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Reizungsversuche am unbelasteten Muskel

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{"created":"2022-01-31T13:20:40.610797+00:00","id":"lit1504","links":{},"metadata":{"alternative":"Archiv f\u00fcr Physiologie","contributors":[{"name":"Frey, Max von","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Archiv f\u00fcr Physiologie: 195-203","fulltext":[{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Reizungsversuche am unbelasteten Muskel.\nVon\nMax von Frey.\n(Aus dem physiologischen Institut zu Leipzig.)\nAus dem Verhalten des m\u00f6glichst hoch unterst\u00fctzten Muskels habe ich den Schluss gezogen, dass f\u00fcr den unbelastet sich contrahirenden Muskel Zuckungsh\u00f6he und Tetanush\u00f6he gleich, die sogenannte Summirung der Zuckungen also aufgehoben ist.1 Es schien mir w\u00fcnschenswert, diesen Satz unmittelbar zu beweisen, obgleich sich nicht verhehlen Hess, dass der Versuchsbedingung nur unvollkommen Gen\u00fcge geleistet werden konnte. Die Anwendung der graphischen Methode bringt es mit sich, dass der aufgeh\u00e4ngte Muskel unter Spannungen arbeitet, welche noth wendig gr\u00f6sser sein m\u00fcssen als diejenigen, welche ihm durch sein Eigengewicht allein er-theilt werden. Aufgabe der Versuchsanordnung kann es nur sein, die Spannung, welche von dem registrirenden Apparate herr\u00fchrt, unter den Werth der Eigenspannung des Muskels herabzudr\u00fccken, soweit dies ohne Schaden f\u00fcr die Aufschreibung geschehen darf.\nZu den folgenden Versuchen diente ein sehr leichter Schilfhebel, der auf eine gut gearbeitete Stahlaxe von geringer Masse aufgesteckt werden konnte. Die Einrichtung beschwerte den Muskel mit 0 \u2022 22 grm und gen\u00fcgte zur Herstellung guter Curven, wenn die Reibung auf der Schreibfl\u00e4che m\u00f6glichst vermindert wurde. Um die R\u00fcckkehr des Hebels in die Ausgangslage f\u00fcr alle F\u00e4lle sicher zu stellen, wurde meistens noch ein Faden um die Axe geschlungen und ein kleines Gewicht angeh\u00e4ngt. Die Belastung des Muskels stieg dadurch auf 0 \u2022 5 grm ohne dass die Erscheinung, auf welche es ankam, beeintr\u00e4chtigt wurde. Diese Anordnung ist gemeint, wenn weiterhin von dem \u201eunbelasteten Muskel\u201c die Rede sein wird, ein\n1 Festschrift zu C. Ludwig\u2019s 70. Geburtstag. Leipzig 1887. S. 61.\n13*","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nMax von Feet:\nAusdruck, welcher seiner Bequemlichkeit halber und im Gegensatz zu vielfach gr\u00f6sseren Belastungen gestattet sein m\u00f6ge. Die Versuche wurden am Gastrocnemius und Triceps des Frosches angestellt; alle Muskeln waren curarisirt. Als Reize dienten Oeffnungsinductionsschl\u00e4ge von eben maximaler St\u00e4rke. Uebermaximale Reize wurden vermieden. Innerhalb eines Versuches wurden alle Reize m\u00f6glichst gleich gehalten und nur ihr zeitlicher Abstand ver\u00e4ndert.\nVerf\u00e4hrt man auf die angegebene Weise, so findet sich, dass eine Aenderung der Belastung sehr grossen Einfluss auf das Verhalten des Muskels aus\u00fcbt. Fig. 1 zeigt Zuckungsgruppen eines Gastrocnemius, dessen\nFig. l.\nCurarisirter Gastrocnemius. Einfluss der Unterst\u00fctzung auf die Zuckungsh\u00f6he bei geringer (0-5 Brm) und hoher Belastung (10-5 s\u21221).