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{"created":"2022-01-31T16:59:58.003794+00:00","id":"lit15160","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pick, A.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 161-210","fulltext":[{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).1\nVon\nProfessor A. Pick in Prag.\nIn seinen k\u00fcrzlich ver\u00f6ffentlichten Le\u00e7ons cliniques sur l\u2019hyst\u00e9rie et l\u2019hypnotisme Vol. I, pag. 119 Anin. schliefst Pitres seine Er\u00f6rterungen \u00fcber den Verlust der conscience musculaire mit den Worten: \u201ec\u2019est un ph\u00e9nom\u00e8ne plus complexe dont l\u2019interpr\u00e9tation nous \u00e9chappe encore.\u201c\nSchon diese Feststellung d\u00fcrfte gen\u00fcgen, die Notwendigkeit der Mitteilung neuer einschl\u00e4giger Untersuchungen zu begr\u00fcnden, und wenn dies nachstehend zugleich mit einer historischen Darstellung des bisherigen Standes der Frage erfolgt, so wird dies dadurch gerechtfertigt, dafs diese letztere sich meist auf die Theorien oder eine Darstellung jener That-sachen und Gesichtspunkte beschr\u00e4nkt, an die der hier gemachte Versuch einer Erkl\u00e4rung der Erscheinung direkt ankn\u00fcpfen wird.\nEs war Duchenne (de Boulogne) der zuerst2 seit dem Jahre 1848 an drei Kranken mit totalem Verluste der kutanen\n1\tSiehe die vorl\u00e4ufige Mitteilung im Neurol. Centralblatt. 1891. 1. August.\n2\tOie gelegentlich als hierher geh\u00f6rig zitierte Beobachtung von Pet R\u00e9gis, einem Arzte des vorigen Jahrhunderts (Histoire naturelle de l\u2019\u00e2me. Montpellier 1789) scheint mir nach dem folgenden, Janet, Revue philos. 1882. II. p. 368 entnommenen Zitate doch mit Sicherheit als den folgenden Beobachtungen nicht gleichwertig anzusehen : \u201eC\u2019est celui d\u2019un paralytique qui avait perdu le mouvement sans perdre la sensibilit\u00e9, mais qui, lorsque quelqu\u2019un le touchait, le piquait ou le pin\u00e7ait sous sa couverture, sans qu\u2019il p\u00fbt voir l\u2019endroit affect\u00e9, \u00e9tait incapable de le d\u00e9signer.\u201c\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IV.\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nA. Fick.\nund tieferen Sensibilit\u00e4t beobachtete, dafs dieselben im Gegensatz zu den sonstigen Beobachtungen, sobald man sie am Sehen der zu bewegenden Extremit\u00e4ten hinderte, die F\u00e4higkeit, willk\u00fcrliche Bewegungen mit denselben auszuf\u00fchren, g\u00e4nzlich verloren. (De V\u00e9lectrisat. localis., 3. \u00e9d. 1872, pag. 182 ff.)1 An die erste Feststellung, die er auf die Herabsetzung einer von ihm als conscience musculaire bezeichneten Funktion bezog, kn\u00fcpft D. den Versuch einer Deutung, der, weil direkt als Vorl\u00e4ufer des unseren zu bezeichnen, etwas ausf\u00fchrlicher hier mitgeteilt werden soll. Er sagt (1. c., pag. 788): \u201eL\u2019exp\u00e9rience suivante \u00e9tablit qu\u2019il ne suffit pas que le sujet voie, pour que les mouvements soient obtenus, mais qu\u2019il faut encore que son attention soit alors fix\u00e9e sur le membre \u00e0 mettre en mouvement. Ayant plac\u00e9 les mains de la malade assez rapproch\u00e9es l\u2019une de l\u2019autre pour qu\u2019elle p\u00fbt les voir \u00e9galement-bien, je l\u2019invitai \u00e0 les fermer et \u00e0 les ouvrir toutes les deux \u00e0 la fois. La flexion des doigts se fit, mais alternativement de chaque c\u00f4t\u00e9 et il en fut de m\u00eame pour leur extension. Quelque effort qu\u2019elle f\u00eet pour obtenir ce r\u00e9sultat, elle ne put faire contracter \u00e0 la fois les muscles homologues. On voyait, que pendant les contractions elle fixait alternativement son regard sur la main qui entrait en mouvement. Il ne lui fut pas nonplus possible de fl\u00e9chir ou d\u2019\u00e9tendre simultan\u00e9ment ses avant-bras sur le bras.\u201c\nDurch die auf die Wiederherstellung der kutanen Sensibilit\u00e4t gerichteten Prozeduren f\u00fchrt D. den Nachweis, dafs die soeben beschriebene Erscheinung von jener nicht abh\u00e4nge; erfolgreich dagegen erwies sich die Faradisation der Muskeln, und D. ist geneigt, aus der Thatsache, dafs diese gerade den faradisierten Muskeln die Beweglichkeit bei Augenschlufs wiedergab, den Schlufs zu ziehen, \u201eque cette esp\u00e8ce de facult\u00e9 motrice ind\u00e9pendante de la vue si\u00e8ge dans les muscles,\u201c doch l\u00e4fst er die M\u00f6glichkeit offen, \u201eque l\u2019excitation faradique quoique localis\u00e9e dans le muscle, a exerc\u00e9, par l\u2019interm\u00e9diaire de son nerf\n1 Der seit Duchenne viel zitierte Fall von Ch. Bell scheint mir erst mit Sicherheit hierher zu geh\u00f6ren ; dasselbe m\u00f6chte ich von der gleichfalls als dazu geh\u00f6rig gelegentlich zitierten Beobachtung von Demeaux glauben, ebenso wie von Maudsleys Beobachtung (Physiol. u. Pathol, der Seele, deutsch von B\u00f6hm, pag. 184).","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\n163\npropre une action sur un point du centre nerveux qui envoie le mouvement \u00e0 ce muscle.\u201c\nD. verteidigt dann im weiteren noch die von ihm gegebene Bezeichnung der conscience musculaire und die Selbst\u00e4ndigkeit der Erscheinung gegen\u00fcber den als sensation d\u2019activit\u00e9 musculaire (Gerdy) und sens musculaire (Ch. Bell) bezeichneten Erscheinungen. Auf die Bedeutung der Aufmerksamkeit f\u00fcr die hier in Bede stehende Erscheinung kommt er nur noch nebenbei (1. c., pag. 793), aber nicht mehr eingehender zur\u00fcck. In seiner (Physiologie der Bewegungen, 1867, deutsch von Wernicke 1885, pag. 614 f., kommt er kurz auf jene Erscheinung wieder zur\u00fcck, l\u00e4fst jedoch hier die Bezeichnung conscience musculaire fallen und will dieselbe lieber durch aptitude motrice ind\u00e9pendante de la vue ersetzt wissen. (In einer Anmerkung 1. c., pag. 791, erw\u00e4hnt er nur fl\u00fcchtig mehrerer gleicher Beobachtungen.) Bemerkenswert erscheint im Hinblick auf sp\u00e4tere Ausf\u00fchrungen anderer Autoren, dafs Duchenne dort [Arch. gen. 1859, I. pag. 5), wo er in seiner Arbeit \u00fcber Ataxie locomotrice progr. von unserem Thema handelt, von der conscience musculaire sagt, \u201equi dans l\u2019acte des mouvements musculaires semble pr\u00e9c\u00e9der et d\u00e9terminer la contraction.\u201c\nDie erste auf die Arbeit Duchenne\u2019s folgende Beobachtung, diejenige Magrons, ist mir nicht zug\u00e4nglich1 und mufs ich es dahingestellt lassen, ob dieselbe irgend welche an den hier hervorgehobenen Gedankengang Duchennes anschliefsende Idee bez\u00fcglich der Deutung der perte de la conscience enth\u00e4lt.\nLi\u00e9geois besch\u00e4ftigt sich in zwei Aufs\u00e4tzen [Gaz. med. de Paris, 1860, pag. 4 und pag. 372 f.) mit unserem Gegenst\u00e4nde, doch bringt er etwas Wesentliches zur Erkl\u00e4rung der-\n1 Zum Teil deshalb, weil, wie ich hier zum Frommen sp\u00e4terer Forscher bemerken will, die diesbez\u00fcglichen Zitate mehrfach falsch angegeben sind, so von Duchenne selbst, der einmal Gaz. hebdom., 1858, und bald wieder die Gaz. med., 1859 zitiert, obwohl sich in keinem dieser Jahrg\u00e4nge die betreffende Mitteilung findet. Die in diese Zeit fallenden litterarischen Kontroversen zwischen Duchenne und Landet ber\u00fccksichtige ich gar nicht, weil, soweit, ich ersehen kann, daraus jetzt keinerlei F\u00f6rderung zu entnehmen ist. In seinem Trait\u00e9 complet des paralysies, 1859, I. 276, verspricht L. eine widerspruchslose Widerlegung der Ansichten Duchennes im pathologischen Teile des Buches zu bringen, doch ist dieser Teil niemals erschienen.\n11*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nA. Pick.\nselben nicht bei. Auf einzelnes aus seiner Beobachtung werden wir noch sp\u00e4ter zur\u00fcckkommen.\nBriquet, der einen Fall mit Duchenne gemeinschaftlich beobachtet, berichtet noch einen zweiten in seinem Traite de l'hyst\u00e9rie, Paris 1859, pag. 304.\nLas\u00e8gue (Arch. gen., 1864, wieder abgedruckt Etudes med., 1884, II. pag. 75) berichtet \u00fcber einen hierher geh\u00f6rigen Fall bei einer Hysterischen und bezeichnet die Erscheinung als Verlust der conscience du mouvement. Seine Beobachtungen sind deshalb interessant, weil sie unter verschiedenen Versuchs-anordnungen angestellt sind, die uns sp\u00e4ter noch Anlafs geben werden, auch an ihnen unsere Anschauungen zu erh\u00e4rten. Er liefs die Kranke Bewegungen machen bei geschlossenen Augen, bei ge\u00f6ffneten Augen, wobei jedoch der zu bewegende K\u00f6rperteil aufserhalb des Gesichtskreises derselben lag, gew\u00f6hnlich in der Weise, dafs die Kranke ein nahe gelegenes Objekt ansah, ohne dafs jedoch der zu bewegende Muskelapparat gesehen wurde. Bei der ersten Anordnung blieb die Bewegung ganz aus, bei der zweiten, \u201elorsque les yeux ouverts sont dirig\u00e9s sur un point \u00e9loign\u00e9 au plafond de la salle par exemple, la malade \u00e9tant couch\u00e9e, la conscience n\u2019est pas plus active, mais les mouvements ont un peu plus d\u2019\u00e9tendue et ne sont pas seulement vermiculaires ; il arrive quelquefois que la jeune fille continue un mouvement commenc\u00e9, ce qui n\u2019a pas lieu pendant l\u2019occlusion des paupi\u00e8res.\nLorsque enfin on l\u2019oblige \u00e0 regarder un objet assez rapproch\u00e9 pour qu\u2019elle puisse le saisir sans voir en m\u00eame temps le bras qui doit effectuer la pr\u00e9hension, elle est incapable de r\u00e9gler un mouvement, ainsi doublement d\u00e9fini. Il n\u2019en est plus de m\u00eame quand elle peut apercevoir, m\u00eame indirectement une partie des muscles \u00e0 mouvoir; ainsi les deux bras \u00e9tant plac\u00e9s sous la couverture qu\u2019on a eu soin de remonter jusqu\u2019au cou, elle peut, guid\u00e9e par les mouvements du drap, sortir les bras hors du lit; il en est de m\u00eame des jambes, qu\u2019elle remue sous la couverture, \u00e0 la condition qu\u2019elle voie l\u2019\u00e9dredon superpos\u00e9 s\u2019agiter en raison de l\u2019exercice qu\u2019elle a la volont\u00e9 d\u2019accomplir; le mouvement s\u2019arr\u00eate d\u00e8s que les yeux cessent de le diriger.\nBei der Besprechung der Erscheinung sagt nun L.: \u201eII me para\u00eet difficile d\u2019admettre que cette c\u00e9cit\u00e9 artificielle . . . est sans influence sur ses (seil, der Kr.) dispositions intellectuelles.","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\t165\nNous \u00e9prouvons tous \u00e0 des degr\u00e9s et sous des formes diverses cette action morale de l\u2019obscurit\u00e9, mais ici elle prend des proportions extr\u00eames ; il en resuite qu\u2019un certain nombre de perceptions de d\u00e9tail, qui demandent une pr\u00e9sence d\u2019esprit et une attention soutenues \u00e9chappent \u00e0 la perspicacit\u00e9 de la malade;\u201c .doch betonte L., dafs dieser eine Faktor allein nicht la perte de conscience de mouvement musculaire erkl\u00e4re, und sagt bei der weiteren Besprechung der Erscheinungen von der Kranken: \u201eCe qui lui manque c\u2019est tant\u00f4t le sens instinctif et initial en vertu duquel nous op\u00e9rons un mouvement enconformit\u00e9 avecnotrevouloiret tant\u00f4t le sens secondaire qui nous avertit que les choses se passent comme il entrait dans nos intentions.\u201c Der Zeit nach schliefst hieran eine Beobachtung von Bazire (Translation of Trousseau's Lectures, 1866, p. 213), die mir nur aus der sp\u00e4ter zu zitierenden Arbeit von Bastian bekannt ist. Bussel Beynolds behandelt unseren Gegenstand unter der Bezeichnung Muscular an\u00e4sthesia in seinem System of Medicine, Vol. IL, second edit, 1872, p. 328; wir gedenken dieses kurzen Artikels, der die Erscheinung nicht pr\u00e4ziser vom Muskelsinne trennt, wegen des dort mitgeteilten Falles, von welchem es heifst: \u201eWhen standing with her heels together she maintained steadiness of position so long as her hand was on the table, or she was paying attention to her drill; but, in a moment, if her mind was distracted by conversation she staggered. . . . Str\u00fcmpell teilt in seiner bekannten Arbeit (Deutsch. Arch. f. Min. Medicin XXII. S. 352) einem Fall mit, dessen Erscheinungen jenen der perte de la conscience musculaire entsprechen, und schliefst daran eine Besprechung derselben, in welcher er zuerst die D\u00fcCHENNEsche Ansicht als unzureichend widerlegt und f\u00fcr den cerebralen Sitz der derselben zu Grunde liegenden St\u00f6rung plaidiert. Sein eigener Erkl\u00e4rungsversuch kn\u00fcpft an die bei der Kranken beobachteten bei Augenschlufs eintretenden kataleptiformen Zust\u00e4nde und an die Lehre vom Muskeltonus im allgemeinen an ; auf die Details desselben braucht hier um so weniger eingegangen zu werden, als Str. selbst eine speziellere Erkl\u00e4rung der Erscheinung als unm\u00f6glich erkl\u00e4rt und sich damit bescheidet, die Ursache des Ph\u00e4nomens an den Anfang der willk\u00fcrlichen Innervation zu verlegen ; aber es ist f\u00fcr unsere historische Darstellung von besonderer Bedeutung, dafs er selbst betont, dafs damit die Ursache in ein Gebiet ver-","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nA. Pki;.\nlegt wird, \u201ewelches die n\u00e4chsten Beziehungen zu dem der willk\u00fcrlichen Aufmerksamkeit hat,\u201c ohne dafs er diesen Gedankengang weiter verfolgen w\u00fcrde. \u2014 Bastian besch\u00e4ftigt sich, ohne eigene neue Beobachtungen beizubringen, ziemlich eingehend mit unserem Thema in seiner grofsen Arbeit \u00fcber den Muskelsinn [The muscular sense; its nature and cortical localisation. Brain, April 1887 ; 1 neben anderen der Litteratur entnommenen Beobachtungen berichtet er eine von Bazire [Translation of Trousseaus Lectures, 1866, p. 213), die ich, da sie mir nicht zug\u00e4nglich ist, hier erw\u00e4hne ; er deutet die Erscheinung so, \u201ethat we have here to do with functional defects in the cortical termini for \u201emuscular sense\u201c impressions as well as interference with the functional integrity of the different channels for such impressions ... dais bei diesen F\u00e4llen, die einen h\u00f6heren Grad der gew\u00f6hnlichen F\u00e4lle darstellen, zu den letztgenannten St\u00f6rungen noch a low functional activity of the \u201emuscular sense\u201c centres hinzutrete, und wirft dann die weitere Frage auf, ob nicht die hysterischen L\u00e4hmungen einfach eine Steigerung der letzteren Form darstellen.\nM\u00fcller und Schumann (Pfl\u00fcgers Arch. 45. Bd., p. 53) besprechen gleichfalls eingehend, aber doch nur gelegentlich und ohne eigene Beobachtung unseren Gegenstand : \u201eDer zweite Umstand (seil, dafs der Kranke bei Augenschlufs \u00fcberhaupt nicht bewegen kann) beruht darauf, dafs bei den Patienten, die am Ausfall der kin\u00e4sthetischen Sensibilit\u00e4t leiden, die kin\u00e4sthe-tischen Bilder auch ganz ausfallen oder wenigstens so schwach sind, dafs sie die zugeh\u00f6rigen motorischen Impulse und Muskel-th\u00e4tigkeiten nicht mehr auszul\u00f6sen verm\u00f6gen. Entweder hat also der Impuls neben den Zentren der kin\u00e4sthetischen Empfindungen auch die Zentren der kin\u00e4sthetischen Yorstellungsbilder mit betroffen oder es sind infolge des Ausfalls der kin\u00e4sthetischen Empfindungen wegen fehlender \u00dcbung die kin\u00e4sthetischen Yorstellungsbilder bei dem (von Haus mit einem schlechten motorischen Ged\u00e4chtnis begabten) Individium zu schwach, unwirksam geworden. Infolgedessen sind die Patienten darauf angewiesen, zu den optischen Bewegungsbildern die Zuflucht zu\n1 Eine zeitlich hierher geh\u00f6rige Arbeit von Joi.r (La sensibilit\u00e9 et le mouvement. Revue philos. 1886. II.) bringt nichts zu unserem Thema Geh\u00f6riges von Bedeutung.","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\n167\nnehmen. Nun giebt es gewisse F\u00e4lle, wo ein aus dem Stegreif reproduziertes optisches Bewegungsbild gen\u00fcgen kann, um den motorischen Impuls mit der erforderlichen St\u00e4rke zu reproduzieren und die betreffende Bewegung auszul\u00f6sen; allein in vielen F\u00e4llen wird ein aus dem Stegreif reproduziertes optisches Bewegungsbild hierzu zu schwach und undeutlich ausfallen, zumal bei vorhandenem Ausfall oder Defekt des sonstigen mit reproduzierten kin\u00e4sthetischen Bewegungsbildes ; es mufs daher in diesem Falle dem optischen Bewegungsbilde ein kr\u00e4ftigerer Anstofs und Ansatz durch eine mit den fr\u00fcher verbunden gewesenen Empfindungsunterlagen gegeben werden, und dies geschieht durch den Anblick des betreffenden Gliedes.