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{"created":"2022-01-31T16:57:37.957806+00:00","id":"lit15065","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Hillebrand, Franz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 1-60","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem physiologischen Institute der deutschen Universit\u00e4t zu Prag.)\nDie Stabilit\u00e4t der Raumwerte auf der Netzhaut.\nVon\nDr. Franz Hillebrand,\nPrivatdocenten der Philosophie an der Universit\u00e4t zu Wien.\nI. Vorbemerkungen und Problemstellung.\n\u00a7 1. Zum richtigen Verst\u00e4ndnis der Frage, welcher die folgenden Er\u00f6rterungen gewidmet sind, ist es n\u00f6tig, einige elementare Definitionen und Erfahrungen aus der Lehre von den optischen Raumanschauungen dem Leser ins Ged\u00e4chtnis zur\u00fcckzurufen.\nVor allem mufs unterschieden werden zwischen dem Sehraum mit seinen Relationen und dem wirklichen Raum mit seinen Relationen, und dementsprechend zwischen Sehding und wirklichem Ding (Namen, die ich der Terminologie Herings1 entnehme). Ein quadratisches Objekt kann (in perspektivischer Verk\u00fcrzung) als Trapez erscheinendem krummer Stab bei geeigneter Lage als gerader, eine gr\u00f6fsere Gerade hei geeigneter Entfernung als kleinere und dergleichen mehr. Die Sehdinge sind in diesen Beispielen : ein Trapez, ein gerader Stab, eine vergleichsweise zu einer andern kleinere Gerade etc. Wir k\u00f6nnen statt Sehding ebensogut auch Empfindungsinhalt sagen; denn nichts anderes ist gemeint als das Objekt, wie es sich in der Empfindung selbst darstellt, ganz abgesehen von unserem sonstigen Wissen \u00fcber den betreffenden \u00e4ufseren Gegenstand.\n1 Hering, Lehre vom Raumsinn des Auges in Hermanns Handb. III. Bd. 1. T. pag. 343 ff.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie V.\n1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nFranz Hillebrand.\nDie r\u00e4umlichen Eigenschaften, die wir dem wirklichen Dinge zuschreiben, sind nicht durch den augenblicklichen Em-pfindungsinhalt allein bestimmt, sondern durch diesen im Vereine mit einer Reihe fr\u00fcherer Empfindungen derselben oder verschiedener Gattung, die wir mit ihm in Beziehung setzen \u2014 durch gesetzm\u00e4fsige Erfahrungen (unter Umst\u00e4nden etwa auch durch den Glauben an die Aussagen anderer) und dergleichen mehr. Wenn wir z. B. die Lage eines quadratischen Objektes willk\u00fcrlich \u00e4ndern, so wechselt das Sehding kontinuierlich; dem wirklichen Dinge schreiben wir nichtsdestoweniger eine bestimmte Gestalt zu, die quadratische, weil wir aus der Erfahrung wissen, dafs gerade diese Reihe von Sehdingen nur durch Lage\u00e4nderungen eines quadratischen Dinges hervorgebracht werden kann. Ein bestimmtes Sehding, isoliert betrachtet und sozusagen aus der Kontinuit\u00e4t der Empfindungen herausgerissen, w\u00fcrde uns \u00fcber die r\u00e4umliche Beschaffenheit des wirklichen Dinges keinen eindeutigen Aufschlufs geben; wir gewinnen diesen erst aus einer Vielheit zu einander in Beziehung gesetzter Empfindungen.\nAnmerkung. Man sieht wohl, dafs diese gemeinverst\u00e4ndliche Unterscheidung von jeder metaphysischen Pr\u00e4sumption freigehalten werden kann und dafs man bei dem Ausdruck \u201ewirkliches Ding\u201c noch lange nicht an ein \u201eDing an sich\u201c zu denken braucht. Das \u201ewirkliche Ding\u201c braucht hier nicht anders denn als ein aus reproduzierten Empfindungen konstruiertes Vorstellungsgebilde aufgefafst zu werden; ein Hinausgehen \u00fcber eine blofs ph\u00e4nomenalistische Auffassung ist (wenigstens f\u00fcr die Zwecke dieser Unterscheidung) durchaus nicht notwendig. \u2014 Auf die psychologischen Unterschiede einer Empfindung und eines derartig aufgebauten Vorstellungsgebildes ist hier nicht der Ort n\u00e4her einzugehen,\n\u00a7 2. Eine andere, mehr terminologische Feststellung scheint mir noch zur Vermeidung von Mifs Verst\u00e4ndnissen n\u00f6tig. Sie betrifft die Ausdr\u00fccke \u201eT\u00e4uschung\u201c, \u201eUrteilst\u00e4uschung\u201c u. dergl.\nEinem bestimmten Sehdinge (f\u00fcr sich genommen) k\u00f6nnen im allgemeinen ganz verschiedene wirkliche Dinge entsprechen. Um beim fr\u00fcheren Beispiele zu bleiben, so k\u00f6nnte dem gesehenen Trapez ein wirkliches Trapez von bestimmter Gestalt, Gr\u00f6fse und Lage entsprechen; ebenso aber ein Quadrat von bestimmter Gr\u00f6fse und Lage, ebenso ein bestimmtes Rhomboid u. dergL","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Raumwerte auf der Netzhaut.\n3\nWenn uns bei einer bestimmten Lage das (wirkliche) Quadrat als Trapez erscheint, so ist das Urteil, das \u201ewirkliche\u201c Ding sei ein Trapez, falsch, weil die \u00c4nderungen, welche das Sehding erf\u00e4hrt, nur solcher Art sind, wie sie die Projektion eines Quadrates durchmacht, wenn dessen Lage ge\u00e4ndert wird.\nDieses falsche Urteil kann man \u201eT\u00e4uschung\u201c nennen, im selben Sinne, in dem es eine \u201eT\u00e4uschung\u201c ist, wenn einer meint, er k\u00f6nne ein Spiegelbild mit der Hand fassen.\nDafs eine \u201eT\u00e4uschung\u201c \u00fcber die r\u00e4umliche Beschaffenheit des wirklichen Dinges in noch ganz anderer AVeise hervorgebracht werden kann, d\u00fcrfte aus den sogleich folgenden \u00dcberlegungen hervorgehen.\n\u00a7 3. Der Ort einer Gesichtsempfindung wird im allgemeinen nicht blofs durch die Besonderheit des \u00e4ufseren Reizes (also sozusagen von der Peripherie aus) bestimmt, sondern auch durch die verschiedenartigsten psychischen Motive (also durch centrale Einwirkungen), wohin vor allem die erfaIrrung sm\u00e4f si gen Motive der Lokalisation zu rechnen sind. So ist es m\u00f6glich, dafs z. B. eine perspektivische Zeichnung, namentlich wenn sie kompliziert ist, gar nicht als solche auf-gefafst, sondern einfach als ein in der Ebene des Papieres oder der Tafel liegendes System von Linien gesehen wird. Wer, wie man sagt, die Figur \u201eversteht\u201c, lokalisiert die einzelnen Teile in verschiedene Tiefe; und wenn es sich etwa noch dazu um sogen, inverti erb are Figuren handelt, so kann sogar in jener Tiefenlokalisation ein Wechsel eintreten. Es liefsen sich eine Menge von Beispielen anf\u00fchren, in welchen die Lokalisation, wie sie durch den blofsen Reiz (also peripher) bedingt ist, durch anderweitige \u2014 centrale \u2014 Einfl\u00fcsse Modifikationen erleidet, u. zw. je nach Umst\u00e4nden verschiedene Modifikationen.\nMan hat in solchen F\u00e4llen h\u00e4ufig von einer verschiedenen \u201eBeurteilung\u201c, \u201eAuslegung\u201c, \u201eDeutung\u201c des in der Empfindung Gegebenen gesprochen, indem man sich dabei den Empfindungsinhalt als streng genommen unmodifizierbar dachte und erfahrungsm\u00e4fsige (ja \u00fcberhaupt psychische) Einfl\u00fcsse auf die Lokalisation, wie sie durch den Reiz gegeben ist. nur insofern gelten liefs, als sie sich in einem an die Empfindung gekn\u00fcpften Urteile \u00e4ufsern sollten.\n1*","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nFrans Hillebrand.\nDiese Auffassung scheint mir indessen, wenn sie nicht geradezu unm\u00f6glich ist, doch mindestens den Sachverhalt unn\u00f6tig zu komplizieren:\n1.\tEinmal n\u00e4mlich ist eine derartige Modifikation des Empfindungsinhaltes anschaulich und tritt mit der ganzen Energie eines sinnlichen Eindruckes auf. Der Vorgang tr\u00e4gt einen ganz anderen Charakter an sich als derjenige, bei welchem dem Gegenst\u00e4nde einer Empfindung ein im Inhalt nicht gelegenes Merkmal associativ beigelegt wird, wie etwa wenn ich einem gesehenen Gegenst\u00e4nde infolge fr\u00fcherer Erfahrung einen bestimmten Geschmack beilege; denn jene Geschmacksqualit\u00e4t ist in der That gar nicht anschaulich gegeben.\n2.\tWenn die Erfahrung (oder sonstige psychische Einfl\u00fcsse) einen durch den Heiz bestimmten Inhalt a nicht modifizieren, sondern ihm lediglich ein Urteil anschliefsen soll, welches besagt, das eben Empfundene sei b, so mufs doch dieses Urieil eine Materie haben, und zwar die Materie b. Ein zu b modifiziertes a ist also jedenfalls als Inhalt im Bewufstsein. Wozu soll man nun noch ein aufserdem im Bewufstsein vorhandenes a annehmen, wenn man an dem Inhalt b doch nicht vorbeikommt? Ja noch mehr. Es handelt sich in unserem Falle nicht darum, dafs der durch die Empfindung gegebene Inhalt auf dem Wege des Urteils eine Erg\u00e4nzung erf\u00e4hrt, sondern darum, dafs er modifiziert wird, also Bestimmungen erh\u00e4lt, die seinen urspr\u00fcnglichen widersprechen, wie z. B. wenn eine perspektivische Zeichnung als in die Tiefe sich erstreckend \u201ebeurteiltL\u00a3 wird. Hier m\u00fcfste die Materie des Urteils notwendig widersprechende Bestimmungen enthalten und somit jedes durch die Erfahrung modifizierte Wahrnehmungsurteil eo ipso falsch sein. Die Annahme, dafs die Erfahrung den Sinnesinhalt selbst nicht modifiziere, sondern ihm nur ein mit einer modifizierenden Bestimmung versehenes Urteil anschliefse, ist also nicht nur \u00fcberfl\u00fcssig, sondern unm\u00f6glich.\n3.\tF\u00fcr denjenigen, welcher am psychophysischen Parallelprinzip festh\u00e4lt, ist die Annahme eines durch die Erfahrung (oder andere psychische Einfl\u00fcsse) modifizierten Sinnesinhaltes aufserordentlich einfach und naheliegend. Denn wie die Empfindung selbst, so mufs auch die Erfahrung ein psychophysisches Korrelat besitzen. Was liegt hier n\u00e4her als die Annahme, dafs der psychophysische Vorgang, der einer","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n5\nEmpfindung zu Grunde liegt, nicht durch den Reiz allein, sondern auch durch die Beschaffenheit der psychophysischen Substanz bestimmt wird? Wenn aber fr\u00fchere Erfahrungen \u00fcberhaupt von Einflufs sein sollen, so kann dies physiologisch wohl nicht anders gedacht werden, als in der Weise einer \u00c4nderung der Beschaffenheit der psychophysischen Substanz.\nSo viel um die Ansicht zur\u00fcckzuweisen, dafs Erfahrungen oder sonstige Motive, die man zu den \u201epsychischen\u201c zu rechnen pflegt, einen Sinnesinhalt nicht im eigentlichen Sinne zu modifizieren verm\u00f6chten.1\n\u00a7 4. Die folgende \u00dcberlegung schliefst an das eben Er\u00f6rterte als unmittelbare Konsequenz an.\nDie periphere Erregung ist unter keinen Umst\u00e4nden das Einzige, was die Empfindung bestimmt ; die Beschaffenheit oder Disposition der psychophysischen Substanz kommt offenbar als zweites, ebenso wirksames Moment mit dazu, so dafs gleichen peripheren Erregungen verm\u00f6ge eventueller Ungleichheiten in der Disposition der psychophysischen Substanz ungleiche Empfindungen entsprechen k\u00f6nnen.\nEin solches Zusammenwirken der peripheren Erregung mit der sozusagen centralen Disposition m\u00fcssen wir eben so annehmen beim ersten Sehakte des Neugeborenen wie bei jedem beliebigen Sehakte des Erwachsenen. Die wesentliche Verschiedenheit aber, die zwischen beiden Sehakten besteht, liegt darin, dafs die Disposition der psychophysischen Substanz beim Sehakt des Erwachsenen eine andere ist verm\u00f6ge der \u00c4nderungen, welche durch die Gesichtsempfindungen des vorausgegangenen Lebens gesetzt worden sind. Was speziell die Raumanschauungen betrifft, so werden alle diese \u00c4nderungen im weiteren Sinne als die empirischen Motive der Lokalisation bezeichnet. So lokalisieren wir\n1 Dafs die primitive Empfindung eine Umbildung im eigentlichsten Sinne des Wortes erleiden kann, hat schon Volkmann (Arch. f. Ophthalm. V. Bd. 2. Abtlg. pag. 61 und 67) behauptet. Sp\u00e4ter hat Hering (Hermanns Handb. III. Bd. I. T. pag. 565 ff.) diese Ansicht aus allgemeinen physiologischen Gesichtspunkten entwickelt und besonders (ibid. pag. 568) auf die Unn\u00f6tigkeit der Annahme einer neben der thats\u00e4chlichen An schauung noch vorhandenen \u201ereinen Empfindung\u201c hingewiesen. Vgl. dazu auch die ausf\u00fchrlichen Er\u00f6rterungen St um ms \u00fcber die \u201eVer\u00e4nderung der Empfindung durch Phantasie und Erfahrung\u201c in dessen Buche: \u201elieber den psychologischen Ursprung der BaumvorsteUung\u201c Leipzig 1873, pag. 208 ff.","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nFrans Hillebrand.\nbekannte Gegenst\u00e4nde auch monokular ziemlich richtig in die Tiefe. Der Tiefenwert einer solchen Empfindung ist nicht durch die Besonderheit der peripheren Erregung bestimmt, sondern durch centrale Dispositionen, die ihrerseits hervorgerufen sind durch eine Reihe von Empfindungen desselben Aufsendinges.\nDiese centralen (dispositionellen) Bedingungen scheiden sich nun naturgem\u00e4fs in zwei Arten: in solche, welche immer wirksam sind, gleichg\u00fcltig, welches die periphere Erregung sei, die die neue Empfindung hervorruft, und solche, die nur bei bestimmten peripheren Erregungen zur Wirkung kommen.\nBeispiele werden diese Unterscheidung klar machen.\nDer Akt der Konvergenz, welcher erforderlich ist, um einen leuchtenden Punkt in einem dunklen Raume zu fixiren, bestimmt dessen Tiefe im Sehraume, die durch die periphere Erregung f\u00fcr-sich nicht bestimmt w\u00e4re. Die vom Centrum ausgehende Lokalisation findet immer statt, gleichg\u00fcltig, welcher Art die Erregung sei, die an den Stellen des deutlichsten Sehens auftritt.\nGanz anders, wenn es sich um die (schon beim monokularen Sehen in Betracht kommende) Lokalisation eines bekannten Gegenstandes handelt. In dem Umstande, dafs der Gegenstand bekannt ist, liegt schon eingeschlossen, dafs es sich hier um ein Motiv der Lokalisation handelt, welches nur wirksam ist, wenn die periphere Erregung gewisse Bedingungen erf\u00fcllt. Bei einem Gegenst\u00e4nde, der uns im fr\u00fcheren Leben nie untergekommen ist, w\u00fcrde selbstverst\u00e4ndlich dieses Motiv der Lokalisation nicht auftreten k\u00f6nnen.\nWiederum verh\u00e4lt es sich \u00e4hnlich mit der Lokalisation auf Grund der Perspektive. Ein einzelner Lichtpunkt, eine homogene, das ganze Gesichtsfeld ausf\u00fcllende Fl\u00e4che kann keine perspektivischen Verk\u00fcrzungen zeigen; d. h. wir haben es auch hier wieder mit einem Motiv der Lokalisation zu thun, welches nur dann wirksam wird, wenn die periphere Erregung (oder das Netzhautbild) gewisse Eigenschaften hat.\nDiese letzteren Motive der Lokalisation, die man als Erfahrungsmotive im engeren Sinne bezeichnen kann, lassen sich also im einzelnen Falle ausschliefsen.\nWir wollen die Empfindung, wie sie auftritt, wenn jene Motive nicht wirksam sind, als primitive Empfindung","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\nbezeichnen und ihr diejenige Empfindung, welche entsteht, wenn jene Motive wirksam werden, als modifizierte Empfindung gegen\u00fcberstellen.\nWenn wir \u2014 um ein erl\u00e4uterndes Beispiel beizufugen \u2014 die geraden Linien, aus denen eine perspektivische Zeichnung zusammengesetzt ist, jede einzeln betrachten, so erscheint jede in der Ebene des Papieres; wird die ganze Zeichnung betrachtet, so treten gewisse Linien vor, andere zur\u00fcck, obwohl sich das Netzhautbild (und damit die periphere Erregung) keiner einzigen Linie ge\u00e4ndert hat. Die Empfindung der isoliert betrachteten und in die Ebene des Papieres lokalisierten Linien bezeichnen wir als primitive, die Empfindung derselben Linien, wenn sie im Zusammenhang gesehen und in verschiedene Tiefe lokalisiert werden, als modifizierte Empfindung.\nEs ist aus dem Vorhergehenden klar, dafs der Begriff \u201eprimitive Empfindung\u201c ein relativer ist. Nur mit Bezug auf den Ausschlufs derjenigen, nicht in der peripheren Erregung begr\u00fcndeten, Ursachen der Lokalisation, die sich \u00fcberhaupt ausschliefsen lassen (vgl. oben pag. 6), nennen wir die Empfindung primitiv, und halten uns dabei stets gegenw\u00e4rtig, dafs es auch im fr\u00fcheren Empfindungsleben erworbene Momente giebt (oder geben kann), die wir nicht auszuschliefsen verm\u00f6gen. In diesem Sinne ist also die primitive Empfindung nicht notwendig identisch mit derjenigen, welche etwa der Neugeborene haben w\u00fcrde, wenn sieh auf seiner Netzhaut derselbe Vorgang abspielt, wie beim erwachsenen Individuum.\nNun sieht man aber sofort, dafs eine T\u00e4uschung \u00fcber das \u201ewirkliche Ding\u201c nicht nur (wie in dem Beispiele pag. 2 f.) darauf beruhen kann, dafs eine primitive Empfindung dem wirklichen Dinge nicht entspricht, sondern auch darauf, dafs, w\u00e4hrend die primitive Empfindung dem wirklichen Dinge entsprechen w\u00fcrde, dieselbe solche centrale Modifikationen erleidet, dafs sie nunmehr dem wirklichen Dinge nicht entspricht.\nSo verh\u00e4lt es sich unter anderem mit dem erw\u00e4hnten Beispiele von der perspektivischen Zeichnung. Wenn hier die T\u00e4uschung entsteht, als sei [in der That ein k\u00f6rperliches Objekt vorhanden, so liegt dies lediglich an der centralen Modifikation. W\u00e4re diese nicht vorhanden, sondern tr\u00e4te die","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nFrans Hillebrand.\nprimitive Empfindung ins Bewufstsein, dann w\u00fcrde diese ein ebenes Liniensystem, also das darstellen, was in Wirklichkeit gegeben ist.1 Im Sehding als solchem, d. h. in der Empfindung, wie sie wirklich im Bewufstsein auftritt, ist nat\u00fcrlich kein Hinweis darauf gegeben, ob wir es mit einer primitiven oder einer bereits modifizierten Empfindung zu thun haben; wohl aber kennen wir eine ganze Anzahl von Momenten, welche die Empfindung anders werden lassen, als sie lediglich auf Grund d er Netzh auterregung ausfallen w\u00fcrde.2 Wir sind darum im st\u00e4nde, diese Momente im Experiment auszuschliefsen und so die Empfindung von derartigen Modifikationen zu befreien. In diesem Sinne sind auch die sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnenden Versuche eingerichtet.