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{"created":"2022-01-31T17:00:31.619405+00:00","id":"lit15157","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"T\u00f6nnies, F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 158-159","fulltext":[{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nLitteraturbericht.\nsondern allein seine Methode. Sie erachten, dafs auf einem, vielleicht schmaleren Wege man zu exakteren und besser gesicherten Auf l\u00f6sungen der Probleme gelangen k\u00f6nne.\tF. T\u00f6nkies (Kiel).\nEmile Laurent. L\u2019anthropologie criminelle et les nouvelles th\u00e9ories du crime. Avec 11 portraits hors texte de criminologistes fran\u00e7ais et \u00e9trangers. Paris, Soci\u00e9t\u00e9 cr\u00e9ditions scientifiques, 1891. 156 S.\nL. will in unparteiischer Weise die neue Wissenschaft vulgarisieren. Die italienische und die Lyoner Schule (Lacassagne) werden nebeneinander gestellt. Angeschlossen die Kriminal-Anthropologie in England, in \u00d6sterreich (Benedikt), in Rufsland (Pauline Tarnowski und Dr. Drill), in Spanien (Alvarez Taladriz); dann \u00fcber die beiden Kongresse 1885 und 1889. Folgen Mitteilungen \u00fcber die verschiedenen Klassifikationen und Theorien sozialer und physischer \"Ursachen. Der kriminelle Typus wird Kapitel 7\u201410 behandelt, ohne dafs es v\u00f6llig klar wird, ob Verfasser ihn verwirft oder gelten l\u00e4fst; ein Vorwurf, der auch sein fr\u00fcher angezeigtes Buch Les Habitu\u00e9s etc. trifft. Kapitel 11 handelt \u00fcber das Weib und 12 \u00fcber das kriminelle Kind; 13 \u00fcber die Arten des Verbrechens und den Selbstmord, 14 \u00fcber das politische Verbrechen, 15 \u00fcber moralische und strafrechtliche Verantwortung, 16 \u00fcber Strafen, 17 \u00fcber die Identifikation durch anthropometrische Signalements. Den Schlufs bildet eine Wiedergabe der Rede, mit welcher Professor Brouardel den Pariser Kongrefs 1889 geschlossen hat. \u2014 Das Buch ist recht verdienstlich. Hie und da ein wenig oberfl\u00e4chlich, entsch\u00e4digt es durch die Menge des in K\u00fcrze Mitgeteilten, und dieses ist durchaus zuverl\u00e4ssig.\nF. T\u00f6nnies (Kiel).\nW. D. Morrison (H. M. Prison, Wandsworth). Crime and its causes.\nLondon, Swan Sonnenschein & Co. 1891. 236 S.\nDiese Schrift bildet den 27. Band der Social Science Series, welche manche interessante Werke, besonders auch der sozialistischen Litteratur, enth\u00e4lt. Morrisons Beitrag ermangelt auch nicht einer gewissen freundschaftlichen Neigung nach dieser Seite hin, verr\u00e4t aber zugleich den unabh\u00e4ngigen Denker in seinem ganzen Verlaufe. Aus der Vorrede: Das Verbrechen ist schrecklicher als der Pauperismus und fast ebenso kostspielig. Es ist ein komplizierteres Ph\u00e4nomen, als gemeinhin angenommen wird. Strafe kann es nicht vertilgen, weil sie nicht die Ursachen trifft, welche den Verbrecher machen. \u00d6konomische Prosperit\u00e4t, wenn auch noch so verbreitet, wird das Verbrechen nicht ausl\u00f6schen (dieser von ihm selbst als paradox ausgegebene Satz wird vom Verfasser mit Vorliebe behandelt, im Texte sind ihm Kap. 4 und 5 gewidmet, nachdem 1. \u00fcber Kriminal-Statistik, 2. \u00fcber Klima und Verbrechen, 3. \u00fcber Jahreszeiten und Verbrechen gehandelt hat). Im ganzen sind dieiReichen ebensosehr zum Verbrechen geneigt als die Armen. Civilisation hat bisher nur die Form ver\u00e4ndert, in der das Verbrechen auftritt; dem Wesen nach bleibt es dasselbe. Auch die Volksschule vermag nicht viel zu seiner Ausrottung : die blofs intellektuelle Abrichtung, welche sie zu leisten pflegt, hat wenig heilsamen Einflufs auf das Betragen ; dafs dieses */* des Lebens","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n159\nausmacht, nach Matthew Arnolds Ausspruch, wird im offiziellen Erziehungs-System ignoriert. Auch w\u00fcrde es nicht viel helfen ohne Mitwirkung des Hauses. \u201eUnd diese ist nicht zu erwarten, so lange als die Frauen demoralisiert werden durch die harten Bedingungen des industriellen Lebens und untauglich gemacht werden f\u00fcr die Pflichten der Mutterschaft, ehe sie solche auf sich nehmen.