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{"created":"2022-01-31T13:19:48.678913+00:00","id":"lit1502","links":{},"metadata":{"alternative":"Archiv f\u00fcr Physiologie","contributors":[{"name":"Sirotinin, W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Archiv f\u00fcr Physiologie: 154-177","fulltext":[{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Heizung des Froschriickenmarkes.\nVon\nW. Sirotinin.\n(Aus dem physiologischen Institut zu Leipzig.)\n(Hierzu Taf. Il.l\nAus einer Reihe mit Sorgfalt durchgef\u00fchrter Untersuchungen ist bekannt, dass die Reizung des R\u00fcckenmarkes, wenn sie an dessen centralem Ende angebracht ist, geordnete Bewegung in den Gliedern hervorruft, welche von den tiefer entspringenden Nerven versorgt werden und dass zu den Bahnen, auf welchen sich die Erregung fortpflanzt, die Seiten- und wahrscheinlich auch Abschnitte der Vorderstr\u00e4nge geh\u00f6ren. Umgekehrt bedingt eine Reizung unterw\u00e4rts gelegener Querschnitte Reflexbewegungen in K\u00f6rper-theilen, die ihre motorischen Nerven aus oberhalb gelegenen Wurzeln beziehen. Endlich wissen wir, dass ein sehr vor\u00fcbergehender Eingriff in die Gangliens\u00e4ulen des grauen Vorderhorns in den dort entspringenden Nerven eine m\u00e4chtige und andauernde tetanisirende Erregung erzeugt.1 Wenn die bisher benutzten Methoden vollauf ausreichen zur Feststellung der eben genannten wichtigen S\u00e4tze, so gen\u00fcgen sie doch nicht zur Reizung engumgrenzter Gebiete, durch welche ein Aufschluss \u00fcber die mit dem Orte\n1 Nachzusehen w\u00e4ren namentlich: A. Fick und Engelken, dies Archiv, 1867 und Pfliiger\u2019s Archiv u. s. w. Bd. II. \u2014 Woroschiloff, Arbeiten aus dem physiologischen Institut zu Leipzig. 1874. \u2014 Birge, dies Archiv, 1882. \u2014 Kronecker und Nikolaides, dies Archiv, 1883. \u2014 Biedermann, Sitzungsberichte der Wiener Academie. Bd. LXXXVII. 3. Abth.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Sibotinin: Punktf\u00f6rmige R\u00fcckenmarkskeizung.\n155\nwechselnde Leistung zu gewinnen w\u00e4re. Inwieweit hierzu ein neues, mir von Hrn. Prof. C. Ludwig empfohlenes Verfahren dienen k\u00f6nne, soll in der folgenden Abhandlung gezeigt werden.\nUnter zahlreichen m\u00f6glichen w\u00e4hlte ich mir als Aufgabe die L\u00f6sung der Frage, ob durch die r\u00e4umlich eingeengte Reizung verschiedener Orte des R\u00fcckenmarkes Ungleichartigkeiten der Zusammenziehung in den verschiedenen Muskeln des Beins zu erzeugen seien. Die Reizungen wurden am R\u00fcckenmark des Frosches ausgef\u00fchrt ; drei Muskeln, Ueopsoas, Semiten-dinosus und Gastrocnemius dienten als Pr\u00fcfungsmittel.\nH\u00fclfsmittel und Bedingungen, unter welchen die Beobachtungen ausgef\u00fchrt wurden, waren die folgenden.\nVorbereitung der Muskeln und des R\u00fcckenmarkes. Der Er\u00f6ffnung des Wirbelcanals ging die Abt\u00f6dtung des Hirns vorher; sie wurde bewirkt von einer unmittelbar \u00fcber dem Atlas angelegten Oeffnung aus durch ein in die Sch\u00e4delh\u00f6hle eingetriebenes Holzkeilchen. Leicht gelingt es, den Handgriff ohne jeglichen Blutverlust auszuf\u00fchren.\nUnmittelbar darauf wurden die Muskeln aufgesucht, ihre Sehnen von den unteren Ansatzpunkten abgetrennt und das freie Ende eines jeden derselben mit einem biegsamen Faden fest umschn\u00fcrt. Vor dem Aufsuchen der Muskeln empfiehlt es sich, die A. iliaca zu unterbinden, um Blutungen vorzubeugen, und nach dem Auffinden der Sehne des Ileopsoas thut man gut, nat\u00fcrlich unter sorgf\u00e4ltiger Schonung der Nerven und Gef\u00e4sse, die ausser Betracht fallende Musculatur des Oberschenkels zu entfernen; hierdurch erreicht man den Vortheil, die Sehne des Ileopsoas in eine zu den Schreibstiften bequeme Lage bringen zu k\u00f6nnen.\nDie Er\u00f6ffnung des Wirbelcanals muss rasch, ausgiebig und unter Vermeidung von Blutung geschehen, weil sich nur unter dieser Bedingung die Reizbarkeit auf der zu den Versuchen durchaus n\u00f6thigen Stufe erhalten l\u00e4sst. Auf das Ausbleiben der Blutung aus den Wirbelvenen l\u00e4sst, sich nur dann rechnen, wenn der Strom in dem Unterleib vollkommen frei bleibt, jeder Druck auf den Bauch bedingt sogleich eine Blutung; daneben aber ist es nothwendig, die Wirbel ruhig festzuhalten, damit den die Knochen zerschneidenden Werkzeugen eine sichere Grundlage geboten wird. Beide Bedingungen sind erf\u00fcllt, wenn die Querforts\u00e4tze der gesammten Wirbels\u00e4ule beiderseits von den Backen ff der in Fig. 1 A u. 1B gezeichneten Klemme gehalten wird. Sind die Querforts\u00e4tze dort befestigt, so h\u00e4ngt der Bauch des Frosches frei in dem Raum zwischen den beiden ausgebogenen Armen der Klemme. \u2014 Soll der enthirnte Frosch in die Klemme eiugespannt werden, so befestigt man die letztere mittelst des Stabes a in einem Schraub-","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nW. Sikotinin:\nstock. Alsdann spaltet man die K\u00fcckenhaut des Frosches vom Kopf bis nahe zum After hin und schiebt nun die Querforts\u00e4tze einer K\u00f6rperh\u00e4lfte zwischen die beiden Bl\u00e4tter eines der beiden Backen/; gleichzeitig zieht man durch die hei / stehende Schraube das obere Blatt des Backens fest gegen das untere an, womit einerseits die Befestigung der Wirbels\u00e4ule vollendet ist. Hierauf n\u00e4hert man mittelst der bei g stehenden Schraube den zweiten bisher entfernter gelegenen Arm der Klemme e dem R\u00fcckgrat des Frosches so lange, bis das untere Blatt seines Backens unter die noch freien Querforts\u00e4tze hineinreicht; ist man dort angelangt, so schraubt man auch hier das obere Blatt/ gegen das untere. Dann ist die Wirbels\u00e4ule im Ganzen und sind die einzelnen Wirbelk\u00f6rper untereinander festgestellt. Wenn darauf die R\u00fcckenmuskeln, was jetzt blutlos geschieht, abgeschnitten sind, so lassen sich die Wirbelbogen, und zwar s\u00e4mmtliche in einem Zuge, durchs\u00e4gen, je nach Belieben mit einer einfachen oder einer Doppels\u00e4ge, und dann mit einer Pincette herausheben. Auch dieser Theil der Operation vollzieht sich blutlos und ohne jegliche Sch\u00e4digung des R\u00fcckenmarkes.\nUm nicht noch einmal auf die Beschreibung der Wirbelklemme zur\u00fcckkommen zu m\u00fcssen, f\u00fcge ich hier gleich hinzu, dass das Grundst\u00fcck der Klemme einen Zapfen tr\u00e4gt, der in die H\u00fclse b hineinpasst, so dass sich die Arme der Klemme im Kreis drehen lassen. Um eine solche Drehung in einem beliebigen Grad zu bewirken und gleichzeitig die Klemme auf dem einmal gegebenen Stand festzuhalten, ist auf den Umfang des Zapfens ein Band feiner Z\u00e4hne eingeschnitten, in welchen ein Trieb eingreift, welcher durch eine seitliche Oeffnung bei c in das Innere der H\u00fclse hineinragt und durch den Kopf d gedreht werden kann.\nEinf\u00fcgung des Frosches in Vorrichtung zum Aufschreiben der Zuckungen, siehe Fig. 2. Nach der ausgiebigen Er\u00f6ffnung des R\u00fcckenmarkes wird der Stiel der Klemme, welcher die Wirbels\u00e4ule steift und festh\u00e4lt, in den allgemeinen Tr\u00e4ger eingesetzt. Die H\u00fclse a, welche den Stiel der Klemme b aufnimmt, ist an einem Hohlprisma c befestigt, das \u00fcber ein eisernes Vollprisma gesteckt wird. Eine der Fl\u00e4chen des Vollprisma's e ist gez\u00e4hnelt, in die Z\u00e4hne greift ein an dem Hohlprisma befestigter Trieb d, verm\u00f6ge dessen die Wirbelklemme senkrecht auf und ab bewegt werden kann. \u2014 Hiermit ist die Wirbels\u00e4ule in ihrem unteren und mittleren Theile fest eingespannt; um eine gleich sichere Stellung auch dem oberen Ende zu gew\u00e4hren, werden nun in die Wirbelklemme drei Eisenst\u00e4bchen g. h, i eingeschraubt, auf welchen sich je eine H\u00fclse bewegen und feststellen l\u00e4sst. In jeder der H\u00fclsen l\u00e4sst sich ein Z\u00e4ngelchen einpassen und verschieben, welche den Sch\u00e4del vorn und an den beiden Seiten angreifen. Von den drei Z\u00e4ngelchen ist in der Zeichnung nur das obere f wiedergegeben. Mittelst der drei Z\u00e4ngelchen l\u00e4sst sich also der Sch\u00e4del unverr\u00fcckbar","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes. 157\nbefestigen, zugleich aber der Atlas so weit spannen, dass nun auch der ausserhalb der Klemme liegende Abschnitt der Wirbels\u00e4ule feststeht. \u2014 Die F\u00e4den, welche von den Sehnen des befestigten Frosches herabh\u00e4ngen, werden alsdann an die Stifte gebunden, an denen die Nadeln angebracht sind, welche die Zuckungsmarken auf das berusste Papier einschreiben sollen, das \u00fcber den rotirenden Cylinder gezogen ist. Zur senkrechten F\u00fchrung der Stifte, welche die schreibenden Nadeln tragen, stand mir eine Reflexharfe zu Gebote, \u00fcber deren Bau die Abhandlung von Lombard1 Auskunft giebt. In meiner Fig. 2 ist, der besseren Uebersicht wegen, die Verbindung nur eines Muskels mit dem Schreibstift gezeichnet.