\nAnmerkung. Um Mifsverst\u00e4ndnissen zu begegnen, m\u00f6chte ich gleich hier erw\u00e4hnen, dafs die obige Scheidung zwischen primitiver und modifizierter Raumempfindung noch keineswegs eine sog. \u201enativistische\u201c Auffassung des r\u00e4umlichen Sehens involviert. Im Begriffe der primitiven Empfindung, wie er oben definiert wurde, hegt noch nicht enthalten, dafs die Qualit\u00e4t von Anfang an r\u00e4umlich bestimmt sei. Auch wenn die r\u00e4umliche Bestimmtheit einer Qualit\u00e4t erst im individuellen Leben erworben w\u00fcrde, bliebe es immer noch richtig, dafs sie durch anderweitige Motive d er Erfahrung modifiziert werden kann.\n1 Wie leicht zu ersehen, kann auch der Fall eintreten, dafs ein Motiv der T\u00e4uschung durch ein anderes zum Teil oder ganz paralysiert wird. Dies geschieht z. B. bei der monokularen Wahrnehmung von Tiefenunterschieden. Die in Wirklichkeit bestehenden Tiefenunterschiede verschwinden bei monokularer Beobachtung, wenn alle Erfahrungsmomente ausgeschlossen sind: sie verschwinden in der primitiven Empfindung, d. h. die primitive Empfindung t\u00e4uscht \u00fcber den wahren Sachverhalt (Herings Eallversuch zeigt dies deutlich). L\u00e4fst man Erfahrungsmomente zur Geltung kommen, indem man z. B. einen Gegenstand den anderen teilweise decken l\u00e4fst, so tritt nicht die primitive (nur durch das Netzhauthild bestimmte), sondern eine central modifizierte Empfindung ins Bewufstsein, und diese kann in Betreff der Tiefenunterschiede mit dem wirklichen Gegenstand \u00fcbereinstimmen. Wir werden im \u00a7 22 ein anderes hieher geh\u00f6riges Beispiel kennen lernen.\n* Es sind dies die sog. erfahrungsm\u00e4fsigen Motive der Lokalisation. wie z. B. teilweise Deckung eines Objektes durch ein anderes, Bekanntschaft mit der wirklichen Gr\u00f6fse eines Objektes, die verschiedene Lichtst\u00e4rke, die Luftperspektive u. dgl. m. Yergl. die ausf\u00fchrliche Er\u00f6rterung Herings in Herrn anns Handb., III. Bd., I. T. pag. 578 ff.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Rawnwerte auf der Netzhaut.\n9\n\u00a7 5. Beim monokularen Sehakt kann bekanntlich eine und dieselbe Heike von Netzhautelementen durch Objekte der verschiedensten Entfernung und Lage gereizt werden, oder \u2014 um mich auf den einfachsten Fall zu beziehen \u2014 ein bestimmtes Netzhautelement kann durch einen beliebigen Licht aussendenden Punkt gereizt werden, falls derselbe nur auf der Richtungslinie des betreffenden Elementes gelegen ist und die von ihm ausgehenden Lichtstrahlen sich auf der Netzhaut vereinigen. Im Reize geht also von den drei r\u00e4umlichen Variablen des Auf'sen-punktes eine verloren. Der Reiz bestimmt die Empfindung nur nach zwei Dimensionen. In welche Entfernung das Empfundene lokalisiert wird, h\u00e4ngt ganz von den zuf\u00e4llig wirksamen Erfahrungsmomenten ab und ist demnach durchaus variabel. So sehe ich (monokular) drei vertikale Kokonf\u00e4den, die vor einem Schirm in verschiedener Entfernung vom Auge aufgeh\u00e4ngt und deren obere und untere Enden durch Vorgesetzte Kartonbl\u00e4tter verdeckt sind, in der Regel auf der Ebene des Schirmes, dessen Lage mir aus fr\u00fcherer Anschauung bekannt ist. Werden die F\u00e4den erheblich gen\u00e4hert, so sehe ich die F\u00e4den manchmal vor dem Schirm, aber im allgemeinen in einer Ebene oder wenig von derselben abweichend. Etwaige Details am Schirm k\u00f6nnen n\u00e4mlich das Vortreten der F\u00e4den deutlicher machen, weil sie verschwommen erscheinen, wenn sich die F\u00e4den scharf abbilden u. dergl. m. Kurz, die vom Reize aus sozusagen leer gelassene Stelle der dritten r\u00e4umlichen Variablen kann durch alle m\u00f6glichen Erfahrungsmomente ausgef\u00fcllt werden. Man kann die monokulare Tiefenlokalisation \u201eunbestimmt\u201c nennen; nicht zwar in dem Sinne, als bes\u00e4fse die Empfindung in jedem Momente eine unbestimmte Tiefe \u2014 denn dies w\u00fcrde so viel heifsen, als der Empfindung die Tiefenbestimmtheit \u00fcberhaupt absprechen, was nicht angeht; wohl aber in dem Sinne, dafs die Empfindung nicht vom Reize aus nach der dritten Dimension bestimmt ist, sondern diese Bestimmtheit erst durch ganz variable psychische Veranlassungen erh\u00e4lt und dem-gem\u00e4fs auch ihrerseits von einem Moment zum andern wechseln kann. \u201eIn Bezug auf die Tiefe unbestimmt lokalisiert sein\u201c heilst also hier nichts anderes als: von variabler Tiefenbestimmtheit sein infolge des Mangels einer im Reize begr\u00fcndeten Bestimmung nach der Tiefe.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nFranz Hillebrand,\n\u00a7 6. Anders verh\u00e4lt sich\u2019s bekanntlich beim binokularen Sehakt.\nHier erscheint alles binokular und einfach Gesehene vor, in oder hinter derjenigen Ebene, welche man sich durch den fixierten Punkt parallel mit der Frontalebene gelegt denken kann. Die Ebene, in welche alle binokular und einfach gesehenen Punkte, die weder vor noch hinter dem fixierten Punkte erscheinen, lokalisiert werden, m\u00f6ge nach Herings Terminologie die Kern fl\u00e4che, der fixierte Punkt der Kernpunkt des Sehraumes genannt werden. Bezeichnen wir die Tiefenwerte aller andern Punkte, je nachdem sie vor oder hinter der Kernfl\u00e4che gesehen werden, als positiv resp. negativ, so k\u00f6nnen wir die Kernfl\u00e4che auch als den geometrischen Ort aller Sehpunkte vom Tiefenwerte 0 definieren.\nDie Lokalisation des Kernpunktes (und damit der Kernfl\u00e4che) in den Sehraum ist bekanntlich vom Beize aus nicht bestimmt. Ob ein binokular fixierter Punkt n\u00e4her oder ferner liegt, immer liegt sein Bild auf den Netzhauteentren. Ein Unterschied besteht nur in der Konvergenz; diese aber giebt keinen eindeutigen Hinweis auf die Tiefenlage des Sehpunktes. Die Lokalisation des Kernpunktes und der Kernfl\u00e4che h\u00e4ngt ab von Motiven, die nicht in der peripheren Erregung begr\u00fcndet sind (die uns hier nicht weiter zu besch\u00e4ftigen haben), und ist, da diese variabel sind, ebenfalls eine wechselnde.\nNat\u00fcrlich \u00e4ndert sich nach Mafsgabe der variablen Entfernung des Kernpunktes und der Kernfl\u00e4che auch die Distanz zweier in der Kernfl\u00e4che gelegenen Punkte ; sie ist \u2014 bei Gleichheit der Netzhautbilder \u2014 gr\u00f6fser, wenn die Entfernung der Kernfl\u00e4che gr\u00f6fser ist, wie dies beispielsweise die bekannten Versuche \u00fcber die Gr\u00f6fse von Nachbildern zeigen.\n\u00a7 7. Anders verh\u00e4lt es sich bekanntlich mit der Lokalisation der nicht in der Kernfl\u00e4che erscheinenden Sehdinge in Bezug auf diese. Wenn alle Erfahrungsmotive ausgeschlossen sind, so sind doch im binokularen Seliakte selbst bereits die Ursachen gegeben, welche ein Sehding vor, in oder hinter der Kernfl\u00e4che erscheinen lassen. Sie beruhen auf der Verschiedenheit der Lage der beiden Netzhautbilder, welche von einem Objekte erzeugt werden. Soll der einem Aufsenpunkte entsprechende Sehpunkt in die Kernfl\u00e4che lokalisiert werden, so m\u00fcssen die Bichtungslinien des Aufsenpunktes zwei bestimmte","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Emmwerte auf der Netzhaut.\n11\nNetzhautpunkte, a und treffen, die man als identische Punkte bezeichnet. Trifft die eine Richtungslinie eines Punktes auf a, die andere aber nicht auf a', sondern auf a\", so wird der Punkt, falls die Entfernung von a' und a\" eine gewisse Grenze nicht; \u00fcberschreitet, noch einfach gesehen ; falls diese Grenze \u00fcberschritten wird, zerf\u00e4llt er in Doppelbilder. Letzterenfalls kann entweder das links gelegene Halbbild dem linken Auge zugeh\u00f6ren, das rechts gelegene dem rechten \u2014 gleichseitige oder ungekreuzte Doppelbilder, \u2014oder aber das links gelegene dem rechten Auge, und das rechts gelegene dem linken\nungleichseitige oder gekreuzte Doppelbilder. \u2014 (Im einzelnen Falle \u00fcberzeugt man sich durch abwechselndes Schliefsen des einen und andern Auges leicht, welche Art von Doppelbildern vorliegt.) Mit Bezug auf die gekreuzten oder ungekreuzten Doppelbilder spricht man dann auch von gekreuzter (ungleichseitiger) oder ungekreuzt er (gleichseitiger) Disparation; und zwar auch dann, wenn die Disparation nicht so grofs ist, dafs Doppelbilder entstehen, sondern wenn das Objekt noch einfach gesehen wird.\nTreffen die Richtungslinien eines Aufsenpunktes disparate Netzhautstellen, so erscheint der entsprechende Sehpunkt nicht in der Kernfl\u00e4che, sondern er erscheint vor der Kernfl\u00e4che bei gekreuzter Disparation, hinter der Kernfl\u00e4che bei un-gekreuzter Disparation.\nAuf der Disparation der Netzhautbilder beruht also die binokulare Stereoskopie.\n! Es ist auch ersichtlich, dafs durch die Verschmelzung dis-parater Punkte schon die primitive Empfindung jene Variabilit\u00e4t nach der dritten Dimension erh\u00e4lt (oder wenigstens erhalten kann), welche wir beim monokularen Sehakt vermifsten. Denn w\u00e4hrend das Bild eines Punktes auf einer Netzhaut nur nach zwei Dimensionen variabel sein kann, liegt (beim binokularen Sehen) in dem Umstand, dafs das Punktbild auf der einen N etzhaut mit verschiedenen Punktbildern der andern Netzhaut verschmelzen kann, die M\u00f6glichkeit einer dritten Variabilit\u00e4t. Beim binokularen Sehakt ist also schon die primitive Empfindung nach drei Dimensionen variabel.\nDiese im Reize begr\u00fcndete und daher schon in der primitiven Empfindung gelegene Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che kann auch, da sie auf der Disparation der Netzhaut-","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nFranz Hillebrand.\nbilder beruht, als disparative Tiefenlokalisation bezeichnet werden. \u201eDisparative Tiefenlokalisation\u201c und \u201eLokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che\u201c sind also zwei Namen f\u00fcr dasselbe Ding. Streng davon zu trennen ist, wie schon erw\u00e4hnt, die Tiefenlokalisation der Kernfl\u00e4che selbst und ebenso die Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che dann, wenn sie durch empirische Momente und nicht blofs durch die Disparation der Netzhautbilder bestimmt wird.\n\u00a7 8. \"Wenn die Punkte a der einen und a' der andern Netzhaut einander so zugeordnet sind, dafs der ihnen entsprechende Sehpunkt in die Kernfl\u00e4che lokalisiert wird, so sagen wir : das Punktepaar aa' hat nur Breiten- und H\u00f6henwert (keinen Tiefenwert in Bezug auf die Kernfl\u00e4che), indem wir in \u00fcbertragenem Sinne den Netzhautpunkten selbst Kaumwerte zuschreiben.1 Den disparaten Punkten a und a\" entspricht dagegen ein hinter oder vor die Kernfl\u00e4che lokalisierter Sehpunkt. In diesem Palle sagen wir: das Punktepaar aa\" hat einen Breiten-, H\u00f6hen- und Tiefenwert.\nMan sieht nun aber sofort, dafs hier zwei F\u00e4lle m\u00f6glich sind: entweder dem Punkte a geh\u00f6rt immer und unter allen Umst\u00e4nden nur der Punkt a' in der Weise zu, dafs der entsprechende Sehpunkt in der Kernfl\u00e4ehe liegt (den Tiefenwert o besitzt); oder aber dem Punkte a geh\u00f6rt ein Mal a', unter andern Umst\u00e4nden d\", a'\".. . . in der eben bezeichneten Weise zu. Ersterenfalls ist der Raumwert des Punktepaares a a' ein konstanter und nach Breite und H\u00f6he nur insofern variabel, als die Lokalisation der Kernfl\u00e4ehe selbst variabel ist. Der Raumwert von a a\u2018 variiert dann nur proportional der Lokalisation der Kernfl\u00e4che selbst, ist aber in Bezug auf diese stabil. Gilt hingegen der zweite Teil der oben gestellten Alternative, so ist der Raumwert von aa' auch in Bezug auf die Kernfl\u00e4che variabel. Denn in allen F\u00e4llen, wo aa\u2018\\ aa\"'. . . . in die Kernfl\u00e4che lokalisiert wird, erh\u00e4lt aa' einen gewissen Tiefenwert.\nDie Frage ist also: Sind f\u00fcr die F\u00e4lle des binokularen\n1 Diese von Hering (vergl. \u201eDie Gesetze der binokularen Tiefenwahrnehmung\u201c in Reicherts und Du Bois\u2019 Archiv, 1865, pag. 154) eingef\u00fchrte Ausdrucksweise w\u00fcrde die Annahme nicht ausschliefsen, dafs den einzelnen Punkten nur Lokalzeichen eigen sind, an welche erst Kaumvorstellungen associiert werden; sie pr\u00e4judiziert also nicht f\u00fcr eine sogenannte nativistische Auffassung.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Maumwerte auf der Netzhaut.\n13\nEinfachsehens die Raumwerte schon auf der Doppelnetzhaut stabilisiert oder nicht?\nDer Entscheidung dieser Frage sind die folgenden Untersuchungen gewidmet.\n\u00a7 9. In der Geschichte der physiologischen Optik sind beide Ansichten vertreten. Die alte \u201eProjektionstheorie\u201c besagte, dafs ein Objekt dort gesehen werde, wo sich seine beiden Richtungslinien schneiden, dafs also die primitive Empfindung eine mit der Wirklichkeit \u00fcbereinstimmende Lokalisation besitze. Es ist leicht zu zeigen (und wir werden in der Folge noch ausf\u00fchrlicher darauf zu sprechen kommen), dafs diese Ansicht eine Variabilit\u00e4t der Raumwerte involviert. Gesetzt n\u00e4mlich, die Gesichtslinien bef\u00e4nden sich in symmetrischer Konvergenz, so treffen die Richtungslinien irgend eines in der (wirklichen) Ebene des Fixationspunktes gelegenen Punktes1 z. B. auf die beiden Netzhautpunkte a und af. Nun entferne sich der Fixationspunkt in der Medianebene. Zieht man jetzt die zu den Punkten a und a\u2018 geh\u00f6rigen Richtungslinien, so schneiden sich dieselben in einem Punkte, der nicht mehr in der Ebene des neuen Fixationspunktes liegt; ja es giebt in dieser Ebene \u00fcberhaupt keinen Punkt, dessen Richtungslinien wieder auf a und a' treffen; trifft die eine Richtungslinie eines in der genannten Ebene gelegenen Punktes auf a, so kann die andere nicht auf a! treffen, trifft die eine auf a', so kann die andere nicht auf a treffen. Es w\u00e4re also mtr unter Voraussetzung variabler Raumwerte der Netzhaut m\u00f6glich, dafs den in der Ebene des Fixationspunktes gelegenen wirklichen Punkten auch immer in der Kernfl\u00e4che gelegene Sehpunkte entsprechen, mit andern Worten, dafs immer richtig (mit der Wirklichkeit \u00fcbereinstimmend) lokalisiert wird.\nDer Projektionstheorie steht das von Hering aufgestellte Gesetz der identischen Sehrichtungen extrem gegen\u00fcber. Denn diesem zufolge h\u00e4ngt die Lokalisation eines Punktes nicht vom Schnittpunkt der Richtungslinien ab, sondern von den Raumwerten der beiden getroffenen Netzhautpunkte. Geh\u00f6ren zwei Netzhautpunkte so zusammen, dafs der entsprechende Sehpunkt in der Kernfl\u00e4che des Sehraumes liegt, so ist es nach Herings\n1 Hier und in der Folge wird unter \u201eEbene des Fixationspunktes\u201c diejenige durch den Fixationspunkt gelegte Ebene verstanden, welche zur Frontalebene parallel ist.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nFrans Hillebrand.\nAnsicht gleichg\u00fcltig, welche Lage im Raum derjenige wirkliche Punkt hat, in welchem sich die den beiden (identischen) Netzhautpunkten entsprechenden Richtungslinien schneiden.\n\u00a7 10. Da die Frage nach der Stabilit\u00e4t oder Variabilit\u00e4t der Raumwerte (in der angegebenen Bedeutung) nur dann einen Sinn hat, wenn es sich um die primitiven Empfindungen handelt, so sind nat\u00fcrlich alle Erfahrungsmomente, welche die Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che beeinflussen k\u00f6nnen, im Experimente auszuschliefsen. Erfahrungsmomente, welche auf die Lokalisation der Kernfl\u00e4che selbst wirken, sind einerseits \u00fcberhaupt nicht ausschliefsbar, andererseits sind sie aber f\u00fcr die vorliegende Untersuchung g\u00e4nzlich irrelevant. Denn nicht darauf kommt es an, wohin die Kernfl\u00e4che lokalisiert wird, sondern darauf, ob ein gewisses Sehding vor, in oder hinter die Kernfl\u00e4che lokalisiert wird.\n\u00a7 11. Behufs genauerer Formulierung der Frage nach Stabilit\u00e4t oder Variabilit\u00e4t der Raumwerte auf der Doppelnetzhaut sollen einige weitere Definitionen vorausgeschickt werden.\nDenken wir uns bei Prim\u00e4rstellung der Augen eine auf der Gesichtslinie senkrechte, zur Medianebene parallele und durch den mittleren Knotenpunkt gehende Gerade, so l\u00e4fst sich durch diese Gerade eine Schaar von Ebenen legen, welche die Netzhaut in einer Schaar von Linien schneiden. Diese Schnittlinien heifsen L\u00e4ngsschnitte.\nDenken wir uns weiter eine wiederum auf der Gesichtslinie senkrechte, durch den mittleren Knotenpunkt gehende, aber in der Blickebene liegende Gerade, so kann durch diese Gerade wieder eine Schaar von Ebenen gelegt werden, welche die Netzhaut in einer Schaar von Linien schneidet, die wir als Querschnitte bezeichnen.\nDen durch die Stelle des deutlichsten Sehens gehenden L\u00e4ngs- und Querschnitt bezeichnen wir als mittleren L\u00e4ngs-bezw. Querschnitt.\nEine Linie, die sich auf den beiden mittleren L\u00e4ngsschnitten abbildet, erscheint in der Kernfl\u00e4che. Ebenso geh\u00f6rt aber auch jedem anderen L\u00e4ngsschnitt des einen Auges ein L\u00e4ngsschnitt des anderen Auges so zu, dafs eine auf beiden sich abbildende Linie in der Kernfl\u00e4che erscheint. Ein solches Paar von L\u00e4ngsschnitten bezeichnet man als identische oder korrespon-","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Bk Stabilit\u00e4t der Eaumwerte auf der Netzhaut.