\u201c Ferner wird kein Staat jemals das kriminelle Problem los werden, es sei denn, dafs gesunde und kr\u00e4ftige B\u00fcrger in ihm wohnen. Denn sehr oft ist das Verbrechen nur Abk\u00f6mmling von Degeneration und Krankheit. Um die beste Methode der Behandlung des Verbrechers zu finden, mufs man ihn mit Sorgfalt studieren. Wenn man Freiheitsstrafen anwendet, so m\u00fcssen sie etwas Schreckliches behalten. Zugleich aber mufs der Delinquent f\u00fcr die R\u00fcckkehr zur Freiheit vorbereitet werden. Hierzu ist vor allem n\u00f6tig, dafs die Leitung in den H\u00e4nden aufgekl\u00e4rter Beamten liege. \u2014 Diese eigene Inhaltsangabe liefse sich aus dem Buche, das ich mit Interesse durchgelesen habe, leicht vermehren. Der Verfasser hat als Kenner recht, die \u00fcbliche Erkl\u00e4rung der Eigentumsvergehen aus \u201eNot\u201c erheblich einzuschr\u00e4nken. Seine Ausf\u00fchrungen gipfeln in der Einsicht, dafs die indirekte Misere der unteren Klassen unendlich viel gr\u00f6fser ist als die direkte, obgleich diese sehr grofs ist. Die Kapitel behandeln, nach den angezeigten, 6. Geschlecht und Alter, 7. Leib und Seele des Verbrechers, 8. Strafe. Gerade gegenw\u00e4rtige Beachtung fordern die Ausf\u00fchrungen \u00fcber jugendliches Verbrechertum. Von Wesen und Wirkungen der Reformatory, der Industrial und Day Industrial Schools (deren Wachstum in Zahlen dargestellt wird. Append. II) h\u00e4tten wir uns gern viel mehr erz\u00e4hlen lassen. Der Verfasser ist mit den neuen anthropologischen Forschungen bekannt, kritisiert sie scharf und nicht ohne Kraft. Dafs er auch mit deutscher Psychologie sich besch\u00e4ftigt, zeigt eine Erw\u00e4hnung \u201edes meisterhaften Artikels \u00fcber Lokalisierung von Gehirnfunktionen in Wundts Philosophische Studien\u201c, S. 183, Anm. Auch werden unsere kriminalistischen Autoren als von Liszt und Krohne citiert. Das B\u00fcchlein ist knapp, reichhaltig, durchaus verst\u00e4ndig, \u2014 mithin sehr empfehlenswert.\tF. T\u00f6nnies (Kiel).\nFerri. Il tipo criminale e la natura della delinquenza. Arch, di Psich.\nVol. XII. F. 3 u. 4 (1891). S. 185-215.\nVerfasser, Jurist, ist einer der tapfersten und \u00fcberzeugtesten Verfechter des von Lombroso aufgestellten, aber von vielen Seiten angefochtenen \u201eVerbrechertypus\u201c. \u201eBetrete ich ein Gef\u00e4ngnis,\u201c sagt er, \u201eso vermag ich in der Masse der Gefangenen 20, 30, ja 50 Individuen herauszufinden, denen ich es ansehe, dafs sie wegen einer Blutthat verurteilt sind.\u201c Diesen Scharfblick habe er durch \u00dcbung und durch das Studium der Lebensgeschichte von Verbrechern und normalen Individuen, nicht aber am Studiertisch, wie es bei den Gegnern der Fall sei, gewonnen. In Rom z. B. konnte er unter 700 Soldaten (in Gegenwart von Benedikt) einen bezeichnen, der als Kind schon einen Mord begangen hatte. \u2014 Das Hauptmerkmal ist f\u00fcr F. der Blick und die Wulst der Backenknochen. Die Deformit\u00e4ten des Sch\u00e4dels und sonstige Anomalien","page":159}],"identifier":"lit15157","issued":"1893","language":"de","pages":"158-159","startpages":"158","title":"W. D. Morrison (H. M. Prison, Wandsworth): Crime and its causes. London, Swan Sonnenschein & Co, 1891","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:31.619411+00:00"}