\nDas elektrische Signal. \u2014 Obwohl die Muskeln mit den von ihren Sehnen herablaufenden F\u00e4den durch das Gewicht der Schreibstifte und die an ihrem unteren Ende befestigten 3 grm schweren Messingcylinder soweit gespannt waren, dass sie alsbald nach dem Eintritt der Zuckung eine von der Abscisse sich erhebende Linie zeichneten, so wurde es bei der Ausf\u00fchrung der Versuche doch bald deutlich, dass eine noch feinere Markirung des Zuckungsbeginns nothwendig sei. Um eine solche zu gewinnen, bediente ich mich nach dem Vorg\u00e4nge Tigerstedt\u2019s eines elektromagnetischen Signals. Seines einfachen und leicht verst\u00e4ndlichen Baues wegen habe ich auf eine bildliche Darstellung desselben verzichtet. \u2014 Aus der constanten Batterie ging ein starker Draht hervor, der sich nach kurzem Verlauf in drei von einander isolirte Zweige spaltete. Ein jeder der Zweige umspann ein Hufeisen, \u00fcber dessen Endfl\u00e4chen ein Anker sass, welcher einen Schreibstift trug. In passender Entfernung von einander waren die Anker vor dem kreisenden Cylinder aufgestellt, so dass sie bei der Entmagnetisirung des Hufeisens eine senkrechte Linie auf das Papier eintrugen. Aus jedem der drei Hufeisen setzte sich eine feine Drahtspirale fort, welche an je einem der Stahlstifte befestigt war, die von den Muskeln aus gehoben wurden. Der Strom, welcher in die Stahlstifte eingedrungen war, ging in das aii ihrem Ende angesteckte Messingcylinderchen \u00fcber. Die Endfl\u00e4che jedes der Messingcylinderchen, welche glatt abgeschnitten und polirt war, ruhte auf dem ebenen Knopf einer feinen Metallschraube, von welcher aus die Stromleitung zur Batterie zur\u00fcckkehrte. Mittelst der Schraube liess sich die Ber\u00fchrung des Messingcylinderchens am Ende der Muskelstifte gegen den Schraubenkopf sehr fein einstellen, so dass auch die geringste Hebimg den Strom \u00f6ffnete. Die Empfindlichkeit des Signals erwies sich so gross, dass dasselbe nur in einem vor jeder Ersch\u00fctterung des Bodens gesch\u00fctzten Zimmer zu gebrauchen war.\n1 Dies Archiv. 1885. S. 423.","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nW. Sieotinin:\nReiznadel und ihre F\u00fchrung durch die Schlitten. \u2014 Als Reiz f\u00fcr das R\u00fcckenmark sollte mir zun\u00e4chst der Einstich einer feinen Stahlnadel dienen, welcher an beliebig gew\u00e4hlten Orten des R\u00fcckenmarkes ausgef\u00fchrt werden sollte.\nDie Nadel. \u2014 Auf einer L\u00e4nge von etwa 3mm war an die Spitze einer feinsten, stahlharten N\u00e4hnadel eine lancettf\u00f6rmige Schneide geschliffen. Der kleinere Durchmesser des Schliffs betrug 0-08 bis 0-10mm, der l\u00e4ngere um ein wenig mehr. \u2014 Unter der Voraussetzung, dass der Stahl hart und die Schneiden scharf sind, dringt die Nadel ohne sich zu biegen in das R\u00fcckenmark ein.\nUm eine Vorstellung von der zergliedernden Bef\u00e4higung der Nadel zu gewinnen, kann man zun\u00e4chst die Ausmaasse der Nadel mit denen des R\u00fcckenmarkes vergleichen. Nach meinen Messungen hatte das R\u00fcckenmark der von mir benutzten Fr\u00f6sche an seinen d\u00fcnnsten Orten eine Breite von 2-5mm, also von der Mittellinie bis zum \u00e4usseren Umfang eine halbe Breite von 1 \u2022 25mm. Demnach k\u00f6nnen in die H\u00e4lfte des Markes bequem zehn Stiche nebeneinander von der R\u00fccken- zur Bauchseite hin gef\u00fchrt werden. \u2014 Aus einer Vergleichung der Querschnittsfl\u00e4chen von Nadel und R\u00fcckenmark ergiebt sich selbstverst\u00e4ndlich ein viel g\u00fcnstigeres Verh\u00e4ltniss f\u00fcr die zergliedernde Bef\u00e4higung der Nadel. Setzen wir, was ohne wesentlichen Verstoss gegen den Sachverhalt geschehen kann, eine cylindrische Gestalt der beiden Gebilde voraus, so w\u00fcrde die Querschnittsfl\u00e4che der Nadel, ihren Durchmesser = 0-1 mm angenommen, = 0-0075 die des R\u00fcckenmarkes = 4-844 [I]mm betragen. Sona\u00e7h w\u00fcrden auf dem R\u00fcckenmarksquerschnitt mehr als 60 Nadelstiche Platz finden.\nUm zu dem wichtigeren Aufschluss zu gelangen, wie viel Nervenfasern durch den Einstich der Nadel zerschnitten werden k\u00f6nnen, wird auf die Messungen der Faserdicke R\u00fccksicht zu nehmen sein, welche Birge1 an den motorischen Wurzeln der VI. bis IX. R\u00fcckenmarksnerven des Frosches vorgenommen hat. Aus ihnen berechnet sich, dass um den Querschnitt einer Nadel von 0'0075 \u25a1mra zu decken, im Mittel die Querschnitte von 42 Nervenfasern n\u00f6thig sind. Je nach der Richtung, welche die L\u00e4ngsachse der Nadel zum Verlauf der Faserung nimmt, wird unter gegebenen Voraussetzungen die Gr\u00f6sse der Zerst\u00f6rung verschiedenartig ausfallen. Ein Stich, welcher der Faserrichtung entlang folgt, wird, wie tief er auch eindringt, nur sich auf die Zerschneidung von 42 Nervenr\u00f6hren beschr\u00e4nken. Wenn dagegen die Nadel unter einem rechten Winkel zum L\u00e4ngsverlaut der Fasern eingestochen war, so wird im ersten Anfang die Zahl der\nDies Archiv. 1882. S. 443.","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes. 159\ngetroffenen Fasern nur 6 bis 7 betragen, dagegen werden bei einem Fortschreiten der Nadeltiefe nur um 0-1 mm schon etwa 60 Fasern zerschnitten sein. Nun hat man allerdings den Grad der Einstichstiefe in der Hand, entweder indem von vornherein bestimmt wird, wie tief die Nadelspitze unter die Oberfl\u00e4che des Markes eindringen soll, oder dadurch, dass die Nadel absatzweise um bestimmte L\u00e4ngenmaasse vorgeschoben wird. Im letzteren Falle wird der zweite Vorstoss der Nadel erst dann zu vollf\u00fchren sein, wenn sich die in den Muskeln sichtbar gewordenen Folgen des ersten wieder beruhigt haben. \u2014 Zwischen den beiden soeben er\u00f6rterten Grenzf\u00e4llen liegen entsprechend den Richtungen, welche die Faserung einschl\u00e4gt, zahlreiche andere eingeschlossen. \u2014 Wie die letztere auch beschaffen sein mag, immerhin l\u00e4sst sich die Zahl der zerst\u00f6rten im Ver-h\u00e4ltniss zu den im R\u00fcckenmark vorhandenen Fasern als eine beschr\u00e4nkte bezeichnen.\nAnstatt der bisher bevorzugten M\u00f6glichkeit kann auch eine andere bestehen: vor der Nadel k\u00f6nnen die Fasern ohne sich durchschneiden zu lassen, nach der Seite hin ausweichen. Damit w\u00fcrde die Nadel \u00fcber das Bereich der unmittelbar ber\u00fchrten Fasern hinauswirken, wie weit l\u00e4sst sich nicht wohl angeben, aber jedenfalls l\u00e4sst sich das in Mitleidenschaft gezogene Gebiet durch ein Schutzmesserchen abgrenzen.\nGern h\u00e4tte ich statt einer auf nur wahrscheinliche Annahmen gegr\u00fcndeten Sch\u00e4tzung eine unmittelbare Pr\u00fcfung der an jedem R\u00fcckenmark angerichteten Zerst\u00f6rung ausgef\u00fchrt, indess die mir zur Untersuchung verf\u00fcgbare Zeit hat die beabsichtigte Ausf\u00fchrung nicht gestattet.\nDurch den Nadelreiz wird sich mindestens entscheiden lassen ob in den weissen Str\u00e4ngen die functioneil gleichartigen Fasern zu B\u00fcndeln zusammengefasst sind, sodass ein weisser Strang aus einer Summe von Z\u00fcgen bestehe, von denen jeder mit einer besonderen von dem Nachbar unterschiedenen Leistung begabt ist, oder ob durch die ganze Dicke eines weissen Stranges hin die ungleich functionirenden Fasern in einem gleichm\u00e4ssigen Gemenge liegen. Besonders f\u00f6rderlich f\u00fcr zu erlangenden Aufschluss wird es sein wenn die Nadel mit ungleich tiefem Einstiche auf einer zur L\u00e4ngenachse des Markes senkrechten Linie von aussen nach innen und wenn sie in verschiedenen Ebenen von dem R\u00fccken zur Bauchfl\u00e4che hin gef\u00fchrt wird.