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{"created":"2022-01-31T13:05:03.305945+00:00","id":"lit15342","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"M\u00fcller, G. E.","role":"author"},{"name":"F. Schumann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 6: 81-190","fulltext":[{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem psychologischen Institut zu G\u00f6ttingern)\nExperimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\nVon\nG-. E. M\u00fcller und F. Sch\u00fcmann.\nBekanntlich, hat Ebbinghaus (\u00dcber das Ged\u00e4chtnis, Leipzig, 1885) in erster Linie das Verdienst, durch eigene Versuche \u2014 und zwar Versuche sehr ausgedehnter und eingehender Art \u2014 die \u00dcberzeugung erweckt zu haben, dafs die Lehre vom Ged\u00e4chtnisse eine dem Experimente zug\u00e4ngliche und in erster Linie auf das Experiment zu st\u00fctzende Lehre ist.1 Nicht sowohl in der Absicht, die Lehre vom Ged\u00e4chtnisse sofort um eine Anzahl wichtiger und interessanter Resultate zu bereichern, als vielmehr in der bescheideneren Absicht, uns durch eigene Versuche mit der Leistungsf\u00e4higkeit der von Ebbinghaus eingef\u00fchrten Methoden bekannt zu machen und wom\u00f6glich einen kleinen Beitrag zur weiteren Fortbildung, Sch\u00e4rfung und Erweiterung derselben zu liefern, haben wir gemeinsam zu verschiedenen Zeiten der Jahre 1887\u201492 unter g\u00fctiger Mitwirkung einiger Herren, denen wir hierdurch nochmals unseren Dank aussprechen, eine Anzahl von Versuchsreihen \u00fcber das Ged\u00e4chtnis angestellt. Nat\u00fcrlich besitzen diese Versuchsreihen\n1 Wie bekannt, hat schon vor Ebbinghaus Galton (Brain, II, July 1879; Inquiries into human faculty and its development, London, 1883, S. 185 ff.) nach einem ganz andersgearteten Verfahren einige mehr beil\u00e4ufige Versuche \u00fcber die Vorstellungsassociation angestellt, welche ihre Fortsetzung und Vervollkommnung einerseits durch die von Trautscholdt, Cattbll u. a. angestellten Versuche \u00fcber die Beproduktionszeit und andererseits durch gewisse von Scripture und von M\u00fcnsterberg ausgef\u00fchrte Untersuchungen \u00fcber den associativen Verlauf der Vorstellungen gefunden haben. Auf diese von uns wohl gew\u00fcrdigten Untersuchungen einzugehen, liegt aufserhalb der Aufgabe dieser Abhandlung.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\t6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nnicht ausschliefslich methodologisches Interesse, sondern dienen durch ihre Resultate zugleich dazu, unser Wissen von der G-ed\u00e4chtnisth\u00e4tigkeit hinsichtlich einiger Punkte zu erweitern oder wenigstens sicherer zu stellen. Im folgenden sollen nun die bei diesen Versuchen befolgten Methoden und die erhaltenen Resultate und die Schlufsfolgerungen, die sich unseres Erachtens an letztere ankn\u00fcpfen lassen, dargelegt werden. Hierbei verfahren wir in der Weise, dafs wir in einem ersten Kapitel die von uns angestellten Versuchsreihen in wesentlich historischer Reihenfolge vorf\u00fchren, indem wir bei jeder derselben die benutzte Methode und die wichtigsten Resultate numerischer Art angeben und zugleich, wo entsprechende Versuche von Ebbinghaus vorliegen, die Methode und Resultate dieses Forschers kurz in Erinnerung und Vergleich bringen. In einem zweiten Kapitel werden wir kurz diejenigen Punkte zusammenstellen, die nach unseren Erfahrungen bei Versuchen dieser Art in methodologischer Hinsicht haupts\u00e4chlich zu beachten sind, und uns zugleich \u00fcber die fehlertheoretische Behandlung, die wir den von uns erhaltenen unmittelbaren Versuchsergebnissen haben zu teil werden lassen, etwas n\u00e4her verbreiten. In einem dritten Kapitel endlich werden wir in \u00fcbersichtlicherWeise alles dasjenige zusammenstellen, was sich aus unseren Versuchen betreffs der G-ed\u00e4chtnisth\u00e4tigkeit ergiebt. In diesem Kapitel werden aufser einigen beil\u00e4ufigen Versuchen, welche das Verhalten der Atmung beim Auswendiglernen sinnloser Silbenreihen betreffen, auch noch die Resultate mit zur Sprache kommen, welche die Selbstbeobachtung beim Auswendiglernen oder die Beobachtung der Art und Weise, wie sich andere beim Auswendiglernen benehmen, ergeben hat.\nDie Beschreibung der im Verlaufe der Zeit immer mehr entwickelten und versch\u00e4rften Verfahrungsweisen, deren wir uns bei unseren Untersuchungen bedient haben, wird leider ziemlich umst\u00e4ndlich ausfallen und die Geduld des Lesers stark in Anspruch nehmen. Es ist dies aber nicht zu vermeiden. Psychologische Versuche haben f\u00fcr den Leser nur dann Wert, wenn er genau erf\u00e4hrt, wie sie angestellt worden sind. Und in einem neuen Gebiete der experimentellen Forschung m\u00fcssen immer zun\u00e4chst manche Dinge mit Ausf\u00fchrlichkeit abgehandelt werden, welche sp\u00e4terhin durch kurze Andeutung und Bezugnahme auf fr\u00fchere Darstellungen erledigt werden k\u00f6nnen.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n83.\nErstes Kapitel.\n\u00dcbersicht \u00fcber die angestellten Versuchsreihen.\n\u00a7 1. Kurze Vorerinnerung an das von Ebbinghaus bei Bildung und Erlernung der Silbenreihen benutzte\nVerfahren.