\u201c M\u00fcller und Schumann erw\u00e4hnen selbst, wie ihre Deutung mit. der von Bastian im allgemeinen zusammenf\u00e4llt.\nDas Gleiche gilt wohl auch von einer \u00c4ufserung Sternbergs {Pfl\u00fcgers Arch.. 37. Bd., p. 2) der Duchenne\u2019s conscience musculaire (oder aptitude motrice ind\u00e9pendante de la vue) \u201eungef\u00e4hr\u201c mit den Innervationsgef\u00fchlen der Autoren zusammenfallen l\u00e4fst.1\nAuch Goldscheiders Ausf\u00fchrungen (Ztschr. f. Min. Medicin 15. Bd. p. 107 f.) treffen mit dem soeben Mitgeteilten zusammen; er kommt auf Grund anderweitiger Versuche zu dem Schl\u00fcsse, dafs bei den An\u00e4sthetischen mit Verlust der sog. conscience musculaire ein Verlust der Bewegungsvorstellung, nicht aber die Bewegungsempfindung in Frage kommt.\nPitres (Des anesth\u00e9sies hyst\u00e9riques, 1887, p. 73 f.) bespricht anl\u00e4fslich eines Falles gleichfalls die paralysie de la conscience musculaire und best\u00e4tigt die zuerst von Las\u00e8gue gefundene Thatsache, dafs der Einflufs des Sehens durch die taktilen Empfindungen ersetzt werden k\u00f6nne; aus der Thatsache, dafs die rhythmischen und synergischen Bewegungen mit den Armen ausgef\u00fchrt werden k\u00f6nnen, schliefst er, dafs die Erscheinungen dependent surtout d\u2019un trouble partiel des incitations motrices .... il ne s\u2019agit pas l\u00e0 simplement d\u2019un trouble de la sensibilit\u00e9 musculaire und weiter sagt er, que la paralysie de la consciensce musculaire est essentiellement une forme de paralysie motrice.\n1 Vergl. dazu eine \u00c4ufserung von Benedikt, Nervenpalkologie, 1874, I. pag. 107.","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nA. Pick.\nIn seinen neuerlich erschienenen Le\u00e7ons cliniques sur Vhyst\u00e9rie etc., 1891, I. p. 117, sind die vorstehenden Ausf\u00fchrungen durch die kurze Mitteilung \u00fcber seither untersuchte F\u00e4lle erg\u00e4nzt, die Pitres in seiner Ansicht offenbar etwas schwankend gemacht haben, wozu sie auch thats\u00e4chlich geeignet sind. Es finden sich n\u00e4mlich nicht nur St\u00f6rungen hinsichtlich der Motilit\u00e4t, sondern noch wesentlich andere Erscheinungen, die deshalb w\u00f6rtlich hier angef\u00fchrt werden sollen: \u201eL\u2019occlusion des paupi\u00e8res emp\u00eachait ou g\u00eanait le fonctionnement des muscles soustraits \u00e0 l\u2019\u00e9tat normal au contr\u00f4le de la vue. Ainsi les deux yeux ferm\u00e9s, le malade ne pouvait ni parler, ni tirer la langue hors de la bouche, ni avaler une gorg\u00e9e d\u2019eau, pr\u00e9alablement introduite dans la cavit\u00e9 buccale. Un seul oeil \u00e9tant ferm\u00e9, il pouvait parler ou avaler mais avec beaucoup de difficult\u00e9. L\u2019occlusion des paupi\u00e8res avait un retentissement tr\u00e8s marqu\u00e9 sur les fonctions psycho-sensorielles. Les deux yeux ferm\u00e9s, le malade \u00e9tait comme \u00e9tourdi, incapable de comprendre ce qu\u2019on lui disait. Si apr\u00e8s avoir ferm\u00e9 un des yeux ou lui parlait \u00e0 l\u2019oreille du c\u00f4t\u00e9 oppos\u00e9, il comprenait ce qu\u2019on lui disait et y r\u00e9pondait; si on lui parlait \u00e0 l\u2019oreille du c\u00f4t\u00e9 correspondant, il ne comprenait rien aux questions qu\u2019on lui posait.'4\nPitres geht auf die Deutung der Erscheinung nicht weiter ein, sondern schliefst mit folgender Bemerkung: \u201eTout cela est fort curieux. Il est tr\u00e8s difficile d\u2019en fournir l\u2019explication physiologique. La seule d\u00e9duction, qu\u2019on en puisse l\u00e9gitimement tirer, c\u2019est que la paralysie du sens musculaire1 n\u2019est pas la cons\u00e9quence de la seule an\u00e9sthesie du sens musculaire. C\u2019est un ph\u00e9nom\u00e8ne plus complexe dont l\u2019interpr\u00e9tation nous \u00e9chappe encore.\u201c\nIn einer Mitteilung von Gley und Mariller (Rev. philos., 1887, I. p. 442) heifst es von den Bewegungen eines Kranken mit An\u00e4sthesie der oberen Extremit\u00e4ten bei Augenschlufs : \u201eil ex\u00e9cute lui-m\u00eame \u2014 en t\u00e2tonnont, il est vrai, et avec de grandes difficult\u00e9s et un retard notable \u2014 ses mouvements que nous le prions d\u2019accomplir\u201c, und ebendort sagen sie: \u201eSi des mouvements peuvent encore \u00eatre accomplis et ils ne le sont qu\u2019imparfaitement lorsque la vue ne les dirige pas (m\u00e9moire motrice) c\u2019est gr\u00e2ce d\u2019une part \u00e0 l\u2019habitude et de l\u2019autre au pouvoir moteur des images.\n1 Soll vielleicht heifsen : de la conscience musculaire.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Lber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\n169\nBinet, der sich sehr eingehend mit der Frage besch\u00e4ftigt, \u00e4ufsert sich einmal in seiner mit F\u00e9r\u00e9 gemeinschaftlich ver\u00f6ffentlichten Arbeit (Arch, de physiol, 1887, p. 360 f.). Die Autoren studierten zuerst die Schrift der an\u00e4sthetischen Hysterischen, wobei sie konstatierten, dafs das Ungest\u00f6rtbleiben derselben die Regel ist; in den gegenteiligen F\u00e4llen fanden sie eine Stufenleiter der St\u00f6rung bis zu den h\u00f6chsten Graden der St\u00f6rung; bei psychologischer Analyse dieser St\u00f6rungen fanden sie, dafs bei den verschiedenen Kranken jeweils entweder die optischen Bewegungs-Vorstellungen oder die kin\u00e4sthetischen Vorstellungen den Impuls zum Schreiben gaben.\nEs wurde weiter konstatiert, dafs die Schreibbewegungen besser konserviert bleiben als andere, selbst einfache Bewegungen, und auch bez\u00fcglich dieser linden die Verfasser die verschiedensten Abstufungen. Sie kommen endlich auf den Gegenstand der vorliegenden Arbeit zu sprechen, dont nous : a saisissons pas exactement le rapport avec les faits pr\u00e9c\u00e9dents.\nIm Anschlufs an eine kurze historische Darlegung erw\u00e4hnen sie, dafs bei ihrem Kranken alle bis dahin bekannten Erscheinungen gleichfalls zu konstatieren waren; eingehendere Erkl\u00e4rungen geben sie im allgemeinen nicht; bez\u00fcglich der Thatsache, dafs bei simultanen Bewegungen der H\u00e4nde bei ge\u00f6ffneten Augen die der hemian\u00e4sthetischen Seite entsprechende Hand zuweilen zur\u00fcckbleibt, sagen sie: \u201ece qui semblerait prouver un ralentissement du courant moteur ou de la contraction musculaire' dans le c\u00f4t\u00e9 insensible.\u201c\nDaran f\u00fcgen sie noch die Beobachtung, dafs bei einzelnen Kranken la suspension de la vision produit une obnubilation de la m\u00e9moire et des fonctions intellectuelles en g\u00e9n\u00e9ral, was sie mit den im folgenden von Binet erw\u00e4hnten Beobachtungen von F\u00e9r\u00e9 in Zusammenhang bringen.\nSp\u00e4ter hat Binet den Gegenstand wieder aufgenommen und \u00e4ufsert sich (Iiev. phylos., 1888, I. p. 476) folgendermafsen : \u201eUn certain nombre d\u2019autres malades sont r\u00e9duits par la fermeture des yeux \u00e0 une impuissance motrice presque compl\u00e8te. . . d\u2019autres, qui forment la transition, n\u2019ex\u00e9cutent les mouvements qu\u2019avec une extr\u00eame lenteur. . .\nLes auteurs qui ont \u00e9crit jusqu\u2019ici sur les sens musculaire ont r\u00e9uni curieusement toutes les observations comme celles de Demeaux, de Duchenne (de Boulogne), de Briquet, de Las\u00e8gue","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nA. Pick.\netc.. . . Mais en faisant, des observations sur une vaste \u00e9chelle ou constate ces ph\u00e9nom\u00e8nes et d\u2019autres analogues sur des sujets si nombreux que je me dispense de rapporter ici les observations des anciens auteurs ; ces observations ne sont rien moins que des curiosit\u00e9s pathologiques.\u201c\np. 477. \u201eNous ne nous dissimulous pas qu\u2019il est fort difficile d\u2019expliquer comment la fermeture des yeux et la privation de lumi\u00e8re qui laissent \u00e0 certains sujets hyst\u00e9riques toutes leurs facult\u00e9s motrices frappent certains autres sujets d\u2019une paralysie transitoire. Nos observations personelles nous ont conduit \u00e0 admettre l\u2019explication suivante qui nous para\u00eet \u00eatre plus qu\u2019une hypoth\u00e8se mais que nous donnons n\u00e9anmoins avec une certaine r\u00e9serve.\nCommen\u00e7ons par \u00e9tudier les sujets si curieux dont l\u2019obscurit\u00e9 paralyse les membres insensibles. Cette inaptitude aux mouvements ne para\u00eet pas tenir \u00e0 notre avis \u00e0 l\u2019absence des sensations kin\u00e9sthetiques ; elle tient \u00e0 d\u2019autres causes et rentre dans la cat\u00e9gorie de faits qui ont \u00e9t\u00e9 illustr\u00e9s derni\u00e8rement par M. Ch. F\u00e9r\u00e9. D\u2019apr\u00e8s les observations de ce clinicien il existe beaucoup d\u2019hyst\u00e9riques et de n\u00e9vropathes chez lesquels une excitation physique ou mentale am\u00e8ne temporairement un accroissement notable, une dynamo-g\u00e9nie de toutes les \u00e9nergies de l\u2019organisme; les sujets que nous \u00e9tudions en ce moment ont besoin de cet accroissement de force pour remuer leurs membres ; s\u2019ils se meuvent facilement les yeux ouverts c\u2019est que l\u2019excitation de la volont\u00e9 se trouve alors renforc\u00e9e par l\u2019excitation de la lumi\u00e8re; l\u2019addition de cet excitant leur est n\u00e9cessaire; quand ils en sont priv\u00e9s par la fermeture des yeux, ils n\u2019ont plus la force de soulever leurs membres. Une observation r\u00e9cente peut \u00eatre cit\u00e9e en faveur de cette opinion; je l\u2019ai faite sur une hyst\u00e9rique que la fermeture des yeux r\u00e9duit \u00e0 une impuissance motrice presque compl\u00e8te. Cette hyst\u00e9rique est h\u00e9mianesth\u00e9tique droite; la moiti\u00e9 droite de son corps est insensible; la moiti\u00e9 gauche conserve la sensibilit\u00e9 superficielle et profonde; ainsi le sujet per\u00e7oit tr\u00e8s-exactement sans le secours des yeux les mouver ments qu\u2019on imprime \u00e0 son bras gauche. Or, lorsqu\u2019on lui commande d\u2019ex\u00e9cuter des mouvements les yeux ferm\u00e9s, on constate que le bras gauche, bien qu\u2019il ait conserv\u00e9 la sensibilit\u00e9 kinesth\u00e9tique, n\u2019accomplit les mouvements qu\u2019avec une lenteur ex-","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"171\nUber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\ntr\u00eame ... Il est donc bien probable que la par\u00e9sie hyst\u00e9rique d\u00e9termin\u00e9e par l\u2019occlusion des yeux ne s\u2019explique pas par une perte du sens musculaire; puisqu\u2019elle peut exister \u00e0 un certain degr\u00e9 dans des membres o\u00f9 le sens musculaire n\u2019est pas aboli ; c\u2019est un ph\u00e9nom\u00e8ne d'un tout autre ordre.\nDann kommt Binet noch gelegentlich der Besprechung der Vorlesungen von Pitres (Revue pinlos., 1889, I. p. 316) wiederauf unseren Gegenstand zu sprechen und nennt seine Deutung analog derjenigen Pitres. (Eine weitere hierher geh\u00f6rige Arbeit von Binet wird noch sp\u00e4ter erw\u00e4hnt werden.) Pierre Janet, auf dessen Anschauungen wir noch sp\u00e4ter zur\u00fcckzukommen haben < werden, besch\u00e4ftigt sich gleichfalls mit unserem Gegenst\u00e4nde.\n(.L'automatisme psychologique, 1889, pag. 350 f.) Er erkl\u00e4rt die Thatsache, dafs Kranke mit taktiler und muskul\u00e4rer An\u00e4sthesie trotzdem Bewegungen ausf\u00fchren k\u00f6nnen dadurch, que ces mouvements s\u2019ex\u00e9cutent an moyen d\u2019autres images et ici au moyen des images visuelles. \u2014 Aus seinen sonstigen Ausf\u00fchrungen sei nur noch die folgende hier angef\u00fchrt, weil wir selbst daran anzukn\u00fcpfen haben werden. Mais alors, pourquoi, dans certains cas, perdent-elles le mouvement quand elles ont les yeux ferm\u00e9s et dans d\u2019autres cas les conservent-elles? Je crois qu\u2019il ya une notion importante dont il faut tenir compte, c\u2019est la notion de la position de leur bras au moment de commencer un mouvement. Si Marie peut lever le bras les yeux ferm\u00e9s, quoique \u00e9tant insensible, c\u2019est que, au moment o\u00f9 je lui demande un mouvement, elle se repr\u00e9sente sa main qui \u00e9tait visible sur ses genoux avant que les yeux n\u2019aient \u00e9t\u00e9 ferm\u00e9s. Elle part de cette repr\u00e9sentation pour faire le mouvement ou pour continuer le mouvement dont le commencement a \u00e9t\u00e9 vu. Mais maintenant j\u2019arr\u00eate son mouvement sans lui laisser voir toute sa main, ou bien je d\u00e9place le bras sans la pr\u00e9venir et je le mets sur sa t\u00eate. Elle n\u2019en a rien senti, croit son bras sur ses genoux ou mieux ne sait plus o\u00f9 il est, et dit qu\u2019elle l\u2019a perdu. Je lui demande de me tendre la main, et son bras ne bouge pas ou n\u2019a que des tremblements incoh\u00e9rents, c\u2019est que, ignorant la position initiale de son bras elle ne sait plus ce qu\u2019il faut se repr\u00e9senter visuellement pour me tendre la main.\u201c\nPumpe (Dtsch. Arch. f. Min.Medicin Bd. 46, S. 51) streift gelegentlich unser Thema und sagt: \u201eDie Ein\u00fcbung der Bewegung erfolgt von zwei wahrscheinlich r\u00e4umlich getrennten Zentren des","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nA. Pick.\nGehirns aus. Das eine dieser Zentren enth\u00e4lt Bilder der Empfindungen seitens der Haut, der Gelenke und Muskeln, w\u00e4hrend in dem zweiten Zentrum die durch das Auge erhaltenen Bewegungsbilder deponiert werden. Von jedem dieser Zentren aus kann eine Bewegungsinnervation statthaben. Doch ist zu dieser Innervation die Empfindung der augenblicklichen Lage des zu innervierenden Teiles notwendig. Diese Empfindung kann sowohl durch das Gef\u00fchlszentrum, als auf dem Wege des Auges erfolgen, so dafs der Ausfall eines der Zentren durch das andere gedeckt werden kann. Bei Ausfall beider (L\u00e4hmung des Gef\u00fchlszentrums und Augenschlufs) mufs dagegen eine mehr oder weniger vollst\u00e4ndige L\u00e4hmung resultieren. Sind die Bewegungen unter doppelter Kontrolle erst einge\u00fcbt, so bedarf es zur Ausf\u00fchrung einer solchen nur der Anfangsihnervation. Es erfolgtdann die eigentliche Bewegung ohne weitere Beeinflussung seitens der Sensibilit\u00e4t.\u201c\nHeyne (Dtsch. Arch. f. Min. Med., Bd. 47), der sich in Deutschland als der letzte klinisch mit unserem Gegenst\u00e4nde besch\u00e4ftigt, beschreibt ausf\u00fchrlich die dem Verlust der conscience musculaire entsprechenden Erscheinungen und erg\u00e4nzt dieselben durch die Beobachtung, dafs in seinem Falle der Kranke bei Verschlufs der Ohren nicht im st\u00e4nde ist, einen Laut hervorzubringen; in der Deutung der Erscheinungen schliefst er sich an Str\u00fcmpell an, indem er bei der Besprechung der letzteren Beobachtung sagt, dafs nur der Ausfall der kontrollierenden Geh\u00f6rseindr\u00fccke nach Verschlufs der Ohren die Schuld an der Unm\u00f6glichkeit zu sprechen tr\u00e4gt.\nUnter den Physiologen hat neuerlich Exner der hier besprochenen Erscheinung in allgemeinerem Zusammenh\u00e4nge gedacht. Indem er die verschiedengradige Beeinflussung der Bewegungen durch sensorische Impulse bespricht (Uber Senso-mobilit\u00e4t. Pfl\u00fcgers Arch., 48. Bd., p. 592) statuiert er (1. c. p. 611) als die h\u00f6chste der Bewegungsformen jene, bei denen die kortikale Regulierung durch die sinnliche Aufmerksamkeit den wesentlichsten Faktor bildet, und erw\u00e4hnt die hier besprochenen Krankheitsf\u00e4lle als solche, bei denen wegen Wegfall der be-wufsten Regulierung durch die taktilen Empfindungen die Kegulierung durch das Sehen vikariierend eintritt, bei Augenschlufs nun die schon beschriebene Form von Sensomobilit\u00e4ts-st\u00f6rung zu st\u00e4nde kommt.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\t173\nExneb betont bei dieser Gelegenheit, dafs dabei Funktionen in Frage kommen, die jenen nahe stehen, welche andere Autoren, Febbiek, Meynebt u. a., als Bewegungsvorstellungen bezeichnet haben, und gedenkt auch der Regulierung der Sprachbewegungen durch das Geh\u00f6r, wof\u00fcr sich hier die Beobachtungen von Li\u00e9geois und Heyne anf'\u00fchren lassen.