Open Access
{"created":"2022-01-31T16:59:25.918056+00:00","id":"lit15122","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Du Bois-Reymond, Claude","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 122-123","fulltext":[{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nLitteraturbericht.\nvielleicht nicht wohlwollend genug finden. Aber es ist mir gerade gegen\u00fcber diesen f\u00fcr den Fernerstehenden verf\u00fchrerischen Eigenschaften als Pflicht erschienen, auch auf die hinter dem wissenschaftlichen Faltenwurf verborgenen Bl\u00f6fsen hinzuweisen.\tAlfred Goldscheider.\nA. St\u00f6hr. Zur nativistischen Behandlung des Tiefensehens. Leipzig und Wien. Deuticke, 1892. 30 S.\nVerfasser entwickelt zuerst die Ansicht, dafs der euklidische Baum keine im voraus gegebene Anschauungsform sei, sondern ein komplizierter Begriff, der nur aus der Anschauung des Sehraums erst konstruiert werde. Zur Konstruktion diene eine endliche Zahl wirklich angeschauter Sehr\u00e4ume, die im Leben fortw\u00e4hrend vermehrt wird. Ein Sehraum ist aber die Summe aller gleichzeitig empfundenen Sehpunkte mit ihren zugeh\u00f6rigen Tiefenwerten. Diesen h\u00e4lt er f\u00fcr das zuerst gegebene und wirft nun die Frage auf, ob vielleicht durch ein noch verborgenes Em-pfindungsgesetz jeder gegebene Sehr\u00e4um auch schon eine Anschauung der Tiefenungleichheit enthalte, so dafs man die Aufsendinge in bestimmter Tiefe sehen m\u00fcfste? Die Schicht der St\u00e4bchen und Zapfen hat eine solche Dicke, dafs man aufser dem Gef\u00fchl des Nebeneinander auch ein Tiefengef\u00fchl hineinlegen k\u00f6nnte. Dazu bildet er die Hypothese, dafs der \u201ePlattenapparat\u201c im Aufsengliede eines St\u00e4bchens ein Satz von Hohlspiegeln sei, deren Bildchen in das nerv\u00f6se Innenglied zur\u00fcckgeworfen w\u00fcrden, und zwar je nach der Konvergenz der vorn in das St\u00e4bchen eintretenden Strahlen, also der Brennpunktslage, in ungleiche Tiefen. Diese Tiefenungleichheit k\u00f6nnte die Grundlage f\u00fcr einen unmittelbaren Eindruck des Tiefenwertes der Sehpunkte sein. Die Umkehrung der einzelnen Spiegelbildchen macht nichts aus, weil sie nur kleinste Elemente des Gesamtbildes betrifft (also wie in den Teilaugen des musivischen Auges. Bef.). Diese Hypothese er\u00f6rtert dann der Verfasser nach verschiedenen Bichtungen sehr ins einzelne, wobei freilich die entstehenden physikalischen und physiologischen Schwierigkeiten \u00fcbergangen oder kurz von der Hand gewiesen werden. Als ein Verdienst seiner Hypothese hebt Verfasser u. a. hervor, dafs das Tiefensehen beim monokularen Schauen mit ruhendem Auge sich dadurch erkl\u00e4ren liefse, aber er nennt (pag. 16) dieses Tiefensehen, wenn es ein Zwei\u00e4ugiger versuchsweise \u00fcbt, vom binokularen nicht wesentlich unterschieden, was wohl nur durch M\u00e4ngel, entweder des Binokularsehens \u00fcberhaupt oder der \u00dcbung in subjektiven Versuchen dieser Art, zu erkl\u00e4ren ist. Als \u201eHypothese mit Wahrscheinlichkeitswert\u201c d\u00fcrfte die skizzierte Theorie, was \u00fcbrigens Verfasser selbst zugiebt, unvollkommen und verfr\u00fcht sein. Als sinnreiche Er\u00f6rterung einer der zahlreichen M\u00f6glichkeiten, zwischen denen unsere beschr\u00e4nkte Erkenntnis nicht zu entscheiden vermag, bietet sie einiges Interesse. (Doch ist, wenigstens dem Beferenten, nicht klar geworden, was eigentlich durch die Einschaltung des recht komplizierten Spiegelapparates und die dadurch bewirkte r\u00e4umliche Umkehrung der","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n123\nTiefenzeichen gerade f\u00fcr eine nativistische Behandlung des Problems zu gewinnen ist).