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{"created":"2022-01-31T17:00:32.846963+00:00","id":"lit15196","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Liepmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 392-393","fulltext":[{"file":"p0392.txt","language":"de","ocr_de":"392\nLitteraturbericht.\nwachzurufen, und zwar a) durch eine homologe Empfindung, b) durch Assoziation, c) durch Selbstbesinnung (Bastian). Er nimmt an, dafs jede Kategorie f\u00fcr sich gest\u00f6rt, und dafs a), b), c) in ungleichem Grade benachteiligt sein k\u00f6nnen. Ebenso wird die successive Assoziation leichter gest\u00f6rt sein als die simultane. Verfasser betrachtet nun die Folgen, welche St\u00f6rungen dieser einzelnen psychischen Funktionen f\u00fcr das Sprachverm\u00f6gen geben m\u00fcssen, und zeigt, dafs sich so eine grofse Mannigfaltigkeit aphasischer St\u00f6rungen erkl\u00e4ren lasse. Meist kombinieren sich diese St\u00f6rungen mit den Folgen der Leitungsunterbrechung, indem eine L\u00e4sion einerseits eine Beihe von Bahnen g\u00e4nzlich unterbricht, andererseits in den erhaltenen benachbarten Bahnen Funktionsherabsetzung bewirkt. Auf die einzelnen Ableitungen bekannter Symptomkomplexe aus Beeintr\u00e4chtigungen der seelischen Funktion \u2014 entsprechend deren besprochenem Anteil an dem normalen Sprachvollzug \u2014 kann leider im Bahmen dieses Beferates nicht eingegangen werden.\nAls prinzipiell wichtigstes Ergebnis f\u00fcr den Psychologen ist es anzusehen, dafs G. die Selbstt\u00e4uschung enth\u00fcllt hat, der man sich hingiebt, wenn man durch Deponierung von Erinnerungen in Zellkomplexen glaubt f\u00fcr das Ged\u00e4chtnis einen materiellen Apparat gewonnen zu haben, dessen grob lokalisierte Sch\u00e4digungen s\u00e4mtliche pathologische Modifikationen jenes seelischen Ph\u00e4nomens herleiten liefsen, so dafs man nun das Ged\u00e4chtnis als psychischen Faktor gewissermafsen losgeworden sei und einfach mit zerst\u00f6rten Zellen und abgebrochenen Verbindungen operieren k\u00f6nne. Dem gegen\u00fcber zeigt G., dafs zur Zeit das Ged\u00e4chtnisph\u00e4nomen als nicht weiter reduzierbarer und nicht zu entbehrender psychischer Faktor in der Betrachtung der normalen wie gest\u00f6rten Sprachleistungen seinen Platz behalten m\u00fcsse.\nMit der Hervorhebung dieses einen Punktes soll nat\u00fcrlich nicht ausgeschlossen werden, dafs der Psychologe noch sehr viel anderen Gewinn aus des Verfassers lichtvoller Arbeit werde ziehen k\u00f6nnen.\nLiepmann (Berlin).\nA. Pick. \u00dcber die sogenannte Re-Evolution (Hughlings-Jackson) nach epileptischen Anf\u00e4llen nebst Bemerkungen \u00fcber transitorische Wort-taubheit. Arch. f. Psychiatr. XXII., 3. (25 S.)\nP. giebt einen ausf\u00fchrlichen Bericht \u00fcber die Wiederherstellung der psychischen Funktionen (Be-Evolution) bei einem Epileptiker nach den Anf\u00e4llen, wie sie durch genaues Examen in einer gr\u00f6fseren Anzahl solcher ziemlich gleichm\u00e4fsig festgestellt wurde. Der Fall erinnert an einen von demselben Autor fr\u00fcher beschriebenen ( Jahrb. f. Psychatr. VIII).\nEr unterscheidet sich von der Mehrheit der beobachteten durch die starke Beteiligung sensorischer St\u00f6rungen: Worttaubheit und Gesichtsfeldeinschr\u00e4nkung.\nP. konnte, wie im fr\u00fcheren Falle, mit ziemlicher Regelm\u00e4fsigkeit die Aufeinanderfolge dreier Stadien der Worttaubheit beobachten: Zun\u00e4chst fehlte jedes Sprachverst\u00e4ndnis (von P. als v\u00f6llige Ersch\u00f6pfung von Lichtheims Klangbildzentrum gedeutet) dann wurden die Worte perzipiert und automatisch wiederholt (Echolalie), ohne begriffen zu","page":392},{"file":"p0393.