\nNeuestens endlich ist Raymond ((Revue de m\u00e9d., 1891., Mai-und Juni-Heft) unserem Thema in ausf\u00fchrlicher Weise n\u00e4her getreten; die Grundz\u00fcge seiner Deutung seien im folgenden wiedergegeben : Anschliefsend an eine Darstellung der von Duchenne aufgestellten Theorie der conscience musculaire sagt Raymond (1. c. p. 586): \u201eJe suis port\u00e9 \u00e0 croire que Duchenne attachait une importance exager\u00e9e \u00e0 la distinction qu\u2019il \u00e9tablit entre ce qu\u2019il appelait la conscience musculaire et la sensation d\u2019activit\u00e9 des muscles. L\u2019essentiel. . . est de savoir que Dctchenne lui m\u00eame! . . avait constat\u00e9 qu\u2019en rendant aux muscles leur sensibilit\u00e9 propre au moyen de la faradisation on leur rendait du m\u00eame coup l\u2019aptitude de se contracter sans l\u2019aide de la vue.\nPour moi je me repr\u00e9sente volontiers les choses ainsi: l\u2019ex\u00e9cution d\u2019un mouvement volontaire suppose qu\u2019avant de donner des ordres, la volont\u00e9 a \u00e9t\u00e9 renseign\u00e9e sur la situation des parties \u00e0 mouvoir et sur l\u2019\u00e9tat (degr\u00e9 de rel\u00e2chement de contraction) des muscles \u00e0 contracter ; elle suppose \u00e9galement que pendant l\u2019ex\u00e9cution des mouvements, la volont\u00e9 est renseign\u00e9e sur les r\u00e9sultats des contractions musculaires command\u00e9es, cela me para\u00eet indispensable surtout pour l\u2019ex\u00e9cution des mouvements complexes, qui font intervenir des muscles innerv\u00e9s par des nerfs diff\u00e9rents et qui exigent un certain degr\u00e9 d\u2019\u00e9ducation pr\u00e9alable. Que ces renseignements fassent d\u00e9faut \u00e0 la volont\u00e9 et l\u2019\u00e9xecution sera d\u00e9fectueuse, deviendra m\u00eame impossible. Or comment, par quels interm\u00e9diaires ces renseignements parviennent-ils au cerveau? Il est tout naturel, d\u2019admettre que c\u2019est pour tous les muscles soumis \u00e0 l\u2019influence de la volont\u00e9, par l\u2019interm\u00e9diaire des nerfs (centrip\u00e8tes) qui fournissent a ces organes contractiles leur sensibilit\u00e9 propre ; il est tout aussi naturel d\u2019admettre que cette sensibilit\u00e9 sp\u00e9ciale est second\u00e9e, au besoin suppl\u00e9\u00e9e dans ce r\u00f4le sp\u00e9cial, par la vue lorsque les parties \u00e0 mouvoir sont accessibles \u00e0 nos regards, par l\u2019ou\u00efe lorsque ces m\u00eames parties \u00e9chappent \u00e0 la vue et que leur activit\u00e9 se traduit par des sons perceptibles. Les im-","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nA. Pick.\npressions qui parviennent au cerveau par ces diff\u00e9rentes voies doivent, cela va de soi, venir au pouvoir de la conscience. Cette conscience peut, \u00e0 la rigueur, \u00eatre qualifi\u00e9e de musculaire, en tant qu\u2019elle per\u00e7oit les ph\u00e9nom\u00e8nes qui se passent dans les muscles et dont la notion est indispensable pour que les ordres de la volont\u00e9 puissent \u00eatre ex\u00e9cut\u00e9s par les muscles et pour qu\u2019ils le soient d\u2019une fa\u00e7on correcte. . . Le si\u00e8ge de cette facult\u00e9 ne peut-\u00eatre que central.\u201c\nAuf Seite 589 fafst er nochmals seine Ansicht zusammen: \u201ede m\u00eame qu\u2019il existe une facult\u00e9 de perception (conscience sensitive) qui nous donne la conscience des impressions recueillies par nos sens.... de m\u00eame il existe une facult\u00e9 de perception (conscience musculaire) qui nous met \u00e0 m\u00eame de nous renseigner sur ce qui se passe dans l'intimit\u00e9 de notre propre \u00eatre, aux confins de notre appareil locomoteur, qui nous met \u00e0 m\u00eame de savoir en quel \u00e9tat sont les muscles appel\u00e9s \u00e0 se contracter, en quel \u00e9tat il sont aux diff\u00e9rentes phases d\u2019un mouvement en voie d\u2019ex\u00e9cution, qui nous met ainsi \u00e0 m\u00eame d\u2019\u00e9tablir et de maintenir un juste rapport entre un but \u00e0 atteindre et les efforts n\u00e9cessaires pour obtenir le r\u00e9sultat voulu.\u201c Raymond betont wiederholt \u00fcberdies seine \u00dcbereinstimmung mit den Anschauungen Stb\u00fcmpells und stellt im Hinblick auf verschiedene Thatsachen der Physiologie und Pathologie die M\u00f6glichkeit einer Lokalisation der conscience musculaire in der Grofshirnrinde hin.\nHier w\u00e4re schliefslich anzureihen,1 die eingangs zitierte\n1 Zu gedenken w\u00e4re auch der seither erschienenen Dissertation von Dr. E. B. Delabarre, \u00fcber Bewegungsempfindungen, Freiburg 1891, die sich gelegentlich (pag. 18 ff.) mit unserem Gegenst\u00e4nde befafst, ohne jedoch \u00fcber das von M\u00fcller und Schumann 1. c. Gesagte hinauszugehen. Auch William James (The principles of Psychology, Vol. II, 1890, pag. 491) besch\u00e4ftigt sich nur gelegentlich mit unserer Frage, es ist aber immerhin bemerkbar, dafs er sagt: \u201eWas wir jetzt brauchen, ist eine genaue Untersuchung einzelner F\u00e4lle.\u201c An einer anderen Stelle (1. c. pag. 521, Note) versucht er eine Erkl\u00e4rung: They might however be cases of such congenitally defective optical imagination that the \u201emental cue\u201c was normally \u201etactile\u201c and that when this tactile cue failed through functional inertness of the kinaesthetic centres the only optical cue strong enough to determine the discharge had to be an actual sensation of the eye.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\n175\nMitteilung des Verfassers, die zum Druck eingereicht worden, noch ehe der theoretische Teil von Raymonds Arbeit zur Kenntnis des Verfassers gekommen; dieselbe wird in ihren wesentlichen Angaben hier wiederholt, weil seither noch einige wichtige Versuche gemacht wurden, die zu einigen in jener Mitteilung noch nicht res\u00fcmierten theoretischen \u00c4ufserungen Veranlassung geben werden; diese letzteren selbst basieren zum Teil auf den vorstehend mitgeteilten, zum Teil auf den erst nachtr\u00e4glich gepflogenen litterar-historischen Forschungen \u00fcber unser Thema.\n\u201eMeine Ansicht geht nun dahin, dafs es sich bei der be-wufsten Erscheinung nicht um eine direkte St\u00f6rung des Bewegungsmechanismus in irgend einer seiner Stationen handelt, demnach auch nicht um St\u00f6rung der kin\u00e4sthetischen Vorstellungen (M\u00fcller und Schumann) oder um Funkticdsherab-herabsetzung der \u201emuscular sense\u201c centres (Bastian) und \u00e4hnliches, sondern um eine St\u00f6rung eines psychischen Faktors, der Aufmerksamkeit.\nEs ist eine neuerlich von verschiedenen Seiten (P. Janet, W. James, Binet) betonte Thatsache, dafs das Blickfeld der Aufmerksamkeit bei Hysterischen \u00e4hnlich wie ihr Gesichtsfeld gegen die Norm betr\u00e4chtlich eingeengt erscheint; in den einschl\u00e4gigen F\u00e4llen, die meiner Ansicht nach alle Hysterische betreffen, ist dies nun noch in viel h\u00f6herem Grade der Fall, so dafs eine auch nur geringe, in der Norm ganz wirkungslose Ablenkung der Aufmerksamkeit gen\u00fcgt, um die bei Fixation durch das Auge sonst noch m\u00f6gliche Bewegung zu st\u00f6ren oder ganz zu hemmen.\nDie Richtigkeit dieser Ansicht, dafs der Augenschlufs so wirkt, wird dadurch erwiesen, dafs auch Verschlufs der Ohren bei einer Versuchsanordnung, wo von sensorischer Kontrolle durch dieselben nicht die Rede ist, \u00e4hnlich wirkt, und dafs auch jede anders geartete, wenn auch nur geringf\u00fcgige Fesselung der Aufmerksamkeit die gleiche Wirkung aus\u00fcbt; besonders beweiskr\u00e4ftig tritt das darin hervor, dafs zwei gleichzeitige Bewegungen selbst bei ge\u00f6ffneten Augen einander wechselseitig hochgradig st\u00f6ren, ja eine die andere unm\u00f6glich machen, und zwar unter Versuchsanordnungen, die beim normalen Menschen jede St\u00f6rung ausschliefsen. L\u00e4fst man z. B. die betreffende Kranke unter dem Blicke der Augen Klavierspielbewegungen","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nA. Pick.\nder einen an\u00e4sthetischen Hand machen, so tritt alsbald eine betr\u00e4chtliche St\u00f6rung, ja selbst Hemmung ein, wenn das gleiche Man\u00f6ver z. H. bei gebeugtem anderen Arme oder bei Streckung eines oder des anderen Beines ausgef\u00fchrt werden soll; wird die Kranke w\u00e4hrend der gleichen, vom Auge kontrollierten Klavierspielbewegungen zum Sprechen veranlafst, so ist dieses letztere hochgradig erschwert, anf\u00e4nglich h\u00e4sitierend und leiser, sp\u00e4ter hochgradig stotternd.\u201c\nWie in der vorl\u00e4ufigen Mitteilung erw\u00e4hnt, basiert dieselbe auf der Beobachtung zweier Kranken; die nachfolgend mitgeteilten Versuche betreifen jedoch ausschliefslich die eine Kranke, da die andere wegen ihres jugendlich kindischen und etwas schwachsinnigen Benehmens nur wenig zu solchen Versuchen sich eignete. Die wenigen gelungenen stimmen v\u00f6llig mit den hier mitzuteilenden \u00fcberein. Die Krankengeschichte der ersteren ist kurz zusammengefafst etwa folgende:\nAm 6. M\u00e4rz 1890 wird die 21j\u00e4hrige Fr. Johanna vom Lande zur Klinik aufgenommen; keine Heredit\u00e4t, normale Entwickelung, arbeitete auf dem Felde oder in einer Zuckerfabrik. Am 14. Februar soll sie von einem Fabrikaufseher mehrmals mit der Hand \u00fcber Kopf, R\u00fccken und H\u00fcften geschlagen worden sein; abends kam sie traurig nach Hause, klagte \u00fcber Kopfschmerz, afs nichts, schlief bald ein; am folgenden Tage trat bei der Arbeit ein Anfall ein, es wurde ihr schlecht, sie sah Blitze vor den Augen, bekam Schw\u00e4che in den Beinen; nach Hause gef\u00fchrt, klagte sie \u00fcber Kopfschmerz, zeigte Unruhe im ganzen K\u00f6rper; am dritten Tage tobs\u00fcchtiger Anfall, lachte, weinte, sang, hifs um sich, halluzinierte lebhaft und hatte zwischendurch Konvulsionen, die sich bis zur Aufnahme mehrfach wiederholten ; nach einem dieser Anf\u00e4lle Aphonie. Diese Angaben erg\u00e4nzt Patientin dahin, dafs sie schon einige Zeit vor dem Trauma sich nicht ganz wohl gef\u00fchlt habe, seither habe sie die Anf\u00e4lle, t\u00e4glich oder jeden zweiten Tag, meist zur selben Stunde; wenn ihr die Schmerzen zu Kopfe steigen, schreie sie und m\u00fcsse sie sich kr\u00fcmmen; nach dem Anfalle k\u00f6nne sie zuweilen gar nicht sprechen (zeigt dabei auf den Kehlkopf) und m\u00fcsse sich durch Schreiben verst\u00e4ndigen. Bei dem am 7. M\u00e4rz aufgenommenen somatischen Status ergiebt die Untersuchung der mittelgrofsen, starken, gut gen\u00e4hrten Patientin, welche ein vortreffliches Aussehen zeigt, hinsichtlich des Befundes am Nervensystem: Leichte Hyper\u00e4sthesie gegen Pinselstriche, diffus, betr\u00e4chtliche Einengung des Gesichtsfeldes beiderseits, Paraparese deutlich als psychisch bedingt nachweisbar; die auch jetzt vorhandene Aphonie weicht rasch kr\u00e4ftiger Faradisation am Halse; die psychische Natur dieser Erscheinung erhellt aus folgendem:\nWarum sie fr\u00fcher nicht gesprochen? Sie sei wiederholt ins Genick geschlagen worden und habe drei Tage lang vor Schmerz geschrien","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\n177\nund deshalb habe sie nicht sprechen k\u00f6nnen; sie habe sich nie gezwungen, laut zu reden, auch habe der Arzt gesagt, die Mandeln seien ihr gefallen, und habe ihr sie mit einem Tuche heben wollen; je mehr er das that, desto schlimmer sei es geworden. Warum sie nach dem Elektrisieren sofort geschrien? Sie wisse, hier seien solche Apparate, die das bewirken; sie sp\u00fcrte es bis in die Luftr\u00f6hre hinein (!!) \u2014 Die gleiche Behandlung bringt auch die L\u00e4hmung der Beine sehr bald zur Heilung.\nIn der Folgezeit treten h\u00e4ufig typische hystero-epileptische Anf\u00e4lle oft schwerer Art auf, die jedoch meist durch Kompression der linken Ovarialgegend coupiert werden k\u00f6nnen; zwischendurch auch Anf\u00e4lle von Bluterbrechen.\nW\u00e4hrend die Gesichtsfeldeinschr\u00e4nkung station\u00e4r bleibt,1 wird im Oktober eine nahezu die ganze K\u00f6rperoberfl\u00e4che einnehmende An\u00e4sthesie und Analgesie, Verlust des Lagebewufstseins bemerkt; die ersteren verbreiten sich sp\u00e4ter noch, so dafs die Kranke Ende November nur noch bei Stichen in die Schleimhaut der Nase etwas zu f\u00fchlen angiebt; 'ip\u00e4ter wird auch totale Anosmie und bedeutende Herabsetzung des Geschmacks, hochgradige Herabsetzung des Geh\u00f6rs rechts, in geringerem Grade auch links, konstatiert. Elektromuskul\u00e4re und elektrokutane Sensibilit\u00e4t Null; nur an der Zungenspitze werden st\u00e4rkste Str\u00f6me als schwaches Prickeln empfunden. Im Januar werden zuerst die Erscheinungen des Verlustes des sogen. Muskelbewufstseins von Duchenne konstatiert. Der Aufforderung, die der Kranken bei offenen Augen gezeigte Beugung und Streckung des Armes im Ellenbogengelenk nach Verschlufs der Augen fortzusetzen, kommt sie so nach, dafs dann der nach Augenscblufs in Streckstellung befindliche Arm geringe Hebungen im Schultergeleuke macht. Bei Aufforderung, den bei ge\u00f6ffneten Augen in Strecksteilung befindlichen rechten Arm im Schultergelenk zu heben und zu senken, zeigt sich folgendes Verhalten nach Augenschlufs : Die Bewegung wird allm\u00e4hlich immer weniger ausgiebig, auf energische Stimulierung wird sie etwas gr\u00f6fser, l\u00e4fst aber bald wieder nach und h\u00f6rt ganz auf; die Kranke giebt an, sie mache noch immer die Bewegung fort.\nW\u00e4hrend sie nach dem ersten Versuche die Augenbinde noch rasch herabgerissen, ist sie jetzt nicht im st\u00e4nde, mit beiden H\u00e4nden an den Knoten zu kommen und sie herabzunehmen ; sie f\u00fchrt vorsichtig den rechten Arm in Kopfh\u00f6he, sucht, findet ihn aber nicht; gefragt, ob si\u00e9 beide Arme dazu benutze (w\u00e4hrend der linke ruhig im Schofse liegt), bejaht sie es und behauptet, als jetzt die Binde entfernt wird, der Examinierende m\u00fcsse wohl den linken Arm herabgegeben haben. \u2014 An den Beinen zeigen sich die gleichen Erscheinungen; aufgefordert, das rechte Bein im Liegen zu heben und zu senken, thut sie es nach Augenschlufs unter immer mehr abnehmender Gr\u00f6fse der Exkursion, endlich sind es\n1 Charakteristischerweise klagt die Kranke spontan, dafs sie seit Jahresfrist nie ganze Menschen, sondern nur St\u00fccke derselben, \u201ewie in einem Medaillon\u201c sehe. (Vergl. dazu eine Bemerkung von Wii.uhand in W. und Saenger, \u00dcber Sehst\u00f6rungen bei funktionellen Nervenleiden, 1892,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IV.\n12","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nA. Pick.\nnicht mehr Hebungen, sondern nur mehr kleine, als Einw\u00e4rtsdrehungen ausschlagende Rucke; im Sitzen hei geschlossenen Augen aufgefordert, aufzustehen, r\u00fcckt sie ein wenig hin und her und sagt dann: \u201eIch stehe schon\u201c, w\u00e4hrend sie noch breit dasitzt. Gleichzeitig mit jenen Erscheinungen zeigt sich auch Verlust des Erm\u00fcdungsgef\u00fchls; nachdem die Kranke hei geschlossenen Augen den Arm gestreckt gehalten, gieht sie nur leichten Schmerz im Ellenbogengelenk an, der offenbar darauf zu beziehen ist, dafs unter dieser Haltung rasch eine intensive Streckkontraktur sich ausbildet; die Kontraktur tritt aber auch hei jeder anderen, dem Arme gegebenen Stellung ein. (Vergl. dazu die plasticit\u00e9 cataleptique bei Binet und F\u00e9r\u00e9 1. c. pag. 323.)\nMitte Juni totale rechtsseitige Hemian\u00e4sthesie; Gesichtsfeldeinschr\u00e4nkung station\u00e4r; SR m \u2014 1 J) j6s, S L T6g m \u2014 1 I) seE. Farbensinn nicht besonders gest\u00f6rt. Die Versuche mit dem Verluste der conscience musculaire werden jetzt wieder aufgenommen; zur Zeit der totalen An\u00e4sthesie hatten wir den Eindruck, dafs dem Ganzen ein abnormer Bewufstseinszustand zu Grunde liege, der durch Augenschlufs ein tritt und der durch Verschlufs der Ohren gelegentlich auch ohne diesen (siehe den Anhang) eine solche Steigerung erf\u00e4hrt, dafs er in hypnotischen Schlaf \u00fcbergeht; von der Ansicht nun ausgehend, dafs dieser abnorme Bewufstseinszustand und nicht das Fehlen der Sensibilit\u00e4t die Ursache der Bewegungst\u00f6rung sein k\u00f6nnte, kamen wir zu der Anschauung, dafs mit dem Zur\u00fcckgehen desselben hei gleichzeitiger, vielleicht damit in einem gewissen urs\u00e4chlichen Zusammenh\u00e4nge stehenden Besserung der Sensibilit\u00e4t, also beim Vorhandensein einer Hemian\u00e4sthesie, sich die M\u00f6glichkeit ergeben d\u00fcrfte, durch verschiedene Versuchsmodifikationen die Ursache der sich bis dahin ganz einf\u00f6rmig gestaltenden Bewufstseins\u00e4nderung und Bewegungsst\u00f6rung etwas n\u00e4her bestimmen zu k\u00f6nnen.