\nDie Schlitten Siehe Fig. 3. \u2014 Um es m\u00f6glich zu machen, dass die Stiche regelm\u00e4ssig auf einer im voraus bestimmten Linie ausgef\u00fchrt werden konnten, musste die Nadel nach zwei senkrecht zu einander stehenden Richtungen zu f\u00fchren sein. Hierzu dienten zwei Schlitten, deren gemeinschaftlicher Rahmen b b vor und \u00fcber dem R\u00fcckenmarke aufgestellt war.","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nW. Sieotinin:\nAus dem Rahmen ging in horizontaler Richtung ein starker Stab hervor, der in einiger Entfernung von seinem Urspr\u00fcnge ein Hohlprisma trug, das auf einem st\u00e4hlernen Yollprisma f aufgesetzt war. Mittelst eines Triebes konnte die prismatische H\u00fclse auf dem vollen Prisma auf und ab bewegt werden. \u2014 Auf dem unteren Ende dieses ersten des senkrecht gestillten Vollprisma\u2019s war wiederum eine prismatische H\u00fclse befestigt, welche sich mittelst eines Triebes auf einem horizontal gestellten Yollprisma e von hinten nach vorn bewegen liess. Das zweite Prisma sass unverr\u00fcckbar befestigt an dem Stiele der Wirbelklemme. Mittelst der beiden Triebe konnte, wie man sieht, der Rahmen derart bewegt werden, dass er sich der Klemme, in welcher Wirbel eingespannt waren, von hinten nach vorn, oder von oben nach unten n\u00e4herte oder entfernte. An diese eine gr\u00f6bere Einstellung gestattende Einrichtung, schloss sich eine andere mikrometrische an. Die letztere bestand aus zwei senkrecht gegeneinander beweglichen Schlitten. Einerderselben, der senkrecht verschiebbare, lief in dem Rahmen b b, Auf ihm sass der zweite in wagerechter Richtung bewegliche. Ein jeder der beiden Schlitten wurde durch je eine Mikrometerschraube in ihrer F\u00fchrung weiter hin und her geschoben. \u2014 Auf der freien Fl\u00e4che des vorderen der beiden Schlitten war der Tr\u00e4ger der Nadel befestigt, welcher aus einem den Rahmen der Schlitten nach unten \u00fcberragenden Stiel und aus einer cylindrischen H\u00fclse a a bestand. Im Inneren der letzteren lag eine Spiralfeder, durch deren Lichtung ein St\u00e4bchen lief, das einerseits einen Knopf andererseits eine Klemme zur Aufnahme der Nadel trug. War der Knopf gegen die H\u00fclse hin gedr\u00fcckt worden so spannte sich gleichzeitig mit dem Vorschieben der Nadel die Feder, sodass mit dem Nachlasse des \u00e4usseren Druckes sich die Nadel gegen ihre fr\u00fchere Lage zur\u00fcckbewegte. Wenn man statt des Zur\u00fcckschneilens das Verbleiben der vorgeschobenen Nadel in der neuen Lage zu erzielen w\u00fcnschte, musste selbstverst\u00e4ndlich die Spiralfeder entfernt werden.\nVerm\u00f6ge der beschriebenen Vorrichtungen war der Parallelismus der Ebene, in welcher die Schlitten und die hintere Fi\u00e4che des R\u00fcckenmarkes lagen, gesichert; andererseits aber blieb es nicht ausgeschlossen, dass die Mittellinie des R\u00fcckenmarkes mit den senkrecht herabsteigenden Kanten des Schlittenrahmens einen Winkel bilde. Um auch hierf\u00fcr den Parallelismus herstellen zu k\u00f6nnen, war der oben beschriebene Trieb an dem Zapfen der Wirbelklemme Fig. 1 c angebracht, durch welche die Backen derselben in der Verticalebene um einen beliebigen Winkel gedreht werden konnten.\nDie starke Stange, auf welcher die Wirbelklemme und die Schlitten steckten, war ein und f\u00fcr allemal in senkrechter Lage im Boden des Zimmers befestigt, und durch Querst\u00e4be mit der gegen\u00fcberstehenden Mauer","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes. 161\ndes Hauses vor selbst kleinsten Verbiegungen bewahrt. Aufgestellt war der Apparat nahe dem Fenster, sodass das R\u00fcckenmark, welches in heller Beleuchtung stand, mit einer starken Lupe durchmustert werden konnte.\nDie H\u00f6hen und die Zeiten der Zuckung werden auf den berussten Papier\u00fcberzug einer Trommel geschrieben, deren Umfang sich um 70 \u201cm in einer Secunde weiterbewegte.\nVersuche.\nF\u00fcr die Beurtheilung des Werthes, welcher dem verwendeten Verfahren zusteht, ist es wichtig zu erfahren, ob Muskelbewegungen, die dem Einstiche folgen, von einer Reizung der R\u00fcckenmarksfaserung oder von einer solchen der hinteren Wurzelf\u00e4den und deren Endigung in der Dura Mater bedingt seien. Auf Grund vielfacher Pr\u00fcfungen darf ich behaupten, dass allein die unmittelbare Ber\u00fchrung des R\u00fcckenmarkes die Bewegung ausl\u00f6st. \u2014 Oefter habe ich die hinteren Wurzeln sehr reizbarer Thiere auf d\u00fcnne Glaspl\u00e4ttchen gelegt und mit Stichen behandelt, ohne aber eine Wirkung zu erzielen, obwohl dann eine gelinde Zerrung der F\u00e4den oder ein andauernder m\u00e4ssiger Druck auf dieselben lebhafte Reflexbewegungen erzeugte. \u2014 Dass in der Reizung der R\u00fcckenmarksfaserung selbst, unabh\u00e4ngig von einer etwa vorhandenen Empfindlichkeit der Dura, die Veranlassung zu der dem Einstiche folgenden Bewegung gegeben sei, l\u00e4sst sich leicht durch die absatzweise Einf\u00fchrung der Nadel beweisen. Wenn die Nadel um geringe Bruchtheile eines Millimeters in das Mark eingef\u00fchrt wird, so zieht dies Muskelbewegungen nach sich; man lasse sie bei unver\u00e4ndertem Stande der Nadel zur Ruhe kommen, und setze nun den Einstich abermals um ein nur Geringes fort; sogleich kehren die Zuckungen wieder. Da die glatte und scharfe Nadel bei der Fortf\u00fchrung des Stiches unzweifelhaft an den schon einmal betroffenen Marktheilen ohne Reibung vor\u00fcbergleitet, so kann die zweite Reihe von Bewegungen nur durch die von nun an durchschnittenen Fasern ausgel\u00f6st sein.\nAllen fr\u00fcheren Beobachtungen zufolge, durfte ich auch in den meinen von der wirksamen Reizung des R\u00fcckenmarkes eine geordnete Bewegung, d. h. eine solche erwarten, an der sich eine Mehrzahl von Muskeln in einer bestimmten Zeitfolge betheiligten, und weil die verschiedenen St\u00fccke des Froschbeines sich f\u00fcr gew\u00f6hnlich zu einer Bewegungsfolge aneinanderreihen, m\u00f6gen die Reize vom Hirne oder den Enden der sensiblen Nerven ausgehen, so war vorauszusehen, dass sich die drei von mir vorgerichteten Muskeln nach der Reizung mannigfacher R\u00fcckenmarksorte s\u00e4mmtlich zusammenziehen w\u00fcrden. In ihren Folgen k\u00f6nnen demnach die Reizungen\nArchiv f. A. u. Ph. 1887. Physiol. Abthlg.\t11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nW. Sibotinin:\nverschiedener Orte nur abweichen durch die zeitliche Folge, nach welcher die Muskeln in die Zusammenziehung eintreten, durch den Umfang und durch die Dauer ihrer Contraction. Hierzu konnte noch ein W eiteres treten. Die beiden Beine stehen, wie die Beflexe lehren, innerhalb des R\u00fcckenmarkes in einem so innigen Zusammenhang, dass bei der unmittelbaren Reizung einer gr\u00f6sseren Zahl von centralen Bezirken zweiseitige Bewegung vorauszusehen war, indess andere ihre Wirkung nur auf eins der Glieder beschr\u00e4nkten, sei es des gleich- oder des andersseitigen Beines.\nEine recht vielf\u00e4ltige Yertheilung der Stiche auf alle Abtheilungen des Markes war demnach geboten, und zugleich empfahl es sich, wenn verschiedene Stiche in einer L\u00e4ngs- oder Querrichtung ausgef\u00fchrt werden sollten, ihre Reihenfolge einmal in gerader bez. von oben nach unten und ein anderesmal in umgekehrter Richtung, also von unten nach oben hin geschehen zu lassen. \u2014 Eine Grenze fanden die Stichreihen nur insofern, als sie nach oben hin in der Regel nicht \u00fcber der zweiten Wirbel hinausgingen, um die allzu grosse N\u00e4he des k\u00fcnstlichen Querschnittes zu meiden, und dass sie im Zwischenr\u00e4ume zwischen dem sechsten und siebenten Wirbel am Austritte der Wurzeln des Plex. ischiadicus ihr Ende nahmen.\nDie Beschreibung der Folgen einer Stichreihe, die nahe der Mittellinie ausgef\u00fchrt wurde, stelle ich voraus. \u2014 D\u00fcrfte das R\u00fcckenmark das Frosches dem des Menschen verglichen werden, so h\u00e4tte die Nadel die zarten Str\u00e4nge, graue und weisse Commissur, bez. den inneren Theil der grauen Masse mit dem der Pyramidenbahn angeh\u00f6rigen Theil der Yorderstr\u00e4nge durchbohrt.