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{"created":"2022-01-31T16:56:10.389752+00:00","id":"lit15045","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Martius, G\u00f6tz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 84-85","fulltext":[{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nLitteraturbericht.\nSicherheit der Unterschiedserkenntnis (Merkbarkeit) zur Seite. Auch in deren Sph\u00e4re k\u00f6nnen und m\u00fcssen Gleichheitsurteile und zweifelhafte Vorkommen. Somit will es mir in keiner Weise einleuchten, dafs die Einf\u00fchrung der Ungleichheitssch\u00e4tzung eine Erleichterung bieten und nicht vielmehr dem Urteil einen st\u00f6renden Zwang auferlegen soll. Es zeigte sich dies auch bei den Versuchen Higiers, als er die ohne Gleichheitsurteile gewonnenen Zahlen mit den hach der Methode der r. u. f. F\u00e4lle erhaltenen verglich. (S. 506 ff.) Schliefst man die Urteile \u201egleich\u201c und \u201ezweifelhaft\u201c aus, so wird der Beobachter in den betreffenden F\u00e4llen entweder k\u00fchn \u201est\u00e4rker\u201c oder vorsichtig \u201eschw\u00e4cher\u201c urteilen, je nach seiner vorwiegenden Charakteranlage. Bei Higier \u00fcherwog die Vorsicht, wie das bei einem gewissenhaften Beobachter nat\u00fcrlich ist.\nG. Martius (Bonn).\nJ. S. Bristowe. On the nature and relations of mind and brain. Brain. P. 53 (1891), S. 18-34.\nEs handelt sich um die Antrittsrede, welche Bristowe nach seiner Wahl zum Pr\u00e4sidenten der neurologischen Gesellschaft in London gehalten hat. Br. kommt zu dem \u00dfesultat, dafs Bewufstsein eine inh\u00e4rente Eigenschaft der Kraft ist, welche nur unter speziellen Bedingungen, n\u00e4mlich dann, wenn die Kraft in Beziehung zu einer entsprechend organisierten Materie (also zur Hirnrinde) tritt, manifest wird. Die \u201ePers\u00f6nlichkeit\u201c des Individuums beruht nur auf dem Fortbestehen und der assoziativen Verkn\u00fcpfung der Erinnerungsbilder des Gehirns. Von einer einigermafsen befriedigenden Begr\u00fcndung dieser Thesen kann selbstverst\u00e4ndlich in dem kurzen Vortrag nicht die Kede sein.\nZiehen (Jena).\nA. Fouill\u00e9e. Le probl\u00e8me psychologique. B\u00e9vue philos. Bd. 32 (1891), S. 225\u2014248.\nVerfasser bezeichnet mit Intellektualismus diejenigen psychologischen Theorien, welche das Wesen aller psychischen Vorg\u00e4nge im \u201eVorstellen\u201c sehen. Der Materialismus pflegt sich nach ihm mit diesem Standpunkt zu verbinden; die geistigen Vorg\u00e4nge sind dann nichts, als unwesentliche) Begleiterscheinungen der k\u00f6rperlichen Vorg\u00e4nge und werden als solche im Bewufstsein betrachtet. Sie sind alle \u201eobjektiv\u201c.\nSolchen Anschauungen gegen\u00fcber will er die Aktivit\u00e4t der psychischen Ph\u00e4nomene darthun, die nach ihm vielmehr wesentlich \u201esubjektiv\u201c sind. Die L\u00f6sung der Frage nach der Natur der psychischen Ph\u00e4nomene ist zugleich die L\u00f6sung der Frage nach der Aufgabe der Psychologie.\nKeine geistigen Ph\u00e4nomene sind von vornherein Vorstellungen. Sie sind Reaktionen der Lebewesen auf Einwirkungen, die durch sekund\u00e4re Vorg\u00e4nge zu Vorstellungen werden k\u00f6nnen. Als Reaktionen sind sie Kr\u00e4fte und gleich real, wie die cerebralen k\u00f6rperlicher Bewegungen, mit denen sie verbunden sind und mit welchen sie zusammen die einheitliche wahrhafte Realit\u00e4t ausmachen.\nDer Psychologie ist mithin die Beziehung der Ph\u00e4nomene auf das Subjekt eigent\u00fcmlich. Wie die Biologie die einzelnen Ph\u00e4nomene unter dem Gesichtspunkt des Ganzen begreift und die Entwickelung der Orga-","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n85\nnismen erforscht, so ist die Psychologie Wissenschaft der Organisation und der Entwickelung des Subjekts.