\nDas Verfahren von Ebbinghaus war bekanntlich folgendes:\nAus den einfachen Konsonanten und den 11 Vokalen und Diphthongen unseres Alphabets wurden alle Silben gebildet, welche (wie z. B. die Silben lap und lern) von der Art sind,, dafs ein Vokallaut in der Mitte steht und zwei Konsonanten ihn umgeben. \u201eAm Anfang der Silben wurden verwandt die Konsonanten b, d, f, g, h, j, 1t, l, m, n, p, r, s (\u2014 ss), t, w, aufserdem eh, sch, weiches s und das franz\u00f6sische j (zusammen 19); am Ende f, % l, m, n, p, r, s (= ss), t, ch, sch (zusammen 11). F\u00fcr den Auslaut wurden weniger Konsonanten benutzt, als f\u00fcr den Anlaut, weil eine deutsche Zunge, selbst nach mehrj\u00e4hriger \u00dcbung in fremden Sprachen, sich mit der korrekten Aussprache-der mediae am Ende nicht recht befreundet.\u201c Aus demselben G-runde wurde von der Verwendung anderer fremdsprachiger Laute; die zur gr\u00f6fseren Bereicherung des Materials zuerst versucht wurde, wieder Abstand genommen.\nDie in dieser Weise gebildeten Silben (ca. 2300 an der Zahl) wurden durcheinander gemengt und dann, wie der Zufall sie in die Hand f\u00fchrte, zu Reihen von verschiedener L\u00e4nge zusammengesetzt. \u201eBei der Zusammensetzung der Silben wurden urspr\u00fcnglich, \u00fcbrigens nicht gerade peinlich, einige Kegeln beobachtet, die eine allzu rasche Wiederkehr \u00e4hnlich klingender Elemente verhindern sollten; sp\u00e4ter wurde von diesen abgesehen und nur der Zufall walten gelassen. Die jedesmal benutzten Silben wurden besonders aufbewahrt, bis die ganze Masse aufgebraucht war, dann aufs neue gemischt und wieder verwendet.\u201c\n\u201eAlle mit diesen Silbenreihen angestellten Versuche liefen schliefslich darauf hinaus, die einzelnen Reihen durch wiederholtes lautes Durchlesen soweit einzupr\u00e4gen, dafs sie gerade eben willk\u00fcrlich reproduciert werden konnten. Dieses Ziel\n6*","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\ngalt als erreicht, wenn eine Reihe zum ersten Male,1 nach gegebenem Anfangsgliede, ohne Stocken, in einem bestimmten Tempo und mit dem Bewusstsein der Fehlerlosigkeit auswendig hergesagt werden konnte. Die einzelnen Reihen wurden immer vollst\u00e4ndig von Anfang bis zu Ende durchgelesen; sie wurden nicht in einzelnen Teilen gelernt, die dann zusammengeschweifst worden w\u00e4ren; auch wurden nicht einzelne, besonders schwierige Stellen herausgegriffen und h\u00e4ufiger memoriert. Mit dem Durchlesen und den ab und zu notwendigen Versuch en des Auswendighersagens wurde zwanglos abgewechselt. Auch f\u00fcr die letzteren aber galt als Regel, dafs bei einer eintretenden Stockung erst der Rest der Reihe zu Ende gelesen und dann auf ihren Anfang zur\u00fcckgegriffen wurde. Durchlesen und Hersagen geschahen stets mit gleichf\u00f6rmiger Geschwindigkeit, n\u00e4mlich im Takt von 150 Schl\u00e4gen auf die Minute..... Da es fast unm\u00f6glich ist, an-\ndauernd ohne Unterschiede der Betonung zu sprechen, so wurden, damit diese Unterschiede stets dieselben seien, entweder je drei oder je vier Silben sozusagen zu einem Takt zusammengefafst, und also entweder die erste, vierte, siebente, oder die erste, f\u00fcnfte, neunte u. s. w. Silbe mit einem m\u00e4fsigen Iktus versehen. Sonstige Erhebungen der Stimme wurden\nm\u00f6glichst vermieden...... Es wurde niemals versucht, die sinn-,\nlosen Silben durch irgendwelche hineingedachte Beziehungen, z. B. nach den Regeln der Mnemotechniker zu verbinden; das Lernen erfolgte rein durch die Einwirkung der blofsen Wiederholungen auf das nat\u00fcrliche Ged\u00e4chtnis.\u201c\n\u00a7 2. Versuchsreihen I und II.\nWir hielten es f\u00fcr r\u00e4tlich, das von Ebbinghaus eingef\u00fchrte Versuchsverfahren unsererseits zun\u00e4chst an einer gr\u00f6beren Frage zu erproben, deren sichere Beantwortung mittelst dieses Verfahrens uns vermutlich auch dann gelingen mufste, wenn dasselbe in unseren H\u00e4nden zur Entscheidung feinerer Fragen nicht tauglich war. Wir versuchten also durch die zuerst von uns unternommenen Versuchsreihen die Frage zu entscheiden, ob zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Glieder (Silben) einer\n1 Bei den zuerst angestellten Versuchsreihen von Ebbinghaus (a.a.O. S. 46) galt eine Sifbenreihe erst dann als erlernt, wenn zwei fehlerfreie Reproduktionen derselben nacheinander stattgefunden hatten.","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n85\ngilbenreihe, welche in einem vorgeschriebenen, und zwar troch\u00e4ischen, Rhythmus bis zur ersten fehlerfreien Reproduktion gelernt wird, sich in nachweisbarem Grade st\u00e4rker associieren, wenn sie Bestandteile eines und desselben Taktes sind, als dann, wenn sie zwei verschiedenen, unmittelbar aufeinanderfolgenden Takten angeh\u00f6ren. Es war durchaus zu erwarten, dafs im ersteren Palle die Association st\u00e4rker sei, als im letzteren. Rur lag eben eine direkte experimentelle Best\u00e4tigung dieser Erwartung zur Zeit noch nicht vor ; und vor allem fehlten erfahrungsm\u00e4fsige Unterlagen, um sich ein sicheres Bild von der Gr\u00f6fsenordnung des in Rede stehenden Unterschiedes machen zu k\u00f6nnen. Ferner war es von Interesse, mit Sicherheit festzustellen, ob \u00fcberhaupt in einer in der angegebenen Weise erlernten Silbenreihe die Endsilbe eines Taktes mit der Anfangssilbe des n\u00e4chstfolgenden Taktes durch eine Association von nachweisbarer St\u00e4rke associiert sei. Denn von vornherein war die Annahme nicht v\u00f6llig ausgeschlossen, dafs beim Lernen einer Silbenreihe sich die Bestandteile jedes einzelnen Taktes zu einem einheitlichen Vorstellungsganzen miteinander verb\u00e4nden, und die verschiedenen Takte sich als einheitliche Ganze miteinander associierten, w\u00e4hrend die Endsilbe jedes Taktes allein genommen sich mit der Anfangssilbe des n\u00e4chstfolgenden Taktes nicht in nachweisbarem Grade associiere.