marke und das schwankende Scheinbild der subjektiven Netzhauterregung, was wir bei jeder bisher benutzten Kombination unter geeigneten Umst\u00e4nden erzielen konnten. Ich werde durch das, was ich dabei empfinde, stets sehr lebhaft an den stereoskopischen Glanzversuch von Dove erinnert. Wie bei diesem die Erscheinung aus dem binokularen Wettstreit hervorgeht, so, glaube ich, resultiert hier der glanz\u00e4hnliche Schimmer, der auf der Marke liegt, aus dem (monokularen) Wettstreit zwischen dem objektiven Eindruck der Marke und der subjektiven Erregung, welche an derselben Netzhautstelle durch die Umgebung der Marke verursacht wird.\nAber aus gewissen Beobachtungen ergab sich die Vermutung, dafs diese subjektive Netzhauterregung denn doch w\u00e4hrend der Dauer des Versuches auch noch an sich eine absolute Steigerung innerhalb gewisser Grenzen erfahren mufs. So konnte ich beispielsweise f\u00fcr die richtige Entfernung von der Lichtquelle und f\u00fcr den Ablenkungswinkel der Blickrichtung bei den Versuchen im exzentrischen Sehen keine ganz bestimmten Mafse finden, weil ich das Flattern nicht zu allen Versuchszeiten gleich prompt sehe. Ich bin entschieden besser geneigt, als wann immer sonst, die Erscheinung sofort zu sehen, wenn ich mich schon einige Zeit in m\u00e4fsiger k\u00fcnstlicher Beleuchtung ohne Anstrengung der Augen aufgehalten habe. Die Versuche gelingen darum ungleich leichter am Abend, als wenn man aus dem vollen Tageslicht in einen k\u00fcnstlich beleuchteten Baum tritt; auch gelingen sie am besten erst nach einiger Fortsetzung. So kam es auch h\u00e4ufig, dafs andere, die ich zu den Versuchen rief, zuerst gar nichts bemerken wollten, als vor mir schon alle Erscheinungen h\u00f6chst lebhaft waren, um sie etwas sp\u00e4ter ebensogut zu sehen. Daraus geht h\u00e9rvor, dafs, abgesehen von den \u00e4ufseren Umst\u00e4nden, zur Beobachtung des Flatterns eine gewisse Adaptation der Netzhaut erforderlich sei.\nIch habe diesbez\u00fcglich eine Beihe von Versuchen angestellt, zun\u00e4chst mit den bisher benutzten farbigen Objekten auf rotem und orangefarbigem Grunde. Die gewonnenen Aufzeichnungen beziehen sich auf Beobachtungen, die ich stets von dem Augenblick angefangen gemacht habe, als ich aus dem","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370\nAdolf Szili.\nhellen Tageslichte in eine Kammer getreten war, die mit ganz, lichem Ausschlufs des Tageslichtes nur durch eine Kerze beleuchtet ist. Wenn sich auch bei verschiedenen Kombinationen gewisse zeitliche Verschiedenheiten ergaben, die im Verh\u00e4ltnis zur Helligkeitsdifferenz zwischen Grund und Marke stehen, so war doch das Ergebnis ein ziemlich gleiches ; bei wiederholten Versuchen mit denselben Kombinationen waren aber die Resultate stets v\u00f6llig \u00fcbereinstimmend. Ich zweifle allerdings nicht, dafs die Versuche, von anderen ausgef\u00fchrt, mancherlei individuelle Abweichungen ergeben w\u00fcrden; so weit ich sehen konnte, werden sie aber nicht bedeutend sein. Eine v\u00f6llig mafsgebende Reihe von solchen Versuchen an anderen steht mir derzeit allerdings noch nicht zur Verf\u00fcgung. Sie sind sehr zeitraubend, da stets nur ein Versuch mit einer einzelnen Kombination immer erst nach gen\u00fcgend langem Aufenthalt im Tageslicht ausgef\u00fchrt werden kann. Auch an mir selbst habe ich nicht mit allen Kombinationen gleich zahlreiche Versuche ausgef\u00fchrt, um eine Mittelberechnung zu liefern. Darum f\u00fchre ich nur das Resultat an, welches sich mir aus den Versuchen mit solchen Kombinationen ergab, bei welchen sich die Helligkeitsdifferenz zwischen Grund und Marke so verh\u00e4lt, wie zwischen Orange (Blumenpapier No. 18 V.) und Gr\u00fcn(Bunt-papier G.).\nWenn ich, vom Betreten der Kammer an-\n1\tXII\ngefangen in 1,5 m Entfernung von der Kerze, die Versuch\nMarke fixire, so erscheint mir dieselbe starr.\nErst nach etwa 8\u201410 Minuten beginnt auf der Scheibe der gewisse Schimmer sich in auffallendem Mafse geltend zu machen, und das Flattern geht an (n\u00e4her als in 1,5 m Kerzendistanz etwas sp\u00e4ter, in gr\u00f6fserer Entfernung etwas fr\u00fcher). Ich kann aber fast unmittelbar nach dem Betreten der Kammer im exzentrischen Sehen, von jedem Punkte einer ringf\u00f6rmigen Zone, deren Mittelpunkt die Marke bildet, und die einer Ablenkung der Blickrichtung etwa um 10\u00b0 entspricht, die Marke in der charakteristischen Aufhellung flattern sehen. Nach etwa 2 Minuten hat sich die Zone allm\u00e4hlich bis auf ihren halben fr\u00fcheren Radius verengt. Nach weiteren 3 Minuten bin ich so weit gelangt, dafs ich schon vom Rande der Marke aus das Flattern beobachten kann, jetzt schon mit gen\u00fcgend auffallender Absonderung des Scheinbildes vom Objekte; aber auch","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"Flatternde Herzen\u201c.\n371\njetzt noch, wie bisher, zeigt sich die Marke, wenn ich den Blick direkt anf sie richte, v\u00f6llig starr und ohne auffallenden Schimmer. Erst in der 8. bis 10. Minute vom Beginne des Versuches gerechnet, kann ich das Flattern beim Betrachten der Marke selbst beobachten. Je l\u00e4nger dannnoch der Versuch fortgesetzt wird, um so kr\u00e4ftiger wird die Erscheinung, und um so \u00fcberzeugender werden die an ihr zu machenden Beobachtungen. Ich sehe dann die Marke auf dem Blatte schon bei den leisesten unwillk\u00fcrlichen Bewegungen meiner Hand wie Gallerte erzittern, und immer leichter wird es mir, das zur\u00fcckbleibende subjektive Scheinbild von der (scheinbar hinter ihm) hin- und herbewegten objektiven Marke zu unterscheiden.