\nStets wurden, wenn der Einstich wirksam war, Bewegungen in beiden Beinen ausgel\u00f6st und jeder der drei Muskeln konnte von jedem Punkte der Stichlinie aus zur Zusammenziehung gebracht werden. Insofern waren alle in der Stichlinie vom zweiten bis \u00fcber den sechsten Wirbel hinaus gelegenen Orte gleichwerthig, anders aber erwiesen sie sich, wenn man R\u00fccksicht nahm: auf die Leichtigkeit mit der ein Muskel ansprach, auf die Dauer seiner latenten Reizung und den Umfang seiner Zusammenziehung. Dann l\u00e4sst jeder Muskel besondere Beziehungen zu einzelnen Abschnitten des Markes gewahren.\n1. Die Verschiedenheiten der Anspruchsf\u00e4higkeit.\na. Ileopsoas. Weit h\u00e4ufiger als die beiden anderen Muskeln bewegte sich der M. ileopsoas, wenn der Stich in die H\u00f6he des zweiten Wirbels fiel. Unter m\u00e4ssigen Schwankungen blieb die Sicherheit, mit welcher der genannte Muskel ansprach, im dritten und im Zwischenr\u00e4ume zwischen","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes. 163\ndritten und vierten Wirbel gleich, im vierten wuchs dann seine Bereitwilligkeit noch weiter empor; an einem reizbaren R\u00fcckenmark wird von hier aus fast ausnahmslos auf das Eintreten einer Zuckung des M. ileopsoas gerechnet werden k\u00f6nnen; Weiter gegen das untere Ende des R\u00fcckenmarkes hin nimmt die Bereitwilligkeit des Ileopsoas stetig ab, sodass sie im Bereiche des sechsten Wirbels unter die der beiden anderen Muskeln bedeutend herabgesunken ist.\nb.\tSemitendinosus. Innerhalb des zweiten Wirbels ist die Zahl der ausgel\u00f6sten Zuckungen des Semitendinosus im Verh\u00e4ltnisse zu derjenigen der Stiche am geringsten, dann nimmt sie erst langsam, weiterhin aber rascher zu, bis endlich im Bereiche des f\u00fcnften Wirbels, nahezu ausnahmslos, jede Reizung des Markes auch eine Bewegung des M. semitendinosus bedingt. Unterhalb des f\u00fcnften, bereits im Zwischenr\u00e4ume zwischen ihm und dem sechsten Wirbel folgt auf die Stiche schon merklich seltener eine Contraction und innerhalb des sechsten Wirbels ist die Wirksamkeit der Angriffe auf das Mark \u00e4hnlich tief herabgesunken, wie innerhalb des zweiten und dritten. Ueber die Stichlinie aufgetragen geht die H\u00e4ufigkeit, mit welcher der M. semitendinosus anspricht, durch ein Maximum hindurch, welches innerhalb des f\u00fcnften Wirbels f\u00e4llt.\nc.\tGastrocnemius. Umgekehrt, wie der Ileopsoas verh\u00e4lt sich die Abh\u00e4ngigkeit des Gastrocnemius von der Reizung des Markes. Die Wirkungsf\u00e4higkeit der Stiche nimmt von oben nach unten hin stetig zu. W\u00e4hrend innerhalb des zweiten und dritten Wirbels die Mehrzahl der Stiche an dem M. gastrocnemius spurlos vor\u00fcbergeht, folgt auf jeden derselben zwischen dem f\u00fcnften und sechsten Wirbel wie im Bereiche des letzteren eine Contraction.\nEine genauere Einsicht in die beschriebenen Verh\u00e4ltnisse als die Worte geben die folgenden Zahlenreihen. Die erste derselben ist zusammengestellt nach Versuchen an zwanzig sehr reizbaren Fr\u00f6schen. Die Ueberschriften, r\u00f6mische Zahlen, bezeichnen die Ordnungsnummern der WTirbel in derem Bereich der Stich geschah. Innerhalb eines jeden wurden zwei horizontal gegeneinander verschobene, um 0-125mm von einander getrennte Einstiche ausgef\u00fchrt. Hinter dem Namen der Muskeln ist eingetragen, wie vielemal derselbe in Contraction gerieth, wenn je 100 Stiche ausgef\u00fchrt waren.\n! ii\tin m-iv\t\t\tIV\tV\tV-VI\tVI\nIleopsoas ....\t80\tProc. Semitendinosus . . j\u00f64 \u201e Gastrocnemius , .\ti38\t\u201e\t74 Proc. 54\t\u201e 33\t\u201e\t69 Proc. 58\t\u201e 55\t\u201e\t90 Proc. 76\t\u201e 72\t\u201e\t79 Proc. 92\t\u201e 81 \u201e\t67 Proc. 74\t\u201e 99\t\u201e\t33 Proc. 62 \u201e 100 \u201e\nli","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nW. Sikotinin:\nDie zweite Zusammenstellung ist aus den Beobachtungen an 36 weniger empfindlichen Fr\u00f6schen hervorgegangen. In vieren der Fr\u00f6sche wurde das Mark in der Richtung von unten nach oben angestochen.\n\u2022\tII\tIII\tIII-IV\tIV\tV\tV\u2014VI\tVI\nUeopsoas .... Semitendinosus . . Gastrocnemius . .\t43 Proc. 25\t\u201e 14\t\u201e\t46 Proc. 30\t\u201e 24\t\u201e\t44 Proc. 25\t\u201e 23\t\u201e\t67 Proc. 55\t\u201e 48\t\u201e\t69 Proc. 81 \u201e 12 \u201e\t58 Proc. 72\t\u201e 83\t\u201e\t29 Proc. 53\t\u201e 89\t\u201e\nDas Mittel der beiden Reihen, von Fr\u00f6schen verschiedenen Reizbarkeitsgrades entnommen, f\u00fchrt zu derselben Regel; ihre Begr\u00fcndung in der nat\u00fcrlichen Einrichtung unterliegt darum keinem Zweifel. Zu dem ebengeschilderten Abh\u00e4ngigkeitsverh\u00e4ltnisse tritt ein zweites.\n2. Umfang der Zusammenziehung der einzelnen Muskeln in der Abh\u00e4ngigkeit von dem gereizten Orte des R\u00fcckenmarkes.\nDie Verk\u00fcrzung der Muskeln, welche die noch so rasch vor\u00fcbergehende Ber\u00fchrung des Markes hervorrief, war stets eine dauernde; rasch erlangte die Contraction ihren h\u00f6chsten Umfang, von dem sie allm\u00e4hlich wieder herabstieg. Messungen dar\u00fcber, wie lange die Muskeln in der Zusammenziehung verharrten, habe ich nicht angestellt, doch belehrte mich der Augenschein, dass die Tetani weniger umfangreich, namentlich aber weit weniger dauerhaft ausfielen, als sie nach der Beschreibung von Birge durch die Reizung der Vorderh\u00f6rner erzeugt werden.\nDagegen habe ich in den Beobachtungen an den 20 sehr empfindlichen R\u00fcckenmarken alle maximalen H\u00f6hen der Tetani gemessen. Aus der Zusammenstellung aller zu dem gleichnamigen Muskel geh\u00f6rigen Zahlen geht hervor, dass der Umfang der Verk\u00fcrzung mit dem Orte' des Reizes sich gesetzm\u00e4ssig \u00e4ndert. Die aufgefundene Abh\u00e4ngigkeit glaube ich deutlich und kurz darlegen zu k\u00f6nnen, wenn ich alle zu einer Wirbelnummer geh\u00f6rigen Hebungsh\u00f6hen zur Bildung einer Mittelzahl heranziehe ; nachdem dieses geschehen, den h\u00f6chsten Werth gleich eins setze und alle \u00fcbrigen von demselben Muskel gelieferten Werthe in Verz\u00e4ltnisszahlen ausdr\u00fccke. Der Art ist folgende Tabelle entstanden und zu verstehen:\n\tII\tIII\tIII-IV\tIV\tV\tV-VI\tVI\nIleopsoas\t Semitendinosus .\t.\t.\t0-74\t0-63\t0-46\t1-00\t0-57\t0-51\t0-19\n\t0-25\t0-22\t0-28\t0-43\t1-00\t0-78\t0-30\nGastrocnemius .\t.\t.\t0-14\t0-15\t0-17\t0-39\t0-65\t1-00\t0-87","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Eros chr\u00fcckenmarkes. 165\nEine augenf\u00e4llige Aehnliclikeit zeigen die Schwankungen der Hebungs-h\u00f6hen mit denjenigen der Bef\u00e4higungen, durch einen Reiz erregt zu werden. Wenn man die eben und die vorhin gegebenen Zusammenstellungen vergleicht, so wird es augenscheinlich, dass nach dem Maasse von H\u00e4ufigkeit, in welchem von einem gegebenen Orte aus der Muskel durch den Markstich angeregt werden kann, auch der Umfang seiner Verk\u00fcrzung w\u00e4chst.\nMithin l\u00e4sst sich von allen der L\u00e4ngsfurche angrenzenden Orten des Markes ein jeder der drei Muskeln zur Verk\u00fcrzung bringen, aber innerhalb des Bereiches vom zweiten bis zum sechsten Wirbel giebt es je einen Bezirk, bei dessen Reizung einer der drei Muskeln leichter und kr\u00e4ftiger als die anderen anspricht. Ihrer Lage im R\u00fcckenmarke nach folgen sich von oben nach unten hin die wirkungsvollsten Stellen \u00e4hnlich wie die Wurzeln der zu den Muskeln geh\u00f6rigen Nerven. Je n\u00e4her nach dem Hirnende hin die Nervenwurzeln eines Muskels entspringen, um so h\u00f6her liegt auch im Marke der Bezirk, von welchen aus der Muskel am sichersten und st\u00e4rksten erregt werden kann. Vielleicht ist es erlaubt, den Satz, dessen G\u00fcltigkeit f\u00fcr drei Muskeln nachgewiesen ist, zu verallgemeinern.\n3. Latenz der Reizung.\nWeil es beider Anordnung meiner Versuche unbekannt blieb, ob die Nadel die Anregung zur Contraction schon bei der ersten Ber\u00fchrung des Markes ausl\u00f6ste oder sp\u00e4ter, nachdem sie bis zu einer gewissen Tiefe in dasselbe eingedrungen war, so liess sich der Zeitpunkt, zu welchem der Reiz begann, nicht angeben. Dagegen zeigte es sich mit aller Sch\u00e4rfe, ob die drei Muskeln gleichzeitig oder nacheinander in die Verk\u00fcrzung eintraten, und wann das letztere geschieht, um wie viel sp\u00e4ter der zweite und dritte dem ersten folgte. Da die Nadel offenbar gleichzeitig alle die Bahnen trifft, von welchen aus die Muskeln abh\u00e4ngen und da die L\u00e4ngenunterschiede der nerv\u00f6sen Wege, die zu den Muskeln f\u00fchren, nur unbedeutende sind, so durfte von vornherein erwartet werden, dass die drei Muskeln auch nahezu gleichzeitig mit ihrer Zusammenziehung beginnen w\u00fcrden. Diese Voraussetzung trifft jedoch nur bedingungsweise zu, n\u00e4mlich in der \u00fcberwiegenden Zahl der Beobachtungen dann, wenn der Stich im Bereiche zwischen dem f\u00fcnften und sechsten und nahezu ausnahmslos, wenn er innerhalb des sechsten Wirbels gef\u00fchrt wurde. Dass die bezeichneten Stellen des R\u00fcckenmarkes sich eigenth\u00fcmlicli verhalten, mag ihre Lage nahe den Wurzeln der Muskelnerven erkl\u00e4ren. Unmittelbarer als an h\u00f6her gelegenen Orten wird hier der Reiz die Nerven wurzeln treffen.","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nW. Sieotinin:\n\t11 1\t2\tIII -1 !.. 