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{"created":"2022-01-31T14:34:19.220376+00:00","id":"lit15229","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Wallaschek, Richard","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 6: 8-32","fulltext":[{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\nVon\nRichakd Wallaschek.\n1. Die Thatsachen der Aphasie.\nEine Untersuchung \u00fcber die Bedeutung der Aphasie in der Musik, die ich vor zwei Jahren anstellte,1 hat zu dem Resultate gef\u00fchrt, dafs zu gewissen Gruppen von Sprachst\u00f6rungen Parallelgruppen von St\u00f6rungen des musikalischen Ausdruckes zu finden sind. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dafs zwischen Schreiben und Zeichnen ein \u00e4hnlicher Unterschied besteht, wie zwischen Sprechen und Singen, der schliefslich auf die Verschiedenheit des intellektuellen vom emotionalen Ausdruck zur\u00fcckgef\u00fchrt werden kann. Wie dem auch sein mag, eine Erscheinung habe ich damals zu wenig in Betracht gezogen, diejenige n\u00e4mlich, wo trotz der so oft beobachteten Selbst\u00e4ndigkeit des musikalischen Ausdruckes doch auch gleichzeitig Sprachst\u00f6rungen Vorkommen.\nUm auf die Bedeutung dieser F\u00e4lle n\u00e4her pinzugehen, will ich die St\u00f6rungen des musikalischen Ausdruckes zun\u00e4chst wieder in die alten Gruppen zusammenfassen und durch neue klinische F\u00e4lle belegen.\nI. St\u00f6rungen des gesanglichen Ausdruckes:\na) Motorische Amusie. Hierher geh\u00f6ren die F\u00e4lle, die Oppenheim beobachtete2 (No. 15, 16, 17), auf die wir anderer interessanter Erscheinungen wegen noch zuriickommen werden.\nb. Sensorische Amusie (Tontaubheit). Es ist freilich noch fraglich, welchen Ursachen die Tontaubheit zuzuschreiben ist,\n1 Vgl. Viertelj. f. Musikwissenschaft. 7. Jahrg. Heft 1. 1891.\n5 H. Oppenheim, Verhalten der musikalischen Ausdrucksbewegungen und des musikalischen Verst\u00e4ndnisses hei Aphatischen, in Charit\u00e9-Annalen. XIII. Jahrg. 1888. S. 373.","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\n9\n0b sie daher unter diese Gruppe von Amusie geh\u00f6rt. Nach den bisherigen Beobachtungen haben wir immerhin Grund, sie hier zu belassen. Hierher geh\u00f6rt neben den bekannten seiner Zeit im \u201eMind\u201c erw\u00e4hnten F\u00e4llen wohl auch der von Lichtheim, dessen Patient immer nur schreien h\u00f6rte, wenn seine Kinder im Nebenzimmer sangen.1\nc.\tParamusie. Dieser \u00e4ufserst h\u00e4ufige Fall, der so oft als \u00dcbergangsstadium zu oder von vollkommener motorischer Amusie zu finden ist, ist auch in den von Oppenheim beobachteten F\u00e4llen erw\u00e4hnt, wo er in Verbindung mit motorischer Aphasie vorkam (No. 12).\nd.\tMusikalische Amnesie, wurde beobachtet in Verbindung mit motorischer Aphasie, w\u00e4hrend das Verstehen des Gesprochenen und das Verm\u00f6gen, zu schreiben, erhalten war.2 Die Kranke stimmte in die Lieder der Mitpatientinnen ein, jedoch ohne allein zu singen und ohne den Text auszusprechen. Ein anderer Patient konnte jede neue Melodie nachsingen, \u00e4ltere ihm bekannte wiedersingen, wenn man seiner Erinnerung zu H\u00fclfe kam, konnte aber nie selbst darauf kommen.3 Oft sehen die k\u00fcnftigen Patienten, durch kleine Vorboten aufgeschreckt, den Zustand lange vor seinem Eintritt voraus, wobei ihnen der Blick in die traurige Zukunft noch durch entsetzliches Angstgef\u00fchl verd\u00fcstert wird, pl\u00f6tzlich alles zu vergessen und so des besten Teiles der Geisteskr\u00e4fte beraubt zu sein. So hat der von den Bayreuth-Auff\u00fchrungen her ber\u00fchmte S\u00e4nger Emil Scaria in der letzten Zeit seines Wiener Engagements den Direktor der Oper in nicht geringes Erstaunen versetzt, als er ihn schluchzend bat, man m\u00f6ge ausnahmsweise die Verf\u00fcgung treffen und ihm jemand auf die B\u00fchne mitgeben, der ihm seinen Part stets einfl\u00fcstern k\u00f6nne, wenn Scaria selbst ihn vergessen sollte. Der gew\u00f6hnliche Souffleur gen\u00fcgte nicht mehr. Mit wachsender Besorgnis sah seine Umgebung diesen Zustand sich verschlimmern, aber erst zwei Jahre nachher merkte man w\u00e4hrend einer Tannh\u00e4user-Auff\u00fchrung, dafs an ein weiteres Auftreten Scarias nicht mehr zu denken sei. Die mir vorliegenden, allerdings nicht fachm\u00e4nnischen\n1\tLichtheim, \u00dcber Aphasie, in Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 36. 1885.\n2\tOppenheim, 1. c. S. 354 (No. 3).\n3\tOppenheim, 1. c. XVII. S. 9.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nRichard Wallaschek.\nBerichte erw\u00e4hnen nichts von Aphasie, wohl aber allgemeine Erinnerungsst\u00f6rungen. So behauptete Scaria, er m\u00fcsse in Bayreuth auf Wunsch Bismarcks die Regie f\u00fchren. Er hatte seit dem Tode Wagners thats\u00e4chlich die Regie gef\u00fchrt und war bei anderen Gelegenheiten auch ein beliebter Gast im Hause Bismarcks gewesen, aber die Kombination beider That-sachen war seine eigene Erfindung. Ein andermal bestellte er in einem Wiener Laden einen Pelz f\u00fcr den Sommer, der im Innern mit Gl\u00fchlicht beleuchtet sein m\u00fcsse. Das alles deutet auf Geistesst\u00f6rung. Eigentliche Sprachst\u00f6rungen aber werden nicht erw\u00e4hnt.\nDer Tenorist Barr\u00e9 der Pariser komischen Oper wurde w\u00e4hrend der Vorstellung pl\u00f6tzlich von vollkommener musikalischer Amnesie, motorischer, sensorischer Amusie befallen (Musik samt Text). Brazier, der diesenPall erw\u00e4hnt, sagt weiter: \u201eRentr\u00e9 dans sa loge, il percevait fort bien le langage ordinaire et r\u00e9pondait \u00e0 ce qu\u2019on lui disait.\u201c Nach einigen Monaten erholte er sich wieder und konnte seine Rollen wieder aufnehmen. Dem Pianisten Prudent begegnete ein \u00e4hnliches Ausfallen des musikalischen Ged\u00e4chtnisses w\u00e4hrend des Vortrages seiner eigenen Komposition, \u201eson oeuvre, \u00e0 ce moment-l\u00e0, n\u2019\u00e9tait plus pour lui qu\u2019un bruit incoh\u00e9rent; en m\u00eame temps, impuissance absolue, compl\u00e8te d\u2019ex\u00e9cution, m\u00eame \u00e0 la lecture.\u201c Er begab sich dann zu seiner Erholung ins Ausland, erholte sich auch wirklich wieder, \u201emais joua toujours, depuis cet accident, avec la partition sous les yeux.\u201c Auch bei diesem Falle heifst es: \u201eII ne se produisit pas, en cette circonstance, de sympt\u00f4mes congestifs, ni d\u2019aphasie\u201c.1 Ein ganz selbst\u00e4ndiges Ausfallen des musikalischen Ged\u00e4chtnisses kommt also vor, ohne Verbindung mit Aphasie, obgleich das bis auf die j\u00fcngste Zeit noch bezweifelt wurde.2\nII. Musikalische Agraphie. Patient, der die F\u00e4higkeit, zu schreiben, verloren hat, kann auch die F\u00e4higkeit, Musiknoten niederzuschreiben, verlieren, obgleich das durchaus keine notwendige Folge ist, denn die F\u00e4higkeit, Musik niederzuschreiben, bleibt in solchen F\u00e4llen auch erhalten. So schrieb ein Patient\n1 Dr. Brazier, Trouble des facult\u00e9s musicales dans l\u2019Aphasie, in Rev. phil. tom. XXXIV. Octobre 1892. pag. 357.\n* Fraxkl-Hochwart, \u00dcber den Verlust des musikalischen Ausdrucksverm\u00f6gens, in Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkunde. 1891. 1. Bd. S. 295.","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\n11\nOppenheims die Note\t\u2014[*\u00bb-\u2014, konnte aber den Buchstaben h\nnicht schreiben.1 Da aber die meisten Menschen auch im normalen Zustande Musik gar nicht oder nur fehlerhaft schreiben k\u00f6nnen, so sind \u00e4hnliche F\u00e4lle verh\u00e4ltnism\u00e4fsig selten beobachtet. Das Notenverst\u00e4ndnis kann sogar selbst\u00e4ndig verloren gehen, wie Ballet von einem musikalischen Professor berichtet, der von pl\u00f6tzlich eintretender Notenblindheit \u00fcberrascht wurde.2\nMusikalische Paragraphic zu konstatieren, ist wohl von vornherein schwierig, da beim Niederschreiben der Musik auch im normalen Zustande nicht selten Fehler unterlaufen. Auch amnestische Agraphie (musikalische) ist mir aus klinischen F\u00e4llen nicht bekannt.