\nIch glaube nicht, dafs man l\u00e4nger \u00fcber die Natur der hier zur Geltung gelangenden Netzhauterregung im unklaren sein kann: es ist die des farbigen Kontrastes und damit im Zusammenh\u00e4nge stehend die Projektion eines negativen Nachbildes. H\u00f6chst eigent\u00fcmlich erscheint es, dafs die Kontrasterregung um so intensiver ist, je n\u00e4her zu einander Grund und Marke bez\u00fcglich des Helligkeitsgrades stehen; und dafs ihr gerade jene Beleuchtung am g\u00fcnstigsten ist, bei welcher sich die Konturen zu verwischen beginnen; desgleichen das exzentrische Sehen. Bei einem gewissen Grade der Zusammenwirkung dieser Umst\u00e4nde geschieht es, dafs die subjektive Netzhauterregung nicht blofs den Heiz \u00fcberdauert und ein kr\u00e4ftiges Nachbild erzeugt, sondern dafs sie dem Eindr\u00fccke des Objektes der-mafsen entge g.enwirkt, dafs seine direkte Wahrnehmung aufh\u00f6rt.\nIch habe schon einmal erw\u00e4hnt, dafs bei guter Wahl der Marke und bei g\u00fcnstiger Beleuchtung es schwer f\u00e4llt, neben dem hin- und herschwankenden Scheinbild das dunkle Segment des wirklichen Objektes, welches in der Hichtung der Bewegung frei wird, wahrzunehmen. Bei einem gewissen Grade der Beleuchtungsabnahme, sowie jenseits einer gewissen Grenze aufserhalb des centralen Sehens bleibt dieses Segment v\u00f6llig unsichtbar. Ebensowenig unterscheidet man dann die wechselnde verschiedenfarbige Zusammensetzung der subjektiven Erscheinung. Bei der gr\u00f6fsten Aufmerksamkeit sieht man nichts als das ruhige Hin- und Herschwanken eines einfarbigen Scheinbildes, welches man nun f\u00fcr die wirkliche Marke zu","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372\nAdolf Szili.\nhalten geneigt ist: man hat nun thats\u00e4chlich den Eindruck, als w\u00e4re das Objekt von seiner Unterlage abgel\u00f6st und labil geworden.\nNachdem ich mir aber aus den Beobachtungen in dem f\u00fcr unser Urteil ungleich mafsgebenderen centralen Sehen auf jede Weise und stets von neuem die \u00dcberzeugung holen kann, dafs jener Teil des Scheinbildes, welcher aufserhalb der Marke erscheint, die Farbe des Grundes hat mit der Ab\u00e4nderung, welche dem Helligkeitsverh\u00e4ltnis des negativen Nachbildes entspricht, so mufs ich zun\u00e4chst annehmen, dafs die v\u00f6llige Einfarbigkeit des schwankenden Scheinbildes im exzentrischen Sehen eine Urteilst\u00e4uschung ist, die wohl in folgendem ihre Begr\u00fcndung findet. Das Scheinbild behauptet sich vor allem durch seinen Helligkeitsgrad als ganzes; aufserdem bleibt dasselbe stets nur so viel gegen die Bewegung der Marke zur\u00fcck, dafs ein Verh\u00e4ltnis m\u00e4fsig kleiner Teil aufserhalb derselben nachzieht; auch befindet es sich eben in dem Augenblick der Bewegungsumkehr, wo der Eindruck am kr\u00e4ftigsten wird, im ganzen ausschliefslich auf der Marke, was bestimmend sein mufs daf\u00fcr, dafs ihm \u2014 bei herabgesetzter Unterschiedsempfindlichkeit (schwaches Licht, exzentrisches Sehen) und bei der Fl\u00fcchtigkeit des Netzhauteindruckes (bewegtes Objekt) \u2014 die einheitliche, aber durch die subjektive Th\u00e4tigkeit der Netzhaut alterierte Farbe der Marke zugeschrieben wird.\nWas endlich unter diesen, dem Flattern g\u00fcnstigsten Umst\u00e4nden jenes Segment der Marke anbelangt, welches, der Bewegung zugekehrt, jeweilig vom hellen Kontrast befreit ist, haben mich mafsgebende Versuche, die ich weiter unten beschreiben werde, belehrt, dafs es sich w\u00e4hrend der Bewegung, infolge seines geringen Helligkeitsunterschiedes vom Grunde, der Wahrnehmung entzieht.\nWenn diese Beobachtungen und die auf sie gest\u00fctzten Annahmen richtig sind, dann mufs das Flattern \u00fcberall zu erreichen sein, wo die gleichen Bedingungen erf\u00fcllt werden, wie bei den bisher angestellten Versuchen. Aber es ist nichts bekannt davon, dafs auch noch andere Kombinationen diese T\u00e4uschung bewirken k\u00f6nnen. Ich werde nun zeigen, dafs das Flattern in der That noch sehr viel weitree Grenzen hat, als","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n373\nwir schon bis jetzt erfahren haben. Bevor ich aber so weit gehe, will ich zuerst die in der ersten Versuchsreihe benutzten Kombinationen umkehren, um zu sehen, ob sich hier auch wirklich, wie ich erwarte, die entgegengesetzte Kontrasterreguug an dem schwankenden Scheinbilde erkennen l\u00e4fst; denn dafs auf gr\u00fcnem und blauem Grunde ein rotes und orangefarbiges Objekt flattert, ist schon von fr\u00fcher bekannt.\nXIII.\nZweite Versuchsreihe.\nFlattern auf gr\u00fcnem und blauem Grunde.\nI. Farbige Marken.\nGr\u00fcner Grund (Blumenpapier No. 8,\nGr\u00fcn II), orangefarbige Marke (Blumenpapier versuch No. 18, Orange V).\nWir finden hier im Gegensatz zu den Erscheinungen der ersten Versuchsreihe, dafs sich zun\u00e4chst \u00fcber die Marke ein dunkles Kontrastbild wie ein Schatten legt, der bei der geringsten Unruhe, gerade so wie dort der helle Schimmer, erzittert. Ganz so wie dieser erweist sich hier die Erscheinung des Schattens als Folge einer \u00fcberdauernden subjektiven Netzhauterregung, indem beim Hin- und Herbewegen des Blattes in seiner Ebene an dem der Bewegungsrichtung entgegengesetzten Rande der Marke auf den Grund das Segment eines Nachbildes projiziert wird, welches die Farbe des Grundes hat, aber dunkler ist, und zu gleicher Zeit an dem der Bewegungsrichtung zugekehrten Rande der Marke ein Segment derselben von dem Kontrast frei wird und eine Sichel in der eigenen Farbe der Marke bildet, welche heller ist, als der \u00fcbrige vom Kontrast affizierte Teil derselben.