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{"created":"2022-01-31T13:20:15.764243+00:00","id":"lit1507","links":{},"metadata":{"alternative":"Archiv f\u00fcr Physiologie","contributors":[{"name":"Pawlow, Iwan P.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Archiv f\u00fcr Physiologie: 452-468","fulltext":[{"file":"p0452.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fceber den Einfluss des Vagus auf die Arbeit der linken Herzkammer.\nVon\nDr. J. P. Pawlow.\n(Aus dem physiologischen Institut zu Leipzig.)\nIn einer fr\u00fcheren Untersuchung, deren Ergebnisse theils russisch, theils deutsch1 ver\u00f6ffentlicht wurden, hatte ich gefunden, dass sich der Druck in der Arteria carotis unabh\u00e4ngig von der Schlagfolge des Herzens erh\u00f6hen liess durch Reizung gewisser zu den Ventrikeln gehender Zweige des Brustvagus. Obwohl die Bedingungen des Versuches schon damals der Art gew\u00e4hlt waren, dass das Anwachsen des,Druckes nur auf ein vermehrtes Zustr\u00f6men des Blutes vom Herzen aus, also auf eine gesteigerte Th\u00e4tigkeit des letzteren zu beziehen war, so fehlte doch zum vollen Beweise noch die Messung der mit je einer Systole ausgeworfenen Blutmenge. Durch die Aortenaiche, welche mir Hr. Prof. C. Ludwig in verbesserter Gestalt zur Verf\u00fcgung stellte, liess sich, wie aus der folgenden Mittheilung ersichtlich, der Mangel erg\u00e4nzen.\nVon dem Apparate, mit welchem Stolnikow die St\u00e4rke des Aortenstromes geaicht hatte, unterschied sich der neue nach zwei Richtungen hin; die Umschaltung der Stromrichtung von den Blut- zu den Aichgef\u00e4ssen, die fr\u00fcher der Hand \u00fcberlassen war, wurde einem automatisch wirkenden Hebel an vertraut und n\u00e4chstdem war der Strom, der von dem linken Herzen her zu den Aichr\u00f6hren ging, in unmittelbare Verbindung gesetzt mit dem, welcher von dort zum rechten Herzen zur\u00fcckfloss, so dass der Apparat stets ebensoviel Blut hergab, als er empfangen hatte.\n1 Centralblatt der medicinisehen Wissenschaften. 1883 und 1885.","page":452},{"file":"p0453.txt","language":"de","ocr_de":"J. P. Pawlow: Einfluss des Vagus auf die linke Herzkammer. 453\nDamit die Menge des abfliessenden Blutes gleich der des zufliessenden werden musste, waren die Aichgef\u00e4sse an ihren oberen Enden luftdicht verschlossen, und beide durch ein engeres Rohr mit einander verbunden, so dass nun dieser Theil des Apparates der \u00e4lteren Stromuhr \u00e4hnlich wurde. \u2014\nEinen gr\u00f6sseren Aufwand von Mitteln erforderte die Selbstwendung der Stromrichtung, weil sie jedesmal nur dann erfolgen durfte, wenn sich das eine der beiden Aichgef\u00e4sse gef\u00fcllt und demgem\u00e4ss das andere entleert hatte. Der ver\u00e4nderlichen Zeit wegen, nach deren Verfluss die Wendung des Blutstromes stattfinden sollte, mussten, insofern man sie auf elektromagnetischem Wege ausf\u00fchren wollte, zwei galvanische Stromkreise aufgestellt werden. Die Verdeutlichung des Verfahrens wird deshalb nur mit Hilfe einer schematischen Zeichnung gelingen. (Fig. 1.)\nA und B sind die Aichgef\u00e4sse, von jedem derselben gehen zwei R\u00f6hren aus, a und a vou A, b und b' von B. Nachdem sich die R\u00f6hren gekreuzt, m\u00fcnden a und b in eine mit Lv, a und b' in die mit Rv bezeichnte Can\u00fcle. Auf ihrem Wege sind die R\u00f6hren ad, bb' theils aus Glas, theils aus Kautschuk hergestellt, da wo letzteres eingeschaltet, a neben b und b' neben a gelegen ist, laufen beiderseits je zwei der R\u00f6hren \u00fcbereinander vor einer unverr\u00fccklich feststehenden eisernen Platte pp vorbei. Der eisernen Platte gegen\u00fcber liegt ein eiserner Doppelkeil der Art, dass die R\u00f6hren zwischen den beiden Eisenst\u00fccken der Platte und einem Keilende hindurchlaufen. An diesem Orte k\u00f6nnen je nach der Stellung, welche dem Doppelkeil gegeben wird, zwei auf derselben Seite liegende Kautschukr\u00f6hren verschlossen werden, indess die beiden auf der entgegengesetzten Seite befindlichen offen bleiben. Um den Verschluss bald rechts, bald links hin zu bewirken, und ihn an jedem Orte so lange festzuhalten, bis sich das Aichgef\u00e4ss A von dem linken Ventrikel aus gef\u00fcllt, das Aich-gef\u00e4ss B dagegen nach der Vene hin entleert hatte, mussten zwei von einander getrennte electrische Batterien aufgestellt werden.\nDie erste derselben 1, welche den Doppelkeil k regieren und mit ihm die Kautschukr\u00f6hren verschliessen soll, kann ihren Strom durch zwei Leitungen 1, ZZ, 111, IV, V oder I, II', III, IF, V ergiessen, doch niemals gleichzeitig durch beide, denn jeder der Zweige ist an einem Orte IV und IV zu unterbrechen und die beiden Bruchstellen stehen an den Enden eines doppelarmigen Hebels V und V, so dass die Verbindung in der einen Bahn unterbrochen sein muss, wenn die an der anderen hergestellt ist. Das Spiel der geschilderten Einrichtung ist durchsichtig. Gesetzt, die Leitung II, UI, IV, V sei wegsam, so wird der jenseits III eingeschaltete Magnet wirkungsvoll, er zieht den Stiel des Doppelkeils an sich; weil sich","page":453},{"file":"p0454.txt","language":"de","ocr_de":"454\nJ. P. Pawlow:\nftir\nPig. 1.","page":454},{"file":"p0455.txt","language":"de","ocr_de":"Einfluss des Vagus auf die linke Herzkammer.