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{"created":"2022-01-31T16:59:41.997824+00:00","id":"lit15179","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Lewandowski, Alfred","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 237-238","fulltext":[{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericlit.\n237\nmehr stets kreisf\u00f6rmige Kurven und zwar derart, dafs die unverletzte K\u00f6rperh\u00e4lfte dem Zentrum zugekehrt ist. Man k\u00f6nnte zun\u00e4chst diese Erscheinung rein physikalisch zu erkl\u00e4ren versuchen. Es k\u00f6nnten n\u00e4mlich die Beine der einen K\u00f6rperh\u00e4lfte durch die Verletzung so viel an lokomotorischer Leistungsf\u00e4higkeit gegen\u00fcber den normal funktionierenden Extremit\u00e4ten der anderen Seite eingeb\u00fcfst haben, dafs deren \u00dcbergewicht das Tier fortw\u00e4hrend von der beabsichtigten geraden Weglinie seitw\u00e4rts abdr\u00e4ngte und so eine Kreisbewegung veranlafste, wie sie analog ein Wagen mit grofsen Kadern auf der einen und kleinen auf der anderen Seite beschreiben w\u00fcrde. Dem widerspricht jedoch zun\u00e4chst, dafs w\u00e4hrend der Manegebewegung von einer teilweisen Schw\u00e4chung der Beine oder von einem Koordinationsdefekt nichts wahrzunehmen ist. Ferner bleibt nach k\u00fcnstlicher Motilit\u00e4tsst\u00f6rung sowohl bei einem normalen Insekt die Tendenz zu geradliniger Fortbewegung wie bei einem in Manegebewegung begriffenen die Tendenz zur Kreisbewegung durchaus bestehen. Die Manegebewegung kann daher nur psychologisch oder physiologisch bedingt sein. Der ersteren Auffassung huldigt Faivre {Ann. d. sciences natnr. 1857). Er meint, das Insekt bewege sich im Kreise, weil es sich im Kreise bewegen wolle. Verfasser ist der anderen Ansicht. Offenbar mit Recht; denn Insekten, welche intensiv einem Lichtstrahl oder sonst einem bestimmten Punkte zustrebten oder zu entfliehen trachteten, zeigten unzweideutig den Kampf zwischen dem Streben, das Ziel geradlinig zu erreichen, und dem \u00fcberlegenen Zwange, die Kreistour innezuhalten. Die Manegebewegung ist also physiologischer Natur, eine echte Zwangsbewegung. Sie beruht auf einer durch die Verletzung verursachten ungleich grofsen Innervation der beiden K\u00f6rperh\u00e4lften, welche im Zusammenwirken mit den normalen koordinatorischen Assoziationsvorg\u00e4ngen eine koordinierte stetige Abweichung vom geraden Wege, d. h. eine Manegebewegung ausl\u00f6st.\nSchaefer (Rostock).\nA. Richter. Sch\u00e4delkapazit\u00e4ten und Hirnatrophie bei Geisteskranken.\nVirchows Arch. Bd. 124. S. 297\u2014333. (1891.)\nVerfasser stellte volumetrische Bestimmungen an, um das Mafs der Hirnatrophie finden zu k\u00f6nnen, welches sich bei den einzelnen Arten der Gehirnkrankheiten nach verschieden langer Dauer derselben ausbildet. Es kamen zur Untersuchung Gehirngewichte von Idioten, bei denen die Menge der Cerebralfl\u00fcssigkeit ganz aufserordentlich schwankte, ferner die Imbezillen und Epileptiker. Bei diesen ergab sich, dafs die L\u00e4nge des Bestehens der Epilepsie auf den Grad des Hirnschwundes keinen ohne weiteres nachweisbaren Einflufs aus\u00fcbt. Es folgt die Messung von Paranoikern, wo die Untersuchungsreihen ann\u00e4hernd \u00e4hnliche Verh\u00e4ltnisse ergaben. Ein durchaus anderes Bild bieten die Tabellen, die Verfasser \u00fcber die Gehirngewichte paralytischer Individuen anf\u00fchrt. Es zeigt sich n\u00e4mlich, dafs die Paralyse bez\u00fcglich des Verlaufs der Hirnatrophie eine rapid verlaufende Krankheit und zwar noch mehr bei","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\nLitteraturbericht.