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{"created":"2022-01-31T17:02:37.809235+00:00","id":"lit15177","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schumann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 234-236","fulltext":[{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\nLitteraturbericht.\nW. Wundt. Zur Frage des Bewufstseinsumfanges. Phil. Stud\u25a0 VII. Heft 2. S. 222\u2014231.\nDas Schlufswort Wundts in der mit dem Referenten \u00fcber die Methode der Messung des Bewufstseinsumfanges gef\u00fchrten Diskussion. Da W. in der vorliegenden Mitteilung kein erhebliches neues Material als St\u00fctze f\u00fcr seine hypothetischen Anschauungen vorbringt, glaubt Referent auch seinerseits die Diskussion schliefsen zu k\u00f6nnen. Nur sei hier noch ein Einwand angef\u00fchrt und widerlegt, welchen W. gegen die vom Referenten gemachte Annahme, dafs wir eine Gruppe successiver gleicher Schalleindr\u00fccke kurze Zeit nach der Einwirkung noch vollst\u00e4ndig reproduzieren k\u00f6nnen, erhebt. W. behauptet n\u00e4mlich, dafs diese Annahme unhaltbar sei und dafs sie \u201edem Ged\u00e4chtnis die neue merkw\u00fcrdige Eigenschaft zuschreibe, Taktschl\u00e4ge z\u00e4hlen zu k\u00f6nnen.\u201c Referent vermag diesen Einwand nicht als berechtigt anzuerkennen, da die obige Annahme nur ein Ausdruck f\u00fcr eine bekannte Thatsache ist. Zuverl\u00e4ssige Beobachter (z. E. Exneb und Mach) haben n\u00e4mlich angegeben, dafs sie sich die Glockenschl\u00e4ge einer Uhr, auch wenn sie w\u00e4hrend des Schlagens dieselben nicht beachtet h\u00e4tten, unmittelbar darauf noch vollst\u00e4ndig in die Erinnerung zur\u00fcckrufen k\u00f6nnten.\tSchumann (G\u00f6ttingen).\nA. Lehmann. Kritische und experimentelle Studien \u00fcber das Wiedererkennen. Phil. Stud. VI. Heft 2. S. 169\u2014212.\nIn einer fr\u00fcheren, zahlreiche Einw\u00e4nde herausfordernden und geringe Litteratur-Kenntnis verratenden Abhandlung (Phil. Stud. V. S. 96 ff.) hatte Verfasser sich bem\u00fcht, nachzuweisen, dafs die Annahme eines Assoziationsgesetzes der \u00c4hnlichkeit zur Erkl\u00e4rung der Erscheinungen des Wiedererkennens nicht erforderlich ist. Insbesondere hatte er geglaubt, Ergebnisse von experimentellen Untersuchungen gegen die gew\u00f6hnliche Annahme, welche das Wiedererkennen einfacher Empfindungen mit H\u00fclfe des \u00c4hnlichkeits-Gesetzes erkl\u00e4rt, ins Feld f\u00fchren zu k\u00f6nnen. Gegen diese Untersuchungen hatte dann H\u00f6ffding ( Viertel,j. f. wiss. Philos, XIV. S. 27 ff.) eine Reihe von Einw\u00e4nden erhoben, welche Verfasser in der vorliegenden Abhandlung, teilweise mit H\u00fclfe neuer experimenteller Untersuchungen, zu widerlegen sucht. Die Hauptpunkte sind die folgenden.\nEs kommt h\u00e4ufig vor, dafs uns eine Person oder ein Objekt bekannt erscheint, ohne dafs wir wissen, unter welchen Umst\u00e4nden die fr\u00fchere Wahrnehmung stattfand. Den in einem solchen Falle stattfindenden Wiedererkennungsakt hatte Verfasser in der ersten Abhandlung als eigentlichen einfachen Wiedererkennungsakt bezeichnet und er hatte angenommen, dafs die Reproduktion der n\u00e4heren Umst\u00e4nde f\u00fcr den eigentlichen Wiedererkennungsakt selbst durchaus unwesentlich sei. Dieser eigentliche Wiedererkennungsakt sollte nur bei zusammengesetzten Empfindungen m\u00f6glich sein und sich durch die Erwartungstheorie erkl\u00e4ren lassen, welche annimmt, dafs man von einem Empfindungs-Komplexe (A -j- B -j- C + . . .) zun\u00e4chst nur einen Teil, z. B. \u00c2, wahrnimmt, dals dieser die \u00fcbrigen Teile reproduziert und dafs dann durch die \u00dcbereinstimmung der reproduzierten Vorstellungen b, c, d mit den","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturberichl.\n235\ndarauf eintretenden Empfindungen J3, 0, D . . . das Wiedererkennen bedingt ist. Bei einfachen Empfindungen sollte dagegen ein eigentlicher Wiedererkennungsakt unm\u00f6glich sein und ein Wiedererkennen, abgesehen von einem speziellen, weiter unten zu besprechenden Falle, nur dadurch stattfinden k\u00f6nnen, dafs die Empfindung den Namen oder eine andere assoziierte Vorstellung reproduziere. Dies sei zwar kein \u201ewirklicher Wiedererkennungsakt\u201c, doch m\u00fcsse ein derartiges Ph\u00e4nomen auch ein Wiedererkennen genannt werden, da wir im allgemeinen eine Vorstellung als wiedererkannt betrachteten, wenn wir im st\u00e4nde seien, derselben einen bestimmten Namen zu geben. Demgegen\u00fcber hatte H\u00f6ffding erstens hervorgehoben, dafs die h\u00e4ufig vorkommenden einfachen Wiedererkennungsakte wenig zusammengesetzter Empfindungs-Komplexe, deren Bestandteile gleichzeitig im Bewufstsein auftreten, nicht durch den successiven psychologischen Prozefs der Erwartungstheorie erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnten. Zur Erkl\u00e4rung dieser F\u00e4lle hatte er seinerseits angenommen, dafs den wiedererkannten Empfindungen ein besonderes Merkmal zukomme und dafs diese \u201eBekanntheitsqualit\u00e4t\u201c das psychologische Korrelat der gr\u00f6fseren Leichtigkeit bilde, mit welcher bei der Wiederholung einer Empfindung eine \u00c4nderung in der Lagerung der betreffenden Hirnmolek\u00fcle hervorgebracht w\u00fcrde. Verfasser glaubt indessen, dafs die s\u00e4mtlichen von H\u00f6ffding angef\u00fchrten Beispiele doch durch die Erwartungstheorie erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnten. Da aber H\u00f6ffding auch eine Wiedererkennung einer einfachen Empfindung als Beispiel mit aufgef\u00fchrt hatte, so bem\u00fchte sich Verfasser, durch Versuche festzustellen, ob wir wirklich einfache Empfindungen ohne die H\u00fclfe reproduzierter Vorstellungen wiedererkennen k\u00f6nnen. Zu dem Zwecke nahm er 62 verschiedene chemische Stoffe, welche an ihrem \u00c4ufseren nicht erkannt werden konnten, liefs eine Anzahl Versuchspersonen dieselben der Beihe nach riechen und fragte sie, ob ihnen die Ger\u00fcche derselben bekannt vork\u00e4men. Zugleich gab er ihnen auf, alle sich an die Empfindungen anschliefsenden Vorstellungen sogleich niederzuschreiben. Es ergab sich, dafs in der That ein Geruch bekannt erscheinen kann, ohne dafs durch denselben irgendwelche Vorstellungen wachgerufen werden. Verfasser glaubt jedoch, auch diese Thatsache ohne H\u00fclfe der H\u00f6FFDiNGSchen Hypothese erkl\u00e4ren zu k\u00f6nnen, indem er annimmt, dafs die \u201eBekanntheitsqualit\u00e4t einer Empfindung, die nur als bekannt dasteht, ohne bestimmte Vorstellungen zu reproduzieren, auch in reproduzierten Vorstellungen zu suchen ist, die sich nur nicht \u00fcber die Schwelle des Bewufstseins erheben\u201c. Gegen H\u00f6ffdings Annahme wendet er ein, dafs das psychologische Korrelat der gr\u00f6fseren Leichtigkeit der Hirnbewegung nur ein schwacher Gef\u00fchlston sein k\u00f6nne und dafs dieser gegen\u00fcber dem starken Gef\u00fchlstone, welcher jeder Geruchsempfindung anhafte, verschwinden m\u00fcsse. \u2014 Zweitens hatte H\u00f6ffding geltend gemacht, dafs durch die Beproduktion des Namens etc. das Wiedererkennen nicht allein bedingt sein k\u00f6nne, da der Name selbst erst wiedererkannt werden m\u00fcsse. Verfasser erkennt aber diesen Einwand nicht als stichhaltig an, da nach seiner Ansicht schon der blofse Umstand, dafs \u00fcberhaupt eine Vorstellung reproduziert wird, die der reproduzierenden Vorstellung zukommende \u201eBekanntheitsqualit\u00e4t\u201c bildet.","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\nLitteraturbericht.