\n455\naber der Stiel tun die Axe x dreht, so wird der Doppelkeil selbst die Kautschukr\u00f6hren ab verschliessen, ab' dagegen unbehelligt lassen.\nIn der Lage, die ihm einer der Zweige des Sperrkreises ertheilt, soll der Doppelkeil so lange verharren, bis sich das bis zu einer gewissen H\u00f6he mit Blut erf\u00fcllte Aichgef\u00e4ss B durch die Yene entleert, das vordem leere Aichgef\u00e4ss A von der Aorta her gespeist ist, dann aber soll sich der Keil augenblicklich umlegen, so dass das Gef\u00e4ss, welches soeben noch mit der Arterie in Verbindung stand, in die Yene m\u00fcndet und das Umgekehrte mit dem anderen Gef\u00e4sse geschieht.\nDass dieses zur bestimmten Zeit eintrete, daf\u00fcr sorgt der in der Batterie 1 entspringende Strom, welchem ebenfalls zwei Wege zur Verf\u00fcgung stehen. 2, 3, 4, 5 und 2', 3', 4', 5'. Auch in diesem zweiten Kreise, der die Umschaltung des ersten bewirkt, hat jeder Zweig eine L\u00fccke, welche beide niemals zugleich \u00fcberbr\u00fcckt werden, stets ist die eine Verbindung unterbrochen, wenn die andere hergestellt ist, zudem dauert der Schluss nur kurze Zeit. Er wird durch den Schwimmer hervorgebracht, welcher vom Blute gehoben ward, das aus dem linken Ventrikel herstr\u00f6mt. Wenn beispielsweise der im Aichgef\u00e4ss A emporgehobene Schwimmer das Pl\u00e4ttchen an der Klemme 4 zu dem Stift bei 5 angedr\u00fcckt hat, wird der Strom in dem Zweige 2 bis 5 kreisen und den von ihm umzogenen Eisenkern zum Magneten umformen. Sogleich wird der Magnet den Hebelarm V herabziehen, wodurch im Sperrkreis a b' der Zweig geschlossen wird, welcher den Doppelkeil nach der Seite des arteriellen Zuflusses zu A hin bewegt. Mit dem Verschluss des Zuflusses \u00f6ffnet sich das Abflussrohr, der Schwimmer folgt der sinkenden Fl\u00fcssigkeit und die soeben noch leitungsf\u00e4hige Bahn wird wieder unwegsam.\nEin Gleiches darf nicht im Stromzweige I, II, / stattfinden; er muss, wie schon gesagt, bis zur Entleerung von A, beziehentlich zur F\u00fcllung von B leitungsf\u00e4hig bleiben, eine Bedingung, die sich erf\u00fcllt, wenn die Unterst\u00fctzung des Hebels V V \u00fcber dem Schwerpunkt liegt; in der Lage, die ihm gegeben war, verharrt er so lange, bis er durch den anderseitigen Magneten in eine neue gebracht wird.\nWeil die Kautschukr\u00f6hren, die das Blut den Aichgef\u00e4ssen zubriugen und entnehmen, wechselweise zu \u00f6ffnen und zu verschliessen sind, so muss sich der Doppelkeil K ausgiebig bewegen, zugleich aber hat er einen kr\u00e4ftigen Druck zu \u00fcben, wenn er die durch ihren Inhalt ausgespannten Wandungen aneinander pressen soll. Hierzu sind die neben III und IW angebrachten Elektromagneten bef\u00e4higt, weil sie nicht unmittelbar den Doppelkeil, sondern je einen Anker anziehen, der ihren Polen sehr nahe liegt. Anker und Doppelkeil bilden die Enden eines Hebels, dessen ungleich lange Arme sich um die Achse x drehen. Den gegebenen Maassen","page":455},{"file":"p0456.txt","language":"de","ocr_de":"456\nJ. P. Pawlow:\nentsprechend wird der von dem Anker durchmessene Weg f\u00fcnf Mal ver-gr\u00f6ssert vom Doppelkeil durchsetzt.\nZahlenm\u00e4ssige Bestimmung der Stromst\u00e4rke. \u2014 MitdemWeg-fall der federtragenden Schwimmer, welche in dem fr\u00fcheren Apparate das Steigen und Sinken der Bluts\u00e4ule auf das vor\u00fcberziehende Papier einzeichneten, musste auf eine anderweite Notirung der Stromst\u00e4rke Bedacht genommen werden. Zu einer solchen eignete sich die Ermittelung der Blutmenge, welche die Arterie zur F\u00fcllung eines der beiden Aichgef\u00e4sse zu liefern hatte und die Kenntniss der hierzu n\u00f6thigen Zeit.\nErfordernisse zur Bestimmung des in den Apparat eingetretenen arteriellen Blutes sind folgende: Die beiden Aichgef\u00e4sse m\u00fcssen m\u00f6glichst einander gleich, calibrirt und auf ihrer Aussenfl\u00e4che mit je einer Millimeter-theilung versehen sein. Damit der Versuch ohne St\u00f6rung beginnen kann, muss das mit der Vene verbundene Aichgef\u00e4ss mindestens soviel defibri-nirtes Blut enthalten als noth wendig, um von der Arterie aus das zweite Gef\u00e4ss bis oben hin zu f\u00fcllen, denn es muss, dem Bau des Apparates ent sprechend, aus ihm stets gerade soviel abfliessen als ihm zufloss.