\nNachdem wir uns im allgemeinen von dem Vorhandensein der als perte de la conscience musculaire beschriebenen Erscheinung bei der Kranken \u00fcberzeugt hatten, wurden zahlreiche Versuche mit ihr vorgenommen; bez\u00fcglich der nachfolgend mitgeteilten sei im voraus bemerkt, dafs dieselben meist mehrfach wiederholt wurden und die Resultate im wesentlichen dieselben waren oder nur unwesentlich voneinander differierten; sie stammen alle aus der Zeit, wo die Kranke neben der vorher beschriebenen beiderseitigen Gesichtsfeld-Einschr\u00e4nkung rechtsseitige sensorische An\u00e4sthesie und rechtsseitigen Verlust der oberfl\u00e4chlichen und tieferen Sensibilit\u00e4t einschliefslich des Lagegef\u00fchls der Extremit\u00e4ten zeigte. Es ist vielleicht nicht \u00fcberfl\u00fcssig, noch besonders zu bemerken, dafs die Versuche, wie im folgenden ersichtlich, so gew\u00e4hlt wurden, dafs bei selbst einfachster Intelligenz und unter normalen Verh\u00e4ltnissen eine","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\t179\nSt\u00f6rung der in Betracht kommenden Funktionen nicht zu erwarten war.\nAn die Spitze derselben wollen wir jene stellen, welche wir vor allem als beweisend f\u00fcr unsere in der vorl\u00e4ufigen Mitteilung ausgesprochene Ansicht dort kurz angef\u00fchrt hatten. Vorher w\u00e4re zu bemerken, dafs bei allen Versuchen, welche die Bewegungen der H\u00e4nde betreffen (die Ausnahmen sind notiert), die Kranke ihre rechte Hand scharf fixiert, ihre Aufmerksamkeit dabei aufs h\u00f6chste gespannt ist, sie mit den Augen f\u00f6rmlich an der rechten Hand h\u00e4ngt und von jeder im folgenden beschriebenen \u201eSt\u00f6rung\u201c mehr oder weniger peinlich ber\u00fchrt wird. Es stimmt das nicht ganz mit einer \u00c4ufserung Binets (Bev. philos., 1889, II. pag. 476), dafs toutes choses egales (er spricht von Versuchen an Hemian\u00e4sthetischen), l\u2019attention sera fix\u00e9e de pr\u00e9f\u00e9rence sur la moiti\u00e9 sensible du corps, car c\u2019est la seule qui donne pendant les mouvements des sensations musculaires conscientes. Diese Erkl\u00e4rung trifft offenbar nicht f\u00fcr alle F\u00e4lle zu, und Binet macht selbst an anderen Stellen derselben Arbeit (pag. 482 und 483) entgegenstehende Angaben.\nWird der Kranken ein Nadelstich auf der sensiblen K\u00f6rperh\u00e4lfte appliziert, w\u00e4hrend sie Klavierspiel-Bewegungen beider H\u00e4nde regelm\u00e4fsig ausf\u00fchrt, so sistieren momentan die Bewegungen der rechten Hand. Auch sonst gelingt es leicht, die Aufmerksamkeit der Kranken abzulenken ; l\u00e4fst man sie etwas riechen, so sistieren die Bewegungen alsbald; darauf aufmerksam gemacht, behauptet sie, nicht mit denselben pausiert zu haben (bez\u00fcglich der letzteren Thatsache siehe eine Erkl\u00e4rung im nachfolgenden). Hier treten uns zum ersten Male Beobachtungen entgegen, die durch keine der auf die kontrollierende Th\u00e4tigkeit der Augen oder Ohren basierte Theorie der perte de la conscience musculaire zu erkl\u00e4ren sind, ebenso wenig auch durch die von Binet herangezogenen Thatsachen aus der Beobachtung F\u00e9r\u00e8s von dem steigernden Einfl\u00fcsse sensibler Eindr\u00fccke, oder durch Janets Theorie, sich aber ohne weiteres der Annahme f\u00fcgen, dafs jede Inanspruchnahme oder Ablenkung der Aufmerksamkeit die hier besprochene Wirkung hat. Zur Erh\u00e4rtung dieser These sowohl wie zum Beweise, dafs es f\u00fcr den Endeffekt irrelevant ist, ob motorische oder sensible Vorstellungen das Blickfeld der Aufmerksamkeit einengen, endlich zur Beurteilung der Frage hinsichtlich der Wirkung\n12*","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\nA. Pick.\ndauernder Ablenkung seien nun die nachststehenden Versuche mitgeteilt.\nW\u00e4hrend die Kranke mit den Fingern beider H\u00e4nde regelm\u00e4fsige, nat\u00fcrlich allereinfachste1 Klavierspiel-Be wegungen ausf\u00fchrt, wird sie zum Sprechen veranlafst, zumeist durch Fragen \u00fcber sie besonders interessierende Dinge; sehr bald wird dabei die Sprache h\u00e4sitierend, stockend, stotternd; dann werden wieder die Bewegungen der H\u00e4nde, besonders der rechten, unregelm\u00e4fsig oder ganz unterbrochen; dabei fixiert die Kranke noch fester als sonst die rechte Hand; zuweilen l\u00e4fst sich ein Alternieren der beschriebenen St\u00f6rung zwischen Sprache und Bewegungen der H\u00e4nde nicht verkennen, so dafs man sich nicht dem Eindr\u00fccke entziehen kann, dafs \u00e4hnlich wie bei sp\u00e4ter mitgeteilten Versuchen ein Hin- und Herwandern der Aufmerksamkeit zwischen Hand und Sprache statthat. Diesem Umstande ist es offenbar auch zuzuschreiben, dafs Versuche mit der gleichen Versuchsanordnung nicht immer identische Resultate ergeben. So lautet z. B. der Versuch einmal so : Versucht man, die Kranke, w\u00e4hrend sie bei ge\u00f6ffneten Augen mit beiden H\u00e4nden Klavier spielt, zum Sprechen zu bringen, so beobachtet man zuerst, dafs die Bewegungen etwas langsamer und ungeschickt werden, die Kranke dabei fortw\u00e4hrend Versuche zum Sprechen macht, die erst nach einiger Zeit zum Ziele f\u00fchren, wobei die Kranke so wie schon beschrieben stottert. (\u00c4hnliche Variationen finden sich noch verschiedentlich mitgeteilt.) Ein Vikariieren der Aufmerksamkeit tritt auch darin namentlich sehr pr\u00e4gnant hervor, dafs im Momente, wo durch Ablenkung des Blickes die Bewegung der rechten Hand aufh\u00f6rt, auch die Sprache sofort frei wird. Wird der gleiche Versuch blofs bei Klavierspiel-Bewegungen der linken Hand gemacht, so ist das Stottern nur angedeutet; andere Male ist jedoch auch dabei die St\u00f6rung eine intensivere. Der hier res\u00fcmierte Versuch gelingt regelm\u00e4fsig, auch wenn derselbe unauff\u00e4llig bei der Visite gemacht wird; l\u00e4nger fortgesetzt, wird die Sprache hochgradig gest\u00f6rt; die Versuche werden aber im Hinblick auf die auf der Klinik gemachten Erfahrungen hinsichtlich des hysterischen Stotterns (vergl.\n1 Die gleichen Bewegungen sind auch im folgenden immer gemeint, wenn vom \u201eKlavierspiel\u201c die Rede ist.","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"jjber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\t181\neine Mitteilung meines Assistenten Dr. Kkamer, Prager med. Wochenschr., 1891) nicht weiter nach dieser Richtung forciert.\nWird die Kranke, w\u00e4hrend sie mit der rechten Hand Klavierspielbewegungen macht, veranlafst, den linken Arm ausgestreckt zu halten, so tritt sofort eine St\u00f6rung der Bewegungen ein; sie erfolgen unregelm\u00e4fsig, absatzweise, wie unter dem Einfl\u00fcsse stofsweise erfolgender Innervation, so dafs man direkt den Eindruck bekommt, dafs \u00e4hnlich wie im vorigen Versuche ein Hin-und Herschwanken der Aufmerksamkeit zwischen linkem Arm und rechter Hand statt hat und infolge der Absorption eines Teiles derselben durch die Innervation des linken Armes die Unregelm\u00e4fsigkeit der rechtsseitigen Handbewegungen zu st\u00e4nde kommt. Bei der entgegengesetzten Versuchsanordnung (rechter Arm gestreckt, linke sensible Hand Klavier spielend) tritt keinerlei auff\u00e4llige St\u00f6rung hervor. Der scheinbare Widerspruch in dieser Beobachtung l\u00f6st sich in einer den vorliegenden Gedankengang noch unterst\u00fctzenden Weise dadurch, dafs die Streckung des rechten durchaus an\u00e4sthetischen Armes keinerlei Anforderung an die Aufmerksamkeit der Kranken stellt. (Vgl. das in der Krankengeschichte von dem Eintreten der Streckkontraktur Gesagte).\nBei gebeugt gehaltenem linken Arme ist die St\u00f6rung der rechten Handbewegungen noch wesentlich intensiver, als beim vorigen Versuche, und je l\u00e4nger der Versuch dauert, desto ungeschickter fallen die Bewegungen aus; bei der entgegengesetzten Versuchsanordnung ist eine St\u00f6rung nicht nachweisbar. \u2014 Wird die Kranke veranlafst, w\u00e4hrend sie einmal mit der linken und dann wieder mit der rechten Hand spielt, das linke Bein in m\u00e4fsiger Streckung etwas gehoben zu halten (sie sitzt w\u00e4hrend der Versuche), so sind die Bewegungen der linken Hand ungest\u00f6rt, die der rechten Hand entschieden unregelm\u00e4fsig; wird die Kranke zu st\u00e4rkerer Streckung und Hochstellung des linken Beines veranlafst, so werden die Bewegungen der rechten Hand noch unregelm\u00e4fsiger. Die Form der St\u00f6rung l\u00e4fst sich nicht anders als mit dem Stottern in dem fr\u00fcher beschriebenen Versuche vergleichen ; die Bewegungen der linken Hand bleiben ungest\u00f6rt. \u00c4hnlich gestalten sich die Erscheinungen bei umgekehrter Versuchsanordnung (Hochheben des gestreckten rechten Beines, Bewegungen der rechten oder linken Hand).\nDie eben mitgeteilte Versuchsreihe l\u00e4fst unseres Erachtens","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nA. Pick.\ndie zuvor ausgesprochene Hypothese bez\u00fcglich der Deutung der sogenannten perte de la conscience musculaire als die einfachste Erkl\u00e4rung zu ; ebensowenig kann ein Zweifel dar\u00fcber bestehen, dafs dieselbe durch keine der in unserer historischen Einleitung mitgeteilten anderen Theorien zu erkl\u00e4ren ist; als besonders bemerkenswert m\u00f6chten wir jene Erscheinungen hervorheben, die zeigen, wie infolge der als relative \u00dcberanstrengung zu bezeichnenden \u00dcberf\u00fcllung des Blickfeldes der Aufmerksamkeit das Nebeneinander der motorischen Impulse in ein wechselseitiges Nacheinander \u00fcberf\u00fchrt wird und dadurch die beiderseitigen Impulse doch noch zur Ausf\u00fchrung gelangen.\nZur Erkl\u00e4rung der Thatsache, dafs so einfache Bewegungen wie die Streckung eines Armes oder Beines so intensive, die Norm so viel \u00fcbersteigende Wirkung auf andere gleichzeitige Bewegungen \u00fcben, k\u00f6nnen wir uns auf eine noch sp\u00e4ter zu erw\u00e4hnende Arbeit von Binet (Revue philos., 1890, I.) beziehen, der bei der Besprechung gleichzeitiger ungleichartiger Bewegungen der beiden H\u00e4nde sich folgendermafsen \u00e4ufsert : (l.c.p.l46und 147): \u201eLe fait qui nous para\u00eet le plus frappant, c\u2019est la tendance que pr\u00e9sente chacun de deux mouvements simultan\u00e9s \u00e0 introduire quelques-uns de ses \u00e9l\u00e9ments caract\u00e9ristiques dans l\u2019autre mouvement . . . Pour expliquer les faits pr\u00e9c\u00e9dents je suppose que chaque synth\u00e8se psychique a une tendance \u00e0 se d\u00e9velopper dans tous les sens et \u00e0 produire dans l\u2019organisme entier une forme particuli\u00e8re de mouvement qui est la sienne.\u201c\nDie Zugeh\u00f6rigkeit dieser Anschauungen zu den aus den vorstehend mitgeteilten Versuchen zu ziehenden Schl\u00fcssen ist wohl unverkennbar und die hemmende Wirkung der Streckbewegung einerseits auf die Bewegungen der anderen Seite ohne weiteres verst\u00e4ndlich. Bei Gelegenheit dieser Erw\u00e4gungen w\u00e4re hier auch dessen zu gedenken, dafs die eben besprochenen That-sachen es auch verst\u00e4ndlich machen, wie gerade der Augen-s c h lu fs so hemmend wirkt. Dafs aber auch die den Augen-schlufs betreffenden Thatsachen \u00e4hnlich sich gestalten, wie die bisher beschriebenen Versuche, daf\u00fcr l\u00e4fst sich folgendes anf\u00fchren: Gleichzeitiges Schliefsen beider Augen geht prompt von statten; Schliefsen des linken Auges gelingt ziemlich gut, man bemerkt aber gleichzeitig eine Tendenz des rechten Augenlides zu gleicher Bewegung; Schliefsen des rechten Auges ge-","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\n183\nlingt isoliert nicht, vielmehr schliefsen sich synchron die Lider des linken Auges zur H\u00e4lfte.\nSollen beide Augen gleichzeitig, w\u00e4hrend die linke Hand Klavier spielt, geschlossen werden, so gelingt es nicht so prompt wie fr\u00fcher und andererseits wird w\u00e4hrenddessen auch das Tempo der Klavierspielbewegungen unregelm\u00e4fsig; \u00e4hnlich verh\u00e4lt es sich, falls unter gleicher Anordnung das linke Auge geschlossen werden soll; soll unter gleichen Bedingungen das rechte Auge geschlossen werden, so schliefst sich gleichzeitig das linke Auge ganz, der Rhythmus der linken Bewegungen wird etwas unregelm\u00e4fsig.\nKlavierspielbewegungen rechts : Schlufs des linken Auges isoliert gelingt ziemlich gut, die Bewegungen rechts werden langsamer und unregelm\u00e4fsiger ; Schlufs des rechten Auges gelingt nur bei gleichzeitigem Schlufs des linken Auges ; die Bewegungen rechts werden bedeutend schlechter.\nSehr interessant und ganz im Sinne der bisherigen Ausf\u00fchrungen erkl\u00e4rbar ist der nachfolgende Versuch:\nMan l\u00e4fst die Patientin Klavierspielbewegungen mit der rechten Hand machen; nachdem Patientin das rechte Auge geschlossen, werden die Bewegungen mangelhaft, schliefslich macht sie nur Bewegungen mit dem Zeigefinger, und man \u00fcberzeugt sich, dafs sie mit dem linken Auge nicht auf die rechte Hand blickt; darauf aufmerksam gemacht, thut es Patientin, und nun werden die Bewegungen wieder besser, sind aber noch nicht so frei, wie bei dem darauf folgenden \u00d6ffnen des rechten Auges.\nWird der Versuch in der Art modifiziert, dafs die rechte Hand von vorneherein in das Gesichtsfeld des linken Auges gebracht ist, dann ist auch bei Schlufs des rechten Auges die St\u00f6rung eine geringe. Es spricht dies f\u00fcr die oben erw\u00e4hnte Ansicht von dem proportionellen Einflufs der Ablenkung der Aufmerksamkeit, beweist aber weiter, dafs nicht der Ausschlufs der sensorischen Kontrolle es ist, welcher die Verschlechterung der Bewegungen veranlafst.\nDie Thatsache, dafs die vorstehenden Versuche auf den Augenschlufs sich ganz dem Schema der \u00fcbrigen hier mitgeteilten Beobachtungen entsprechend erweisen, ist ein wichtiges Argument gegen den Einwand, dafs es nur schwer denkbar ist, dafs eine so geringf\u00fcgige Bewegung wie die des Augenschlusses","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nA. Pich.\neine so wesentliche, hemmende Rolle spielen sollte, wie wir sie ihr zuzus ehr eiben geneigt sind; aber abgesehen von den in den sonstigen Versuchen hegenden Argumenten, k\u00f6nnen wir uns auf eine Beobachtung von Binet (Revue philos., 1881), II. p. 487, Anm.) beziehen, die gleichfalls beweist, dafs jene so einfache Bewegung nicht wenig Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Dals endlich \u00e4hnliche Beobachtungen \u00fcber Schwierigkeiten bei isoliertem Augenschlufs nicht gegen unsere Ansicht, sondern gerade f\u00fcr die hier aufgestellten Thesen von der Konkurrenz gleichzeitiger Bewegungen sprechen, erhellt ohne weiteres. Als eigener Beitrag zu dem Nachweise, dafs gelegentlich auch der Augenschlufs Schwierigkeiten finden k\u00f6nne, diene noch folgender Versuch: Die Kranke hat vor dem rechten, offenen Auge ein Diaphragma und spielt, w\u00e4hrend sie mit dem linken Auge die rechte Hand fixiert, mit dieser Klavier; der Aufforderung, w\u00e4hrend dieser Versuchsanordnung das rechte Auge zu schliefsen, kann Patientin nur unvollst\u00e4ndig und mit sichtbarer M\u00fche nach-kommen, und gleichzeitig werden die Bewegungen der rechten Hand wie sonst mangelhaft und langsam ; ganz \u00e4hnlich gestaltet sich der Versuch, wenn das Diaphragma vor das linke Auge gebracht wird und dieses geschlossen werden soll.\nAls eine Weiterbildung der hier aufgestellten Deutung der Erscheinungen der perte de la conscience musculaire ergiebt sich ohne weiteres die Annahme, dafs im allgemeinen zwischen der Glr\u00f6fse der St\u00f6rung der Bewegungen und der Gr\u00f6fse des ablenkenden Faktors ein gerades Verh\u00e4ltnis bestehen m\u00f6chte; die vorliegenden Versuche bieten auch daf\u00fcr die nicht erst n\u00e4her zu erl\u00e4uternden Korrelate.\nHecht pr\u00e4gnant tritt dieses Verh\u00e4ltnis in nachstehendem Versuche hervor : Giebt man der Kranken bei ge\u00f6ffneten Augen das Dynamometer in die linke Hand und l\u00e4sst sie, w\u00e4hrend sie gleichzeitig rechts Klavier spielt, dr\u00fccken, so erfolgt ein kr\u00e4ftiger Ausschlag, aber gleichzeitig damit werden die Bewegungen der rechten Finger zusehends unregelm\u00e4fsiger ; bei umgekehrter Versuchsanordnung (Dynamometerausschlag 10) ist keine wesentliche St\u00f6rung zu konstatieren.