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{"created":"2022-01-31T16:57:02.486055+00:00","id":"lit15052","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Fraenkel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 93-96","fulltext":[{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n93\nd\u00fcnn; die des gyrus cinguli (Hautempfindungen) fast normal; die des gyrus temporalis superior (H\u00f6rcentrum) auf beiden Seiten sehr d\u00fcnn. Endlich war die Rinde des gyrus lingualis, gyrus occipitalis m\u00e9dius und cuneus (alle zum Sehcentrum geh\u00f6rig) rechts sehr d\u00fcnn, viel d\u00fcnner als links. D. z\u00e4hlte ferner an Schnitten aus der Rinde von L. B. und zwei Kontrollgehirnen die grofsen Nervenzellen und fand ihre Zahl, sowie ihre Gr\u00f6fse unternormal. Sie waren in den sensorischen sp\u00e4rlicher als in den motorischen Gebieten verteilt, aber im motorischen Sprach-centrum, in beiden H\u00f6rcentren und im rechten Sehcentrum war ihre Zahl ganz besonders klein.\nVon den Ergebnissen betreffs der Sinnesorgane sei nur erw\u00e4hnt, dafs, obgleich L. B. zwischen 50 und 60 Jahre vollst\u00e4ndig blind und taub gewesen sein soll, der rechte, und besonders der kleinere linke Sehnerv zahlreiche gesunde Nervenfasern enthielt, w\u00e4hrend der H\u00f6rnerv sogar nur als \u201eetwas atrophisch\u201c bezeichnet wird.\nStrong (Worcester U.-S.).\nDe Sarlo und Bernhardini. Ricerche sulla circolazione cerebrale. Bivista di Freniatr. XVII. 4. (1891). S. 503-528.\nEine reichhaltige, von den Verfassern zitierte Litteratur hat den mechanischen Teil des Gegenstandes gewissermafsen ersch\u00f6pft und stehen damit folgende Dinge fest: 1. Die Hirnbewegung ist Folge der Pulsbewegung aller Hirngef\u00e4fse, folglich synchronisch mit dem Herzimpuls. \u2022\u2014 2. Das Hirnvolumen wechselt teils infolge der Verminderung des Blutdruckes in den Venen, teils infolge der Kommunikation zwischen Hirn- und R\u00fcckgratsfluidum. \u2014 3. Volum\u00e4nderungen der Pulswelle h\u00e4ngen vom Gef\u00e4fstonus, nicht aber vom Herzimpuls ab. Anakrotie, d. i. verringerter Tonus und Druck, Katakrotie, Verst\u00e4rkung beider, beruhen auf lokalen Puls\u00e4nderungen. \u2014 4. Respiratorischer Einflufs zeigt sich nur bei k\u00f6rperlichen Anstrengungen, Husten, Niesen u. s. w. Die Kurve steigt bei forcierter Exspiration (sinkt bei Inspiration) infolge erschwerter Entleerung der Venen. \u2014 5. Die Blutmenge einer Zeiteinheit entspricht auch im Gehirn dem Gef\u00e4fskaliber. \u2014 6. Die Hirnbewegung kann bei blofsliegender Dura nahezu fehlen (Braun), wenn die Spannung aufgehoben ist, andererseits nach auch nur leisem Druck, und das geschieht periodisch. Das gr\u00f6fsere Hirn volumen reguliert sich selbst durch die Piagef\u00e4fse, wenn der Druck eine gewisse Grenze erreicht hat (Coppies Self-strangulation).\nI. Die Hirnzirkulation w\u00e4hrend psychischer Th\u00e4tigkeit. \u2014 Mosso hat festgestellt, dafs das Hirnvolumen mehr zunimmt bei Gem\u00fctserregung als bei geistiger Arbeit. Richerand hat indes schon vor langen Jahren bedeutende Beschleunigung des Karotidenpulses bei rein geistiger Arbeit wahrgenommen. Gley (1881) schreibt die Pulsverst\u00e4rkung nicht dem Herzen, sondern der blofs vasomotorischen Th\u00e4tigkeit zu, die noch nach beendeter Arbeit anh\u00e4lt. Mats, der das blofsliegende Hirn an einem dreizehnj\u00e4hrigen M\u00e4dchen und einem dreizigj\u00e4hrigen Manne beobachtete, best\u00e4tigt Mossos Ansicht, irrt aber darin, dafs die Geistes-","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nLitteraiurbericht.