\nDie untere Grenze der Blutmenge, welche dem Apparat vor dem Beginn des Versuches zugebracht sein muss, liegt also bei der H\u00e4lfte seines gesammten Inhaltes. Indess kann die vorl\u00e4ufige F\u00fcllung \u00fcber diesen geringsten Werth hinausgehen, woraus der Vortheil erw\u00e4chst, dass das zur Anf\u00fcllung des Gef\u00e4sses n\u00f6thige arterielle Blutvolum weniger als der halbe Inhalt des messenden Apparates betragen darf. Immer aber muss der An-theil des Gesammtraumes beider Aichgef\u00e4sse bekannt sein, welcher vor dem Beginn des Versuches mit Luft erf\u00fcllt war, da seinem Umfang das aus dem Herzen kommende, von dem Apparate zu fassende Blutvolum entspricht.\nDie zur F\u00fcllung des verf\u00fcgbaren Baumes n\u00f6thige Zeit wird am sichersten graphisch bestimmt. So oft eins der Aichgef\u00e4sse vollkommen gef\u00fcllt ist, wird der Hebel V V bewegt, durch ihn l\u00e4sst sich also auf dem vor\u00fcbergef\u00fchrten Papierstreifen eine Marke einzeichnen.\nSowie die zur F\u00fcllung des verf\u00fcgbaren Raumes n\u00f6thigen Blutmengen und Zeiten bekannt sind und ausserdem, was leicht geschehen kann, die in jener Zeit gefallene Zahl der Herzschl\u00e4ge, so l\u00e4sst sich in Mittelwerthen die von einer Systole oder die in einer Secunde gelieferte Blutmenge angeben. Da man aber der automatisch bewirkten Umschaltung wegen die F\u00fcllungszeit bis auf wenige Secunden hin ohne Beeintr\u00e4chtigung der Genauigkeit herabdr\u00fccken kann, so wird in der Regel durch die Ziehung des Mittels eine mit der Zeit ver\u00e4nderliche Stromst\u00e4rke nicht verdeckt werden.\nEmpfehlenswerth sind \u00f6ftere Pr\u00fcfungen des Apparates auf seinen luftdichten Zustand und auf die Leistungsf\u00e4higkeit des Doppelkeils. Dass die","page":456},{"file":"p0457.txt","language":"de","ocr_de":"Einfluss des Vagus auf die linke Herzkammer..\n457\nerstere gewahrt sei, ist aus der Unver\u00e4nderlichkeit des Luftvolums im Apparat vor dem Beginn und nach dem Ende eines Versuches zu erkennen.\nOb der Keil den Verschluss der Kautschukr\u00f6hren sicher besorgt, l\u00e4sst sich ersehen, wenn man vor die Arteriencan\u00fcle einen unver\u00e4nderlichen Wasserdruck anbringt, die Venencan\u00fcle in ein Gef\u00e4ss mit constantem Wasserspiegel eintaucht und ausserdem noch ein empfindliches Manometer unmittelbar vor die Arteriencan\u00fcle setzt. Dem stets gleichen Druckunterschied des Wassers gem\u00e4ss m\u00fcssen die Zeitmarken, welche von dem Apparate heim Spiel der Elektromagnete aufgezeichnet werden, gleich lang sein, ohnedies w\u00fcrde sich entweder einerseits das Kautschukrohr nicht gen\u00fcgend \u00f6ffnen und das Abfliessen hindern \u2014 oder der Keil w\u00fcrde auf einer Seite fester als auf der anderen schliessen, sodass ein Theil des eintretenden Wassers, ohne in das Aichgef\u00e4ss \u00fcberzugehen, nach der Vene hin abfl\u00f6sse. Entscheidend f\u00fcr die beiden M\u00f6glichkeiten sind die Angaben des Manometers. In dem letzteren Falle bleibt sein Stand unver\u00e4ndert, ob das erste oder zweite Gef\u00e4ss mit der Arterie verbunden ist; wenn dagegen aus einem der beiden Gef\u00e4sse der Abfluss in die Venencan\u00fcle gehemmt w\u00e4re, so w\u00fcrde der Druck im Manometer wachsen.\nVorbereitung des Thieres. Als Bet\u00e4ubungsmittel wurde Morphium, Curare, und insofern die pulsverz\u00f6gernde Wirkung des N.\u2019 vagus vermieden werden musste, zugleich Atropin benutzt. Je nach der damit verbundenen Absicht war der Versuch bei offener oder geschlossener Brusth\u00f6hle auszuf\u00fchren. Im letzteren Falle verlief die Vorbereitung genau nach der Vorschrift Stolnikow\u2019s. So oft aber die Wirkungen der einzelnen, zum Herzen hinziehenden Nervenzweige festzustellen waren, musste k\u00fcnstliche Athmung eingeleitet und zur Er\u00f6ffnung der Brusth\u00f6hle geschritten werden.\nUnter dieser Voraussetzung liess sich die dauernde Unterbindung auf die beiden Carotiden und auf die Aeste der A. subclavia dext. beschr\u00e4nken, weil sich oberhalb des Ursprunges der A. subclavia sinist. eine Schlinge um die Aorta legen l\u00e4sst, die auf einem Ligaturstab festzuzuschn\u00fcren ist.\nAusgeschlossen wurden in allen Versuchen die directen und reflecto-rischen Nebenwirkungen des N. vagus. Stets waren die St\u00e4mme des Nerven am Halse und oberhalb des Zwerchfelles durchschnitten und die Elektroden am peripheren Halsstumpf angelegt. Wenn die Reizung der Lungen\u00e4ste vermieden werden sollte, so wurde der Nerv oberhalb ihrer Abzweigung durchtrennt. Sollte die Leistungsf\u00e4higkeit einzelner Herzzweige gepr\u00fcft werden, so wurde verschiedenartig verfahren. Entweder es wurden s\u00e4mmt-liche zum Herzen verlaufende Aeste isolirt, an ihrem Abgangsort durch-","page":457},{"file":"p0458.txt","language":"de","ocr_de":"458\nJ. P. Pawlow:\nSchnitten und mit Marken versehen, sodass nach dem Tode des Thieres durch eine vorgenommene Zergliederung ihr anatomisches Verhalten aufgekl\u00e4rt werden konnte; am abgeschnittenen Ende wurde die Reizung vorgenommen. Andere Male wurden statt aller nur einzelne Herz\u00e4ste durchschnitten, und dann der N. vagus am Halse elektrisirt; beide Arten des Versuches erg\u00e4nzen sich gegenseitig. \u2014 Wurden die Schleifenschenkel der. Ansa zwischen die Elektroden gefasst, so war vorher ihr dem Grenzstrang zugewendetes Ende durchschnitten. Die gr\u00f6ssere Zahl der Reizungen ist an der rechten Seite ausgef\u00fchrt worden.