2\t\tIII- 1\t-IV 2\tII 1\tT 2\tIV- 1\tV 2\ti\tV 2\tV- 1\t[V 2\tVI 1 ! 2\t\tVI-VII 1 u\t\n1. Ileopsoas\t0\t\u2014\t\t\t\t0-08\t\t\t0-38\t\t\t0\t\t\t0-09\t\t\t0-31\t_\t\t\t\t\nSemitendin.\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0-28\t\t\t0-28\t\t\t\t\nGastrocn.\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t0-35\t\u2014\t0-57\t\u2014\t0\t\u2014\t0-10\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t\t\t\nv. unten n. ob.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n2. Ileopsoas\t1-25\t\u2014\t0-91\t\u2014\t0-03\t\u2014\t0-03\t\u2014\t0\t\u2014\t0-02\t\u2014\t0-06\t\u2014\t0-02\t\t\t0\t\nSemitendin.\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0-03\t\u2014\t0\t\u2014\t0-02\t\u2014\t0-02\t\u2014\t0\t\t\t0\t\nGastroen.\t\u2014\t\u2014\t0-35\t\u2014\t0-52\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\t.\n3. Ileopsoas\t0\t\u2014\t0-02\t\t\t0-26\t\t\t0\t\t\t0\t\t\t0\t_\t0-07\t_\t0\t\t\t\nSemitendin.\t1-58\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0-02\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0-04\t\u2014\t\t\t\t\t\t\nGastrocn.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0-38\t\u2014\t0\t\u2014\t0-04\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\n4. Ileopsoas\t1-33\t\u2014\t0-11\t0-62\t0\t\t\t0\t0\t\t\t\t\t0\t0\t_\t_\t0-11\t\t0-25\t\nSemitendin.\t0\t\u2014\t0\t0.62\t\u2014\t\u2014\t0-580-81\t\t\u2014\t\u2014\t0\t0\t\t\t\u2014\t0-64\t\t\t\t\nGastrocn.\t\u2014\t\u2014\t0-36\t0\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t-\t\u2014\t0-59\t0\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\n5. Ileopsoas\t0-27\t\u2014\t0-18\t0-69\t\t\t\t\t0\t\t\t\t\t\t\t0\t0\t\t\t\t\t\t\t\t\nSemitendin.\t0\t\u2014\t0\t0-87\t\t\t\u2014\t0-04\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0\t0\t\u2014\t\t\t\t\t\t\t\t\nGastrocn.\t0-42\t\u2014\t0\t0\t\u2014\t\u2014\t0-60\t\u2014\t\u2014\t-\t0-03\t0\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\n6. Ileopsoas\t0\t\u2014\t0\t\t\t0\t\t\t0\t\t\t1-05\t\t\t0\t\t\t0-22\t_\t0-01\t\t\t\nSemitendin.\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0-01\t\u2014\t0-01\t\t\t\t\nGastrocn.\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t0-13\t\u2014\t3-80\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\n7. Ileopsoas\t0-36\t\u2014\t?\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0-03\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t\t\t\nSemitendin.\t0-27\t\u2014\t?\t\u2014\t0-35\t\u2014\t0-25\t\u2014\t0-09 0-60\t!?\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t\t\nGatrocn.\t0\t-\t?\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0-72\t\t0-04\t\u2014\t0\t-\t0\t\u2014\t\u2014\t\u2014\n8. Ileopsoas\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nSemitendin.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n9. Ileopsoas\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t0.02\t\t\t\nSemitendin.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0-15\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t0-09\t0\t\t\t\nGastrocn.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t1-05\t\u2014\t\u2014\t0-53\t-\t\u2014\t0\t0-18\t\u2014\t-\n10. Ileopsoas\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nSemitendin.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nGastrocn.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n11. Ileopsoas\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\t\t\t\t\t\t0\t\t\t_\t_\t0-04\t0\t\t\t0\t\t\t\nSemitendin.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0-22\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0-11\t?0\t\u2014\t\u2014\t0\t\t\t\t\t\t\nGastrocn.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0-15\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0\t0-03\t\u2014\t-\t0\t0\t\u2014\t-\n12. Ileopsoas\t\u2014\t_\t\u2014\t\t0\t\t\t0\t\t\t_\t\t\t0-04\t0\t0\t_\t0\t\t\t_\nSemitendin.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\t0-55\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\t\t\t\t0\t0\t0\t\t\t0\t\t\t\t\t\nGastrocn.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t0-11\t0-05\t\t\u2014\t\t\u2014\t\u2014\t\u2014\n13. Ileopsoas\t\u2014\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t0\t_\t0-47\t\t\t\t\t\t\t\t\t.\nSemitendin.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\nGastrocn.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0-74\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t\u2014\t\u2014\nv. unten n. ob.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\n14. Ileopsoas\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t\t\t\t\t0\t\t\t0-09\t\t\t0-07\t\t0-08\t\u2014\nSemitendin.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0-29\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t0\t\u2014\t0-09\t\t\t0-07\t\t\t0-06\t\u2014\nGastrocn.\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t-\t\u2014\t0-47\t\u2014\t-\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014\t0\t\u2014","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes. 167\nTom f\u00fcnften Wirbel an aufw\u00e4rts treten dagegen nur ausnahmsweise die drei Muskeln gleichzeitig in die Verk\u00fcrzung ein. Von nun an nimmt einer von ihnen den Vortritt, die beiden anderen folgen. Im Voraus l\u00e4sst sich nicht angeben, welcher zuerst und nach welchem Zeitmaasse die anderen zucken. Von der Mannigfaltigkeit der Vorkommnisse geben die folgenden Zahlen eine Anschauung.\nDie Beobachtungen, welche der Tabelle zu Grunde liegen, r\u00fchren von theils sehr reizbaren, theils weniger reizbaren Fr\u00f6schen her. An den K\u00f6pfen der Spalten stehen die Kamen der Wirbel, innerhalb welcher der Stich fiel. An den Eing\u00e4ngen in die wagrechten Reihen stehen die Kamen der Muskeln. Folgt auf gleicher Linie mit einem der Muskeln eine 0, so war der Muskel der erste in der Reihe der Zusammenziehungen, folgt eine Zahl, so bedeutet sie in Secunden, um wie viel der Muskel sich sp\u00e4ter als der erste zusammenzog.\nAus einer ersten Durchsicht der Tabellen scheint sich keine irgend wie geartete Regel zu ergeben zwischen dem Orte des Einstiches und der verzugslos eintretenden, der anderen vorangehenden Bewegung eines der Muskeln. Eine solche findet sich jedoch, wenn man die innerhalb eines Wirbels ausgef\u00fchrte Stichsumme, auf welche die Bewegung von mindestens zwei Muskeln folgte, der H\u00e4ufigkeit gegen\u00fcberstellt, in welcher einer der drei Muskeln den Vortritt nahm. Dann ergiebt sich f\u00fcr jeden der drei Muskeln eine besondere Stelle, von welcher aus er am h\u00e4ufigsten zuerst zuckt.\nDer Vergleichbarkeit wegen sind in der folgenden, nach dem eben-bezeichneten Verfahren entworfenen Zusammenstellung die Zahlen der verzugslos eintretenden Zuckung in Procenten der auf mehrere Muskeln wirkenden Stichsumme ausgedr\u00fcckt. Der Uebersichtlichkeit zu Liebe ist der Ort des Stiches auf den untern Wirbel bezogen, wenn er zwischen ihm und einen vorhergehenden fiel, also beispielsweise auf den IV., wenn er zwischen III und IV eintraf.\n\t\tIleopsoas\t\tSemitendinosus\t\tGastrocnemius\nII.\tWirbel\t33\tProcent\t66 Procent\t\t17 Procent\nIII.\t\u00bb\t13\t\t75\t\t62 \u201e\nIV.\t\t71\t\t24\t\u00bb\t6 \u201e\nV.\t??\t62-5\t\u00bb\t83\t\u00bb\t38\t\u201e\nVI.\t\t30\t\t40\t\t85\t\u201e\nAuf eine aus den Beobachtungen an nur 14 Thieren abgeleitete Regel w\u00fcrde ich wenig Werth legen, wenn die Orte der geringsten Latenz nicht mit denen \u00fcbereinstimmten, von welchen aus die Muskeln am h\u00e4ufigsten","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nW. Sirotinin:\nund am kr\u00e4ftigsten anregbar gefunden wurden. Dazu kommt, dass auch dann, wenn der Muskel von dem Orte, an welchem er gemeinhin zuerst zuckt, erst in zweiter Linie eintritt, seine Yerzugszeit eine nur sehr geringe ist.