\nIII.\tMusikalische Alexie und Paralexie ist ebenfalls selten beobachtet. Aufser dem das letzte Mal erw\u00e4hnten Falle Finkelnburgs ist mir kein weiteres Beispiel bekannt geworden.\nIV.\tMusikalische Amimie und Paramimie. Charcot berichtet von einem Posaunenbl\u00e4ser, \u201equi avait perdu le souvenir des mouvements associ\u00e9s de la bouche et de la main n\u00e9cessaires au jeu de l\u2019instrument. Toutes les autres m\u00e9moires motrices \u00e9taient intactes.3 Ein Patient Oppenheims konnte Violine nur mehr fehlerhaft auswendig spielen, und das nicht lange; mit Zuhilfenahme der Noten spielte er weitaus richtiger.4\nUm Mifsverst\u00e4ndnissen vorzubeugen, mufs ich ausdr\u00fccklich erw\u00e4hnen, dafs die ganze von mir befolgte Einteilung nicht den Zweck hat, als solche etwas zu erkl\u00e4ren, sie beansprucht durchaus nicht den Wert eines wissenschaftlichen \u201eSystems\u201c, sie ist lediglich gew\u00e4hlt, um die gleichen F\u00e4lle in Gruppen zusammenzufassen und dadurch das Material \u00fcbersichtlicher zu gestalten. Sollte jemand eine andere einfachere Einteilung finden, die diesen Zweck besser verfolgt, so werde ich ihm mit Vergn\u00fcgen folgen. Ich erw\u00e4hne dies, weil dieser Einteilung in meiner fr\u00fcheren Arbeit von Dr. Brazier bereits der Vorwurf gemacht wurde, \u201ed\u2019avoir multipli\u00e9 plus que des\n1\tOppenheim, 1. c. XVII.\n2\tOppenheim, S. 349.\n3\tOppenheim, S. 349.\n4\tOppenheim, 1. c. XVII.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nRichard Wallaschek.\nraisons les formes morbides . . . Parmi ces types, il en est plusieurs d\u2019absolument hypoth\u00e9tiques dont l\u2019auteur ne fournit aucun exemple clinique; d\u2019autres sont inutiles (paramusie, paralexie, paramimie) en tant qu\u2019esp\u00e8ces et rentrant dans des types plus g\u00e9n\u00e9raux.\u201c1 Der Beleg durch klinische Beispiele ist nun wohl vollst\u00e4ndig erbracht, die Zusammenstellung in bestimmte Arten von Gruppen ist wohl Sache der Auffassung.\nEine Thatsache jedoch, die im folgenden einer weiteren Er\u00f6rterung bedarf, ist die, dafs bei Sprachst\u00f6rungen der musikalische Ausdruck nicht immer erhalten bleibt, sondern vielmehr unter Umst\u00e4nden denselben Einfl\u00fcssen mit unterliegt. Vor Besprechung dieser Erscheinungen und ihrer Bedeutung f\u00fcr die Musikpsychologie wollen wir zun\u00e4chst den Thatsachen-bestand in einigen Beispielen skizzieren.\nFrankl-Hochwart beobachtete in f\u00fcnf F\u00e4llen, wo die Sprache verloren war, auch einen Defekt der musikalischen Leistungen.2 Dasselbe berichtet Oppenheim in den von ihm erw\u00e4hnten F\u00e4llen 12\u201417. Wenn die Patienten aber das Verm\u00f6gen zu singen behalten, so kommt es vor, dafs manche den Text dabei mitsprechen, andere auch ihn nicht mehr sprechen k\u00f6nnen. So hat ein aphatisches Kind die ihm aus fr\u00fcherer Zeit bekannten Melodien gesungen, aber ohne Begleitung des Textes.3 Ein anderer Patient summte die Melodie eines ihm bekannten Liedes, wenn ihm der Text vorgesagt wurde,4 5 ohne aber diesen selbst sprechen zu k\u00f6nnen. Vielleicht hat dazu der Umstand beigetragen, dafs er die Lippenbewegungen nicht mehr vollst\u00e4ndig beherrschen konnte. Wenn man ihm sagte, er solle pfeifen, so blies er statt dessen Licht aus, oder machte eine Bewegung wie beim K\u00fcssen. Ein Patient Frankls, der an rechtsseitiger Hemiplegie, Agraphie und Alexie litt, und dessen Sprachschatz sich auf rwie wie io toa beschr\u00e4nkte, sang dennoch immer noch die ersten Takte eines einzigen Liedes, aber ohne Text.0\nNoch auffallender sind diejenigen F\u00e4lle, wo die Patienten die wenigen Lieder und Texte, die sie noch gerettet haben, untereinander zu verwechseln beginnen. So sang ein Patient\n1\tBrazier, Revue phil. tom. XXXIV. 1892, S. 345.\n2\tFrankl-Hochwart, 1. c.. S. 283.\n3\tOppenheim, 1. c. S. 358.\n4\tJbid S. 359.\n5\tFrankl, 1. c. S. 287.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\t13\nOppenheims das Lied : \u201eIch hatt' einen Kameraden\u201c, mit der Melodie :\nXm tiefen Kellerund sp\u00e4ter nur die Melodie. Das Melodienverst\u00e4ndnis war erhalten, sprach man aber nur die Textworte, so wufste er nichts damit anzufangen. (Fall VI.) Eine Patientin sang das Lied \u201eFreut euch des Lebens\u201c richtig; als sie dann \u201ejHeil Dir im Siegerkranz11 singen sollte, begann sie mit richtigem Texte, aber mit irriger Melodie. Das Lied: \u201eHolde Abendsonne\u201c wurde textlich und melodisch richtig wiedergegeben, nicht aber der Text allein. (Fall IX.)\nDafs sich die Melodie mit dem vorgesagten Text associiert, ist ja auch im normalen Zustande nichts Merkw\u00fcrdiges. Wichtiger d\u00fcrfte der Umstand sein, dafs diese Association auch auf rein mechanischem Wege erfolgt. Nicht nur das Geh\u00f6rsorgan, auch das Auge kennt diese mechanische Association. Oppenheim erz\u00e4hlt von einem Patienten, der weder Gedrucktes noch Geschriebenes lesen konnte, einen ihm vorgelegten bekannten Liedertext aber so weit auffafste, dafs er, ohne den Text zu verstehen und eigentlich lesen zu k\u00f6nnen, doch die dazu geh\u00f6rige Meledie sang, also rein mechanisch ausl\u00f6ste.1\nDer Sohn eines hiesigen Komponisten und Dirigenten sang schon im Alter von 11 Monaten (also lange bevor er sprechen konnte) die Anf\u00e4nge bekannter, im Hause oft geh\u00f6rter Lieder selbst\u00e4ndig nach. Um diese Zeit war hier ein Lied in aller Munde, dessen Text lautete: rhush, hush, hush, here comes the bogey manS Der Knabe hat dies Lied zu wiederholten Malen geh\u00f6rt; sagte man ihm dann die ersten Worte des Textes gesprochen vor, so fing er sofort an, das Wort leidlich zu singen und selbst die ersten drei Worte auszusprechen. Ohne Gesang jedoch sprach er \u00fcberhaupt noch nicht, und man mufs wohl annehmen, dafs er mit 11 Monaten auch den Sinn der Worte nicht verstand, die man zu ihm sprach. Der blofse Geh\u00f6rseindruck des Wortes allein hat also bei ihm rein reflektorisch die Musik ausgel\u00f6st, wie der Gesichtseindruck d\u00e9s bekannten Liedertextes bei dem oben erw\u00e4hnten Patienten Oppenheims. Ein eigentliches Verst\u00e4ndnis ist in beiden F\u00e4llen ausgeschlossen. Der Fall ist zugleich einer der vielen Beweise, dafs die Entstehung des musikalischen Ausdruckes eines viel einfacheren psychologischen Apparates bedarf, als die der Sprache.\n1 Oppenheim, 1. c. S. 361.","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nRichard WallascheJc.\n2. Die Musikvorstellnng.\nZur Erkl\u00e4rung dieser F\u00e4lle und W\u00fcrdigung ihrer psychologischen Tragweite hat man im grofsen und ganzen die Wahl zwischen drei Typen von Theorien. Entweder man schliefst sich\n1.\tder Lokalisationstheorie an (Hitzig). Sie erkl\u00e4rt am einfachsten die verwickeltsten Komplikationen der Aphasie, aber ihr Thatsachenmaterial ist in neuerer Zeit so viel bestritten worden, dafs ein positives Resultat bisher wenigstens noch nicht zu erzielen war. Selbst das Experiment hat in diese Zweifel nicht die erw\u00fcnschte Klarheit gebracht, denn die erfolgreichen Gegenexperimente haben die Theorie nur noch mehr verdunkelt.\n2.