\nAuswahl der Herz\u00e4ste f\u00fcr die Reizung. In der Reihenfolge ihres Ursprunges aus dem Yago-sympathicus zeigen die nach ihrer Wirkung gleichartigen Herz\u00e4ste von Thier zu Thier mannigfache Verschiedenheiten. Desswegen sind bei der vorl\u00e4ufigen Auswahl voraussichtlich \u00fcbereinstimmend wirkender Aeste Willk\u00fcrlichkeiten nicht zu umgehen, trotzdem gelingt es meist bei verschiedenen Individuen das Gleichartige herauszufinden. Namentlich lassen sich als eigenth\u00fcmlich functionirend folgende Aeste bezeichnen.\nDas Nachstehende gilt f\u00fcr den rechten Yago-sympathicus.\n1.\tDer grosse vordere Kammernerv \u2014 nach der Bezeichnung von Wooldridge 1 \u2014 entspringt nie \u00fcber dem R. recurrens; entweder geht er mit dem R. recurrens gleichzeitig aus dem Stamm hervor, oder etwas unterhalb desselben, und wenn das letztere geschieht, so empf\u00e4ngt er oft einen Zuwachs aus dem Bogen des R. recurrens. Da er von den mehrfachen Faserb\u00fcndeln, welche nahe unterhalb des N. recurrens aus dem Nervenstamm hervorkommen und nach der Mittellinie hin verlaufen, der st\u00e4rkste zu sein pflegt, so nenne ich ihn den inneren starken Ast, eine Bezeichnung, die ich w\u00e4hle, um den Anschein zu meiden, als h\u00e4tte ich jedes Mal den gereizten Nerven bis zu den Wurzeln der grossen Arterien hin praeparirt.\n2.\tund 3. Innere untere Nerven nenne ich zwei feinere F\u00e4den, welche unterhalb des ebengenannten Astes entsprungen und auf selbstst\u00e4ndiger Bahn in die Vorh\u00f6fe eindringen.\n4. Aeussere Aeste, welche aus der von der Mittellinie abgewendeten Seite des Nervenstammes hervorgeheu und durch ihren Ursprung, wie durch ihre Verbindungen auf ihre Zugeh\u00f6rigkeit zu dem N. sympathicus schliessen lassen.\nAufgliobene Gerinnbarkeit des Blutes. Dass der Versuch von der Gerinnung des Blutes keine St\u00f6rung erf\u00e4hrt, hat schon Stolnikow hervorgehoben. Die Ursache hiervon darf jedoch nicht ausschliesslich in\n1 Dies Archiv. 1883. S. 523.","page":458},{"file":"p0459.txt","language":"de","ocr_de":"Einfluss des Vagus auf die linke Hebzkammek.\n459\nder kurzen Aufenthaltsdauer des Blutes ausserhalb der lebendigen Gef\u00e4sse gesucht werden, weil, wenn auch die gr\u00f6sste Masse der Fl\u00fcssigkeit schon wenige Secunden nach ihrem Uebergang in das arterielle Aichrohr zur Vene zur\u00fcckkehrt, doch immer kleine Reste derselben an dem Schwimmer und dem Metallcontact Zur\u00fcckbleiben. W\u00fcrde sich in diesen kleineren Mengen die Gerinnung vollziehen, so m\u00fcsste die Beweglichkeit des Schwimmers und die Reinheit des Contactes aufgehoben, damit aber der glatte Ablauf des Versuches getr\u00fcbt werden. Hiervon ist auch w\u00e4hrend Stunden andauernder Beobachtung nichts zu bemerken. Stets tritt dagegen die Gerinnung zuweilen sogar recht rasch ein, ivenn der Apparat in verkleinertem Maassstabe innerhalb der Arteria carotis und Vena jugularis spielt, entgegen der Annahme, dass sich das Blut wegen seiner kurzdauernden Abwesenheit aus den Gef\u00e4ssen fl\u00fcssig erhalte.\nSonach bleibt nur die Annahme \u00fcbrig, dass das Blut, welches mit Umgehung anderer Gewebe durch das Herz und die Lunge fliesst, seine Gerinnbarkeit verliere. Zu ihrer Best\u00e4tigung dient, dass das Blut, welches nach einem l\u00e4nger dauernden Versuche aus dem Apparat oder dem Herzen in ein Glasgef\u00e4ss aufgefangen wurde, auch nach Tage langer Aufbewahrung bis zur beginnenden F\u00e4ulniss hin keine Spur eines Gerinnsels ausscheidet. Wie lange das Blut, bis es auf diese Stufe gelangt ist, durch den Rest der nat\u00fcrlichen Strombahn geflossen sein muss, ist mir unbekannt; doch weiss ich, was von vornherein wahrscheinlich war, dass die F\u00e4higkeit ungerinnbar zu werden, sich allm\u00e4hlich ausbildet. So traten in dem Blute, nachdem der Versuch 15 Minuten hindurch gedauert hatte, zwar noch Gerinnsel auf, aber sp\u00e4t. Erst 3 bis 4 Stunden nach der Entfernung desselben aus dem Thiere begann die Coagulation.\nUnzweifelhaft hat das Gebiet des Herzmuskels die Ver\u00e4nderung des Blutes nicht zu verantworten, denn warum sollte sich in ihm das kreisende Blut anders als in den \u00fcbrigen Muskeln verhalten; und da das Blut ausser dem Herzen nur noch die Lunge durchsetzt, so wird vermuthlich auf ihre Einwirkung die Einbusse der Gerinnbarkeit zur\u00fcckzuf\u00fchren sein.