\nAls Erg\u00e4nzung zu dem Vorstehenden w\u00e4ren noch einige andere Dynamometerversuche zu erw\u00e4hnen; die Kranke zeigt zur Zeit des Versuches Druckkraft L 43, It 22, bei wiederholtem Versuche L 50, B.26; bei hochgehaltenen Armen (es ist nicht","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\n185\nersiehtlich im Protokolle, aber wahrscheinlich, dais dabei die rechte Hand schon aufserhalb des Gesichtsfeldes ist) L 58, R 5\\ bei geschlossenen Augen L40, R 0. Patientin wird aufgefordert, das in die rechte Hand gelegte Dynamometer anzuschauen; nun wird zugleich mit der Aufforderung zu dr\u00fccken das rechte Auge geschlossen; die Blickrichtung dreht sich sofort nach L, der Zeiger am Dynanometer bleibt ruhig ; nach wiederholter Aufforderung, die rechte Hand mit dem linken Auge zu fixieren, stellt sich der Zeiger auf 10 ein; der Versuch wird wiederholt ; die Ablenkung der Blickrichtung nach links bleibt aus, der Zeiger zeigt 15; ein dritter Versuch mit Verdeckung des linken die rechte Hand fixierenden Auges ergiebt Druck = 12. Eine interessante Erg\u00e4nzung und Erweiterung des vorher vom Schwanken der Aufmerksamkeit Gesagten wird durch die nachstehenden Versuche geliefert.\nEs werden bei vorne gekreuzten Armen Klavierspielbewegungen der Finger beiderseits diktiert ; Patientin blickt hin und her, die Bewegungen erfolgen unregelm\u00e4fsig, alternierend, beim Blick nach der rechten Hand geraten die der linken in momentane Unterbrechung, bei Blick nach links bleiben sie rechts ganz aus. (Als Nachweis f\u00fcr den Gegensatz zwischen rhythmischen und nichtrhythmischen Bewegungen sei hierzu folgender Versuch erw\u00e4hnt. L\u00e4fst man bei vorne gekreuzten Armen gleichm\u00e4fsig mit beiden H\u00e4nden Greif bewegungen machen, so blickt die Kranke jetzt konstant nach links auf die jetzt dort befindliche rechte Hand ; wird vor das linke Auge ein Diaphragma gebracht, so sistieren die Bewegungen der rechten Hand.)\nDafs aber auch bei der Kranken gewohnten Besch\u00e4ftigungen die gleichen Erscheinungen eintreten, lehrte folgendes (s. dazu auch das am Schl\u00fcsse der Versuche Mitgeteilte). Die Kranke selbst giebt auf Befragen an, und die Beobachtung auf der Klinik best\u00e4tigt den in die Aufenthaltszeit fallenden Anteil, dals sie fr\u00fcher, ohne darauf zu schauen, stricken konnte, was ihr jetzt nicht mehr gelinge oder \u201eh\u00f6chstens (und das spricht f\u00fcr die Unvoreingenommenheit der Kranken) eine Nadel lang\u201c. So lange sie das Stricken besieht, geht es prompt von statten, sowie ein Diaphragma vorgeschoben oder das rechte Auge geschlossen wird, strickt die linke Hand weiter, die rechte bleibt ruhig; bei Schlufs des linken Auges strickt sie weiter, aber","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nA. Pick.\nschlecht, sie nimmt die Maschen unrichtig auf. Bei der Visite wird sie bei ihrer Arbeit angetroffen; angesprochen, blickt sie von der Arbeit auf und spricht, mit jener pausierend; wird sie gen\u00f6tigt, auf die Arbeit blickend zu sprechen, so tritt alsbald hochgradiges Stottern ein.\nDie oben erw\u00e4hnten Versuche, den Einflufs der sensorischen Aufmerksamkeit nachzuweisen, werden verschiedenf\u00e4ltig variiert; im nachfolgenden werden einige mitgeteilt. Es wird eine Klingel gel\u00e4utet und Patientin, die mit der linken Hand Klavier spielt, aufgefordert, jeweils die Schl\u00e4ge der Klingel zu z\u00e4hlen; dabei tritt keine deutliche St\u00f6rung im Rhythmus oder der Form der Bewegungen ein, die jedoch deutlich werden, sobald der Versuch mit der rechten Hand gemacht wird.\n\u00c4ufserst instruktiv ist folgender Versuch: Wird Patientin bei geschlossenen Augen (leichtes Flimmern in den Lidern) befragt, so bewegt sie als Antwort die Lippen; alsbald nach Aufschlag der Lider deshalb interpelliert, behauptet sie mit dem Ausdruck fester \u00dcberzeugung, laut gesprochen zu haben.\nMan k\u00f6nnte in dieser Beobachtung und der Antwort der Kranken \u201eT\u00e4uschung der Hysterischen\u201c sehen; wir glauben das Nichtpercipieren des nicht Lautsprechens einfach durch die v\u00f6llige Absorption der Aufmerksamkeit durch den Augen-schlufs und das, wenn auch tonlose, Sprechen gen\u00fcgend erkl\u00e4rt und beziehen uns bez\u00fcglich \u00e4hnlicher Thatsachen auf die eingangs berichteten Angaben von Pitres , sowie auf folgende Beobachtung : Aufgefordert, einen Wunsch bei geschlossenen Augen zu \u00e4ufsern, thut Patientin dies fl\u00fcsternd, aber doch deutlich verst\u00e4ndlich. (Vergl. den oben mitgeteilten Versuch mit der Ablenkung der Aufmerksamkeit von seiten des Geruchssinnes.)\nAls Analoga zu schon aus Mitteilungen anderer Autoren bekannten Beobachtungen sei folgendes mitgeteilt: Bei verschlossenen Ohren wird der Patientin eine geschriebene Frage vorgelegt; man sieht sie, die Schrift betrachtend, die Lippen bewegen; nach L\u00f6sung des Ohrenverschlusses behauptet sie die entsprechende Antwort gegeben zu haben. Patientin soll vom Untersucher gegebene Taktschl\u00e4ge laut z\u00e4hlen; mitten im Versuche werden ihr die Ohren verschlossen; so lange dies der Fall, z\u00e4hlt sie unh\u00f6rbar, nur die Lippen bewegend; sobald die","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\n187\nOhren ge\u00f6ffnet werden, z\u00e4hlt sie richtig weiter, wie die sp\u00e4tere Zahlenreihe zeigt, aber es ist sehr bemerkenswert, dafs sie die erste Zahl nach Offnen der Ohren nicht laut ausspricht, sondern erst die zweite ; es wird diese anderenfalls nur schwer zu deutende Erscheinung verst\u00e4ndlich, wenn wir uns vorstellen, dafs es eines mefsbaren Zeitraumes bedarf, ehe die durch Offnen der Ohren frei werdenden Komponente der Aufmerksamkeit dem aufs Sprechen bisher verwendeten Teile derselben zugef\u00fcgt wird, und durch diese Addition nun das laute Sprechen zu st\u00e4nde kommt ; die Kranke glaubt ebenso wie bei den fr\u00fcheren Beobachtungen in der ganzen Zwischenzeit laut gez\u00e4hlt zu haben. Dafs sie auch die erste bei ge\u00f6ffneten Ohren nicht laut gesprochene Ziffer ebenfalls als laut gez\u00e4hlt angiebt, erkl\u00e4rt sich nach Analogie der vorher mitgeteilten Versuche durch die erste allm\u00e4lich zu dieser Funktion r\u00fcckkehrende Auf-merksamkeits - Komponente. Patientin liest laut ; pl\u00f6tzlich werden ihr die Ohren zugehalten, sie liest lautlos, die Lippen bewegend, beim Offnen der Ohren liest sie dort weiter, wo sie unterdessen etwa angelangt sein konnte.\u2014W\u00e4hrend Patientin eine gleichg\u00fcltige Frage beantwortet, werden pl\u00f6tzlich die Augen zugehalten ; sie antwortet blofs mit Lippenbewegungen, beteuert nachher, ganz laut gesprochen zu haben ; sie habe sich geh\u00f6rt. (Bez\u00fcglich der Erkl\u00e4rung dieser letzten Angabe k\u00f6nnen wir uns auf das fr\u00fcher bez\u00fcglich \u00e4hnlicher Beobachtungen Mitgeteilte beziehen ; es geben dieselben einen weiteren Beitrag zu der namentlich neuerlich von der franz\u00f6sischen Schule aufgekl\u00e4rten \u201eL\u00fcgenhaftigkeit\u201c der Hysterischen.)\n\u00c4ufserst belehrend als Widerlegung der Theorie von der vikariierenden Funktion der Sinnesorgane sind folgende Versuche, die durch unsere Deutung ohne weiteres verst\u00e4ndlich : Soll Patientin bei verschlossenen Ohren eine Antwort schriftlich geben, so kritzelt sie dieselbe, wenn auch noch leserlich, m\u00fchsam hin. \u2014 Bei Wiederholung dieses Versuches ger\u00e4t Patientin in einen abnormen psychischen Zustand, dessen interessante, von der Kranken selbst gegebene Beschreibung als \u201eDokument\u201c im Anhang mitgeteilt sei. (Vergl. dazu P. Janet, L'automatisme psych., pag. 196.) \u2014 Patientin kopiert; w\u00e4hrenddessen werden ihr die Ohren verschlossen; sie schreibt richtig weiter, aber schief, die Buchstaben sind unbeholfen; nachdem die Ohren ge\u00f6ffnet sind, streicht sie es sofort durch, es sei zu schlecht","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"18B\nA. Pich.\ngeschrieben; bei Verschlufs eines Obres ist die Schrift auch schlecht, aber doch besser, als bei Verschlufs beider Ohren. \u2014 Patientin schreibt zuf\u00e4llig spielend auf dem Papiere; pl\u00f6tzlich wird sie etwas gefragt und das linke Auge verschlossen, sofort zittert die rechte schreibende Hand, die Sprache wird stotternd.\nDen hier zur Erkl\u00e4rung unserer Beobachtungen benutzten Nachweis nun, dafs bei Hysterischen thats\u00e4chlich ein Widerstreit im Bereiche des Blickfeldes der Aufmerksamkeit in erh\u00f6htem Mafse besteht, hat Binet (Revue philos., 1889, II. pag. 470) gef\u00fchrt. Der alten Erfahrung, dafs dasselbe auch beim normalen Menschen in gewissem Mafse der Fall ist, hat unter den Neueren zuerst, soviel ich sehe, Fechner [Eiern, \u00e4. Psychophysik, 2. Aufl., I. pag. 37 f.) gedacht. Er sagt: \u201eWir k\u00f6nnen denken und dabei noch anderes mit unseren k\u00f6rperlichen Organen betreiben und thun es in der Hegel. Jetzt aber soll die Kraft des Denkens gesteigert werden ; sofort sehen wir, wie es statt lebendiger Kraft aus eigener Quelle zur Verst\u00e4rkung der psychophysischen Bewegung, die es zu seiner eigenen Verst\u00e4rkung braucht, schaffen zu k\u00f6nnen, solche anderen k\u00f6rperlichen Th\u00e4tigkeiten raubt und ohne dem sich nicht verst\u00e4rken kann. Noch eben war jemand in einer starken k\u00f6rperlichen Arbeit begriffen, da kommt ihm ein Gedanke, der ihn mehr als gew\u00f6hnlich besch\u00e4ftigt, sofort sinken die Arme und bleiben h\u00e4ngen, so lange der Gedanke und mithin die psychophysische Th\u00e4tigkeit desselben innerlich stark arbeitet, um ihre \u00e4ufsere Arbeit von neuem zu beginnen, wenn diese innere nachl\u00e4fst.\u201c\nIm allgemeinen hat man sich mit dieser Seite der Lehre von der Aufmerksamkeit meist wenig besch\u00e4ftigt; Lobb erw\u00e4hnt in einer vorl\u00e4ufigen Mitteilung (Pfl\u00fcgers Arch., 39. Bd., pag. 592), der m. W. keine weitere ausf\u00fchrliche gefolgt ist, die Thatsache, dafs auch jeder Versuch, die Aufmersamkeit zu steigern, unsere Muskelth\u00e4tigkeit verringert;1 von neueren w\u00e4re zu gedenken einiger Bemerkungen von Marillier, die (Bev. philos., 1880, I. pag. 566) ausf\u00fchren: \u201eL\u2019attention est un \u00e9tat de conscience qui r\u00e9sulte de la pr\u00e9dominance temporaire d\u2019une repr\u00e9sentation sur les repr\u00e9sentations qui coexistent avec elle \u00e0 un instant donn\u00e9.\n1 Vergl. auch Ribot, Psychologie de T attention, pag. 89, und F\u00e9r\u00eb, Sensation et mouvements, pag. 28. und verschiedene Ausf\u00fchrungen und Zitate von Janet 1. c.\t1 . t .","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\n189\ntes repr\u00e9sentations (sensations, images ou id\u00e9es) agissent les unes sur les autres en raison de leur intensit\u00e9 et de leur intensit\u00e9 seule : c\u2019est l\u00e0 au reste une loi g\u00e9n\u00e9rale qui s\u2019applique aux tendances motrices comme aux repr\u00e9sentations.\u201c\nVon direktem Bez\u00fcge zu unserem Thema ist noch die \u00c4ufserung (pag. 578): \u201eil existe \u00e0 c\u00f4t\u00e9 de la v\u00e9ritable attention, de l\u2019attention intellectuelle, une attention motrice, je veux dire une coordination des mouvements qui r\u00e9sulte des diff\u00e9rences d\u2019intensit\u00e9 entre les excitations des divers centres moteurs; c\u2019est au reste bien plut\u00f4t subordination que coordination de mouvements qu\u2019il faudrait dire.\u201c\nSehr eingehend dagegen sind Binets (Revue philos., 1890, I. pag. 138) Untersuchungen \u00fcber die Konkurrenz psychischer Zust\u00e4nde, die, weil von direktestem Bez\u00fcge zu unserem Thema, ausf\u00fchrlich mitgeteilt seien. Er l\u00e4fst w\u00e4hrend regelm\u00e4fsiger Bewegungen der H\u00e4nde kopfrechnen: \u201eII est aussi tr\u00e8s frequent d\u2019observer de l\u2019incoordination dans les mouvements, ce qui atteste que le d\u00e9sordre s\u2019est introduit dans la synth\u00e8se mentale qui dirige les mouvements de la main\u201c (pag. 142), und weiter (pag. 143) \u201een m\u00eame temps il se produit une alteration de la conscience ... Le sujet perd la conscience nette des pressions qu\u2019il ex\u00e9cute ; bien souvent, il ne peut pas, quand l\u2019exp\u00e9rience est termin\u00e9e, dire s\u2019il a serr\u00e9 une fois de trop ou une fois de moins . . . Les pressions ne sont devenues enti\u00e8rement inconscientes, mais le degr\u00e9 de conscience qui les accompagne d\u2019ordinaire est consid\u00e9rablement diminu\u00e9.\u201c Binet zeigt dann weiter, wie sich dieser Widerstreit, respektive psychische Zustand, auch in einem unangenehmen subjektiven Zustande der Versuchsperson ausdr\u00fcckt, insofern einzelne Personen sehr bald erm\u00fcden, andere sich alsbald den ihnen sehr peinlich werdenden Untersuchungen entziehen.\nEine einfache Erw\u00e4gung ergiebt, dafs naturgem\u00e4fs durch die Anspannung der Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Objekt das Blickfeld derselben k\u00fcnstlich verengt wird, und so betont auch Binet, 1. c. pag. 144: \u201eque pour mesurer le champ de la conscience il ne faut pas prendre le sujet dans un \u00e9tat d\u2019attention volontaire dirig\u00e9 uniquement dans un sens, car cet \u00e9tat d attention est accompagn\u00e9 d\u2019un \u00e9tat de distraction qui emp\u00eache la personne de percevoir aucune autre sensation en dehors de","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nA. Pick.\ncelle qui occupe actuellement son esprit.\u201c Es wird liier demnach willk\u00fcrlich das erzeugt, was in Fortf\u00fchrung einer schon 1875 von Eichet zuerst ge\u00e4ufserten und sp\u00e4ter noch ausgef\u00fchrten Ansicht1 neuerlich Pierre Janet f\u00fcr hysterische und suggestible Personen \u00fcberhaupt ausgesprochen, dafs bei ihnen n\u00e4mlich dauernd eine betr\u00e4chtliche Einengung des Bewufstseinsfeldes vorhanden ist, eine deutliche Einengung der Zahl jener Ph\u00e4nomene, welche in jedem gegebenen Momente das Blickfeld des Bewufstseins ausf\u00fcllen.2 . [L\u2019automatisme psychologique, 1889, pag. 188, 190.)\nEs darf an dieser Stelle weiter darauf hingewiesen werden, dafs P. Janet [Revue philos., 1890, pag. 664) geneigt ist, in einem hochgradig eingeengten Gesichtsfelde ein physisches Korrelat zu jener Blickfeldeinschr\u00e4nkung zu sehen, weil ja gerade auch unser Fall eine derartig hochgradige Gesichtsfeldeinschr\u00e4nkung aufweist.\nBinet hat nun (Revue philos., 1889, II. pg. 470) direkt nachgewiesen, dafs die von P. Janet im allgemeinen hingestellte Thatsache gerade f\u00fcr simultane Bewegungen Hysterischer von wesentlicher Bedeutung ist. Bei der Besprechung der Befunde bei gleichzeitiger Kontraktion der H\u00e4nde in F\u00e4llen von Hemian\u00e4sthesie hebt er zuerst die Bedeutung des psychischen Faktors hervor und bemerkt (1. c. pg. 475) : \u201eCes malades sont incapables de diviser leur attention entre plusieurs objets diff\u00e9rents. Lorsqu\u2019on les invite \u00e0 faire simultan\u00e9ment plusieurs mouvements, tout F effort de leur attention se porte sur un seul mouvement... Les sujets eux-m\u00eames font l\u2019observation qu\u2019il leur est tr\u00e8s difficile de penser \u00e0 la fois \u00e0 leur deux mains quand ils serrent.\u201c\nUnd noch an zwei anderen Stellen (1. c. 482 und 484) beweist B. den Einflufs der Aufmerksamkeit auf die Bewegungen der an\u00e4sthetischen Extremit\u00e4t, indem die Herabsetzung derselben verlangsamend ein wirkt.\nObwohl nun Binet an dieser Stelle auch Duchennes perte de la conscience musculaire bespricht, kn\u00fcpft er in deren Er-\n1\tVom -mono\u00efd\u00e9isme in somnambulen Zust\u00e4nden; vergl. dazu \u00fcbrigens die gleichlautenden \u00c4ufserungen von Carpenter, Heidenhain, Beard u. a.\n2\tWilliam James {The principles of Psychology. Vol. II. 1890. pag. 600) schliefst sich diesen Anschauungen gleichfalls an.","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\n191\nkl\u00e4rung nicht an seine eben mitgeteilten Untersuchungen an, sondern kommt nur auf seine schon fr\u00fcher erw\u00e4hnten \u00c4ufse-rungen \u00fcber diese Frage zur\u00fcck. \u2014\nNachdem wir durch die vorstehend mitgeteilten Versuche festgestellt, dafs ganz ebenso wie der Ausschlufs jenes Organes, welches in den bisherigen Theorien angenommenermafsen vika-rierend f\u00fcr jede andere schon vorher fehlende sensible Kontrolle eintreten sollte, auch die verschiedensten, anders gearteten Versuchsbedingungen wirken, bei welchen von sensibler Kontrolle nicht die Rede sein kann, woraus der Schlufs zu ziehen gewesen, dafs jene \u00e4ltere Deutung der Erscheinungen nicht zutrifft, w\u00e4re jetzt eine wichtige Erscheinung zu er\u00f6rtern: n\u00e4mlich wie die Wirkung der Einschaltung eines sensorischen Kontrollorganes zu erkl\u00e4ren ist, da es eine schon den \u00e4lteren Beobachtungen zu entnehmende Thatsache, dafs unmittelbar an jenen Akt der Einschaltung eine Besserung oder vielleicht Wiederherstellung der bis dahin defekten oder fehlenden Bewegung eintritt.