\nIn Versuchsreihe I war der eine von uns (Schumann, im folgenden \u00fcberall kurz durch S. bezeichnet) Versuchsperson und der andere (M.) derjenige, welcher die Versuche leitete. In Versuchsreihe II verhielt es sich umgekehrt.\nDer Versuchsleiter bildete die Silbenreihen, welche die Versuchsperson zu erlernen hatte, f\u00fchrte das Protokoll \u00fcber die Versuchsresultate, die der Versuchsperson bis zum Schl\u00fcsse der Versuchsreihe unbekannt blieben, bediente den Apparat (\u00fcber den sogleich n\u00e4heres folgt) und hatte \u00fcberhaupt alle auf die Versuche bez\u00fcglichen Anordnungen zu treffen, w\u00e4hrend die Versuchsperson eine rein passive Rolle spielte und weiter nichts zu thun hatte, als die ihr vorgef\u00fchrten Silbenreihen in dem vorgeschriebenen Rhythmus m\u00f6glichst schnell auswendig zu lernen.\nAlle Silbenreihen der Versuchsreihen I und II bestanden aus 12 Silben. An jedem Versuchstage lernte die Versuchs-","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nperson in troch\u00e4ischem Rhythmus (d. li. mit st\u00e4rkerer Betonung der ungeradzahligen Silben) 4 ganz neue Silbenreihen, die wir kurz die Vorreihen nennen wollen. Bezeichnen wir nach dem Vorg\u00e4nge von Ebbinghaus die an einem Tage erlernten neuen Silbenreihen durch r\u00f6mische Ziffern, die einzelnen Silben jeder Beihe durch kleinere arabische Ziffern, welche den r\u00f6mischen Ziffern unten angef\u00fcgt werden, so werden die von der Versuchsperson an einem Versuchstage erlernten 4 Vorreihen in folgender Weise schematisch dargestellt:\nII\th\t\u00ef hh\\\t-^5 Iq j l'I \u25a0\nHl\tH,\t\\ TI .\t\t Hl 2\nIII1\tinj\t1III,...\t\tnil2\nIV,\tTV,\t\\ IV,...\t\t IVn\n\u25a0^11 -^12\nDie vertikalen Striche zwischen i2 und I\u201e I, und Is u. s. w. deuten die Grenzen zwischen den einzelnen Takten an.\nAus den Silben dieser 4 Vorreihen bildete der Versuchsleiter 3 Umstellungsreihen, deren Typus je nach dem Versuchstage verschieden war.\nDie Umstellungsreihen des einen Typus, die wir kurz als Umstellungsreihen mit Taktschonung bezeichnen, weil bei ihrem Aufbau die einzelnen Takte der Vorreihen erhalten geblieben (geschont worden) sind, dienten zur Pr\u00fcfung der Associationen, welche bei Erlernung der Vorreihen zwischen den zu einem und demselben Takte geh\u00f6rigen Silben gestiftet worden waren, und entsprachen folgendem Schema :\nUmstellmigsreihe\nA: 111,111, | I7\tI8 I\tII,\tii& \\\tIV-\t7 ly\t:i\\ I2 I II\\\tII,\nB: IV, 1VS\\ I,\tIJ\tII,\tIIJ\tUI,\tin,\tI I IJ II,\tTh\nO: I8 I\u00ff ! Ill,\tIV,\tIVJ\tII,\tIIS\tj 111,111\\ \\ IV,\tIV,\nEine Umstellungsreihe A bestand also aus der siebenten und achten Silbe der dritten Vorreihe, der siebenten und achten Silbe der ersten Vorreihe, der siebenten und achten Silbe der zweiten Vorreihe, der f\u00fcnften und sechsten Silbe der vierten Vorreihe u. s. w.\nDer komplicierte Aufbau dieser Silbenreihen entspringt daraus, dafs dieselben ihrem Zwecke nur dann entsprechen konnten, wenn das Auswendiglernen derselben durch keinerlei bei","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n87\nErlernung d\u00ebr Vorreihen gestiftete Associationen von in Betracht kommender St\u00e4rke unterst\u00fctzt wurde aufser durch die 6 Associationen zwischen den beiden Bestandteilen jedes Taktes (zwischen III7 und JiT8, zwischen J7 und Is u. s. w.)\u00ab\nDie Umstellungsreihen des zweiten Typus, die wir als Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung bezeichnen, da bei ihrem Aufbau die einzelnen Takte der Vorreihen nicht erhalten geblieben (gel\u00f6st worden) sind, dienten zur Pr\u00fcfung der Associationen, welche bei Erlernung der Vorreihen zwischen der Endsilbe eines Taktes und der Anfangssilbe des n\u00e4chstfolgenden Taktes gestiftet worden waren. Sie waren demgem\u00e4\u00df; in der Weise aufgebaut, dafs bei ihrer Erlernung keine anderen beim Auswendiglernen der Vorreihen hergestellten Associationen von in Betracht kommender St\u00e4rke sich h\u00fclfreich geltend machen konnten als allein 6 Associationen der soeben erw\u00e4hnten Art. Ihr Schema war folgendes:\nUmstellungsreihe\nD: III8 III, I I8 I, IZg U, IIV, IF, I 2\u00bb I3 \\ II, II, E: IV, IV, | I10 Iu\\ Il10 IIn\\III6 UI7 | h k\\ TIJk F: I, I7 | II110 HIn\\ IV10 IVn\\ II, II] \\ HIJII jIVJV,\nSowohl beim Auswendiglernen der Umstellungsreihen A, B, C, als auch bei der Erlernung der Umstellungsreihen D, E, F wirkten also 6 beim Auswendiglernen der Vorreihen hergestellte Associationen erleichternd. Nur bestand der Unterschied, dafs die Associationen, welche das Erlernen der ersteren 3 Reihen erleichterten, Associationen zwischen Silben waren, die in den Vorreihen Bestandteile eines und desselben Taktes gewesen waren, w\u00e4hrend die Associationen, die beim Erlernen der letzteren 3 Umstellungsreihen erleichternd wirkten, Associationen zwischen solchen Silben waren, von denen die eine in den Vorreihen das Endglied eines Taktes und die andere das Anfangsglied des n\u00e4chstfolgenden Taktes gewesen war. Besafs also derZeitraum, der zwischen der Erlernung der Vorreihen und der Erlernung der zugeh\u00f6rigen Umstellungsreihen verstrich, stets dieselbe L\u00e4nge, und wurde dann die Anzahl der Wiederholungen, welche zur Erlernung einer Umstellungsreihe mit Taktschonung durchschnittlich notwendig war, mit der Anzahl von Wiederholungen verglichen, welche die Erlernung einer Umstellungsreihe mit Taktl\u00f6sung durchschnittlich","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\nG. JS. Muller und F. Schumann.