\tMan trennt den intellektuellen vom emotionalen Ausdruck analog den beiden Gehirnhemisph\u00e4ren und den von ihnen ausgehenden Nervenbahnen (Gowers), wobei als Regel (nicht ohne Ausnahme) festgehalten wird, dafs der intellektuelle Ausdruck von der linken, der emotionale von der rechten Hemisph\u00e4re ausgeht.1\n3.\tMan l\u00f6st den ganzen Ausdrucksprozefs in alle seine Bestandteile auf, wobei sich herausstellt, dafs jede einzelne Vorstellung so innig und so vielfach mit anderen Vorstellungen, Bewegungen, Gef\u00fchlen verbunden ist, dafs durch deren Analyse eine ganze Reihe von Ausdrucksst\u00f6rungen eine befriedigende Erkl\u00e4rung findet. Diese von Charcot angebahnte Lehre hat nun auch in Deutschland der Anschauung Bahn gebrochen, die Aphasie nicht durch Centren, sondern als Associationsst\u00f6rung zu erkl\u00e4ren, als Defekt in den Leitungsbahnen.\nNat\u00fcrlich sind diese drei Typen weder die einzigen, noch schliefsen sie einander v\u00f6llig aus, aber auf diese Hauptklassen glaube ich der \u00dcbersicht halber die zahlreichen Theorien zur\u00fcckf\u00fchren zu k\u00f6nnen.\n1 Leider hat auch diese Theorie schon zu \u00dcbertreibungen Anlafs gegeben. So berichtet Lombroso von einem an Gr\u00f6fsenwahn leidenden Patienten (fr\u00fcher syphilitisch), der in der Aufregung die sch\u00f6nsten Arien sang und dabei zugleich zwei voneinander und von der Arie unabh\u00e4ngige Themen auf dem Klavier improvisierte. Lombroso schliefst : \u201eDies best\u00e4tigt Luys\u2019 Beobachtung von der unabh\u00e4ngigen Aktion der Gehirnhemisph\u00e4ren\u201c (Man of Genius, S. 206). Danach m\u00fcfste der Mensch drei Hemisph\u00e4ren haben.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\n15\nDie letztere Klasse ist es nun, die in der Musik \u2014 der associativen psychischen Th\u00e4tigkeit par excellence \u2014 am meisten zu weiteren Bemerkungen Anlafs giebt.\nBekanntlich wies Ribot darauf hin, dafs jede Vorstellung je nach der psychischen Beschaffenheit des Individuums, entweder ein G-esichtsbild, oder Klangbild oder ein Bewegungsbild (artikulatorisch oder graphisch) mit enth\u00e4lt, und dafs in der Regel eines oder das andere so weit \u00fcberragt, dafs sich die Menschen hernach in entsprechende Typen einteilen lassen.1 So stellt sich einer bei dem Worte \u201ejustice\u201c einen Gerichtssaal vor mit Richtern, ein anderer sieht das Wort gedruckt, der dritte begn\u00fcgt sich mit dem Klangbild etc. Eine \u00e4hnliche Erscheinung wird sich nun auch auf musikalischem Gebiete beobachten lassen. Zum Teil ist dies bereits geschehen. Ich erinnere an die Theorie Strickers, nach welcher unsere Musikvorstellung notwendigerweise mit Bewegungen der Larynx verbunden sei, nach welcher wir auch H\u00f6he, Tiefe und Distanz der T\u00f6ne absch\u00e4tzen. In diesem Umfange ist die Lehre von Stumpf mit Recht bek\u00e4mpft worden,2 und Sticker gab denn auch neuerdings zu, dafs manche Personen bei der Musikvorstellung weder den Kehlkopf noch die Lippen bewegen, und dafs bei ihnen wahrscheinlich eine Innervation des Tensor tympani stattfinde.3 Dieser Ansicht schlofs sich auch Frankl-Hochwart an, der erkl\u00e4rte, dafs in jenen F\u00e4llen von Aphasie, wo die Sprache mit unserem musikalischen Ausdrucksverm\u00f6gen verloren gehe, beide auf \u201eidentischen oder nahe benachbarten Centren beruhen\u201c, w\u00e4hrend in den F\u00e4llen, wo die Musik sich trotz Verlusts der Sprache erh\u00e4lt, jene mit \u201eOhrvorstellungen\u201c von Tensor tympani aus Zusammenh\u00e4nge.4 Der nicht ganz gl\u00fcckliche Ausdruck \u201eOhrvorstellungen\u201c w\u00fcrde den F\u00e4llen entsprechen, die Ribot bei der Sprache als \u201etype auditif\u201c bezeichnet und jenen Personen zukommt, die sich mit dem Klangbilde als solchen begn\u00fcgen, w\u00e4hrend die F\u00e4lle von \u201enahe benachbarten Centren (?) von Musik (?) und Sprache\u201c Ribqts\n1\tRibot, \u201eEnqu\u00eate sur les id\u00e9es g\u00e9n\u00e9rales\u201c in Bev. phil. Octb, 1891, tom. 32, S. 376.\n2\tYgl. dar\u00fcber die Bemerkungen in meinem Artikel: \u201eDas musikalische Ged\u00e4chtnis; Viertel), f. Musikw. 1892, Heft 2, S. 247 ff.\n3\tStricker, Du langage etc. Paris 1885; Chap. XXII, S. 177.\n4\tFraxkl-Hochwart, 1. c. S. 297.","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nBichard Wallaschek.\n\u201eType musculaire ou moteur\u201c (moteurs verbaux) entsprechen w\u00fcrden.\nEs entsteht nun zun\u00e4chst die Frage, inwieweit wir annehmen k\u00f6nnen, dafs unsere Musikvorstellungen mit Bewegungen des Tensor tympani Zusammenh\u00e4ngen. Ein Beweis daf\u00fcr ist bisher nicht erbracht. Fkankl erw\u00e4hnt zwar, dafs G-oltz durch Experimente am Hunde fand, dafs Schalleindr\u00fccke von Bewegungen des Tensor tympani begleitet waren. Allein das hat mit unserer Frage nichts zu thun, denn nicht um Schalleindr\u00fccke handelt es sich, sondern um Musik, und zwar Musikvorstellungen. Pollak, der dar\u00fcber umfassende Experimente anstellte,1 hat diesen Unterschied auch gef\u00fchlt; er stellt daher ausdr\u00fccklich fest, dafs die Bewegung des Tensor nicht direkt durch Schallwellen oder Ersch\u00fctterung des Paukenfells, sondern vom Centralnervensystem aus erfolgte. Der Tensor reagierte nur dann, wenn der H\u00f6rnervenapparat intakt war.2 Diese Thatsache scheint mir aber erst recht zu beweisen, dafs die Reaktion des Tensor eine Begleiterscheinung, aber nicht das Substrat des Eindrucks war, dies umsomehr, als sie auch stattfand, wenn die Vokale a, e, i, o, u gesprochen wurden.3 \u00dcber das Substrat der Musikvorstellung sagt also der Versuch nichts aus, zumal er rein reflektorisch (also subkortikal) verlief und die Musikvorstellung ein kortikaler Vorgang ist. Pollak wirft selbst die Frage auf, ob der Versuch nicht blofs den reflektorischen Akt nachweise, weist sie aber mit dem Einwand ab, dafs manche Menschen den Tensor willk\u00fcrlich innervieren k\u00f6nnen,4 woraus er zu schliefsen scheint, dafs der Innervation der \u00dcbergang vom Reflex zur Willk\u00fcr vorausgegangen sein mufs. Ich glaube, wir sind zu diesem Schlufs nicht berechtigt, da das Experiment keinen Aufschlufs dar\u00fcber giebt, ob diese willk\u00fcrliche Innervation bei der Musikvorstellung stattfinden mufs ; \u00fcber Musikvorstellung sagt das Experiment (beimHunde!) \u00fcberhaupt nichts aus, nicht einmal \u00fcber Tonvorstellung, sondern nur den unmittelbaren Toneindruck. Auch der Hinweis -auf\n1\tDr. Josef Pollak, \u00dcber die Funktion des Musculus tensor tympani in Medicinische Jahrb\u00fccher, herausg. v. d. Gesellschaft der \u00c4rzte, Wien, 1886. (Neue Folge, 1. Jahrg., der ganzen Keihe 82. Jahrg.) S. 555.\n2\t1. c., S. 568.\n3\t1. c., S. 569.\n4\t1. c., S. 570.","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die MmiJcvorstelhing.\n17\nMach, der viel richtiger als Stricker sagte, dafs die Muskel -th\u00e4tigkeit sich an die Vorstellung kn\u00fcpfe, nicht ihr Substrat sei, ist kein weiterer Beweis. Was Mach selbst feststellte, ist ohne Zweifel richtig: dafs die Binnenmuskel des Ohres zum H\u00f6ren ebenso n\u00f6tig seien, wie die Accomodationsmuskel des Auges beim Sehen. Aber darf man diese Thatsache ohne weiteres f\u00fcr die Musikvorstellung verwenden, sind die Accomodations-muskel f\u00fcr Gesichtsvorstellungen n\u00f6tig? Ohne weiteresist dieser Sprung wohl nicht zu machen, und das Experiment hat die Frage nach wie vor offen gelassen.\nNoch weniger l\u00e4fst sich durch die blofse Selbstbeobachtung entscheiden, die im Falle der Larynxbewegung doch einige Anhaltspunkte gab, somit h\u00e4ngt die Hypothese vorl\u00e4ufig noch v\u00f6llig in der Luft, und ich f\u00fcrchte, sie wird auch hier bald fallen, wie wir im folgenden noch sehen werden.