\nSchon in den vorher mitgeteilten Versuchen finden sich hierher geh\u00f6rige Thatsachen, denen noch die nachstehenden beigef\u00fcgt seien.\n\u00d6ffnen und Schliefsen der H\u00e4nde wird gleichm\u00e4fsig ausgef\u00fchrt, wobei Patientin die rechte Hand best\u00e4ndig fixiert ; sobald durch Heben der Arme die H\u00e4nde aus dem Gesichtskreise (Gesichtsfeldeinschr\u00e4nkung! rechts bedeutender!) kommen, h\u00f6rt die rechte Hand mit den Bewegungen auf, die linke manipuliert weiter; sobald durch Senken der Arme die rechte Hand ins Gesichtsfeld r\u00fcckt, beginnt sie sofort zu arbeiten. \u2014 Patientin wird aufgefordert, mit beiden H\u00e4nden synchron gleiche Bewegungen auszuf\u00fchren, regelm\u00e4fsiges \u00d6ffnen und Schliefsen der H\u00e4nde ; dies geschieht prompt, so lange Patientin die rechte Hand fixiert; bei Blick nach aufw\u00e4rts h\u00f6ren die Bewegungen rechts auf; das Gleiche erfolgt aber auch bei jeder anderen Bewegung, sobald die rechte Hand dabei aus dem Gesichtsfeld r\u00fcckt.\nTritt man ohne Kenntnis unseres im vorangehenden gewonnenen Standpunktes an diese Beobachtungen, so dr\u00e4ngt sich naturgem\u00e4fs in erster Linie die Deutung auf, dafs die wiedererlangte sensorische Kontrolle es ist, welche sofort die Bewegung erm\u00f6glicht ; der in den fr\u00fcher mitgeteilten Beobachtungen niedergelegte Nachweis, dafs jedes Aufh\u00f6ren sonstiger Ablenkung der Aufmerksamkeit ebenso wirkt, f\u00fchrt in \u00dcbereinstimmung","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nA. Pick.\nmit dem fr\u00fcher Festgestellten zu der Ansicht, dafs der Eintritt in das Gesichtsfeld in der Weise wirkt, dafs die fr\u00fcher anderweitig gefesselte Komponente der Aufmerksamkeit wieder auf die Ausf\u00fchrung der Bewegung hingerichtet und diese dadurch erm\u00f6glicht wird.1\n(Es darf hier darauf hingewiesen werden, dafs dem die Ansicht von M\u00fcller und Sch\u00fcmann an die Seite zu setzen ist, dafs dem optischen Bewegungsbilde durch den Anblick des betreffenden Gliedes ein kr\u00e4ftigerer Anstofs und Ansatz gegeben werden mufs.)\nW\u00e4hrend Patientin dieselben Bewegungen wie in dem vorangehenden Versuche ausf\u00fchrt, wird vor das rechte Auge ein Diaphragma geschoben ; es erfolgen noch 1 \u20142 Bewegungen der rechten Hand, dann h\u00f6ren sie auf; gleichzeitig damit r\u00fcckt der Blick von der rechten nach der linken Hand; bei der Wiederholung des Versuches derselbe Erfolg.\nDiese Beobachtung l\u00e4fst sich nach verschiedener Richtung hin diskutieren; die Thatsaehe, dafs ein Schirm, vor das rechte Auge geschoben, die Bewegungen der rechten Hand sistiert, beweist, dafs die Ansicht Binets, von der Steigerung des Impulses \u201epar l\u2019excitation de la lumi\u00e8re\u201c bei ge\u00f6ffneten Augen h\u00e4nge die M\u00f6glichkeit der Bewegungen der an\u00e4sthetischen Hand ab, nicht zutrifft, dafs es sich dabei nicht um ein Plus handelt, welches durch den Augenschlufs wegf\u00e4llt ; die Resultate der \u00fcbrigen Versuche hierher beziehend, glauben wir vielmehr, dafs es sich um eineMinuswirkung handelt, indem das Diaphragma durch die auf dasselbe hingezogene Aufmerksamkeit den f\u00fcr die Bewegung der rechten Hand entfallenden Teil der Aufmerksamkeit bis auf Hull reduziert; daf\u00fcr scheint auch die Thatsaehe zu sprechen, dafs nach Einstellung des Diaphragmas noch einige Bewegungen erfolgen, was sich leicht in der Weise erkl\u00e4ren l\u00e4fst, dafs jene Reduktion einen gewissen Zeitraum erfordert, allm\u00e4hlich erfolgt. Von besonderem Interesse erscheint weiter die Thatsaehe, dafs mit dem Aufh\u00f6ren der Bewegungen der Blick auf die linke Hand r\u00fcckt, was sich ebenso erkl\u00e4ren l\u00e4fst, dafs mit der Reduktion der auf die rechte Hand gerichteten Komponente der Aufmerksamkeit diese jetzt auf die\n1 Vergl. ferner hierher die Auseinandersetzung mit Pierre Janets Theorie auf S. 204.","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\t193\nandere \u00fcbergeht, von welcher sie durch die von derselben zum Zentrum gelangenden kin\u00e4sthetischen Empfindungen gefesselt wird.\nWird bei, den vorigen, gleichen Yersuchsbedingungen das linke Auge mit dem Diaphragma verdeckt, so tritt keine Unterbrechung der Bewegungen ein, dabei ist der Blick des rechten dauernd gespannt auf die rechte Hand gerichtet ; wird das Diaphragma vor beide Augen geschoben, bleibt die rechte Hand sofort (geschlossen) in Ruhe; eine Wiederholung des Versuches hat dasselbe Ergebnis, nur zeigt sich eine leichte Unsicherheit und Verz\u00f6gerung beim Aufh\u00f6ren der Bewegungen, die Hand bleibt halb ge\u00f6ffnet. \u2014\nDer vorliegende Versuch bietet der Erkl\u00e4rung nicht geringe Schwierigkeiten, die, wie wir glauben, ungezwungen in dieser Weise beseitigt werden; da der Blick der Kranken scharf auf die rechte Hand fixiert ist, wird das vor das linke Auge geschobene Diaphragma nicht soviel von der Aufmerksamkeit absorbieren, dafs eine Wirkung eintritt, was jedoch alsbald in voller St\u00e4rke der Fall ist, sowie auch das rechte Auge unter die Wirkung des Schirmes f\u00e4llt ; es ist, wie wenn im ersten Falle der Schirm nicht in das Blickfeld der Aufmerksamkeit, im zweiten Falle jedoch direkt in den Blickpunkt derselben zu stehen k\u00e4me. \u2014 Interessant ist auch, dafs einmal die Hand geschlossen, ein andermal halb ge\u00f6ffnet fixiert bleibt, insofern dadurch erwiesen wird, dafs dabei ein sich verschiedenartig ersch\u00f6pfender Faktor in Frage kommt. Es ist von vornherein wahrscheinlich, dafs nicht die sensible Kontrolle in Frage kommt ; der nachfolgende Versuch spricht noch mehr daf\u00fcr.\nPatientin spielt mit den Fingern der rechten Hand Klavier, dieselbe mit beiden Augen scharf fixierend; wird nun vor das rechte Auge ein Diaphragma geschoben, so werden die Bewegungen allm\u00e4hlich langsamer, mangelhafter, h\u00f6ren schliefs-lich ganz auf (der Blick der Kranken bekommt dabei einen eigent\u00fcmlich starren Ausdruck). L\u00e4fst man bei Wiederaufnahme des Versuches, w\u00e4hrend Patientin mit beiden Augen auf die rechte Hand blickt, etwas nach links fixieren, so tritt eine leichte Verlangsamung und Unregelm\u00e4fsigkeit des Klavierspiels ein; eine diesbez\u00fcgliche Frage ergiebt, dafs die Kranke dabei noch die rechte Hand sieht; bemerkenswert ist noch, dafs Patientin beim ersten Male zweimal aufgefordert werden mufs,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IV.","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nA. Pick.\nehe sie die Blickrichtung \u00e4ndert ; bei Wiederholung gelingt dies sofort.\nSchon im vorangehenden sind eigene Versuche mitgeteilt, sowie solche von Binet erw\u00e4hnt, die zeigen, dafs unter entsprechenden Versuchsbedingungen auch an der nicht an\u00e4sthetischen K\u00f6rperh\u00e4lfte Bewegungsst\u00f6rungen erzeugt werden k\u00f6nnen; zur Erg\u00e4nzung diene noch der folgende:\nAn eine etwas schwer bewegliche Kurbel gesetzt, dreht sie Patientin mit der linken Hand ziemlich rasch; mit der rechten Hand erfolgen die Drehbewegungen in Abs\u00e4tzen beil\u00e4ufig eines Halbkreises.\nWird beim Drehen der Kurbel mit der linken Hand das linke Auge geschlossen, so erfolgen die Bewegungen auch da absatzweise, \u00e4hnlich wie im letzten Versuche. Bewegt sie die Kurbel mit der rechten Hand, und es wird das linke Auge geschlossen, so erfolgen auch einige absatzweise Bewegungen, aber viel langsamer, und im Momente, wo auch das rechte Auge geschlossen wird, sistiert jede Bewegung. Ein ganz eigent\u00fcmliches Verhalten zeigen nachstehende Versuche:\nVersuche mit einer Tafel ordin\u00e4ren, gr\u00fcnlichen Glases, welche als Diaphragma zwischen Auge und Hand (n\u00e4her der letzteren) eingeschoben wird, ergeben ganz regelm\u00e4fsig eine Verschlechterung der Klavierspiel-Bewegungen, sowohl im Rhythmus, als im Tempo. Auf die Frage, ob sie die Hand nicht gut sehe, sagt Patientin : \u201eDas Glas ist ja dunkel,\u201c l\u00e4lst sich aber alsbald \u00fcberzeugen, dafs dies nicht der Fall.\nL\u00e4fst man ein andermal Patientin bei als Diaphragma ben\u00fctzter Glasplatte schreiben, so schreibt sie schlechter als normal, will es aber nicht Wort haben. Befragt, ob sie dabei schlechter sehe, sagt sie: \u201eJa wohl, aber nicht wesentlich.\u201c\nWird der Patientin eine leicht rauchgraue Brille aufgesetzt, so erfolgen die Bewegungen der rechten Hand nur \u00e4ufserst mangelhaft.\nDie vorstehenden Versuche legen es vielleicht nahe, die durch die Gl\u00e4ser bewirkte Herabsetzung der Sehsch\u00e4rfe als urs\u00e4chlichen Faktor der beobachteten St\u00f6rungen anzusehen,' aber abgesehen von dem thats\u00e4chlichen Verh\u00e4ltnis, das eine solche Deutung von der gr\u00fcnlichen Glasplatte nicht rechtfertigt, beweisen gerade die Antworten der Kranken, dafs ein psychischer Faktor die wesentliche Rolle dabei spielt; unter-","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\n195\nst\u00fctzend f\u00fcr diese Ansicht ist der nachfolgende Versuch: Vorhalten eines leeren Rahmens verursacht keine St\u00f6rung, nur in dem Momente, wo der Rahmen in das Gesichtsfeld eintritt, erfolgt eine momentane St\u00f6rung leichten Grades. \u2014 Von Interesse ist auch folgende Beobachtung :\nWird die rechte Hand mit dem R\u00fccken auf die linke kutan sensible Hand aufgelegt und man l\u00e4fst sie dann Greifbewegungen machen, so erfolgen dieselben auch nach Ver-schlufs des rechten Auges, aber langsamer und weniger ausgiebig; wird jetzt ein Diaphragma vor das Auge gebracht, so h\u00f6ren die Bewegungen, sehr rasch mangelhaft werdend, bald ganz auf.\n\u00c4hnliche Beobachtungen bez\u00fcglich der Wirkung der sensiblen Kontrolle liegen schon von fr\u00fcher her vor ; dieselbe ist eine verschiedenartige und wird darauf noch zur\u00fcckzukommen sein. \u2014\nVersuche mit Schreiben gestalten sich ganz analog den bisher beschriebenen mit anderen Bewegungen. Patientin (die, nebenbei gesagt, mit der Linken Spiegelschrift schreibt, ohne linksh\u00e4ndig zu sein) schreibt, sobald das linke Auge geschlossen wird, weiter, aber mangelhaft, werden beide Augen geschlossen, so sistiert jede Schreibbewegung. Etwas anders gestaltet sich ein zweiter Versuch: Es werden Haar- und Schattenstriche vorgeschrieben; Patientin wiederholt sie bei ge\u00f6ffneten Augen ganz gut; bei Schlufs des rechten Auges wird die Schrift schlecht, noch schlechter bei Schlufs des linken Auges; werden beiden Augen geschlossen, so h\u00f6rt sie ganz zu schreiben auf, nachdem sie noch einen kurzen, unregelm\u00e4fsigen Strich gemacht. \u2014 Den vorstehenden, meist im Laboratorium ausgef\u00fchrten Versuchen m\u00f6chte ich noch einige recht charakteristische Beobachtungen aus dem Alltagsleben der Kranken beif\u00fcgen; die selben entstammen der Beobachtung einer anderen, sehr verst\u00e4ndigen Kranken und sind nahezu w\u00f6rtlich deren Aufzeichnungen entnommen; sie haben als Best\u00e4tigung der Versuche wohl um so mehr Wert, als sie Zeugnis daf\u00fcr abgeben, dafs auch w\u00e4hrend des Alltagslebens der Kranken die gleichen Faktoren th\u00e4tig sind, die bei denVersuchen als wirksam nachgewiesen worden. \u201eThatsachen, die beweisen, dafs Patientin ihre Aufmerksamkeit zwei Verrichtungen zugleich nicht zuwenden kann und dafs sie zwei verschiedene Th\u00e4tigkeiten zu","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nA. Pick.\nein und derselben Zeit oder zusammen (die jedem normalen Menschen auszu\u00fcben leicht und bequem w\u00e4ren) nicht ausf\u00fchren kann: Wird die Kranke, w\u00e4hrenddem sie ifst, angesprochen, nur so en passant von ihren Mitpatientinnen, so h\u00f6rt sie sofort zu essen auf (dafs sie dieses aus H\u00f6flichkeitsr\u00fccksichten thut, davon kann nicht die Rede sein, da sie in den \u00e4rmlichsten Verh\u00e4ltnissen geboren und aufgewachsen ist und von derlei H\u00f6flichkeitsformen oder von dem, was Etikette verlangt, keinen Begriff hat).\nK\u00e4mmt sich die Kranke das Haar und wird dabei amgesprochen, h\u00f6rt sie mit dem K\u00e4mmen sofort auf und bleibt mit dem Kamme in der Hand stehen, spricht man mehr zu ihr und interessiert sie sich f\u00fcr das zu ihr Gesagte (wird also mehr von ihrer Aufmerksamkeit und schliefslich ihre ganze Aufmerkkeit absorbiert), so l\u00e4fst sie den Kamm zu Boden fallen. Da ich dachte, es k\u00f6nnte der Kamm zuf\u00e4lligerweise ihr entfallen sein, versuchte ich es noch einmal den n\u00e4chsten Tag; das Resultat blieb sich gleich.\nIch wiederholte es absichtlich nicht an demselben Tage, sonst h\u00e4tte die Kranke gemerkt, dafs ich sie beobachte, und das wollte ich verhindern, damit ich ganz sicher w\u00e4re, dafs sie nicht simuliere oder sich einen Spafs mache.\nWill sich die Kranke einen Brief aufsetzen, so ist ihre Aufmerksamkeit derart gefesselt, dafs sie weder sieht noch h\u00f6rt, was im Zimmer um sie herum vorgeht; sie kann angesprochen werden, man kann sie selbst in ihrem Sehkreise mit einer Nadel stechen,1 sie h\u00f6rt und f\u00fchlt es nicht. Einen ganz deutlichen und selbst f\u00fcr einen Laien bemerkbaren Unterschied merkt man, wenn sie nur kopiert, also ihre Aufmerksamkeit nicht so ganz in Anspruch genommen ist (das Briefaufsetzen f\u00e4llt ihr eben schwer, denn sie ist keine gewandte Briefstellerin), wie wenn sie sich bei dem Schreiben auch noch mit dem Denken anstrengen mufs.\nSagt man ihr, sie m\u00f6chte ein Lied (das sie sehr gut auswendig kennt und oft und gerne singt) niederschreiben, dabei aber auch die Melodie, wenn auch nur leise, mitsingen, so gelingt ihr weder das Eine noch das Andere. Sie schreibt zwar\n1 Ich stach sie in die linke Hand, also da, wo die Sensibilit\u00e4t vorhanden sein sollte, und sie f\u00fchlte doch rein nichts.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die sogenannte Cotiscience musculaire (Duchenne).\n197\ndie Worte, aber fehlerhaft, und je l\u00e4nger es dauert, d. h. je weiter sie damit kommt, desto schlechter, fehlerhafter und ungereimter nieder; zuletzt ist\u2019s grofser Unsinn; das Mitsingen gelingt ihr ganz und gar nicht. Anfangs summt sie etwas (hm, hm), das jedoch durchaus keine Melodie ist, dann bewegt sie blols die Lippen und macht absonderliche Grimassen; die Kranke behauptet, laut und gut gesungen zu haben, und will nicht glauben, dafs dem nicht so ist; dafs das Geschriebene schlecht und falsch ist, sieht sie nachher selber ein und zerreibst es. Es mufs auch noch hinzugef\u00fcgt werden, dafs sie dabei ordentlich nerv\u00f6s wurde; man konnte ganz gut bemerken, der Versuch, zugleich zu schreiben und zu singen, verursachte ihr ein unbehagliches Gef\u00fchl ; sie r\u00fcckte unruhig auf dem Sessel hin und her, zupfte sich die Stirnhaare ins Gesicht (dies that sie heftig), lachte mitunter ganz verlegen, wurde mit einmal sehr rot im Gesichte, als wie wenn ihr pl\u00f6tzlich warm geworden w\u00e4re. Tags zuvor hatte die Kranke einen heftigen Anfall, heftiger als dies seit ziemlich geraumer Zeit der Fall war, und es ist m\u00f6glich, dafs sie deshalb erregbarer war. Auch nahm der Versuch eine ungemein lange Zeit in Anspruch, und doch war das Lied nicht lang. H\u00e4lt die Kranke einen Krug in der rechten Hand, um sich Wasser einzugiefsen, und wird ihre Aufmerksamkeit in irgend einer Weise in Anspruch genommen, so l\u00e4fst sie den Krug zu Boden fallen, sie sagt aber auch : \u201eNun ja ! warum haben Sie mich angesprochen ; ich h\u00e4tte gewifs den Krug nicht fallen lassen, h\u00e4tten Sie dieses nicht ge than.\u201c Oft, wenn sie etwas in die Hand nimmt, macht sie die Anderen aufmerksam, nicht zu ihr zu sprechen, sie m\u00fcsse sonst den Gegenstand fallen lassen.\nH\u00e4kelt die Kranke ein Muster, das ihr neu ist und das ihr also Schwierigkeiten verursacht, so merkt sie gar nichts von dem, was im Zimmer vorgeht, und man mufs ganz nahe an ihrem Ohre sie rufen, um von ihr geh\u00f6rt zu werden. Ganz anders gestaltet es sich, wenn sie ein ihr bereits bekanntes Muster, welches sie oft und viel geh\u00e4kelt hat, das also ihre Aufmerksamkeit bei weitem nicht so in Anspruch nimmt, h\u00e4kelt ; da merkt sie, wenn man sie ruft, ohne dafs man die Stimme mehr als gew\u00f6hnlich erhebt, und sie weifs auch, wenn irgend eine Person das Zimmer betritt.