\nBelastung abwechselnd 0-5 und 10*5\u00aerm betr\u00e4gt. In jeder Gruppe von Zuckungen wechselt ausserdem die freie Belastung mit Unterst\u00fctzungen von verschiedener H\u00f6he. Der gr\u00f6sseren Last entspricht nat\u00fcrlich eine gr\u00f6ssere L\u00e4nge des Muskels. Dass gleichzeitig die Hubh\u00f6hen wachsen, kann nicht als neu gelten, wenn es auch meines Wissens am Froschmuskel f\u00fcr Einzelzuckungen bisher noch nicht beschrieben worden ist. Fick1 fand dieselbe Erscheinung an dem zuckenden Muschelmuskel, Heidenhain2 und Fick3 fanden sie am tetanisirten Froschmuskel. Ich habe sie unter 20 Muskeln, die mit gleichen Lasten wie der obige zuckten, nur einmal vermisst. Die Erscheinung geh\u00f6rt somit zu den ganz gew\u00f6hnlichen und wenn sie bisher nicht f\u00fcr eine solche gegolten hat, so d\u00fcrfte der Grund nur darin zu suchen sein, dass bei den einschl\u00e4gigen Versuchen die Belastungswechsel nicht innerhalb derjenigen Grenzen vorgenommen wurden, auf welche es hier\n1 Beitr\u00e4ge zur vergl. Physiologie der irritablen Substanzen. Braunschweig 1863.\nS. 52.\n2 Mechanische Leistung, W\u00e4rmeentwickelung u. s. w. Leipzig 1864. S. 113.\n8 Untersuchungen \u00fcber Muskelarbeit. Basel I860 S. 14. Pick bemerkt hierbei, dass schon in Ed. Weber\u2019s Versuchen Andeutungen dieses Verhaltens sich finden.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Reiz\u00fcngsvebsuche am unbelasteten Muskel.\n197\nankommt. Der Einwand, dass es sich um eine Wurfbewegung handle, ist nicht stichhaltig. Die Vertheilung der Massen um die Drehungsachse war eine derartige, dass die Muskelcurven als isotonische mit grosser Ann\u00e4herung zu betrachten sind, und daf\u00fcr spricht auch der glatte von secund\u00e4ren Wellen freie Verlauf der Curven, der sich bei rasch gehender Trommel leicht constatiren liess. Man wird die Erscheinung vielmehr mit jenen Aenderungen der mechanischen Muskelleistung auf eine Stufe zu stellen haben, welche Fick1 unter wechselnden \u00e4usseren Bedingungen des Zuckungsablaufes beobachtet hat.\nF\u00fcr die gegenw\u00e4rtigen Betrachtungen m\u00f6chte ich aber auf ein anderes Ergebniss des obigen Versuches aufmerksam machen. Unter dem Muskelhebel war eine Stellschraube angebracht, welche gestattete, den Hebel auf eine beliebige H\u00f6he einzustellen. Die Belastung wird folglich erst dann mit ihrem vollen Werthe auf den Muskel wirken, wrenn er anf\u00e4ngt, den Hebel von der Unterst\u00fctzung abzuheben. Die Unterschiede im Verhalten des Muskels sind augenf\u00e4llig. Bei einer Spannung von 10-5 \"rm erheben sich die Zuckungsgipfel in Folge der Unterst\u00fctzung; bei einer Spannung von 0-5grm hat dagegen die Unterst\u00fctzung kaum noch einen Einfluss auf die Lage des Zuckungsgipfels. Dies l\u00e4sst sich verstehen, wenn man bedenkt,\nFig. 2.\nCurarisirter Gastrocnemius. Zuckungen und Tetani bei 0-5 erm Belastung. Zwei Zuckungsgruppen mit Unterst\u00fctzung.\ndass bei der geringen Spannung die \u00e4usseren Bedingungen des Zuckungsablaufes durch die Unterst\u00fctzung nicht wesentlich ver\u00e4ndert werden k\u00f6nnen. Besonderes Interesse gewinnt jedoch die Erscheinung, wenn man nun Zuckungen und Tetani abwechseln l\u00e4sst. W\u00e4hlt man die kleine Belastung (Fig. 2), so ist der Unterschied zwischen Tetanush\u00f6he und Zuckungsh\u00f6he verschwunden; w\u00e4hlt man die grosse Belastung (Fig. 3), so erhebt sich die\n1 Untersuchungen \u00fcber Muskelarbeit, 1867; \u2014 Mechanische Arbeit und W\u00e4rme-enlwickelung bei der Muskelth\u00e4tigkeit. Leipzig 