\nDie Gegens\u00e4tzlichkeit im Vergleich zu den Erscheinungen der fr\u00fcheren Versuchsreihe spricht sich ferner noch darin aus, dafs die Marken, die weiter in der Periphperie das Flattern zeigen sollen, heller als jene sein m\u00fcssen, die schon im centralen Sehen oder in dessen n\u00e4chster Nachbarschaft die Erscheinung bieten. Wie dort eine relativ zu helle Marke keine wirksame Reaktion, also nirgends Flattern hervorruft, so hier eine relativ zu dunkle, wie dort eine relativ sehr dunkle Marke bei stark herabgesetzer Beleuchtung und weit im exzentrischen Sehen sich noch zum Flattern anschickt, so erweist","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"374\nAdolf Szili.\nsich hier unter den gleichen Umst\u00e4nden eine relativ sehr helle Marke noch wirksam. Und so wie bei der ersten Versuchsreihe die Marken im exzentrischen Sehen eine maximale Aufhellung erleiden (bei herabgesetzter Beleuchtung und hellere Marken in verh\u00e4ltnism\u00e4fsig geringerer Entfernung vom Netzhautcentrum), so erfahren die Marken in der vorliegenden Versuchsreihe in der Peripherie eine maximale Verdunkelung (bei herabgesetzter Beleuchtung und dunklere Marken verh\u00e4ltnism\u00e4fsig n\u00e4her zum Netzhautcentrum).\nDas hier Gefundene wiederholt sich dem Wesen nach v\u00f6llig \u00fcbereinstimmend bei s\u00e4mtlichen geeigneten Kombinationen von orangefarbigen und roten Marken sowohl mit der gr\u00fcnen als auch mit der blauen Farbe des Grundes. Zur Erzielung des gleichen Effektes mufs selbstverst\u00e4ndlich auch hier das Verh\u00e4ltnis zwischen Grund und Marke bez\u00fcglich der Lichtst\u00e4rke immer das gleiche bleiben.\nEbenso wie im VII. Versuch der vorhergehenden Reihe kann man eine Anzahl von verschieden hellen roten oder orangefarbigen Marken auf gr\u00fcnem oder blauem Grund derartig anbringen, dafs s\u00e4mtliche von einem gewissen Punkte aus im exzentrischen Sehen von gleicher Helligkeit erscheinen. Nat\u00fcrlich mufs jetzt umgekehrt die dunkelste Marke dem centralen Sehen am n\u00e4chsten liegen. Wie dort der Ausgleich durch Aufhellung der entfernteren Marken zu st\u00e4nde kommt, so hier durch V erdunkelung.\nXIV.\nVersuch.\nUm ein Beispiel zu haben, nehme man auf dem blauen Grund (Blumenpapier No. 13. Ultramarin II.) eine rote Marke (Buntpapier 290, Braunrot) eine andere (Blumenpapier No. 1, Karmin) und eine dritte (Blumenpapier No. 20, Geranium I) ; wenn man diese Marken in etwa 3 cm Entfernung senkrecht \u00fcbereinander auf die Tafel klebt und dieselbe in 1 m von der Kerzenflamme etwas unterhalb der untersten braunr\u00f6tlichen Marke fixiert, dann erscheinen s\u00e4mtliche Marken in gleich dunklem Braunrot.\nIch mufs hier erw\u00e4hnen, dafs auf gr\u00fcnem und blauem Grunde auch Marken von violetter Farbe flattern.\nBeispielsweise auf Gr\u00fcn (Blumenpapier No. 23.\tXVI und\nGiftfreies Gr\u00fcn VI) Hellviolett (Umschlagpapier 57 xVII No. 11; die violette Marke erscheint dabei graurosa- Versuch f\u00e4rben. Von ganz gleicher vorz\u00fcglicher Wirkung erweist sich Blumenpapier No. 14 Neuviolett VII als Marke ebenso auf dem dunkelgr\u00fcnen Grunde (Buntpapier 289), als auch auf dem dunkelblauen Grunde. (Blumenpapier No. 12, Ultramarin I). Hier tritt das","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"Flatternde Herzen\u201c.\n375\nFlattern ein, indem sich, ein kr\u00e4ftiger braunroter Schimmer \u00fcber die Marke legt.\nIn der letzten K ombination sehen wir also zwei im Spektrum nebeneinander liegende Farben, unter geeigneter Lichtverteilung jene eigent\u00fcmliche subjektive Th\u00e4tigkeit der Netzhaut anregen, auf welcher die Erscheinung des Flatterns beruht.\nII. Graue Marken.\nIn dem Mafse, als bei den Kombinationen von Gr\u00fcn oder Blau mit Grau die farbige Kontrasterscheinung viel diskreter ist, als bei jenen, wo Rot oder Orange als Grund oder als Marke eine Rolle spielt, zeigte sich auch das Flattern bei den zun\u00e4chst angestellten Versuchen mit hellen Farbentafeln ver-h\u00e4ltnism\u00e4sig schwach; aber es ist immerhin vorhanden und bei gen\u00fcgend herabgesetzter Beleuchtung ganz leicht zu beobachten.\nAls Beispiel nenne ich folgende Kombinationen:\n1. Gr\u00fcner Grund (Buntpapier G), 2. Blauer Grund\tu'\n(Mittelblaues Packpapier); beide mit der gleichen grauen\tVersuch.\nMarke (Umschlagpapier 55, No. 19); auf dem blauen Grunde mufste ich die Marke noch ein wenig mit dem Wischer schattieren.\nUm so \u00fcberraschender wirkt das Auftreten einer sehr lebhaften Scheinbewegung der grauen Marken auf dem farbigen Grunde, sobald beide dunkler genommen werden. Zu gleich sch\u00f6nen Erfolgen gelangt man ebensowohl mit den gr\u00fcnen als auch mit den blauen Tafeln; aber auf letzteren ist das Flattern doch noch leichter zu erreichen, wohl aus dem Grunde, weil mit der abnehmenden Helligkeit der kombinierten Versuchsobjekte, wie wir bald sehen werden, noch eine zweite Ursache der T\u00e4uschung zur Geltung gelangt, und weil kein so sch\u00f6nes dunkles Gr\u00fcn zu beschaffen ist, das bez\u00fcglich der Lichtwirkung demjenigen Blau (Blumenpapier No. 12, I) entsprechen w\u00fcrde, auf welchem die Scheinbewegung thats\u00e4chlich am besten zu beobachten ist.\nXX.\nVersuch.\nAuf dem gr\u00fcnen Grund (Buntpapier 147) ist die graue Einbandleinwand (No. 69) eine vorz\u00fcgliche Marke; auf dem dunkelgr\u00fcnen Grunde (Blumenpapier No. 7) mufste ich die Marke aus demselben Stoff mit dem Bleistift noch etwas nachdunkeln. Man erh\u00e4lt hier schon recht lebhaftes Flattern mit ausgesprochener Kontrastfarbe auf der Marke; bei einiger Aufmerksamkeit kann ich auf der Kombination all jene Erscheinungen wahrnehmen, die ich von roten Marken auf gr\u00fcnem Grund","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\nAdolf Szili.\nbeschrieben habe. Ein noch minder helles Gr\u00fcn f\u00fcr den Grund bietet ein Tuchpapier (Buntpapier 189), auf welchem eine dunkelgraue Marke aus sogenanntem \u201eschwarzen Karton\u201c vorz\u00fcglich flattert.