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{"created":"2022-01-31T17:03:07.071502+00:00","id":"lit15120","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Stumpf, Carl","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 114-117","fulltext":[{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nLitteratarbericht.\nTral- . . ., bezw. als Min-, Din-, Trin- . . . interval! bezeichnet. Daher der Name: grofse \u201eTerzine\u201c, \u201eTerzale\u201c, \u201eBiterzine\u201c, \u201eDiterzale\u201c u. s. w. f\u00fcr die Intervalle c\u00b0 e~\\ c\u00b0 e+l, c\u00b0 e~2, c\u00b0 e+2 u. s. w.\nAuch die leitereigenen Drei- und Vierkl\u00e4nge erhalten besondere Namen, und zwar je nach den Terzenschritten, welche sie zusammensetzen. Zur Abk\u00fcrzung bedeutet die Silbe er eine kleine Terz (c\u00b0 es0), al eine kleine Terzale (c\u00b0 es+l) und in eine grofse Terzine (e\u00b0 e_1). Daher heifst der Durdreiklang Inal (c\u00b0 e~~x grr), der Dominantseptimenakkord Inaler (c\u00b0 e~x g\u00b0 b\u00b0), indem hier die dritte Terz als Nullintervall angenommen wird.\nErl\u00e4uterungen, Beispiele und Notenfiguren machen die Bedeutung aller Definitionen anschaulich, wie denn die ganze Darstellungsweise sich bei aller Knappheit des Stiles \u00fcberall durch Klarheit, Sch\u00e4rfe und Konsequenz auszeichnet. An eine Einf\u00fchrung der neuen Kunstausdr\u00fccke in die Praxis wird wohl kaum zu denken sein, indes erkl\u00e4rt der Verfasser selbst in seinem Vorwort, dafs es ihm nicht darauf ankommt, diesen allgemeine Verbreitung zu verschaffen, sondern nur darauf, die Sache selbst zweckm\u00e4fsig und ersch\u00f6pfend zu behandeln.\nMax Planck.\nH. M\u00fcnsterberg. Vergleichung von Tondistanzen. M\u00fcnsterbergs Beitr\u00e4ge zur experimentellen Psychologie. Heft 4. (1892.) S. 147\u2014177.\nDas neue Heft von M\u00fcnsterbergs \u201eBeitr\u00e4gen\u201c fesselt mehr noch als die fr\u00fcheren durch die besondere F\u00e4higkeit des Autors, mannigfaltige Fragen aufs Experiment zu bringen, durch die Leichtigkeit in der Erfindung neuer H\u00fclfsmittel und die Energie der Untersuchung; und es fordert im ganzen (den letzten Artikel ausgenommen) doch weniger als die fr\u00fcheren durch die Raschheit und Gewagtheit der Folgerungen zur Kritik heraus. Ich erlaube mir einige Bemerkungen zu seinem Aufsatz \u00fcber die viel diskutierte Tondistanzenfrage.\nM. findet meine Einwendungen gegen Lorenz im wesentlichen berechtigt und von Wundt nicht entkr\u00e4ftet, zum Teil sogar direkt best\u00e4tigt. Doch sei durch Lorenz das \u00dcberraschende zu Tag gekommen, dafs zwischen zwei klangverwandten (M. meint hier wohl: der Klangfarbe nach verwandten) T\u00f6nen als Mitte ein Ton gew\u00e4hlt wird, der der arithmetischen Mitte der Schwingungszahlen entspricht. Ich kann darin in allen F\u00e4llen, wo die arithmetische mit der sog. musikalischen Mitte zusammentrifft, auch jetzt mit dem besten Willen nichts anderes erblicken, als was man zuallern\u00e4chst erwarten mufste. Im besonderen scheinen M. nicht entwertet die Versuche mit der Doppeloktave, weil hier faktisch njc^f die musikalische Mitte (Oktave), sondern die davon abweichende ariffepaetjg\u00e7he (die grofse Terz der Oktave) gew\u00e4hlt wurde. Meine hier-aq\u00fc bez\u00fcglichen Bemerkungen (Zeitschr. /'. Psychol. I, S. 443) sind zu meinem g\u00e7qfsj\u00e7jj !