\n15\nd ie r e nd e L\u00e4ngsschnitte. Die Gesamtheit der im Aufsenraum befindlichen Linien, die sich auf identischen L\u00e4ngsschnitten abbilden, heilst der L \u00e4ngshoropter oder Y ertikalh or opter.\nEbenso geh\u00f6rt jedem Querschnitte der einen Netzhaut ein Querschnitt der andern Netzhaut so zu, dafs eine auf beiden sich abbildende Linie in der Kernfl\u00e4che erscheint. Ein solches Paar von Querschnitten bezeichnet man als identische oder korrespondierende Querschnitte. Die Gesammtheit der im Aufsenraume gelegenen Linien, die sich auf identischen Querschnitten abbilden, heifst Quer horopter oder Horizontalhoropter.\nNetzhautpunkte, welche identischen L\u00e4ngsschnitten angeh\u00f6ren, aber nicht auf identischen Querschnitten liegen, heifsen 1 \u00e4ngsdisparate, vertikaldisparate oder h\u00f6hendisparate Punkte. Netzhautpunkte, welche identischen Querschnitten angeh\u00f6ren, aber nicht auf identischen L\u00e4ngsschnitten liegen, heifsen querdisparate oder horizontaldisparate Punkte. Spricht man schlechtweg von identischen Punkten, so meint man damit Punkte, die sowohl auf identischen L\u00e4ngsschnitten als auch identischen Querschnitten liegen.\nEs ist weiter bekannt, dafs nicht nur identischen, sondern auch disparaten Punkten einfache Empfindungen entsprechen, letzteres dann, wenn die Disparation gewisse enge Grenzen nicht \u00fcberschreitet; oder, um dies kurz auszudr\u00fccken: der Punkt a der einen Netzhaut \u201everschmilzt\u201c nicht nur mit a! der anderen, sondern auch mit einem engen Bezirk von Punkten, die um a' herumliegen (Pantjms \u201ekorrespondirendem Empfindungskreis\u201c). Wie erw\u00e4hnt, erscheint ein Punkt, der querdisparaten Netzhautstellen entspricht, vor oder hinter der Kernfl\u00e4che.\nNach dieser Auseinandersetzung wird es sich erkl\u00e4ren, dafs die Frage nach der Stabilit\u00e4t der Kaumwerte sich schon von vornherein in zwei Fragen teilen l\u00e4fst.\nWenn n\u00e4mlich dem Punkte a der einen Netzhaut nicht immer a' der anderen Netzhaut so zugeh\u00f6rt, dafs die Empfindung in der Kernfl\u00e4che liegt, sondern wenn unter Umst\u00e4nden a\u201c diese Bedingung erf\u00fcllt, so ist es von vornherein ebensowohl m\u00f6glich, dafs dieses a\u00b0 im selben Querschnitt, aber in anderem L\u00e4ngsschnitt, als auch, dafs es im selben L\u00e4ngsschnitt, aber anderem Querschnitt liegt, oder kurz gesagt: a\" kann querdisparat und es kann l\u00e4ngsdisparat liegen. Wenn aber gefragt","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nFranz Hitt\u00e9brand.\nwird, ob der Raumwert des Punktepaares aa\u2018 stabil oder variabel sei, so kann das letztere von vornherein in zweifacher Weise gedacht werden: die Variabilit\u00e4t kann eine querdisparative, eine l\u00e4ngsdisparative oder nat\u00fcrlich beides zugleich sein. Dafs die Frage nach Stabilit\u00e4t oder Variabilit\u00e4t in Bezug auf l\u00e4ngsdisparate Punkte thats\u00e4chlich wegf\u00e4llt, werden erst sp\u00e4tere Untersuchungen zeigen. Vorerst werden wir die Frage nach Stabilit\u00e4t bezw. Variabilit\u00e4t in Bezug auf blofs querdispara t e Netzhautbilder behandeln.\nII. Die Querdisparation und ihr Verh\u00e4ltnis zur Lokalisation in die Tiefe.\n\u00a7 12. Da f\u00fcr die Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che vor allem das Erfahrungsmoment der perspektivischen Vergr\u00f6fserung oder Verkleinerung des Bildes st\u00f6rend sein kann, so wurden in allen folgenden Versuchen Objekte von so geringer Gr\u00f6fse verwendet, dafs die Gr\u00f6fsen\u00e4nderung des Bildes innerhalb des hier in Frage kommenden Intervalles unter der Merklichkeitsgrenze lag. Wo es (wie in den meisten F\u00e4llen) auf lineare Objekte ankam, wurden Kokonf\u00e4den benutzt, deren Enden nicht sichtbar waren. Aufserdem wurde (wo nicht eigens das Gegenteil angegeben ist) ein mit einem rechteckigen Ausschnitt versehener Schirm so vor die Augen gesetzt, dafs aufser den F\u00e4den (oder Punkten) und dem dahinter befindlichen Schirme keine anderen Objekte gesehen werden konnten.\n\u00dcberdies wurde, wo nicht eigens das Gegenteil angegeben ist, mit fixierendem Blicke und ausnahmslos mit symmetrischer Konvergenz beobachtet.\n\u00a7 13. Bei den folgenden Versuchen handelt es sich, wie oben bemerkt, darum, blofs Querdisparationen in Frage kommen zu lassen (also die L\u00e4ngsdisparationen auszuschliefsen). Ich habe zu diesem Zwecke drei vertikale Kokonf\u00e4den ohne unterscheidbare Merkpunkte benutzt. Dieselben waren je an einem B\u00fcgel befestigt und die B\u00fcgel in den Schlitzen einer Metallplatte verschiebbar. Zwischen die vertikalen St\u00fccke der B\u00fcgel und die Kokonf\u00e4den wurde ein gleichm\u00e4fsig schwarzer Schirm gestellt, zwischen die F\u00e4den und die Augen ein Karton mit einem rechteckigen Fenster. Der Kopf wurde durch einen Kopfhalter","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n17\nfixiert. Der Schlitz, in welchem der B\u00fcgel mit dem Mittelfaden verschiebbar war, stand genau in der Medianebene.\n\u00a7 14. Stellt man nun die beiden seitlichen F\u00e4den so, dals sie gleichen Abstand von der Frontalebene haben (und \u00fcberdies \u2014 worauf es hier weniger ankommt \u2014 auch von der Medianebene gleichweit entfernt sind) und versucht bei fortw\u00e4hrend symmetrischer Konvergenz den Mittelfaden so z\u00fc stellen, dafs er in der Ebene der Seitenf\u00e4den erscheint, so zeigt sich, dafs er in Wirklichkeit hinter der Ebene der Seitenf\u00e4den zu liegen kommt, wenn das Fadensystem, dem Auge des Beobachters sehr nahe liegt, und zwar um so weiter hinter der Ebene, je n\u00e4her es ihm liegt.1 * * * Macht man den analogen Versuch mit einem fernergelegenen Fadensystem, also z. B. bei einer Distanz von 2 m (wobei nat\u00fcrlich entsprechend dickere F\u00e4den benutzt werden m\u00fcssen), so mufs der Mittelfaden, um in der Ebene der Seitenf\u00e4den zu erscheinen, in Wirklichkeit dem Beobachter n\u00e4her stehen. Die Fl\u00e4che, in der die F\u00e4den liegen, mufs also in ersterem Falle in Wirklichkeit gegen den Beobachter konkav sein, im letzteren Falle konvex. Kehrt man denVersuch um, indem man die F\u00e4den thats\u00e4chlich in eine Ebene bringt, so \u25a0erscheinen sie, in der N\u00e4he gesehen, in einer konvexen Fl\u00e4che, aus der Ferne in einer konkaven. In einem gewissen Distanzintervalle erscheinen die F\u00e4den in einer Ebene, wenn sie wirklich in einer Ebene liegen.\nBezeichnet man in der \u00fcblichen AVeise die Gesamtheit derjenigen im Aufsenraum befindlichen Punkte, welche sich \u25a0ohne Querdisparation abbilden, d. h. deren Bilder auf identische L\u00e4ngsschnitte fallen, als L\u00e4ngshoropter, so kann man die -eben beschriebene Erscheinung auch so ausdr\u00fccken: der L\u00e4ngshoropter ist nur bei einer bestimmten Entfernung oder bei einem bestimmten Intervall von Entfernungen eine Ebene, \u2022diesseits dieses Intervalles ist er eine gegen den Beobachter konkave, jenseits desselben eine gegen den Beobachter konvexe Fl\u00e4che.\nDer obige, wie erw\u00e4hnt von Hering und Helmholtz in \u00fcbereinstimmender AVeise beschriebene, A7ersuch hat durch\n1 Vgl. Hering, \u201eBeitr\u00e4ge zur Physiologie\", V. Heft, pag. 298; ebeno\nin Herman ns Handbuch, III. Bel. I. T. pag. 401, und Helmholtz, Physiol.\nOpt. pag. 664.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie V.","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nFran- Hillebrand.\nHelmholtz eine Interpretation erfahren, welche die Variabilit\u00e4t der Raumwerke auf der Netzhaut zur notwendigen Voraussetzunghat, wie wir in der Folge sehen werden.\n\u00a7 15. Ehe ich auf die HELMHOLTZsche Erkl\u00e4rung und einige andere damit zusammenh\u00e4ngende Anschauungen dieses Forschers \u00fcber die binokulare Tiefenlokalisation eingehe, werde ich zu zeigen versuchen, wie jener Versuch unter Voraussetzung stabiler Ramnwerte erkl\u00e4rt werden kann, ohne vorl\u00e4ufig deren Stabilit\u00e4t zu behaupten.\nDenken wir uns zun\u00e4chst, zwei Punke m und in' (vergl. Fig. 1) der mittleren Querschnitte der beiden Netzh\u00e4ute1 h\u00e4tten\ndann den Tiefenwert = o, wenn die entsprechenden Richtungslinien m M und ni' M mit den Gesichtslinien p P und // P gleiche \"Winkel einschliefsen und der eine Punkt auf der Nasal-, der andere auf der Temporalh\u00e4lfte der Netzhaut liegt. In diesem Falle w\u00e4re, wie eine elementare geometrische \u00dcberlegung lehrt, der geometrische Ort aller in die Kernfl\u00e4che lokalisierten Punkte eine Kreislinie, die durch die beiden mittleren Knotenpunkte (K und K') und durch den fixierten Punkt (P) geht (der sogenannte M\u00fcLLERsche Horopter kreis). Der Radius dieses Kreises w\u00fcrde dann um so gr\u00f6fser, also die Kr\u00fcmmung jedes Bogenelementes um so schw\u00e4cher sein, je weiter der fixierte Punkt vom Beobachter entfernt liegt. Der Grenzfall w\u00e4re eine gerade Linie.\nAuf den obigen Versuch angewendet, m\u00fcfsten die F\u00e4den, stets in einer konkaven Fl\u00e4che liegen, um in einer Ebene\n1 Die Punkte sollen deshalb auf den mittleren Querschnitten liegenr weil u. a. hier ein Fall gegeben ist, in welchem keine H\u00f6hendisparatiom stattfindet.\nP\nFig. 1.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Raumwerte auf der Netzhaut.\n19\ngesehen zu werden. Die Konkavit\u00e4t w\u00fcrde schw\u00e4cher werden mit der Entfernung des Fadensystems vom Beobachter. Theoretisch w\u00fcrde sie erst in unendlicher Entfernung ganz aufh\u00f6ren, niemals aber in Konvexit\u00e4t Umschlagen.\n\u00a7 16. Nehmen wir nun aber den Fall an, das Punktepaar aa' m\u00fcfste, um den Tiefenwert = o zu haben, so gelegen sein, dais die Winkel, welche die beiden Kichtungslinien mit den zugeh\u00f6rigen Gesichtslinien einschliefsen, ungleich sind, und zwar so, dafs der nasale Winkel gr\u00f6fser w\u00e4re als der temporale, so l\u00e4fst sich leicht zeigen, dafs die Fl\u00e4che, in der die Aussen-punkte liegen m\u00fcssen, damit die Sehfl\u00e4che eine Ebene bleibe, in der N\u00e4he konkav, in der Ferne konvex und nur in einer bestimmten mittleren Entfernung eben sein m\u00fcfste.\nUm dies deutlich zu machen, brauchen wir nur von dem Falle auszugehen, in welchem die wirkliche Ebene auch als Ebene erscheint, und einen (der Einfachheit wegen in der Blickebene befindlichen) Punkt herauszugreifen. Dieser Punkt befinde sich z. B. rdhhts vom Fixationspunkt. Seine Richtungslinie f\u00fcr das rechte Auge schliefst mit der Gesichtslinie des rechten Auges einen gr\u00f6fseren Winkel ein als die Richtungslinie f\u00fcr das linke Auge mit der Gesichtslinie dieses Auges einschliefst; oder, um mich eines k\u00fcrzeren Ausdruckes zu bedienen: der Gesichtswinkel des rechten Auges ist gr\u00f6fser als der des linken.\nSind nun die Raumwerte stabil (von welcher Annahme wir ausgingen), so brauchen wir blofs die beiden Gesichtswinkel konstant zu lassen und beide Gesichtslinien beliebig, aber symmetrisch, um die Knotenpunkte zu drehen : der Schnittpunkt der beiden Richtungslinien wird uns immer den wirklichen Ort eines in der Kernfl\u00e4che gesehenen Punktes geben.\nAnalytisch l\u00e4fst sich feststellen, dafs, w\u00e4hrend der Fixationspunkt aut' der Medianlinie wandert, der Schnittpunkt zweier Richtungslinien, die mit ihren bez\u00fcglichen Gesichtslinien konstante, aber untereinander ungleiche Winkel einschliefsen, auf einer Hyperbel sich bewegen mufs. Ist g die halbe Basallinie, sind \u00ab und \u00df die beiden von je einer Gesichtsund Richtungslinie eingeschlossenen Winkel, macht man ferner die Basa Hin ie zur Abscissenaxe und ihren Mittelpunkt zum Anfangspunkt eines rechtwinkeligen Koordinatensystems, so lautet die Gleichung der obigen Hyperbel:\nx\u20191 \u2014 y- -f- 2 r g cot (\u00ab + \u00df) \u2014 (f.","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nFranz Hillebrand.\nZu jedem Punkte der Medianlinie geh\u00f6rt ein bestimmter Punkt der: Hyperbel. Heilst die Ordinate eines bestimmten Punktes der Median-, linie xt, die Ordinate des dazugeh\u00f6rigen Hyperbelpunktes xs, so l\u00e4fst sich zeigen, dafs zwischen .und :r, folgende Relation besteht :\n= cos \u00ab cos \u00df _ (a?i \u2014 g tg a) {xl + g tg ft) _\n2\t. ..\t/ CI -------- \u00df\\ / U 4- \u00df\\ 1\nsm (\u00ab \u2014 \u00df)\t\u2014 g tg \u2014(*, + (J tg )\nworaus sich ergiebt, dafs x., \u2014 > und <:' als werden kann.\nDie folgenden Figuren dienen zur Veranschaulichung' s\u00e4mtlicher m\u00f6glichen Lagen dieses Schnittpunktes.\nEs seien (Figg. 2,3 u. 4) 0 A\tC\tB und O' die mittleren Knoten-\npunkte der beiden Augen, A, B und G drei in der Blickebene befindliche Punkte, der fixierte Punkt C liege in der Medianlinie, A und B symmetrisch zu dieser. Fig. 2 m\u00f6ge den Fall darstellen, in welchem die drei Punkte in einer vertikalen Ebd\u00eere liegen und auch-in einer Ebene gesehen werden. Die Bichtungslinien von A und B f\u00fcr das linke Auge (A 0 und B 0) schliefsen mit der Gesichtslinie dieses Auges (C 0) die Winkel \u00ab und \u00df ein, und Analoges gilt f\u00fcr das rechte Auge. Wie man sieht, ist a <C \u00df. Nun r\u00fccke (Fig. 3) der Fixationspunkt C demBeobachterin der Medianlinie n\u00e4her. Zieht man nun zwei Paare von Bichtungslinien (A 0, B 0 und A O', B O'), welche mit den Gesichtslinien wieder die Winkel a und \u00df einschliefsen, so liegen die Schnittpunkte der Richtungslinien (A und B) der Frontal ebene des Beobachters n\u00e4her","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Eaumwerte auf der Netzhaut.\n21\nals der Punkt 0. In Fig. 3 sind, da die Winkel \u00ab und \u00df sich nicht ge\u00e4ndert haben, dieselben Netzhautpunkte gereizt, wie in Fig. 2. Sind nun, wie wir voraussetzten, die Raum-werte stabil, so m\u00fcssen die drei Punkte, da sie im ersten Falle in einer Ebene gesehen werden, aucb im zweiten Falle in einer Ebene erscheinen.\nFig. 4.\nIn Fig. 4 ist der Fixationspunkt G weiter vom Beobachter entfernt, als in Fig. 2, die Richtungslinien aber wieder so gezogen, dafs sie mit den Gesichtslinien die Winkel u und \u00df einschliefsen. Man sieht, dafs dann die Schnittpunkte A und B ferner liegen als der Fixationspunkt. Wieder aber m\u00fcssen \u2014 unter Voraussetzung stabiler Raumwerte \u2014 die drei Sehpunkte in einer (mit der Frontalebene parallelen) Ebene liegen, w\u00e4hrend die wirklichen Punkte einer gegen den Beobachter konvexen Fl\u00e4che angeh\u00f6ren.","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nFranz HiUebrmul.\nMan sieht also, dafs unter Voraussetzung der Stabilit\u00e4t der Raumwerte das Ph\u00e4nomen erkl\u00e4rt werden kann, dafs fernliegende Punkte in einer konvexen, naheliegende in einer konkaven Fl\u00e4che liegen m\u00fcssen, wenn sie in einer Ebene gesehen werden sollen.\nEinstweilen gen\u00fcge es, wenigstens die M\u00f6glichkeit der Erkl\u00e4rung jenes Ph\u00e4nomens bei stabilen Raum werten dargethan zu haben. Dafs diese Erkl\u00e4rung die richtige sei, ist vorl\u00e4ufig noch nicht gesagt.\n\u00a7 17. Wie schon fr\u00fcher bemerkt, hat Helmholtz die Erscheinung in einer Weise zu erkl\u00e4ren versucht, welche die Stabilit\u00e4t der Eaumwerte ausschliefst. Nachdem er das Ph\u00e4nomen beschrieben und aus seinen Versuchen einige numerische Daten mitgeteilt, f\u00e4hrt er folgendermafsen fort:\n\u201eDie T\u00e4uschung bei diesen Versuchen erkl\u00e4rt sich aus der oben bemerkten Thatsache, dafs, wenn wir nur nach der Konvergenz der Gesichtslinien die Entfernung beurteilen, wir dieselbe gew\u00f6hnlich f\u00fcr kleiner halten, als sie wirklich ist, und sie \u00fcberhaupt unsicher beurteilen\u201c.\n\u201eWenn wir nun auf eine senkrechte, durch senkrechte parallele Linien eingeteilte Ebene blicken, so erscheinen die nach rechts hin gelegenen Streifen derselben dem rechten Auge unter gr\u00f6fserem Gesichtswinkel als dem linken, weil sie erstens jenem Auge n\u00e4her sind, und weil zweitens seine Gesichtslinie die genannten Streifen unter*\u201c einem weniger spitzen Winkel trifft, als die des linken Auges. Umgekehrt erscheinen die nach links gelegenen Streifen dem linken Auge breiter, als dem rechten. Je n\u00e4her die Augen der besagten Ebene kommen, desto gr\u00f6fser werden die Differenzen der Gesichtswinkel f\u00fcr den gleichen Streifen. Um nun entscheiden zu k\u00f6nnen, ob die wahrgenommenen Differenzen dieser Art der Projektion einer ebenen Fl\u00e4che oder einer gekr\u00fcmmten angeh\u00f6ren, m\u00fcfste man die Entfernung des Objekts nach der Konvergenz der Gesichtslinien sehr genau sch\u00e4tzen k\u00f6nnen. Denn die gleichen Differenzen der beiderseitigen Bilder w\u00fcrde auch ein entfernteres Objekt zeigen k\u00f6nnen, wenn es gegen den Beobachter konvex w\u00e4re, oder ein n\u00e4heres, wenn es gegen den Beobachter konkav w\u00e4re\u201c.\u2019\nNock ein weiteres Moment f\u00fchrt Helmholtz an, um jene \u201eT\u00e4uschung\u201c zu erkl\u00e4ren, auf das wir sogleich zu sprechen kommen werden. Was den eben citierten Teil der Erkl\u00e4rung anlangt, so sieht man, dafs sie nur unter der Voraussetzung variabler Rammwerte g\u00fcltig sein kann. Denn wenn der Beobachter (auf Grund der Konvergenz) die Entfernung des Fadensystems immer richtig sch\u00e4tzte, m\u00fcfste er nach Helmholtz\n1 Physiol. Optik. 