\nSeitliche Stichreizungen. Sehr vielfach habe ich Stiehleihen hergestellt, welche senkrecht auf die L\u00e4ngenaxe des Markes von der Mittellinie als Anfangspunkt nach aussen gegen die Oberfl\u00e4che der Seitenstr\u00e4nge verliefen. Bei dem \u00fcberwiegenden Theil der Beobachtungen richtete sich meine Aufmerksamkeit nur auf die Bereitwilligkeit, mit welcher die Muskeln auf den Stichreiz ansprachen.\nInsofern die quere Stichreihe sich um ein bis zwei Zehntel eines Millimeters vom freien Rande des Markes entfernt h\u00e4lt, stimmen die Ergebnisse der seitlichen Stiche mit denen der mittleren so Vollkommen \u00fcberein, dass ihre ausf\u00fchrliche Wiedergabe nur zu einer Wiederholung der auf den vorhergehenden Bl\u00e4ttern niedergelegten Aufzeichnungen f\u00fchren w\u00fcrde. Die Bewegung erstreckte sich auf die beiden Beine, und die Leichtigkeit des Anspruches der drei Muskeln wechselte wie fr\u00fcher mit der Wirbelnummer.\nWenn dagegen der Stich auf den \u00e4ussersten Theil des Seitenstranges fiel, so beschr\u00e4nkte sich die Bewegung in der Regel nur auf die gleichseitigen Muskeln. Wie weit sich der Bezirk, der nur einseitige Bewegung ausl\u00f6st, in die Tiefe erstreckt, dar\u00fcber wird erst Aufschluss zu finden sein, wenn der Apparat statt des Stiches von hinten nach vorn auch den von rechts nach links und zwar in beliebig abgestufter Tiefe gestatten wird. Jedenfalls verdienen die \u00e4usseren Abschnitte des Seitenstranges eine besondere Beachtung.\nObwohl mir nun genauere Messungen \u00fcber die mit den Orten des R\u00fcckenmarkes ver\u00e4nderlichen Zuckungsh\u00f6hen und Latenzen f\u00fcr die Querreihen der Stiche fehlen, so glaube ich doch nicht zu irren, wenn ich f\u00fcr die beiden ebengenannten Functionen eine \u00e4hnliche Abh\u00e4ngigkeit von der Wirbelnummer voraussetze, wie sie beim Einstiche in die Mitte gefunden wurde. Zum mindesten l\u00e4sst sich f\u00fcr meine Voraussetzung der innige Zusammenhang geltend machen, der zwischen der Anspruchsbef\u00e4higung, dem Zuckungsumfange und der Latenz besteht. \u2014\nAus einigen Beobachtungen, in welchen der Stich in zwei Abs\u00e4tzen zuerst oberfl\u00e4chlich und dann tiefer und zwar nahe der Mittellinie gef\u00fchrt wurde, glaube ich scliliessen zu d\u00fcrfen, dass sich die Erfolge einer auf die Mittellinie beschr\u00e4nkten Reizung in der hinteren und vorderen H\u00e4lfte des Markes nicht wesentlich verschieden verhalten.\nIn der folgenden Zusammenstellung eines Versuches bedeuten die Zahlen Zuckungsh\u00f6hen.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes. 169\nIV. Wirbel.\n\thintere H\u00e4lfte\tvordere H\u00e4lfte\nIleopsoas ....\t10 ram\t14 mm Zuckungsh\u00f6he\nSemitendinosus . .\t6 \u201e\t? V\t\u00bb\nGastrocnemius . .\t8-5 \u201e\t8 \u00bb \u201e\nZwischen IV. und V. Wirbel.\t\t\nIleopsoas ....\t13 mm\t10 mm Zuckungsh\u00f6he\nSemitendinosus . .\t8 \u201e\t4 \u201e\nGastronemius . .\t7 \u201e\t6 \u201e \u201e\nZwischen V. und VI. Wirbel.\t\t\nIleopsoas ....\tP) mm\t4-5 mm Zuckungsh\u00f6he\nSemitendinosus . .\t4-5 \u201e\t2\t\u00bb\tV\nGastrocnemius .\t.\t5 \u201e\t4 ^\tff\n\tVI. Wirbel.\t\nIleopsoas ....\tQ mm\tSpuren\nSemitendinosus . .\to \u201e\t0mm Zuckungsh\u00f6he\nGastrocnemius . .\t3 \u00bb\t4 ^ ff\tff\nEtwas unbestimmt lautet in den zuletzt mitgetlieiltem Versuche die Angabe der vorderen und hinteren H\u00e4lfte des Markes; sie musste mir einstweilen gen\u00fcgen, weil dem Apparate ein Maassstab zur genaueren Bestimmung der Stichtiefe fehlte. Aus diesem Grunde lege ich dieser und \u00e4hnlichen meiner Beobachtungen nur insofern Werth bei, als sie zu einer weiteren Verfolgung des angewendeten Verfahrens auffordern.\nElektrische Reizung. Sie wurde entweder unipolar mit Inductions-oder dipolar mit constanten Str\u00f6men ausgef\u00fchrt.\nZur unipolarenInductionsreizung diente du Bois-Reymond\u2019s Schlitten, in dessen prim\u00e4ren Kreis ein Grove eingesetzt war. Von den beiden Polklemmen der secund\u00e4ren Spirale stand die eine in leitender Verbindung mit den Metallr\u00f6hren der Gasleitung, die zweite mit der R\u00fcckenmarksnadel. Die Messingh\u00fclse, welche zur F\u00fchrung der Nadel diente, war von den \u00fcbrigen St\u00fccken des Froschtr\u00e4gers sorgf\u00e4ltig isolirt. Zuerst wurde die Nadel oberfl\u00e4chlich in das R\u00fcckenmark eingestochen; hatten sich die Zuckungen beruhigt, welche der Stich hervorgebracht hatte, so wurde der ois dahin geschlossene prim\u00e4re Strom pl\u00f6tzlich ge\u00f6ffnet. \u2014 Auf welchen Umkreis sich bei diesem von W. K\u00fchne eingef\u00fchrten Verfahren die teizung erstreckt, l\u00e4sst sich des Genaueren im gegebenen Falle nicht","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nW. Sikotinin:\nermitteln; sicher ist jedoch, dass sich bei vorsichtiger Handhabung des Stromes keine Schleifen desselben auf den Plex. ischiadicus erstrecken. Denn wenn die Nadel unterhalb, aber nahe dem Urspr\u00fcnge der Armnerven in ein reizbares R\u00fcckenmark eingesetzt war, so zuckten bei dem Hereinbrechen des Inductionsstromes die Beine, aber die Arme verhielten sich trotz der gr\u00f6sseren N\u00e4he ihrer Nerven durchaus ruhig.\nBlieb bis zum Erl\u00f6schen der Reizbarkeit des R\u00fcckenmarkes die Nadel an ihrem Platze, so mussten, um die Armmuskeln zur Zuckung zu bringen, die Str\u00f6me verst\u00e4rkt werden, aber dann blieben die Beine in Ruhe.\nAn f\u00fcnf sehr reizbaren Br\u00f6schen wurde die Beobachtung derart ausgef\u00fchrt, dass auf je f\u00fcnf verschiedenen H\u00f6hen des Markes je 2 bis 3 Einstiche gef\u00fchrt wurden; von den mehrfachen, in derselben Horizontalreihe liegenden Stichen geschah der erste nahe der Mittellinie, die folgenden um je 0-2mm von einander entfernt nach aussen. \u2014\nJe nach der St\u00e4rke des reizenden Stromes war der Erfolg ein verschiedener. Unter der Anwendung der schw\u00e4chsten, eben noch wirksamen Str\u00f6me kam nur einer der drei Muskeln in Contraction; dieses geschah namentlich dann, wenn sich der gereizte Ort im unteren Theile des R\u00fcckenmarkes befand. St\u00e4rkere Str\u00f6me riefen dagegen von jeder Stelle einer R\u00fcckenmarksh\u00e4lfte aus Bewegungen in drei Muskeln der gleichnamigen Seite hervor. Zu ihnen gesellten sich bei einem weiteren Wachsthume des Reizes auch Bewegungen des Beines der anderen Seite, welche jedoch meist in einem sehr m\u00e4ssigen Umfange auftraten.\nUeber die Anspruchsf\u00e4higkeit der Muskeln auf der gereizten Seite giebt die nachstehende Zusammenstellung Aufschluss.\nWirbel\tII\tHI.\tIV\tV\tVI\nZahl der Stiche\t\t16\t20\t20\t20\t20\nf Ileopsoas ....\t14\t18\t13\t1\t2\nZahl der Contractionen j Semitendinosus . .\t1\t9\t12\t18\t7\n1 Gastrocnemius .\t.\t2\t1\t1\t6\t18\nOder in Procenten der ausgef\u00fchrten Reizungen ausgedr\u00fcckt:\nWirbel\tII\tIII\tIV\tV\tVI\nI Ileopsoas ....\t87\t90\t65\t1\t2\nZahl der Contractionen < Semitendinosus . .\t6\t45\t60\t90\t35\n1 Gastrocnemius . .\t12\t5\t5\t30\t90","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des FhoscUe\u00fcckenmabkes. 171\nDie Reizung verschiedener Orte desselben Querschnittes bringt das gleiche Ergehniss hervor und die auf ungleichen Wirbelh\u00f6hen angebrachten unipolaren Inductionsreize f\u00fchren genau zu denselben Erfolgen, denen man bei der Ausf\u00fchrung des einfachen Stichreizes begegnet.\nBis dahin erstreckte sich die Aufkl\u00e4rung, welche der elektrische Momentanreiz erzielte, nicht \u00fcber die vom Stiche erbrachte hinaus, indess lehrte er doch etwas Neues. Im Bereiche des zweiten und dritten Wirbels lag die Reizschwelle h\u00f6her als in dem der tieferen. Der Grund, warum die untere Extremit\u00e4t von den oberen Abschnitten des Markes erst bei einem geringeren Rollenabstand ansprach, kann, wie vorhin gezeigt, nicht auf Stromschleifen beruhen, er muss vielmehr in Eigenth\u00fcmlichkeiten der Reizbarkeit gesucht werden.