\u00dfed,ap\u00dfth selbst von M. mifsverstanden. Ich sagte, man habe sich fetetr g\u00dfgen die Versuchung (durch den musikalischen Eindruck als, gojqjjpn bestimm^ zu werden) ausdr\u00fccklich und kr\u00e4ftig gestemmt. Dp^i(t, \u00fcf pi\u00e7ht qipe Tendenz behauptet, die Oktave von den Aussagen auszuschli,qfsen. Sich aber gegen den blofs musikalischen Eindruck","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n115\nbewufst und absichtlich zu stemmen, galt und gilt mir bei solchen Versuchen nicht als Fehler, sondern als Erfordernis (vergl. daselbst S. 457). Diese Notwendigkeit war, so vermutete ich, bei den Doppeloktaven den Personen deswegen mehr als sonst zum Bewufstsein gekommen, weil in Hinsicht der Gleichsch\u00e4tzung von Oktaven die Wirksamkeit des musikalischen Eindrucks am handgreiflichsten ist. Vermochte ich trotz dieses g\u00fcnstigen Umstandes den Tabellen kein entscheidendes Gewicht beizulegen, so verhinderten mich daran die ganz aufserordentlichen, von M. ancheinend nicht beachteten, Schwankungen des Urteils, die gerade in diesen Tabellen vorliegen.\nM. benutzte bei seinen eigenen neuen Versuchen wie Lorenz einen Zungen-Tonmesser, obschon er zugiebt, dafs so obertonreiche Kl\u00e4nge nicht die besten Objekte f\u00fcr solche Untersuchungen seien. Er that es, weil seine Arbeit \u201eunmittelbar an Lorenz ankn\u00fcpfte und somit dasselbe Instrument verwerten mufste\u201c.\nVon den vier Versuchspersonen zeigte Einer solche Unregelm\u00e4fsigkeit des Urteils, dafs seine Ergebnisse nicht mitgeteilt werden. Die von den drei anderen erhaltenen Tabellen werden in Beispielen und Ausz\u00fcgen angef\u00fchrt. Auf die LoRENZsche Umrechnungsmethode verzichtet M., da hier \u201eschon ein theoretischer Erkl\u00e4rungsversuch in die Berechnung hineingewebt ist\u201c. Er h\u00e4lt sich in der Diskussion mit Recht einfach an die Lage der Maximalzahlen in Verbindung mit dem ganzen Gang des Urteils, wie er aus den Urtabellen ersichtlich ist.\nBei den ersten Versuchen wurden wie bei Lorenz je drhi T\u00f6ne angegeben, wovon die \u00e4ufsersten h\u00f6chstens zwei Oktaven voneinander entfernt waren. Die Ergebnisse waren denn auch analoge. Dann nahm aber M. Distanzen innerhalb dreier Oktaven und fand nicht blofs, dafs Distanzvergleichungen recht wohl m\u00f6glich bleiben (was \u00fcbrigens nicht \u201eallgemein\u201c, sondern meines Wissens nur von Wundt geleugnet, von mir und Engel hingegen ausdr\u00fccklich behauptet worden war), sondern auch, dafs unter diesen Umst\u00e4nden der arithmetische Mittelton niemals mehr als Mitte erscheint. Und zwar erschien, wenn jener angegeben wurde, die h\u00f6here von beiden Distanzen ausnahmslos gr\u00f6fser als die tiefere. Die Mitte lag also f\u00fcr das Urteil der Versuchspersonen h\u00f6her als der arithmetische Mittelton ; z. B. bei c und c3 als Grenzt\u00f6nen in der Gegend a2\u2014c2. Dies ist seltsam. Denn wenn schon bei der Doppeloktave die scheinbare Mitte in der Dezime lag (auch f\u00fcr M.s Personen), so sollte man doch, wenn nun der untere Grenzton um eine Oktave tiefer genommen wird, erwarten, dafs dann die Mitte nicht gegen den h\u00f6heren Grenzton hinauf, sondern gegen den tieferen hinunter r\u00fccke. Ich halte die Paradoxie (die M. nicht aufgefallen zu sein scheint) f\u00fcr eine Folge des Zungeninstrumentes. Da die Zahl und St\u00e4rke seiner Obert\u00f6ne von der Tiefe zur H\u00f6he abnimmt und da Obert\u00f6ne den Klang scheinbar erh\u00f6hen, so erscheinen die unteren Distanzen hier zu klein. Und dies mufs sich, wie ich bereits fr\u00fcher (a. a, O., S. 458) folgerte, besonders bei gr\u00f6fseren Distanzen geltend machen.