\nVor allem erkl\u00e4rt die blofse Annahme, dafs eben in manchen F\u00e4llen die Musik mit der Sprache zusammenh\u00e4ngt, in anderen nicht, nicht alle Komplikationen der Aphasie. Ich erinnere an einen Fall, den Oppenheim erw\u00e4hnt (15): der Patient (motorische Aphasie) kann nicht nachsingen, giebt auch nicht zu verstehen, dafs er Verst\u00e4ndnis f\u00fcr Melodien hat, w\u00e4hrend er fr\u00fcher singen konnte. Man k\u00f6nnte also sagen, dafs die Musikvorstellungen an der Sprache hafteten und beide zugleich verloren gingen. Nun hat aber der Patient trotz motorischer Aphasie ihm bekannte Gedichte aufgesagt, wenn ihm nur der Anfang angeregt wurde. Ich glaube, dafs zur Erkl\u00e4rung dieses Falles die Associationstheorie einer Erweiterung bedarf, die mir in der Hinzuziehung der Theorie Gowers von der Verschiedenheit des emotionalen und intellektuellen Ausdruckes zu liegen scheint. Da eine empirische Entscheidung solcher F\u00e4lle bisher nicht m\u00f6glich war, so glaube ich mir die nachfolgende psychologische Bemerkung erlauben zu d\u00fcrfen, und frage : Ist es nicht m\u00f6glich, der Musik blofs ein intellektuelles Interesse abzugewinnen? ist es nicht m\u00f6glich, den Harmoniefolgen und der Stimmf\u00fchrung rein theoretisch zu folgen und sie als eine Geistesspielerei zu betrachten, als ein Spiel leerer Formen, an denen nichts erfreut und erw\u00e4rmt, als die Erf\u00fcllung gewisser mathematischer Hegeln? Gewifs ist das nicht ein k\u00fcnstlerischer Vorgang, gewifs w\u00e4re man damit in der Entwickelung der Musik nicht weit gekommen (wie das Beispiel der Chinesen beweist), wenn nicht andere\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\t2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nBichard Wallasch\u00e9k.\nderen Ausbau vom emotionalen Standpunkte aus fortgef\u00fchrt h\u00e4tten; ich glaube schliefslich auch nicht, dafs diese intellektuelle Auffassung die Eegel oder selbst h\u00e4ufige Ausnahme ist, aber \u2014 es kann Vorkommen. Ist das nun einmal der Fall, dann verbindet sich Musik leicht mit jedem anderen intellektuellen Gedankenausdruck und dadurch auch indirekt mit unserer Sprache, mit der sie dann auch im Falle von Sprachst\u00f6rungen in Mitleidenschaft gezogen wird. Trotz dieser St\u00f6rung des Gedankenausdrucks kann, wie bekannt, der emotionale und automatische Ausdruck erhalten bleiben, und zu diesem letzteren geh\u00f6rt das Hersagen eines auswendig gelernten Gedichtes. Schon Gowers1 hat seiner Zeit darauf aufmerksam gemacht, dafs der emotionale Charakter der Musik (der schon seiner Natur nach st\u00e4rker ist, als jeder andere intellektuelle) zur Folge hat, dafs der Text nicht als Gedankenausdruck, sondern rein mechanisch mitgesprochen wird und deshalb erhalten bleiben kann, wenn die selbst\u00e4ndige Gedankensprache l\u00e4ngst verloren gegangen ist. Dies ist allerdings der Anzahl der klinischen F\u00e4lle nach der h\u00e4ufigere Fall, wobei wir von jenen F\u00e4llen absehen, wo wegen der Gr\u00f6fse der Erkrankung \u00fcberhaupt kein vokaler Ausdruck mehr m\u00f6glich ist. Trotzdem ist es psychologisch nicht undenkbar, dafs bei bestimmten Personen der emotionale Anteil an der Musik (nicht der emotionale Charakter \u00fcberhaupt) so gering ist, dafs die ganze Musikleistung lediglich intellektuell ist und als solche mit jeder Form dieses Ausdruckes steht und f\u00e4llt.\nIch finde mich zu dieser Erkl\u00e4rung deshalb veranlafst, weil mir die Theorie, dafs unsere Musikvorstellung an der Innervation des Tensor tympani h\u00e4nge, zu eng und zu weit erscheint.\nZu weit, weil ich mich nicht entschliefsen kann, der \u201eMuskelmythologie\u201c in allen Phasen zu folgen. Es mag ja sein, dafs bei unserer Musikvorstellung gelegentlich auch ein oder der andere Muskel mit in Bewegung gesetzt wird, doch ist das durchaus nicht immer der Fall; noch weniger kann man sagen, dafs dies geradezu das einzige Substrat unserer Musikvorstellung w\u00e4re. Ist es denn durchaus unm\u00f6glich, dafs dieses Substrat kortikale Vorg\u00e4nge sind, die experimentell zu beobachten uns\n1 Gowers, Lectures on the Diagnosis of Diseases of the Brain. London 1885, S. 122.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\n19\nnicht gelingt, und dafs etwaige Muskelbewegungen erst eine m\u00f6gliche (aber durchaus nicht notwendige) Folge davon sind? Als ich mir seiner Zeit die Frage vorlegte, ob ich bei meiner Musikvorstellung die Larynx mitbewege oder nicht, kam ich zu dem Schl\u00fcsse, dafs bei mir beides m\u00f6glich ist. Beobachte ich das vor dem Einschlafen, so merke ich genau, dafs mich die Musikvorstellung mit Larynxbewegung am Einschlafen hindert, w\u00e4hrend die rein intellektuelle, ich m\u00f6chte sagen kortikale Art des Vorstellens das Einschlafen bef\u00f6rdert. Vom Tensor tympani aber kann ich mir weder aus dem Bewufstsein heraus, noch durch das Experiment eine Rechenschaft geben. Wenn, wie Ribot gezeigt hat, selbst Worte ohne Artikulation und Musikinnervation vorgestellt werden k\u00f6nnen, so wird das bei der Muskelvorstellung noch in viel h\u00f6herem Grade m\u00f6glich sein.\nIch bezeichnete oben die Theorie vom Tensor tympani als zu eng. Wenn wir n\u00e4mlich schon Muskelinnervationen zur Musikvorstellung mit heranziehen, dann kommen noch ganz andere Muskel in Betracht als blofs der Tensor tympani. Geradeso wie die Wortvorstellung, so ist auch die Musikvor-stellung nicht eine einfache, sondern eine zusammengesetzte Gr\u00f6fse, d. h. wir k\u00f6nnen auch hier willk\u00fcrlich oder, unwillk\u00fcrlich weitere Vorg\u00e4nge unseres Organismus associieren, die f\u00fcr sich allein direkt mit der Musikvorstellung nichts zu thun haben. Dieser associative Faktor ist in der Musik noch viel bedeutender als beim Wort, da das Wort als Verst\u00e4ndigungsmittel unsere Geistesth\u00e4tigkeit bestimmt und begrenzt, w\u00e4hrend Musik begeistert, also die geistige Th\u00e4tigkeit erweitert. Meine bisherigen Beobachtungen, angeregt durch Ribots obenerw\u00e4hnte Abhandlung, haben mich dazu gef\u00fchrt, auch in der Musik die beobachtenden Personen nach gewissen Typen einzuteilen, je nachdem sie ihre Musikvorstellung mit anderen Vorstellungen zu associieren pflegen.\n1. Es giebt Personen, die Musik unwillk\u00fcrlich in Verbindung mit Gesichtsbildern vorstellen, eine Art type visuel in der Musik. Am deutlichsten wurde mir das k\u00fcrzlich von einer Dame auseinandergesetzt, die jene Association in so hohem Grade zu besitzen scheint, dafs ihre Erz\u00e4hlung in mehr als einer Beziehung interessant ist. Ich bemerke, dafs ich jene Dame nicht eigens auf ein Experiment vorbereitete, sondern\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nRichard Wallaschek.