\nDer constante Strom wurde dem Marke durch unpolarisirbare Elektroden zugef\u00fchrt, die nach Art der Pinsel von v. Fleischl gebaut waren; sie trugen wenige, kurze und steife Haare. Mit ihnen l\u00e4sst sich die Eintrittsstelle des Stromes sicher umgrenzen, aber sie bieten wegen ihres ungleichen Feuchtigkeitsgrades einen unbest\u00e4ndigen und wegen des geringen Querschnittes ihrer leitenden Bahn einen grossen Widerstand. Zw\u00f6lf kleine Grove mussten hintereinander eingeschaltet werden, wenn in einem sehr reizbaren Mark eine Wirkung sichtbar werden sollte. Dass die Intensit\u00e4t eines solchen Stromes noch gering war, zeigte die nur 1 Grad betragende Ablenkung der Nadel einer gleichzeitig eingeschalteten, empfindlichen Bussole \u2014 Gaugain mit sechs Windungen. \u2014 Sch\u00e4tzungsweise entsprach der Widerstand 10000 S. E. \u2014 Daf\u00fcr, dass der Strom ohne Zerst\u00f6rungen zu veranlassen in den f\u00fcr einfache Reizung vorgeschriebenen Grenzen blieb, spricht es, dass durch seine Anwendung die Reflexerregbarkeit des R\u00fcckenmarkes nicht beeintr\u00e4chtigt wurde. Durch eine m\u00e4ssige Reizung sensibler Nerven konnten unmittelbar und auch am anderen Tage nach der Anwendung des Stromes Reflexbewegungen hervorgerufen werden. \u2014 Der Strom reichte jedoch noch stets hin, um von entsprechenden Nerven aus Schliessungs- und Oeflhungszuckungen zu erzielen. \u2014 Zu den Versuchen d\u00fcrfen nur Thiere verwendet werden, deren K\u00f6rpertemperatur \u00fcber 10\u00b0 C. liegt.\nAn dem Frosche, der gleich wie bei den fr\u00fcher beschriebenen Versuchen vorbereitet war, lagen die Elektroden in durchaus unverr\u00fcckter Stellung, so lange als der constante Strom das R\u00fcckenmark durchsetzte.\nZu welchem Abschnitte des R\u00fcckenmarkes der Strom geleitet ward, gleichgiltig, ob er von oben nach unten oder in umgekehrter Richtung floss, stets erzeugte er w\u00e4hrend der ganzen Dauer seines Bestehens einen Tetanus der sich von der ber\u00fchrten Markh\u00e4lfte auch auf das gegen\u00fcberliegende Bein selbst dann erstreckte, wenn die Pinsel um 1mm von der","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nW. Sirotinin:\nMittellinie entfernt aufgesetzt waren. Gleiches trat ein, wenn die Kathode oder Anode auf den Nervenwurzeln und der entgegengesetzte Pol nahe ihrem Urspr\u00fcnge auf dem R\u00fcckenmarke stand. Wurden dagegen nur die vorderen Nervenwurzeln auch noch so nahe ihrem Urspr\u00fcnge aus dem Marke in den Kreis aufgenommen, so rief nur die Schliessung und Oeffnung des Stromes Zuckungen hervor.\nVon dem ebengeschilderten Verhalten wurde nur insoweit und durch dieses nur zuweilen eine Ausnahme beobachtet, als im Bereiche des zweiten Wirbels der im Marke aufsteigende Strom dem Ueopsoas, der absteigende dagegen dem Semitendinosus und Gastrocnemius zum umf\u00e4nglicheren Tetanus verhalf.\nDie Neigung zur dauernden Erregung, welche das Mark auch einer vor\u00fcbergehenden Reizung gegen\u00fcber aufzeigt, tritt also hier deutlich hervor, eine Eigenschaft, die es mit der Retina und in gewisser Beziehung auch mit der Herzspitze theilt.\nBis dahin wurden wesentlich nur die Bewegungen geschildert, welche die vorgerichteten Muskeln in Folge eines rasch vor\u00fcbergehenden Reizes aufzeichneten; sie liessen uns erkennen, dass die aus ihrer Contraction hervorgehende Bewegung der unteren Extremit\u00e4t eine geordnete sein m\u00fcsse, und mehr, dass der auf die einzelnen Gelenke des Beins ge\u00fcbte Zug sich mit der gereizten Stelle des Markes \u00e4ndern musste; denn von gewissen Markorten aus wurde auf das H\u00fcftgelenk st\u00e4rker als von anderen her gewirkt und dasselbe galt f\u00fcr das Knie- und Fussgelenk. \u2014 Zur vollst\u00e4ndigen Darlegung der Aenderungen seiner Stellung, welche das Bein mit dem Wechsel des gereizten R\u00fcckenmarkortes erfuhr, reicht die Beobachtung von nur drei Muskeln nicht aus. W\u00e4re ihre Unzul\u00e4nglichkeit nicht selbstverst\u00e4ndlich, so w\u00fcrden wir von ihr durch die folgenden Beobachtungen an unversehrten Beinen unterrichtet.\nVon den Stichen, die in oder nahe der Mittellinie des Markes gef\u00fchrt werden, rufen die im 2. und 3. Wirbel angebrachten vorzugsweise eine reine Beugung aller Gelenke, die im 4. und 5. Wirbel eintreffenden Beugungen mit Ab- oder Adduction und die im 6. und im obereren Theil des 7. Wirbels geschehenen Streckungen hervor. \u2014 Weniger auffallend, wenn auch immerhin merklich, \u00e4ndert sich die Stellung der Glieder, wenn die Nadel auf gleicher Wirbelh\u00f6he n\u00e4her oder entfernter von der Mittellinie eindringt. Nach diesen ohne Weiteres erkennbaren Unterschieden der Bewegung lassen sich weitergehende Aufschl\u00fcsse erwarten aus einer mit zureichenden Mitteln vorgenommenen Untersuchung der Stellung des Gliedes und der an ihr betheiligten Muskeln.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes. 173\nWelchen Aufschluss gew\u00e4hren nun die Punktreizungen \u00fcber die anatomischen Verh\u00e4ltnisse des R\u00fcckenmarkes? \u2014 Nach sicheren Erfahrungen gehen die Markr\u00f6hren der motorischen Wurzeln in die Ganglienzellen der grauen Yorderh\u00f6rner \u00fcber, deren zahlreiche Ausstrahlungen als die Fortsetzung der Wurzelfasern anzusehen sind. Ebenso gewiss m\u00fcnden in die grauen Massen die Fasern der sensiblen Wurzeln und gleicher Weise die aus dem Hirn herabsteigenden R\u00f6hren. Da von dem Gehirn und auch von den sensiblen Nerven aus die motorischen erregt werden k\u00f6nnen, so m\u00fcssen irgend welche Verbindungen der drei Fasergattungen innerhalb der grauen Masse vorhanden sein.\nNun geh\u00f6ren die von den Fortsetzungen der sensiblen Nerven und die von mannigfachen Ausl\u00e4ufern der Hirnfasern angeregten Bewegungen \u2014 reflectirte und willk\u00fcrliche \u2014 zu den geordneten, und deshalb linden wir es begreiflich, dass eine Reizung der grauen Masse entfernt von den Ganglienzellen geordnete Bewegungen ausl\u00f6st. Ob eine solche k\u00fcnstlich hervorgebrachte Bewegung zu den reflectirten oder zu den willk\u00fcrlichen vom Gehirn aus angeregten zu rechnen sei, dar\u00fcber k\u00f6nnte uns nur eine sorgf\u00e4ltige Zergliederung derselben aufkl\u00e4ren. Dass die Beobachtung der Verk\u00fcrzungen von nur drei Muskeln, welche in meinen Versuchen stattfand, zur Unterscheidung beider Bewegungsarten ausreiche, muss nat\u00fcrlich verneint werden. Erst wenn die Vorbedingung zu weiteren Versuchen, die unterscheidenden Merkmale der reflectirten und der willk\u00fcrlichen Bewegung gegeben sind, wird es sich m\u00f6glicherweise durch die Reize verschiedener Orte eines und desselben Querschnittes grauer Masse ermitteln lassen, ob die R\u00e4umlichkeiten, an welchen die Fortsetzungen der Willk\u00fcrbahnen und die der sensiblen Wurzeln die motorischen :Nerven angreifen, getrennt sind oder zusammenfallen.\nThats\u00e4chlich machen dagegen meine Beobachtungen auf die bisher unbeachtete Eigenth\u00fcmlichkeit des R\u00fcckenmarkes aufmerksam, dass dasselbe nach seiner L\u00e4ngsrichtung eine functionelle Gliederung besitzt. Wenn infolge der von oben nach unten hin fortschreitenden Reizung der grauen Masse, noch merklich entfernt von den Urspr\u00fcngen der motorischen Nerven, Verschiedenheiten hervortreten, die sich auf die Anspruchsf\u00e4higkeit der Muskeln, den Umfang und verz\u00f6gerten Eintritt in ihre Verk\u00fcrzung beziehen, so l\u00e4sst sich dieses meiner Meinung nach kaum anders als durch die Annahme auslegen, dass sich nach der L\u00e4nge des Markes eine Reihe von Centren erstreckt. In jedem der Centren sind, um bei den Ergebnissen meiner Beobachtung stehen zu bleiben, die drei Muskeln durch Fasern vertreten, aber die zu einem Muskel geh\u00f6rigen Fasern sind entweder in den verschiedenen Knotenpunkten mit einer ungleich starken Reizbarkeit behaftet, oder sie sind in","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nW. Sieotinin:\nver\u00e4nderlicher Zahl vorhanden. Danach w\u00e4ren die m\u00f6glichen Comhinationen der Muskeln eines Gliedes schon im R\u00fcckenmark vorgebildet enthalten, \u00e4hnlich wie wir uns im verl\u00e4ngerten Mark die Fasern der Muskeln geordnet denken, die an der rhythmischen Athembewegung, dem Husten, Erbrechen u. s. w. betheiligt sind.