\nerforderte, so mnfste sich zeigen, ob wirklich die Association, die bei Erlernung der Vorreihen zwischen zwei einem und demselben Takte angeh\u00f6rigen Silben gestiftet worden war, in nachweisbarem Grade st\u00e4rker war, als die Association, die zwischen zwei gleichfalls unmittelbar aufeinanderfolgenden, aber nicht demselben Takte angeh\u00f6renden Silben hergestellt worden war.\nDer Zeitraum, welcher zwischen der Erlernung der Vorreihen und derjenigen der zugeh\u00f6rigen Umstellungsreihen ver-llofs, betrug in Versuchsreihe I und II stets 24 Stunden, so dafs die Umstellungsreihen stets aus Silben der am vorhergehenden Tage erlernten Vorreihen bestanden.\nDie Umstellungsreihen A, B1 C wurden nat\u00fcrlich ebenso wie die Vorreihen stets im troch\u00e4ischen Rhythmus gelernt. W\u00e4ren die Umstellungsreihen D, E, F gleichfalls nur im troch\u00e4ischen Rhythmus gelernt worden, so h\u00e4tte ein Bedenken nahe gelegen. Da n\u00e4mlich in letzteren Umstellungsreihen solche Silben die Anfangsglieder der Takte bilden, welche in den Vorreihen Endglieder der Takte waren, und solche Silben die Endglieder der Takte bilden, welche in den Vorreihen Anfangsglieder der Takte waren, so w\u00e4re bei aus-schliefslich troch\u00e4ischem Erlernen der Reihen D, E, F die Betonung der dieselben zusammensetzenden Silben stets eine andere gewesen, als sie in den Vorreihen war. Es w\u00e4ren Silben, die in den Vorreihen betonte waren, in diesen Umstellungsreihen stets unbetonte gewesen, und umgekehrt, und es h\u00e4tte mithin das Bedenken erhoben werden k\u00f6nnen, dafs vielleicht dieser Umstand das Erlernen der Reihen D, E, F in Vergleich zu demjenigen der Reihen A, B, C, in denen stets solche Silben betont waren, die auch in den Vorreihen betont gewesen waren, in nachteiliger Weise beeinflufst habe. Um diesem Bedenken zu begegnen, kamen die Reihen D, E, F doppelt so oft vor, als die Reihen A, B, G, und zwar wurden die ersteren Reihen in der einen H\u00e4lfte der F\u00e4lle im troch\u00e4ischen, in der anderen H\u00e4lfte der F\u00e4lle aber im jambischen Rhythmus gelernt.\nDer Verlauf der eigentlichen Versuche, denen selbstverst\u00e4ndlich ein\u00fcbende Vorversuche vorhergegangen waren, war also kurz der, dafs jede der beiden Versuchsreihen I und II in eine Anzahl von Versuchsgruppen zerfiel, deren jede 3 Versuchs-","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n89\ntage umfafste. An jedem Versuchstage wurden 4 Vorreihen und 3 Umstellungsreihen erlernt. Diese 3 Umstellungsreihen waren am ersten Tage jeder Gruppe .3 Seihen A, B, C, am zweiten Tage 3 Seihen D, E, F mit Erlernung im troch\u00e4ischen Bhythmus, am dritten Tage 3 Seihen B, E, F mit Erlernung im jambischen Bhythmus. Die einander entsprechenden Tage verschiedener Versuchsgruppen unterschieden sich durch die Zeitlage der einzelnen Seihen. Da, wie schon bemerkt, die Umstellungsreihen s\u00e4mtlich aus Silben gebildet waren, die in den Vorreihen des vorhergehenden Tages vorkamen, so ging selbstverst\u00e4ndlich dem ersten der vollst\u00e4ndigen Versuchstage (an deren jedem 4 Vorreihen und 3 Umstellungsreihen gelernt wurden) ein Tag vorher, an welchem nur 4 Vorreihen gelernt wurden.\nBei der Herstellung des Silbenmateriales und beim Aufbau der Vorreihen verfuhren wir ganz in der Weise von Ebbinghaus. Nur durfte der Zufall insofern nicht absolut walten, als wenigstens die Segel beobachtet wurde, dafs in keiner Vorreihe derselbe Konsonant \u00f6fter als dreimal am Anf\u00e4nge einer Silbe Vorkommen d\u00fcrfe, und zugleich m\u00f6glichst darauf geachtet wurde, dafs in keiner Vorreihe sich aufeinander reimende Silben vork\u00e4men.\nHingegen war die Art und Weise, wie die zu erlernenden Silbenreihen der Versuchsperson dargeboten wurden, bei unseren Versuchen wesentlich anders, als bei den Versuchen von Ebbinghaus. Bei letzteren wurden die aufgeschriebenen Silbenreihen ohne besondere Umst\u00e4nde abgelesen, so dafs mehrere oder alle Silben einer Seihe gleichzeitig im Gesichtsfelde des Ablesenden waren. Bei unseren Versuchen wurden die Silben jeder Seihe auf einen (in geeigneterWeise lithographisch liniierten) Papierbogen untereinander in gleichen Abst\u00e4nden geschrieben. Dieser Papierbogen wurde dann auf einer um eine horizontale Axe sich bewegenden Kymographiontrommel (deren Umfang 41,4 cm betrug) befestigt, und vor die Trommel wurde ein Schirm mit einem kleinen Ausschnitt gestellt. Die Versuchsperson nahm vor diesem Schirme Platz. Hatte die Kymo-graphiontrommel nach Ingangsetzung des Uhrwerkes mindestens eine Eotation vollendet und hiermit eine f\u00fcr unseren Zweck gen\u00fcgend konstante Sotationsgeschwindigkeit erreicht, so wurde der Versuchsperson von dem Versuchsleiter in dem geeigneten","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\nG. F. Millier und F. Schumann.