\nIn einem speziellen Falle soll jedoch nach dem Verfasser das Wiedererkennen einer einfachen Empfindung A noch auf eine andere Weise zu st\u00e4nde kommen k\u00f6nnen, n\u00e4mlich dann, \u201ewenn man eine Empfindung A gehabt hat und nach dem Verlauf der Zeit t eine andere Empfindung x kommt, von der man entscheiden soll, oh dieselbe A gleich oder davon verschieden ist\u201c. In diesem Falle soll \u201eeine solche Sch\u00e4tzung (zufolge der Ber\u00fchrungstheorie) nicht m\u00f6glich sein, wenn nicht ein Erinnerungsbild \u00ab von A besteht,, mit welchem die gegenw\u00e4rtige Empfindung sich vergleichen l\u00e4fst.\u201c Dieses \u00ab soll jedoch nicht durch A erst reproduziert werden, sondern es soll als ein willk\u00fcrlich reproduziertes Erinnerungsbild aufzufassen sein. Mit H\u00fclfe von experimentellen Untersuchungen hatte nun Verfasser in der ersten Abhandlung eine Entscheidung zwischen dieser seiner Anschauung und der Annahme der \u00c4hnlichkeits-Hypothese, nach welcher die Empfindung A dadurch wieder erkannt wird, dafs sie Erinnerungsbilder von den fr\u00fcheren A-Empfindungen reproduziert und mit diesen verschmilzt, herbeizuf\u00fchren gesucht.. Da die Beweiskraft der erhaltenen Versuchsresultate indessen von Hoffding, und zwar mit vollem Hechte, angezweifelt wurde, so hat Verfasser neue Versuche angestellt und zwar in folgender Weise: Der Versuchsperson wurde zuerst ein Schallreiz von bestimmter Intensit\u00e4t (Normalreiz) angegeben und darauf nach einiger Zeit entweder derselbe oder ein st\u00e4rkerer oder ein schw\u00e4cherer Schallreiz, und die Versuchsperson hatte zu entscheiden, ob der zweite Reiz dem ersten gleich oder davon verschieden war. Es ergab sich, dafs, wie schon fr\u00fcher Starke, Merkel u. a. gefunden haben, eine Tendenz zur \u00dcbersch\u00e4tzung der Intensit\u00e4t des zweiten Schallreizes besteht. Verfasser betrachtet diese That-sache als einen Beweis f\u00fcr seine Anschauung, da diese Neigung bei bewufster Vergleichung der zweiten Empfindung mit dem an Intensit\u00e4t schw\u00e4cher gewordenen Erinnerungsbilde der ersten Empfindung notwendig bestehen m\u00fcsse. Zwei weitere mitgeteilte Versuchsreihen, welche den Einflufs der Gr\u00f6fse des Intervalls auf den konstanten Zeitfehler zeigen sollen, sind v\u00f6llig wertlos, da bei der einen Versuchsreihe auf jedes untersuchte Intervall nur 60 nach der Methode der r- u. /'-F\u00e4lle ausgef\u00fchrte Versuche kommen und da in der anderen Versuchsreihe f\u00fcr jedes untersuchte Intervall nur eine einzige Bestimmung der oberen und der unteren Unterschiedsschwelle mit H\u00fclfe der Methode der eben merklichen Unterschiede ausgef\u00fchrt ist.\nEine eingehende Kritik der beiden Abhandlungen des Verfassers d\u00fcrfte zu dem Resultate f\u00fchren, dafs Verfasser weder in experimenteller noch in theoretischer Beziehung sich dem behandelten Probleme gewachsen gezeigt hat.\tSchumann (G\u00f6ttingen).\nA. Binet. Les mouvements de man\u00e8ge chez les insects. Bevue philos.\n1892. No. 2. S. 113\u2014135.\nEine sichere Methode, Manegebewegungen bei Insekten zu erzeugen, ist die Zerst\u00f6rung eines der Cerebroidganglien. Vorsichtig Operierte lassen sich wochenlang am Leben erhalten. Sie haben ein f\u00fcr allemal die F\u00e4higkeit verloren, sich geradlinig fortzubewegen, beschreiben viel-","page":236}],"identifier":"lit15177","issued":"1893","language":"de","pages":"234-236","startpages":"234","title":"A. Lehmann: Kritische und experimentelle Studien \u00fcber das Wiedererkennen. Phil. Stud. VI, Heft 2, S. 169-212","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:02:37.809241+00:00"}