\nDen Ursachen nachzusp\u00fcren, von welchen die Aenderung des Blutes abh\u00e4ngt, war verlockend. Liegen sie im Gewebe der Lunge, so wird der in diesem Organ ablaufende Stoffumsatz uns in einem anderen Licht als bisher erscheinen. Und wenn man die von Wooldridge entdeckte coagu-lirende Kraft des Extractes der Thymus, des Hodens u. s. w. mit der entgegengesetzt wirkenden des kleinen Kreislaufes zum Vergleich gestellt, so w\u00fcrde sich vermuthen lassen, dass der f\u00fcr gew\u00f6hnlich im Blute vorhandene Zustand als ein Ergebniss mehrfacher, sich gegenseitig regelnder, aus verschiedenen Organen stammender Einfl\u00fcsse anzusehen sei. Doch f\u00fcr dieses Mal musste ich mich auf meine n\u00e4chste Aufgabe beschr\u00e4nken.","page":459},{"file":"p0460.txt","language":"de","ocr_de":"460\nJ. P. Pawlow:\nNachdem es feststand, dass die Abwesenheit der Gerinnung nicht vom Apparat selbst bedingt war, h\u00e4tte die Entfernung der beweglichen Schwimmer f\u00fcr eine Verbesserung des Verfahrens gelten k\u00f6nnen; doch mit Unrecht, denn mit ihrem Wegfall bildet sich, wie ich gesehen, auf der Oberfl\u00e4che der in die Aichr\u00f6hren steigenden Blutmassen ein Schaum, der jede Messung unm\u00f6glich macht.\nco\n<T>\na3.\n5* I J1 * 3 ^\n*\nReizung des starken inneren Nerven. \u2014 An sieben verschiedenen Hunden ist die Ausf\u00fchrung von jedes Mal mehrfachen Reizungen des starken inneren Astes, so weit ich sehe, fehlerlos ausf\u00fchrbar gewesen. So lange der Nerv reizbar blieb, war der Erfolg zwar stets derselbe, die Stromst\u00e4rke der Aorta war gewachsen, aber in verschiedenen Beobachtungen in ungleichem Grade. Durch je ein Beispiel, das als der Vertreter anderer gleichartiger zu gelten hat, sollen die Verschiedenheiten der Erscheinungen veranschaulicht werden.\nH\n3\n\n3\n3\nCK3\nreizt.\nlieferte\n1. An dem Thiere, welches die nachfolgenden\nZahlen und Curven geliefert hat, waren nach Vollendung der n\u00f6thigen Operationen \u2014 Er\u00f6ffnung der Brusth\u00f6hle, Durchschneidung des rechten Vagus am Halse und \u00fcber dem Zwerchfell, und nach Abtrennung aller vom rechten Brustvagus zum Herzen gehender Zweige \u2014 rechts wiederholt das periphere Ende des Halsvagus und der Ansa gereizt worden, um \u00fcber die Abh\u00e4ngigkeit Aufschluss zu erhalten, in welcher der Blutstrom der Lunge von den Aesten des N. vagus steht.\nDer Anfangs kr\u00e4ftige Herzschlag wurde 30 Minuten nach dem Beginn der Messungen schw\u00e4cher und seltener. Erst nachdem die Leistungsf\u00e4higkeit des Herzens sich sehr merklich herabgemindert zeigte, \u25a0 wurde der bis dahin geschonte starke innere Zweig wiederholt mit H\u00fclfe des Schlitteninductoriums ge-Vor, w\u00e4hrend und unmmittelbar nach dem Ende der Reizung das Federmanometer die obenstehende Pulscurve (Fig. 2).","page":460},{"file":"p0461.txt","language":"de","ocr_de":"Einfluss des Vagus auf die linke Herzkammer.\n461\nDen Angaben des Federmanometers entsprechen die der Aichgef\u00e4sse. In der Tabelle bezieht sich die Ueberschrift: F\u00fcllungszeit1 auf denselben Zeit-\nraum, f\u00fcr welchen die in derselben Reihe sich folgenden Zahlen gelten; Schlagdauer bedeutet die zur Vollendung je einer Systole und Diastole geh\u00f6rige Zeit, Schlagvolum giebt das mit einem Herzschlag, Secundenvolum das w\u00e4hrend einer Secunde aus dem linken Herzen ausgeworfene Blutvolumen.\nF\u00fcllungszeit in Sec.\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecundenvolum in Ccm.\tReizung\n55\t0-714\t3-5\t4-9\tOhne\n21-3\t0-497\t9-1\t18-2\tW\u00e4hrend\n90-3\t0-526\t13-2\t25-1\tOhne\nZweihundert und f\u00fcnfzig Secunden nach der Beendigung der ersten Reizung des inneren starken Astes wurde, als die Erhebung des Pulses merklich geringer geworden, eine zweite angewendet, deren Ergebnisse durch die umstehenden Zahlen und nebenstehende Curven (Fig. 3) ausgedr\u00fcckt sind. Da sich an die zweite eine dritte und vierte Reizung anschloss, so ist der Erfolg derselben fortlaufend in die Tabelle aufgenommen.\n&D * 5 <V 0 a .2 fl o I \u00ab \u00c4 S3 '\"\u00d6\tF\u00fcllungszeit in Sec.\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecundenvolum in Ccm.\tReizung\n\t43-9\t0-623\t7-8\t12-6\tOhne\n2 /\t17-6\t0-530\t9-9\t18-7}\tW\u00e4hrend\n1\t5-6\t0-427\t10-2\t24-0 /\t\n\t40-7\t0-454\t12-4\t27-4\t\n\t35-7\t0-556\t13-0\t23-3\t\n\t27-1\t0-600\t12-3\t20-5\t\n\t40-8\t0-643\t11-4\t17-8\t\n1 Das Wort \u201eF\u00fcllungszeit\u201c soll darauf hin weisen, dass es sich um den Zeitabschnitt handelt, w\u00e4hrend dessen sich dieAichr\u00f6hren mitBlut f\u00fcllten. Der eingeschriebene Zeitwerth ist somit nicht ein willk\u00fcrlich abgegrenzter, sondern ein durch den Versuch bestimmter.\nFig. 3.\nra bedeutet den Beginn, re das Ende der Reizung.","page":461},{"file":"p0462.txt","language":"de","ocr_de":"462\nJ. P. Pawlow:\n(Fortsetzung der vorstehenden Tabelle.)\nNummer der Reizung\tF\u00fcllungszeit in Sec.\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecunden-volum in Ccm.