1882.","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nMax von Fret:\ntetanische Carve mehr oder weniger hoch \u00fcber die Zuckungsgipfel. L\u00e4sst man auf den Tetanus eine Zuckungsreihe mit Unterst\u00fctzung folgen, so wird der v\u00f6llige Parallelismus beider Vorg\u00e4nge noch \u00fcberzeugender, besonders wenn man ber\u00fccksichtigt, dass die Gipfel der unterst\u00fctzten Zuckungen dieselbe H\u00f6he erreichen, wie die Tetani, wof\u00fcr ich genauere Beweise schon fr\u00fcher erbracht habe.\nFig. 3.\nDerselbe Muskel wie in Fig. 2 bei 10-5 En\" Belastung.\nMan wird also sagen m\u00fcssen, dass die sogenannte Summirung der Zuckungen im Tetanus und die Erhebung der Zuckungsgipfel durch die Unterst\u00fctzung im Wesentlichen ein und dieselbe Erscheinung sind, oder besser, dass die Unterschiede, welche zwischen der summirten und der unterst\u00fctzten Zuckung zweifellos bestehen, f\u00fcr die Gr\u00f6sse der in beiden F\u00e4llen erreichbaren Verk\u00fcrzung nicht von Belang sein k\u00f6nnen.\nIn die unterst\u00fctzte Zuckung tritt der Muskel mit einer Spannung ein, welche geringer ist als hei freier Belastung; er muss erst ein Stadium con-tinuirlich wachsender Spannung durchlaufen, bevor er im Stande ist, den Schreibhehel in Bewegung zu setzen. Dieses Stadium bleibt ihm bei der Summirung erspart, wenn man den registrirenden Apparat so einrichtet, dass der Muskel isotonische Curven schreihen kann. Seine Spannung ist dann von vornherein gleich der des freih\u00e4ngenden Gewichtes und obwohl er auf eine h\u00f6here Abscisse eingestellt ist, kann er doch, die Verk\u00fcrzung ohne Verzug beginnen. Mit dieser Ueberlegung stimmt sehr gut eine Erfahrung \u00fcberein, welche v. Kries j\u00fcngst gemacht hat.1 Er zeigt, \u201edass in der summirten Zuckung der zweite Reiz jedesmal ein Stadium der steigenden Energie hervorruft, welches im Vergleich zu demjenigen der Einzelzuckung verk\u00fcrzt ist.\u201c Bei dem unvollkommenen Tetanus kann diese Zeit auf ein Drittel bis ein Viertel des urspr\u00fcnglichen Werthes herabsinken. Es scheint mir bemerkenswerth, dass aus einer Reihe von unterst\u00fctzten Zuckungen, die derselbe Verfasser bereits fr\u00fcher ver\u00f6lfentlicht hat,2 sich eine\n1\tBerichte der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br. 1886. II. Bd.\n2\tUntersuchungen zur Mechanik des quergestreiften Muskels. Dies Archiv. 1880. S. 348.","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Reizungsveesuche am unbelasteten Muskel.\n199\n\u00e4hnliche Verschiebung der zeitlichen Verh\u00e4ltnisse ablesen l\u00e4sst. Die Zuckungsgipfel r\u00fccken mit steigender Unterst\u00fctzung immer n\u00e4her an den Zuckungsanfang heran, so dass das Stadium der steigenden Energie im Verh\u00e4ltniss von 11 \u20225:9*3 abnimmt. Noch gr\u00f6sser wird das Verh\u00e4ltniss, wenn man nur jenen Abschnitt der unterst\u00fctzten Zuckung ins Auge fasst, welcher sich \u00fcber die Abscisse erhebt, also isotonisch verl\u00e4uft. Die Dauer des aufsteigenden Astes betr\u00e4gt hier weniger als ein Drittel des entsprechenden St\u00fcckes der Einzelzuckung hei freier Belastung. Man kann zu der Regel, dass der Muskel um so h\u00f6here Zuckungsgipfel erreicht, je weniger Arbeit er w\u00e4hrend der Zuckung leistet, den Zusatz machen, dass die Verk\u00fcrzung gleichzeitig um so rascher verl\u00e4uft.