\narbeit ohne jeden Einflufs auf die Hirnzirkulation sei. Nach Morselli-Uffred\u00fczzi folgt auf jede Perzeption im Verh\u00e4ltnis zu dem benutzten Reizmittel (Sehmerz, Elektrizit\u00e4t, Ger\u00e4usch, Geruch, Licht) Volumsteigerung des Hirns ohne \u00c4nderung der Hirnpulsform. Die letztere beruhe auf einem Reflexvorgange und k\u00f6nne nicht Ursache sein, da die Steigerung noch lange nach der psychischen Wahrnehmung fortdauere.\nDie Schwierigkeit, die Hirnzirkulation je nach den psychischen Elementen von Wahrnehmung, Gedankenbildung, Willen ohne Anteilnahme der Emotion experimentell zu studieren, hat die Verfasser zu folgender etwas willk\u00fcrlicher Kategorienbildung veranlafst: 1. Gef\u00fchle bei Sinneseindr\u00fccken, 2. beim Intellekt, 3. komplizierte. Unter 1. kommen die angenehmen oder unangenehmen Gesichts-, Geh\u00f6rs- u. s. w. Empfindungen; bei 2. diejenigen in Betracht, die die geistige Arbeit, eine Ideengruppe oder Ged\u00e4chtnisbilder begleiten; unter 3. alles, was nicht in die beiden vorigen Kategorien geh\u00f6rt. \u2014 Die Versuchsperson war ein 50j\u00e4hriger Bauersmann mit Epilepsie, die auf Fraktur des linken Scheitelbeines eingetreten war und Hemiatrophie der rechten K\u00f6rperh\u00e4lfte, insbesondere des Armes zur\u00fcckgelassen hatte. Das Kraftmafs betrug rechts 25, links 44. Der rechte Vorderarm stand in Pronation, die Hand flektierte, der Fufs schleppte, die Spitze der beim Ausstrecken zitternden Zunge wich nach rechts ab. Pupillen reagierten prompt und gleich-m\u00e4fsig auf Licht, weniger auf Schmerzeindr\u00fccke. Patellarreflex rechter-seits sehr stark. \u2014 Sinnesorgane einschliefslich Muskelsinn normal; nur der Schmerzsinn erh\u00f6ht an den rechten Fingerspitzen, niedrig an der Stirn (bei farad. Strom). \u2014 Psychische Zust\u00e4nde jetzt normal; fr\u00fcher Halluzinationen und Konfusion, Sprache etwas stockend. Die Knochenl\u00fccke, in der die Hirnpulsation sich zeigt, ist 21/* cm lang, 1 cm tief und reicht hinten bis an die RoLANDsche Furche. Eine Kupferplatte von 5 cm Dm., mit Glaserkitt befestigt, bedeckt sie und steht durch ein Gummirohr mit einer MAftcYschen Trommel und einem BALizischen Schreibapparat behufs Aufnahme der dem Original beigegebenen Bilder in Verbindung. \u2014 Die Ergebnisse sind folgende:\n1.\tF\u00fcr die Sinnesempfindungen. Physischer Schmerz (Nadelstiche) verursacht fast keine Ver\u00e4nderung der Hirnzirkulation; elektrische Reizung dagegen starke Gef\u00e4fskontraktion ; je heftiger die Reizung, desto st\u00e4rker die Kontraktion. Unangenehme Empfindungen, wie Kitzeln der Nase, Wassertropfen auf den R\u00fccken, bewirken keine Ver\u00e4nderung, \u2014 angenehmer Geschmack dagegen auffallende Reaktion, n\u00e4mlich rascheres Pulsieren, Volumsteigerung und Anakrotie. Auf Erinnerung an angenehme Speisen dieselbe Erscheinung. Ger\u00fcche angenehmer Art erh\u00f6hen gleichfalls die Zirkulation.\n2.\tIntellekt. Patient kann weder lesen noch rechnen. Blofse Spannung der Aufmerksamkeit auf einen Punkt am Fufsboden ergiebt jedoch Vergr\u00f6fserung des Volumens und der einzelnen Pulsationen, Anakrotie wie bei Gem\u00fctsbewegungen.\n3.\tKomplizierte Empfindungen. \u2014 \u00dcberraschung durch Anschl\u00e4gen eines Tam-tams bewirkt Steigerung u. s. w., nicht aber der blofs heftige Schall, sobald Patient darauf vorbereitet ist; \u2014 angenehme","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aiwbericht.