\t.Reizung\n\t29-3\t0-687\t9-7\t14-1\t\n3{\t16-4 10-3\t0-565 0-429\t11-0 11-5\t19-4 ( 26-8 1\tW\u00e4hrend\n\t29-9\t0-447\t12-4\t27-8\t\n\t40-2\t0-508\t12-1\t23-9\t\n\t16-2\t0-673\t6-3\t9-3\t\n4\t20-5\t0-506\t11-2\t22-2\tW\u00e4hrend\n\t22-4\t0-477\t12-4\t26-0\t\n\t29-3\t0-582\t13 - 7\t23-7\t\nDie jetzt folgenden Zahlen sind nicht, wie die vorhergehenden, Thieren entnommen, deren Herzschlag schon dem Erl\u00f6schen nahe war; im Gegen-theil, das Herz arbeitete mit voller Kraft.\nDie folgenden, von drei verschiedenen Thieren gelieferten Beispiele zeigen, dass sich w\u00e4hrend der Reizung des Nerven die Schlagdauer zu verk\u00fcrzen, zu verl\u00e4ngern oder gleich zu bleiben vermag, ohne dass sich damit der Erfolg \u00e4ndert, welchen die Reizung des Nerven f\u00fcr die Stromst\u00e4rke besitzt.\nI.\nF\u00fcllungszeit in Sec.\t\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecundenvolum in Ccm.\tReizung\n\t26-0\t0-241\t8-6\t35-6\tOhne\n2\t23-7\t0-236\t9-4\t39-8\tW\u00e4hrend\n\t26-3\t0-238\t8-2\t34-2 \u25a0\tOhne\n\t26-3\t0-241\t8-3\t34-4\tOhne\n3\t39-4\t0-240\t8-7\t36-2\tW\u00e4hrend\n\t27-5\t0-241\t7-5\t31-1\tOhne\nII.\n\tF\u00fcllungszeit in Sec.\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecundenvolum in Ccm.\tRsizung\n\t15-1\t0-402\t12-2\t30-5\tOhne\n1\t18-0\t0-386\t13-2\t34-2\tW\u00e4hrend\n\t16-8\t0-343\t12-4\t36-3\tOhne","page":462},{"file":"p0463.txt","language":"de","ocr_de":"Einfluss des Vagus auf die linke Hekzkammee,\n463\n(Fortsetzung der vorstehenden Tabelle II.)\n\tF\u00fcllungszeit in Sec.\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecundenvolum in Ccm.\tEeizung\n\t14-3\t0-275\t11-8\t42-9\tOhne\n2\t20-7\t0-295\t13-5\t45-7\tW\u00e4hrend\n\t18-4\t0-315\t13-3\t42-2\tOhne\n3\t9-9\t0-333\t16-4\t49-2\tW\u00e4hrend\n\t7-9\t0-267\t18-6\t39-7\tOhne\n4\t15-3\t0-267\t10-9\t40-7\tW\u00e4hrend\n\t26-4\t0-283\t11-4\t40-4\tOhne\n5\t26-2\t0-298\t12-4\t41-7\tW\u00e4hrend\n\t22-3\t0-309\t12-9\t41-8\tOhne\n\t17-0\t0-329\t12-0\t36-6\tOhne\n6\t16-9\t0-337\t12-4\t36-8\tW\u00e4hrend\n\t29-8\t\u2014\t-\t36-0\tOhne\nIII.\n\tF\u00fcllungszeit in Sec.\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecundenvolum in Ccm.\tEeizung\n\t54-9\t0-436\t12-3\t28-1\tOhne\n, j\t14-6\t0-378\t10-2\t27-1 1\tW\u00e4hrend\nl\t16-3\t0-331\t10-5\t31-8 J\t\n\t64-4\t0-403\t12-0\t29-8\tOhne\n2 i\t14-5\t0-347\t9-4\t27-1 \\\tW\u00e4hrend\n\u201c t\t4-1\t0-306\t9-7\tGO H CO\t\n\t12-5\t0-324\t10-6\t32-7\tOhne\n\t12-4\t0-403\t9-6\t32-8\tOhne\nAus den Zahlen ergiebt sich, dass ausnahmslos die Stromst\u00e4rke in der Aorta \u2014 das Secundenvolum \u2014 in Folge der Eeizung unseres Zweiges an-wuchs. Insofern hiermit auch eine Beschleunigung der Pulsfolge zusannnen-traf, k\u00f6nnte man dieser die Verantwortung f\u00fcr das Ansteigen des Blutstromes zuschieben, eine Annahme, welche zum Beweis f\u00fcr ihre Berechtigung die Beobachtungen vorf\u00fchren w\u00fcrde, in welchen mit der Zunahme der Pulszahl die durch eine Systole ausgeworfene Blutmenge \u2014 das Schlag-volum -\u2014 abgenommen hat. Gegen eine solche Beweisf\u00fchrung w\u00fcrde jedoch sogleich einzuwenden sein, dass mit der wachsenden Beschleunigung des Herzschlages auch die Dauer der Diastolen verringert sein muss. Nun","page":463},{"file":"p0464.txt","language":"de","ocr_de":"464\nJ. P. Pawlow:\nwird aber der Ventrikel nur in der letzteren Zeit mit Blut gespeist, woraus unmittelbar folgt, dass unter sonst gleichen Bedingungen in die Kammern um so weniger Blut eindringen werde, je rascher der diastolische Zustand vor\u00fcbergeht.\nEinem gleichen Einwande sind die Beobachtungen enthoben, in welchen ohne eine Steigerung der Pulsfrequenz die Stromst\u00e4rke emporging. Unter dieser Bedingung konnte das Secundenvolum nur dadurch wachsen, dass die mit einer Systole entleerte Blutmenge (das Schlagvolum) zugenommen hatte. Und mit noch viel gr\u00f6sserer Deutlichkeit tritt der An. theil, den die erh\u00f6hte Leistung des Herzens an der Zunahme der Stromst\u00e4rke gewinnt, dann hervor, wenn die von einer Systole ausgepresste Blutmenge sich vermehrt hat, trotzdem die Schlagdauer herabgesunken ist. Denn nun h\u00e4tte man der k\u00fcrzer dauernden Diastole wegen erwarten d\u00fcrfen, dass jede Systole bei einer geringeren F\u00fcllung der Kammerh\u00f6hle begonnen habe und darum auch nicht im Stande gewesen sei, soviel Blut als sonst zu entleeren.\nAus der Zusammenstellung der verschiedenen Ergebnisse des Versuches geht demnach hervor, dass die zunehmende Stromst\u00e4rke in der gesteigerten Leistung des Ventrikels selbst begr\u00fcndet sein m\u00fcsse.