\nEs mufs nebstdem angef\u00fchrt werden, dafs die Kranke, so","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nA. Pich.\nlange sie b lofs eine Verrichtung vornimmt, dieselbe immer gut ausf\u00fchrt, denn sie ist von Natur weder ungeschickt noch linkisch ; nur wenn sie zwei Verrichtungen zugleich oder zusammen verrichtet oder verrichten will vielmehr, werden die Bewegungen ungelenk, ungeschickt, und die Ausf\u00fchrung mifslingt ihr.\u201c \u2014\nIm Anschl\u00fcsse an die unsere eigenen Beobachtungen betreffenden epikritischen Bemerkungen h\u00e4tten wir jetzt zu untersuchen, ob auch die bisher in der Litteratur enthaltenen F\u00e4lle sich ungezwungen der hier gegebenen Erkl\u00e4rung f\u00fcgen; auf einen detaillierten Nachweis f\u00fcr alle Einzelerscheinungen jeder Beobachtung werden wir um so eher verzichten d\u00fcrfen, als sich die bejahende Beantwortung f\u00fcr viele fast von selbst ergiebt; dagegen sei es verstattet, einzelnes Wichtigere aus denselben herauszuheben, insofern sich aus einer Diskussion dieser That-sachen noch wesentliche St\u00fctzpunkte f\u00fcr unsere Ansicht ergeben werden.\nUnter Las\u00e8gues Beobachtungen fordern zuerst unser Interesse jene heraus, welche eine Differenz der Bewegungsst\u00f6rung erweisen, je nachdem die Augen geschlossen oder ge\u00f6ffnet, aber doch nicht auf den zu bewegenden K\u00f6rperteil gerichtet sind; w\u00e4hrend die Bewegungen in ersterem Falle \u00fcberall fehlen, sind sie im zweiten Falle oft wesentlich gest\u00f6rt, gelingen aber gelegentlich doch; es f\u00fcgt sich die Deutung dieser Differenz ohne weiteres unserer Hypothese, und es ist dazu gewifs bemerkenswert, dafs L. bei der Beschreibung der Thatsachen selbst die Bemerkung macht \u201ela conscience n\u2019est pas plus active,\u201c also offenbar wie auch in anderen Bemerkungen den psychischen Faktor der Erscheinung, wenn auch nicht ganz richtig, w\u00fcrdigt. Noch pr\u00e4gnanter tritt das in seinen anschliefsenden Bemerkungen hervor, in denen er die M\u00f6glichkeit der K\u00f6rperbewegungen unter einer durch diese selbst bewegten Decke bespricht; von einer sensiblen Kontrolle durch die Bewegungen der Decke kann doch wohl nicht die Rede sein, w\u00e4hrend es leicht verst\u00e4ndlich, dafs durch die Bewegungen der Decke die Aufmerksamkeit auf die jene verursachenden Bewegungen des K\u00f6rpers hin gerichtet wird.\nIn der gleichen Richtung darf sich auch die Erkl\u00e4rung der von Str\u00fcmpell (1. c. pag. 356) berichteten Beobachtung bewegen, dafs dem Auge durch ein Diaphragma entzogene Bewegungen","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\n199\nbeim Vorhalten eines Spiegels \u201eetwas m\u00fchsam und langsam\u201c erfolgen; auch hier hat der Spiegel die Rolle der Kr\u00fccke f\u00fcr die Aufmerksamkeit, die in diesem Falle durch diesen Behelf nicht so intensiv angeregt wird, wie bei direkt auf die zu bewegende Extremit\u00e4t hin gerichtetem Blicke ; besondere Be\" deutung m\u00fcssen wir auch der folgenden Beobachtung Str\u00fcmpells (1. c. pag. 356) zuerkennen. L\u00e4fst man nach Versehlufs der Augen die rechte Hand auf die linke auflegen, so dafs dieselbe also von der normal empfindenden rechten Hand betastet werden kann, so erfolgt dennoch auf die Aufforderung, den linken Arm oder die linke Hand zu bewegen, keine Bewegung. Gerade solche von anderen Autoren mit positivem Erfolge wiederholte Versuche werden von diesen als besonders beweisend f\u00fcr die Theorie von der sensorischen Kontrolle und das Vikariieren der verschiedenen sensiblen oder sensorischen Kontrollorgane angef\u00fchrt; durch die STR\u00fcMPELLsche Beobachtung wird nun erwiesen, dafs die verschiedenen F\u00e4lle sich in dieser Richtung verschieden verhalten, dafs weiter nicht die sensorische Kontrolle es ist, welche die Bewegung erm\u00f6glicht, sondern dafs die Einschaltung eines sensiblen Faktors \u00e4hnlich wie in den zuvor besprochenen Beobachtungen Las\u00e8gues und Str\u00fcmpells wirkt ; in den positiv ausgefallenen F\u00e4llen wird die Aufmerksamkeit dadurch gen\u00fcgend intensiv auf die auszuf\u00fchrende Bewegung hingelenkt, in Str\u00fcmpells Falle war die Wirkung der Einschaltung nicht gen\u00fcgend, um die Bewegung hervorzureifen. Auch unter unseren Versuchen findet sich eine hierher geh\u00f6rige Beobachtung; sie bildet gleichsam einen Ubergangsfall zwischen den bisher erw\u00e4hnten und ist daher so recht geeignet, den hier eingehaltenen Gedankengang zu st\u00fctzen.\nIn bemerkenswerter \u00dcbereinstimmung mit der in unserer Arbeit aufgestelltem Hypothese steht es auch, dafs die letzten zwei besprochenen Beobachtungen Str\u00fcmpells hinsichtlich der Intensit\u00e4t der durch Einf\u00fchrung einer sensiblen Kontrolle hervorgerufenen Wirkung eine bemerkenswerte \u00dcbereinstimmung zeigen ; in beiden F\u00e4llen sehen wir diese Wirkung hinter der m anderen F\u00e4llen wesentlich und zwar in ziemlich gleichem Verh\u00e4ltnis Zur\u00fcckbleiben, was sich sehr gut mit unserer Annahme von der mafsgebenden Bedeutung eines psychischen Faktors, der Aufmerksamkeit, vereinigen l\u00e4fst, insofern wir annehmen k\u00f6nnen, dafs Str\u00fcmpells Kranke hinsichtlich der Er-","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nA. Pick.\nregbarkeit ihrer Aufmerksamkeit hinter den Kranken der positiven F\u00e4lle betr\u00e4chtlich zur\u00fcckblieb.\nWeiter h\u00e4tten wir noch der Beobachtung Str\u00fcmpells (1. c. pg. 336) zu gedenken, dafs vereinzelt nach Augenschlufs grobe Bewegungen oder Bewegungen grofser K\u00f6rperteile als m\u00f6glich erwiesen werden. Die Kranke konnte bei verbundenen Augen jeden der beiden Arme, das linke Bein, den Kopf . . . allein f\u00fcr sich bewegen, \u201eaber innerhalb dieser noch m\u00f6glichen Abgrenzung hatte die F\u00e4higkeit der feineren Beschr\u00e4nkung der Bewegungen so gut wie ganz aufgeh\u00f6rt.\u201c Auch diese Beobachtung f\u00fcgt sich einfach unserer Hypothese, dafs der G-rad der Herabsetzung der Aufmerksamkeit dabei von allerwesentlichstem Einfl\u00fcsse sein mufs.\nSchliefslich h\u00e4tten wir der von Str\u00fcmpell selbst als \u201esehr merkw\u00fcrdig\u201c bezeichneten Beobachtung (1. c. pag. 355) zu gedenken, dafs die Patientin bei Yerschlufs des rechten ganz normal sehenden Auges, wenn sie den linken Arm bewegen soll, mit dem linken Auge, mit dem sie ganz nahe vor das Auge gehaltene Gegenst\u00e4nde noch erkennen kann, ganz nahe an den zu bewegenden Arm herunterr\u00fcckt und dann \u201efreilich etwas m\u00fchsam\u201c den Arm zu bewegen beginnt. Abgesehen davon, dafs es zur Bewegung des Armes doch keiner wesentlichen Sehsch\u00e4rfe bedarf, beweist auch die Nicht\u00fcbereinstimmung mit der zuvor gemachten Angabe bez\u00fcglich der groben Bewegungen der Arme, dafs hier nicht die sensorische Kontrolle das wesentliche, sondern das Sehen wieder wie oben als Halt f\u00fcr die Aufmerksamkeit dient, der Verschlufs des rechten Auges in der Ablenkung der Aufmerksamkeit das entscheidende Moment ist.\nIn \u00dcbereinstimmung damit steht ebenso die auch bei Str\u00fcmpell (1. c. pg. 336 ff.) berichtete Thatsache, dafs bei w\u00e4hrend einer Bewegung diktiertem Augenschlusse die Bewegung nicht sofort sistiert, sondern dies allm\u00e4hlich unter Einmischung unzweck-m\u00e4fsiger Bewegung geschieht; es ist verst\u00e4ndlich, dafs die Ausschaltung der auf die Bewegung gerichteten Komponente der Aufmerksamkeit nach dem Augenschlufs einen gewissen Zeitr\u00e4ume zu ihrer Ausschaltung bedarf und dadurch den kin\u00e4sthe-tischen Vorstellungen noch Gelegenheit gegeben ist, allerdings unter zunehmender Unsicherheit zu fungieren.\nYon Pitres\u2019 Beobachtungen interessiert uns besonders die vom Zustandekommen der rhythmischen und synergischen Be-","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\n201\nwegungen, von deren St\u00f6rung in unseren Versuchen wir wiederholt Zeuge waren ; dieser Widerspruch mufs jede andere Theorie ins Schwanken bringen ; mit den hier wiederholt ausgesprochenen Ansichten vom Einfl\u00fcsse der Aufmerksamkeit und deren Differenzen in verschiedenen F\u00e4llen l\u00f6st sich derselbe ohne weiteres; es ist auch ohne weiteres daraus verst\u00e4ndlich, dafs nicht rhythmische Bewegungen (die des Klavierspielens) leichter gest\u00f6rt werden, ebenso wie auch der scheinbare Widerspruch, in welchem die Angabe von Pitres mit anderen vom sofortigen Aufh\u00f6ren auch synergischer oder rhythmischer Bewegungen steht.\nAuf die in der Neuauflage seiner Vorlesungen hinzugef\u00fcgten fr\u00fcher erw\u00e4hnten Beobachtungen von Pitres wollen wir nicht einzeln eingehen ; sie sind nur unter Annahme eines psychischen Faktors erkl\u00e4rbar und scheinen uns teilweise direkt durch unsere Hypothese verst\u00e4ndlich.\nAls ein Seitenst\u00fcck zu den hier erw\u00e4hnten Beobachtungen von Pitres sei noch folgende eigene, bisher nicht beschriebene erw\u00e4hnt. Fragen werden von der Kranken bei geschlossenen Augen zuerst nur durch Lippenbewegungen beantwortet ; bei einem zweiten Versuche giebt sie die Antwort nur stotternd; wird nur das linke Auge verschlossen gehalten, so spricht sie besser; w\u00e4hrend dieses Versuches donnert es gerade sehr stark; nachtr\u00e4glich befragt, weifs Patientin nichts davon. Die von Binet (s. oben) f\u00fcr seine Ansicht zitierte Beobachtung von der St\u00f6rung der Bewegungen auf der nicht an\u00e4sthetischen Seite durch Augenschlufs f\u00fcgt sich ohne weiteres der von uns gegebenen Erkl\u00e4rung der Erscheinungen. Aus den Versuchen von Heyne w\u00e4re desjenigen zu gedenken, wo im Gegens\u00e4tze zu dem fr\u00fcher besprochenen von Las\u00e8gue die Bewegungen des Armes unter einer Decke nicht m\u00f6glich sind, was wohl im Sinne der dort gemachten Bemerkung gedeutet werden kann. Auf die verschiedentlich beobachtete Thatsache, dafs bei einzelnen Kranken mit Hemian\u00e4sthesie die Bewegungen auf der entsprechenden Seite nur verlangsamt, unbeholfen ausfallen, erkl\u00e4rt sich jetzt sehr leicht durch die ganz ungezwungene Annahme, dafs bei diesen Kranken der Augenschlufs nicht so sch\u00e4digend auf das Blickfeld der Aufmerksamkeit gewirkt, wie in den h\u00f6chstgradigen F\u00e4llen, die als Prototyp der perte de la conscience musculaire gedient ; wir m\u00f6chten diesem Gesichtspunkte namentlich deshalb eine besondere Tragweite","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\nA. Pick.\nzuerkennen, weil durch denselben diese letztgenannten F\u00e4lle nur als der Endpunkt einer bis zur Norm f\u00fchrenden Reihe von einheitlich erkl\u00e4rten F\u00e4llen erwiesen werden. Dafs dem in der That so ist, ergeben die Versuche, die an unserer Kranken nach den Ferien zu einer Zeit angestellt wurden, als sich ihr Zustand sowohl subjektiv wie objektiv Aufh\u00f6ren der hystero-epileptischen Anf\u00e4lle, Verminderung der Ausdehnung der linken Hemian\u00e4sthesie) wesentlich gebessert hatte.\nUm diese Zeit hatte sich der psychische Zustand der Kranken entschieden gebessert unter Fortbestand der fr\u00fcher beschriebenen somatischen St\u00f6rungen; die Versuche zeigten eine entschiedene Besserung; Sprechen und gleichzeitiges Klavierspiel zeigen nur geringe St\u00f6rung; Wiederholung des Klavierspielversuchs bei gestrecktem linken Arm zeigte gleichfalls eine wesentlich geringere St\u00f6rung als fr\u00fcher; wird w\u00e4hrend dieses Versuches ein Diaphragma vor die Augen geschoben, so persistieren die Bewegungen, wenn auch mehr gest\u00f6rt als zuvor; Klavierspielbewegungen der rechten Hand bei geschlossenen Augen erfolgen zunehmend schlechter, h\u00f6ren aber nicht wie fr\u00fcher ganz auf u. s. w.\nEndlich w\u00e4re noch einzelner Beobachtungen zu gedenken, die sich in einer ganz letztlich nach Erscheinen unserer vorl\u00e4ufigen Mitteilung ver\u00f6ffentlichten Arbeit von Berkley1 finden und die ganz im Sinne unserer Ausf\u00fchrungen zu deuten sind; der Verfasser berichtet von seinem ersten Falle: With the ordinary test of aesthesiometer tactile sensation seems to be quite abolished every-where in the hands ; yet the patient is able, though with difficulty, to find a pledget of wool placed on a cotton cloth before her, or to pick-up a glass and place it on her head . . . None of these trials succeed readily and only after a number of attempts does success come. Bandaging the eyes seems to make but little difference. Stopping the ears with cotton wool makes the ability to pick-up small objects more uncertain; it then requires larger objects and many more contacts before the object is perceived and renders the act of touching the nose nearly impossible.\n1 General cutaneous and sensory anaesthesia without marked psychical implications, 1891, pag. 444.","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\t203\nPr\u00fcfen wir von dem jetzt gewonnenen Standpunkt die Deutungen der Autoren, wie wir sie in der historischen Einleitung dargestellt, so sehen wir, wie schon bei Duchenne, aber nur ganz fl\u00fcchtig, die Stellung sich angedeutet findet, welche wir der Aufmerksamkeit bei der Erzeugung jenes Ph\u00e4nomens zugewiesen; etwas deutlicher tritt das bei Las\u00e8gue hervor, insofern die \u00c4nderung der Erscheinungen bei verschiedener Versuchsanordnung sich sehr wohl mit der durch dieselbe ver\u00e4nderten Richtung und Intensit\u00e4t der Aufmerksamkeit in verst\u00e4ndlichen Zusammenhang bringen l\u00e4fst, und in den daran anschliefsenden Er\u00f6rterungen finden sich Bemerkungen, die unzweifelhaft erweisen, wie L. den psychischen Faktor der Erscheinung im allgemeinen wenigstens gew\u00fcrdigt hat; es sei \u00fcberdies gleich hier hingewiesen auf gewisse \u00dcbereinstimmun gen seiner Er\u00f6rterungen mit solchen Exners, speziell bez\u00fcglich des Einflusses der Dunkelheit auf unsere Bewegungen, ebenso wie darauf, dafs L., andeutungsweise allerdings nur, die St\u00f6rung an den Beginn der willk\u00fcrlichen Bewegung verlegt.\nAuch bei Str\u00fcmpell finden wir, wie in der Einleitung hervorgehoben, innerhalb des Versuches rein somatischer Deutung so zu sagen eine Unterstr\u00f6mung psychologischer Theorie; bei Bastian verschwindet dieselbe wieder, und die \u00dcbereinstimmung mit der hier gewonnenen Anschauung tritt nur in zwei Punkten hervor; zuerst darin, dafs die Stelle, an welcher die St\u00f6rung einsetzt, in den Beginn der willk\u00fcrlichen Innervation verlegt wird, und weiter in der Deutung, welche die hysterischen L\u00e4hmungen erfahren ; auch P. Janet kommt von seinem Standpunkte zu der Ansicht, dafs die hysterische L\u00e4hmung auf einer Amn\u00e9sie beruhe, die auch mit folgender Ansicht Binets [Revue philosophique, 1887, I. pag. 489) \u00fcbereinkommt : \u201eLa suggestion de paralysie atteint son but en affaiblissant et m\u00eame en supprimant tout-\u00e0-fait la repr\u00e9sentation du mouvement. L\u2019image motrice \u00abtant supprim\u00e9e le courant moteur est comme tari dans sa source ce qui entra\u00eene cons\u00e9cutivement la paralysie du centre moteur.\u201c\nEs erscheint nicht wesentlich gezwungen, in den hier besprochenen Thatsachen eine nur durch den zeitlichen Verlauf von den hysterischen L\u00e4hmungen differenzierte Erscheinung zu erblicken, indem ja auch hier das Verschwinden der kin\u00e4sthe-tisehen Vorstellung aus dem Blickfelde der Aufmerksamkeit das Wesentliche ist.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\nA. Pick.\nPitres\u2019 Ausf\u00fchrungen, namentlich diejenigen, welche die zusammenfassende Ausgabe seiner Vorlesungen wiedergiebt, sind deshalb besonders bemerkenswert, weil sich in denselben so recht die Unm\u00f6glichkeit wiederspiegelt, die Erscheinung blofs aus dem zentralen Mechanismus der Bewegung und ihrer sensiblen Kontrolle zu erkl\u00e4ren, und einzelne seiner Beobachtungen direkt auf St\u00f6rungen der psychischen Seite hinweisen.\nIn den Ausf\u00fchrungen M\u00fcllers und Schumanns finden wir die psychologische S'oite wieder mehr betont, aber bei dem Pehlen entsprechender Beobachtungen entgeht ihnen das Verst\u00e4ndnis daf\u00fcr, wodurch die kin\u00e4sthetischen Vorstellungsbilder ausgeschaltet werden.