\nden \"Weibern, als bei den M\u00e4nnern ist. Aus der Pr\u00fcfung der Sch\u00e4del-kapazit\u00e4ten ergiebt sieb, dafs bei s\u00e4mtlichen untersuchten Geisteskrankheiten die Durchschnittskapazit\u00e4ten der M\u00e4nner gr\u00f6fser sind als die der Weiber, ferner dafs die Durchschnittskapazit\u00e4ten irrer M\u00e4nner gr\u00f6fser als die normaler, die irrer Frauen kleiner als die normaler Frauen sind. Danach erscheinen in Bezug auf die Entstehung der Geisteskrankheiten die Geschlechter nicht gleichwertig, so dafs namentlich Frauensch\u00e4del, die zu klein bleiben und M\u00e4nnersch\u00e4del, welche zu grofs werden, die gr\u00f6fsere Disposition zum Erkranken h\u00e4tten. Aus der Tabelle s\u00e4mtlicher Atrophien ergiebt sich ein betr\u00e4chtliches \u00dcberwiegen der Atrophie auf der M\u00e4nnerseite; dies hat seine Ursache nicht etwa darin, dafs das m\u00e4nnliche Geschlecht zufolge spezifischer Eigenschaften die Disposition zu intensiverer Hirnatrophie in sich tr\u00fcge, sondern sie erkl\u00e4rt sich aus der bedeuteren Gr\u00f6fse des m\u00e4nnlichen Gehirns und daraus, dafs die Gr\u00f6fse der Atrophie in direktem Verh\u00e4ltnis stehen mufs zur Gr\u00f6fse des Gehirns. Verfasser kn\u00fcpft noch neben litterarischen Bemerkungen interessante Betrachtungen an \u00fcber das Verh\u00e4ltnis der Pubert\u00e4tsentwickelung zur Entstehung von Geisteskrankheiten und weist mit Recht auf die mannigfachen intimen Beziehungen der weiblichen Geschlechtssph\u00e4re zu psychischen Affektionen hin.\nA. Lewandowski (Berlin).\nA. Richter. \u00dcber Ausg\u00fcsse von Sch\u00e4deln Geisteskranker. Virchows\nArch. Bd. 128. S. 224 ff. (1892.)\nVerfasser f\u00fchrt seine soeben besprochenen Untersuchungen in dieser Arbeit fort, indem er vermittelst eines sinnreichen Apparates Sch\u00e4delausg\u00fcsse in gr\u00f6fser Anzahl mafs. Es ergab sich, dafs die Ausg\u00fcsse von Idioten unter den m\u00e4nnlichen Krankheitsformen die geringste L\u00e4nge und Breite aufzuweisen haben. Bei weiblicher Idiotie besteht die geringste L\u00e4nge unter allen weiblichen Krankheitsformen. Verfasser nimmt Gelegenheit, eine besonders in Sektionsprotokollen h\u00e4ufig sich findende Ansicht richtig zu stellen, dafs n\u00e4mlich die Hinterhauptslappen das Kleinhirn nicht bedeckten. Nach des Verfassers Untersuchungen bedecken sie es immer. Verfasser weist ferner darauf hin, dafs man nur sehr vorsichtig von der \u00e4ufseren Form eines Sch\u00e4dels auf seine innere Gestaltung schliefsen darf;\u00bb es mildern sich offenbar auf dem Wege von der \u00e4ufseren Knochentafel zur inneren die \u00e4ufseren Abweichungen ab und das Gehirn wirkt w\u00e4hrend seiner Entwickelung im Inneren ausgleichend. Es ist im \u00fcbrigen keine Seltenheit, dafs oft die betr\u00e4chtlichsten Sch\u00e4deldeformit\u00e4ten mit vollkommener Geistesgesundheit, ja geistiger Hervorragung vergesellschaftet sind. Die Sch\u00e4deldeformit\u00e4t kann sich unter Adaption des Gehirns vollziehen, ohne es selbst erkranken zu machen.\tA. Lewandowski (Berlin).\nA. Pick. Zur Lehre von der Dyslexie. Neurolog. Centralbl. 1891. No. 5. (3 S.)\nUnter Dyslexie versteht man eine St\u00f6rung, deren Hauptcharakter in der nach voraufgegangenem korrekten Lesen eintretenden Verminde-","page":238}],"identifier":"lit15179","issued":"1893","language":"de","pages":"237-238","startpages":"237","title":"A. Richter: Sch\u00e4delkapazit\u00e4ten und Hirnatrophie bei Geisteskranken. Virchows Arch., Bd. 124, S. 297-333, 1891","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:59:41.997830+00:00"}