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{"created":"2022-01-31T16:59:59.487134+00:00","id":"lit15175","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schaefer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 232-233","fulltext":[{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\nLitteraturbericht.\nan einer Anzahl von 200 Individuen die Grenzwerte zu' ermitteln, innerhalb deren bei normaler Sensibilit\u00e4t die Kaumschwelle f\u00fcr dieselben K\u00f6rperregionen variieren kann. Die Untersuchungen, welche sich auf die Extremit\u00e4ten beschr\u00e4nkten, ergaben f\u00fcr die Fingerspitzen 2\u20144 mm als Grenzen normaler Schwankung, f\u00fcr die Zehenspitzen 6\u201415, Hand-und Fufsr\u00fccken 15\u201435, Vorderarm 20\u201450, Unterschenkel 25\u201450 mm. Weiter hat Verfasser zur Entscheidung der Frage nach dem Verhalten des Raumsinnes bei An\u00e4mie und Chlorose an einer Reihe geeigneter weiblicher Personen Pr\u00fcfungen angestellt und dabei im Gegensatz zu den bisherigen Untersuchungen eine Verfeinerung des Raumsinnes der Haut konstatiert.\tA. Pilzecker (G\u00f6ttingen).\nA. D. Waller. Experiments on Weight-discrimination. Proc, of the Physiol. Soc. 1892. No. 1.\nVerfasser hat seine (in Bd. 4 dieser Zeitschrift, S. 135 f. erw\u00e4hnten) Versuche \u00fcber die Unterschiedsempfindlichkeit f\u00fcr Gewichte, welche infolge willk\u00fcrlicher Erregung oder infolge elektrischer Reizung erhoben werden, in exakterer Weise wiederholt. Er findet, dafs die Unterschiedsempfindlichkeit bei willk\u00fcrlicher Erhebung der Gewichte bedeutend gr\u00f6fser (etwa 2,5 mal so grofs) ist als die Unterschiedsempfindlichkeit bei durch direkte galvanische Muskelreizung bewirkten Gewichtshebungen, dafs ferner die Unterschiedsempfindlichkeit bei galvanischer Reizung des Mediannerven noch geringer ausf\u00e4llt als bei direkter galvanischer Muskelreizung, und dafs endlich bei faradischer Reizung des Mediannerven ein noch geringerer Wert der Unterschiedsempfindlichkeit erhalten wird als bei galvanischer Reizung desselben. Das Urteil \u00fcber das Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnis von Gewichten, welche infolge elektrischer Reizung erhoben wurden, st\u00fctzte sich der Selbstbeobachtung des Verfassers nach auf die Empfindung des auf die Haut ausge\u00fcbten Druckes sowie auf die Wahrnehmung der Geschwindigkeit und des Umfanges der Gewichtshebung.\tG. E. M\u00fcller (G\u00f6ttingen).\nE. Schlegel. Das Bewufstsein. Stuttgart. Frommanns Verlag. 1891. 128 S,\nVerfasser definiert den Geist \u201eals diejenige Naturerscheinung, welche uns zu dem Schl\u00fcsse zwingt, dafs der Tr\u00e4ger derselben ein Interesse an seiner Erhaltung und Selbstbestimmung kundgebe\u201c. Die Existenz des Geistes bedeutet aber zugleich auch die des Bewufstseins, denn ohne sich seiner selbst und seiner Beziehung zur Aufsenwelt bewufst zu sein, k\u00f6nnte kein Wesen Interesse an seiner Erhaltung haben. Geist und Bewufstsein sind nicht nur Attribute des Menschen ; sie sind der ganzen Tierreihe und mit gewissen Beschr\u00e4nkungen auch der Pflanzenwelt eigent\u00fcmlich; ihrem innersten Wesen nach \u00fcberall gleich, nur verschieden an Inhalt und um so differenzierter, komplizierter, je h\u00f6her gestellt ihr Tr\u00e4ger in der Entwickelungsreihe. Verfasser erweist sich hiermit als Anh\u00e4nger einer Hypothese, welche schon mehrfach von Fachm\u00e4nnern exakt wissenschaftlich ausgearbeitet und \u00fcbrigens im Zeitalter des Dar-","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n233\nwinismus eigentlich ein psychologisches Postulat ist, wenn auch ein vielleicht f\u00fcr immer, jedenfalls