\ndal's umgekehrt ihr ganz zuf\u00e4lliges Gest\u00e4ndnis mich erst auf die Bedeutung dieser Erscheinung gebracht hat. Der Fall ist folgender : Ich spielte auf dem Klavier den Anfang (ca. 90 Takte) von Saint-Sa\u00ebns \u201eDanse macabre\u201c, den die Dame vorher nicht kannte, sie wufste \u00fcberhaupt nicht, was ich spielen werde. Als ich beendigt hatte, sagte sie, es sei merkw\u00fcrdig, dafs sie sich, so oft sie Musik h\u00f6re, sofort bestimmte Landschaften vorstelle, die analog dem Verlauf der Musik sich \u00e4ndern, entwickeln. Diesmal sah sie zun\u00e4chst eine Wasserfl\u00e4che, \u00fcber der sich dann auf einem Felsen ein beleuchtetes Schlofs erhob, auf dessen Balkon eine Dame heraustrat, die der von ferne erklingenden Tanzmusik lauschte. Als ich nach einigen Wochen zuf\u00e4llig wieder dieselbe Komposition zu spielen begann, sah sie zun\u00e4chst das Meer vom Mond beleuchtet und am Ufer eine Anzahl Fischer, die ein Feuer anz\u00fcndeten und darum tanzten. Jetzt erst erkannte sie, dafs sie die Komposition schon einmal geh\u00f6rt habe, und das brachte ihr wieder das zuerst genannte Bild in Erinnerung. Ich bemerke, dafs Saint-Sa\u00ebns selbst zu dieser Komposition durch Zichys Bild \u201eDer Totentanz\u201c angeregt wurde, das mit dem Bilde jener Dame nichts anderes gemein hat, als den Tanz, der ja der stereotypen musikalischen Form wegen nicht, zu verfehlen war. Bei Schuberts \u201ePhantasie\u201c, op. 15, 2. Satz (mit der Melodie seines Liedes \u201eDer Wanderer\u201c), sah sie sich in die N\u00e4he der Kathedrale ihrer Heimat (York) versetzt, zu der sie aus einer dunklen Seitenstrafse hervorkam; um die Ecke biegend, sah sie pl\u00f6tzlich das helle hohe Fenster derselben vor sich stehen.1 \u2014 Der Einflufs der tiefen vollen Mollaccorde im Anfang jener Komposition und des pl\u00f6tzlichen hellen e-dur, ist in jenem Bilde unverkennbar. In \u00e4hnlicher Weise verbindet sie die Aufl\u00f6sung der Dissonanzen in Griegs \u201eBerceuse\u201c (Neue lyrische St\u00fccke, op. 38) mit einem Lichteffekt, dem Heraustreten der Sonne aus den Wolken, w\u00e4hrend sie vorher das Gef\u00fchl hatte, dafs \u00fcber dem Obstgarten, den sie sah, ein kalter, unangenehmer Wind wehe.\nIch brauche kaum zu sagen, dafs diese Eigenschaft durchaus nicht eine allgemeine ist. Ich selbst verbinde Musik gern mit\n1 Der Text zu jener Melodie lautet im Liede: \u201eDie Sonne d\u00fcnkt mich hier so kalt, die Bl\u00fcte welk, das Leben alt, und was sie reden, leerer Schall: ich bin ein Fremdling \u00fcberall.\u201c","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie j\u00fcr die Musikvorstellung.\n21\nLandschaftsbildern, die mich in der Kegel tiefer in eine bestimmte Stimmung versetzen, aber ich bin daran durchaus nicht gebunden; auch entstehen sie selten ganz unwillk\u00fcrlich.\nNoch viel weitgehender ist der Fall jener Dame, die Gesichtsbilder nicht nur in der Phantasie mit Musik associiert, sondern weifse Figuren thats\u00e4chlich vor sich sah, sobald Instrumente zu spielen begannen. (N\u00e4heres in meinen Ausf\u00fchrungen Musikalisches Ged\u00e4chtnis 1. c., S. 237.) Dies ist jedoch ebenso wie die Verbindung der Musik mit Farben eine Eigent\u00fcmlichkeit unseres Nervensystems, die sich physiologisch erkl\u00e4ren, wenn nicht nachweisen l\u00e4fst, was bei den Verbindungen der fr\u00fcheren Klasse nicht der Fall ist. Eine \u00dcbergangsform zu diesem bisher einzig dastehenden Fall bildet ein Beispiel Fechners:\n\u201eNach einer Mitteilung von Z\u00f6llner verbindet Dubois in Berlin mit gewissen T\u00f6nen oder Ger\u00e4uschen sehr bestimmt die Vorstellung gewisser Figuren, z. B. mit langen getragenen T\u00f6nen die Vorstellung langer Cylinder, mit der des Donners die eines Haufens sich kugelig w\u00f6lbender Figuren, mit der von scharfen T\u00f6nen die eines f\u00fcnfspitzigen Sterns u. s. w.\u201c1 Allerdings handelt es sich in diesem Beispiel blofs um die Vorstellung gewisser Formen, w\u00e4hrend im ersten Beispiele die Figuren wirklich gesehen wurden, doch liegen vielleicht beiden F\u00e4llen nur verschiedene Grade derselben Ursache zu Grunde.\nDie rein subjektive Bedeutung dieser Association ist hier ebenso deutlich wie bei der Verbindung der T\u00f6ne mit Farben. Und doch ist auch hier seit der Erfindung des Farbenklaviers bis auf die j\u00fcngste Zeit die Lehre verbreitet worden, dafs gewisse T\u00f6ne geradezu gewisse Farben bedeuten.\n2. Eine andere Klasse von Personen verbindet Musik stets mit Bewegungsvorstellungen oder wirklichen Bewegungen (Types musculaires moteurs). Diese Bewegungen selbst k\u00f6nnen nun verschiedener Art sein, wie denn \u00fcberhaupt diese Klasse die reichhaltigste ist, die wir kennen. Die vorgestellten oder selbst ausgef\u00fchrten Bewegungen sind nun entweder\na) solche, die sonst beim Spielen von Instrumenten Vorkommen. Insbesondere die Phrasen der mehr hervorstechenden Klangfarben des Orchesters werden vom Musiker kaum anders\nFechnek, Vorschule der \u00c4sthetik I. S. 177.","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nRichard Wallasch\u00e9k.\nvorgestellt, als mit anscliwellenden Backen, gespannten Lippen oder trippelnden Fingern. Dafs solche Bewegungen die entschwundene Erinnerung an gewisse Melodien dem Ged\u00e4chtnis wieder zur\u00fcckrufen k\u00f6nnen, ist bekannt. Ich weifs aus eigener Erfahrung, dafs ich manche St\u00fccke ganz gut auswendig spielen kann, wenn auch die blofse Vorstellung derselben stellenweise mangelhaft ist ;\nb) eine andere Bewegung, die beim Anh\u00f6ren oder der blofsen Vorstellung der Musik sehr h\u00e4ufig ausgel\u00f6st wird, ist das Markieren von Takt und Rhythmus; auch dies kann auf die verschiedenste Art geschehen. Die einfachste Art ist jedenfalls das taktm\u00e4fsige Fufsstampfen in allen Nuancen, vom plumpen Aufhauen bis zum leisen Zucken der Zehen. Es ist eine unerl\u00e4fsliche Begleiterscheinung der Musik fast aller Naturv\u00f6lker und begegnet dem civilisierten europ\u00e4ischen Landmann ebensoleicht wie dem elegantesten Klavier- und Violinspieler im H\u00f6hepunkt seines Eifers. Auch die rhythmische oder taktm\u00e4fsige Bewegung der Kinnbacken ist mir oft eine Begleiterscheinung der Musikvorstellung, ja selbst, wenn ich alle Muskelbewegungen zu unterdr\u00fccken mich bem\u00fchte, ist es mir noch geschehen, dafs ich wenigstens im Takt zu atmen anfing, wobei St\u00e4rke und Schw\u00e4che der Atmung den Nuancen des vorgestellten Tonst\u00fcckes verh\u00e4ltuism\u00e4fsig entsprachen.\nNoch deutlicher pr\u00e4gt sich jener Typus aus bei solchen Personen, die Musik nur nach dem Grade sch\u00e4tzen, in welchem sie eine geeignete Begleiterin des Tanzes ist. Es handelt sich dabei nicht blofs um den Tanz als zuf\u00e4llige Begleitung der Musik oder umgekehrt, sondern um die Thatsache, dafs eine ganze Reihe von Personen Musik gar nicht verstehen, wenn sie nicht Gelegenheit haben, sie von ihrem Wert f\u00fcr den Tanz aus zu beurteilen. Ich will hier nur darauf hinweisen, dafs f\u00fcr zahlreiche St\u00e4mme der Naturv\u00f6lker die Musik nur Tanzmusik ist. Schon Lombroso hat den Tanz eine Reflexbewegung der Musik genannt; im Wiener Volksleben sagt man heute noch von einer ansprechenden Musik, sie gehe \u201ein die F\u00fcfse\u201c. Kann diese Association nicht stattfinden, dann ist in vielen F\u00e4llen ein eigentliches Verst\u00e4ndnis des Tonst\u00fcckes und somit seine Vorstellung auch unm\u00f6glich.