1. Aufl. Pag, 655.","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n23\n\u25a0die F\u00e4den immer dann in eine Ebene lokalisieren, wenn sie wirklich in einer Ebene liegen. Dann aber w\u00fcrden dem Punkte a der einen Netzhaut in den verschiedenen Entfernungen immer verschiedene Punkte der andern Netzhaut so zugeh\u00f6ren, dafs die Empfindung in der Kernfl\u00e4che l\u00e4ge.1 \u2014 Aufserdem wird man noch einen anderen Unterschied zwischen der HELMHOLTZschen Erkl\u00e4rung und der fr\u00fcher skizzierten bemerkt haben, auf den ich kurz hinweisen will. Das Konkav- oder Konvexsehen der ebenen F\u00e4den ist nach der fr\u00fcheren (auf der Stabilit\u00e4t der Kaum werte basierten) Erkl\u00e4rung Sache der primitiven Empfindung und nicht des Urteils: wir \u201et\u00e4uschen uns\u201c \u00fcber das wirkliche Ding, nicht \u00fcber das Sehding.\nNach Helmholtz aber beurteilen wir das Empfundene (das Sehding) als konkav oder konvex, je nach der Sch\u00e4tzung der Entfernung: also \u2014 im Falle falscher Sch\u00e4tzung \u2014 eine \u201eT\u00e4uschung\u201c in ganz anderem Sinne !\n\u00a7 18. Zur falschen Sch\u00e4tzung der Entfernung kommt nach Helmholtz noch ein weiteres Moment, welches auf die besprochene T\u00e4uschung Einflufs haben soll: der Mangel von H\u00f6hendisparationen. Im unmittelbaren Ansehlufs an die citierte Stelle f\u00e4hrt Helmholtz fort, wie folgt :\n\u201eDafs wir nun das gesehene zwei\u00e4ugige Bild bei den beschriebenen Versuchen so interpretieren, als geh\u00f6rte es einem entfernteren Objekte an, r\u00fchrt, wie ich glaube, nicht oder wenigstens nicht allein davon her, dafs wir die Entfernung des Objekts unter \u00e4hnlichen Umst\u00e4nden meist als zu grofs sch\u00e4tzen, wie die oben beschriebenen Versuche bei dem Zielen mit dem ein\u00e4ugig gesehenen Bleistift auf den zwei\u00e4ugig gesehenen Baden zeigen; denn in der That m\u00fcfste der Irrtum \u00fcber die Entfernung gr\u00f6fser sein, als er wirklich sich bei jenen Versuchen herausstellt, wenn er die gleiche \u00c4nderung in der scheinbaren Form des Baumbildes geben sollte. So w\u00fcrden wir in dem ersten Falle der auf Seite 655 gegebenen Beobachtungen\u00ae die Entfernung auf 627 mm statt auf 450, in dem dritten auf 350 statt auf 237 sch\u00e4tzen m\u00fcssen. So grofs habe ich die Irrt\u00fcmer nie gefunden. Ich glaube vielmehr, dafs wir hier eine falsche Auslegung machen, weil ein anderer Umstand wegf\u00e4llt, der sonst unser Urteil unterst\u00fctzt. Wenn wir n\u00e4mlich nicht blofs gleiclim\u00e4fsig fortlaufende gerade Linien in \u00e4hnlicher Lage, wie die F\u00e4den bei dem zuletzt beschriebenen Versuche vor Augen haben, sondern Linien, welche deutlich sichtbare Merkpunkte darbieten, oder Objekte, an denen auch horizon-\n1 Vgl. oben \u00a7 9.\n\u00ae Helmholtz bezieht sich hier auf seine messenden Angaben \u00fcber die Kr\u00fcmmung von Fl\u00e4chen, die eben erscheinen.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nFranz Hillebrand.\ntaie Grenzlinien Vorkommen, so erscheinen uns die vertikalen L\u00e4ngen, welche dem rechten Auge n\u00e4her liegen, unter gr\u00f6fserem Gesichtswinkel, als dem linken Auge und umgekehrt.\u201c1\nNachdem Helmholtz zum Beweise des Gesagten einen Versuch mit stereoskopischen Figuren anf\u00fchrt, den wir erst sp\u00e4ter mitteilen und diskutieren werden, f\u00e4hrt er fort:\n\u201eWenn man nun die Bilder so w\u00e4hlt, dafs Verschiedenheiten in den vertikalen Dimensionen f\u00fcr beide Augen gar nicht Vorkommen k\u00f6nnen, also z. B. wie in dem oben besprochenen Versuche drei vertikale F\u00e4den,, ganz gleichm\u00e4fsig fortlaufend und ohne Merkpunkte, betrachtet, so f\u00e4llt ein Teil derjenigen Zeichen fort, an denen wir sonst die N\u00e4he der Bilder erk\u00e9nnen. Die Differenzen, welche die horizontalen Abst\u00e4nde der F\u00e4den in den beiden Netzhautbildern zeigen, sind nicht begleitet von den sonst immer gleichzeitig vorkommenden entsprechenden vertikalen Differenzen, oder wenigstens sind letztere nicht wahrnehmbar, und da wir in der Beurteilung der N\u00e4he durch Konvergenz nicht sehr sicher sind, so beurteilen wir die drei F\u00e4den, wie ein Objekt, welches etwas ferner ist, und an dem alsdann die vorhandenen Differenzen der horizontalen Dimensionen nur Vorkommen k\u00f6nnen, wenn es gegen den Beobachter konvex ist.\u201c2\t\u25a0\nZum Beweise der Richtigkeit dieser Erkl\u00e4rung hat nun Helmholtz (abgesehen von dem sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnenden Versuche mit den stereoskopischen Figuren) den Versuch mit den drei F\u00e4den in der Weise abge\u00e4ndert, dafs er auf jeden Faden eine Reihe von Goldperlen in Zwischenr\u00e4umen von etwa 4 cm aufzog und sich dann wieder die Aufgabe stellte, die F\u00e4den in eine Ebene zu bringen. Die T\u00e4uschung war dann \u201ebis auf einen geringen Rest geschwunden\u201c. W\u00e4hrend er z. B. bei drei F\u00e4den ohne Merkpunkte, deren \u00e4ufsere 256 mm voneinander entfernt waren und die aus 450 mm Entfernung betrachtet wurden, den mittleren um 10,5 mm hatte zur\u00fcckschieben m\u00fcssen, um sie eben zu sehen, so brauchte er, wenn die Perlen aufgezogen waren, den Mittelfaden nur um 2 mm zur\u00fcckzuschieben. Ja es gen\u00fcgte f\u00fcr Helmholtz, irgend einen, selbst krummlinig begrenzten Gegenstand (z. B. einen Papierschneider) den F\u00e4den zu n\u00e4hern, um die erw\u00e4hnte T\u00e4uschung fast ganz verschwinden zu machen. Ob die HELMHOLTzsche Erkl\u00e4rung annehmbar ist, dar\u00fcber d\u00fcrften die Untersuchungen des sogleich folgenden Kapitels Aufschlufs geben.\n1\tA. a. 0. pag. 655\u201456.\n2\tA. a. 0. pag. 657.","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumiverte auf der Netzhaut.\n25\nIII. \u00dcber den Einflui's der H\u00f6hendisparation auf die Tiefenlokalisation.\n\u00a7 19. Von den zwei von Helmholtz zur Erkl\u00e4rung herangezogenen Momenten,\n1.\tfalsche Sch\u00e4tzung der Entfernung,\n2.\tMangel der H\u00f6hendisparation,\nwollen wir zun\u00e4chst das zweite einer genaueren Pr\u00fcfung unterziehen.\nWir fragen also: welcher Unterschied ergiebt sich f\u00fcr die Tiefenlokalisation, je nachdem H\u00f6hendisparationen vorhanden sind oder fehlen?\nZur Entscheidung dieser Frage stellte ich zun\u00e4chst folgenden Versuch an. Nachdem ich mit den erw\u00e4hnten Kokonf\u00e4den eine Reihe von Einstellungen gemacht hatte, wobei die Entfernung der Ebene der Seitenf\u00e4den von der Frontalebene zwischen 300 mm und 110 mm variiert und die jeweilige Distanz, welche dem Mittelfaden gegeben werden mufste, damit er in der Ebene der Seitenf\u00e4den erschien, gemessen worden war \u2014 befestigte ich an den F\u00e4den eine Reihe von kleinen (durchschnittlich etwa V\u00e4qmm grofsen) und verschieden geformten Papierschnitzelchen, und zwar in ganz regelloser Anordnung. Hierauf brachte ich die Seitenf\u00e4den successive in alle die Lagen, die sie, ehe die Schnitzel aufgeklebt waren, eingenommen hatten, und suchte nun wieder den Mittelfaden so zu stellen, dafs er in der Ebene der Seitenf\u00e4den erschien. Die betreffenden Entfernungen wurden wieder gemessen.\nIch hatte f\u00fcr sechs verschiedene Entfernungen der Seitenf\u00e4den (deren kleinste 110 mm, und deren gr\u00f6fste 300 mm betrug) die Lage des Mittelfadens betimmt, wobei ich f\u00fcr jede der sechs Entfernungen je acht Einstellungen machte, den Durchschnittswert ausrechnete und die Gr\u00f6fse des Fehlerintervalles bestimmte. In gleicher Anzahl wurden dann auch Bestimmungen gemacht, w\u00e4hrend die F\u00e4den mit den Papierschnitzelchen behaftet waren.\nHiebei ergab sich nun, dafs der Mittelfaden dieselbe (oder eine nur innerhalb des Fehlerintervalles abweichende) Stellung einnahm, wie in den Versuchen, bei denen keine Papierschnitzel vorhanden und demnach keine H\u00f6h endisparationen gegeben waren.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nFrans Hillebrand.\n\u00a7 20. Bei einer weiteren Versuchsreihe wurde auf jeden Faden nur je ein kleines Schnitzelchen angebracht1 und dieses mit einer Leuchtsubstanz bestrichen; die Kokonf\u00e4den wurden geschw\u00e4rzt und als Hintergrund ein schwarzer Schirm verwendet, aufserdem die Fensterladen geschlossen, so dafs das Zimmer nur sehr sp\u00e4rlich beleuchtet war. Bei dieser Anordnung waren die F\u00e4den gar nicht mehr zu sehen, nur die drei leuchtenden Punkte. Die seitlichen F\u00e4den waren vor Beginn des Versuches symmetrisch zur Medianebene aufgestellt und ihre Entfernung vom Beobachter und vom Mittelfaden gemessen. Nach Verdunkelung des Baumes wurde dann der mittlere Faden so zu stellen gesucht, dafs der darauf befindliche leuchtende Punkt in einer vertikalen, durch die seitlichen Lichtpunkte gehenden Ebene erschien. Die darauffolgende Messung der Distanz des Mittelfadens vom Beobachter ergab, dafs die Anordnung der F\u00e4den dieselbe (oder nur innerhalb des Fehlerintervalles abweichende) war, wie in dem Falle, wo die F\u00e4den in ihrer ganzen L\u00e4nge sichtbar und nicht mit^Merkpunkten versehen waren.\n\u00a7 21. Einige weitere sogleich zu beschreibende Versuche werden, wie ich hoffe, erkl\u00e4ren, woher der Gegensatz kommt, der zwischen den angegebenen Besultaten und denen besteht, welche sich f\u00fcr Helmholtz bei dem Versuche mit den Gold-perlen ergeben hatten.\nBei einer weiteren Versuchsreihe wurden drei horizontale Kokonf\u00e4den so orientiert, dafs sie den symmetrisch gestellten vertikalen Seitenf\u00e4den an deren vorderer Seite anlagen, sich also in derselben Ebene befanden wie diese. Wurde nun der Mittelfaden so eingestellt, dafs er in der Ebene der Seitenf\u00e4den erschien, so zeigte sich, dafs er in Wirklichkeit wieder an derselben (oder nur an einer innerhalb des Fehlerintervalles liegenden) Stelle stand, die er einnehmen mufste, wenn \u2014 ceteris paribus \u2014 die Horizontalf\u00e4den nicht da waren.\nAlso auch hier war ein Einflufs der H\u00f6hendisparation nicht zu konstatieren.\n\u00a7 22. Nun traf ich folgende weitere Ab\u00e4nderung des Versuches.\n1 Und zwar so, dafs nur das mittlere Schnitzelchen in der Blickebene lag, w\u00e4hrend die beiden seitlichen von dieser Ebene verschieden weit entfernt waren.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Haumwerte auf der Netzhaut.\n27\nDie Vertikalf\u00e4den wurden durch feine Dr\u00e4hte ersetzt, die horizontalen Kokonf\u00e4den aber so angeordnet, wie es die nebenstehende Figur (Fig. 5.) zeigt.\nFig. .5.\nWenn hier der mittlere Draht hinter die wirkliche Ebene der Seitenf\u00e4den zur\u00fccktritt (also etwa in die in der Zeichnung veranschaulichte Stellung), so nimmt er die horizontalen F\u00e4den mit sich fort. (Ich habe zu diesem Zwecke die horizontalen F\u00e4den nicht an den Seitendr\u00e4hten befestigt, sondern dieselben durch seitw\u00e4rts gelegene \u00d6sen laufen lassen und die Enden mit Wachsk\u00fcgelchen belastet.) Stellte ich nun die Dr\u00e4hte so, wie sie ohne die Horizontalf\u00e4den hatten stehen m\u00fcssen, um in einer Ebene zu erscheinen, so schienen sie nunmehr nicht in einer Ebene zu liegen. Hier war also die Anwesenheit der horizontalen F\u00e4den f\u00fcr die Lokalisation der vertikalen nicht mehr gleichg\u00fcltig, wie bei dem fr\u00fcher angegebenen Versuche \u2014 \u00fcbereinstimmend mit den Angaben, die Helmholtz macht. Nun stellte ich den Mitteldraht in die wirkliche Ebene der Seitendr\u00e4hte: sofort erschien er mir vor dieser Ebene zu liegen. Bei zwischenliegenden Positionen des Mitteldrahtes war ich im Urteil unsicher und schwankend. Eine Stelle zu finden, in welcher ich den mittleren Draht mit aller Entschiedenheit in die Ebene der seitlichen Dr\u00e4hte verlegt h\u00e4tte, war mir ganz unm\u00f6glich.\n\u00a7 23. Nun fragt es sich vor allem, warum bei der letzterw\u00e4hnten Versuchsanordnung die horizontalen F\u00e4den \u00fcberhaupt einen Einflufs auf die Tiefenlokalisation gewinnen konnten ? In den H\u00f6hendisparationen, welche die Kreuzungspunkte der vertikalen und horizontalen Linien ergeben, konnte der Grund unm\u00f6glich liegen: denn H\u00f6hendisparationen waren ja auch bei den Versuchen mit den Papierschnitzelchen gegeben, und eben dort hatten sie sich als einflufslos erwiesen.\nDer wahre Grund liegt vielmehr in demselben bekannten Umstande, der uns auch die fl\u00e4chenhafte Darstellung von K\u00f6rpern als in die Tiefe sich erstreckend erscheinen l\u00e4fst, d. h. in der Perspektive. Ein spitzer Winkel, auf ein zur","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\nFranz Hill\u00e9brand.\nFrontalebene paralleles Papierblatt gezeichnet, mufs nicht als spitzer, er kann vielmehr auch als rechter sich in die Tiefe erstreckender Winkel erscheinen. Gerade Linien hingegen, die keine Winkel bilden, werden in der Ebene des Papieres gesehen, sie erscheinen nicht als perspektivische Verk\u00fcrzungen von Linien, die sich in die Tiefe erstrecken.\nDie Tiefenwahrnehmung infolge der Perspektive ist, wie schon fr\u00fcher erw\u00e4hnt, eine empirische, sie erfolgt auf Grund fr\u00fcherer Erfahrungen. Beim binokularen Sehakt hat unter Umst\u00e4nden die Perspektive diejenige Lokalisation zu \u00fcberwinden (bezw. zu modifizieren), welche durch die Disparation der Netzliairtbilder entstehen w\u00fcrde; beim monokularen Sehen, wo eine Disparation nicht gegeben sein kann, ist dann die Wirkung der Perspektive im allgemeinen eine st\u00e4rkere, worauf unter anderem die Thatsache zur\u00fcckzuf\u00fchren ist, dafs Gem\u00e4lde, Photographien u. dergl. an Plastik gewinnen, wenn man sie mit einem Auge betrachtet.\nAuf unseren Versuch angewendet, ergiebt sich aus dem Gesagten folgendes:\nDie horizontalen F\u00e4den erleiden, wenn der mittlere vertikale Draht hinter der Ebene derselben liegt, da, wo sie der Draht ber\u00fchrt, merkliche Einknickungen, und diese geben ein empirisches Motiv f\u00fcr die Lokalisation ab. In der That sind ja derartige Einknickungen der horizontalen Linien und Verk\u00fcrzungen ihrer einzelnen Abschnitte nur dann vorhanden, wenn das ganze Liniensystem kein ebenes ist, was uns durch die gew\u00f6hnlichen Erfahrungen an ebenen, gekr\u00fcmmten oder gebrochenen Gittern hinreichend bekannt ist. Nur der in der Blickebene befindliche Horizontalfaden wird so eingeknickt, dafs seine Einknickung auf die Lokalisation der Vertikalf\u00e4den keinen Einfiufs haben kann, einfach deswegen, weil die Einknickung gar nicht gesehen wird. Bei den ober- oder unterhalb der Blickebene befindlichen Horizontalf\u00e4den ist dies nat\u00fcrlich nicht der Fall.\nDas Erfahrungsmotiv der Perspektive wirkt, wie man sieht, im Widerspruche zu dem, was in der primitiven Empfindung gelbst gegeben ist. Welches Motiv schliefslich \u00fcberwiegt, wird von zuf\u00e4lligen Umst\u00e4nden und zum Teil gewifs auch von individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten abh\u00e4ngen. Bei mir z. B. hat, wenn im vorigen Versuche die Vertikalf\u00e4den wirklich in einer","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumiverte auf der Netzhaut.\n29\nEbene liegen, die Thatsache, dafs alle Knickungen und Ausbiegungen der Horizontalf\u00e4den verschwunden sind, auf die. Lokalisation der Vertikalf\u00e4den nahezu gar keinen Einflufs; ich sehe in solchen F\u00e4llen die vertikalen F\u00e4den in einer konvexen Fl\u00e4che ; ich lokalisiere sozusagen die vertikalen und horizontalen Fadensysteme ganz unabh\u00e4ngig von einander.\nDasselbe ist auch bei Herrn Professor Heuing der Fall, der so g\u00fctig war, diese wie auch alle \u00fcbrigen Beobachtungen zu kontrollieren. Es spricht jedoch nichts dagegen, dafs Andere sich durch das Fehlen der Einknickungen in den horizontalen F\u00e4den mehr oder vielleicht ausschliefslich bei der Lokalisation der vertikalen F\u00e4den bestimmen lassen und sozusagen beide Fadensysteme aufeinander beziehen, w\u00e4hrend, wie gesagt, Andere dies nicht thun.\n\u00a7 24. Hach dem Gesagten wird der Leser leicht erraten, wie ich den HELMHOLTZschen Versuch mit den Goldperlen auffasse. Helmholtz hat die Perlen \u201ein Zwischenr\u00e4umen von etwa 4 cm voneinander befestigt\u201c, also regelm\u00e4fsig angeordnet, wie zu vermuten, so, dafs je drei Perlen in einer Geraden lagen, also die Kreuzungsstellen der drei vertikalen (gesehenen) F\u00e4den mit drei horizontalen (hinzugedachten) F\u00e4den darstellten. Somit k\u00f6nnen dieselben Effekte entstehen, die auch ich beobachtete, sobald ich (in der \u00a7 22 angegebenen Weise) die horizontalen mit den vertikalen F\u00e4den in Verbindung brachte.\nEs ist also gar nicht zu verwundern, wenn Helmholtz die in. einer konkaven Fl\u00e4che liegenden F\u00e4den als konkav erkannte. In der H\u00f6hendisparation war der Grund nicht gelegen. Aber auch, wenn die Querlinien (gerade oder solche von bekannter und regelm\u00e4fsiger Kr\u00fcmmung, wie bei dem Papierschneider) sich nicht mitbewegen, kann es auf Zuf\u00e4lligkeiten oder auch individuelle Eigent\u00fcmlichkeiten ankommen, ob die vertikalen und queren Linien in ihrer Lokalisation aufeinander bezogen werden oder nicht. Bei mir ist, wie gesagt, letzteres der Fall.\nDafs \u00fcbrigens der HELMHOLTZsche Versuch mit den Goldperlen in der oben beschriebenen Weise gedeutet werden mufs, daf\u00fcr giebt auch der Umstand Zeugnis, dafs er ebenso ausf\u00e4llt, wenn man ihn monokular anstellt. Ich habe zu diesem Zwecke vier Horizontalreihen von Papierschnitzelchen an den Kokonf\u00e4den befestigt und die letzteren bei ein\u00e4ugiger Betrach-","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nFranz Hillebrand.