\nAugenblicke ein Zeichen gegeben ; dieselbe blickte durch den Ausschnitt des Schirmes, und ihr erschienen nun die Silben der betreffenden Reihe einzeln der Reihe nach mit Zwischenzeiten von konstanter L\u00e4nge. Nur die Zwischenzeit, die zwischen dem Erscheinen der Endsilbe der Reihe und dem erneuten Erscheinen der Anfangssilbe verstrich, war gr\u00f6fser (fast dreimal so grofs) als die sonstige Zwischenzeit zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Silben.1 Die Versuchsperson las die Silben mit sp\u00e4terhin eingeschobenen Versuchen, die Reihe frei herzusagen, so lange laut ab, bis sie die ganze Reihe fehlerfrei aufsagen konnte. War ein Versuch, die Reihe frei herzusagen, mifsgl\u00fcckt, so blickte dieselbe schnell wieder durch den Schirmausschnitt und konnte dann in der Regel die nicht gefundene Silbe nebst dem darauffolgenden Teile der Reihe wieder ruhig ablesen. Ebbinghaus, der seine Versuche ohne alle Beih\u00fclfe anstellte, sah, wie gesehen, jede Silbenreihe als erlernt an, wenn er sie einmal ohne Stocken mit dem Bewufstsein der Fehlerlosigkeit auswendig hergesagt hatte. Bei uns trat an die Stelle des subjektiven Eindruckes der Fehlerlosigkeit des Hergesagten die objektive Kontrolle durch den Versuchsleiter, der stets so stand, dafs er nicht blofs den Apparat bequem bedienen, sondern auch alle das Gesichtsfeld der Versuchsperson passierenden Silben deutlich erkennen konnte.2 Der Versuchsleiter bestimmte in diesen Versuchsreihen I und II die Zahl der Wiederholungen, welche die Versuchsperson zur Erlernung einer Silbenreihe brauchte, dadurch, dafs er auf einem Faden, auf welchem eine Anzahl verschiebbarer Pappst\u00fcckchen aufgereiht waren, nach jeder Wiederholung der Silbenreihe eines der aufgereihten Pappst\u00fcckchen in bestimmter Richtung verschob. Dieses, dem von Ebbinghaus (a. a. O. S. 42) benutzten Verfahren sehr \u00e4hnliche Vorgehen nahm indessen den Versuchsleiter stark in Anspruch und erweckte sehr bald den Wunsch nach einem bequemeren und ganz zuverl\u00e4ssigen Verfahren. Die Rotations-\n1\tDie Entfernung des Mittelpunktes einer Silbe vom Mittelpunkte der n\u00e4chstfolgenden Silbe betrug 3 cm, der Abstand zwischen Endsilbe und Anfangssilbe 8,4 cm.\n2\tF\u00fchlte sich eine Versuchsperson durch die Bewegungen des Versuchsleiters gest\u00f6rt, so wurde ihr der letztere durch einen Schirm unsichthar gemacht.","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n91\ngesellwindigkeit der Trommel war in den Versuchsreihen 2 und II von der Art, dafs in etwa 10,1 Sekunden eine Umdrehung vollendet war.\nWir halten es nicht f\u00fcr angezeigt, uns \u00fcber weitere Einzelheiten des in den Versuchsreihen I und II von uns beobachteten Versuchsverfahrens zu verbreiten. Diese am 25. Februar 1887 gleichzeitig begonnenen und nebeneinander fortgef\u00fchrten Versuchsreihen wurden n\u00e4mlich schon am 9. M\u00e4rz abgebrochen, aus doppeltem Grunde. Einerseits n\u00e4mlich war an den bis zu letzterem Termine erhaltenen Versuchsresultaten bereits ganz deutlich die Thatsache hervorgetreten, dafs die Association zweier unmittelbar aufeinanderfolgender Silben betr\u00e4chtlich st\u00e4rker ist, wenn diese Silben demselben Takte angeh\u00f6ren, als dann, wenn sie Bestandteile verschiedener Takte sind. Andererseits waren wir im Verlaufe dieser Versuchsreihe auf verschiedene M\u00e4ngel des benutzten Verfahrens und neue methodologische Gesichtspunkte aufmerksam geworden, so dafs wir beschlossen, dieselben Fragen nach Beschaffung eines speciell f\u00fcr unsere Ged\u00e4chtnisversuche eingerichteten Rotations-apparates nach besseren Methoden von neuem der experimentellen Untersuchung zu unterwerfen.\nDie Anzahl von Wiederholungen, welche (das freie Hersagen der Reihe als eine Wiederholung derselben mitgerechnet) zur Erlernung einer Silbenreihe erforderlich ist, werden wir kurz die erforderliche Wiederholungszahl nennen und noch k\u00fcrzer h\u00e4ufig einfach durch w bezeichnen. Das arithmetische Mittel einer Anzahl von Beobachtungswerten von iv wird kurz durch wa dargestellt werden. Heben dem arithmetischen Mittel wa werden wir an wichtigeren Punkten und bei nicht gar zu geringer Versuchszahl auch noch den Centralwert tvc anf\u00fchren. \u00dcber die Art und Weise, wie wir letzteren Wert bestimmt haben, wird in Abschnitt 3 von \u00a7 19 n\u00e4heres bemerkt werden. Die Zahl der Beobachtungswerte, welche einem angef\u00fchrten Mittelwerte zu Grunde liegt, wird kurz durch n angedeutet und jedesmal unmittelbar neben dem betreifenden Mittelwerte angef\u00fchrt werden.\nEs betrug nun wa\tin Versuchsreihe I in Versuchreihe II\nf\u00fcr die\tVorreihen\t21,0 (n \u2014 52)\t18,9\t{n \u2014 52)\n\u201e\t\u201e\tReihen A, B, C\t14,1(\u00bb=12)\t12,2\t= 12)\n\u201e\t\u201e\tReihen2),2?,\u00fctroch\u00e4isch\t22,2 (n \u2014 12)\t17,6\t(n= 12)\n\u201e\t\u201e\tReihen D, JE,F jambisch\t23,2 (n \u2014 12)\t18,8\t(n 12)","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\nG. E, M\u00fcller und F. Selmmann.