zur Zeit unm\u00f6glich zu beweisendes, da unsere gegenw\u00e4rtigen Erkenntnismittel uns g\u00fcnstigstenfalles immer nur einen Reflexvorgang ergehen \u2014 d. h. zeigen, welcher sensible Reiz die beobachtete Lebens\u00e4ufserung direkt oder indirekt ausl\u00f6ste, welchen Sinnesapparat er traf, welche Bahnen er im Nervensystem oder in dessen anatomischem \u00c4quivalent auf dem Wege zum kontraktilen Gewebe durchlief \u2014 aber nichts dar\u00fcber aussagen k\u00f6nnen, ob \u00fcberhaupt psychologische Vorg\u00e4nge mit den physiologischen in Zusammenhang stehen, geschweige denn, welcher Natur sie etwa sind. Ist es daher allerdings so zu sagen dem Geschmack des Einzelnen \u00fcberlassen, wann und wo er hinter den Lebens\u00e4ufserungen organisierter Wesen Seelenvorg\u00e4nge erblicken will, so sind doch des Verfassers vermeintliche Beweise f\u00fcr das Geistesleben der Tiere zum gr\u00f6fsten Teil durchaus abzulehnen. Es heifst denn doch den Anthropomorphismus auf die Spitze treiben, wenn z. B, der Bienenk\u00f6nigin eine edle Aufopferung des eigenen Leibes zu Gunsten des Fortbestandes ihres Reiches zugeschrieben oder die Uberwallung der Pflanzenwunden als Beweis von Selbsterhaltungstrieb der Gew\u00e4chse angef\u00fchrt wird. \u2014 Im weiteren Verlauf der Untersuchung \u00e4ufsert der Verfasser die Ansicht, dafs in den niedersten Tierstufen nur Empfindung und Wille anzutreffen seien; die anderen Bewufstseinsformen: Vorstellungen, Stimmung, Verstand, Triebe, Instinkt u. s. w. zeigen sich erst sp\u00e4ter; abstraktes Denken ist ausschliefslich dem Menschen eigen. Begr\u00fcndung und Er\u00f6rterung dieser Behauptungen bewegen sich in Regionen der Abstraktion, wo von physiologischer Psychologie keine Rede sein kann, sind aber andererseits auch zu subjektiv und nicht vertieft genug, um irgend einen Fortschritt der philosophischen Psychologie zu bedeuten. Aus \u00e4hnlichen Gr\u00fcnden \u00fcbergehen wir die Kapitel \u00fcber Schlaf, Reflex, Hypnose, Pathologie des Bewufstseins. In dem Abschnitt: \u201eDer mechanische Wert der Bewufstseinserscheinungen\u201c konstruiert Sch., um der Annahme eines Parallelismus zwischen Geist und Materie zu entgehen, die Hypothese, dafs mechanische Energie direkt in \u201epsychische Energie\u201c \u00fcberzugehen verm\u00f6ge, wie man Arbeit in W\u00e4rme, in Licht, in Elektrizit\u00e4t umsetzt. Aus dem W e b f. r - F e o h x e k s c h en Gesetz leitet er ab, dafs das Bewufstsein als Summe der psychischen Energien eine starke (n\u00e4mlich logarithmische) Konzentration \u201eim Verh\u00e4ltnis zu den physikalischen Energien repr\u00e4sentiert, und dafs wir es als eine hochgespannte Form der Energie \u00fcberhaupt bezeichnen m\u00fcssen.\u201c Im zentripetalen Gebiete der Sinneswahrnehmungen werden die \u00c4therschwingungen, die Schallschwingungen u. s. w. in psychische Energie verwandelt, im zentrifugalen Gebiete der Willensregungen und Handlungen dagegen solche in mechanische Innervation. Die psychische Energie aber, welche die zentralen Bewufstseinsvorg\u00e4nge des Vorstellens, Denkens etc. darstellt, kehrt nicht in eine physikalische Form zur\u00fcck, hat kein materielles \u00c4quivalent, sondern verschwindet aus der Natur \u2014 als Ausnahme vom Prinzip der Erhaltung der Kraft \u2014 und bietet daf\u00fcr die An-\u2022kn\u00fcpfungspunkte zwischen unserer und einer anderen Welt dar.\nSchaefer (Rostock).","page":233}],"identifier":"lit15175","issued":"1893","language":"de","pages":"232-233","startpages":"232","title":"E. Schlegel: Das Bewu\u00dftsein. Stuttgart, Frommanns Verlag 1891","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:59:59.487139+00:00"}