\nWelches ist nun aber die Art der Aktivit\u00e4t dieses Subjekts? Das rein materielle Wesen, eine blofse Abstraktion, ist tr\u00e4ge. Eine rein materielle Welt w\u00e4re tot. Das universelle Geschehen ist durch das psychische Prinzip des Interesses bedingt. Was \u00e4ufserlich rein kausal bedingt erscheint, stellt sich innerlich zweckbedingt oder gewollt dar. \u201eDie Identit\u00e4t der Kausalit\u00e4t und Finalit\u00e4t ist der Wille\u201c (S. 235). Somit ist Psychologie Wissenschaft vom Willen, und das Wollen ist die eigent\u00fcmliche Form psychischer Aktivit\u00e4t. Jeder einzelne ist ein Teil der causalit\u00e9 unniverselle, enth\u00e4lt einen Teil der Bedingungen der Ver\u00e4nderungen der Dinge in sich. Der subjektive Kern des einzelnen kann darum auch nie in ein \u201eObjektives\u201c, Vorstellungsm\u00e4fsiges aufgel\u00f6st werden. Aufmerksamkeit, Lust und Unlust, Streben und Widerstreben sind zwar mit physiologischen Erregungen verbunden, sind seihst aber nicht Folgen jener Erregungen, sondern machen die eigent\u00fcmliche Eigenart des Willenssubjektes und seiner Aktivit\u00e4t aus und stellen sich in der Unmittelbarkeit der inneren Erfahrung so dar. Ein letzter Beweis f\u00fcr diese Aktivit\u00e4t ist die Intensit\u00e4t, welche den psychischen Zust\u00e4nden ihrer Natur nach eigent\u00fcmlich ist und in welchen sich ebenfalls die Willensnatur derselben verr\u00e4t.\nF. glaubt, dafs \u201edie Deutsche Psychologie\u201c jener von ihm bek\u00e4mpften Ansicht des Intellektualismus huldigt.\tG\u00f6tz Martius (Bonn.)\nHeinr. Kratz. \u00c4sthetik. Grundz\u00fcge einer Lehre von den Gef\u00fchlen.\nG\u00fctersloh, Bertelsmann, 1891, 68 S.\nHeinr. Kratz. Theletik. Grundz\u00fcge einer Lehre vom Willen. G\u00fctersloh,\nBertelsmann. 1891, 19 S.\nDiese beiden Schriftchen sind nur Teile eines vierteiligen Ganzen. Zu demselben geh\u00f6rt aufserdem als allgemeiner Teil eine Pneumato-logie (Grundz\u00fcge einer Lehre vom Geiste, Hanau 1889), die auf 24 Seiten das Allgemeinere \u00fcber die drei Lebensformen des Geistes, hewufstes Denken, F\u00fchlen und Wollen giebt, und eine Logik (Grundz\u00fcge einer Lehre vom Denken, G\u00fctersloh 1891, 68 S.). Logik, \u00c4sthetik (unter der der Verf., abweichend vom \u201eherk\u00f6mmlichen\u201c Sprachgebrauch, die Lehre von den Gef\u00fchlen versteht) und Theletik bilden die spezielleren Ausf\u00fchrungen oder, wie der Verf. sagt, \u201ebesondere Abzweigungen\u201c der Pneumatologie ; die \u00c4sthetik und Theletik unterscheiden sich von den f\u00fcr die entsprechenden Gebiete normativen Disziplinen der Lehre vom Sch\u00f6nen und der Ethik. Alle vier Schriften zusammen haben an die Stelle der bisherigen Psychologie zu treten.\nDer Verf., der u. a. auch Schulandachten und apologetische Schriften herausgegeben hat, ist strenger Spiritualist und Dualist; der Mensch zerf\u00e4llt in Leib, Seele und Geist; aufser dem Menschen, der \u201ezugleich\u201c geistiges Wesen ist, gieht es auch ausschliefslich geistige Wesen (\u00c4sth. S. 13, Thelet. S. 5). Diese dogmatische Voraussetzung heeinflufst jedoch den Tenor unserer beiden Schriftchen kaum, die sich im wesentlichen als Teile einer empirischen Psychologie, anscheinend","page":85}],"identifier":"lit15045","issued":"1893","language":"de","pages":"84-85","startpages":"84","title":"A. Fouill\u00e9e: Le probl\u00e8me psychologique. R\u00eavue philos., Bd. 32, 1891, S. 225\u2013258","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:56:10.389758+00:00"}