\nTrotz der sehr geringen Anzahl angestellter Yersnche liefst sich aus den hier angef\u00fchrten Resultaten doch wenigstens das eine mit Sicherheit schliefsen, dafs bei uns beiden zwei zu demselben Takte geh\u00f6rige Silben einer auswendig erlernten Silbenreihe viel fester miteinander associiert sind, als zwei gleichfalls unmittelbar aufeinanderfolgende, aber verschiedenen Takten angeh\u00f6rige Silben einer solchen Reihe. Denn die Umstellungsreihen mit Taktschonung sind in solchem Grade schneller erlernt worden, als die Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung, dafs gar nicht daran gedacht werden kann, diesen Unterschied lediglich auf zuf\u00e4llige Fehlerquellen oder Voreingenommenheit u. dergl. zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nBemerkenswert, aber wegen der zu geringen Versuchszahl keineswegs beweisend ist der Umstand, dafs die Reihen D, E, F von beiden Versuchspersonen bei troch\u00e4ischem Rhythmus etwas schneller erlernt worden sind, als bei jambischem Rhythmus. Es f\u00e4llt hier ins Gewicht, dafs erstens bei keinem von uns beiden w\u00e4hrend der Ausf\u00fchrung der Versuche betreffs des Einflusses des Rhythmus auf die Erlernung eine vorgefafste Meinung oder \u00fcberhaupt nur ein theoretisches Interesse bestand,1 und dafs zweitens die Betonung der Silben bei troch\u00e4ischer Erlernung jener Reihen umgekehrt war, wie in den Vorreihen, hingegen bei jambischer Erlernung dieselbe war, wie in den Vorreihen, und diese Betonungsverh\u00e4ltnisse der Silben, an und f\u00fcr sich betrachtet, einen Vorteil eher bei der jambischen als bei der troch\u00e4ischen Erlernung erwarten lassen m\u00fcssen.\nOb zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden, aber verschiedenen Takten angeh\u00f6rigen Silben einer bis zur erstmaligen fehlerfreien Reproduktion erlernten Silbenreihe \u00fcberhaupt eine Association von nachweisbarer St\u00e4rke besteht, l\u00e4fst sich auf Grund der oben angef\u00fchrten Versuchsresultate nicht im entferntesten entscheiden. Es kommt hier nicht blofs die geringe Anzahl angestellter Versuche und der Umstand in Betracht, dafs die Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung von der einen Versuchsperson mit einer h\u00f6heren und von der anderen Versuchsperson mit einer geringeren Wiederholungszahl erlernt\n1 Wie oben (S. 88) erw\u00e4hnt, wurde der Beschlufs, die Reihen D, E, F sowohl im troch\u00e4ischen, als auch im jambischen Rhythmus zu lernen, von uns nur wegen eines methodologischen Bedenkens, nicht aber in der Absicht gefafst, den EinfLufs des Rhythmus auf das Lernen zu pr\u00fcfen.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge mr Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n93\nworden sind, als die Vorreihen, sondern noch wichtiger ist folgender Gesichtspunkt. Vergleicht man die Umstellungsreihen D. E, F mit den Vorreihen, so zeigt sich, dafs sich die ersteren von den letzteren nicht blofs durch die in ihnen vorkommenden sechs fraglichen Associationen unterscheiden, sondern auch dadurch, dafs die Silben der Vorreihen ganz neu sind, w\u00e4hrend die Silben jener Umstellungsreihen infolge der vor 24 Stunden vollzogenen Erlernung der entsprechenden Vorreihen ziemlich bekannt und gel\u00e4ufig sind. Ferner ist mit der M\u00f6glichkeit zu rechnen, dafs die Erlernung der Umstellungsreihen in merkbarem Grade durch associative Hemmung beeinflufst worden sei. Ist n\u00e4mlich eine Silbe a mit einer anderen, bisher auf a gefolgten Silbe b associiert, und kommt nun in einer neuen Silbenreihe die Silbe a so vor, dafs nicht 5, sondern eine andere Silbe m auf dieselbe folgt, so kann die Tendenz zur Eeproduktion von b, welche sich an die Silbe a anschliefst, sei es durch wirkliche Eeproduktion von b (associative Hemmung durch aktuelle Eeproduktion), sei es durch einen nur unbewufst verlaufenden Vorgang (associative Hemmung durch nur virtuelle Eeproduktion) die neu zu stiftende Association zwischen a und m erschweren. So ist es z. B. denkbar, dafs die Erlernung einer Umstellungsreihe D durch die Eepro-duktionstendenzen, welche von den Silben I1I9, I\u00ff, 119 u. s. w. ausgingen und auf die Silben JIT10, T10, II10 u. s. w. gerichtet waren, in merkbarem Grade erschwert worden sei. Selbst wenn also die Umstellungsreihen D, E, F nebst den zugeh\u00f6rigen Vorreihen in einer durchaus gen\u00fcgenden Anzahl von Versuchen auswendig gelernt worden w\u00e4ren, so w\u00fcrde ein Vergleich des f\u00fcr jene Umstellungsreihen erhaltenen Wertes von wa mit dem f\u00fcr die Vorreihen erhaltenen Werte doch schwerlich etwas Sicheres hinsichtlich der Frage ergeben, ob zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden, aber verschiedenen Takten angeh\u00f6rigen Silben einer erlernten Silbenreihe eine Association von nachweisbarer St\u00e4rke bestehe. Denn angenommen einerseits, es ergebe sich f\u00fcr jene Umstellungsreihen ein gleich grofser oder gar gr\u00f6fserer Wert von wa als f\u00fcr die Vorreihen, so bleibt fraglich, ob nicht die associative Hemmung dazu gedient habe, eine Erleichterung, welche f\u00fcr die Erlernung jener Umstellungsreihen aus den in ihnen vorhandenen 6 Associationen (und der Bekanntschaft ihrer","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\nG. F. Millier und F. Schumann.\nSilben) entsprungen sei, zu 'kompensieren oder gar zu \u00fcberbieten. Angenommen andererseits, es werde f\u00fcr jene Umstellungsreihen ein geringerer Wert von wa erhalten, als f\u00fcr die Vorreihen, so bleibt der Zweifel \u00fcbrig, ob dieser Vorteil der Umstellungsreihen nicht blofs auf der Bekanntschaft ihrer Silben beruht habe. Nur dann, wenn der Vorteil, den jene Umstellungsreihen hinsichtlich der Erlernung vor den Vorreihen voraush\u00e4tten, von derselben Gr\u00f6fsenordnung w\u00e4re, von welcher nach unseren obigen Resultaten der Vorteil ist, den die Umstellungsreihen mit Taktschonung vor den Vorreihen voraushaben, w\u00fcrde es nicht angehen, die leichtere Erlernung der Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung lediglich auf den Einflufs der Bekanntschaft der Silben zur\u00fcckzuf\u00fchren.