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n393\nwerden (entsprechend einer funktionellen Sch\u00e4digung der Bahn zu L.s Begriffszentrum) ; im dritten Stadium endlich wurden sie nicht mehr automatisch, sondern in Frageform wiederholt, also zwar nicht begriffen, aber als Worte aufgefafst (\u201eFunktionsherabsetzung des Begriffszentrums\u201c).\nIndes zeigte sich vielmals kein stetig aufsteigender G-ang, sondern ein Schwanken, so dafs P. die Hypothese einer wellenf\u00f6rmig verlaufenden Be-Evolution in Erw\u00e4gung zieht.\nDas Zahlenverst\u00e4ndnis zeigte sich bei sonst noch vorhandener Asymbolie auffallend gut erhalten.\nDie gleichzeitig mit R\u00fcckkehr des Sprachverst\u00e4ndnisses eintretende Wiederherstellung des Gesichtsfeldes zur Norm (\u201eBe-Evolution der Funktionen des Hinterhauptslappens\u201c) belegt P. durch eine Anzahl von Gesichtsfeldaufnahmen.\nP. sieht das Hauptergebnis seiner Beobachtungen in der Sicherung der These, dafs die Be-Evolution in regelm\u00e4fsiger Weise verl\u00e4uft.\nLiepmann.\nGeorg Simmel. Einleitung in die Moralwissenschaft. Eine Kritik der ethischen Grundbegriffe. In 2 B\u00e4nden. Erster Band. Berlin, Hertz, 1892. 467 S. M. 9.\u2014.\nDie Absicht geht dahin, den h\u00f6chst komplizierten und vielseitigen Charakter der ethischen Grundbegriffe und ferner den \u201eBegriffsrealismus\u201c, mit dem man sie aus nachtr\u00e4glichen Abstraktionen zu wirkenden psychischen Kr\u00e4ften gemacht habe, aufzuzeigen; darzuthun, dafs die Unsicherheit in Sinn und Begrenzung dieser Begriffe ihre Verkn\u00fcpfung zu ganz entgegengesetzten und scheinbar gleich beweisbaren Prinzipien gestatte; endlich auf die Schichtung belastender und entlastender Momente hinzuweisen, die eine einzelne That in der Verzweigtheit ihrer psychologischen Vorbedingungen ebenso wie in der ihrer sozialen Folgen finde. \u2014 Diese Bestimmungen scheinen sich auf das ganze Werk zu beziehen, m\u00fcssen aber insgesamt auch schon in diesem ersten Bande gesucht werden. Vier Kapitel liegen-vor: I. \u201eDas Sollen\u201c ist eine Kategorie, die, zu der sachlichen Bedeutung der Vorstellung hinzutretend, ihr eine bestimmte Stelle f\u00fcr die Praxis anweist, wie sie eine solche auch durch die Begleitvorstellung des Seins, des Nichtseins, des Gewolltwerdens u. s. w. erh\u00e4lt (8); es giebt keine Definition des Sollens ; es ist ein Denkmodus wie das Futurum und das Pr\u00e4teritum, oder wie der Konjunktiv und der Optativ ; durch die Form des Imperativs hat die Sprache diesem Verhalten Ausdruck gegeben (9). Das Sollen ist unerkl\u00e4rlich, es ist immer nur aus einem anderen ableitbar, es ist mit dem Begriff des Sittlichen identisch, die Frage daher sinnlos, weshalb wir sittlich sein sollen (16). Dem praktischen Moral-bewufstsein reifst die Kette der Gr\u00fcnde noch fr\u00fcher ab; die Unerkl\u00e4rtheit tr\u00e4gt zur W\u00fcrde und psychologischen Kraft des Sollens erheblich bei (18). Verstehen k\u00f6nnten wir es nur auf Grund egoistischer Motive ; auch dies Verstehen ist aber nur ein scheinbares; w\u00e4re Altruismus die Begel, so w\u00fcrde Egoismus aus ihm erkl\u00e4rt werden oder unergr\u00fcndlich scheinen.","page":393}],"identifier":"lit15196","issued":"1893","language":"de","pages":"392-393","startpages":"392","title":"A. Pick: \u00dcber die sogenannte Re-Evolution (Hughlings-Jackson) nach epileptischen Anf\u00e4llen nebst Bemerkungen \u00fcber transistorische Worttaubheit. Arch. f. Psychiatr. XXII, 3, 25 S.","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:32.846971+00:00"}