\n95\nStimmung beim Anblick von Heiligenbildern, Beschleunigung und Volumsteigerung, aber nicht mehr anakrotischen, sondern katakrotischen Puls, noch st\u00e4rker ausgesprochen bei Zorn infolge des Anblickes von Nudi-t\u00e4ten. \u2014 Die Katakrotie ist gleichwohl nicht charakteristisch f\u00fcr bestimmte Stimmungen oder Denkfunktionen. Da bei denselben die Blut-rnenge im Gehirn zunimmt, wof\u00fcr Verst\u00e4rkung des Karotispulses spricht, und gleichzeitig die Elastizit\u00e4t der Gef\u00e4fsw\u00e4nde nicht entsprechend st\u00e4rker wird, so entsteht ein Mifsverh\u00e4ltnis zwischen Blutmenge und Elastizit\u00e4t (Landois) und damit Anakrotie, bei Wiederherstellung des Gleichgewichtes aber \u00dcbergang zur Katakrotie.\nII. Die peripherische Zirkulation w\u00e4hrend psychischer Th\u00e4tigkeit hat seit Claude Bernard (1853) zahlreichere Beobachter, vor allen in Mosso gefunden. \u2014 Versuchspersonen f\u00fcr die Verfasser waren meist Kollegen, da der obenerw\u00e4hnte Mann f\u00fcr die Anwendung des A\u00ebrosphygmographen, mit dem sie vorzugsweise arbeiteten, sich nicht eignete. \u2014 Der Gang der Untersuchungen war derselbe wie in I.\n1- Physischer Schmerz durch elektrischen Reiz \u2014 sogar die Furcht davor \u2014 gab einmal eine Volumverminderung des Vorderarmes und der einzelnen Pulsschl\u00e4ge. Aber auch bei Empfindungen vergn\u00fcglicher Art, z. B. bei Genufs von Kaffee, stellten sich Herabgehen der Pulsschl\u00e4ge und Volum Verminderung des Armes ein.\n2.\tLeichte geistige Besch\u00e4ftigung, angenehme Lekt\u00fcre gab einmal Ansteigen, ein anderes Mal Sinken, das nach l\u00e4ngerer Dauer wieder in Ansteigen \u00fcberging. Beim Rechnen sank das Volumen ein wenig, doch mehr als die Pulsschl\u00e4ge; beide hoben sich merklich nach Mitteilung des Ergebnisses. Konstant ist das der Fall nach ernsterem Nachdenken, so nach schwierigem Rechnen. W\u00e4hrend gleichg\u00fcltiger Lekt\u00fcre ist das Verhalten schwankend.\n3.\tKomplizierte Empfindungen, so Erwartung mit Furcht gepaart> ergaben einmal Absteigen, das andere Mal Ansteigen; heftige Furcht entschiedenes Sinken des Armvolumens und der Pulsschl\u00e4ge.\nAllgemeine Ergebnisse. \u2014 Da jedes Organ, wenn es fungiert, blutreicher wird (ubi stimulus ibi affluxus), so ist das auch beim Gehirn der Fall, wenn es psychische Arbeit verrichtet. Sie ist der Stimulus, durch den die Gef\u00e4fse sich erweitern, gleichviel ob das durch die Th\u00e4tigkeit von Hemmungs- oder Erweiterungsnerven der Gef\u00e4fse geschieht. \u2014 Ob gleichzeitig neben der Hyper\u00e4mie des fungierenden Organes An\u00e4mie in den ruhenden Organen entsteht, ist fraglich, jedenfalls nicht konstant. Mosso nimmt es unbedingt an. Nach ihm \u201ekann aus dem Zirkulationsverhalten einer Hand, eines Fufses der Geisteszustand eines Individuums erschlossen werden, mag dasselbe ein schweres oder leichtes Buch lesen, sich langweilen oder nicht\u201c. \u2014 Die Verfasser sind anderer Meinung, da \u00e4hnliche Geistesarbeit oft enorme Differenzen und un\u00e4hnliche dieselbe Reaktion in der peripherischen Zirkulation bewirkt. Konstant ist aber f\u00fcr sie die auf dem Reflexwege entstehende Gef\u00e4fserweiterung in den nerv\u00f6sen Zentral or g an en bei psychischer Arbeit. Antagonismus zwischen dem Zentrum und der Peripherie sei ebenso wenig sicher und gesetzm\u00e4fsig, wie das Verhalten der","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nLitter aturbericht.\nBespiration es bei psychischer Arbeit ist, wie Mosso selbst es nachgewiesen hat.