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{"created":"2022-01-31T17:00:29.194314+00:00","id":"lit15112","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Verworn","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 102-104","fulltext":[{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nIdtteraturbericht\nerreichen die Fehler den Betrag 2S, so ergeben sich 91 richtige Urteile ; erreichen sie den Wert 68, so ergeben sich 70 richtige Urteile. Jastrow giebt als Grenzwerte die Zahlen 75 und 50% an, da er das G-Ausssche Fehlergesetz nicht beachtet. Dem Wert 75 entspricht der wahrscheinliche Fehler F\\ die Schwelle S hat angen\u00e4hert den Wert 2F.\nDer zweite Teil meiner Abhandlung enth\u00e4lt eine experimentelle Begr\u00fcndung der theoretischen Entwickelungen auf Grund meiner Schallversuche (Philos. Studien, IV, S. 117\u2014160; 251\u2014291), der Versuche von Higier \u00fcber den Eaumsinn der Netzhaut (Ebenda, VII, S. 232\u2014297) und der Versuche von C. Lorenz \u00fcber die Auffassung der Tondistanzen (Ebenda, VI, S. 26\u2014104). Diese s\u00e4mtlichen Versuche sprechen entschieden f\u00fcr die Brauchbarkeit der entwickelten Formeln. Die Ergebnisse von Higier insonderheit werden durch diese Behandlungsweise erst verst\u00e4ndlich. Eine grofse Eeihe von Aufgaben, welche die vorliegende Arbeit ber\u00fchrt, hat noch keine experimentelle L\u00f6sung gefunden.\nEaphael Dubois. \u201eAnatomie et physiologie compar\u00e9es de la pholade dactyle. Structure, locomotion, tact, olfaction etc., avec une th\u00e9orie g\u00e9n\u00e9rale des sensations.\u201c Paris, G. Masson. 1892. 167 Seiten und 15 Tafeln.\nDas mit Eecht in der neuesten Zeit immer dringender empfundene Bed\u00fcrfnis, di6 Physiologie von allgemeineren und philosophischen Gesichtspunkten aus zu behandeln, betont auch der Verfasser sehr energisch. Von dem wichtigen, schon von Johannes M\u00fcller vertretenen, zum Nachteil der Physiologie aber seit einigen Jahrzehnten fast v\u00f6llig vergessenen Standpunkt ausgehend, dafs die Physiologie ebenso wie die Anatomie notwendig eine vergleichende sein m\u00fcsse, unternimmt er es, an einer nach seinen Erfahrungen besonders geeigneten Molluskenform den Mechanismus der verschiedenen sensiblen Elemente in Bezug auf seinen anatomischen Bau und seine physiologische Funktionen zu untersuchen, was ihn zu einer neuen Theorie f\u00fchrt \u00fcber die Art und Weise, wie der \u00e4ufsere Sinnesreiz den zentripetalen Sinnesnerven mitgeteilt wird.\nDas Versuchsobjekt (Pholas dactylus) ist eine zweiklappige Muschel und das f\u00fcr die Zwecke des Verfassers wichtigste Organ der Siphon, eine lange aus Verwachsung der beiderseitigen Mantelr\u00e4nder des Tieres entstandene E\u00f6hre, die als nacktes, kontraktiles Organ frei zwischen den hinteren Enden der beiden Schalenklappen hervorragt und an ihrem Ende kurze Tentakel tr\u00e4gt. Der Siphon ist an seiner ganzen Oberfl\u00e4che besetzt mit feinen Papillen, die unter einer Cuticula eine ununterbrochene Schicht pigmentierter Epithelzellen enthalten, welche nach innen zu durch wurzelf\u00f6rmige Ausl\u00e4ufer direkt mit einer Schicht kontraktiler Fasern in Verbindung stehen. Diese Epithelzellenschicht mit den daran h\u00e4ngenden Muskelfasern nennt Verfasser die \u201emyoepithe-","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n103\nliale\u201c Schicht. Unter dieser liegt eine Lage von sternf\u00f6rmigen Ganglienzellen, die durch Nervenfasern untereinander in Zusammenhang