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{"created":"2022-01-31T16:58:12.908375+00:00","id":"lit15025","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Burckhardt","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 3: 58-59","fulltext":[{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n5 8\nhervorgehobene Schwierigkeit ist einer erkenntnistheoretischen L\u00f6sung, welche den von der physiologischen Psychologie provisorisch angenommenen Parallelismus und Dualismus des Materiellen und Psychischen fallen l\u00e4fst, wohl zug\u00e4nglich. Schliefslich wird das \u201eDoppelbewufstsein\u201c, welches Verfasser konstruiert hat, herbeigezogen, um die Lehre von den unbewufsten psychischen Vorg\u00e4ngen zu st\u00fctzen; indes die Existenz eines solchen Doppelbewufstseins ist in keiner Weise dargethan. Das Charakteristische des sogenannten \u201eOberbewufstseins\u201c sieht D.in der Vereinigung einzelner Bewufstseinsinhalte zu \u201eSynthesen\u201c. Eine klare Erl\u00e4uterung des mit diesen \u201eSynthesen\u201c Gemeinten vermifst Referent.\nBez\u00fcglich des Zusammenhanges von Bewegung und Empfindung vertritt D. die im einzelnen nicht genauer ausgef\u00fchrte Ansicht, dafs die \u00fcbliche Trennung von Empfindung und Bewegung unstatthaft sei: \u201edieselbe Thatsache, welche, von innen angesehen, sich als Empfindung darstellt, erscheint, von aufsen angesehen, als Bewegung, wobei freilich die St\u00e4rke der Beleuchtung zwischen innen und aufsen dermafsen abwechselt, dafs wir manchmal lediglich den Empfindungscharakter, in anderen F\u00e4llen nur den Bewegungscharakter wahrzunehmen verm\u00f6gen.\u201c Ganz besonders scharf kommt die Grundanschauung D.\u2019s auch bei Besprechung der Reflexe zum Ausdruck; hier heifst es S. 102 w\u00f6rtlich: \u201eSelbst der einfachste Reflex ist durch bewufste Empfindungen als durch seine Ursachen bedingt.\u201c Das Gef\u00fchl der Wahlfreiheit bei Willk\u00fcrakten entsteht nach D. dadurch, dafs die regulierende Th\u00e4tigkeit der in Bereitschaft liegenden Vorstellungen den urspr\u00fcnglich identischen Akt: Bewegung \u2014 Empfindung verlangsamt. \u201eJede spontane Handlung,\u201c heifst es S. 106,\u201c \u201eist wesentlich durch verborgene Vorstellungskomplexe beeinflufst, und zwar verleiht dieser Einflufs den Willk\u00fcrbewegungen deshalb den Charakter der \u00dcberlegtheit und Langsamkeit, weil der Einflufs einerseits der Summe der bereits erworbenen Einsichten entspringt, andererseits die nat\u00fcrliche Schnelligkeit der motorischen Reaktion mindert oder die Intensit\u00e4t der stets erfolgenden Bewegungen bis zur Form leichter Spannungen herabsetzt.\u201c Man wird den treffenden Ausf\u00fchrungen D.\u2019s in diesem Gebiet im allgemeinen beistimmen k\u00f6nnen, auch ohne seine Annahme unbewufster psychischer Akte, resp. eines Unter- und Oberbewufstseins zu teilen.\nDas vierte Kapitel zieht die Konsequenzen der referierten Anschauungen f\u00fcr die Lehre vom Ged\u00e4chtnis, das f\u00fcnfte f\u00fcr die Lehre von der \u201ePers\u00f6nlichkeit\u201c. Das unterscheidende Merkmal des sogenannten \u201eselbstbewufsten Aktes\u201c gegen\u00fcber dem blofs bewufsten Akt sieht D. erstens in einer Intensit\u00e4tserh\u00f6hung und zweitens in dem Hinzutreten \u201einterpretativer Empfindungen\u201c zu der Hauptempfindung. In seinen Schlufsausf\u00fchrungen wendet sich D. gegen die oft ausgesprochene Identifikation von Selbstbewufstsein und Pers\u00f6nlichkeit.\nEinen besonders anregenden Charakter bekommt die DESsoiRSche Arbeit durch die h\u00e4ufige Bezugnahme auf die umfangreiche einschl\u00e4gige Litteratur.\tZiehen (Jena).