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{"created":"2022-01-31T17:00:15.471538+00:00","id":"lit15201","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Gaupp","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 4: 415-416","fulltext":[{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\nW. Wdndt. Vorlesungen \u00fcber die Menschen- und Tierseele, Zweite umgearb. Auflage. Hamburg und Leipzig, Leopold Voss, 1892. 495 S.\nDie erste Auflage dieses Werkes war 1863 erschienen und schon lange vergriffen. In den beinahe 30 Jahren, welche inzwischen verflossen sind, hat die Psychologie eine gl\u00e4nzende Entwickelung und Umbildung erfahren, mit welcher der Name des Verfassers seihst unaufl\u00f6slich verbunden ist. Kein Wunder, dafs die Neuherausgabe des Werkes eine vollst\u00e4ndige Umarbeitung und bedeutende Erweiterung erforderte. Zugleich wurden alle die V\u00f6lkerpsychologie betreffenden Ausf\u00fchrungen der ersten Auflage fortgelassen. Das vorliegende Werk stellt sich somit als eine vollst\u00e4ndige Darstellung der Individualpsychologie des Menschen und der Tiere dar. Von den \u201eGrundz\u00fcgen der physiologischen Psychologie\", dem bekannten grofsen Lehrbuch des Verfassers, unterscheiden sich die Vorlesungen sowohl durch die gr\u00f6fsere Ber\u00fccksichtigung des tierischen Seelenlebens, als auch durch die dem Bed\u00fcrfnisse des gr\u00f6fseren Publikums angepafste Darstellung und Beschr\u00e4nkung des Mitgeteilten auf die allgemeineren Ergebnisse der Forschung.\nDas Buch wird sich in seiner neuen Gestalt in dem grofsen Kreise derjenigen, denen es in erster Linie um eine Einf\u00fchrung in die neuere Psychologie zu thun ist, gewifs sehr schnell zahlreiche Freunde erwerben.\tGoetz Martius.\nE. Pace. Das Relativit\u00e4tsprinzip in Herbert Spencers psychologischer Entwickelungslehre. Dissert. Leipzig, 1891. Auch: Philos. Studien, VII, 4. S. 487 \u2014557.\t(1892.)\nVerfasser giebt eine eingebende Kritik der SpENCERschen Erkenntnis-Theorie vom Standpunkt W. Wundts aus, der es als die einzig wahre Aufgabe der Erkenntniswissenschaft bezeichnet, \u201enicht objektive Realit\u00e4t zu schaffen aus Elementen, die selbst solche noch nicht enthalten, sondern objektive Realit\u00e4t zu bewahren, wo sie vorhanden, \u00fcber ihre Existenz zu entscheiden, wo sie dem Zweifel ausgesetzt ist.\u201c Verfasser stimmt in vielen Einzelheiten mit Spencer \u00fcberein und findet in seiner Psychologie manche Bereicherungen dieser Wissenschaft ; er verwirft aber seine Erkenntnislehre als ganzes, weil sie ihre oben charakterisierte Aufgabe verkenne, diese vielmehr irrt\u00fcmlich darin sehe, Objekt und","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"416\nLitteraturbericht.\nSubjekt einander gegen\u00fcberstellend, die Frage zu l\u00f6sen, wie es komme, dass diese miteinander irgendwie \u00fcbereinstimmen? Der vermeintlichen L\u00f6sung, welche ihm die \u201eEntwickelungsgeschichte\u201c des Geistes d\u00e4'rzu-bieten scheine, liege das Mifsverst\u00e4ndnis zu Grunde, ein logisches Problem durch eine psychologische oder sogar biologische Antwort l\u00f6sen zu wollen. Alle Erkenntnistheorien gleich der SpENCERSchen m\u00fcfsten sich in dem fruchtlosen Streben verzehren, rein subjektive Zust\u00e4nde zu einer objektiven Realit\u00e4t verdichten zu wollen. Der weitere Grundfehler der SpENCERSchen Auffassung liege darin, dafs sie zu mechanisch sei, er stelle \u00fcberall, so auch in \u201eseinem aufgekl\u00e4rten Realismus\u201c, die psychische Th\u00e4tigkeit in den Hintergrund. Er verkenne die wichtige Rolle, die der Wille, den er \u00fcberhaupt in seiner Psychologie vernachl\u00e4ssige, in der geistigen Entwickelung spiele. Den Schlufs des Aufsatzes bildet eine scharfe Kritik der Lehre \u201evom Unerkennbaren\u201c, gleich Kants \u201eDing an sich\u201c ein vergeblicher Versuch, die fundamentalen inneren Widerspr\u00fcche seiner Erkenntnistheorie zu verdecken.\nGacpp (London).\nFr. Courmont. Le cervelet et ses fonctions. Ouvrage couronn\u00e9 par VAcad\u00e9mie des Sciences. Paris, Alcan. 1891. 600 S.\nMerkw\u00fcrdigerweise erscheint auf dem litterarischen Markte, fast gleichzeitig mit der schwerwiegenden Arbeit Lucianis, eine franz\u00f6sische Waare, die dem italienischen Physiologen seine acht Jahre lang unausgesetzt fortgesetzten Experimente und Forschungen \u00fcber das Kleinhirn h\u00e4tte ersparen k\u00f6nnen. Mr. C. zerreifst den jungfr\u00e4ulichen Schleier, der das Geheimnis des Cerebellum bis jetzt verh\u00fcllt hat, mit einem k\u00fchnen Rucke. Die Duplizit\u00e4t des anatomischen Baues und der Funktion der Nervenachse giebt ihm das Schema f\u00fcr die fragliche Bedeutung der grofsen Hirnmassen, die \u00e4ufserlich einander so \u00e4hnlich seien, dafs das Kleinhirn sozusagen nur ein detachiertes Fort des Grofshirns bildet. Das vordere System der Nervenachse \u2014 Grofshirn und vorderes R\u00fcckenmark \u2014 dient der Bewegung, das hintere System \u2014 hinteres R\u00fcckenmark und Kleinhirn \u2014 der Wahrnehmung sensitiver Eindr\u00fccke, das Grofshirn der Intelligenz, das Kleinhirn dem Gem\u00fct. Damit Punktum ! \u2014 Wozu bedarf es noch weiterer m\u00fchsamer Untersuchungen, da unz\u00e4hlige Beweise daf\u00fcr in der medizinischen Litteratur vorliegen? Doch! Verfasser hat auch experimentiert, und zwar an Ratten. Die Ratte, ein anerkannt gem\u00fctvolles Tier (craintif, impressio-nable-\u00e9motif) best\u00e4tigt ihm seine These, dafs das Kleinhirn der Sitz des Gem\u00fctes ist, denn das Tier wurde nach Abtragung des Organes \u2014 apathisch. Nebenbei gesagt, ist das betreffende Kapitel das am\u00fcsanteste des ganzen 600 Seiten starken Bandes. Das Merkw\u00fcrdigste an dem Buche ist aber, abgesehen von der ungemeinen Belesenheit des Verfassers und der verbl\u00fcffenden Sicherheit, mit der er davon Gebrauch macht, \u2014 dafs die Acad\u00e9mie des Sciences daraufhin ihm den prix M\u00f6ge zuerkannt hat.\tFraenkel. .","page":416}],"identifier":"lit15201","issued":"1893","language":"de","pages":"415-416","startpages":"415","title":"E. Pace: Das Relativit\u00e4tsprinzip in Herbert Spencers psychologischer Entwicklungslehre. Dissert., Leipzig, 1891. Auch: Philos. Studien, VII, 4, S. 487-557, 1892","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:15.471544+00:00"}