\ntung in eine Ebene zu stellen gesucht. Dies gelang ziemlich sicher, weil es sich dabei eben um nichts anderes handelt, als darum, die Schnitzel in gerade Linien zu bringen. Die kleinen Abweichungen von der Ebene fielen dabei sowohl im Sinne der Konkavit\u00e4t als auch der Konvexit\u00e4t aus.\nBei dem HELMHOLTZschen Versuche mit den Goldperlen ist es \u00fcberdies sehr wohl m\u00f6glich, das auch die scheinbare Gr\u00f6fse der einzelnen Perlen, bezw. da Is Gr\u00f6fser- oder Kleinerwerden derselben bei N\u00e4herung oder Entfernung einen Anhalt f\u00fcr die richtige Lokalisation der F\u00e4den gegeben hat, was bei den Papierschnitzelchen wegen ihrer Kleinheit nicht m\u00f6glich war\n\u00a725. ln \u00e4hnlicher Weise d\u00fcrften sich die HELMHOLTZschen Versuche mit den stereoskopischen Figuren erledigen, auf die ich jetzt zu sprechen komme.\nHelmholtz stellt1 zun\u00e4chst zwei Paare stereoskopischer Figuren dar. Das eine Paare A repr\u00e4sentiert die Projektionen eines ebenen, nahe vor dem Gesicht befindlichen Schachbrettes, das andere Paar B die Projektionen eines cylindrisch gekr\u00fcmmten (gegen den Beobachter konvexen) fernen Schachbrettes.\nDie Projektionen sind so gezeichnet (bezw. das Schachbrett, von dem die Projektionen stammen, in solcher Entfernung und Gr\u00f6fse gedacht), dafs je zwei Vertikallinien von A denselben Abstand voneinander haben wie die homologen Vertikallinien von II] in Bezug auf die Vertikalen ist also das Paar B identisch mit dem Paare A. Die Querlinien des Paares A sind hingegen gerade, w\u00e4hrend die Querlinien des Paares B sehr merklich gekr\u00fcmmt sind \u2014 wie dies eben bei Projektionen von ebenen und gekr\u00fcmmten Fl\u00e4chen so sein mufs.\nNun entsteht bei haploskopischer Vereinigung der beiden Bilder des Paares A die Empfindung eines nahen ebenen, bei haploskopischer Vereinigung der Bilder des Paares B die eines gekr\u00fcmmten Schachbrettes. Da nun, wie bemerkt, die Querdisparationen bei beiden Paaren dieselben sind, so kann \u2014 schliefst Helmholtz \u2014 der verschiedene Tiefeneffekt nur in den beiderseits verschiedenen H\u00f6hendisparationen seinen Grund haben.2\nWas nun die Vertikalen und ihre gegenseitigen Abst\u00e4nde\n1\tPhysiol. Optik, Tat. VI. A und B.\n2\tPhysiol Optik, pag. 656.","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n31\nanbelangt, so ist es richtig, dafs sie ebenso von einem nahen ebenen, wie von einem fernen konvexen Schachbrett herr\u00fchren k\u00f6nnen. Aus sp\u00e4teren Versuchen wird hervorgehen, dafs, wenn nur in der pag. 20 f. veranschaulichten Weise die gereizten Netzhautstellen dieselben sind, dies f\u00fcr die Empfindung vollkommen gleichg\u00fcltig ist. Die geraden, bezw. krummen Querlinien aber geben f\u00fcr die erfahrungsm\u00e4fsige Lokalisation des als eben Empfundenen denselben Anhaltspunkt, wie in dem fr\u00fcher erw\u00e4hnten Versuche die eingeknickten Horizontalf\u00e4den. Die dort angestellten Betrachtungen w\u00e4ren hier einfach zu wiederholen. Nur dies Eine m\u00f6chte ich noch hinzuf\u00fcgen, dafs die krummen Querlinien in dem Figurenpaare B schon bei blofs monokularer Betrachtung des einen oder andern Bildes die Vorstellung einer konvexen Fl\u00e4che hervorzurufen geeignet sind. Da aber niemand daran denkt, der primitiven Empfindung beim monokularen Sehakt eine Variabilit\u00e4t der Tiefendimensionen zuzuschreiben, so liegt darin der beste Beweis, dafs wir es hier mit einer durch die Erfahrung erzeugten Modifikation zu thun haben. Zur Entscheidung der Frage aber, ob in gewissen F\u00e4llen die primitive Empfindung selbst Tiefenunterschiede zeige oder nicht, eignet sich nichts schlechter als perspektivische Projektionen, weil gerade sie das geeignetste Material sind, auf das fr\u00fchere Erfahrungen modifizierend wirken k\u00f6nnen.1\nNach den fr\u00fcheren Er\u00f6rterungen \u00fcber die zwei Motive von Sinnest\u00e4uschungen ist das Eben-Sehen der in einer konvexen oder konkaven Fl\u00e4che liegenden Vertikallinien eine schon in der primitiven Empfindung begr\u00fcndete T\u00e4uschung \u00fcber das wirkliche Ding. Durch Einf\u00fchrung von Querlinien k\u00f6nnen Bedingungen f\u00fcr eine solche Modifikation des primitiven Empfindungsinhaltes geschaffen werden, dafs die thats\u00e4chlich resultierende Empfindung mit der Wirklichkeit \u00fcbereinstimmt.\nAls Ergebnis der Untersuchungen dieses Kapitels d\u00fcrfen wir folgenden Satz aussprechen:\nDie Vertikal- (oder H\u00f6hen-)Disparation ist ohne jeden Einflufs auf die Lokalisation in die Tiefe.\n1 Analoges gilt von einem dritten Paare stereoskopischer Figuren, welches die Projektionen eines fernen und konkaven Schachbrettes darstellt. Die im Texte angestellten Er\u00f6rterungen sind hier \u2014 mutatis mutandis \u2014 zu wiederholen.","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nFrans Hillebrand.\nIV. \u00dcber den Einflufs der scheinbaren Entfernung der Kernfl\u00e4che auf die binokulare Tiefenlokalisation.\n\u00a7 26. Das eine Moment, welches Helmholtz zur Erkl\u00e4rung der mit der Wirklichkeit nicht \u00fcbereinstimmenden Lokalisation iii die Tiefe herangezogen hat \u2014 die H\u00f6hendisparation n\u00e4mlich, bezw. der Mangel einer solchen \u2014 hat sich, wenn die Er\u00f6rterungen des vorigen Kapitels richtig sind, als untauglich erwiesen. Wir haben nun noch das andere Moment, das Helmholtz ebenfalls zur Erkl\u00e4rung jener \u201eT\u00e4uschungen\u201c benutzt hat, auf seine Tauglichkeit zu pr\u00fcfen: die mit der Wirklichkeit disharmonierende scheinbare Entfernung eines Objektes vom Beobachter (vgl. \u00a7 17).\nEhe wir an die Pr\u00fcfung dieses Erkl\u00e4rungsmittels gehen, mag ein Wort vorausgeschickt werden \u00fcber die Bedeutung, die Helmholtz selbst ihm beimifst.\nIn der fr\u00fcher citierten Stelle sagt der genannte Forscher, die T\u00e4uschung, verm\u00f6ge der wir vertikale F\u00e4den in eine gekr\u00fcmmte Fl\u00e4che bringen m\u00fcssen, damit sie uns in einer ebenen zu liegen scheinen, r\u00fchre \u201enicht oder wenigstens nicht allein davon her, dafs wir die Entfernung des Objekts unter \u00e4hnlichen Umst\u00e4nden meist als zu grofs sch\u00e4tzen\u201c, sie habe vielmehr ihren Grund in dem Mangel an Merkpunkten, welche H\u00f6hendisparationen erzeugen.\nWenn ich nicht irre, liegt hier ein Fehler im Gedankengang vor. Die falsche Sch\u00e4tzung der Entfernung des Mittelfadens \u2014 meint Helmholtz \u2014 veranlafst uns zu einer entsprechend falschen Beurteilung der relativen Lage der Seitenf\u00e4den; vorhandene Merkpunkte, die H\u00f6hendisj>arationen ergeben, korrigieren nach Helmholtz unser Urteil. Nun sollte man doch meinen, dafs Helmholtz daraus den Schlufs ziehen mufste : also wird unser Urteil, wenn alle H\u00f6hendisparationen mangeln, lediglich durch die (falsche) Sch\u00e4tzung der Entfernung bestimmt! Wenn ein irref\u00fchrendes Motiv vorhanden ist, die entsprechende Korrektive aber mangelt, dann ist die Wirksamkeit des ersteren eben durch nichts gest\u00f6rt, und der resultierende Irrtum mufs einzig und allein jenem t\u00e4uschenden Motiv zur Last gelegt werden. Es ist daher nicht einzusehen, wieso die in Bede stehende T\u00e4uschung \u201enicht oder wenigstens nicht allein\u201c von der falschen Beurteilung der Distanz herr\u00fchren sollte.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"THe Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n33\nWenn also Helmholtz an der citierten Stelle nachweist, dafs die Fehler in der Sch\u00e4tzung der Entfernung viel gr\u00f6fser sein m\u00fcfsten, als sie es in Wirklichkeit sind, falls die T\u00e4uschung \u00fcber die relative Tiefenlage der F\u00e4den sich daraus erkl\u00e4ren solle, so liegt eben darin \u2014 wie mir scheint \u2014 der beste Beweis f\u00fcr die Untauglichkeit jenes Erkl\u00e4rungsprinzipes.\n\u00a7 27. Wir werden uns nunmehr eingehender mit der Frage besch\u00e4ftigen, welchen Einflufs die scheinbare Entfernung des fixierten Punktes auf die disparative Tiefenlokalisation hat.\nHalten wir uns noch einmal das Erkl\u00e4rungsprinzip vor Augen, welches Helmholtz hier mafsgebend macht. Der Abstand zwischen zwei Vertikallinien, von denen die eine in. die andere aufser der Medianebene gelegen ist, erscheint dem einen Auge unter anderem Gesichtswinkel, als dem andern; dieselbe Gesichtswinkeldifferenz w\u00fcrde einem fernen Liniensystem entsprechen, wenn dieses gegen den Beobachter konvex, einem nahen, wenn es gegen den Beobachter konkav w\u00e4re; untersch\u00e4tzen wir also die Entfernung des Liniensystems, so m\u00fcssen wir dasselbe f\u00fcr konkav, \u00fcbersch\u00e4tzen wir sie, so m\u00fcssen .wir es f\u00fcr konvex halten. Die Fehler in der Beurteilung der Entfernung aber r\u00fchren daher, dafs wir f\u00fcr dieselbe nur den h\u00f6chst unsicheren Anhaltspunkt des Konvergenzgef\u00fchles haben.\nGanz abgesehen nun davon, dafs wir Helmholtz selbst bemerken h\u00f6rten, die Fehler, welche er bei der Sch\u00e4tzung der Entfernung macht, stimmten graduell nicht mit der T\u00e4uschung beim Konkav-, Eben- und Konvexsehen, \u2014 so w\u00e4re doch mindestens zu erwarten, dafs die falsche Sch\u00e4tzung der Entfernung wenigstens der Richtun g nach eine gewisse Konstanz zeige, in der Weise, dafs eine gewisse (wirkliche) Entfernung oder ein gewisses Intervall von Entfernungen richtig gesch\u00e4tzt, gr\u00f6fsere Entfernungen unter-, kleinere \u00fcbersch\u00e4tzt w\u00fcrden. Dies ist aber nach dem, was Helmholtz dar\u00fcber angiebt, nicht der Fall. Pag. 652 h\u00f6ren wir, \u201edafs die Beurteilung der Entfernung nach der Konvergenz der Gesichtslinien unter g\u00fcnstigen Umst\u00e4nden, und wenn sie durch keinerlei beirrende Einfl\u00fcsse gest\u00f6rt wird, ziemlich gute Resultate giebt\u201c, dafs sie aber leicht durch andere, widersprechende Momente \u00fcberwogen werden k\u00f6nne. Pag. 650 werden Versuche mitgeteilt, die ergeben, dafs Helmholtz die Entfernuug immer \u00fcbersch\u00e4tzt, w\u00e4hrend W\u00fcndt , der seine Versuche bei wirklichen Ent-\n3\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie V.","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nFranz Hillebrand.\nfernungen von 180 cm bis 40 cm angestellt hat, die Entfernung stets \u2014 und um ein Betr\u00e4chtliches \u2014 untersch\u00e4tzt. Pag. 655 wird bemerkt, dafs, \u201ewenn wir nur nach der Konvergenz der Gesichtslinien die Entfernung beurteilen, wir dieselbe gew\u00f6hnlich f\u00fcr kleiner halten, als sie wirklich ist, und sie \u00fcberhaupt unsicher beurteilen.\u201c An der schon mehrfach citierten Stelle, pag. 655\u201456, heifst es: \u201eDafs wir nun das gesehene zwei\u00e4ugige Bild bei den beschriebenen Versuchen so interpretieren, als geh\u00f6rte es einem entfernteren Objekte an, r\u00fchrt, wie ich glaube, nicht oder wenigstens nicht allein davon her, dafs wir die Entfernung des Objekts unter \u00e4hnlichen Umst\u00e4nden meist als zu grofs sch\u00e4tzen etc.\u201c Nach alledem l\u00e4fst sich nur sagen, dafs die Sch\u00e4tzung der Entfernung unsicher ist, nicht aber, dafs sie \u2014 unter sonst gleichen Umst\u00e4nden \u2014 zu klein ausf\u00e4llt, wenn die wirkliche Entfernung \u00fcber einen gewissen Punkt (oder \u00fcber ein gewisses Intervall) hinausgeht, zu grofs, wenn sie hinter diesem zur\u00fcckbleibt. Dieses aber m\u00fcfste der Fall sein, wenn die Thatsache, dafs wir ein System von Vertikallinien, die wirklich in einer Ebene liegen, in der Ferne als konkav, in der N\u00e4he als konvex beurteilen, sich aus einer falschen Sch\u00e4tzung der Entfernung erkl\u00e4ren lassen soll.\n\u00a7 28. Die s\u00e4mtlichen T\u00e4uschungen \u00fcber die Entfernung von Objekten, die Helmholtz beobachtet hat (und die sich in der That immer wieder konstatieren lassen), d\u00fcrften, wenn ich nicht irre, auf zwei Grundtypen zur\u00fcckzuf\u00fchren sein, die mir aber Helmholtz nicht mit gen\u00fcgender Klarheit auseinanderzuhalten scheint :\n1. Wir lokalisieren den fixierten Punkt in \u00dcbereinstimmung mit der Konvergenz, und insofern lokalisieren wir ihn richtig, d. h. wir lokalisieren ihn dorthin, wo sich die beiden Gesichtslinien schneiden. Hier ist bereits eine T\u00e4uschung m\u00f6glich, dann n\u00e4mlich, wenn die Konvergenz der wirklichen Entfernung des Objektes nicht angepafst ist. Man braucht nur Prismen oder Doppelspiegel vor die Augen zu setzen, kurz f\u00fcr irgend welche Ablenkung der Lichtstrahlen zu sorgen; zugleich wird jedes Auge unwillk\u00fcrlich sich so stellen, dafs das Bild des betreffenden Objektpunktes auf die Stelle des deutlichsten Sehens f\u00e4llt, also fixiert wird. Die Konvergenz entspricht dann nicht der Lage des wirklichen Punktes ; und wenn das Urteil \u00fcber die Entfernung des gesehenen Objektes mit dieser Kon-","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n35\nvergenz \u00fcbereinstimmt, so disharmoniert es notwendig mit der wirklichen Entfernung des (wirklichen) Objektes. Um diese Art der T\u00e4uschung \u00fcber die wahre Entfernung handelt es sich z. B. bei dem von Helmholtz pag. 658 beschriebenen Versuche, den wir sp\u00e4ter (pag. 45 ff.) ausf\u00fchrlich besprechen werden. Hier sei nur bemerkt, dafs bei diesem Versuche eine Kombination von zwei Prismen vor ein Auge gesetzt und so die Gesichtslinie von ihrer normalen Lage abgelenkt wird.\n2. Die zweite Art der T\u00e4uschung \u00fcber die Entfernung eines Objektes besteht darin, dafs wir dasselbe gar nicht entsprechend der Konvergenz lokalisieren, so dafs, wenn auch diese letztere der wahren Entfernung des Objektes angepafst ist, die Lokalisation des Objektes dennoch falsch ausf\u00e4llt. Diese Art von T\u00e4uschung ist die von Helmholtz am meisten zur Erkl\u00e4rung des Konkav- oder Konvexsehens herangezogene. Sie findet statt, wenn wir die Entfernung von Objekten falsch auffassen, die wir in normaler Weise sehen, d. h. so, dafs die Lichtstrahlen, ehe sie die Cornea treffen, keinerlei Ablenkung erfahren. Dieselbe T\u00e4uschung kann aber auch stattfinden, wenn wir zwei Stereoskopenbilder vereinigen (ob dies nun mit oder ohne haploskopische Vorrichtung geschieht). Hier erscheint uns bei parallelen, ja selbst divergenten Gesichtslinien, das gesehene Objekt doch nicht in unendlicher Entfernung, wie es sein m\u00fcfste, wenn die scheinbare Entfernung dem KonvergenzAvinkel entspr\u00e4che.\nNat\u00fcrlich k\u00f6nnen sich beide Arten von T\u00e4uschung kombinieren, in der Weise, dafs sie beide gleichsinnig oder auch in entgegengesetztem Sinne wirken.\nWir werden in den sogleich zu beschreibenden Versuchen beide Arten von T\u00e4uschung zu isolieren trachten und f\u00fcr jede einzeln die Frage stellen, ob sie eine \u00c4nderung in der (disparativen) Tiefenlokalisation zur Folge hat.\nSelbstverst\u00e4ndlich mufs, wenn die Versuche irgend etwas beweisen sollen, stets daf\u00fcr gesorgt werden, dafs die Netzhautbilder sich trotz sonstiger \u00c4nderung der Versuch sum st\u00e4nde in keiner Weise \u00e4ndern. Denn nur so sind wir im st\u00e4nde, dar\u00fcber zu urteilen, ob T\u00e4uschungen \u00fcber die Entfernung des Gesehenen vom Beobachter irgend welchen Einflufs auf die disparative Tiefenlokalisation haben oder nicht\nDie folgenden zwei Fundamentalversuche d\u00fcrften \u00fcber die","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nFranz Hillebrand.\nFrage, ob die scheinbare Entfernung einen Einflufs auf die disparative Tiefenlokalisation habe, entscheiden.\n\u00a7 29. I. Versuch, in welchem die Kernfl\u00e4che bei gleichbleibender Konvergenz verschieden lokal isiert w i r d.\nDer Versuch wurde in folgender Weise angestellt:\nAn einem horizontalen zur Frontalebene parallelen Gflasstab wurden zwei Gruppen von je drei mit Gewichten belasteten F\u00e4den vermittels loser Schlingen so aufgeh\u00e4ngt, dafs, wenn die Gesichtslinien parallel und geradeaus gerichtet waren, jede Gesichtslinie auf den Mittelfaden einer der beiden Gruppen traf, wobei die Entfernung des Fadensystems vom Beobachter so gew\u00e4hlt werden mufs, dafs die F\u00e4den trotz der Einstellung der Augen f\u00fcr ihren Fernpunkt hinreichend scharf erscheinen. (Die Mittelf\u00e4den m\u00fcssen also um die Basallinie voneinander entfernt sein und symmetrisch zur Medianebene liegen.) Die Bilder der beiden Mittelf\u00e4den werden unter diesen Umst\u00e4nden verschmolzen. Die beiden Seitenf\u00e4den der einen (etwa der linken) Gruppe m\u00f6gen eine beliebige Entfernung vom Mittelfaden haben; die Seitenf\u00e4den der anderen Gruppe k\u00f6nnen dann vermittels der losen Schlingen leicht an dem Glasstabe so verschoben werden, dafs ihre Bilder erstens mit den Bildern der linken Seitenf\u00e4den \u00fcberhaupt verschmelzen, und dann, dafs die so einfach gesehenen Seitenf\u00e4den mit dem Mittelfaden zusammen in einer mit der Frontalebene parallelen Ebene erscheinen. Die scheinbare Entfernung der Ebene, in welcher die drei F\u00e4den liegen, ist dabei je nach Umst\u00e4nden ver\u00e4nderlich. Hielt ich nahe hinter die F\u00e4den, etwa V2 m von meinen Augen entfernt, einen Schirm, so schienen die drei F\u00e4den unmittelbar dem Schirme anzuliegen, also ebenfalls in einer Entfernung von beil\u00e4ufig V2 m, weil ja der Schirm richtig lokalisiert wurde. Da die scheinbare Entfernung der Ebene eine ganz unbestimmte, oder besser gesagt, je nach Umst\u00e4nden variable ist, so gelingt es unter geeigneten Verh\u00e4ltnissen leicht, sie betr\u00e4chtlich zu vergr\u00f6fsern. Nach Wegnahme des Schirmes lokalisierte ich die Ebene der drei F\u00e4den in eine Entfernung von etwa 6 m. Diese Lokalisation wurde wesentlich durch folgenden Umstand hervorgerufen : das Fadensystem stand vor einem offenen Fenster ; das n\u00e4chste sichtbare Objekt war ein etwa 6 m entfernter Baum, dessen","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der liaumwerle auf der Netzhaut.