\nNoch auf einen zweiten Unterschied zwischen der summirten und der unterst\u00fctzten Zuckung muss hier aufmerksam gemacht werden. Bei letzterer tritt der Muskel als ein ruhender in den Vorgang ein, bei der summirten Zuckung ist er bereits in Th\u00e4tigkeit, so dass sich in ihm zwei Bewegungsantriebe ins Gleichgewicht zu setzen haben. In welcher Weise dies geschieht, l\u00e4sst sich vorl\u00e4ufig nicht angeben; doch d\u00fcrften Versuche \u00fcber die Wirkung von Doppelreizen auf den unbelasteten Muskel, namentlich unter Ber\u00fccksichtigung der zeitlichen Verh\u00e4ltnisse, vielleicht einige Aufschl\u00fcsse versprechen. Aus den mitgetheilten Versuchen l\u00e4sst sich nur schliessen, dass der Gipfel der zweiten Zuckung, so nahe sie der ersten auch kommen mag, keine wesentlich abweichende H\u00f6he erreichen kann. Es l\u00e4sst sich ferner aussagen, dass die Gipfelh\u00f6he der zweiten Zuckung von drei Ursachen bestimmt werden wird: von der Anzahl der vorausgegangenen Reize, von dem Verh\u00e4ltniss des neuen Reizintervalls zu dem bisherigen und von der Contractur.\nI.\tDie Abh\u00e4ngigkeit von der Anzahl der vorausgegangenen Reize ist eine doppelte. Eine m\u00e4ssige Anzahl von Reizen erh\u00f6ht die Leistungsf\u00e4higkeit des ausgeruhten Muskels. Die Treppe bleibt also, wie sich leicht zeigen l\u00e4sst, am unbelasteten Muskel bestehen, wenn auch ihre Entwickelung nicht so in die Augen springt, wie am belasteten Muskel.\nIst eine bestimmte, vorl\u00e4ufig nicht allgemein angebbare Zahl von Reizen erfolgt, so tritt eine Umkehrung des Verhaltens ein: die nachfolgende Zuckung b\u00fcsst an H\u00f6he ein. Diese Erscheinung ist unter dem Namen Erm\u00fcdung bekannt.\nII.\tDer Einfluss, den die Ver\u00e4nderung des Reizintervalles auf die H\u00f6he der summirten Zuckung aus\u00fcbt, l\u00e4sst sich aus Fig. 4 ersehen. Dieselbe ist von einem frischen, curarisirten Triceps bei einer Belastung von 0 \u2022 5 grm geschrieben. Es wechseln Einzelzuckungen mit unvollkommenen Tetanis ab, weil der zeitliche Abstand der nicht ganz maximalen Oeffnungs-","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nMax von Feey:\nschlage im Verh\u00e4ltniss von 16:1 variirt wird. Man bemerkt, dass das kleinere Intervall die Zuckungsgipfel auf ein tieferes Niveau herabdr\u00fcckt, von welchem sie sich sofort wieder erheben, sobald das lange Intervall einsetzt.\nAn der Zuckungsreihe des erm\u00fcdeten Muskels hat bereits Kronecker1 dieselbe Erfahrung gemacht. Die Erscheinung ist offenbar identisch mit den sogenannten Einleitungs- oder Erholungszuckungen, welche sich an unvollkommenen Tetanis oder im Beginn einer Zuckungsreihe so leicht zur Anschauung bringen lassen.\nFig. 4.\nCurarisirter Triceps. Belastung 0 \u2022 5s\u2122. Das Beizintervall wechselt im Verh\u00e4ltniss von 16:1.\nIII. Endlich ist die H\u00f6he der summirten Zuckung abh\u00e4ngig von der Contractur. Gegenw\u00e4rtig werden die Ausdr\u00fccke Verk\u00fcrzungsr\u00fcckstand und Contractur h\u00e4ufig als gleichwerthige gebraucht. Man schliesst auf das Vorhandensein eines solchen Zustandes, wenn der Muskel eine gewisse Zeit nach einer Zuckung seine Ausgangslage nicht wieder erreicht hat. Dieser Fall tritt wie bekannt, regelm\u00e4ssig bei der Erm\u00fcdung ein; es kommt zu einer Verl\u00e4ngerung der Zuckungsdauer, welche wie Hermann2 mit Recht bemerkt, in der idiomuscul\u00e4ren Contraction den st\u00e4rksten Ausdruck findet. Der erm\u00fcdete Muskel kann