\tFraexkel (Dessau).\nSachs. \u00dcber optische Erinnerungsbilder. Vortrag, gehalten auf der Sitzung des Vereins ostdeutscher Irren- und Nerven\u00e4rzte vom 5. Dezember 1891. Centralbl. f\u00fcr Nervenheilk. und Psychiatrie. Febr. 1892. S. 58.\nS. beschr\u00e4nkt sich darauf, zu er\u00f6rtern, woran man die Form eines solchen Gegenstandes wiedererkennt, dessen Bild mit einem Blick ohne Augen- oder Kopfbewegung wahrgenommen werden kann. Die f\u00fcr das Wiedererkennen solcher kleinsten Dinge (Buchstaben, Silben, nicht allzu nah gesehene Gesichter) geltenden Gesetze m\u00fcssen auch f\u00fcr die Formen gr\u00f6fserer Gegenst\u00e4nde mafsgebend sein.\nIn unserem Ged\u00e4chtnisse bleiben von der Form eines gesehenen Gegenstandes nicht s\u00e4mtliche Punkte und Linien, sondern nur eine ver-h\u00e4ltnism\u00e4fsig kleine Anzahl, die aber gen\u00fcgt, um ein Wiedererkennen zu erm\u00f6glichen; man k\u00f6nnte diese Punkte \u201edie Erkennungspunkte des Gegenstandes\u201c nennen. Sie bilden das Charakteristische eines Gegenstandes und sind in Bezug auf Zahl und gegenseitige Lage zu einander f\u00fcr verschiedene Menschen zwar nicht genau gleich, aber doch im grofsen und ganzen, wenigstens bei den Dingen des t\u00e4glichen Lebens, f\u00fcr alle Menschen ann\u00e4hernd dieselben.\nDie verschiedenen auf der Netzhaut von einem Gegenst\u00e4nde abgebildeten Punkte werden voneinander unterschieden an ihren Lokalzeichen (Meynbrt). Das Lokalzeichen eines jeden Netzhautpunktes wird durch die Summe der (in den Augenmuskelkernen im H\u00f6hlengrau des Gehirns entstehenden) Innervationsempfindungen derjenigen Augenmuskelbewegungen gebildet, welche dazu dienen, den in Frage kommenden Netzhautpunkt mit dem Mittelpunkte der macula lutea zu vertauschen. Bei Beizung eines Netzhautpunktes klingt infolge der seit fr\u00fchester (Tugend bestehenden Assoziation das betreffende Lokalzeichen, auch wehn die entsprechende Augenbewegung nicht wirklich gemacht wird, immer mit an, und dadurch ist es m\u00f6glich, dafs man die Form kleiner Gegenst\u00e4nde sp\u00e4ter ohne Augenbewegung wahrnehmen kann.\nDas Wiedererkennen eines Gegenstandes geschieht nicht in der Art, dafs alle seine Erkennungspunkte wieder auf dieselben Netzhautpunkte, wie beim ersten Sehen, fallen, denn man erkennt auch den Gegenstand, wenn er gr\u00f6fser oder kleiner ist, oder wenn sein Bild durch \u00c4nderung der Entfernung gr\u00f6fser oder kleiner wahrgenommen wird ; zur Erkl\u00e4rung gen\u00fcgt auch nicht, dafs man annimmt, wir seien von Jugend auf gew\u00f6hnt, parallele Linien zu assoziieren und deshalb die von parallelen Linien begrenzten Formen als gleichartig anzusehen, denn es lassen sich Zerrbilder mit ganz parallelen Linien darstellen, die uns deshalb durchaus nicht gleichartig erscheinen. Es m\u00fcssen vielmehr die Formen mathematisch \u00e4hnlich sein. \u201eWenn wir denselben Erkennungspunkt des Gegenstandes fixieren, so m\u00fcssen bei verschiedenen Gr\u00f6fsen die anderen Erkennungspunkte stets auf dieselben Eadien des Gesichtsfeldes bezw. auf dieselben Meridiane der Netzhaut fallen, und ihre Abst\u00e4nde auf diesen Eadien vom Fixierpunkte m\u00fcssen ein konstantes Verh\u00e4ltnis haben.\u201c","page":96}],"identifier":"lit15052","issued":"1893","language":"de","pages":"93-96","startpages":"93","title":"De Sarlo und Bernhardini: Ricerche sulla circolazione cerebrale. Rivista di Freniatr. XVII, 4, 1891, S. 503\u2013528","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:57:02.486061+00:00"}