\nF\u00fcr den ultramarinblauen Grund habe ich\nY y T\ndie geeignetste Marke in dem schwarzen Papier der t Heidelberger Kollektion gefunden, welches auf schw\u00e4r- ^ ersuch, zem Sammet entschieden grau ist. Das Flattern mit dieser Kombination steht demjenigen von grauen Marken auf rotem Grunde kaum nach. Auch hier f\u00e4llt es dem aufmerksamen Auge nicht schwer, die Kontrasterscheinung in der gelblich braunen F\u00e4rbung der Marke, und auf dem blauen Grunde das dunkle Segment des hin- und herschwankenden Scheinbildes wahrzunehmen.\nEs ist interessant, ultramarinblaue Tafeln miteinander zuvergleichen, auf welchen die Versuch Marken: Blumenpapier No. 4 Braunrot I,\nNo. 5 Braunrot II, No. 9 Braunrot V und No. 16 Schwarz I flattern. Man merkt, wie von Tafel zu Tafel die rote Marke hinter dem Scheinbilde immer mehr latent wird. W\u00e4hrend die Marke Braunrot I sich sehr lange von dem Scheinbilde noch sehr auffallend differenziert, verschwindet Schwarz I am fr\u00fchesten fast v\u00f6llig hinter demselben. Wir sehen also die farblose Marke hier auf dem blauen Grunde von der ganz gleichen un\u00fcbertrefflichen Wirksamkeit, wie in der ersten Versuchsreihe auf dem roten und orangefarbigen Grunde.\nAuf diesem tiefblauen Grunde machen wir\ndie sehr bemerkenswerte Wahrnehmung, dafs\t\u201e\n.\t.\tVersuch..\ndie Marke auch noch dunkler, beispielsweise mit chinesischer Tusche gemalt sein kann; und wenn die Beleuchtung gen\u00fcgend herabgesetzt ist, wird hier selbst eine Marke aus schwarzem Sammet beweglich. Wenn es auch unleugbar ist, dafs auf diesen schwarzen Marken die Kontrastwirkung der blauen Farbe des Grundes ebenfalls noch in gewissem Grade erkennbar ist, so ist sie doch so unbedeutend, dafs ihr die Verursachung der T\u00e4uschung nicht zugeschrieben werden kann. Die Scheinbewegung hat auch in der That nichts mehr von dem eigent\u00fcmlichen Flattern, das ich bisher noch bei allen helleren farbigen und farblosen Marken auf farbigem Grunde in verschiedener Abstufung beobachten konnte. Da wir \u00e4hnlichen Erscheinungen noch begegnen sollen, erlaube ich mir ihre Untersuchung, die ein wichtiges Moment des Flatterns enth\u00fcllt, gesondert mitzuteilen.\nXXIII.","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n377\nDritte Versuchsreihe.\nFlattern auf farblosem (grauem und schwarzem) Grunde.\nNachdem ich durch sorgf\u00e4ltige Beobachtung der Erscheinungen auf farbigem Grunde zur \u00dcberzeugung gelangt war, dafs jenes Segment des Scheinbildes, welches an dem der Bewegungsrichtung abgekehrten Bande der Marke zur\u00fcckbleibt, wirklich den Charakter eines negativen, auf den farbigen Grund projizierten Nachbildes hat, mufste ich daran denken, dafs farbige Marken auf farblosem (grauem) Grunde unter den gleich g\u00fcnstigen Bedingungen der absoluten und relativen Lichtverteilung wohl ebenfalls kr\u00e4ftige negative Nachbilder geben und deshalb gleichfalls flattern werden. Die diesbez\u00fcglichen Untersuchungen bilden die erste Gruppe der folgenden Experimente.\nAus der anderen Erfahrung, dafs beim Flattern im exzentrischen Sehen und bei gen\u00fcgend herabgesetzter Beleuchtung, das der Bewegungsrichtung zugekehrte, jeweilig von dem zur\u00fcckbleibenden Erregungsbilde freiwerdende Segment der Marke sich der . momentanen Wahrnehmung v\u00f6llig entzieht, schlofs ich ferner, dafs bei aneinander grenzenden Objekten von geringem Helligkeitsunterschied durch Herabsetzung der Beleuchtung der Netzhauteindruck dermafsen verz\u00f6gert werden kann, dafs er langsamer zu st\u00e4nde kommt, als die in einer gewissen Geschwindigkeit erfolgende Bewegung. Die Folge hiervon mufs es nun sein, das unter solchen absoluten und relativen Lichtverh\u00e4ltnissen bewegte Objekte scheinbar Zur\u00fcckbleiben und vor angrenzenden hellen Objekten, welche die Netzhautempfindung rascher ausl\u00f6sen, zeitweilig v\u00f6llig verschwinden. Die hierauf bez\u00fcglichen Untersuchungen sind in der zweiten Gruppe der folgenden Experimente zusammengefafst.\nI. Farbige Marken auf farblosem Grunde.\nBot und Orange erweist sich in ebenso weiter Ausdehnung, wie bei den ersten Versuchen als Farbe des Grundes auch hier als Farbe der Marke wirksam. Vom hellsten Orange bis zum dunkelsten Karmin und Braunrot erhalten wir auf dem grauen Grunde des jeweilig entsprechenden Helligkeitsgrades gleich lebhaftes Flattern.","page":377},{"file":"p0378.txt","language":"de","ocr_de":"378\nAdolf Szili.\nGr\u00fcne und blaue Marken verhalten sich bez\u00fcglich ihrer Wirkungsintensit\u00e4t wiederum \u00e4hnlich den ebenfalls schon gepr\u00fcften entgegengesetzten Kombinationen von grauen Marken auf gr\u00fcnem und blauem Grunde; die hellen Marken zeigen eine etwas diskrete Wirkung, w\u00e4hrend die dunkleren auf entsprechend lichtschwachem Grau mit grofser Intensit\u00e4t wirken.\nUnter den unz\u00e4hlbaren m\u00f6glichen Kombinationen erw\u00e4hne ich blofs die folgenden, weil sie aus dem von uns bisher benutzten Material herstellbar sind:\n1.\tAuf dem grauen Grund (Umschlagpapier U 55,\nNo. 19) flattert Orange (Blumenpapier, No. 18, V) sehr lebhaft; minder lebhaft Gr\u00fcn (Blumenpapier, No. 23, VI) und Blau (Buntpapier 158).\n2.\tAuf dem grauen Grunde (Einbandleinwand No. 69) flattern Bot (Blumenpapier No. 6, Scharlach), Nachtgr\u00fcn (Blumenpapier, No. 7) und Blau (Blumenpapier No. 11) gleich ausgezeichnet.\n3.\tAuf \u201eschwarzem Karton\u201c flattern ebenso lebhaft: Braunrot (Blumenpapier, No. 5, II und No. 9,\nV) auch ein dunkles Karmin (Buntpapier 149), ferner Blau (Blumenpapier, No. 12, I und 13, II) und Gr\u00fcn (Einbandleinwand 58).\nXXIV.\u2014XXVI. V ersuch.\nXXVII.-XXIX.\nVersuch.\nXXX-XXXII. Versuch.