\nEin weiterer Mangel der Umstellungsreihen D, E, F besteht darin, dafs bei jambischer Erlernung derselben zwar genau dieselben Silben betont oder nicht betont werden, welche in den entsprechenden Vorreihen betont, bezw. unbetont waren, aber doch der ganze Rhythmus der Erlernung ein anderer ist, als bei Erlernung der Vorreihen. In jenen Umstellungsreihen nehmen bei jambischer Betonung die betonten Silben die zweite Stelle im Takte ein, in den Vorreihen hingegen besafsen diese Silben die erste Stelle im Takte. Es erscheint denkbar, dafs hierdurch die Erlernbarkeit jener Umstellungsreihen beeintr\u00e4chtigt worden sei, und es erhebt sich die Frage, ob solche Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung, welche sowohl hinsichtlich des Rhythmus der Erlernung als auch hinsichtlich des Betontseins oder Nichtbetontseins der einzelnen Silben mit den entsprechenden Vorreihen \u00fcbereinstimmen, nicht zu anderen Resultaten hinf\u00fchren w\u00fcrden, als Umstellungsreihen von dem Typus der obigen Reihen D, E, F.\nUer Einflufs der \u00dcbung machte sich im Verlaufe der Versuchsreihen I und II noch stark geltend. Die f\u00fcr die Erlernung einer Vorreihe erforderliche Wiederholungszahl betrug in Versuchsreihe I an den ersten 3 vollst\u00e4ndigen Versuchstagen durchschnittlich 24,0 an den letzten 3 Versuchstagen 17,3. In Versuchsreihe II waren die entsprechenden Werte 19 und 16,9. Die Versuchsperson S. zeigt in Versuchsreihe I einen viel st\u00e4rkeren Einflufs der \u00dcbung, als die Versuchsperson M. in Versuchsreihe II, entsprechend dem Umstande, dafs im allgemeinen eine Versuchsperson den Einflufs der \u00dcbung um so","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur. Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n95\nausgepr\u00e4gter erkennen lassen wird, je schlechter sie anfangs lernt.\nWas endlich den Einflufs der Zeitlage anbelangt, so trat bereits in den Versuchsreihen / und II ein eigent\u00fcmlicher Unterschied in dem Verhalten der beiden Versuchspersonen M. und S. hervor. W\u00e4hrend S. eine Silbenreihe bei fr\u00fcherer Zeitlage im allgemeinen schneller lernte, als bei sp\u00e4terer Zeitlage, verhielt es sich bei M. umgekehrt. In Versuchsreihe 1 wurde eine Vorreihe von S. bei der ersten Zeitlage durchschnittlich mit 17,2 und bei der letzten Zeitlage durchschnittlich mit 22 Wiederholungen erlernt. In Versuchsreihe //hingegen betrug die f\u00fcr die Vorreihen erforderliche Wiederholungszahl bei der ersten Zeitlage durchschnittlich 21 und bei der letzten Zeitlage durchschnittlich 17.\nSoviel \u00fcber die beiden fr\u00fch abgebrochenen Versuchsreihen 1 und //, die, wie schon angedeutet, f\u00fcr uns in der Hauptsache nur eine orientierende Bedeutung besafsen. Die Vorf\u00fchrung dieser Versuchsreihen und die kritischen Bemerkungen, zu denen uns dieselben Anlais gaben, sollten vor allem dazu dienen, f\u00fcr die etwas umst\u00e4ndlicheren und verwickelteren Darlegungen der nachfolgenden Paragraphen das Interesse des Lesers zu erwecken.\n\u00a7 3. \u00dcber das Verfahren, das in den folgenden Ver su ohs reihen beim Aufbau und bei der Vorf\u00fchrung und Erlernung der Silbenreihen befolgt worden ist.\nSchon das in Versuchsreihe I und II benutzte Verfahren hat infolge der oben (S. 89 f.) angegebenen Art und Weise, wie die zu erlernenden Silbenreihen der Versuchsperson vorgef\u00fchrt wurden, einige Vorz\u00fcge vor dem Verfahren von Ebbingha\u00fcs. Erstens n\u00e4mlich ist es als ein Vorzug zu betrachten, dafs eine gleichzeitige Auffassung mehrerer Silben, welche bei dem Verfahren von Ebbinghaus nicht ausgeschlossen war, bei unserem Verfahren unm\u00f6glich war. Bei unseren Versuchen sind ganz sicher nur solche Associationen von Silben im Spiele, welche von zeitlicher Aufeinanderfolge der betreffenden Silben herr\u00fchren, nicht aber auch solche, welche durch gleichzeitiges Vorf\u00fchren mehrerer Silben bedingt sind. Dieser Umstand verleiht insbesondere unseren Versuchen \u00fcber Association durch blofs mittelbare Folge (\u00a7 9) und \u00fcber","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\nG. E. Muller und F. Schumann.\nr\u00fcckl\u00e4ufige Association (\u00a7 12) in Yergleich zu den entsprechenden Versuchen von Ebbinghaus eine gewisse Bedeutung.\nEin zweiter Vorzug unseres Verfahrens bestand darin, dafs die Gfeschwindigkeit des Ablesens der Silben durch das Kymographion objektiv reguliert wurde und mithin die Versuchsperson der bei den Versuchen von Ebbinghaus vorhanden gewesenen Notwendigkeit enthoben war, behufs Innehaltung des richtigen Tempos beim Ablesen ihre Aufmerksamkeit zugleich auch noch den Schl\u00e4gen eines Metronoms oder dem Ticken einer Uhr zuzuwenden. Was die Geschwindigkeit des Hersagens anbelangt, so setzten wir fest, dafs eine Silbenreihe nur dann als richtig hergesagt gelten solle, wenn jede Silbe schon ausgesprochen worden sei, bevor sie im Gesichtsfelde der Versuchsperson erschien.