durch Reizfolgen, welche am frischen nur Zuckungsreihen ausl\u00f6sen, in Tetanus versetzt werden; die Erm\u00fcdung wirkt also wie eine Verkleinerung des Reizintervalles. Solche Tetani f\u00fchren am unbelasteten Muskel zu keiner Summirung und bei allen st\u00e4rkeren Erm\u00fcdungsgraden auch am belasteten nicht, wie ich dies an anderer Stelle durch Beispiele belegt habe.3 Der beschriebene Vorgang, welcher mit dem Namen Verk\u00fcrzungsr\u00fcckstand sehr passend bezeichnet wird, ist, wie Kronecker und Hall4 betonen, von einem\n' Arbeiten aus der physiologischen Anstalt zu Leipzig. 1871. S. 214 u. Fig. 10.\n2\tPfl\u00fcg er\u2019s Archiv u. s. w. 1876. Bd. XIII. S. 370.\n3\tFestschrift zu C. Ludwig's 70. Geburtstag. 1887. S. 65.\n4\tDies Archiv. 1879. Suppl. S. 43.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Reizungsvebsuche am unbelasteten Muskel.\n201\nzweiten, anscheinend verwandten, v\u00f6llig zu trennen, f\u00fcr welch letzteren Tiegel1 2 den Ausdruck Contractur eingef\u00fchrt hat. Die Unterschiede ergeben sich ohne weiteres, wenn die wichtigsten Eigenth\u00fcmlichkeiten der Contractur aufgez\u00e4hlt werden.\n1.\tDie Contractur \u00e4ussert sich bei der Einzelzuckung nicht in einer Streckung s\u00e4mmtlicher Theile der Muskelcurve, wie es bei der Erm\u00fcdung der Eall ist. Das Stadium der steigenden Energie verl\u00e4uft in normaler Weise und die Abweichung beginnt erst im Stadium der Erschlaffung entweder in Gestalt einer Verz\u00f6gerung der Ausdehnung des Muskels, sehr h\u00e4ufig aber auch in Gestalt einer oder mehrerer neuen Erhebungen, welche sich als tetanische oder tonische Verk\u00fcrzung an die Zuckung anschliessen. Tiegel theilt eine solche Curve in Fig. 2 seiner Tafel mit. Funke3 beschreibt die Erscheinung als \u201eNase\u201c, und es scheint, dass Biedermann3 am veratrinisirten Muskel genau dieselben Formen findet.\n2.\tDie Contractur findet am frischen Muskel ihre st\u00e4rkste Entwickelung. Der erm\u00fcdete zeigt sie, wenn \u00fcberhaupt, nur in sehr geringem Grade.\n3.\tDie Contractur tritt weder zu allen Jahreszeiten noch bei jeder Reizungsmethode gleich stark auf. Den Unterschied zwischen directer und indirecter Reizung hat bereits Tiegel hervorgehoben. Auch kann ich seine Angabe, dass sie bei den Froschmuskeln gegen Ende des Winters besonders stark auftritt, durchaus best\u00e4tigen. Im Januar und Februar wird man sie bei directen Muskelreizungen, gleichg\u00fcltig ob maximal oder submaximal, kaum jemals vermissen.\n4.\tHat der Muskel in Folge der Contractur sich tonisch verk\u00fcrzt, so ist seine F\u00e4higkeit, auf eine Wiederholung des Reizes mit einer Zuckung zu antworten, durchaus nicht verloren gegangen. Fig. 5 zeigt die Zuckungsreihen eines Muskels, welcher durch einen dazwischen geschobenen Tetanus zu einer sehr starken Contractur gebracht wurde. Der Muskel stellt sich hinterher f\u00fcr dieselbe Spannung auf eine neue Gleichgewichtslage ein, von welcher aus er seine Zuckungen, von fast gleicher H\u00f6he wie die urspr\u00fcnglichen, wieder fortsetzt. Der Muskel verh\u00e4lt sich jetzt so, als ob man ein St\u00fcck von ihm abgeschnitten h\u00e4tte.\nF\u00fcr den minimal belasteten Muskel l\u00e4sst sich daher der Unterschied zwischen Contractur und Erm\u00fcdung sehr scharf kennzeichnen: Beide f\u00fchren, wenn auch in verschiedener Weise, zu einer Verz\u00f6gerung der Erschlaffung\n1\tPfl\u00fcger\u2019s Archiv u. s. w. 1876. Bd. XIII. S. 71.