\nDie roten und orangefarbigen Marken lassen ein dunkleres Scheinbild flattern, als dem eigentlichen Helligkeitsgrade ihrer Farbe entspricht, die gr\u00fcnen und blauen Marken ein helleres. Jene erfahren im exzentrischen Sehen eine Verdunkelung, diese eine Aufhellung. Bei jenen ist w\u00e4hrend der Beobachtung sehr leicht das gr\u00fcne Segment wahrzunehmen, welches als negatives Nachbild an dem der Beobachtungsrichtung abgewendeten Rande der Marke auf dem grauen Grunde zur\u00fcckbleibt und dunkler ist als dieser; und ebensoleicht das helle Segment, welches sich an dem der Bewegungsrichtung zugekehrten Rande auf der Marke selbst zeigt, dort, wo diese von dem zur\u00fcckbleibenden Scheinbilde frei wird. \u00dcbrigens macht sich die Kontrastwirkung der roten Marken auf der grauen Fl\u00e4che noch weit hinaus durch blaugr\u00fcne F\u00e4rbung derselben bemerkbar, die um so intensiver wird, je mehr bei dem Versuche den allgemeinen Bedingungen des Flatterns entsprochen wird. Diese subjektive Alteration der Umgebung der Marke beeinflufst wiederum den der Marke entsprechenden Netzhauteindruck der-mafsen, dafs mit der vorhandenen Kombination nun all jene Erscheinungen zur Wahrnehmung gelangen, die wir mit roten Marken auf gr\u00fcnem Grunde erzielt haben. Etwas mehr Auf-","page":378},{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n379\nmerksamkeit erfordert es, bei der gr\u00fcnen und blauen Marke die r\u00f6tliche Farbe des Nachbildes, welches der ersteren, und die gelblichgraue Farbe des Nachbildes, welches der letzteren nachzieht, zu erkennen, ferner das dunkle Segment der Marke an dem der Bewegungsrichtung zugekehrten Bande im Auge zu behalten.\nIm Verlaufe der fortgesetzten Untersuchungen habe ich ferner die Erfahrung gemacht, dafs dunkelfarbige Marken auch noch aufg\u00e4nzlich schwarzer Folie (schwarzemSammet) Schwankungen zeigen, die auf einem scheinbaren Zur\u00fcckbleiben der Marke gegen die Bewegung des Grundes beruhen. Von der blauen Farbe habe ich das schon in meiner eingangs erw\u00e4hnten ersten Mitteilung angegeben. Der betreffende Versuch bestand darin, dafs mehrere senkrechte scharlachrote und ultramarinblaue Streifen miteinander abwelchselnd und in gleicher Distanz auf einer Tafel aus schwarzem Sammet bei m\u00e4fsig raschem Hin-und Herbewegen in der Ebene die Erscheinung bieten, als w\u00fcrden die blauen Streifen zwischen den roten hin- und herschwanken. Ich habe die T\u00e4uschung dort auf die physiologische Thatsache zur\u00fcckgef\u00fchrt, welche Helmholtz vermutungsweise zur Erkl\u00e4rung der \u201eflatternden Herzen\u201c heranzog: \u201edafs der Lichteindruck im Auge f\u00fcr die verschiedenen Farben nicht gleich schnell zu st\u00e4nde kommt und deshalb das Blau in der von dem Blatte beschriebenen Bahn scheinbar etwas hinter dem Hot zur\u00fcckbleibt\u201c.1 Aber nun sehe ich, dafs auch Braunrot (Blumenpapier No. 9, V) und Dunkelgr\u00fcn (Buntpapier 289) und, wie ich sp\u00e4ter zeigen werde, jede andere gen\u00fcgend dunkle Marke auf dem schwarzen Grunde die gleiche Erscheinung in wechselndem Mafse bietet, namentlich wenn man sie zwischen wesentlich helleren Gegenmarken angebracht hat, selbst wenn diese der gleichen Farbe angeh\u00f6ren. So schwankt das oben-bezeichnete Ultramarinblau auch zwischen hellblauen Streifen (Buntpapier 158). Aber am besten zeigt sich das Schwanken der dunklen Marken zwischen weif sen Gegenmarken. Aus diesen Versuchen scheint hervorzugehen, dafs dem quantitativ geringeren Reiz, der von einer Unterbrechung des Grundes durch einen geringeren Helligkeitsunterschied ausgeht, im Vergleich zu jenem eines gr\u00f6fseren Helligkeitsunterschiedes, eine relative Verz\u00f6gerung des Netzhauteindruckes entspricht, die\n1 H. Helmholtz, Physiologische Optik. 1. Aufl., S. 383.","page":379},{"file":"p0380.txt","language":"de","ocr_de":"380\nAdolf Szili.\nsich, bei der Bewegung in einem scheinbaren Zur\u00fcckbleiben des dunkleren Objektes \u00e4ufsern wird. Zur Bekr\u00e4ftigung dieser wichtigen Annahme habe ich es f\u00fcr n\u00f6tig erachtet, das Experiment noch m\u00f6glichst zu vereinfachen.\nJedoch, bevor ich \u00fcber die betreffenden Untersuchungen berichte, mufs ich als hierhergeh\u00f6rig noch erw\u00e4hnen, dafs auf dem grauen Grunde sowohl Gelb als Violett unwirksam sind. Beines Gelb ist wie f\u00fcr jede andere Kombination auch hier zu hell. Die Unwirksamkeit des Violett bildet hingegen eine passende Erg\u00e4nzung der mit dieser Farbe bei fr\u00fcheren Gelegenheiten schon gemachten Erfahrungen. \"Wir haben n\u00e4mlich das eine Mal Violett als Marke auf Bot und Orange (VIII. und IX. Versuch), das andere Mal auf Gr\u00fcn und Blau (XV. Versuch) flattern gesehen, dort, indem es sich der Kontrastwirkung des Grundes f\u00fcgend zur Entstehung eines grau-gr\u00fcnen Scheinbildes Gelegenheit bot, hier, indem es, der sozusagen entgegengesetzten Kontrastwirkung entsprechend, auf sich ein r\u00f6tliches Scheinbild flattern l\u00e4fst. Violett verh\u00e4lt sich demnach nahezu so indifferent, wie neutrales Grau ; seine eigene Kontrast erregende F\u00e4higkeit ist zu schwach, um als Marke auf dem grauen Grunde den Bedingungen des Flatterns zu entsprechen. Sein dem Grau \u00e4hnliches Verhalten bekundet sich auch folgerichtig darin, dafs es ebenso wie jenes auf sich selbst als Grund einerseits Bot und Orange, andererseits Gr\u00fcn und Blau als Marken ihre entgegengesetzte Kontrastanregung aus\u00fcben l\u00e4fst.\nUnter den m\u00f6glichen Kombinationen greife ich die folgenden heraus, die vorz\u00fcgliches Pl\u00e4ttern gehen:\n1.\tAuf dem Grunde helles Violett (Umschlagpapier S/575, Ko. 11) die Marken: Orange (Blumenpapier Ko. 18, V.) und Gr\u00fcn (Umschlagpapier A/5, Ko. 7).\n2.\tAuf dem Grunde Keuviolett (Blumenpapier Ko. 14, VII.) die Marken B raunrot (Blumenpapier Ko. 4, I), Gr\u00fcn (Buntpapier 289) und Blau (Blumenpapier Ko. 12, I. und Ko. 13, II.)