\nDie Gr\u00f6sse des Zuwachses, welche der Stromst\u00e4rke durch die Reizung des Nerven zu Theil wird, f\u00e4llt, wie die Beobachtungen lehren, sehr verschieden aus. Von vornherein war eine um so geringere Steigerung durch die Reizung zu erwarten, je gr\u00f6sser die Stromst\u00e4rke schon w\u00e4hrend der Nervenruhe gewesen; denn die Leistungsf\u00e4higkeit des Herzens wird der allgemein g\u00fcltigen Regel unterworfen sein, wonach die Muskel Wirkungen eine gewisse obere Grenze nicht zu \u00fcberschreiten verm\u00f6gen. \u2014 Einer derartigen Voraussetzung entspricht der thats\u00e4chliche Befund; der Zuwachs erweist sich als gering, zuweilen bis in das Bereich unvermeidlicher Beobachtungsfehler fallend, wenn der Ventrikel schon vor der Reizung kr\u00e4ftig arbeitete. Solche Reizungen, die einen nur unbedeutenden Ausschlag hervor-rufen, verdienen nur deshalb Beachtung, weil sie bei mehrfacher Wieder-hohlng stets den gleichen Erfolg erzielten. Sehr m\u00e4chtig dagegen gestaltete sich der Zuwachs, wenn der gereizte Nerv auf ein schwach arbeitendes Herz wirkte. Aber auch dann stieg die Leistung des Herzens nicht merklich \u00fcber den Werth, der zur Zeit vorhanden war, als das Herz auch w\u00e4hrend der Ruhe des Nerven noch kr\u00e4ftig schlug.\nGenauere Aufschl\u00fcsse \u00fcber den zeitlichen Verlauf des Vorganges, welchen die Reizungen unseres Vagusastes ausl\u00f6sen, d\u00fcrften schwer zu gewinnen sein. Ueberall da, wo der Zuwachs der Stromst\u00e4rke ein geringer ist, bleibt man unsicher \u00fcber den Anfang der Wirkung, wo dagegen, wie am erm\u00fcdeten Herzen der Anfang der Wirkung deutlich hervortritt, ist zu ver-","page":464},{"file":"p0465.txt","language":"de","ocr_de":"Einfluss des Vagus auf die linke Hebzkammeh.\n465\nmuthen, dass das Ende derselben durch die von Seiten des kr\u00e4ftigen Blutstromes gesteigerte Herzth\u00e4tigkeit verdeckt werde. Offenbar wird der Blutstrom, welcher in Folge der Nervenerregung kr\u00e4ftiger geworden, die Thiitig-keit des Herzens auch \u00fcber die Zeit hinaus beleben, w\u00e4hrend welcher die unmittelbare Wirkung des Nerven auf das Herz andauert.\nDen Angaben des Federmanometers gem\u00e4ss erscheinen die sichtbaren Folgen der Reizung erst nach dem Verfiuss einer Anzahl von Herzschl\u00e4gen, noch sp\u00e4ter machen sich dieselben in dem Wachsthum der Stromst\u00e4rke geltend. Einmal in der Zunahme begriffen, f\u00e4hrt die letztere damit auch nach der Beendigung einer \u00fcber 20 bis 30 Secunden hin andauernden Reizung fort und meist erreicht, wie aus den vorstehenden Zahlen zu lesen ist, die Stromst\u00e4rke erst 30 und mehr Secunden nach dem Austritt des Nerven aus dem Inductionsstrom ihren h\u00f6chsten Werth. Wenn sp\u00e4ter die Stromst\u00e4rke '\u2014 das Secundenvolum \u2014 wieder herabgeht, so ist dieses keineswegs immer mit der von einem Herzschlag ausgeworfenen Blutmenge der Fall. Wenn n\u00e4mlich durch die Reizung auch die Schlagfolge beschleunigt war, so ereignet es sich gew\u00f6hnlich, dass nach der Ausschaltung des Nerven aus dem Inductionsstrom die Wirkung auf die Pulszahl rascher und st\u00e4rker abnimmt, als auf die Stromst\u00e4rke \u2014 mit anderen Worten, das Schlagvolum ist noch im Wachsthum begriffen, wenn das Secundenvolum schon ab= gefallen ist.\nDer Gr\u00f6sse des Anspruches, welche unser Nerv auf seine physiologische W\u00fcrdigkeit zu erheben hat, kommt die lange Nachdauer einer vorausgegangenen Reizung jedenfalls zu Gute, mag die erh\u00f6hte St\u00e4rke der Str\u00f6mung eine mittel- oder unmittelbare Folge seiner Erregung sein. Denn vor\u00fcbergehende, die Herzleistung herabmindernde Einfl\u00fcsse und deren Folgen k\u00f6nnen von dem erregten Nerven um so sicherer bek\u00e4mpft werden, je l\u00e4nger seine Wirkung andauert\nUeber dieHerkunft der Fasern, welche der verst\u00e4rkend wirkende Nervenzweig dem Herzen zugef\u00fchrt, musste ich nach meinen fr\u00fcheren Beobachtungen 1 der Meinung sein, dass sie aus dem R\u00fcckenmark hervorgehen, denn die Reizung des Halsvagus brachte nach vorg\u00e4ngiger Vergiftung mit Atropin keine Erh\u00f6hung des Carotidendruckes hervor.\nIn der neuen Versuchsreihe steigerte an zwei Thieren die Reizung des Halsvagus die Stromst\u00e4rke. H\u00e4ufiger allerdings blieb nach dieser Richtung hin der N. vagus unwirksam.\nIn dem ersten der folgenden Versuche war das Thier wiederholt mit Atropin vergiftet, beide Nn. vagi waren am Halse und oberhalb der Lungenwurzel durchschnitten. Ausserdem war rechts der obere innere Zweig abgel\u00f6st, auf der linken Seite war er dagegen unversehrt geblieben. \u2014 Trotz\n1 Medizinisches Centralblatt. 1885. S. 67.\nArchiv f. A. u. Ph. 1887. Physiol. Abtlilg.\n30","page":465},{"file":"p0466.txt","language":"de","ocr_de":"466\nJ. P. Pawlow:\nder Vergiftung mit Atropin wurde der Herzschlag in der 19. Minute nach Beginn des Versuches erst vor\u00fcbergehend und dann von der 21. Minute an dauernd seltener trotz der wiederholt vorgenommenen Eingabe von Atropin. Auf das Secundenvolum wirkte, wie man beachten mag, die Aenderung der Schlagdauer weniger ein als auf das Schlagvolum.\nNummer der Reizung\tF\u00fcllungszeit in See.\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecundenvolum in Ccm.