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{"created":"2022-01-31T17:01:32.395432+00:00","id":"lit15106","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ufer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 88-90","fulltext":[{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\nC. Lloyd Morgan. The law of psychogenesis. Mind. 1892. New Series, No. 1. S. 72\u201494.\nGiebt es ein gemeinsames Prinzip, das f\u00fcr den ganzen Bezirk geistiger Entwickelung sowohl im Individuum, als in der Basse gilt? Verfasser bejaht diese Frage. Das Gesetz der Psychogenese, d. h. das Prinzip, das die geistige Entwickelung beherrscht und beherrscht hat, ist nach ihm ein Gesetz der Entwickelung durch Assimilation oder Inkorporation des Gleichen durch das Gleiche, oder anders ausgedr\u00fcckt, die Entwickelung wird immer bewirkt durch Elimination des Inkongruenten. Dies ist das Gesetz der positiven Psychogenese, d. h. der Erkl\u00e4rung der geistigen Entwickelung, die daran festh\u00e4lt, dafs die Umgebung, die durch jene Assimilation vorausgesetzt wird, eine geistige ist, und deren erster Satz lautet, das Bewufstsein kommt nur mit Thatsachen des Bewufstseins in Ber\u00fchrung. Den Gegensatz zur positiven bildete die metaphysische Psychogenese, die die Entwickelung des Geistes im Zusammenhang mit etwas, das nicht Geist ist, betrachten will. Mehr einleitend behandelt Verfasser zuerst das Wesen des Bewufstseins als kontrollierender Macht, die Natur des geistigen Symbolismus, ferner die Erfahrung, die Vererbung und die nat\u00fcrliche Zuchtwahl in ihrer Bedeutung f\u00fcr die Psychogenese. Alsdann analysiert er zuerst die h\u00f6heren und mehr abstrakten geistigen Erscheinungen, um von da zur sinnlichen Wahrnehmung herabzusteigen. Er findet durch diese Analyse als allgemeinstes f\u00fcr das Gebiet des Wahren, Guten und Sch\u00f6nen geltendes Gesetz, dafs das, was der geistigen Natur des Individuums kongruent ist, gew\u00e4hlt, das, was ihr inkongruent, verworfen wird. Den gleichen Prozess weist er auch f\u00fcr die geistige Entwickelung auf dem Gebiet sinnlicher Wahrnehmung nach. Kongruit\u00e4t zwischen Wahrnehmung und Wahrnehmung ist hier das leitende Prinzip.\tGaupp (London).\nJ. Sully. The service of psychology to education. Educational Beview, New York. Vol. IV, No. 4. S. 313\u2014327. (1892.)\nDafs die P\u00e4dagogik auf Psychologie gegr\u00fcndet werden m\u00fcsse, ist eine ziemlich alte Forderung, die aber nicht immer genau denselben Sinn gehabt hat. Lange Zeit hindurch glaubte man sie zu erf\u00fcllen, wenn man sich nur so ganz im allgemeinen nach den besonders hervor-","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht\n89\nstechenden Eigent\u00fcmlichkeiten des kindlichen Geistesleben richtete, und diese Auffassung ist auch heute noch in sehr weiten Kreisen zu finden.\nF\u00fcr einen betr\u00e4chtlichen Bruchteil der p\u00e4dagogischen Welt bedeutet der Name Herbakt einen grofsen Fortschritt. Ganz besonders dieser Philosoph war kein Freund einer Psychologie, welche die Erscheinungen des geistigen Lehens in Bausch und Bogen behandelt ; seine Sch\u00e4rfe in der Analyse psychischer Vorg\u00e4nge ist allgemein anerkannt.\nDa sich in Herbart der P\u00e4dagog mit dem Psychologen vereinigte, so mufste dieser konsequente Denker der oben ausgesprochenen Forderung einen viel tieferen Sinn geben, und er spitzte seine Auffassung in der f\u00fcr seine Zeit ungew\u00f6hnlichen Weise zu, dafs er sagte, es m\u00fcsse sich jede Lehrstunde bis in die Einzelheiten vor der Psychologie recht-fertigen lassen.\nEinen weiteren Schritt that insbesondere Ziller, indem er mit der praktischen Ausf\u00fchrung der HERBARTSchen Forderung Ernst machte, und durch ihn, wie in etwas geringeren Grade auch durch Stoy. hat sich unter den P\u00e4dagogen eine Praxis herausgebildet, die man eine bewufst psychologische im engeren Sinne nennen kann.\nDie SuixYSche Abhandlung bietet f\u00fcr die deutschen Vertreter einer streng psychologischen P\u00e4dagogik wie auch f\u00fcr deren Gegner des beherzigenswerten viel, am meisten freilich f\u00fcr letztere. In dieser Beziehung wird haupts\u00e4chlich auf die Bedeutung der Psychologie f\u00fcr die richtige Einleitung und Durchf\u00fchrung des Lernprozesses hingewiesen, wobei insbesondere die Schriften von Bibot und Ebbinghaus lobende Erw\u00e4hnung finden; auch tritt der Verfasser dem Einwande entgegen, dafs die Forderung einer individualisierenden Behandlung der Sch\u00fcler den Nutzen der Psychologie als eines Wegweisers auf hebe; er betont vielmehr, dafs sie erst durch die Verwertung der Psychologie in gen\u00fcgendem Grade erf\u00fcllbar werde.