stehen, die \u201eneuro-cohjonctive\u201c Schicht. Auf diese folgen verschiedene dicke Lagen von kr\u00e4ftigen King- und L\u00e4ngsmuskelz\u00fcgen, und die Innenfl\u00e4che des Siphons ist von den gleichen Schichten gebildet wie die Aufsenseite, nur tr\u00e4gt hier die \u201emyoepitheliale\u201c Schicht Cilien. Auf der Innenfl\u00e4che des Siphons ziehen sich an der unteren Seite zwei lange erhabene Schn\u00fcre von der Basis der E\u00f6hre bis ans Ende hin, an deren basalem Ende zu beiden Seiten zwei ebenfalls erhabene dreieckige Gebilde liegen. Diese Schn\u00fcre und Dreiecke werden gebildet von einer starken Verdickung der Neuro-konjunktival-Schicht, \u00fcber der die Zellen der My\u00f6epithelialschicht etwas ver\u00e4ndert sind, indem sie Becherform angenommen haben und einen weifsk\u00f6rnigen Inhalt zeigen. Diese Zellen stehen ohne Abgrenzung in unmittelbarem Zusammenh\u00e4nge mit den kontraktilen F\u00e4den, die ihrerseits wieder direkt in die Elemente der verdickten Neuro-konjunktival-Schicht \u00fcbergehen. Zwischen den Zellen der beiden Schn\u00fcre und Dreiecke kriechen eine Menge weifser Wanderzellen umher, die mit der Lichtproduktion des Tieres in Beziehung stehen. Die Neuro-konjunktival-Schicht, sowie die dicken Muskellagen treten durch zentripetal- und zentrifugalleitende Nerven mit dem Visceralganglienknoten des Tieres in Verbindung.\nAufser der Bedeutung, welche der Siphon f\u00fcr die Bewegung, Eespiration, Exkretion und f\u00fcr Anbohrung der Steine hat, in denen die Muschel lebt, sind besonders interessant seine sensiblen Funktionen.\nDie ganze Oberfl\u00e4che des Siphon ist empfindlich f\u00fcr mechanische, galvanische, chemische und Lichtreize. Die Wirkung dieser Eeize besteht in Betraktionen des Siphons, welche der Verfasser mit der graphischen Methode zu \u00fcbersichtlicherer Anschauung zu bringen sucht. Wichtig f\u00fcr seine Schl\u00fcsse sind dabei die Einzelheiten im Verlaufe dieser Kontraktionen des Siphons.\nWenn man den ausgestreckten Siphon an irgend einer Stelle durch Ber\u00fchrung schwach reizt, so tritt zun\u00e4chst eine schwache prim\u00e4re Kontraktion ein, der nach kurzer Zeit eine sehr energische Eetraktion des ganzen Siphons folgt. Da der Verfasser an der Oberfl\u00e4che des Siphons keine Nervenendapparate, sondern nur die Epithelzellen der My\u00f6epithelialschicht aufzufinden vermochte, deutet er die beiden Kontraktionserscheinungen so, dafs die erste auf der direkten Eeizung der Epithelzellen und Kontraktion der dazugeh\u00f6rigen Muskelfasern beruht, w\u00e4hrend die letztere durch die Kontraktion der grofsen Muskelz\u00fcge zu Stande kommt, die erst sekund\u00e4r, und zwar auf reflektorischen Wege erregt werden. Durch die prim\u00e4re Kontraktion der My\u00f6epithelialschicht werden n\u00e4mlich erst die neuro-konjunktivalen Elemente gereizt. Diese pflanzen durch zentripetale Nerven die Erregung nach den Visceralganglien fort, von wo dann auf zentrifugalem Wege die Erregung den grofsen Muskelz\u00fcgen des Siphons mitgeteilt wird. Die gegebene Deutung sucht Verfasser als richtig zu beweisen durch Experimente am abgeschnittenen Siphon. Wird dieser in ausgestrecktem Zustande gereizt,","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nLitteraturbericM.