\nAuf den Fidschi-Inseln kennen die Eingeborenen eine innige Association zwischen Tanz und Poesie, und stellen","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\n23\ndie letztere immer in Form eines Tanzes vor,1 in welcher Form sie auch von Poesie tr\u00e4umen. Die innige Verbindung von Tanz, Musik und Poesie mag dazu beigetragen haben, doch erw\u00e4hnt Williams Musik nicht ausdr\u00fccklich, obgleich er von \u201esong\u201c und \u201ecomposition\u201c spricht, die aber, wie aus dem Zusammenhang zu ersehen, nur im Sinne von poetischem Gesang und Gedicht zu verstehen sind. Bei den Asaba-St\u00e4mmen am Niger wird die Musik geradezu in Form eines Tanzes erfunden. Der Komponist lauscht seinen Gesang den Waldfeen ab, zugleich mit den Schritten des Tanzes.2 Weitere zahlreiche Beispiele von dem innigen Zusammenhang von Tanz und Musik, in Darstellung, wie in der Vorstellung, sind bei Naturv\u00f6lkern ungemein zahlreich und bilden \u00fcberhaupt die reichhaltigste und h\u00e4ufigste Association.3\nc) Eine weitere sehr wichtige Klasse bilden jene Personen, die Musik stets mit entsprechender Aktion vorstellen und demgem\u00e4fs auch darstellen. Sie bilden vielleicht ein Seitenst\u00fcck zu jenen Leuten, die agierend sprechen und demgem\u00e4fs auch Worte mit Aktion vorstellen. So kannte ich einen Herrn mit h\u00fcbscher Tenorstimme, der, wenn aufgefordert, zu singen, sich aus dem Gesichtskreis der G\u00e4ste in ein Nebenzimmer, oder, wenn im Freien, hinter ein Geb\u00fcsch begab, um dort ungest\u00f6rt und ungesehen sein Lied erschallen zu lassen. Beobachtete man ihn dann, ohne dafs er es wufste, so sah man ihn die eine Hand am Herzen haltend, die andere hoch erhoben in best\u00e4ndiger Aktion, entsprechend dem Charakter der Musik, singen. Lombroso erz\u00e4hlt von einem paralytischen, wahnsinnigen Patienten, der sich durch einen Sturz aus dem Fenster das Schl\u00fcsselbein brach und jede Bandage ganz nutzlos machte, da er tagelang Motive aus dem Troubadour mit sehr hoher Stimme sang und mit unvermittelten rhythmischen Bewegungen des Beckens begleitete.4\nNicht selten werden dann diese Bewegungen im Laufe des Tonst\u00fccks zu einer vollst\u00e4ndigen dramatischen Aktion (Handlung). Dem Komponisten dramatischer Musik begegnen solche Asso-\n1\tTh. Williams, Fiji and the Fijians, London 1870, S. 97.\n2\tCapt. Day, Appendix in Mocklf.r-Ferrymaxx: Up the Niger, London 1892, S. 274.\n3\tVgl. mein \u201ePrimitive Music\u201c, London 1893, Cliap. I. u. VII.\n4\tLombroso, Man of Genius, S. 206 u. 207.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nRichard Wallaschek.\nciationen bei jeder Gelegenheit. Wenn von Beethoven behauptet wird, dafs der sehr charakteristische Anfang seiner Coriolan-Ouverture das entschiedene mutige Auftreten Coriolans anrege (oder wie gesagt wird \u201ebedeute\u201c), so beruht das offenbar auf einer Association mit Aktion. Diese kann dem Komponisten so lebhaft werden, dafs sich ihm die rein musikalische Erfindung zu einer Art Drama gestaltet, dessen Darstellung schliefslich die Oberhand gewinnt, wie das schon in Beethovens Pastoral-Symphonie, noch deutlicher aber in seiner 9. Symphonie erkennbar ist, wo er schliefslich thats\u00e4chlich einen Darstellungsapparat teilweise zu H\u00fclfe nimmt. An \u00e4hnlichen Beispielen aus der Musikgeschichte w\u00e4re gar kein Ende; ich mufs aber doch bemerken, dafs ich nicht jene F\u00e4lle im Auge habe, wo der Komponist sich von vornherein vornimmt, eine Handlung in allen Teilen musikalisch zu illustrieren, sondern wo eine solche aus seiner musikalischen Darstellung spontan heraus erw\u00e4chst. Ich brauche kaum zu erw\u00e4hnen, wie innig und lebhaft die Musikvorstellung bei Richard Wagner mit dramatischer Aktion verbunden war, so dafs f\u00fcr ihn das ganze musikalische Drama ein einheitlicher, organisch zu einem Ganzen verbundener Ausdruck wurde. So eifrig auch der Streit war, der sich um und \u00fcber ihn erhob, soviel man dabei glaubte, das eigent\u00fcmliche Wesen der Dinge selbst, der Kunst als solcher zu besprechen, es l\u00e4uft alles auf die eigent\u00fcmliche psychische Organisation des K\u00fcnstlers heraus, die man verstehen mufs, um ihn zu begreifen, und um sich und anderen m\u00fcfsigen Streit zu ersparen.\nd. Eine weitere Gruppe bilden diejenigen Personen, die Musik nur im Zusammenhang mit Worten vorstellen k\u00f6nnen, wobei es Vorkommen kann, dafs auch die entsprechenden Artikulationsbewegungen mit vorgestellt werden. Die weitere Folge ist, dafs Gesangsmusik der Instrumentalmusik vorgezogen wird. Derartig vorgestellte Kompositionen verraten ganz deutlich, dafs die Musik gewissermafsen am Worte h\u00e4ngt, dafs der Melodienbau vollst\u00e4ndig von der Struktur und dem nat\u00fcrlichen Rhythmus der Worte abh\u00e4ngig ist, an dem auch nicht die geringste \u00c4nderung vorgenommen wird, w\u00e4hrend sonst gew\u00f6hnlich das umgekehrte der Fall ist. Bei Personen, die so vorstellen, wird mit einer St\u00f6rung der Sprache auch eine solche der Musik verbunden sein. Es mufs jedoch bemerkt","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstettung.\n25\nwerden, dais von dieser Gruppe jene F\u00e4lle noch zu unterscheiden sind, in denen uns allen, ob wir nun zu diesem Typus geh\u00f6ren oder nicht, die Trennung des Wortes von der Melodie in einem bekannten Liede schwer wird.\nBodehstedt erz\u00e4hlt in seiner \u201eTausend und Ein Tag im Orient\u201c :1 \u201eIch liefs des Morgens ein paar Haupts\u00e4nger zu mir kommen, um mir einige von den Liedern, welche mich am meisten angesprochen hatten, diktieren zu lassen; es war jedoch unm\u00f6glich, die Kerle dahin zu bringen, mir ein Lied\nWort f\u00fcr Wort herzusagen.......Ich gab ihnen zu verstehen,\ndafs mir f\u00fcr den Augenblick am Ges\u00e4nge nichts gelegen sei, sie sollten die Lieder Wort f\u00fcr Wort hersagen. Sie versuchten nach Kr\u00e4ften, meinem Wunsche Folge zu leisten, aber es war ihnen unm\u00f6glich, auf diese Weise einen Vers herauszubringen. Herr, hub endlich der eine an, .... solche Sachen kann man nicht hersagen, die m\u00fcssen gesungen werden. So war ich denn gen\u00f6tigt, mir jedes Lied erst achtmal vorsummen zu lassen, ehe es mir gelang, den Inhalt desselben zu Papier zu bringen.\u201c Ob in diesem Beispiele ein Sprach-Musik-Typus vorliege oder nicht, ist ohne weiteres nicht zu entscheiden. Jeder Musiker hat Lieder, bei denen er die Worte nur automatisch, zur Artikulation gebraucht; ein bewufstes, selbst\u00e4ndiges Hersagen des Textes ohne Musik ist ihm dann nicht ohne weiteres m\u00f6glich.\n3. So wie es bei der Wortvorstellung einen type auditif giebt, der sich mit dem blofsen Klangbilde des Wortes begn\u00fcgt, so giebt es auch in der Musik einen Typus, der Musik als Klang vorstellt. Nat\u00fcrlich ist das vom musikalisch-k\u00fcnstlerischen Standpunkt aus ein inferiorer Typus, von dem man sagen k\u00f6nnte, dafs er statt der Musikvorstellung nur eine blofse Tonvorstellung besitzt. Sehr gut beschreibt Grillparzer diesen Zustand in seiner Novelle \u201eDer Spielmann\u201c, wo ein Geiger sich damit begn\u00fcgt, auf seiner Geige einzelne Intervalle oder Accorde lange auszuhalten und sich an solchen Einzelkl\u00e4ngen zu erfreuen; zu einer zusammenh\u00e4ngenden Komposition kommt er gar nicht. Solche Leute k\u00f6nnen einer ganzen Komposition gegen\u00fcber v\u00f6llig ratlos dastehen, aber sie greifen einzelne Accorde, einzelne Kl\u00e4nge und harmonische Wendungen heraus,\nS\u00e4mtliche Werke Ed. 3, Berlin 1865, 48 Kap. S. 121.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nRichard WallascheJc.\ndie sie im Ged\u00e4chtnis behalten und nach deren Sch\u00f6nheit die Komposition sch\u00e4tzen. Sie beurteilen st\u00fcckweise, doch fehlt ihnen das Band f\u00fcr das Ganze. Offenbar fehlt es an der Ausbildung des Zeitsinns (Taktgef\u00fchl); es f\u00e4llt dann schwer, die Masse der geh\u00f6rten T\u00f6ne rhythmisch zu gliedern, sie zu einem einheitlichen Ganzen zusammenzufassen.