\nLiegt nun hierin f\u00fcr die deutschen Vertreter einer streng psychologischen P\u00e4dagogik nichts neues, so bieten die \u00fcbrigen Ausf\u00fchrungen doch wertvolle Anregungen zur Erg\u00e4nzung dessen, was bereits erarbeitet ist. Dahin geh\u00f6rt zun\u00e4chst der Hinweis auf die p\u00e4dagogische Verwertung dessen, was wir aus den Arbeiten von Preyer, Perez u. a. \u00fcber die physische und psychische Entwickelung des Kindes bereits wissen oder auf dem Wege sorgf\u00e4ltiger Beobachtung vielleicht noch finden k\u00f6nnen. Dahin geh\u00f6rt ferner und vor allem die Sch\u00e4tzung etwaiger psychopathischer Eigent\u00fcmlichkeiten des Kindes. Dieses Gebiet ist den deutschen P\u00e4dagogen trotz der sehr gut orientierenden Werke von Emminghaus, Moreau und Koch noch fast g\u00e4nzlich unbekannt. In dieser Beziehung hat die p\u00e4dagogische Psychologie in Deutschland noch eine bedeutende L\u00fccke, und wenn wir nach dem urteilen wollen, was uns von ausl\u00e4ndischer Litteratur zu Gesicht gekommen ist, so m\u00fcssen wir Sully recht gehen, wenn er sagt, dafs in England und Nordamerika mehr geleistet worden sei als hei uns.\nWir v\u00e8rm\u00f4gen aber Sully nicht heizustimmen in der Ansicht, dafs das Gebiet der p\u00e4dagogischen Psychologie in Englang und Amerika \u00fcberhaupt besser angehaut sei als in Deutschland. Zum wenigsten","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nLitteraturbericht.\nk\u00f6nnen wir das nicht zugehen unter einem Gesichtspunkte, den auch Sully f\u00fcr den wichtigsten h\u00e4lt, wenn er schreibt :\n\u201cThe real business of the teacher of pedagogy is to take principles from the psychologist and to clothe them with concrete and practical illustrations. Unless this be done the knowledge of the principle is useless, if indeed it is not positively harmful by deluding its possessor into supposing that he possesses an educational compass. I fear that too many of our young teachers, who get up their psychology hastily for examination purposes, remain mere memorizers of barren scientific-formulas; that they have no inkling of the manifold, far-reaching, all-pervading application of these simple laws to the concrete work of teaching. A good deal more time must be expended on exercising our young teachers during their student-course in this application of principle. How much thinking, for instance, must a student go through before he can recognize even the more important practical corollaries of the self-evident, trite principle : attention must be excited and understand^ furthered by connecting new and unknown facts with what is already known. A short course of lectures might with profit be devoted to the work of testing current methods of teaching by reference to this principle alone.\u201d\t'\nWas Sully in diesen trefflichen Worten f\u00fcr notwendig erkl\u00e4rt, findet man nur in k\u00fcmmerlicher Weise angedeutet in dem von ihm so hoch gesch\u00e4tzten Werke von Bain (Education as a Science) oder in der auch hohen p\u00e4dagogischen Wert beanspruchenden grofsen Psychologie des Amerikaners James; man findet es in der englischen uad amerikanischen Litteratur unseres Wissens \u00fcberhaupt nicht gen\u00fcgend. Wir Deutsche aber besitzen zwei \u00e4ufserst wertvolle und umfassende Beitr\u00e4ge zur p\u00e4dagogischen Psychologie, die nicht nur von den einfachen psychologischen Gesetzen nach allen Seiten die Anwendung machen, sondern auch diese Gesetze selbst aus demjenigen Induktionsmaterial, das dem p\u00e4dagogischen Gedankenkreise angeh\u00f6rt, in lebensvoller Weise gewinnen : D\u00f6rpfeld, \u00dcber Denken und Ged\u00e4chtnis, und Lange, \u00dcber Apperzeption. Diese Werke sind auch in den p\u00e4dagogischen Kreisen Englands und Amerikas gesch\u00e4tzt, so dafs das LANGESche Buch demn\u00e4chst in einer \u00dcbersetzung erscheinen wird, wie die Educational Review in der Oktobernummer (1892) berichtet hat.\nAber auch abgesehen von diesen beiden Schriften ist Deutschland mit seiner p\u00e4dagogischen Psychologie England und Amerika im allgemeinen weit voraus. Wer p\u00e4dagogische Zeitschriften aus den Vereinigten Staaten liest, weifs, dafs sich dort der Ausbau einer psychologischen P\u00e4dagogik im engsten Anschl\u00fcsse an die deutsche Litteratur vollzieht.\nUfer (Altenburg).\nG. Sergi. Un primo passo alla pedagogia scientifica e la carta biografica.\nCon illustrazioni. Milano-Boma-Napoli, Trevisini, 1892. 35 S.\nWie in Deutschland, so besch\u00e4ftigen sich auch in Italien neuerdings hervorragende Physiologen mit p\u00e4dagogischen Dingen; wir nennen hier nur die Namen Mosso und Sergi. Und zwar besteht zwischen den Aus-","page":90}],"identifier":"lit15106","issued":"1893","language":"de","pages":"88-90","startpages":"88","title":"J. Sully: The service of psychology to education. Educational Review, New York, Vol. IV, No. 4, S. 313\u2013327, 1892","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:01:32.395437+00:00"}