\t-37\ndunkles Ge\u00e4ste teilweise in das Feld der drei F\u00e4den hinein-ragte. Wo nun eben ein Ast den Hintergrund f\u00fcr die, ebenfalls dunklen F\u00e4den bildete, schienen diese, da sie sich an jenen Stellen nicht abhoben, unterbrochen zu sein, und dieser Umstand erweckte die Vorstellung, als deckte der Ast die F\u00e4den stellenweise, bezw. als l\u00e4gen die F\u00e4den hinter dem Aste (dessen Entfernung vom Fenster mir wohl bekannt war.) Gem\u00e4fs der gr\u00f6lseren scheinbaren Entfernung schienen mir dabei die d\u00fcnnen Zwirnsf\u00e4den etwa wie 1 cm dickeEisenst\u00e4be \u2014 unmittelbar hinter dem betreffenden Aste liegend. Sie zeigten aber keinerlei Abweichung von der Ebene. Und umgekehrt: wenn ich den Versuch damit begann, dafs ich die F\u00e4den in dem F\u00e4lle, wo ich sie in etwa 6 m Entfernung lokalisierte, so stellte, dafs sie in einer zur Frontalebene parallelen Ebene erschienen, und dann den Schirm vorhielt, so blieben sie wiederum in einer Ebene, obwohl sie mir nun auf dem Schirm, also in einer Entfernung von etwa 1/s m, zu liegen schienen.\nDie variable scheinbare Entfernung war in allen diesen F\u00e4llen, wie man sieht, nicht in \u00dcbereinstimmung mit dem Konvergenzgrade, da ja die Gesichtslinien fortw\u00e4hrend parallel standen, eine Stellung, die einem unendlich fernen Objekte entspricht. \u00dcbrigens gelingt der Versuch auch bei konvergenten Gesichtslinien, solange nicht die gleichzeitige Anspannung der Accomodation die Konturen der entfernten Objekte verschwimmen macht und so ein Beziehen der scheinbaren Lage der F\u00e4den auf diese Objekte verhindert.\nDer Versuch beweist, dafs \u2014 unter Voraussetzung konstanter Konvergenz \u2014 diejenigen Objekte, welche bei einer gewissen Entfernung der Kernfl\u00e4che in diese lokalisiert werden, auch dann in dieselbe lokalisiert werden, wenn sich die Ent-fe rnung der Kernfl\u00e4che selbst \u00e4ndert. Man kann diesen Satz auch so ausdr\u00fccken: bei konstanter Konvergenz ist die Gestalt des L\u00e4ngshoropters unabh\u00e4ngig von der scheinbaren Entfernung des im L\u00e4ngshoropter Gelegenen.\nII. Versuche, in welchen bei wechselnder K onvergenz die scheinbare Entfernung gleichbleibt oder in einem viel geringeren Intervall wechselt,","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\nFrans Hillebrand.\nals es dem Wechsel der Konvergenz entsprechen wiir d e.\nZur Anstellung der folgenden Versuche habe ich mich eines Apparates bedient, der \u2014 wie man sehen wird \u2014 im wesentlichen mit Wheatstones Spiegelstereoskop \u00fcbereinstimmt.1\nAitf der rechteckigen Marmorplatte M (vgl. die Tafel) sind die beiden Metallplatten Ht welche die Gestalt von Kreissektoren haben, mittels der Schrauben Q befestigt, und zwar so, dafs sie sich etwas gegeneinander verschieben lafsen. Um die mit den Metallplatten fix verbundenen Axen 0 sind die Schienen P beweglich und kann deren jedesmalige Stellung an der Kreisteilung abgelesen werden. Die Nullpunkte der beiden Teilungen liegen in der verl\u00e4ngerten Verbindungslinie der beiden Axen 0. Mit den Schienen sind die Gestelle I) fest verbunden, welche ihrerseits die mittels der Schrauben E fixierbaren kleinen Planspiegel S tragen. Die Spiegel drehen sich also, wenn die Schienen gedreht werden, um denselben Winkel wie diese. Auf den Schienen sind die Gestelle V mit den rechtwinkeligen Rahmen B in einer Schlittenf\u00fchrung verschiebbar. Die jeweilige Stellung kann an der auf den Schienen angebrachten Millimeterteilung abgelesen werden. An den Rahmen sind je vier Schraubenspindeln G angebracht, von denen jede unabh\u00e4ngig von der andern gedreht werden kann. Von den drei Kokonf\u00e4den A, 7? und C sind die seitlichen (A und B) an den oberen Schraubenspindeln mittels loser Schlingen (die nat\u00fcrlich im Tiefgang der Schrauben liegen) aufgeh\u00e4ngt, ein Mal um die unteren Spindeln geschlungen und schliefslich mit Gewichten belastet. Wird eine Schraube gedreht, so bewegt sich der Faden mit dem entsprechenden Ende l\u00e4ngs des Rahmens weiter. Die jeweilige Stellung eines Fadens kann an den F\u00fcnftelmillimeterteilungen, die auf den horizontalen St\u00fccken der Rahmen angebracht sind und ihren Nullpunkt in der Mitte derselben haben, abgelesen werden. Der Mittelfaden C ist nicht verschiebbar. Hingegen kann der Rahmen als ganzer in der F\u00fchrung F verschoben werden.\nDas Haploskop mufs, ehe es zu Beobachtungen verwendet wird, in nachstehender Weise justiert werden:\n1 Der Apparat ist nach Herrn Prof. Herings Angaben vom Prager Universit\u00e4tsmechaniker Herrn Rudolf Rothe gebaut worden. (Vergl. 'auch Hering in Hermanns Handb. III. Bd.. I. T., pag. 393\u201494.)","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Raumtverte auf der Netzhaut.\n39\n1.\tDie beiden sektorenf\u00f6rmigen Platten, welche die Spiegel, Schienen und Rahmen tragen, m\u00fcssen so gestellt werden, dafs der Abstand der Axen 0 gleich ist der Verbindungslinie der Drehpunkte der Augen des jeweiligen Beobachters (der sogen. Grund- oder Basallinie).\n2.\tDie beiden Spiegel m\u00fcssen, wenn die Schienen auf dem Nullpunkt der Kreisteilung stehen, gegen die Medianebene (oder auch Frontalebene) um 45\u00b0 geneigt sein, oder, was dasselbe ist: die Spiegel m\u00fcssen, wenn beide Schienen auf dem Teilstrich 45 stehen, zur Medianebene parallel sein.\n3.\tWenn bei Nullstellung der Schienen der Beobachter seinen Kopf so stellt, dafs die Augen lotrecht \u00fcber die Axen 0 zu liegen kommen und nun mit parallel geradeaus gerichteten Gesichtslinien in die Spiegel blickt, so m\u00fcssen die Bilder der beiden Mittelf\u00e4den C auf die beiden mittleren L\u00e4ngsschnitte fallen und daher einfach gesehen werden. Dies wird durch passende Verschiebung der Rahmen in der F\u00fchrung F erzielt.\nWenn man, w\u00e4hrend man in der bezeichneten Weise in die Spiegel blickt, die Schienen und damit auch die Rahmen dreht, so m\u00fcssen, da auch die Spiegel sich drehen, die Augen aus der Prim\u00e4rstellung in immer st\u00e4rkere Konvergenz \u00fcbergehen , vorausgesetzt, dafs sie den einfach erscheinenden Mittelfaden dauernd fixieren, was \u00fcbrigens ganz unwillk\u00fcrlich vor sich geht. Man sieht leicht, dafs die Summe der Winkel, um welche jede einzelne Schiene aus ihrer Nulllage gedreht wurde, den jeweiligen Konvergenzwinkel angiebt.\nBei den folgenden Versuchen kommt es nun wiederum darauf an, die F\u00e4den so zu stellen, dafs die drei erschmelzungsbilder in einer zur Frontalebene parallelen Ebene erscheinen, und zwar nat\u00fcrlich dann, wenn die beiden Rahmen von den bez\u00fcglichen Spiegeln gleich weit abstehen (was an der auf den Schienen angebrachten Millimeterteilung ersichtlich ist.)\nIn der nebenstehenden Figur 6 ist die Versuchsanordnung schematisch veranschaulicht. N und N' sind die beiden Netzh\u00e4ute, K und K\u2018 die beiden mittleren Knotenpunkte, S und S\u2018 die beiden (bei der Nullpunktstellung der Schienen unter 45\u00b0 gegen die Frontalebene geneigten) Spiegel. C und C1 sind die mit den Rahmen fix verbundenen, A und Af B und B\u2018 die mittels der Schraubenspindeln verstellbaren F\u00e4den.","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\nFranz Hillebrand.\nDie Versuche werden nun in folgender Weise angestellt:\nDie Bahmen werden zun\u00e4chst in eine beliebige, aber beiderseits gleiche Entfernung von den Spiegeln gestellt, die Schienen auf beiderseits denselben Grad der Teilkreise gesetzt, so dafs, wenn die Bilder von G und O verschmelzen, die Konvergenz eine symmetrische ist. Die F\u00e4den B und B' werden in eine beliebige (gleichg\u00fcltig, ob gleiche oder verschiedene) Entfernung von G bezw. O gestellt. W\u00e4hrend nun der Beobachter mit passender Konvergenz in die Spiegel blickt (also so, dafs die Mittelf\u00e4den sich beiderseits auf dem mittleren L\u00e4ngsschnitt\nFig. 6.\nabbilden und daher einfach und lotrecht erscheinen), bewegt er mittels der Schraubenspindeln die F\u00e4den A und A\u2018 so, dafs die Bilder von A und B\u2018 verschmelzen und ebenso die Bilder von A\u2018 und B und dafs weiter die nun einfach gesehenen Seitenf\u00e4den in einer durch den (ebenfalls einfach gesehenen) Mittelfaden gehenden, mit der Frontalebene parallelen Ebene erscheinen, oder \u2014 kurz gesagt \u2014 in die Kernfl\u00e4che lokalisiert werden. W\u00e4hrend nun der Beobachter, den Mittelfaden fixierend, in die Spiegel sieht, dreht er die Schienen symmetrisch um ihre Axen und achtet darauf, ob die drei F\u00e4den fortfahren, in einer zur Frontalebene parallelen Ebene zu liegen, oder ob der Mittelfaden vor- bezw. zur\u00fccktritt. Man sieht, dafs bei diesem Versuche die beiderseitigen Netzhaut bilder ganz unver\u00e4ndert bleiben und sich nur der Konvergenzgrad \u00e4ndert.","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Saumwerte auf der Netzhaut.\n41\nDie numerischen Werte der Abst\u00e4nde der F\u00e4den voneinander und von den Spiegeln und der daraus sich ergebenden Gesichtswinkel sollen sp\u00e4ter mitgeteilt werden. (Siehe die Tabelle am Schl\u00fcsse der Abhandlung). Hier aber sei sogleich bemerkt, dafs, wenn die F\u00e4den bei einer bestimmten Konvergenz in einer zur Frontalebene parallelen Ebene erschienen, dies auch bei beliebiger Variierung der Konvergenz derFall war, dafs also die Konvergenz keinen Einfinis auf die Lokalisation vor, in oder hinter die Kernfl\u00e4che hatte.\n\u00a7 30. Eines Umstandes mufs hier Erw\u00e4hnung gethan werden, der einerseits der Variierung der Konvergenz engere Grenzen setzt, als dies verm\u00f6ge des normalen Konvergenzintervalles der Fall w\u00e4re, und der andererseits scheinbare Ausnahmen des obigen Satzes nach sich zieht. Ich meine die physiologische Association der Konvergenz mit der Accommodation. Mit der Mehrung der Konvergenz geht bekanntlich eine Accommodation f\u00fcr die N\u00e4he parallel, mit der Minderung ein Nachlassen derselben. Beim Sehen unter normalen Umst\u00e4nden ist diese Association sehr zweckm\u00e4fsig; f\u00fcr haplo-skopische Versuche (wie die hier beschriebenen) wirkt sie st\u00f6rend. Wenn die F\u00e4den bei einer bestimmten Konvergenz scharf erscheinen, so werden sie bei einigermafsen erheblicher Mehrung oder Minderung der Konvergenz verschwommen, da die Accorn-modationsmuskulatur gleichzeitig angespannt bezw. entspannt wird, die Spiegelbilder der F\u00e4den aber ihre Entfernung von den Augen nicht \u00e4ndern. Bei Menschen mit normaler Accommodations-breite ist also das Intervall, innerhalb dessen beim obigen Versuche die Konvergenz variiert werden kann, kein sehr grofses. M\u00e4fsige Myopie und geringe Accommodationsbreite, wie sie sich im Alter einstellt, geben die g\u00fcnstigsten Versuchs bedin-gungen. Auch kann man durch Eintr\u00e4ufeln von Atropin die Accommodationsmuskulatur l\u00e4hmen; dies ist f\u00fcr die Zwecke unseres Versuches nur bei (m\u00e4fsiger) Myopie zu empfehlen, da emmetropische oder hypermetropische Augen nach Atropi-nisierung die F\u00e4den nie scharf sehen k\u00f6nnen.\nDer genannte Umstand ist noch in anderer Beziehung von Wichtigkeit. Wenn man die F\u00e4den bei einem Konvergenz-und dementsprechenden Accommodationszustand, bei welchem sie verschwommen erscheinen, in eine scheinbare Ebene ein-","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nFrans Hillebrand.\nzustellen sucht, so kann diese Einstellung ungenau werden. \u00c4ndert man nun die Konvergenz (und damit die Accommodation) so, dafs scharfe Bilder entstehen, so macht sich diese Ungenauigkeit geltend, indem dann die F\u00e4den nicht mehr notwendig in einer Ebene erscheinen. Man mufs daher die Einstellungen bei passender Accommodation machen.1\n\u00a7 31. F\u00fcr die theoretische Verwertung des Versuches ist es aber nicht hinreichend, zu wissen, dafs Konvergenz\u00e4nderungen keinen Einfiufs auf die Lokalisati o n in Bezug auf die Kernfl\u00e4che haben; es ist vielmehr wichtig, \u00fcberdies festzustellen, was sich im Ph\u00e4nomene \u00e4ndert, wenn die Konvergenz variiert wird.\nWenn man bei gleichbleibenden Netzhautbildern die Konvergenz vermehrt, indem man die Arme des Haploskopes und damit die Spiegel in passender Weise dreht, so gewinnt man den Eindruck, dafs die (einfach gesehenen) F\u00e4den n\u00e4her r\u00fccken. Das Intervall, in welchem das Fadensystem seine scheinbare Entfernung wechselt, ist indessen um vieles kleiner, als es sein m\u00fcfste, wenn die scheinbare Entfernung der jeweiligen Konvergenz entspr\u00e4che. So ist sie bei parallelen Gesichtslinien weder unendlich grofs (wie dies der Konvergenz 0 entsprechen w\u00fcrde), noch auch so grofs, dafs sie sich mit der scheinbaren Entfernung ferner Berge, der Sterne oder des Mondes vergleichen liefse. Ich kann nicht einmal sagen, dafs mir die F\u00e4den bei dem fr\u00fcher angestellten Versuche auch nur bis zu 1 m entfernt erschienen, selbst dann, wenn die Gesichtslinien etwas divergierten. Andererseits erscheint mir bei st\u00e4rkster Konvergenz das Fadensystem bei weitem nicht so nahe, als es der Konvergenz entsprechend erscheinen m\u00fcfste. Von beidem \u00fcberzeugt man sich leicht, wenn man unmittelbar nach der Beobachtung mit dem Finger oder mittels eines Stabes die Stelle aus dem frischen Ged\u00e4chtnis anzugeben sucht, in welcher die F\u00e4den bei st\u00e4rkster und schw\u00e4chster Konvergenz zu liegen scheinen. Blickt man\n1 Es verh\u00e4lt sich hier \u00e4hnlich, wie hei Farbengleichmigen. Diese bleiben bestehen, wenn auch die Beleuchtungsintensit\u00e4t ge\u00e4ndert wird. Nichtsdestoweniger wird eine Gleichung, wenn sie bei einer Beleuchtungsintensit\u00e4t hergestellt war, f\u00fcr welche die Unterschiedsempfindlichkeit gering ist, im allgemeinen nicht bestehen bleiben, wenn Intensit\u00e4ten angewendet werden, f\u00fcr welche die Unterschiedsempfindlichkeit eine wesentlich gr\u00f6fsere ist.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Raumwerte auf der Netzhaut.\n43\nw\u00e4hrend der Konvergenz\u00e4nderung in die Spiegel des Apparates, so entsteht der Eindruck des N\u00e4herr\u00fcckens mit solcher Energie, dafs man das Intervall, innerhalb dessen die \u00c4nderung der scheinbaren Entfernung vor sich geht, stark zu \u00fcbersch\u00e4tzen geneigt ist: die F\u00e4den scheinen betr\u00e4chtlich n\u00e4her zu r\u00fccken, befinden sich aber zum Schl\u00fcsse in einer scheinbaren Entfernung, die von der urspr\u00fcnglichen nur wenig abweicht. Derartige Widerspr\u00fcche in der Deutung einer Empfindung sind ja auch anderw\u00e4rts bekannt.\nDoch dies nur nebenbei. Uns kommt es vor allem darauf an,dafs,wenn dieKonvergenz in den weitestm\u00f6gliehen Grenzen ge\u00e4ndert wird bei sehr geringer \u00c4nderung der scheinbaren Entfernung, die Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che dabei keinerlei \u00c4nderungen erleidet.\n\u00a7 32. Immerhin erschien es als w\u00fcnschenswert, Versuchsbedingungen einzuf\u00fchren, unter welchen bei wechselnder Konvergenz die Lokalisation der Kernfl\u00e4che selbst sich nicht blofs um weniges \u00e4ndert, sondern geradezu konstant bleibt und \u00fcberhaupt weniger unbestimmt ist, als unter den vorerw\u00e4hnten Umst\u00e4nden. Zu diesem Zwecke wurden zun\u00e4chst die belegten Spiegel durch unbelegte ersetzt (ich verwendete geschliffene Deckgl\u00e4schen); Objekte (Schirme u. dgl.), die hinter dem Haplo-skop standen, waren daher im durchfallenden Lichte sichtbar und konnten so einen Anhaltspunkt f\u00fcr die Lokalisation der im reflektierten Licht zugleich gesehenen F\u00e4den geben. Wird dann hinter den Apparat ein Schirm gesetzt, so lokalisiert man die drei F\u00e4den innerhalb eines sehr betr\u00e4chtlichen Kon-vergenzintervalles doch immer auf den Schirm, dessen scheinbare Entfernung sich hierbei nicht \u00e4ndert. Auch hier wieder erschienen die F\u00e4den, wenn sie f\u00fcr eine bestimmte Konvergenz in eine Ebene gestellt waren, auch bei jeder andern Konvergenz in einer Ebene.\nDa mir die F\u00e4den jedoch, wenn die Konvergenz einen gewissen Grad \u00fcberschritten hatte, doch nicht mehr auf dem dahinterstehenden Schirm erschienen, sondern vor demselben, brachte ich einige bekannte Motive der empirischen Lokalisation in Anwendung, um die Fadenbilder bei jeder Konvergenz in dieselbe Entfernung zu lokalisieren.\nZun\u00e4chst brachte ich auf dem Schirm Objekte von be-","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nFranz Hillebrand.