\n4. Eine weitere Klasse von Personen stellt Musik lediglich vor als Tonkombination, als ein formelles Spiel des Intellektes. Sie sch\u00e4tzen weder den Klang als solchen, noch besitzen sie die psychische Lebendigkeit, Musik mit irgend einem Teil ihres Geisteslebens zu associieren, sie irgendwie zu einer wenigstens f\u00fcr das Individuum g\u00fcltigen organischen Verbindung zu bringen. Kalt und teilnahmslos k\u00f6nnen sie der Musik gegen\u00fcberstehen und sie wie einen abstrakten Gedanken, ein intellektuelles Spiel von Tonfiguren vorstellen. Kein formelle Eigenschaften sind es, die sie an diesem Spiel sch\u00e4tzen, die Kompliciertheit des Spiels nicht minder als ihre Kegelm\u00e4fsigkeit, \u00dcberschaulichkeit und absolute Gr\u00f6fse. Sie stellen Musik in derselben Weise vor, wie sie etwa logische Schlufsformen \u00fcberdenken, oder mathematische Formeln ausarbeiten. Eigentlich ist dies nur ein Surrogat k\u00fcnstlerischer Vorstellung, bei dem man durch Verstand ersetzt, was an Phantasie fehlt. Diesen Standpunkt war Kant in Gefahr jeden Augenblick als den einzigen richtigen in der Musik zu proklamieren, und obgleich ihn seine bessere Erkentnis immer wieder veranlafste, diese Konsequenzen durch unz\u00e4hlige Klauseln zu verdecken, scheint er doch selbst psychologisch die Musik als leeres Eigurenspiel vorgestellt zu haben. Auf diesen Standpunkt sank Herbart thats\u00e4chlich herab, dessen \u201e\u00c4sthetik\u201c mir immer als der kl\u00e4glichste Versuch erscheint, die k\u00fcnstlerische Impotenz durch m\u00fchsame Anstrengung des Verstandes zu vertuschen, die Empfindung durch die Regel zu ersetzen. Nicht selten wird die Leere und absolute Nutzlosigkeit eines solchen Standpunktes deutlich empfanden und dann Musik entweder verworfen oder k\u00fcnstlich mit einem willk\u00fcrlichen Inhalt in jede Verbindung gebracht. Auf diesem letzteren Standpunkte stehen die Chinesen, f\u00fcr die Musik ein Begreifen, Verstehen eines bestimmten, ein f\u00fcr allemal festgesetzten Inhaltes ist, der mit bestimmten Tonfiguren verkn\u00fcpft wird. Sie ist also psychologisch etwas ganz anderes, als unsere Mirsik.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\n27\nAber auch wer an blofsem Figurenspiel wirklich Gefallen findet, kommt mit seiner Musikauffassung nicht weit, er bleibt in einer beschr\u00e4nkten Anzahl von Kombinationen leicht stecken, \u00fcber die er nicht hinauskommt, da die Zahl der Kombinationen f\u00fcr jeden Musiker, der wirklich nur als Figurenspiel vorstellt, immer nur eine beschr\u00e4nkte ist. Aus dieser Klasse rekrutieren sich die \u201eKonservativen\u201c in der Musik. Indessen, wir d\u00fcrfen auch ihnen nicht unrecht thun, denn ganz ohne Begeisterung, ohne innere W\u00e4rme brauchen auch sie nicht zu sein. So wie der trockenste Theoretiker an reiner Verstandesarbeit sich begeistern kann, wie man an wissenschaftlichen Arbeiten mathematischer Lehrs\u00e4tze sich erbauen kann, obgleich das gewifs nicht der Zweck jener Arbeiten ist, so kommt man auch bei rein verstandesm\u00e4fsiger Verfolgung von Tonkombinationen, auf dem Umwege des Intellektes, indirekt, zu der f\u00fcr die Wirkung jedes Kunstwerkes unentbehrlichen Begeisterung. In solchen F\u00e4llen ist die Musikvorstellung eigentlich ein abstraktes Denken, wie es der mathematische Lehrsatz ist, und man gewinnt allenfalls den Eindruck, dafs die innere Gef\u00fchlw\u00e4rme zwar eine Erh\u00f6hung des Vergn\u00fcgens, aber durchaus kein charakteristischer Bestandteil der Kunstauffassung ist, wie es Herbart thats\u00e4chlich gelehrt hat. Wie verschieden mufs aber dann der Einflufs einer Geistes- oder Sprachst\u00f6rung auf den musikalischen Ausdruck sein, wenn die Musikvorstellung sich aus so verschiedenen Elementen zusammensetzen kann, wie wir dies in den bisher besprochenen Gruppen gesehen haben.\n3. Schlussfolgerungen.\nDie eben erw\u00e4hnten Typen der Musikvorstellung sind durchaus nicht streng voneinander geschieden, sie schliefsen sich nicht immer aus, noch ist ein und dasselbe Individuum stets an denselben Typus gebunden. Namentlich wird jener Typus, dessen Vorstellung mit dramatischer Aktion associiert ist, von hier aus ebensoleicht weiter associieren, als die dramatische Aktion \u00fcberhaupt ein Associationscentrum im besten Sinne des Wortes ist. Immerhin: einem oder dem anderen Typus giebt jeder der Kegel nach den Vorzug.\nDie Frage, welcher Typus unter Musikern und Laien der h\u00e4ufigste sei, ist ungemein schwer zu beantworten, da nirgends","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\nRichard Wallaschek.\nfeststeht, wo die musikalische Begabung anf\u00e4ngt und wo sie aufh\u00f6rt, und somit alle Statistik und tabellarische \u00dcbersicht ungenau wird, wenn derartige Vorfragen sich ohne petitio principii nicht erledigen lassen.\nAuch ein Versuch, die musikalischen Vorstellungstypen auf verschiedene Nationen zu verteilen, kann kaum anders als in allgemeinen Bemerkungen stehen bleiben. Exakte Abgrenzungen k\u00f6nnte selbst der sorgf\u00e4ltigste statistische Versuch nicht ergeben, und alle Abweichungen von der Vollst\u00e4ndigkeit sind als Spekulation ebenso wertvoll oder gef\u00e4hrlicher als die Spekulation ohne tabellarische \u00dcbersicht. Auch hier wird eine best\u00e4ndige Beobachtung der Wirkung der Musik auf das grofse Publikum einen sicheren Aufschlufs geben als eigens dazu aufgestellte Massenexperimente.\nViel n\u00e4her hegt schon eine Entscheidung in der Frage, ob nicht gewisse Typen der Wortvorstellung mit solchen der Tonvorstellung Zusammenh\u00e4ngen. Bei der Wortvorstellung ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dafs der type auditif der Abstraktion und Spekulation n\u00e4her steht als der type visuel, vorausgesetzt, dafs der letztere in Bildern, nicht etwa in geschriebenen Worten vorstellt. Auch bleibt zu erw\u00e4gen, ob nicht der type motrix der Wortvorstellung mit dem type motrix der Musikvorstellung Zusammenh\u00e4nge. Zu ganz sicheren Resultaten \u00fcber diesen Zusammenhang bin ich bisher nicht gekommen, zumal mir bei direkten Fragen und Experimenten die Ausk\u00fcnfte nicht immer zuverl\u00e4ssig genug erscheinen. Ich ziehe es vor, Personen \u00fcber ihre Musikvorstellung auf Umwegen zu befragen und den richtigen Moment dazu bei Gelegenheit abzupassen, da sonst der Einflufs der \u201epathologischen L\u00fcge\u201c (die Delbr\u00fcck so meisterhaft geschildert hat) zu viel in die Quere kommt. Als vorl\u00e4ufige Vermutung aber will ich mit-teilen, dafs ein zu konkretes Vorstellungsleben der musikalischen Begabung nicht g\u00fcnstig zu sein scheint. Ich meine nicht, dafs Musik konkretes Vorstellen ausschliefst; jedermann kann sich mit einem besonderen Vorsatz in irgend einen Vorstellungstypus einleben, aber die ungezwungene durchschnittliche Vorstellungsweise ist dem Musikleben g\u00fcnstiger, wenn sie nicht zu konkret ist.\nWas ist also die eigentliche regelm\u00e4fsige Vorstellungsweise des musikalischen Menschen? Wenn ich mir erlauben darf,","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\n29\nmit diesem Begriff \u00fcberhaupt zu operieren, so m\u00f6chte ich s\u00e4gen, dafs der Musiker und Nicht-Musiker durchaus nicht qualitativ ganz verschieden vorstellen m\u00fcssen, beide associieren, aber die Associationen haben bei beiden eine verschiedene Bedeutung. Meine Erfahrung hat mich durchaus nicht \u00fcberzeugt, dafs das Vorhandensein von Associationen das entscheidende Merkmal bei Musikvorstellung des Unmusikalischen sei. Ich w\u00fcrde im Gegenteil sagen: je reicher die Association, desto tiefer und inniger der geistige Anteil. Beim Unmusikalischen ist diese Association durchaus nicht reich, sie geht von einem bestimmten Bild (oder einer Aktion, einem Gef\u00fchle) aus und bildet es, den Phasen der Musik folgend, weiter aus. Hat die Musik aufgeh\u00f6rt, dann bleibt das Bild, die Association, im Ged\u00e4chtnis zur\u00fcck, an ihr h\u00e4ngt das Vergn\u00fcgen; von dem Tonbild, der Musik, weifs der Unmusikalische nichts mehr, sie ist dem Ged\u00e4chtnis entschwunden. Ein Unmusikalischer, der der Musik nicht das geringste Interesse abzugewinnen vermochte, erz\u00e4hlte mir, er versuche k\u00fcnstlich und absichtlich sich in eine