\nII. Farblose Objekte auf farblosem Grunde.\nIch habe schon weiter oben angedeutet, dafs ich auch von diesen Kombinationen eine Scheinbewegung erwarte. Die ganz dunkeln erweisen sich als die geeignetsten. Z. B.\n1. Marke aus schwarzem Karton auf schwarzem glanzlosen Tuch als Grund (oder um- XXXVIII. gekehrt Tuchmarke auf Kartongrund).\tVersuch.\nXXXIII. und XXXIV.\nV ersuch.\nXXXV. bis XXXVII. Versuch.","page":380},{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n381\n2. Marke aus schwarzem Wollsammet auf schwarzem Tuch als Grund, oder auf der R\u00fcckseite des Sammetes (auch umgekehrt Tuchmarke auf Sammetgrund). \u00dcberall weifse Gegenmarken.\nDie Schwankungen, welche hier beim Hin- und Herbewegen der Tafel an der dunkeln Marke beobachtet werden, sind durchaus jenen gleich, welche wir beispielsweise an der ultramarinblauen Marke auf schwarzem Sammet und ganz ebensogut an der Marke aus schwarzem Sammet auf dem blauem Grunde wahrgenommen haben. Helle Kombinationen sind der Erscheinung viel weniger g\u00fcnstig, wenngleich ich sie auch auf solchen nicht g\u00e4nzlich vermisse. \u00dcberall ist der geringe Helligkeitsunterschied zwischen Marke und Grund eine Haupt-bedingiing des Erfolges. In dem scheinbaren Zur\u00fcckbleiben des bewegten Objektes ist hier die T\u00e4uschung eine \u00e4hnliche wie bei den \u201eflatternden Herzen\u201c. Allein nirgends hebt sich von dem Objekt ein besonderes Scheinbild ab, wie wir dies bei den wirklich flatternden Kombinationen auf Grund einer intensiven Kontrasterregung ganz zweifellos beobachten k\u00f6nnen. Demgem\u00e4fs zeigen auch die Schwankungen in der nun vorliegenden Versuchsreihe bei weitem nicht die quecksilberne Unruhe des eigentlichen Flatterns. Gleichwohl hat diese Art der Verz\u00f6gerung des Netzhauteindruckes einen ganz wesentlichen Anteil an der Erscheinung der flatternden Herzen.\nWenn wir bei allen hierhergeh\u00f6rigen Versuchen recht grofse kreisrunde Marken verwenden, so gewahren wir bei einiger Aufmerksamkeit, dafs dieselben in der Richtung der Bewegung an dem ihr zugekehrten Rande eine Verk\u00fcrzung erleiden, so dafs sie w\u00e4hrend der Bewegung mehr die Form eines aufrechten Ovales als einer Kreisscheibe zeigen. Wenn man hingegen den Versuch mit ganz kleinen Marken anstellt und die Bewegungen etwas rascher ausf\u00fchrt, so sieht man die Marken unterwegs auch g\u00e4nzlich verschwinden ; aber sowohl die Art dieses Verschwindens, wie die Art des pl\u00f6tzlichen Wiederauftauchens im Augenblick der Bewegungsumkehr oder des Stillstandes gen\u00fcgt, um auch dann noch den Eindruck des scheinbaren Zur\u00fcckbleibens zu machen.\nEine noch bessere Versuchsart, um den durch Verz\u00f6gerung des Netzhauteindruckes bewirkten scheinbaren Schwund des\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie III.\n25","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"382\nAdolf Szili.\nObjektes wahrnehmbar zu machen, ist die folgende: Man ben\u00fctze viereckige Marken von Versuch etwa 2 cm vertikaler und 1 cm horizontaler Seitenlange und versehe dieselben an dem einen vertikalen Rande mit einem weifsen 3\u20144 mm breiten Grenztreifen. Wenn man nun mit einer solchen Anordnung horizontale Bewegungen in der Ebene des Blattes ausf\u00fchrt, dann sieht man, f\u00fcr die ganze Dauer der Bewegung in der Richtung des freien Randes der Marke, diese von dem weifsen Grenzstreifen dermafsen \u00fcberholt werden, dafs die Marke auffallend verschm\u00e4lert erscheint, ja oft ganz verschwindet; bei der Bewegungsumkehr erscheint die dunkle Marke selbstverst\u00e4ndlich wieder in ihrer vollen Breite f\u00fcr die ganze Dauer der R\u00fcckbewegung. Es bietet ein wirklich frappantes Schauspiel, wie solchermafsen die Marke von dem viel schm\u00e4leren Grenzstreifen abwechselnd verschluckt wird und aus ihm wieder hervorz\u00fcngelt.\nGanz gleich, ja f\u00fcr manche Personen noch viel auf-fallender gestaltet sich der Erfolg, wenn man derlei mit Versuch einem weifsen Grenzstreifen versehene, auf einem Kartonbl\u00e4ttchen aufgeklebte Marken an der Spitze eines St\u00e4bchens vor dem dunkeln Grunde in horizontaler Richtung frei hin- und herbewegt. Diese Art der Beobachtung l\u00e4fst sich selbstverst\u00e4ndlich auf alle in dieser Abhandlung angef\u00fchrten farbigen und farblosen Kombinationen ausdehnen. Am wirkungsvollsten geben sich dann die Kombinationen des echten Flatterns, weil bei diesen mit der scheinbaren Verse hm \u00e4lerung w\u00e4hrend der Bewegung gegen den freien Rand, bei der Umkehr eine, durch das nachziehende Nachbild gesteigerte, Verbreiterung der Marke abwechselt.\nWas wir durch diese letzten Experimente zur Erscheinung gebracht haben, best\u00e4tigt vollauf, was wir schon bei der Beobachtung des Elatterns f\u00fcr einen Teil der Erscheinung angenommen haben, dafs n\u00e4mlich jenes Segment der bewegten Marke, welches an dem der Bewegungsrichtung zugekehrten Rande momentan von dem Scheinbilde der subjektiven Netzhauterregung frei ist, aus dem Grunde v\u00f6llig unsichtbar werden kann, weil unter gewissen Bedingungen (welche auch zu denen des Elatterns geh\u00f6ren) der betreffende Netzhauteindruck langsamer zu st\u00e4nde kommt, als die von der Marke ausgef\u00fchrte Bewegung erfolgt. Bei den letzten farblosen Kombinationen haben wir diese Bedingungen dermafsen isoliert, dafs die Abh\u00e4ngigkeit der T\u00e4uschung von der angedeuteten Unzul\u00e4nglichkeit","page":382},{"file":"p0383.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n383\nder Unterschiedsempfindlichkeit unserer Netzhaut wohl nicht bezweifelt werden kann.