\nWilliam Platt Ball. Are the effects of use and disuse inherited?\nLondon, Macmillan, 1890. 156 S.\nDas vorliegende B\u00fcchlein bildet ein Glied einer Reihe von Schriften,","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n59\nwelche allgemein interessante naturwissenschaftliche Probleme f\u00fcr ein gebildetes Publikum bearbeiten. Ein erster Teil wendet sich namentlich gegen einen Aufsatz H. Spencers und versucht dessen Argumente einzeln zu widerlegen ; in einem zweiten Teil werden Argumente Darwins geltend gemacht, welche, auf selektionstheoretischer Basis stehend, die Erblichkeit erworbener Eigenschaften bestreiten. East mehr als alle Einw\u00e4nde, welche gegen diese Lehre vorgebracht werden, ist dasjenige Kapitel des Verfassers, welches die Konsequenzen der unbedingten Vererbung erworbener Eigenschaften ins praktische Leben \u00fcbertr\u00e4gt, geeignet, von der Richtigkeit der entgegengesetzten Ansicht zu \u00fcberzeugen. Wenn man aber bedenkt, wie stark die Selektionstheorie ersch\u00fcttert ist, so d\u00fcrften wohl die vorgebrachten Beispiele kaum im st\u00e4nde sein, die h\u00f6chst komplizierte Vererbungsfrage zu l\u00f6sen. Obschon diese L\u00f6sung unseres Erachtens auch dem Verfasser nicht gelungen ist, m\u00f6chten wir das anziehend und leicht geschriebene B\u00fcchlein demjenigen Leserkreise empfehlen, an den es sich richtet.\tB\u00fcrckhardt (Berlin).\nTh. Meynert. Das Zusammenwirken der Gehirnteile. Verhandl. d. 10. Intern.\nMed. Kongresses, Bd. I (1891). S. 173\u2014190.\t^\nM. geht in seinen Darlegungen von einem Satze aus, dem wir in etwas verschiedener Form schon \u00f6fter in seinen Abhandlungen begegnet sind. Das Gehirn ist, sagt er, einer Kolonie durch F\u00fchlf\u00e4den und Fangarme sich des Weltbildes bem\u00e4chtigender, lebender, bewufstseinsf\u00e4higer Wesen vergleichbar, und dies ist mehr als ein blofser Vergleich. Nur das Bewufstsein der Hirnrinde f\u00e4llt beim Menschen in die Aufmerksamkeit und durch die allseifigen protoplasmatischen und markhaltigen Verbindungen der Elementarwesen der Rinde, durch ihre Associationsvorg\u00e4nge erscheint sie sich als ein einziges Wesen. Das Bewufstsein der Hirnrinde scheint dem Menschen deshalb das einzig F\u00fchlbare zu sein, weil es das intensivste ist. Das Bewufstsein der Nervenzellen und die Dinge sind untrennbar; noch niemals waren Dinge, ohne dafs Gehirne da waren, aber auch nie gab es ein Bewufstsein, in dem nicht die Dinge lagen. Die Dinge bestehen im Bewufstsein in zweierlei Art, erstens als Sinnesempfindungen, zweitens als Erinnerungen, Vorstellungen oder Gedankeng\u00e4nge. Der innere Zustand der Nervenzelle ist Empfindungsf\u00e4higkeit, welche Ern\u00e4hrung und \u00e4ufsere Reize zur Empfindung gestalten.\nDie sich hier anschliefsende Frage, ob allen einfachen Nervenzellen die gleiche Empfindungsf\u00e4higkeit zukommt oder oh Unterschiede im Sinne einer spezifischen Energie Vorkommen, entscheidet M. in l\u00e4ngerer Auseinandersetzung im Sinne einer empiristischen Auffassung: aller spezifischer Charakter der Eindr\u00fccke ist in der spezifischen Beschaffenheit der die differenten Reize aufnehmenden peripheren Sinnesorgane zu suchen. \u201eAngeborenes Licht als Funktion des Gehirns und andere spezifische Energien giebt es nicht.\u201c Weil die Leitung vom optischen Aufnahmeorgan zur Rinde unz\u00e4hlige Male durch Licht angesprochen","page":59}],"identifier":"lit15025","issued":"1892","language":"de","pages":"58-59","startpages":"58","title":"William Platt Ball: Are the effects of use and disuse inherited? London, Macmillan, 1890","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:58:12.908380+00:00"}