bestimmte Scene zu versetzen, die dem Titel des St\u00fcckes beil\u00e4ufig entspricht, und findet dann ein bescheidenes Vergn\u00fcgen daran, diese Scene zugleich mit den dynamischen \u00c4nderungen der Musik auszuarbeiten. Von der Melodie weifs er nachher nichts, und auch w\u00e4hrend der Auff\u00fchrung unterscheidet er nicht, ob f\u00e4lsch gespielt wird oder nicht. Eine nicht sehr musikulische Dame sagte mir, sie associiere unwillk\u00fcrlich, merke sich auch Melodien, wenn auch nur schwer und ungenau. Erkennt sie eine sp\u00e4ter nochmals vorgespielte Melodie wieder, dann kommt auch das alte Associationsbild wieder zum Vorschein. Die Association ist also eine sehr bestimmte, und sie ist auch das Element, das sich dem Ged\u00e4chtnis sch\u00e4rfer, leichter einpr\u00e4gt. Der Musikalische mag in einem gegebenen Falle \u00e4hnliche Associationen haben, nur reicher, rascherem Wechsel unterworfen, ohne dafs sie den ausschliefslichen Eindruck bilden w\u00fcrden, so dafs, wenn die Musik aufh\u00f6rt, diese selbst im Ged\u00e4chtnis zur\u00fcckbleibt, v,'\u00e4hrend die Association vergessen wird. Sie mag v\u00f6llig verloren gehen und nichts anderes Zur\u00fcckbleiben, als die Thatsache des ungehemmten Laufes der Vorstellungen, die uns das Gef\u00fchl des Wohlgefallens verschafft. Da nun von konkreten Eindr\u00fccken nichts anderes \u00fcbrig ist, als das Tonbild selbst, kn\u00fcpft sich auch das Wohl-","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nRichard WaUaschelc.\ngefallen an dieses, und wir sagen : die Musik war sck\u00f6n. Dafs bei einer Wiederholung derselben Musik auch dieselben Associationen wiederkehren, ist durchaus nicht n\u00f6tig, im Gegenteil, bei der Verschwommenheit der ersten Bilder ist deren genaue Wiederkehr geradezu ausgeschlossen. Immer neu gestaltet der unersch\u00f6pfliche Reichtum des musikalischen Geistes die herrlichen Bl\u00fcten, die seinem Leben entspringen. W\u00e4hrend der Musikalische an das Tonbild associiert, sucht der Unmusikalische einen Kern, an den er die Musik associieren kann. Ersterer ist ihm Hauptsache, w\u00e4hrend dem Musiker das Tonbild so \u00fcberwiegt, dafs er von allen Associationen gar nicht spricht, weshalb man so h\u00e4ufig glauben kann, er habe \u00fcberhaupt keine. Allerdings sind die so geschilderten F\u00e4lle Extreme, die selten Vorkommen, aber zwischen ihnen bewegt sich die unendliche Reihe musikalischer und unmusikalischer Personen, deren Vorstellungen je nach dem Grade ihrer Bef\u00e4higung nach dem einen oder anderen Extrem hinneigen.\nDie individuelle Verschiedenheit unserer Musikvorstellung erkl\u00e4rt auch den erbitterten Streit, den verschiedene Parteien der sogenannten Musik\u00e4sthetik so lange Zeit v\u00f6llig aussichtslos gef\u00fchrt haben. Die Frage, ob Musik \u00fcberhaupt ein Ausdruck bestimmter Gef\u00fchle und Gedanken sei, ob und was sie darstelle, hat jeder Musik\u00e4sthetiker aus dem eigenen psychischen Bewuist-sein heraus beantwortet, dessen Resultat f\u00fcr ihn absolut sicher, f\u00fcr andere aber unverst\u00e4ndlich, wenn nicht geradezu l\u00e4cherlich sein mufste. Alle die Auslegungen und Deutungen von Musikst\u00fccken, so interessant sie vom psychologischen Standpunkte sind, sind, objektiv betrachtet, vollkommen wertlos, weil sie nichts anderes wiedergeben, als die rein subjektive Form der Musikvorstellung. Mehr als jede andere Form der \u201ePhilosophie\u201c tr\u00e4gt die Musik\u00e4sthetik den Stempel des individuellen Geistes, dessen Produkt von dem Moment an jede Bedeutung verliert, wo es sich als objektive Wissenschaft kundgiebt. Diese kann nichts anderes sagen, als dafs Musik in uns Vorstellungen oder Gef\u00fchle veranlagst ; aber der H\u00f6rer mufs es sein, der ihnen den Inhalt giebt, der sie aus der F\u00fclle seines Bewufstseins weiter ausstattet. Wie diese Ausarbeitung erfolgt, das l\u00e4fst sich weder Voraussagen, noch durch direkte Vorschriften (Programme) von aufsen beeinflussen, diese w\u00fcrden nur den inneren Procefs st\u00f6ren und seine subjektive Innigkeit abschw\u00e4chen.","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung.\n31\nDie Musik\u00e4sthetiker aber und Komponisten werden sich besser verstehen, wenn sie den subjektiven Charakter der Musikvorstellung erkennen und sich gegenseitig damit ungeschoren lassen, das Spiel des eigenen Geisteslebens als wertvollen unentbehrlichen Schatz f\u00fcr das Musikverst\u00e4ndnis einander aufzudr\u00e4ngen oder gebieterisch zu verlangen, dafs die ganze Welt ihre Musikvorstellungen auf jenen emotionalen Gefrierpunkt herabsetze, dessen Phantasielosigkeit allein die rein theoretische Betrachtung der Tonformenspielerei als solcher erm\u00f6glicht. Hegels und Herbarts Systeme und Schulen werden als Vertreter dieser beiden Typen immer psychologisch interessant, aber hoffentlich nicht l\u00e4nger als allgemeine Wahrheiten wirksam bleiben.\nIm Anschlufs an die Analyse der Musikvorstellung d\u00fcrfte schliefslich noch eine Frage zu besprechen sein: die nach dem Ursprung der Musik. Ich glaube, dafs wir auch hier nur deshalb so verschiedene Antworten erhalten haben, weil jedermann den Gegenstand sozusagen psychologisch beantwortete, d. h. den Ursprung der Musik dort suchte, wo sein eigenes Vorstellungsleben die st\u00e4rkste Association vorfand. So fand der eine den Ursprung der Musik in der Sprache, der andere in dramatischer Aktion, im Tanz, der dritte in Gef\u00fchlen (wobei das Liebesgef\u00fchl die Hauptrolle spielte). Hier handelte es sich jedoch nicht darum, aus welchen Elementen im Individuum die Musik heutzutage hervorgeht, wo sie schon l\u00e4ngst entstanden ist, es mufs gezeigt werden, welches dieser associativen Elemente seit jeher vorhanden und f\u00fcr die Weiterentwickelung der Musik am g\u00fcnstigsten war. Es kann ja m\u00f6glich sein, dafs bei irgend einem primitiven Volksstamm die originale Tonproduktion nur in Verbindung mit der Sprache vorkommt (haupts\u00e4chlich als \u00dfecitativ), oder nur als intellektuelle Tonspielerei (Verstandeskombination), thats\u00e4chlich ist dies auch bei manchen Naturv\u00f6lkern der Fall, aber in beiden F\u00e4llen zeigt sich die Tonproduktion nicht entwickelungsf\u00e4hig, eine Tonkunst in unserem Sinne ist auf diesem Wege nicht produciert worden, obgleich die anderswo schon erfundene so genossen werden kann. Thats\u00e4chlich kommt schon bei den musikalisch begabtesten Naturv\u00f6lkern die Musik in Verbindung mit dramatischer Aktion am h\u00e4ufigsten vor. Diese Aktion hat auf primitivster Stufe immer die Form des Tanzes. In der ganzen Musikgeschichte bis auf","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nBichard Wallaschek.\nden heutigen Tag gellt denn auch der gr\u00f6bste Fortschritt, der entschiedenste Schritt nach vorw\u00e4rts immer von der dramatischen Musik aus, sei es nun direkt Opernmusik oder Instrumentalmusik mit starken dramatischen Associationen. Diese dramatische Aktion in ihrer primitivsten Form ist, wie gesagt, rhythmische Bewegung, d. h. \u2014 psychologisch gesprochen \u2014 es ist das Taktgef\u00fchl (der Zeitsinn), aus dem die Musik hervorgeht. Die Richtigkeit dieser Thatsache wird nicht verdunkelt durch jene F\u00e4lle von Aphasie, bei denen es sich herausstellt, dafs die Musikvorstellung und -Produktion wesentlich aus anderen Elementen zusammengesetzt war.","page":32}],"identifier":"lit15229","issued":"1894","language":"de","pages":"8-32","startpages":"8","title":"Die Bedeutung der Aphasie f\u00fcr die Musikvorstellung","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:34:19.220382+00:00"}