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{"created":"2022-01-31T14:15:47.370146+00:00","id":"lit15129","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Liebmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 129-130","fulltext":[{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Idtteraturbericht.\n129\nzust\u00e4nden der Harmonie und des Konflikts genau zu studieren. Der Wert des Aufsatzes besteht in einer F\u00fclle einzelner, auf genaue und unbefangene Beobachtung der Thatsachen gegr\u00fcndeter, feiner Bemerkungen. Der Ertrag an allgemeinen S\u00e4tzen ist sehr d\u00fcrftig; Verfasser stellt zwar solche auf, sie tragen aber meist einen rein negativen Charakter; und er hat sie zudem \u00fcberall durch die wichtigsten Ausnahmen und Anomalien aufs wesentlichste einzuschr\u00e4nken. Nach Ansicht des Verfassers ist wohl heute \u00fcberhaupt noch keine allgemeine Theorie, die alle Lust- und Schmerzarten unter einen obersten Erkl\u00e4rungsgrund br\u00e4chte, m\u00f6glich. In einer angeh\u00e4ngten Kritik der hedonistischen Theorie Prof. Marshalls (Mind, No. 63, 64) zeigt er, dafs dieselbe kaum Vs aller F\u00e4lle umfafst.\tGa\u00fcpp (London).\nVorster. \u00dcber einen Fall von doppelseitiger Hemianopsie mit Seelen -blindheit, Photopsien und Gesichtst\u00e4uschungen. Allgem. Zeitschr. f. Psychiatrie, Bd. 49, S. 227.\nBei einem Kranken, der schon fr\u00fcher zwei apoplektische Anf\u00e4lle \u00fcberstanden, lassen sich nach einem dritten Insult linksseitige L\u00e4hmung und An\u00e4sthesie, sowie zun\u00e4chst v\u00f6lliger Verlust des Sehverm\u00f6gens beider Augen feststellen. Das letztere bessert sich allm\u00e4hlich, doch bleibt eine linksseitige Hemianopsie nebst erheblicher Einschr\u00e4nkung der rechten Gesichtsfeldh\u00e4lften, eine bedeutende Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe, sowie die g\u00e4nzliche Aufhebung des Farbensinnes zur\u00fcck. Etwa sechs Wochen nach dem Anfall fiel es auf, dafs er die Gegenst\u00e4nde, die er sah, nicht erkannte. Seine Angeh\u00f6rigen erkannte er erst, wenn er sie sprechen h\u00f6rte, alles um ihn schien ihm ver\u00e4ndert. Dabei waren die optischen Erinnerungsbilder intakt; es handelte sich also nicht um eine echte Seelenblindheit im Sinne Musks, sondern um eine Affektion der optischen Wahrnehmungscentra, um eine Bindenblindheit. Das \u00f6rtliche Orientierungsverm\u00f6gen hatte sehr gelitten; diese St\u00f6rung bestand noch nach Besserung der Bindenblindheit fort. Der Kranke hatte, nachdem die totale Bindenblindheit sich gebessert hatte und zu einer partiellen geworden war, massenhaft auftretende Photopsien, die beide Gesichtsfeldh\u00e4lften gleichm\u00e4fsig betrafen, sowie Illusionen und Halluzinationen des Gesichts. Eine Sektion liegt nicht vor.\nIn betreff der Einzelheiten des h\u00f6chst interessanten Falles mufs auf das Original verwiesen werden.\tLiebmann (Bonn).\nJanet. L\u2019amn\u00e9sie hyst\u00e9rique. Archives de Neurologie, Bd. XXIV, S. 29. (1892.)\nSt\u00f6rungen des Ged\u00e4chtnisses treten nach J. bei Hysterischen fast so h\u00e4ufig auf, wie St\u00f6rungen der Sensibilit\u00e4t, und kommen in sehr verschiedenen Formen vor. Die Amnesie kann sich auf eine bestimmte Person, ein bestimmtes Ereignis und alles, was damit zusammenh\u00e4ngt, beschr\u00e4nken (Amn\u00e9sie syst\u00e9matis\u00e9e). So erkennt z. B. eine Hysterische nach einem Anfall den Arzt nicht wieder, der sie monatelang behandelt hat; alle die mannigfachen Beziehungen zwischen ihm und ihr sind vergessen, und bei noch so oft wiederholten Besuchen erscheint er ihr immer\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie V.