\nBei weiteren Versuchen wich M. von Lorenz auch darin ah, dafs er den mittleren Ton zun\u00e4chst doppelt angab (\u00e4hnliche Resultate) und","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\nLitteraturbericht.\nendlich statt dreier vier verschiedene T\u00f6ne benutzte. Die zwei tieferen bildeten die Normaldistanz, die zwei h\u00f6heren, deren unterer variabel war, die Vergleichsdistanz. In den vier Tabellen, die den eigentlichen Mittelpunkt der Arbeit bilden, sind 256 und 456 die \u00e4ufsersten T\u00f6ne, die Normaldistanz zuerst 256\u2014276, dann wachsend bis zu 256\u2014336. Die Aussagen der drei Versuchspersonen verliefen regelm\u00e4fsig und stimmten gut \u00fcberein. Das Maximum der Gleichsch\u00e4tzungen lag bei allen zwischen dem Punkt des gleichen Schwingungsverh\u00e4ltnisses und dem der gleichen Schwingungsdifferenz, und zwar verschob es sich von jenem zu diesem mit zunehmender Gr\u00f6fse der N ormaldistanz. Einwirkung musikalischer Motive h\u00e4lt M. hier f\u00fcr absolut ausgeschlossen.\nLetzteres scheint mir bei der ersten der vier Tabellen (VI) nicht so ausgemacht. 256:276 ist ein Halbton; einen solchen bilden auch 424 und 428 (auf welche die Maximalzahlen entfallen) mit 456. \u00dcberdies liegen hier die Punkte der gleichen Schwingungsdifferenz und des gleichen Schwingungsverh\u00e4ltnisses selbst \u00e4ufserst nahe beisammen (nur um einen Viertelton auseinander). Bei den \u00fcbrigen Tabellen allerdings fallen diese Bedenken mehr und mehr hinweg. Gleichwohl wird man vorl\u00e4ufig mit dem Ergebnis nicht viel machen k\u00f6nnen, solange nicht die Gr\u00f6fse der Normaldistanz und die Entfernung beider Distanzen (also die des zweiten und dritten Tons) voneinander noch bedeutend variiert werden, da ja alle vier T\u00f6ne hier jedesmal innerhalb des relativ recht kleinen Baumes c1 und b1 liegen (b1 als Quarte von fl ist = 455 Vs\u00bb). M. hat dies nicht \u00fcbersehen, teilt aber nur eine Tabelle mit etwas weiteren Distanzen (aus tieferer Begion) mit, um daran das Vorkommen individueller Unterschiede zu erl\u00e4utern. Die Urteile jeder der drei Personen verlaufen n\u00e4mlich zwar auch hier sehr regelm\u00e4fsig, stimmen aber unter ;sich nicht \u00fcberein: das von A. entspricht fast genau der gleichen Schwingungsdifferenz, das von C. nahe dem gleichen Verh\u00e4ltnis, das von B. liegt dazwischen. Aber weist dies nicht zugleich darauf hin, dafs die obige Begel nur mit der gr\u00f6fsten Beserve ausgesprochen werden idarf und sich vielleicht nur unter den ganz speziellen Bedingungen eben jener Versuche bewahrheitet?\nWeiter wurde die Zeitfolge ver\u00e4ndert. W\u00e4hrend bisher die vier T\u00f6ne nur abwechselnd von oben nach unten und umgekehrt (a b c d, d c b a) angegeben waren, wurden noch vier Ordnungen (b a c d, c db a, ab d c, d c ab \u2014 warum nicht auch bade, c d ab? \u2014) durchgepr\u00fcft, doch ohne bemerkenswerte \u00c4nderung der Ergebnisse.\nSonstige \u00c4nderungen betrafen die Dauer der T\u00f6ne (l\u00e4ngere Dauer schien die bez\u00fcgliche Distanz zu vergr\u00f6fsern) und die Ausf\u00fcllung einer Distanz durch kurz angegebene Zwischent\u00f6ne (die geteilte Distanz schien wesentlich gr\u00f6fser).\nEs verdient besonders bemerkt zu werden, dafs M. nirgends von der \u2022 Empfindungsmitte, von gleichen Empfindungsdistanzen spricht, sondern zun\u00e4chst rein empirisch die Begelm\u00e4fsigkeiten der Sch\u00e4tzung und die mannigfachen hierauf einwirkenden Umst\u00e4nde aufsuchen will. Wenn er .aber schliefslich andeutet, dafs die Beurteilung der Tondistanzen gar","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericlit.\n117\nnicht von der Qualit\u00e4t (den \u00c4hnlichkeitsgraden) der T\u00f6ne seihst, sondern nur von Nebenfaktoren abh\u00e4nge (womit also eine Bestimmung der Empfindungsmitte und der Distanzverh\u00e4ltnisse von T\u00f6nen als solchen \u00fcberhaupt ausgeschlossen w\u00e4re), so kann ich dies nicht ohne Widerspruch lassen. Ich verstehe aber hieraus einigermafsen, wie M. doch wieder ein Zungeninstrument w\u00e4hlen konnte, obgleich es ihm seihst nicht das beste Objekt scheint. Ihm sind Ohert\u00f6ne vielleicht eine Komplikation, aber nicht eine Fehlerquelle f\u00fcr solche Versuche, da es eben in Bezug auf Tonempfindungen als solche f\u00fcr ihn weder richtige noch falsche Urteile giebt.\nF\u00fcr neue Arbeiten m\u00f6chte ich, abgesehen von der wiederholten Forderung einfacher Kl\u00e4nge, einen Wunsch hinsichtlich der Untersuchung und Beschreibung der Versuchspersonen aussprechen. Von den Dreien, deren Ergebnisse mitteilensw\u00fcrdig erschienen, sagt M. nur, dafs der eine ein feinmusikalischer ge\u00fcbter Cellist war, die beiden anderen aber \u201eniemals musiziert hatten\u201c. Doch wird ausdr\u00fccklich hei einer bestimmten Versuchsreihe hervorgehoben, dafs da gerade einer von diesen durch musikalische Motive mitbestimmt schien (S. 167). Ein Zeichen, wie wenig man aus dem \u00e4ufseren Umstand, dafs einer musiziert hat oder nicht, \u00fcber das Nachwirken musikalischer Eindr\u00fccke schliefsen kann. Es w\u00e4re k\u00fcnftig wohl erforderlich, die Geh\u00f6rsf\u00e4higkeiten der Versuchspersonen genauer zu beschreiben (Lorenz war hierin ausf\u00fchrlicher) und zwar ganz bestimmte Kriterien zu benutzen, wie Unterscheidungsf\u00e4higkeit, Intervallurteil, Benennungsf\u00e4higkeit u. dgl. Erst danach kann man sich ein Urteil bilden, oh und inwieweit einer musikalisch und unmusikalisch ist; aufserdem bleiben dies allzu unbestimmte Kategorien. Nat\u00fcrlich werden nicht durchgef\u00fchrte Versuchsreihen \u00fcber alle jene Punkte verlangt, die zehnmal so lange dauern w\u00fcrden wie die geplante Untersuchung seihst; eine ziemlich kurze Vorpr\u00fcfung w\u00fcrde schon gen\u00fcgende Anhaltspunkte bieten.\tC. Stumpf.\nMax Dessoir. \u00dcber den Hautsinn. Arch. f. Anat. und Physiol. Physiol.\nAbt. 1892. S. 175\u2014339.\nVerfasser bezeichnet seine umfangreiche Arbeit eingangs als einen Versuch, eine Physiologie des \u201eHautsinns\u201c zu skizzieren, welcher letztere nach seiner Meinung seit E. H. Webers Zeit nicht mehr \u201evon dem Standpunkte systematischer Untersuchung aus\u201c behandelt worden ist. Der experimentelle Teil seiner Arbeiten ist in dem Institute von Hermann Munk ausgef\u00fchrt worden. Verfasser behandelt zun\u00e4chst die Lehre von den Empfindungen \u00fcberhaupt und bespricht allgemein eine Eeihe der hier einschlagenden Fragen, sodann die Lehre von den spezifischen Energien, welche er namentlich in der von Helmholtz ihr gegebenen Form scharf, zum Teil mifsverst\u00e4ndlich, zum Teil mit Ignorierung von physiologischen Beobachtungen, zum Teil mit H\u00fclfe willk\u00fcrlicher Annahmen (ein Schlag auf den Kopf erzeuge m\u00f6glicherweise \u00c4ther-","page":117}],"identifier":"lit15120","issued":"1893","language":"de","pages":"114-117","startpages":"114","title":"H. M\u00fcnsterberg: Vergleichung von Tondistanzen. M\u00fcnsterbergs Beitr\u00e4ge zur experimentellen Psychologie, Heft 4, 1892, S. 147\u2013177","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:03:07.071508+00:00"}