\nVoraussichtlich ist das R\u00fcckenmark nicht bloss in der Richtung von oben nach unten hin durch eine Reihenfolge ungleich leistungsf\u00e4higer St\u00fccke gegliedert; auch von rechts nach links darf auf eine Schichtung und Scheidung Gleiches und Ungleiches bewirkender Fasern zu rechnen sein. Zun\u00e4chst ist an die Pyramidenhahn zu denken, in welcher die Fasern laufen, durch welche ganz bestimmte Hirnorte mit je einem Muskel verkn\u00fcpft werden. Nun ist es bekannt, dass die Pyramidenbahnen auf ihrem Verlauf durch das R\u00fcckenmark folgeweise Antheile ihrer Faserung in die graue Masse senden, jeweilig gr\u00f6ssere oder geringere, entsprechend der Zahl von motorischen Wurzelf\u00e4den. Daraus ergiebt sich ungezwungen, dass die Fasern der Seitenstr\u00e4nge, welche die Skeletmuskeln und das Grosshirn unmittelbar verbinden, bereits in einer bestimmten Weise geordnet sind, so dass z. B. die Fasern, welche die Muskeln des Skelets mit dem Grosshirn verkn\u00fcpfen, schon in den Seitenstr\u00e4ngen in einer bestimmten Anordnung liegen, etwa so, dass die den Armen zugewiesenen in dem Halstheile des R\u00fcckenmarkes an die graue Masse angrenzen, indess die den Beinen zukommenden Fasern n\u00e4her der Oberfl\u00e4che streichen. \u2014 Vorausgesetzt, es bestehe eine solche Gliederung der Faserung in den Pyramidenbahnen, so w\u00fcrde sie jedenfalls in dem R\u00fcckenmark verschiedener Thiere in ungleicher Ausbildung vorhanden sein und aller Wahrscheinlichkeit nach beim Frosch in einer sehr unvollkommenen. Das Grosshirn des Frosches ist wenig umfangreich, die mit den Gliedern und insbesondere die mit den Beinen ausgef\u00fchrten Arten der Bewegungen wenig mannigfaltig, so dass es zweifelhaft bleibt, oh auch hier vom Hirn aus nach Belieben ein jeglicher Muskel f\u00fcr \u25a0 sich oder in Verbindung mit einem jeden anderen erregt werden k\u00f6nne. Dazu kommt die Geringf\u00fcgigkeit der Muskelmassen des Frosches, welcher eine kleine Zahl von Nervenfasern entspricht.\nDer gehegten Erwartung zuwider bin ich heim Versuch doch auf eine Thatsache gestossen, welche den im \u00e4ussersten Theil der Seitenstr\u00e4uge verlaufenden Fasern eine besondere Stellung zuweist. Regelm\u00e4ssig wurde ein Stich, der nahe dem \u00e4ussersten Rand der Seitenstr\u00e4nge eintraf, nur durch die Bewegungen der gleichseitigen Muskeln beantwortet. Sollte die Gruppi-rung der verschiedenen Fasersysteme beim Frosch und beim S\u00e4ugethier lie gleiche sein, so w\u00fcrden die am \u00e4ussersten Umfang der Seitenstr\u00e4nge verlaufenden Nervenr\u00f6hren allerdings nicht zu den Pyramidenbahnen geh\u00f6ren.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6bmig begbenzte Reizung des Fbosche\u00fcckenmabkes. 175\nDoch wie dem auch sei, die Thatsache weist auf eine von rechts nach links sich erstreckende Gliederung hin.\nManches, was his dahin am R\u00fcckenmark des Frosches unerledigt blieb, wird sich durch die Verfeinerung der Methode noch feststellen lassen; gewiss aber wird ihre Anwendung auch in der gegenw\u00e4rtigen Gestalt auf das R\u00fcckenmark des S\u00e4ugethieres in ausgedehnterem Maasse Aufkl\u00e4rung bringen.\nEinige Male habe ich die Stichreizung auch auf das verl\u00e4ngerte Mark des Frosches angewendet, nicht in der Absicht, um hier die Gruppirung der Fasern zu erkennen, vielmehr nur deshalb, um einige Beobachtungen zu best\u00e4tigen, die mir zuf\u00e4llig entgegengetreten waren.\nBis auf die nachstehenden Aenderungen glich die Vorbereitung des Frosches der fr\u00fcher beschriebenen. Mit dem R\u00fcckenmark blieb die Medulla oblongata in Verbindung; dagegen wurde die letztere durch einen Schnitt hinter den Zweih\u00fcgeln von dem Reste des Grosshirns getrennt, der dann unter m\u00f6glichster Vermeidung der Blutung aus dem Sch\u00e4del entfernt wurde. Auf der rotirenden Trommel notirte sich der Zeitpunkt des Einstichs und statt des Bewegungsanfangs einzelner Muskeln \u00f6fter der des Beines, welches vom Fussgelenk aus mit dem Schreibstift verbunden war.\nDie Stiche wurden in Reihen senkrecht gegen die L\u00e4ngsaxe der Medulla von rechts nach links hin ausgef\u00fchrt, entweder n\u00e4her dem kleinen Hirne oder auch dem Calamus scriptorius.\nIn zweierlei Weise unterscheiden sich die Folgen des Angriffes auf das verl\u00e4ngerte, von denen auf das R\u00fcckenmark: Die Dauer der latenten Reizung ist eine gr\u00f6ssere und ein noch so vor\u00fcbergehender Einstich ruft statt der einmaligen, eine \u00f6fter wiederholte Bewegung der Glieder hervor. F\u00fcr beides gebe ich Beispiele von sehr reizbaren Fr\u00f6schen entnommen.\nDauer der latenten Reizung. \u2014 In dem Versuche 1 waren durch das verl\u00e4ngerte Mark vier Stichreihen durchgef\u00fchrt, welche ihrer Ordnung nach mit I. II. III. IV. bezeichnet sind. Zwei derselben lagen n\u00e4her dem oberen, die beiden anderen n\u00e4her dem unteren Ende der Rautengruhe. Die zu einer Reihe geh\u00f6rigen Stiche sind durch a. b. c. und so weiter unterschieden, sie laufen von rechts nach links. Die unter den Ueberschriften stehenden Zahlen gehen in Secunden die Dauer der latenten Reizung an, sie beziehen sich auf die erste der ausgef\u00fchrten Bewegungen. Ein \u2014 bedeutet, dass der Stich wirkungslos gewesen. Mit dem Schreibstift war das linke Bein verbunden.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nW. SlEOTININ :\nI\tII\tIII\tIV\na\t1.4\tMO\t\u2014 \u2014\nb\t1.9\t4-90\t0-81 0-82\nc\t\u2014\t0-58\t3-90\t1-10\nd\t\u2014\t0-74\t2-70\t1-40\ne\t\u2014\t0-27\t0-95\t\u2014\nf\t\u2014\t1-40\t\u2014\t0-23\ng\t\u2014\t0-81\t\u2014 \u2014\nh\t\u2014\t3-10\t\u2014 \u2014\nDurch eine noch gr\u00f6ssere Dauer der Latenz zeichnet sich das folgende\t\t\nBeispiel aus, in welchem nur\tzwei Stichreihen angelegt wurden; der Frosch\t\nwar etwas weniger reizbar.\t\t\n\tI\tII\na\t13-1\t11-8\nb\t2-7\t14-5\nc\t6-5\t3-4\nd\t9-6\t1-8\ne\t\u2014\t2-1\nf\t\u2014\t3-3\nBeidemale wurde nach Vollendung der Beobachtungen am verl\u00e4ngerten Mark auch noch die Latenz der Reizung bestimmt, welche nach dem Ein-\t\t\nstiche in das R\u00fcckenmark\tbemerklich\twar. Sie betrug beidemale nur\nHundertel einer Secunde.\nWiederholung der Bewegung nach einem vor\u00fcbergehenden Stichreiz. \u2014 Die Zahl der Wiederholungen gestaltet sich verschieden von 2 bis zu 5 und mehr. Um zu pr\u00fcfen, oh die Bewegungen der verschiedenen Muskeln zu gleicher Zeit wiederkehren, wurden mehrmals der Beopsoas, Semitendinosus und Gastrocnemius in die Lage versetzt, ihre Zuckungen aufschreihen zu k\u00f6nnen. Hierbei ergab sich, dass beides, eine gleich- und eine ungleichzeitige Bewegung eintreten konnte und dass unter Anwendung desselben Praeparates sich beides ereignet. In den folgenden Zusammenstellungen bedeuten die r\u00f6mischen Ziffern die Nummer der wiederholten Bewegung, die darunter stehenden arabischen die Zeit in Secunden, wann die Wiederholung stattfand. Der Anfang der Zeit liegt heim Beginne des zuerst zuckenden Muskels.\n\tI\t\tII\tIII\t\tIV\tV\tVI\na) Ileopsoas .\t.\t. 0\t\t5-85\t7-30\tSec.\t\t\nSemitendinosus .\t. 1.\t75\t4-10\t7-30\t11\t\t\nGastrocnemius .\t. 1.\t75\t4-10\t7-30\t11\t\t\nb) Ileopsoas . .\t. 0\t\t1-45\t3.37\t1'\t.02\t9-22 12-02 Sec.\nSemitendinosus .\t. 0\t\t1.45\t3-37\t7\t.02\t9-22 12-02 \u201e","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes. 177\nDie Bedingungen zu ermitteln, von welchen die Verschiedenheiten der Wirkung des verl\u00e4ngerten Markes ahh\u00e4ngen, d\u00fcrfte zu den schwierigsten Aufgaben geh\u00f6ren, und dennoch muss ihre L\u00f6sung gelungen sein, wenn uns die Folgen der Reizung h\u00f6herer Hirntheile verst\u00e4ndlich werden sollen.\nBei der Umformung des von Hrn. Dr. Birge \u2014 dies Archiv 1882 \u2014 benutzten Verfahrens in das hier beschriebene ist mir Hr. Dr. Swiecicki wesentlich behilflich gewesen; es sei mir gestattet ihm f\u00fcr seine Bem\u00fchungen meinen Dank auszudr\u00fccken.\nC. Ludwig.\nArcb'.y f. A. u. Pli. 1887. Physiol. Abthlg.\n12","page":177},{"file":"z0001tableII.txt","language":"de","ocr_de":"Verlag Veit 8- Comp. Leipzig.\nMiAnsU'E A Funre.Ieipzia","page":0}],"identifier":"lit1502","issued":"1887","language":"de","pages":"154-177","startpages":"154","title":"Die punktf\u00f6rmig begrenzte Reizung des Froschr\u00fcckenmarkes","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:19:48.678918+00:00"}