\n9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nLitteraturbericht\naufs neue als ein v\u00f6llig fremder, w\u00e4hrend im \u00fcbrigen ihr Ged\u00e4chtnis intakt bleibt. Eine Amn\u00e9sie localis\u00e9e dagegen liegt in den F\u00e4llen vor, in welchen ein ganz scharf begrenzter Zeitabschnitt aus dem Ged\u00e4chtnis der Patienten gleichsam herausgeschnitten ist. Sehr selten kommt es vor, dafs die Amnesie sich auf die gesamte Vergangenheit des Kranken erstreckt und alle neuen Eindr\u00fccke von Augenblick zu Augenblick vergessen werden (Amn\u00e9sie g\u00e9n\u00e9rale). Von diesen untersch\u00e9iden sich gewisse andere F\u00e4lle nur dadurch, dafs die Amnesie nicht die gesamte Vergangen-heit, sondern, vom Moment ihres Auftretens zur\u00fcckgerechnet, nur einen bestimmten Zeitabschnitt umfafst (Amn\u00e9sie continue).\nEie vielberufenen Charaktereigenschaften der Hysterischen, ihre Indifferenz, Unstetigkeit, Launenhaftigkeit, sollen nach J. zum grofsen Teil auf eine derartige Ged\u00e4chtnisst\u00f6rung, die auch in milderer Form als blofse Ged\u00e4chtnisschw\u00e4che auftreten kann, zur\u00fcckzuf\u00fchren sein.\nDie Perception und Aufspeicherung der Sihneseindr\u00fccke geht hei all diesen Formen in ungest\u00f6rter Weise vor sich. Das wird dadurch bewiesen, dafs alle Kranke in gewissen Stadien der Hypnose, manche auch im nat\u00fcrlichen Schlafe \u00fcber alles das verf\u00fcgen, was im wachen Zustande dem Ged\u00e4chtnis entschwunden war. Aber auch die Reproduktion der aufgespeicherten Eindr\u00fccke ist hei der hysterischen Amnesie nicht beeintr\u00e4chtigt. J. schliefst dies aus folgenden Experimenten: Eine mit exquisiter hysterischer Amnesie unter der Form der Amn\u00e9sie continue behaftete Patientin wird in ein Gespr\u00e4ch verwickelt. Der Experimentator schiebt ihr w\u00e4hrenddessen einen Bleistift in die Hand \u2014 die Kranke leidet auch an St\u00f6rungen der Hautsensibilit\u00e4t \u2014 und fl\u00fcstert ihr, w\u00e4hrend ihre volle Aufmerksamkeit durch das Gespr\u00e4ch gefesselt ist, Fragen zu \u00fcber Personen und Dinge, die infolge ihrer Amnesie der hewufsten Erinnerung der Patientin g\u00e4nzlich entr\u00fcckt sind. Jetzt aber schreibt sie wie automatisch die richtigen Antworten nieder. Wird ihre Aufmerksamkeit durch Lekt\u00fcre in Anspruch genommen, so wird sie unter gleichen Umst\u00e4nden diese Antworten auch m\u00fcndlich geben. \u2014 Aufser der \u201eConservation des souvenirs\u201c und der \u201eReproduction des images\u201c aber ist zum Bewufstwerd\u00ebn eines Erinnerungsbildes nach Janet noch ein Drittes erforderlich, das er Perception personnelle nennt und worunter er die Herstellung der Verbindung zwischen Erinnerungsbild einerseits und der hewufsten Pers\u00f6nlichkeit andererseits versteht. Auf der St\u00f6rung dieses psychischen Vorganges beruht die hysterische Amnesie.\nAuf die interessanten Beziehungen zwischen Ausfallserscheinungen des Ged\u00e4chtnisses und der Sensibilit\u00e4t, welche Janet in manchen F\u00e4llen gefunden hat, kann hier nicht n\u00e4her eingegangen werden, weil dieselben, wie er seihst hervorhebt, keine allgemeine Bedeutung beanspruchen k\u00f6nnen. :\u2014 Die Lekt\u00fcre der inhaltreichen Arbeit kann nur angelegentlichst empfohlen werden.\tLiebmann (Bonn).\nStr\u00fcmpell. \u00dcber die Entstehung und die Heilung von Krankheiten durch Vorstellungen. Erlangen, 1892. 20 S.\nStr\u00fcmpell ergeht sich in dieser Rede, die er bei Antritt des Prorektorates der Universit\u00e4t Erlangen am 4. November 1892 gehalten-","page":130}],"identifier":"lit15129","issued":"1893","language":"de","pages":"129-130","startpages":"129","title":"Janet: L'amn\u00e9sie hyst\u00e9rique. Arch. de Neurologie, Bd. XXIV, S. 29, 1892","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:15:47.370152+00:00"}