\nDa es unm\u00f6glich ist, die von mir beschriebenen Tafeln mit \u201eflatternden Kombinationen\u201c dieser Abhandlung im Druck beizuf\u00fcgen, bin ich dem Herausgeber dieser Zeitschrift Herrn Prof. K\u00f6nig sehr dankbar f\u00fcr die Erm\u00e4chtigung hier mit-zutheilen, dafs er mit von mir angefertigten Tafeln meine Versuche gepr\u00fcft und alle best\u00e4tigt hat. Auch weil. Herr Prof. Aubert hat meine Versuche kennen gelernt. Die folgenden Zeilen von seiner Hand, die mir ein wertvolles Andenken an den heimgegangenen Forscher sind, bezeugen die \u00dcbereinstimmung seiner Beobachtungen mit den meinigen:\n\u201eHerr Dr. Szili w\u00fcnschte, dafs ich die von ihm benutzten Tafeln auf ihre Wirksamkeit pr\u00fcfte, und ich habe das f\u00fcr die s\u00e4mtlichen Tafeln gethan, indem ich sie nach seiner Vorschrift im Dunkelzimmer etwa 1 bis 1,5 m von der Kerze entfernt bei indirektem Sehen beobachtete. Wirksam habe ich alle seine Kombinationen gefunden, obwohl in verschiedener Intensit\u00e4t: f\u00fcr meine Augen tritt das Flattern in Verbindung mit Kontrastwirkung in den Kombinationen mit irgendwelchem Rot am schnellsten und st\u00e4rksten ein \u2014 weniger schnell und ergiebig f\u00fcr Blatt und Gr\u00fcn ; dagegen wirkt Schwarz auf schwarzem Sammet in Versuch XXXIX sehr frappant. \u2014 Ich bemerke dazu, dafs unter den von Herrn Dr. Szili vorgeschriebenen Bedingungen das Flattern am deutlichsten und sicher, aufserdem aber auch bei gew\u00f6hnlicher Tages- oder Lampenbeleuchtung f\u00fcr die meisten seiner Kombinationen eintritt.\nRostock, 16. Januar 1892.\tAubert.\u201c\nleb glaube, nach dieser Reihenfolge von Versuchen die Erscheinung der \u201eflatternden Herzen\u201c auf ihre Elemente zerlegen und die Bedingungen ihres Zustandekommens angeben zu k\u00f6nnen.\nDas eigentliche Flattern erscheint als das Resultat einer zweifachen Behinderung der direkten Gesichtswahrnehmung : einerseits durch die Verz\u00f6gerung des Netzhauteindruckes infolge Herabsetzung des quantitativen Lichtreizes, andererseits durch die \u00fcberdauernde subjektive Erregung der Netzhaut infolge des \u00fcberwiegenden qualitativen Lichtreizes. Demgem\u00e4fs zeigt auch ganz folgerichtig jede Kombination das Flattern, die durch ihren Unterschied den Lichtsinn nur wenig, den Farbensinn aber kr\u00e4ftig anregt. M\u00f6glichste Ausgleichung des Helligkeitsunterschiedes der aufeinanderwirkenden Kom-\n25*","page":383},{"file":"p0384.txt","language":"de","ocr_de":"384\nAdolf Szili.\nbination, Verminderung der Beleuchtung, exzentrisches Sehen (Umst\u00e4nde, welche die objektive Wahrnehmung beeintr\u00e4chtigen) wirken einzeln und zusammen zu Gr\u00fcnsten der subjektiven Erregung. Unter diesen Bedingungen sehen wir, namentlich an den Marken der ersten Versuchsreihe, wie selbst qualitativ h\u00f6chst verschiedene objektive Netzhautein dr\u00fccke der gleichen Kontrastwirkung einer kr\u00e4ftig anregenden Farbe des Grundes zum Opfer fallen, und sehen wir die Kontrastwirkung ausgehend von einer kr\u00e4ftig anregenden Marke sich weit \u00fcber den Grund hin ausbreiten. Alle Kombinationen mit Kot und Orange bieten hierf\u00fcr lehrreiche Beispiele; die \u00fcbrigen, die aufeinander eine minder kr\u00e4ftige Kontrastwirkung aus\u00fcben, stehen auch bez\u00fcglich der Intensit\u00e4t des Flatterns jenen nach, bei welchen Rot oder Orange als Grund oder als Marke vertreten ist. Wo mit den Kombinationen von diskreter Kontrastwirkung wieder lebhaftes Flattern erzielt wird (Dunkelgr\u00fcn und Dunkelblau mit Grau), hat die Verz\u00f6gerung des Netzhauteindruckes den \u00fcberwiegenden Anteil an dem Zustandekommen der Erscheinung, was sich auch f\u00fcr den ge\u00fcbten Beobachter in dem ver\u00e4nderten Charakter der Scheinbewegung \u00e4ufsert. Die h\u00f6chste Intensit\u00e4t erreicht das Flattern darum bei den dunkleren Kombinationen mit Rot, weil hier beide Komponenten der Erscheinung am ausgiebigsten Zusammenwirken.\nDie Kombinationen mit Rot und Orange zeichnen sich \u00fcbrigens noch dadurch vor anderen aus, dafs unter gewissen Bedingungen eine ziemlich bedeutende Helligkeitsdifferenz zwischen Grund und Marke das Flattern noch gestattet. 1 Der besondere Grund dieser Thatsache liegt, wenn ich mich so ausdr\u00fccken darf, in der Regulierbarkeit des Eindruckes beider Farben, einerseits durch das Mafs der Beleuchtung, andererseits durch das Mafs der Verlegung des Netzhauteindruckes in die Peripherie. Beide Farben werden sowohl mit der Verminderung der Beleuchtung, als mit der Entfernung des Eindruckes vom Centrum der Netzhaut allm\u00e4lig dunkler. Rot verdunkelt sich zu Braunrot, Orange erscheint rot. Jede der zur Kombination mit Rot und Orange benutzten Farben (Gr\u00fcn, Blau, Violett und Grau) bleibt in der gleichzeitigen Verdunkelung wesentlich\n1 Die betreffenden Beobachtungen sind S. 365, 366 und 374 beschrieben.","page":384},{"file":"p0385.txt","language":"de","ocr_de":",Flatternde Herzen\u201c.\n385\nzur\u00fcck. So ist es nun m\u00f6glich., gewisse Helligkeitsdifferenzen zwischen Grund und Marke, welche das Flattern beeintr\u00e4chtigen, auszugleichen. Wenn wir also eine zum Flattern geeignete Kombination konstruieren wollen, werden wir nun wissen, dafs auf einem roten oder orangefarbigen Grunde die Marke, von der geringsten Helligkeitsdifferenz angefangen bis an eine ziemlich weite Grenze, dunkler sein kann, aber nicht heller sein darf, dafs hingegen eine rote oder orangefarbige Marke umgekehrt, von der geringsten Helligkeitsdifferenz angefangen bis an eine ziemlich weite Grenze, heller sein kann, aber nicht dunkler sein darf, als der Grund, auf welchem sie flattern soll. Kurz, auf die angegebene Art ausgleichbar ist die Helligkeitsdifferenz nur in dem Falle, wenn das Kot oder Orange in der Kombination der hellere Teil ist.