\tReizung\n\t27-2\t0.311\t9-6\t30-9\tOhne\n4\t71-5\t0-285\t7-9\t27-6\tRechter N. vagus\n\t77-4\t0-273\t8-1\t29-7\tOhne\n\t29-4\t\u2014\t\u2014\t26-6\tOhne\n5\t64-8\t0-291\t8-8\t30-3\tBeide N. vagi\n\t16-9\t0-299\t2.6\t28-8\tOhne\n6\t37-1\t0-282\t10-5\t36-6\tLinker 1ST. vagus\n\t71-6\t\u2014\t\u2014\t29-8\tOhne\n\t23-7\t\u2014\t\u2014\t26-4\tOhne\n7\t36-8\t0-651\t16-8\t25-8\tRechter N. vagus\n\t70-2\t0-610\t18-4\t30-1\tOhne 1\n8\t15.4\t\u2014\t\u2014\t31-5\tLinker N.vagus\n\t49-5\t0-577\t14-8\t25-7\tOhne\n9\t32-6\t0-584\t20-5\t35-1\tLinker N. vagus\n\t66-9\t0-612\t17-4\t28-4'\tOhne\n10\t57-5\t0-630\t17-7\t28-1\tRechter N. vagus\n\t23-0\t0-598\t17-0\t28-4\tOhne\n\t43-5\t0-618\t19-1\t31-0\tOhne\n\u25a0>{\t14-3\t0-591\t21-3\t\u202236-1\tj Linker N. vagus\n\t17-8\t0-574\t22-4\t39-0\t\n\t41-6\t0-617\t18-3\t29-7\tOhne\n\t21-7\t\u2014\t\u2014\t43-5\tOhne\n12\t27-4\t\t\u2014\t44-5\tLinker N. vagus\n\t74-1\t\u2014\t\u2014\t43-1\tOhne\n13\t32-3\t\u2014\t\u2014\t36 \u2022 5\tRechter N. vagus\n\t76-6\t\u2014\t\u2014\t44-1\tOhne\n14\t33-6\t\u2014\t\u2014\t45-3\tLinker N. vagus\n\t34-5\t\u2014\t\u2014\t43-8\tOhne\n15\t22-\t9 23-\t9\t\u2014\t\u2014\t48-5 45-8\tLinker N.vagus\nAtropineinspritzung wiederholt.","page":466},{"file":"p0467.txt","language":"de","ocr_de":"Einfluss des Vagus auf die linke Herzkammer.\n467\nUnabh\u00e4ngig davon, ob die Heizung des N. vagus in dem ersten oder in dem zweiten mit wiederholter Vergiftung beginnenden Abschnitt stattfand, blieben sich die Ergebnisse derselben gleich. Vom linken Vagus aus wurde Schlag- und Secundenvolum vergr\u00f6ssert. Der Angriff auf den rechten Nervenstamm erwies sich wechselnd entweder wirkungslos, oder er brachte eine geringe Minderung der Stromst\u00e4rke hervor.\nZu dem mitgetheilten f\u00fcge ich noch die Ergebnisse eines zweiten Versuches, der allerdings weniger als der erste beweist. Das Thier war mit Morphium und Atropin vergiftet, die Nn. vagi beiderseits am Halse und unter dem Zwerchfell durchschnitten. Da die Brusth\u00f6hle nicht er\u00f6ffnet wurde, so blieben ausser denen des Herzens auch die Aeste der Lunge mit dem Stamm des N. vagus in Verbindung. Man kann demnach den Einwand nicht f\u00fcr beseitigt halten, dass die Steigerung der Stromst\u00e4rke, welche die Reizung der Halsvagi hervorrief, von einer Aenderung in den Lungen-gef\u00e4ssen bedingt sei.\nNummer der Reizung\tF\u00fcllungszeit in Sec.\t\tSchlagdauer in Sec.\tSchlagvolum in Ccm.\tSecunden- volum in Ccm.\tReizung.\n\t25\t0\t0-244\t9-8\t40-2\tOhne\n1\t54\t6\t0-240\t9-7\t40-3\tRechter N. vagus R.-A. 13\n\t24\t7\t0-241\t9-5\t39-2\tOhne\n\t26\t0\t0-240\t8-5\t35-6\tOhne\n\u2018)\t23\t7\t0-236\t9-4\t39-8\tRechter N. vagus R.-A. 12\n\t26\t3\t0-238\t'8-1\t34-2\tOhne\n\t26\t3\t0-240\t8-0\t33-4\tOhne\n3\t39\t4\t0-240\t8-7\t36-2\tBeide Nn. vagi\n\t27\t5\t0-240\t7-5\t31-1\tOhne\nNachdem durch die vorstehenden Beobachtungen sicher gestellt ist, dass unser Vagusast auf eigenth\u00fcmliche Art in den Blutlauf eingreift, erwacht der Wunsch nach der Einsicht in die Mechanik seiner Wirkung. Ihn zu erf\u00fcllen, dazu gen\u00fcgen die bisherigen Versuche nicht, denn es kann der Ventrikel auf zweierlei Weise die Stromst\u00e4rke heben: er kann in der Diastole mehr Blut aufnehmen, in der Systole mehr als gew\u00f6hnlich auswerfen. Und gesetzt, durch den thats\u00e4chliehen Befund sei entschieden, dass entweder das eine oder andere Statt habe, so ist damit die Frage noch nicht endg\u00fcltig erledigt. Denn wenn wir auch w\u00fcssten, dass der Ventrikel\n30*","page":467},{"file":"p0468.txt","language":"de","ocr_de":"468 J. P. Pawlow: Einfluss des Vagus auf die linke Hi: kz Kammer.\ndeshalb mehr Blut liefere, weil er sich in der Systole kr\u00e4ftiger zusammenz\u00f6ge, so w\u00fcrde es zweifelhaft bleiben, ob die inneren Herzreize oder die Reizbarkeit der Muskeln gesteigert worden sei oder ob der Eintritt der verschiedenen Fasern des HerzmMuskels in die Zusammenziehung in k\u00fcrzeren zeitlichen Abst\u00e4nden, gleichm\u00e4ssiger als sonst, erfolgt sei. Oder w\u00e4ren wir andererseits davon \u00fcberzeugt worden, dass sich trotz unver\u00e4nderter Energie der Kammersystole die zur Aorta fliessende Blutmenge vermehrt habe, so k\u00f6nnte dieses geschehen sein, weil die Wand des Ventrikels weicher geworden und darum dem eintretenden Blute weniger Widerstand leistete, oder auch weil die Systole einen rascheren Ablauf genommen, sodass nun die Diastolen \u2014 d. h. die E\u00fcllungszeit der Kammerh\u00f6hle \u2014 gewachsen sei, ohne dass sich die Schlagdauer ge\u00e4ndert h\u00e4tte.","page":468}],"identifier":"lit1507","issued":"1887","language":"de","pages":"452-468","startpages":"452","title":"Ueber den Einfluss des Vagus auf die Arbeit der linken Herzkammer","type":"Journal Article"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:20:15.764249+00:00"}