\nkannter Gr\u00f6fse (es wurden Briefmarken verwendet) an, um mich einer bestimmten und unver\u00e4nderlichen Lokalisation des Schirmes zu vergewissern. Damit diese Objekte nicht bei ungeeigneter Konvergenz in Doppelbilder zerfielen, wurde der eine der beiden Spiegel undurchsichtig gemacht, so dafs der Schirm mit den Briefmarken blofs monokular gesehen wurde. Ferner wurde je ein weifser Papierstreifen quer \u00fcber jeden der beiden Rahmen gespannt, imd zwar in gleicher H\u00f6he, so dafs beiderseits korrespondierende St\u00fccke der F\u00e4den von den Streifen verdeckt und also unsichtbar gemacht wurden. Auf den direkt und monokular gesehenen Schirm wurde ebenfalls ein horizontaler Papierstreifen geklebt in solcher Gr\u00f6fse und Lage, dafs er sich mit den im reflektierten Licht gesehenen seitlichen Streifen deckte. Da nun die F\u00e4den an der Stelle des Streifens unterbrochen waren, schienen sie durch den Streifen teilweise gedeckt und somit jedenfalls nicht vor demselben zu liegen; hinter den Schirm wurden sie \u2014 begreiflicherweise \u2014- auch nicht lokalisiert. Aus beiden Momenten resultierte nun der deutliche Eindruck, als l\u00e4gen die F\u00e4den unmittelbar auf dem Schirm, seien aber durch einen auf dem Schirm befestigten Papierstreifen zum Teil verdeckt. Auf diese Weise kann die Kernfl\u00e4che sozusagen an eine bestimmte Stelle gebannt werden.\nDie wechselnde Konvergenz hat unter solchen Umst\u00e4nden gar keinen Einflufs auf die Lokalisation der Kernfl\u00e4che, namentlich dann nicht, wenn w\u00e4hrend des Konvergenz-\u2022 wechsels weggesehen wird, oder die Augen geschlossen werden, da die Ver\u00e4nderung selbst mit besonderer Energie sich der Empfindung aufzudr\u00e4ngen strebt.\nAuch bei dieser Form des Versuches \u00e4ndert die Konvergenz nichts an der Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che; die F\u00e4den bleiben, wenn sie bei irgend einem Konvergenzgrade in einer mit der Frontalebene parallelen Ebene erscheinen, auch bei beliebig ver\u00e4nderter Konvergenz in einer Ebene.\nDie letzterw\u00e4hnte Versuchsanordnung bildet das Gegenst\u00fcck zu der pag. 36 f. beschriebenen. W\u00e4hrend dort die scheinbare Entfernimg der F\u00e4den wechselt bei konstanter Konvergenz \u2014 bleibt hier die scheinbare Entfernung dieselbe bei wechselnder Konvergenz.\nS\u00e4mtliche von Helmholtz angezogenen T\u00e4uschungen \u00fcber","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"Vie Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n45\ndie Entfernung von Objekten gehen auf einen der beiden Typen, oder auf eine Kombination beider zur\u00fcck. \u00dcberall aber hat sich gezeigt, dafs diese T\u00e4uschungen auf die disparative Tiefenlokalisation ohne Einflufs sind.\n\u00a7 33. Indessen steht den mitgeteilten Resultaten noch ein von Helmholtz angegebener Versuch entgegen, der in einfacher und schlagender Weise darzuthun scheint, dafs die Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che variiert, wenn die Konvergenz wechselt. Ich will den betreffenden Versuch mit Helmholtz\u2019 eigenen Worten wiedergeben.\nHelmholtz sagt :1\n,,Da es sehr schwierig ist. aufser durch Maschinen eine hinreichend genaue \u00dcbereinstimmung der vertikalen Linien in stereoskopischen Bildern hervorzubringen, habe ich Versuche \u00fcber den Einflufs der Konvergenz noch ini folgender Weise angestellt. Ich habe zwei rechtwinkelige Prismen nebeneinander befestigt, so dafs ihre Querschnitte wie die rechtwinkeligen Dreiecke in Big. 193 (durch Fig. 7 dargestellt) liegen,\na ...\nFig. 7.\ndafs ihre Kanten einander parallel und zwei ihrer Kathetenfl\u00e4chen unter einem kleinen Winkel \u00ab gegeneinander geneigt sind. Trifft der Strahl a f bei b nahehin senkrecht auf eine Kathetenfl\u00e4che solcher Prismen, so wird der Strahl zweimal bei c und d reflektiert, wie die Figur anzeigt, und tritt schliefslich aus der letzten Fl\u00e4che in der Sichtung e y von seiner ersten Kichtung aus um einenWinkel abgelenkt, der das Doppelte des Winkels \u00ab betr\u00e4gt. Wenn man in der angegebenen Weise durch ein solches Doppelprisma bei senkrechter Stellung seiner Kanten blickt, so sieht man genau dasselbe Netzhautbild, wie mit blofsem Auge, aber, um es zu sehen, mufs man das Auge etwas mehr nach rechts oder links wenden, als es ohne das Prisma n\u00f6tig w\u00e4re.\u201c\n\u201eBlickt man durch ein solches Prisma nach drei parallelen vertikalen F\u00e4den, die in einer Ebene sich befinden, und deren mittelster daher\n1 Helmholtz, Physiol. Optik, pag. 657 f.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nFranz Hillebrand.\nden unbewaffneten Augen ein wenig vor die Ebene der beiden anderen vorzutreten scheint, so mufs man die Augen, je nachdem man die Fl\u00e4che b oder e des Prismas ihm zukehrt, mehr konvergieren oder mehr divergieren lassen, als vorher, sieht aber genau dieselben Netzhautbilder. Im Falle die Divergenz vergr\u00f6fsert wird, erscheint der mittlere Faden noch st\u00e4rker vortretend als bisher ; im Falle die Konvergenz vermehrt wird, tritt er in die Ebene der anderen scheinbar zur\u00fcck, oder sogar hinter dieselbe. Da die Prismenzusammenstellung eine ganz geringe telestereoskopische Wirkung hat, so bringe man f\u00fcr Konvergenz die Fl\u00e4che e vor das rechte, f\u00fcr Divergenz b vor das rechte Auge ; oder man bringe nacheinander beide Fl\u00e4chen vor das linke Auge; die telestereoskopische Wirkung des kleinen Apparates ist in den ersten beiden F\u00e4llen gleich, wo der Abstand der Gesichtspunkte durch die Prismen vergr\u00f6fsert wird, und ebenso in den letzteren beiden F\u00e4llen, wo dieser Abstand verkleinert wird.\u201c\n\u201eAus diesem Versuche folgt, dafs dieselben Netzhautbilder die Vorstellung eines konkaven, ebenen oder konvexen Objektes hervorbringen, je nachdem die Konvergenz der Augen gr\u00f6fser oder kleiner ist, dafs also die Konvergenz bei solchen Objekten wohl beachtet wird.\u201c\n\u00a7 34. In der That entstehen (wovon ich mich durch Wiederholung des Versuches \u00fcberzeugt habe) die von Helmholtz angegebenen Tiefeneffekte, wenn man die Prismenkombination in der beschriebenen Weise zur Anwendung bringt.\nTrotz alledem scheint mir der Versuch durchaus nicht beweisend, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil bei Verwendung der erw\u00e4hnten Prismenkombination nicht nur der Konvergenzgrad sich \u00e4ndert, sondern auch das Netzhautbild des einen (bewaffneten) Auges ein anderes wird, was Helmholtz irrt\u00fcmlicherweise in Abrede stellt. Auf diese \u00c4nderung des Netzhautbildes ist in Wahrheit das Vor- oder Zur\u00fccktreten des Mittelfadens zur\u00fcckzuf\u00fchren, wie sogleich zu zeigen versucht werden soll.\nDie Lichtstrahlenb\u00fcndel, welche von den drei F\u00e4den ausgehen, erfahren beim Durchgang durch die Prismenkombination eine viermalige Brechung (entsprechend den vier Kathetenfl\u00e4chen) und eine zweimalige totale Reflexion (an den beiden Hypotenusenfl\u00e4chen). Wir wollen nun verfolgen, welche \u00c4nderungen die drei Fadenbilder bei der Brechung und bei der totalen Reflexion durchmachen, und welche Tiefeneffekte dabei zu erwarten sind, da doch im anderen (unbewaffneten) Auge keine \u00c4nderungen des Netzhautbildes eintreten.\na) Die \u00c4nderungen durch Brechung bestehen nur in einer proportionalen Vergr\u00f6fserung der Abst\u00e4nde der seit-","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Daumwerte auf der Netzhaut.\n47\nlichen Fadenbilder vom mittleren Fadenbild. Wenn also beispielsweise die Seitenf\u00e4den vom Mittelfaden gleich weit entfernt waren, so sind sie nach der Brechung wieder gleich weit von ihm entfernt; nur hat die beiderseitige Entfernung zugenommen. Standen nun die F\u00e4den so, dafs sie ohne die Prismen in einer mit der Frontalebene parallelen Ebene erschienen, so wird verm\u00f6ge der Brechung das Bild im einen Auge symmetrisch vergr\u00f6fsert, w'\u00e4hrend das Bild, welches das andere Auge erh\u00e4lt, gleichbleibt. In diesem Falle mufs der eine der beiden Seitenf\u00e4den in gekreuzter, der andere in ungekreuzter Disparation gesehen werden ; d. h., der eine mufs vor, der andere hinter der Ebene des fixierten Fadens erscheinen. Die F\u00e4den bleiben dabei zwar in einer Ebene, aber in einer Ebene, welche nicht mehr mit der Frontalebene parallel, sondern gegen diese geneigt ist.\nMan kann dies deutlich sehen, wenn man, w\u00e4hrend man auf die drei vertikalen F\u00e4den blickt, vor das eine Auge eine betr\u00e4chtlich dicke planparallele Platte setzt; die Ebene, in der nunmehr die gesehenen F\u00e4den liegen, erscheint um den Mittelfaden gedreht.\nAuch mit H\u00fclfe des fr\u00fcher erw\u00e4hnten Haploskopes ist dies deutlich zu machen. Man braucht nur, wenn die F\u00e4den so eingestellt sind, dafs sie in einer zur Frontalebene parallelen Ebene erscheinen, den einen der beiden Rahmen dem zugeh\u00f6rigen Spiegel zu n\u00e4hern und dadurch das Netzhautbild des einen Auges symmetrisch zu vergr\u00f6fsern: sofort dreht sich die Ebene der F\u00e4den um den fixierten Mittelfaden als Axe.\nSoweit es sich also um blofse Brechungen handelt, entsteht ein Tiefeneffekt nur in dem Sinne, dafs die Objekte auf der einen Seite des fixierten Punktes in die Ferne r\u00fccken, die Objekte auf der anderen Seite in die N\u00e4he; die Sehfi\u00e4che neigt sich gegen die Kernfl\u00e4che um eine vertikale, durch den Fixationspunkt gehende Axe.\nAnders, wenn es sich um Reflexionen handelt.\nb) Die \u00c4nderungen durch Reflexion. Die durch Spiegelung entstehenden Bilder von drei, z. B. in einer Geraden liegenden Punkte haben in ihrer Projektion auf die Netzhaut im allgemeinen nicht nur verschiedene, sondern auch dis-proportional verschiedene Abst\u00e4nde.\nIn Fig. 8 seien 0 und O' die mittleren Knotenpunkte der beiden Augen, A, Ti und G drei in einer Ebene liegende","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nFrans Hillebrand.\nPunkte, in welchen die vertikalen F\u00e4den die Blickebene schneiden (und zwar sei A B = B C) ; d as linke Auge sehe die F\u00e4den direkt, vor dem rechten Auge bef\u00e4nden sich die Spiegel S1 und S2, die zun\u00e4chst miteinander parallel stehen sollen. Die Bilder, welche der Spiegel von den Punkten A. B und G giebt, liegen dann in A', B' und C'. Ber Spiegel S2 giebt von diesen Bildern die weiteren Bilder A\", B\" und C\". Es verh\u00e4lt sich also so, wie wenn das Auge 0 drei F\u00e4den in A\", B\u201c und G\" s\u00e4he. Die Figur zeigt bereits, dafs die\nDistanzen A\" B\u201c und B\u201c G\" unter kleinerem Gesichtswinkel erscheinen, als die Distanzen AB und JB G\\ weiter aber sieht man, dafs der Gesichtswinkel A\" O B\" gegen\u00fcber A O B st\u00e4rker verkleinert ist, als <\u00a3 B\u201c O C\" gegen\u00fcber A B O G) mit anderen Worten, dafs die Gesichtswinkel keine proportionale Verkleinerung erfahren haben, sondern dafs der der \u00e4ufseren Netzhaut entsprechende Gesichtswinkel st\u00e4rker verkleinert wurde, als der der inneren entsprechende. Im Auge 0' haben die Gesichtswinkel keinerlei Ver\u00e4nderung erlitten.\nNun ist leicht zu ersehen, welche Tiefeneffekte hieraus residtieren m\u00fcssen.","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Daumwerte auf der Netzhaut.\n49\nVerm\u00f6ge der Verkleinerung der Gesichtswinkel f\u00fcr das reckte Auge \u00fcberhaupt mufs sich die durch die Seitenf\u00e4den gelegte Ebene gegen die Frontalebene neigen, und zwar so, dafs sie links ferner erscheint, als rechts. Wie leicht ersichtlich, w\u00fcrden ja, wenn die drei F\u00e4den in einer Ebene aufgestellt w\u00fcrden, deren rechte Seite dem Beschauer n\u00e4her liegt, als die linke, die Gesichtswinkel f\u00fcr das rechte Auge kleiner sein m\u00fcssen, wie f\u00fcr das linke.\nWichtiger aber ist das Moment der disproportionalen Verkleinerung der Gesichtswinkel. Wenn der Gesichtswinkel auf der \u00e4ufseren Netzhaut des rechten Auges relativ verkleinert wird (wie in unserem Falle), so mufs \u2014 ceteris paribus \u2014\u2022 der fixierte Punkt vor der Ebene der seitlichen Punkte erscheinen. Man sieht ja leicht, dafs, wenn drei in einer Ebene gelegene Punkte binokular betrachtet werden und nun der mittlere Punkt dem Beschauer gen\u00e4hert wird, der der \u00e4ufseren Netzhauth\u00e4lfte entsprechende Gesichtswinkel sich gegen\u00fcber dem inneren verkleinert.\nIn dieser letzteren Beziehung erleidet (wie aus fr\u00fcher Gesagtem hervorgeht) der Versuch keine \u00c4nderung, wenn man anstatt der beiden Spiegel zwei rechtwinkelige Prismen verwendet, deren Hypotenusenfl\u00e4chen so stehen, wie die Spiegel S1 und S2 in der obigen Figur. Denn da die Brechungen nur proportionale Verk\u00fcrzungen der Fadendistanzen zur Folge haben, so wird zwar die Neigung der durch die Seitenf\u00e4den gehenden Ebene gegen die Frontalebene eine andere sein, als wenn es sich (wie in der Figur) nur um Planspiegel handelt; die disproportionale Distanz\u00e4nderung aber, welche durch die totalen Reflexionen herbeigef\u00fchrt wird, wird im selben Sinne verlaufen, wie wenn man nur Spiegel anwendet : der Mittelfaden wird ebenfalls vortreten m\u00fcssen. Man \u00fcberzeugt sich davon leicht, wenn man die von Helmholtz verwendete Prismenkombination (siehe pag. 45) mit der Fl\u00e4che e vor das rechte Auge bringt und die Kathetenfl\u00e4chen parallel stellt (so dafs d= 0 wird).\n\u00a7 35. Die beiden folgenden Figuren (Figg. 9 und 10.) veranschaulichen die Versuche, welche Helmholtz mit der beschriebenen Prismenkombination angestellt hat. Auch hier sind wieder die Brechungen aus dem angef\u00fchrten Grunde vernachl\u00e4ssigt und nur die Hypotenusenfl\u00e4chen gezeichnet, so,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie V.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nFranz Hillebrand.\nwie wenn es sich nur um zwei gegeneinander geneigte Planspiegel handelte.\nIn Fig. 9 zeigen die punktierten Linien, unter welchem Gesichtswinkel die Distanzen AB und BG dem rechten Auge erscheinen w\u00fcrden, wenn es \u2014 bei Abwesenheit der Spiegel -\u2014 direkt auf B blicken w\u00fcrde; der Winkel A OB ist dabei betr\u00e4chtlich kleiner, als BOG. Werden die Spiegel S1 und S.2 vorgesetzt, und blickt das rechte Auge auf die (zweiten) Spiegelbilder A\",B\u201c,C\", so sind die Gesichtswinkel A\u2018\u2018 OB\u201c und B\u201c 0 C\" nahe gleich, und aufserdem sind sie beide gr\u00f6fser, als\ndie homologen Winkel A OB und B O C. Wegen dieses letzteren Umstandes mufs die Fl\u00e4che, in der das binokulare Bild der drei F\u00e4den liegt, zur Frontalebene geneigt erscheinen, und zwar so, dafs die linke Seite der Fl\u00e4che dem Beschauer n\u00e4her erscheint, als die rechte. Weiter aber mufs, da A\u201c OB\u201c gegen\u00fcber A OB st\u00e4rker vergr\u00f6fsert ist, als B\u201c 0 G\u201c gegen\u00fcber BOG, der mittlere Faden hinter der Ebene der Seitenf\u00e4den erscheinen. In der That erscheinen die F\u00e4den in einer gegen den Beschauer konkaven Fl\u00e4che \u2014 gleichg\u00fcltig, ob man nun Prismen oder Planspiegel anwendet. (In der Zeichnung ist die gegenseitige Neigung der Spiegel stark \u00fcbertrieben im Interesse der Deutlichkeit.)\nIn Fig. 10 bewirken die Spiegel eine Verkleinerung der Gesichtswinkel des rechten Auges. Die Fl\u00e4che, in der die","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n51\nPunkte (oder F\u00e4den) erscheinen, mufs also links entfernter erscheinen als rechts. Anfserdem aber ist der Gesichtswinkel auf der \u00e4ufseren Netzhaut relativ st\u00e4rker verkleinert; der mittlere Punkt (oder Faden) mufs also vorspringen. Man sieht ja leicht, dafs, wenn die drei Punkte ohne Prismen oder Spiegel angesehen w\u00fcrden, eine Verkleinerung des Gesichtswinkels auf der \u00e4ufseren Netzhaut nur durch Ann\u00e4herung des mittleren Punktes herbeigef\u00fchrt werden k\u00f6nnte.\n.r\n\u2022 B'\n\u2022A'\nDie beiden eben angef\u00fchrten F\u00e4lle sind aber gerade diejenigen, auf welche sich Helmholtz an der citierten Stelle seiner Argumentation st\u00fctzt. Es zeigt sich also, dafs verm\u00f6ge der totalen Reflexionen an den Hypotenusenfl\u00e4chen der Prismen in dem einen Netzhautbilde \u00c4nderungen gesetzt werden, welche die von Helmholtz beobachteten Tiefeneffekte notwendig herbeif\u00fchren m\u00fcssen. Auf diesen \u00c4nderungen des einen Netzhautbildes also, und nicht auf den (allerdings bestehenden) Wechsel der Konvergenz mufs das Zur\u00fcck- oder Vortreten des Mittelfadens zur\u00fcckgef\u00fchrt werden.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nFranz Hillebrand.\n\u00a7 36. Es ist nicht schwer, die Versuchsumst\u00e4nde so einzurichten, dafs dasjenige Auge, vor welches die Prismen (oder Spiegel) gesetzt werden, dieselbe Stellung einnimmt, die es haben mnfs, wenn es direkt auf die F\u00e4den sieht. Fig. 11 veranschaulicht einen solchen Fall.\nDas rechte Auge mufs, um den Punkt B\" (das zweite Spiegelbild von B) zu fixieren, dieselbe Stellung einnehmen,\nA\" B\"\tC\"\t\t\na\\\t\\ V \\\tc\t\nA / / 1\t/X\\\\\t\\ \\ V < \\\\\\ \\ \\ '1\t\n\t\t'h V\t.C\u2019\n\t\t\t>B'\n\t\t\t\u2022 A'\n\t\tFig. 11.\t\ndie es einnehmen m\u00fcfste, um B zu fixieren. Aus der Zeichnung ist bereits ersichtlich, dafs beide Gesichtswinkel verkleinert werden, der auf der \u00e4ufseren Netzhaut aber mehr, als der auf der inneren- Erstlich m\u00fcssen also die Punkte (oder F\u00e4den) in einer Fl\u00e4che erscheinen, die links weiter entfernt ist als rechts, \u2022 und weiter mufs der Mittelfaden vortreten, was durch den Versuch (mittels Prismen oder Spiegel) best\u00e4tigt wird. Hier war also ein Tiefeneffekt gegeben, ohne dafs die Konvergenz irgend welche \u00c4nderung erlitt.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumwerte auf der Netzhaut.