\nIch will hier noch darauf aufmerksam machen, dafs die Ver\u00e4nderung des Aussehens der flatternden Marken im exzentrischen Sehen (S. 365, 373 und 374) nicht aus der daselbst erfahrungs-gem\u00e4fs allm\u00e4lig abnehmenden Empfindlichkeit f\u00fcr Farben abgeleitet werden kann, sondern dafs sie, ebenso wie das Flattern selbst, durch jene eigent\u00fcmliche Wechselwirkung zwischen Grund und Marke bedingt ist, welche \u2014 wie wir bei allen hier beschriebenen Versuchen erfahren haben \u2014 nur unter ganz besonderen Umst\u00e4nden zur Geltung gelangt. Wir sehen merkw\u00fcrdigerweise alle Marken, welche auf Kot flattern, im exzentrischen Sehen hell werden, obgleich sie thats\u00e4chlich relativ dunkler sind als der Grund, und jedes Kot (oder Orange) auf dem Grunde, auf welchem es flattert, im exzentrischen Sehen dunkel werden, obgleich es relativ heller ist, als dieser. Diese Wechselwirkung bekundet sich geradezu im Widerspruch mit den Kegeln des Helligkeitskontrastes, wie diese beispielsweise f\u00fcr die Perzeption von farbigen Objekten auf schwarzem und weifsem Grunde von Aubert gewonnen wurden. Man vergleiche die Wahrnehmung im exzentrischen Sehen an den auf sogenanntem \u201eschwarzen Karton\u201c flatternden roten Marken mit dem Verhalten von Rot auf Schwarz in vollem Tageslichte, wie es von Aubert beschrieben wird.1 Auf schwarzem Karton wird noch eine Marke aus dem Karjnin (Blumenpapier Ko. 1), die um Wesentliches heller ist als der Grund,\n1 H. Aubert, Physiologie der Netzhaut, S. 160.","page":385},{"file":"p0386.txt","language":"de","ocr_de":"386\nAdolf Szili.\nunter den Bedingungen des Flatterns im exzentrischen Sehen dunk el.\nJede Beleuchtung, bei welcher der hier in Bede stehende Helligkeitswechsel der Marke auftritt, eignet sich auch f\u00fcr das Flattern der betreffenden Kombination. F\u00fcr eine Anzahl gen\u00fcgt herabgesetzes Tageslicht ; andere rufen die Reaktion nur bei k\u00fcnstlicher Beleuchtung hervor: Kerzenlicht, Lampenlicht. Es scheint mir zweifellos, dafs bei den letzteren aufser der quantitativen auch noch eine qualitative Beeinflussung des Farbeneindruckes durch die Beleuchtung zum Zustandekommen des Flatterns n\u00f6tig ist.\nDiese und noch andere zahlreiche Wahrnehmungen bei den einzelnen Versuchen w\u00e4ren w\u00fcrdig, in eingehendem Studium weiter verfolgt zu werden. Soweit ich selbst hierin gelangt bin, habe ich nichts gefunden, was mit meinen hier gemachten Angaben bez\u00fcglich der Bedingungen des Flatterns im Widerspruch st\u00e4nde.\nMan kann also f\u00fcr das Experiment Grund und Marke aus verschiedenen Farben kombinieren; sie m\u00fcssen sich aber bez\u00fcglich des Helligkeitsgrades ziemlich nahestehen, oder ihr Helligkeitsunterschied mufs durch nebenumst\u00e4ndliche Modifikationen ausgleichbar sein, ohne dafs dadurch die qualitative Verschiedenheit zwischen Grund und Marke f\u00fcr das Auge beeintr\u00e4chtigt wird (wie beispielsweise zwischen Rot und Orange einerseits und zwischen Gr\u00fcn und Blau andererseits, die auch darum aufeinander nicht flattern). Da bei solchen Kombinationen unter den f\u00fcr das Flattern g\u00fcnstigen \u00e4ufseren Bedingungen der Einflufs der kr\u00e4ftiger kontrasterregenden Farbe sich dermafsen dominierend erweist, dafs die entsprechende Kontrastempfindung den objektiven Eindruck der jeweilig vorhandenen anderen Farbe \u00fcbert\u00f6nt, so gen\u00fcgt es auch, eine einzige kontrasterregende Farbe, sei es als Grund oder als Marke, mit neutralem Grau zusammenzustellen, um unter der geeigneten Beleuchtung Flattern zu erzielen. Bei den kr\u00e4ftiger kontrasterregenden Farben (Rot, Orange) sind noch sehr helle Kombinationen wirksam, bei den minder kr\u00e4ftig anregenden Farben (Gr\u00fcn und Blau) zeigen erst dunkle Kombinationen lebhaftes Flattern, weil dann die weitere Herabsetzung der objektiven Unterschiedsempfindlichkeit der T\u00e4uschung Vorschub leistet. Bei einer mit Ber\u00fccksichtigung dieser Angaben getroffenen Auswahl flattern:","page":386},{"file":"p0387.txt","language":"de","ocr_de":"Flatternde Herzen\u201c.\n387\nAuf Eot | Gr\u00fcn, Blau, f Versuch I bis III, VIII, X, XI.\n\u201e O range/ Violett, Grau f \u201e IV bis VII, IX, XII.\n\u201e Gr\u00fcnl Eot, Orange, (VersuchXIII,XV,XVI,XVIII,XX,XXII,XXIII.\n\u201e Bl au JViolett, Grau \\\t\u201e XIV, XVII, XIX, XXI.\n\u201e Violett \\ Eot, Orange, f Versuch XXXIII bis XXXVII.\n\u201e Grau / Gr\u00fcn, Blau \\\t\u201e XXIV bis XXXII.\nDas hier Mitgeteilte enth\u00e4lt das Ergebnis einer genauen Beobachtung der Erscheinung des Flatterns und die m\u00f6glichst pr\u00e4zise Feststellung der Umst\u00e4nde, unter welchen es zu st\u00e4nde kommt. Damit sind wohl die letzten Ursachen der T\u00e4uschung nicht aufgedeckt ; allein so weit sind wir mit der Erkl\u00e4rung der meisten Erscheinungen des subjektiven Sehens noch nicht. F\u00fcr die physiologische Psychologie ist es aber schon von Bedeutung, die G-esetzm\u00e4fsigkeit und die Grenzen der F\u00e4lschung einer Sinn es Wahrnehmung erkannt zu haben. Diese hier wurzelt durchaus in jener mangelhaften \u00dcbereinstimmung zwischen Netzhautreiz und Gesichtsempfindung, welcher Auberts treffender Ausspruch gilt : \u201eWir haben daher keine Yeranlassug, die Vollkommenheit unseres Gesichtsorgans zu bewundern, wohl aber, die Unvollkommenheiten desselben zu untersuchen\u201c.","page":387}],"identifier":"lit14901","issued":"1892","language":"de","pages":"359-387","startpages":"359","title":"\"Flatternde Herzen\": Vorgelegt und demonstriert in der mathematischen und naturwissenschaftlichen Klasse der k\u00f6nigl. ungarischen Akademie der Wissenschaften am 14. M\u00e4rz 1892","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:54:38.168667+00:00"}