\nBesonders betont finden wir jene wieder bei Exner, und ohne in das Detail der \u00dcbereinstimmung seiner Ansicht mit dem hier Gewonnenen einzugehen, mag es gen\u00fcgen, hinzuweisen auf die wesentliche Bedeutung, welche Exner der sinnlichen Aufmerksamkeit bei der Deutung der einschl\u00e4gigen Thatsachen zuerkennt.\nDie von Pierre Janet gegebene Erkl\u00e4rung, welche auf der durch Augenschlufs oder Entfernung aus dem Gesichtsfelde hervorgerufenen Unkenntnis von der momentanen Lage der zu bewegenden Extremit\u00e4t beruht, trifft f\u00fcr die zahlreichen, durch anders geartete Versuchsbedingungen hervorgerufenen Bewegungsst\u00f6rungen nicht zu; dabei soll jedoch nicht geleugnet werden, dafs dem von ihm hervorgehobenen Faktor in den einschl\u00e4gigen F\u00e4llen nicht doch eine gewisse Bedeutung zukommt. Das trifft namentlich f\u00fcr die von Str\u00fcmpell (1. c. pag. 340 ff.) mitgeteilten Beobachtungen zu, von deren ersterer, wo der Kranke sich bei geschlossenen Augen ans Ohr greifen soll, er berichtet, dafs der Kranke wiederholt mit den H\u00e4nden gegen den Kopf schlug, um, wie Str\u00fcmpell selbst erl\u00e4uternd hinzusetzt, durch sein Geh\u00f6r sich zu \u00fcberzeugen, dafs die Hand sich auch am Kopfe bef\u00e4nde ; ebenso verh\u00e4lt es sich auch mit mit der zweiten, wo der Kranke bei Schreibversuchen durch Aufklopfen mit dem Bleistifte sich Gewifsheit dar\u00fcber verschafft, dafs der Bleistift wirklich das Papier ber\u00fchrt.\nDie von Binet und F\u00e9r\u00e9 gegebene Deutung der Erscheinungen erweist sich f\u00fcr die F\u00fclle der Erscheinungen als unzureichend ; wir haben schon gelegentlich hervorgehoben, wie vielfach von einer Dynamog\u00e9nie des Lichtes resp. Ausschlufs","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"Uber die sogenannte Conscience musculaire (Duchenne).\n205\ndesselben durch Schlufs der Augen \u00fcberall nicht die Bede sein kann ; dies hier nochmals im Detail auszuf\u00fchren, w\u00e4re wohl zu weitl\u00e4ufig; als bemerkenswert m\u00f6chten wir aber doch aus den Er\u00f6rterungen hervorheben, wie auch Binet und F\u00caR\u00c9 das Schwergewicht auf den psychischen Faktor legen und nur in der Deutung des Zusammenhanges eine andere Ansicht \u00e4ufsern.\nIn der Auseinandersetzung endlich mit der von Baymond neuerlich ver\u00f6ffentlichten Theorie k\u00f6nnen wir uns gleichfalls kurz fassen ; obwohl auch er den cerebralen, gelegentlich auch den psychischen Charakter der Conscience musculaire betont, basiert er dieselbe ausschliefslich auf den Thatsachen von der substituierenden Funktion des Gesichts oder Geh\u00f6rs. Die in unseren Beobachtungen niedergelegten Thatsachen, vor allem der Nachweis, dafs die gleichen Erscheinungen, wie sie Baymond ausschliefslich bei Schlufs oder Ausschaltung der Augen oder Ohren kennt, unter ganz anderen, von sensorischer Kontrolle fernabliegenden Y er Suchsbedingungen zu st\u00e4nde kommen, zeigen, dafs diese sensible Kontrolle jedenfalls nicht die Ursache der Erscheinung ist; w\u00e4hrend Baymond seine \u00dcbereinstimmung mit der 1887 ver\u00f6ffentlichten Mitteilung von Pitres betont, m\u00fcssen auch ihn dessen seitherige, von uns eingangs mitgeteilte Beobachtungen zu der gleichen Abkehr von der rein senso-motorischen Theorie veranlassen; \u00fcberdies trifft gerade f\u00fcr Baymonds Theorie der im folgenden erw\u00e4hnte Einwand Jastro-witz\u2019 in vollem Mafse zu.\nFassen wir zum Schl\u00fcsse die Bedeutung des hier gewonnenen Standpunktes zusammen, so liegt dieselbe vor allem darin, dafs durch denselben nicht eine neue, anderen F\u00e4llen \u00fcberhaupt nicht zukommende Funktion statuiert wird, wogegen sich ein Einwand mit Becht kehrt, den Jastrowitz1 gelegentlich der Besprechung unseres Gegenstandes macht ; indem er sich auf die positiven anderen F\u00e4lle beruft, welche beweisen, dafs auch beim Fortfalle aller kin\u00e4sthetischen Empfindungen L\u00e4hmung nicht aufzutreten pflegt, und als Beispiel daf\u00fcr einen Fall von Grasset mit Sektionsbefund (Bindenl\u00e4sion) anf\u00fchrt, zweifelt er die Beweiskr\u00e4ftigkeit der an Hysterischen gemachten Beobachtungen an, resp. verwirft deren Verwertbarkeit f\u00fcr eine so wichtige naturwissenschaftliche Frage.\n1 Beitr. z. Lokalisation im Grofshirn, 1888, S. 54. Vergl. dazu auch Waller, The sense of effort in Brain, 1891, pag. 239.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nA. Pich\nGerade der hier gef\u00fchrte Nachweis von der psychischen Dignit\u00e4t der in Rede stehenden St\u00f6rung, wodurch jene Bedenken von Jastrowitz einfach beseitigt erscheinen, dient nun jenem selbst seinerseits als St\u00fctze, insofern dadurch jene F\u00e4lle allerdings als eigenartige von denjenigen mit einfachem Verlust aller kin\u00e4sthetischen Empfindungen abzutrennende erwiesen werden; allerdings liefse sich dem entgegenhalten, dafs gerade neuerlich wieder einige der unsere Erscheinung aufweisenden F\u00e4lle ausdr\u00fccklich als nicht der Hysterie zugeh\u00f6rig bezeichnet wurden; aber ohne in eine detaillierte Besprechung dieser Frage einzugehen, m\u00f6chte ich doch meiner Ansicht hier wiederholt Ausdruck geben, dafs diese Deutung nicht zutrifft, diese F\u00e4lle vielmehr alle in das Gebiet der Hysterie geh\u00f6ren.\nBedeutsam ist der hier gewonnene Standpunkt ferner dadurch, dafs durch denselben die Erscheinung der perte de la conscience musculaire als ein Glied einer ganzen Reihe anderer bisher schon bekannter Thatsachen aus der Pathologie der Hysterie nachgewiesen ist, die ihrerseits durch jene Erkl\u00e4rung wesentlich erhellt erscheinen.\nAnhang.\nEs kann fast als selbstverst\u00e4ndlich bezeichnet werden, dafs die so passende Gelegenheit zur Ausf\u00fchrung des bekannten Versuches von Str\u00fcmpell nicht verabs\u00e4umt wurde, den derselbe in der fr\u00fcher zitierten Arbeit unter der Kapitel\u00fcberschrift: \u201eDer Einflufs des Wegfalls der Empfindungen auf das Bewufst-sein\u201c beschrieben und den noch letzthin Raymond und Heyne mit positivem Erfolge wiederholt haben.\nDie eingangs dieser Arbeit mitgeteilten litterar-historischen Forschungen haben nun das, soviel ich \u00fcbersehe, bisher noch nicht bekannte Resultat ergeben, dafs Str\u00fcmpell schon einen Vorg\u00e4nger in der Ausf\u00fchrung dieses Versuches gehabt.\nLi\u00c9GEOis (1. c. pag. 7) beschreibt von seiner Kranken folgendes :\nLa malade ne noirs accuse aucun trouble de ce sens (audition), cependant voulant nous en assurer, nous pla\u00e7ons notre doigt danc l\u2019oreille gauche (c\u00f4t\u00e9 paralys\u00e9); elle nous assure quelle entend autant qu\u2019avant; puis pla\u00e7ant le doigt dans","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\t207\nl\u2019oreille droite, nous sommes toutes \u00e9tonn\u00e9 de la voir tomber sans mouvements ; nous r\u00e9p\u00e9tons cette exp\u00e9rience plusieurs fois, et toujours elle s\u2019affaisse sur elle-m\u00eame sans pouvoir prononcer une parole tant que le doigt reste dans l\u2019oreille droite. Enhardi peu \u00e0 peu, nous proposons d\u2019\u00e9tudier le ph\u00e9nom\u00e8ne plus compl\u00e8tement, et dans une premi\u00e8re exp\u00e9rience o\u00f9 je lui introduis sans qu\u2019elle s\u2019en doute le doigt dans l\u2019oreille droite, alors qu\u2019elle \u00e9tait assise, nous voyons que l\u2019intelligence est compl\u00e8tement abolie, le pouls reste le m\u00eame, les mouvements respiratoires sont notablement affaiblis, le regard est fixe immobile; si on la br\u00fble, la pince, l\u2019\u00e9lectrise, elle reste insensible \u00e0 tout ces excitants du c\u00f4t\u00e9 paralys\u00e9 comme du c\u00f4t\u00e9 non paralys\u00e9. Dans une troisi\u00e8me exp\u00e9rience, je la surprends par derri\u00e8re, introduis mon doigt dans l\u2019oreille au moment o\u00f9 elle causait avec sa voisine et ou elle pronon\u00e7ait la premi\u00e8re syllabe du mot personne et aussit\u00f4t elle s\u2019arr\u00eate apr\u00e8s avoir prononc\u00e9 la syllabe per, m\u00eame ph\u00e9nom\u00e8ne d\u2019insensibilit\u00e9, de perte intellectuelle . . .\nIn seinem zweiten Aufsatze (1. c. pag. 376) spricht L. die Ansicht aus, dafs es sich um der Hypnose \u00e4hnliche Erscheinungen handelt, und macht noch folgende Angaben aus der Selbstbeobachtung der Kranken: Quand on l\u2019interroge sur ce qu\u2019elle a \u00e9prouv\u00e9 pendant qu\u2019on lui fermait l\u2019oreille, elle dit ne se souvenir de rien, si ce n\u2019est qu\u2019il lui a sembl\u00e9 qu\u2019elle avait re\u00e7u un mauvais coup qui l\u2019a \u00e9tourdie et fait perdre connaisance; de plus, elle traduit la perte de ses facult\u00e9s intellectuelles en disant qu\u2019elle ne pense plus.\nObwohl in der vorstehenden Beobachtung die Reaktion auf den Yerschlufs der Ohren etwas anders als bei Str\u00fcmpell ausgefallen, halte ich doch meine vorher ge\u00e4ufserte Deutung von der Identit\u00e4t der Beobachtungen aufrecht. \u2014 Am 12. Januar wird zuerst an unserer Kranken der Versuch mit Yerschlufs der Augen und Ohren gemacht; derselbe gelingt prompt, indem die Kranke alsbald die unzweideutigen Zeichen des Schlafes darbietet; derselbe wurde seither vielfach wiederholt; einmal schl\u00e4ft die Kranke auch ein, nachdem blofs die Augen durch einige Zeit verschlossen gehalten wurden, und zwar im H\u00f6rsaale w\u00e4hrend des Vortrages.1\n1 Auch in dem Falle Heynes gen\u00fcgte Yerschlufs der Augen zur Erzielung des Schlafes.","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\nA. Pick.\nIn unserem Falle tritt demnach wieder in mehr dem Falle Str\u00fcmpells \u00e4hnlicher Weise der Schlaf ganz ruhig ein. Bei der Besprechung der Erscheinungen zieht Str\u00fcmpell die Frage der Hypnose, die damals noch ruhte, gar nicht in Betracht; Raymond will die hier in Rede stehende Erscheinung als etwas von der Hypnose ganz Differentes angesehen wissen; ich meinerseits m\u00f6chte die von Li\u00e9geois gegebene Deutung nicht so ganz von der Hand weisen und zuerst auf die fr\u00fcher zitierte \u00c4ulse-rung von Binet und F\u00e9r\u00e9 \u00fcber die durch Augenschlufs verursachte obnubilation de la m\u00e9moire et des fonctions intellectuelles verweisen, denen die Beobachtungen von Pitres an die Seite zu stellen sind, ferner auf die in der vorliegenden Arbeit hervorgetretenen Gesichtspunkte von der gradweisen Einengung des Blickfeldes der Aufmerksamkeit bis zum \u201eMonoideismus\u201c der Hypnose, endlich auf die in den Versuchen mit unserer Kranken wiederholt gemachte Beobachtung von dem durch dieselben bedingten Eintreten abnormer Bewufstseinszust\u00e4nde, welche Patientin in dem nachstehend mitgeteilten Briefe sehr gut beschreibt; aber auch eine von Heyne, der sich der Deutung Str\u00fcmpells anschliefst, mitgeteilte Thatsache , dient m. E. zur St\u00fctze der hier gegebenen Deutung der Erscheinung; er berichtet von seinem Kranken:\n\u201e W\u00e4hrend ich dem Kranken mit der Hand die Augen zuhielt, konnte ich ihm stark in die Ohren rufen. Wurden dann pl\u00f6tzlich die H\u00e4nde entfernt, so brachte er die Augen nicht mehr zum \u00d6ffnen.\u201c So wenig das Erstere Ausschlufs aller Sinnesempfindungen darstellt, so sehr gleicht das Letzte den Erscheinungen des hypnotischen, nicht denen des gew\u00f6hnlichen Schlafes. Ganz neuerlich ist die vorliegende Kontroverse wieder in Berlin aufgenommen worden; Goldscheider (Berl. klinische Wochenschrift, 1892, pag. 465), der eine einschl\u00e4gige Beobachtung demonstrierte, war anf\u00e4nglich geneigt, die Erscheinung als Schlaf im Gegens\u00e4tze zur Hypnose anzusehen, mufs aber dann Siemerling, der f\u00fcr letztere plaidiert, zugeben, dafs es sich nicht um die dem gew\u00f6hnlichen Schlafe gleiche Erscheinung handelt. Zu einem gleichen Schl\u00fcsse kommt auch Ballet (Progr\u00e8s med., 1892).\nEs werden durch diese Deutung auch verschiedene Beobachtungen in etwas verst\u00e4ndlicher, die wir oben (s. pag. 168) nach Pitres zitiert haben, und die in \u00e4lteren Beobachtungen","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"\u00dcber die sogenannte Conscience musculaire {Duchenne).\t209\nAnaloga besitzen; so berichtet Li\u00e9geois (1. c.) von einer Beeintr\u00e4chtigung des Schluckaktes durch Verschlufs des h\u00f6renden Ohres, Baillif [Du sommeil magn\u00e9tique dans l'hyst\u00e9rie, Th\u00e8se de Strafsbourg, 1868) von der Unm\u00f6glichkeit, die Zunge vorzustrecken und wieder zur\u00fcckzuziehen.\nIn die gleiche Kategorie geh\u00f6ren nun auch einige von uns gemachte Beobachtungen, die wir als einen vorl\u00e4ufig nicht genauer zu erkl\u00e4renden Best hier zum Schlufs mitteilen:\nBei verschlossenen Augen erfolgt auf entsprechenden Befehl das Aufblasen der Wange nur links, die rechte Wange bleibt schlatf; Aufforderung, die Zunge nach links zu biegen, erfolgt richtig, Bewegungen derselben nach rechts gehen nur bis zur Mittellinie; bei Versuchen, die Zunge nach rechts zu biegen, wird dieselbe steif; unter Kontrolle der Augen im vorgehaltenen Spiegel erfolgen die Bewegungen prompt; Wackelbewegungen des K\u00f6rpers nach der Seite der Schultern erfolgen anf\u00e4nglich gut, allm\u00e4hlich \u00e4ndern sie sich in der Weise, dafs sie nach links hin normal bleiben, nach rechts hin nur bis zur Mittellinie gehen; Vorhalten eines Spiegels hebt diese St\u00f6rung alsbald auf; Beugebewegungen im Kumpfe nach rechts und links ergeben das gleiche Verhalten; Gehen auf einer vorgezeichneten Geraden bei ge\u00f6lfneten Augen erfolgt korrekt; es wird durch Schlufs des rechten Auges etwas schwankend, dabei fixiert die Kranke scharf den Boden; zum Schlufs des Versuchs erfolgt Abweichen von der Geraden nach rechts hin und dabei jedesmaliges Anstofsen an einen rechts stehenden Sessel; wird blofs das linke Auge verschlossen, so ist die St\u00f6rung noch weit st\u00e4rker; Patientin, die den Boden scharf fixiert, st\u00f6fst an rechts und links befindliche Gegenst\u00e4nde, h\u00e4lt die Gerade nicht ein, sondern schwankt in einem Bogen nach rechts ab.\nGehen auf allen Vieren, das bei offenen Augen vollkommen gut vor sich geht, erf\u00e4hrt durch Schlufs des rechten Auges eine St\u00f6rung derart, dafs die rechtsseitigen Extremit\u00e4ten Zur\u00fcckbleiben und nachgeschleppt werden; bei geschlossenem linken Auge h\u00e4lt die Kranke inne, und nur ruckweise Bewegungen der linken Schulter lassen die Tendenz der Kranken zum Vorw\u00e4rtskommen erkennen; befragt, antwortet sie: \u201eIch krieche ja!\u201c Bei L\u00f6sung der Binde marschiert sie sofort auf allen Vieren weiter.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie IV.\n14","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nA. Pich.\nGehen nach r\u00fcckw\u00e4rts erfolgt bei offenen Augen langsam, das linke Bein macht \u00f6fters eine gr\u00f6fsere Exkursion als das rechte, so dafs dieses immer etwas zur\u00fcckbleibt; bei Yerschlufs des rechten Auges starrt die Kranke zu Boden, verliert die gerade Richtung, geht im Zickzack nach r\u00fcckw\u00e4rts, derart, dafs sie mit dem linken Beine sicher nach r\u00fcckw\u00e4rts ausschreitet, das rechte \u2014 steif gehaltene \u2014 auf den Absatzkanten nachschleift.\nBei verbundenem linken Auge wird diese St\u00f6rung zwar nicht st\u00e4rker, aber unregelm\u00e4fsig. Zu bemerken ist bei diesen Versuchen, dafs, sobald Patientin angesprochen wird \u2014 gezwungen ist, den Blick vom Boden zu erheben \u2014, sie stehen bleibt, ferner, dafs die St\u00f6rung anf\u00e4nglich nur angedeutet ist und sich zu ihrer H\u00f6he erst w\u00e4hrend des Versuches selbst erhebt.\nBrief der Kranken an den Verfasser (s. Seite 187).\n.... ich bitte um Entschuldigung, dafs ich nicht weifs, warum ich heute Morgens in das Zimmer getragen wurde ; ich war doch in der Kanzlei und Sie machten Versuche mit mir, dann wurde ich ganz benommen, .... es war mir so eigent\u00fcmlich, alles drehte sich mit mir wie wenn ich betrunken gewesen w\u00e4re, dann sah die ganze Kanzlei gr\u00fcn aus, w\u00e4hrend die W\u00e4nde doch gemalt sind, die \u00c4rzte safsen auf den Tischen, w\u00e4hrend sie sonst auf St\u00fchlen sitzen, und lachten . . . ich m\u00f6chte noch mehr schreiben, aber die Hand zittert mir sehr.","page":210}],"identifier":"lit15160","issued":"1893","language":"de","pages":"161-210","startpages":"161","title":"\u00dcber die sogenannte conscience musculaire (Duchenne)","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:59:58.003799+00:00"}