\n2\tPfl\u00fcger\u2019s Archiv u. s. w. Bd. VIII. S. 236.\n3\tWiener Sitzungsberichte. Bd. XCII. III. Abth. S. 148 uud Taf. I, Fig. 8.","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nMax yon Feet:\ndes Muskels und beg\u00fcnstigen schon bei seltenen Reizfolgen eine Verschmelzung der Zuckungen zu unvollkommenen Tetanis. Dabei tritt am erm\u00fcdeten Muskel eine Erh\u00f6hung der Zuckungsgipfel nicht ein, w\u00e4hrend sie bei der Contractur mit der Ausgangsh\u00f6he emporr\u00fccken.\nFig. 5.\nCurarisirter Gastrocnemius. Belastung 0-33 Brm. Tetanus mit Contractur.\nDie durch Contractur hervorgebrachte Schrumpfung des Muskels ist indessen immer von beschr\u00e4nkter Dauer; die Zeit, welche er braucht, um in seine alte Gleichgewichtslage zur\u00fcckzukehren, ist der Gr\u00f6sse der entwickelten Contractur einigermaassen proportional. Ist sie nur in geringem Grade ausgebildet, so kann der Muskel ziemlich bald nach dem Tetanus seine urspr\u00fcngliche L\u00e4nge wieder erreichen und, die Zuckungen scheinen sodann auch am unbelasteten niedriger zu sein, als der Tetanus.\nEs folgt daraus die Noth Wendigkeit, den Begriff: \u201eSummirung der Zuckungen\u201c sch\u00e4rfer zu fassen. Die Curve, welche der Muskel in Folge zweier maximaler Reize zeichnet, kann sich \u00fcber die einfache Zuckung erheben durch Wirkung der Treppe, der Contractur und der Selbstunterst\u00fctzung. Letztere, nur dem belasteten Muskel eigenth\u00fcmlich, ist im Allgemeinen um so wirksamer, je h\u00f6her in der einfachen Zuckungscurve der Punkt liegt, in welchem der Muskel von dem zweiten Reize getroffen wird. Hier gilt die Helmholtz\u2019sche Regel und es d\u00fcrfte sich daher empfehlen, den Ausdruck \u201eSummirung der Zuckungen\u201c nur f\u00fcr diesen Vorgang zu gebrauchen.\nDie Entwickelung der Contractur h\u00e4ngt dagegen ausser von den schon oben genannten Umst\u00e4nden haupts\u00e4chlich davon ab, wie rasch der zweite Reiz dem ersten folgt, so dass die Curve der Doppelreizung sich um so h\u00f6her \u00fcber die einfache erheben wird, je kleiner das Reizintervall ist. Um dieser Complication zu entgehen, habe ich bei den obigen Vergleichen zwischen Zuckungsh\u00f6he und Tetanush\u00f6he am unbelasteten Muskel m\u00f6glichst","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"Reizungsvebsuche am unbelasteten Muskel.\n203\ngrosse Reizintervalle gew\u00e4hlt, welche eben gen\u00fcgten, sogen, unvollkommene Tetani zu erzielen \u2014 wenigstens so lange der Muskel frisch war. Am erm\u00fcdeten Muskel kann man das Reizintervall im Verh\u00e4ltniss zur Zuckungsdauer viel kleiner machen, ohne dass man st\u00f6rende Contracturen zu f\u00fcrchten hat.\nDie Erh\u00f6hung, welche der Gipfel der Doppelzuckung durch die Treppe erf\u00e4hrt, ist nur eine scheinbare; er wird zwar h\u00f6her sein, als die unmittelbar vorausgegangene, aber niedriger, als die unmittelbar nachfolgende einfache Zuckung.\nDie Bestimmung des Antheils, welchen jede der genannten Variablen an der H\u00f6he der Doppelzuckung besitzt, wird nur durch weitere Versuche gelingen k\u00f6nnen.","page":203}],"identifier":"lit1504","issued":"1887","language":"de","pages":"195-203","startpages":"195","title":"Reizungsversuche am unbelasteten Muskel","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:20:40.610802+00:00"}

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