\tCl. du Bois-Reymond.\nHerm. Schwarz. Das Wahrnehmungsproblem vom Standpunkte des Physikers, des Physiologen und des Philosophen. Leipzig, Duncker u. Humblot, 1892. 408 S.\nZwei Bestandteile lassen sich schon in der Ansicht des naiven Realismus, von welcher ausgehend Verfasser das Wahrnehmungsproblem verfolgt, unterscheiden: in methodologischer Hinsicht ein Verfahren, die Welt der Sinnesdata zu ordnen, in metaphysischer Hinsicht ein Versuch, die Abh\u00e4ngigkeit oder Unabh\u00e4ngigkeit der Sinnesdata vom Bewufstsein zu entscheiden. Aus jenem ersten methodologischen Bestandteil, der den Tastdatis, weil sie best\u00e4ndiger und mit lebhafteren Gef\u00fchlen verkn\u00fcpft sind, eine bevorzugte Stellung vor den Datis aller \u00fcbrigen Sinne einr\u00e4umt, sie als Dinge von ihren Eigenschaften unterscheidet und in kausale Beziehungen zu einander setzt, macht der Physiker eine Methode der Zeichenbeziehung, der \u201eZur\u00fcckf\u00fchrung der sekund\u00e4ren Sinnesereignisse auf die aus den Vorg\u00e4ngen der Tastwahrnehmung abstrahierten mechanischen Vorg\u00e4nge.\u201c Damit verkn\u00fcpft er aber zugleich eine metaphysische Behauptung, n\u00e4mlich die, dafs die Gegenst\u00e4nde der Tastwahrnehmung objektiver Natur, die sekund\u00e4ren Sinnesdata, wie Farben, T\u00f6ne u. s. w., rein subjektiv seien. Hiergegen wendet sich Schwarz mit den von Riehe (Der philosophische Kriticismus, II.) dargelegten vier Gesichtspunkten. Entweder m\u00fcsse man allen Sinnesdatis Objektivit\u00e4t zuerkennen, oder aber es komme ihnen allen nur eine mentale Existenz zu Um nun jenem realistischen Standpunkt ebenso gerecht zu werden, wie diesem idealistischen, schl\u00e4gt Schwarz vor, den unter dem Bilde von Ursache und Wirkung in der Physik gedachten Zusammenhang zwischen den mechanischen Vorg\u00e4ngen einerseits, dem Auftreten von Licht und Farben andererseits durch die Vorstellung eines methodologischen Parallelismus zu ersetzen, der in regelm\u00e4fsiger Weise zwischen den beiden Sinnesgebieten bestehe.\nAber noch in anderem Sinne wird in der Physik von Subjektivit\u00e4t geredet. Der Physiker hatte bei seinen Erkl\u00e4rungsversuchen nur auf die normalen Sinnesgeschehnisse, die ihren Ursprung aufserhalb der Organe haben, R\u00fccksicht genommen. Insofern diese als Abbildungen der \u00e4ufseren Bewegungsvorg\u00e4nge betrachtet werden k\u00f6nnen, nennt er sie objektiv im Gegensatz zu denjenigen Empfindungen, deren mechanische Korrelate im Organ selbst ihren Ursprung haben. So sind ihm die Kombinationst\u00f6ne objektiv, die Schwebungen dagegen subjektiv. Die \u00c4thertheorie weifs den negativen Nachbildern keine objektive mechanische Repr\u00e4sentation zu geben, sie werden daher f\u00fcr subjektiv erkl\u00e4rt u. a. m. Hier d\u00fcrfe man, ehe man den Sinnesorganen mechanische Leistungen zuschreibe, welche in die physikalische Erkl\u00e4rung selbst nicht hineinpafsten, und welche in der ganzen unorganischen Natur nicht ihresgleichen h\u00e4tten, eine \u00c4nderung der allerersten Prinzipien der Optik, der Akustik fordern. Die Physik \u00fcberweise aber die Ausf\u00fcllung der L\u00fccken, welche sie bei ihren Erkl\u00e4rungen offen lasse, der Physiologie.","page":123}],"identifier":"lit15122","issued":"1893","language":"de","pages":"122-123","startpages":"122","title":"A. St\u00f6hr: Zur nativistischen Behandlung des Tiefensehens. Leipzig und Wien, Deuticke, 1892","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:59:25.918062+00:00"}