\nso tritt nur die prim\u00e4re Kontraktion ein, die sekund\u00e4re bleibt aus, denn der Reflexbogen, welcher von der Neuro-konjunktival-Sehicht \u00fcber das Visceralganglion zu den grofsen Muskeln leitet, ist durch die Abtrennung des Visceralganglions unterbrochen. -\nDiese Erscheinungen bilden das Fundament f\u00fcr die Theorie des Verfassers. Sie treten bei allen Arten von Beizen ein. Der Verfasser verfolgt dann besonders genau noch die Einzelheiten bei der Reizung mit Licht, indem er zahlreiche Versuche \u00fcber die Wirkung der Reizungsdauer, der Erm\u00fcdung, verschiedener Intensit\u00e4t und verschiedener Wellenl\u00e4nge des Lichtes folgen l\u00e4fst, die indessen f\u00fcr die Theorie keine wesent-lichen Gesichtspunkte weiter beibringen.\nDie allgemeine Theorie der Sinnesempfindungen, die der Verfasser auf dieser Grundlage aufbaut\tund\tdie\ter f\u00fcr alle mit Nervensystem\nund Sinnesorganen versehenen\tTiere in\tgleicher Weise als g\u00fcltig\tbe-\ntrachtet, gipfelt nun in der Vorstellung, dafs durch alle Reize zun\u00e4chst, nicht die Nervenenden erregt werden, sondern ein \u201esyst\u00e8me avertisseur\u201c, wie er die Myoepithelialschicht des Siphons nennt, welches den Zweck hat, die Erregung durch seine eigene Bewegung erst auf die Nervenenden zu \u00fcbertragen, so dafs\talso\tder\tReiz, welcher Art er auch\tsei,\ndurch das syst\u00e8me avertisseur\terst\tin einen mechanischen Reiz f\u00fcr\tdie\nNervenenden umgesetzt wird. So werden z. B. im Auge durch den Lichtreiz zun\u00e4chst die St\u00e4bchen und Zapfen erregt. Die Folge davon sind Bewegungen dieser St\u00e4bchen und Zapfen. Durch diese Bewegungen werden erst sekund\u00e4r die Opticusendigungen mechanisch gereizt, so dafs also die Lichtempfindung nach der Vorstellung des Verfassers in Wirklichkeit auf einer mechanischen Reizung des Sehnervs beruht. Dasselbe glaubt der Verfasser f\u00fcr die Geruchs-, Geschmacks- und andere Sinnesempfindungen annehmen zu m\u00fcssen.\nZum Schlufs untersucht der Verfasser noch die Lichtproduktion, des Siphons. Wird ein Pholas irgendwie gezeigt, so ergl\u00fchen die W\u00e4nde des Siphons von innen nach aufsen her, und der Schleim, welcher die Oberfl\u00e4che \u00fcberzieht, teilt die leuchtende Substanz dem Wasser mit, so dafs das Tier in eine leuchtende Wolke geh\u00fcllt erscheint. Das Leuchten wird reflektorisch ausgel\u00f6st von der inneren Seite des Siphons, wo von den Schn\u00fcren und Dreiecken Nerven zum Visceralganglion ziehen. Diese Nerven sollen nach dem Verfasser zentripetal- und zentrifugalleitend zugleich sein. Die leuchtende Substanz wird produziert von den Wanderzellen in der Neuro-konjunktival-Schicht und, wie es scheint, auch von den eigent\u00fcmlichen Becherzellen des Epithels, indem die Zellen eine Metamorphose erleiden und in Haufen von durchsichtigen, bl\u00e4schenartigen K\u00f6rnern zerfallen, die der Verfasser f\u00fcr die Tr\u00e4ger des Leuchtverm\u00f6gens h\u00e4lt. Sie werden, mit dem Schleim vermischt, nach aufsen abgegeben. Obwohl die Lichtproduktion vom Nervensystem be-einflufst wird, ist der Zusammenhang der Teile f\u00fcr ihr Zustandekommen nicht unbedingt notwendig. Dagegen ist zum Zustandekommen des Leuchtens notwendig, dafs das umgebende Wasser Sauerstoff enth\u00e4lt und schwach alkalisch reagiert.\tVerwohn (Jena).","page":104}],"identifier":"lit15112","issued":"1893","language":"de","pages":"102-104","startpages":"102","title":"Raphael Dubois: \"Anatomie et physiologie compar\u00e9es de la pholade dactyle. Structure, locomotion, tact, olfaction etc., avec une th\u00e9orie g\u00e9n\u00e9rale des sensations.\" Paris, G. Masson, 1892","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:29.194320+00:00"}