\n53\nFig. 12 zeigt eine Versuchsanordnung, bei welcher der Gesichtswinkel auf der \u00e4ufseren Netzhaut des rechten, Auges durch Anwendung zweier reflektierender Fl\u00e4chen relativ gr\u00f6fser wird. Nach den fr\u00fcheren Er\u00f6rterungen wird man sofort erwarten, dafs die Fl\u00e4che, in der die binokular gesehenen Objekte erscheinen, gegen den Beschauer konkav sein wird. Dies ist in der That der Fall, obwohl hierbei die Gesichtslinien weniger konvergieren (relativ divergieren), als wenn die Punkte A, B und G direkt gesehen w\u00fcrden.\n(Die Spiegel stehen bei diesem Versuche parallel.\nVerwendet man, wie Helmholtz, zwei rechtwinkelige Prismen, so mufs man sie so orientieren, dafs zwei Kathetenfl\u00e4chen einander ber\u00fchren, oder wenigstens parallel stehen, dafs also a in Fig. 7=0 ist.)\nWir d\u00fcrfen also, das Gesagte zusammenfassend, behaupten, dafs bei dem He l M h o LTZschen Versuch mit der Prismen-kombination sich die Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che nicht deshalb \u00e4ndert, weil die Konvergenz ge\u00e4ndert wird, sondern deshalb, weil sich das Netzhautbild des einen Auges \u00e4ndert, und dafs die \u00c4nderung in der binokularen Tiefenlokalisation aus jener einseitigen \u00c4nderung des Netzhautbildes gerade unter Voraussetzung stabiler liaumwerte deduciert und daher vorausgesagt werden kann.\nHiermit aber scheint das letzte Argument widerlegt, welches die Abh\u00e4ngigkeit der disparativen Tiefenlokalisation von der Konvergenz und damit von der scheinbaren Entfernung des fixierten Punktes darzuthun suchte.\nA\" B\" C\"\nFig. 12.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nFranz Hillebrand.\nY. Theoretische Konsequenzen.\n\u00a7 37. Wenn also ein Sehpunkt vor, in oder hinter der Kernfl\u00e4che liegt, so ist diese seine Lokalisation (relativ zur Kernfl\u00e4che), bei Ausschlufs aller Erfahrungsmotive nur bedingt durch die Besonderheit der beiden Netzhautpunkte, auf welche die optischen Bilder des Betreffenden Aufsenpunktes zu liegen kommen, mitanderenWorten: die Lokalisation eines Punktes relativ zur Kernfl\u00e4che mufs als physiologische Punktion eines bestimmten Netzhauts tellenpaares aufgefafst werden. In diesem Sinne k\u00f6nnen, wir einem bestimmten Netzhautstellenpaare einen Eaumwert zuschreiben und behaupten, dafs dieser Baumwert ein stabiler sei, d. h. dafs er diesem Netzhautstellenpaare ein f\u00fcr alle Male zukomme \u2014 unabh\u00e4ngig von dem (durch welche Ursachen immer veranlafsten) Wechsel in der Lokalisation der Kernfl\u00e4che selbst.1\nBei der Untersuchung der weiteren Frage, wie ein Netzhautstellenpaar gelegen sein mufs, damit ihm der stabile Tiefenwert 0 zukomme, d. h. damit sich der entsprechende Sehpunkt in der Kernfl\u00e4clie befinde, hat sich gezeigt, dafs die beiden Bichtungslinien des betreffenden Aufsenpunktes mit den zugeh\u00f6rigen Gesichtslinien, nicht gleiche Winkel einschliefsen d\u00fcrfen, sondern dafs der Winkel auf der inneren (nasalen) Netzhauth\u00e4lfte gr\u00f6fser sein mufs, als der auf der \u00e4ufseren (temporalen), mit anderen Worten: dafs die Breitenwerte auf der \u00e4ufseren Netzhaut rascher wachsen, als auf der inneren.\nDieser letztere wichtige Satz, den bereits Hering2 angenommen hatte, geht unter Voraussetzung stabiler Baumwerte mit Notwendigkeit aus der Thatsache hervor, dafs der L\u00e4ngshoropter bei starker Konvergenz eine konkave, bei schwacher eine konvexe, und nur bei gewissen mittleren Konvergenzen eine ebene Fl\u00e4che ist.\n1\tDiese S\u00e4tze erleiden eine Einschr\u00e4nkung nur in Bezug auf h\u00f6h en-disparate Punkte. Denn da, wie wir gesehen haben (vgl. pag. 25 ff.), die H\u00f6hendisparation \u00fcberhaupt keinen Einflufs auf die Tiefenlokalisation hat, so kann auch ein blofs die H\u00f6hendisparation betreffender W echsel keinen Wechsel im Tiefenwert zur Folge haben.\n2\tHering, \u201eDie Gesetze der binokularen Tiefenwahrnehmung\u201c im Arch. f. Anat. u. Physiol. 1865, pag. 161, ebenso in Hermanns Handb. d. Physiol. III. 1, pag. 401 f.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Baumicerte auf der Netzhaut.\n55\n\u00a7 38. Die Annahme, dafs die Breitenwerte auf der \u00e4ufseren und inneren Netzhaut nach (in der oben beschriebenen Weise) verschiedenen Gesetzen zunehmen, erh\u00e4lt \u2014 worauf ebenfalls Hering hingewiesen hat \u2014\u2022 eine weitere Best\u00e4tigung durch eine Beobachtung Kundts.\nKundt hat gefunden, dafs, wenn man eine Strecke monokular zu halbieren sucht, hierbei ein konstanter Fehler in dem Sinne begangen wird, dafs der auf der inneren Netzhaut sich abbildende Teil der Strecke zu grofs ausf\u00e4llt.1 Ich habe diese Beobachtung Kundts mittels einer \u00e4hnlichen Versuchsanordnung nachgepr\u00fcft und f\u00fcr mich und einen anderen Beobachter best\u00e4tigt gefunden.\nDiese Thatsache findet ihre Erkl\u00e4rung durch die oben gemachte Annahme, dafs die Breitenwerte auf der \u00e4ufseren Netzhaut rascher wachsen, als auf der inneren, d. h. dafs zur Erzielung gleicher scheinbarer Breitenabst\u00e4nde auf der \u00e4ufseren Netzhaut ein kleinerer Gesichtswinkel erforderlich ist, als auf der inneren.2\n\u00a7 39. Zum Schl\u00fcsse m\u00f6gen die Kesultate einer Anzahl von messenden Versuchen mitgeteilt werden. Zuvor sei aber noch ein Wort \u00fcber die individuellen Verschiedenheiten der Kaumwerte gesagt.\n1\tPogg. Ann. 1863, pag. 134 f.\n2\tDie Differenzen der Gesichtswinkel, die ich bei diesen Beobachtungen gefunden habe, sind von derselben Gr\u00f6fsenordnung (6 bis 20 Winkelminuten), wie die Differenzen, die sich bei der Bestimmung des L\u00e4ngshoropters vermittels des Spiegelhaploskopes herausgestellt hatten (vgl. auch die Tabelle). Eine genaue \u00dcbereinstimmung ist nat\u00fcrlich nicht zu erzielen, da bei der monokularen Streckenteilung zu viele Sch\u00e4tzungsfehler unterlaufen, und aufserdem Gewohnheiten und sonstige psychische Einfl\u00fcsse die Resultate, wie sie sich aus der blofsen physiologischen Verschiedenheit der Breitenwerte ergehen m\u00fcfsten, undeutlich zu machen und zu modifizieren geeignet sind.\nVielleicht sind auf solche Fehlerquellen die gegenteiligen Angaben Fischers (\u201eGr\u00f6fsensch\u00e4tzungen im Gesichtsfeld\u201c in Gr\u00e4fes Archiv f. Ophthalm. 37. Bd., 1. Abtl., pag. 109) zur\u00fcckzuf\u00fchren, der hei monokularen Streckenteilungen stets den \u00e4ufseren Gesichtswinkel zu grofs fand. Immerhin l\u00e4fst sich \u2014 was Fischers Augen anlangt \u2014 auch an eine von der Norm abweichende Anordnung der Raumwerte denken, was sich dann in einer abweichenden Gestalt seines L\u00e4ngshoropters \u00e4ufsern m\u00fcfste. Individuelle Verschiedenheiten in der Gestalt des L\u00e4ngshoropters bestehen ja jedenfalls. (Vgl. u. pag. 56 f.)","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nFranz Hillebrand.\nWenn die Lokalisation in die Kernfl\u00e4che von den fixen Raumwerten der Netzhautpunkte abh\u00e4ngt bezw. von dem Gesetze, nach welchem diese Raumwerte mit dem Abstande von der L\u00e4ngsmittellinie auf der \u00e4ufseren und inneren Netzhaut wachsen, so ist eine absolute Gleichheit der Raumwerte bei verschiedenen Individuen, ja bei den beiden Augen eines und desselben Individuums schon von vornherein nicht wahrscheinlich. Dies wird auch durch die Erfahrung best\u00e4tigt. Schon Helmholtz teilt mit, dafs von seinen drei Mitbeobachtern sich jeder in einer anderen Entfernung vor den vertikalen F\u00e4den aufstellen mufste, um sie in einer Ebene liegend zu sehen. Dies begreift sich leicht. Wenn die gleichen Breitenwerten entsprechenden Winkel auf der \u00e4ufseren und inneren Netzhaut beim Beobachter A weniger voneinander verschieden sind, als beim Beobachter B, so wird A sich weiter von den F\u00e4den entfernen m\u00fcssen, als B. Wie man sieht, w\u00e4re der Grenzfall die v\u00f6llige Gleichheit der gleichen Breitenwerten entsprechenden Winkel innen und aufsen; in dem Falle w\u00fcrden Objekte, um in der Kernfl\u00e4che gesehen zu werden, im M\u00fcLLERschen Horopterkreise liegen und also immer konkav sein m\u00fcssen; d. h. die Entfernung, in der das ebene Fadensystem eben erschiene, w\u00e4re theoretisch unendlich grofs.\nAber nicht nur zwischen verschiedenen Beobachtern, auch zwischen den beiden Augen desselben Beobachters kommen derartige Unterschiede vor. Schon in der Halbierung von monokular gesehenen Strecken kommt dies zum Ausdruck. Bei mir z. B. ist die Differenz der beiden Gesichtswinkel im linken Auge gr\u00f6fser als im rechten; bei einem anderen Beobachter (Hrn. Dr. M. Sachs, Assistenten am hiesigen physiologischen Institute) habe ich die Differenz im rechten Auge st\u00e4rker gefunden; bei Kundt sind die Differenzen f\u00fcr beide Augen ungef\u00e4hr gleich. Wie zu erwarten, \u00e4ufsert sich eine derartige Verschiedenheit zwischen den beiden Augen eines Beobachters auch in der binokularen Lokalisation, und zwar in der Weise, dafs eine Reihe von Objekten, um in der Kernfl\u00e4che zu erscheinen, nicht symmetrisch zur Medianebene liegen darf, sondern dafs die Objekte auf der einen Seite der Medianebene dem Beobachter n\u00e4her liegen m\u00fcssen, als die auf der anderen Seite. \u2022\nIch habe, um dies zu pr\u00fcfen, mit den drei direkt gesehenen","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Eaumwerte auf der Netzhaut.\n57\nVertikalf\u00e4den aufser der in \u00a7 14 erw\u00e4hnten eine zweite Versuchsreihe gemacht, wobei ich nicht (wie bei der ersten) die Seitenf\u00e4den symmetrisch orientierte und den Mittelfaden in die Ebene zu stellen suchte, sondern den Mittelfaden fixierte und nun versuchte, die Seitenf\u00e4den so zu stellen, dafs das System in einer zur Frontalebene parallelen Ebene erschien. Die F\u00e4den standen dann erstens nicht in einer Ebene, sondern in einer krummen Fl\u00e4che (wovon fr\u00fcher die Rede war), zweitens aber lag diese krumme Fl\u00e4che nicht symmetrisch zur Medianebene, sondern war mir mit ihrer linken Seite jedesmal n\u00e4her, als mit der rechten.\nAnaloge Unterschiede zeigten auch die pag. 38 ff. erw\u00e4hnten Versuche am Spiegelhaploskop. Waren die auf den inneren Netzhauth\u00e4lften sich abbildenden F\u00e4den gleich weit von den bez\u00fcglichen Mittelf\u00e4den eingestellt, und suchte ich nun die auf den \u00e4ufseren Netzh\u00e4uten sich abbildenden F\u00e4den so zu stellen, dafs das ganze binokular gesehene System in einer zur Frontalebene parallelen Ebene erschien, so mufsten die letzteren F\u00e4den nicht nur von ihren bez\u00fcglichen Mittelf\u00e4den weniger weit abstehen, als die auf den inneren Netzh\u00e4uten sich abbildenden, sondern es mufste auch die Entfernungsdifferenz f\u00fcr das linke Auge stets gr\u00f6fser sein, als die f\u00fcr das fechte, eine Verschiedenheit der beiden Augen, wie sie sich im selben Sinne bei der monokularen Streckenhalbierung geltend gemacht hatte. (Eine unten mitzuteilende Tabelle wird ein beil\u00e4ufiges Bild von der Verschiedenheit meiner Augen in Bezug auf die Raumwerte geben.)\nVI. R\u00fcckblick.\n\u00a7 40. Fassen wir den Inhalt der vorstehenden Abhandlung kurz zusammen, so d\u00fcrfen wir folgendes behaupten:\n1.\tDie Tiefenlokalisation des binokular fixierten Punktes und damit der Kernfl\u00e4che ist durch den Reiz (bezw. durch das Netzhautbild) nicht bestimmt, sondern von. der Konvergenz und von einer Reihe variabler empirischer Motive abh\u00e4ngig.\n2.\tDie Lokalisation aller anderen binokular einfach gesehenen Punkte in Bezug auf die Kernfl\u00e4che h\u00e4ngt von der Disparation der Netzhautbilder ab und ist mithin bereits ein Moment der primitiven Empfindung (vgl. oben pag. 6 f.). Erfahrungsmomente bringen nicht erst die Tiefenbestimmtheit","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nFrans Hillebrand.\nhinzu, wohl aber k\u00f6nnen sie den bereits in der primitiven Empfindung gelegenen Tiefenwert modifizieren.\n3.\tDie Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che h\u00e4ngt nur von der Querdisparation, nicht von der H\u00f6hendisparation ab.\n4.\tWenn zwei Punkte der beiden Netzh\u00e4ute einander so zugeh\u00f6ren, dafs das entsprechende einfache Sehobjekt in der Kernfl\u00e4che liegt (den Tiefenwert 0 hat), so ist dies, soweit es sich um die Lokalisation der primitiven Empfindung handelt, immer und unter allen Umst\u00e4nden der Pall, gleichg\u00fcltig, ob und wie sich die Lokalisation der Kernfl\u00e4che selbst \u00e4ndert. Der Kaumwert, welcher einem solchen Paare von Netzhautpunkten zukommt, ist also in diesem Sinne stabil.\n5.\tDie beiden Netzhautbilder, welche einem in die Kernfl\u00e4che lokalisierten Objekte entsprechen, sind immer so gelegen, dafs die Richtungslinie des auf der inneren Netzhaut gelegenen Bildpunktes mit der dazugeh\u00f6rigen Gesichtslinie einen gr\u00f6fseren Winkel einschliefst, als die Richtungslinie des auf der \u00e4ufseren Netzhaut gelegenen Bildpunktes mit der ihr zugeh\u00f6rigen Gesichtslinie, wobei die Differenz dieser Winkel individuell verschieden ist.\n6.\tDie angef\u00fchrten Gesetze, denen die Lokalisation in Bezug auf die Kernfl\u00e4che unterliegt, haben zur Folge, dafs die binokular einfach gesehenen Objekte nicht im Durchschnittspunkt ihrer Richtungslinien gesehen werden ; mit anderen Worten, dafs der Ort der Sehobjekte im allgemeinen nicht \u00fcbereinstimmt mit dem Ort der entsprechenden wirklichen Objekte. Diese T\u00e4uschung ist keine T\u00e4uschung \u00fcber den Empfindungsinhalt, sondern nur \u00fcber Form und Lage des wirklichen Objektes.\nAnhang.\n\u00a7 41. Um dem Leser wenigstens an einem Beispiele ein Bild von dem Grade der Verschiedenheit der Winkel zu geben, Avelche jede der beiden Richtungslinien eines in der Kernfl\u00e4che gesehenen Punktes mit der bez\u00fcglichen Gesiehtslinie ein-schliefsen, f\u00fcge ich eine Tabelle \u00fcber die entsprechenden Werte bei, wie ich sie aus Versuchen mit dem pag. 38 beschriebenen Spiegelhaploskope f\u00fcr meine Augen ermittelt habe.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Die Stabilit\u00e4t der Saumwerte auf der Netzhaut.\n59\nMit Fig. 6 pag. 40 verglichen, giebt die 2. Kolumne die Distanz B C (= B\u2018 C\u2018) an; die 3. und 4. Kolumne die Distanzen A C resp. A' G\u2018\\ die 5. Kolumne den \"Winkel a (= \u00ab'); die 6. und 7. Kolumne die Winkel /\u00eeresp. \u00df\u2018. In der 8. Kolumne ist das Intervall angegeben, innerhalb dessen die Konvergenz ge\u00e4ndert wurde, wobei die drei gesehenen F\u00e4den (wie fr\u00fcher erw\u00e4hnt) immer in einer zur Frontalebene parallelen Ebene lagen. Die Einstellung wurde an einem zwischen den zwei Extremen der Konvergenz gelegenen Punkte gemacht und dann die Konvergenz nach beiden Seiten ge\u00e4ndert (vergl. pag. 41 f.). Die Vergleichung der 3. und 4. Kolumne, und ebenso der 6. und 7. giebt ein Bild von der pag. 56 f. erw\u00e4hnten Verschiedenheit meiner Augen. Der Vergleich der 3. und 4. Kolumne mit der 2., und ebenso der 6. und 7. mit der 5. zeigt die Verschiedenheit der Breitenwerte auf der \u00e4ufseren und inneren Netzhaut.\nZum Schl\u00fcsse sei es mir gestattet, Herrn Prof. Heking f\u00fcr die vielfache Unterst\u00fctzung, die er mir bei Ausf\u00fchrung der vorstehenden Arbeit hat zu teil werden lassen, meinen w\u00e4rmsten Dank auszusprechen.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"Die L\u00e4ngenmafse sind durchweg in Millimetern angegeben.\n60\tFrans Hillebrand,\nI. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X.\t\t\n350 210 280 350 420 330 220 160 130 100\tEntfernung der Mittelf\u00e4den von den beztigl. Drehpunkten.\t\nt\u00f6\ttO\tIO\t05\tto\t05\tto\tIO\t^ cnuiotocnoo'omo\tEntfernung der auf den inneren Netzhauth\u00e4lften abgebildeten F\u00e4den von den Mittelf\u00e4den\t\n9,8 14,55 19.4 24,2 29,25 24.6 28.7 23,9 23.4 23,1\tf\u00fcr das linke 1 Auge\tEntfernung der auf den \u00e4ufseren Netzhauth\u00e4lften abgebildeten F\u00e4den von den Mittelf\u00e4den, und zwar\n9,9 14.8 19.8 24,75 29.6 24,75 29.4 24.6 24.4 24,1\tf\u00fcr das rechte Auge\t\nM \u00a900-^050505050505^ OOOOOOOOOc 00CC\u201c4C0*^000lO05O ^ostoorrf^to^^^i-* \u2018\u25a0OmCfrh-^IO\tGr\u00f6fse jedes der beiden inneren Gesichtswinkel\t\nO\tCO\t\u00bbvl\tC5\t05\t05\t05\t05\t05\t>\u20141 \u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9 O\tH*\t05\tOi\tifs*\t05\t05\ttO\ttO ^i-^05tOGCtf^^00 tOl\u2014lU*IOOt05tf*.H-tt-\u2018tO -O\u00ab^05^CD\t5:000^\tf\u00fcr das linke Auge\tGr\u00f6fse der \u00e4ufseren Gesichtswinkel, und zwar\ni\u2014* OCD**3C50505050505h-*\u25a0 \u00a9\u00ae\u00a9\u00a9\u00a9o\u00a9\u00a9\u00a9\u00ae t005!0^0ttf^^05\t05\tt0 qt-^00\u00fctqj05ccoco IO^tOCn>-t\u00bb-4-\u00a905O*>-1 -a\t:;\t\u00a9\t\u00a9\t\u00a9\t00\t^rf^H-^00\tf\u00fcr das rechte Auge\t\n+\t+\ti\t1\t1\t1\t1\t1\t1 Cih-o^-jcDGoa^^co o\u00a9\u00bb\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9 -SS-----\t- \u0153* + + + + + + + + + + 0505b0lOtO*-L*-^\u2018-*tOH-A c\u00a3S7\u00bbc5\u00a9>\u00a9tO\u00a9CC\u00a9-3 \u00a9oo\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\u00a9\tGrenzen, innerhalb deren die Konvergenz ge\u00e4ndert wurde\t\nTabelle. (Zu \u00a7 29. II.)","page":60}],"identifier":"lit15065","issued":"1893","language":"de","pages":"1-60","startpages":"1","title":"Die Stabilit\u00e4t der Raumwerte auf der Netzhaut","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:57:37.957811+00:00"}