\nSelbstverst\u00e4ndlich ergab auch noch der Umstand, dafs wir zu zweien operierten, nicht unwesentliche Vorteile. Da n\u00e4mlich, wie schon fr\u00fcher bemerkt, der Versuchsleiter die Silbenreihen anfertigte, so waren dieselben der Versuchsperson nicht schon vor dem Lernen in gewissem Grade bekannt. Ferner konnte der Versuchsperson die n\u00e4here Beschaffenheit der bisher an ihr erhaltenen Resultate und, wenn nicht gerade einer von uns beiden Versuchsperson war, sogar der ganze Zweck der Versuchsreihe w\u00e4hrend der ganzen Dauer der letzteren verborgen bleiben.1 Endlich konnte der Versuchsleiter die Richtigkeit der hergesagten Reihe kontrollieren und w\u00e4hrend der Erlernung der Silbenreihen an der Versuchsperson mancherlei Eigent\u00fcmlichkeiten und Einzelheiten (F\u00e4lle charakteristischen Sicli-ver-sprechens, eigent\u00fcmlicher Betonungsweise u. dergl.) beobachten, \u00fcber welche die Selbstbeobachtung entweder gar keine oder nur unsichere und unvollst\u00e4ndige Auskunft gegeben haben w\u00fcrde.\nTrotz dieser Vorz\u00fcge unseres Verfahrens blieb aber immerhin noch eine Reihe zum Teil ziemlich erheblicher M\u00e4ngel bestehen, deren Abstellung uns im Verlaufe der Versuchsreihen\n1 Audi f\u00fcr den Versudisleiter wurde bei unseren sp\u00e4teren. Versuchsreihen die Vorschrift aufgestellt, dafs er sich bis zu dem Zeitpunkte, wo sich die Frage erhebe, ob die Versuche bereits als entscheidend betrachtet werden k\u00f6nnten oder noch weiter fortzuf\u00fchren seien, jeder Zusammenstellung und Vergleichung der Versuchsresultate zu enthalten habe.","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n97\nJ und II immer mehr unerl\u00e4\u00dflich erschien. Zun\u00e4chst erwies sich das in diesen Versuchsreihen benutzte (geliehene) MAREYsche Kymographion als unzul\u00e4nglich. Die Geschwindigkeit der rotierenden Trommel war n\u00e4mlich weder konstant genug, noch liefs sie sich hinl\u00e4nglich variieren. Man hatte nur die Wahl zwischen drei verschiedenen Rotationsgeschwindigkeiten, indem sich die Trommel auf drei verschieden schnell rotierende Axen (deren Umdrehungsdauer ca. 2, 10 und 30 Sekunden betrug) aufsetzen liefs. Benutzt wurde die mittlere Geschwindigkeit, bei welcher sich die Trommel .einmal in 10,1 Sekunden umdrehte. Hierbei waren aber die Zwischenzeiten zwischen den einzelnen Silben so grofs, dafs nicht ausgeschlossen war, dafs sich die Versuchsperson gelegentlich w\u00e4hrend einer solchen Zwischenzeit einen Teil der vorangegangenen Silben im stillen wiederholte. Um diesem \u00dcbelstande abzuhelfen, liefsen wir uns von der bew\u00e4hrten Hand des Herrn G. Baltzar in Leipzig einen neuen Rotationsapparat anfertigen, der mit Friktionsscheibe und verstellbaren Windfl\u00fcgeln versehen war und infolgedessen, sowie durch Ver\u00e4nderung des treibenden Gewichtes eine beliebige Variation der Geschwindigkeit innerhalb weiter Grenzen ver-stattete. Ein zweiter wesentlicher Vorzug dieses Apparates bestand darin, dafs man an der Stellung eines \u00fcber einer Kreisteilung sich bewegenden Zeigers die Anzahl der Rotationen der Trommel ablesen konnte. Der Versuchsleiter wurde dadurch des l\u00e4stigen und st\u00f6renden Gesch\u00e4ftes der Z\u00e4hlung der einzelnen Rotationen \u00fcberhoben. Eine andere kleine Vorrichtung an dem Apparate erm\u00f6glichte, einen horizontalen Faden dicht vor der rotierenden Trommel in solcher H\u00f6he aufzuspannen, dafs er gerade das Gesichtsfeld der Versuchsperson nach unten begrenzte. Da die Silben sich von unten nach oben bewegten, so wrar der Versuchsleiter durch diese Vorrichtung in stand gesetzt, zu kontrollieren, ob jede Silbe nicht blois richtig, sondern auch fr\u00fchzeitig genug hergesagt worden sei, d. h. hergesagt worden sei, bevor sie von der Versuchsperson \u00fcberhaupt erblickt werden konnte. Der EinfLufs einer etwaigen Selbstt\u00e4uschung der Versuchsperson in letzterer Hinsicht war auf diese Weise v\u00f6llig ausgeschlossen.\nDie Geschwindigkeit der rotierenden Trommel wurde mittelst einer Uhr, welche F\u00fcnftelsekunden angab, in der Weise reguliert, dafs die Zwischenzeiten zwischen den unmittelbar\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\t7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\nG. F. Muller und F. Schumann.\naufeinanderfolgenden Silben so kurz waren, dafs die Versuchsperson w\u00e4hrend derselben sich nicht gut irgend eine der vorangegangenen Silben nochmals vergegenw\u00e4rtigen konnte, auch nicht nach einer mnemonischen HiilfsVorstellung suchen konnte.1 Andererseits aber durfte die Geschwindigkeit der Rotation auch nicht so grofs sein, dafs das Erkennen und Aussprechen der Silben zu schwierig wurde und die Versuchsperson in eine nachteilige Aufregung geriet. Im Laufe unserer Untersuchungen hat sich gezeigt, dafs unter den von uns festgestellten Versuchsbedingungen selbst bei sehr ge\u00fcbten Versuchspersonen nicht gut unter eine Rotationsgeschwindigkeit herabgegangen werden kann, bei welcher 7,9 Sekunden zur Vollendung einer Umdrehung erforderlich sind.2 Die Rotationsgeschwindigkeit wurde, zumal in den sp\u00e4teren Versuchsreihen, wo es sich um feinere Fragen handelte, m\u00f6glichst sorgf\u00e4ltig, sogar noch w\u00e4hrend des Lernens (w\u00e4hrend der ersten Wiederholungen der Silbenreihe) kontrolliert und m\u00f6glichst konstant erhalten und sehr bald auch in das Versuchsprotokoll aufgenommen.\nBesonders st\u00f6rend erwies sich in den vorangegangenen Versuchsreihen noch die grofse Ungleichf\u00f6rmigkeit der verschiedenen Silbenreihen, deren Zusammensetzung ja fast ganz dem Zufall \u00fcberlassen gewesen war. Die Beobachtung ergab leicht, durch welche Umst\u00e4nde eine Ungleichf\u00f6rmigkeit der Silbenreihen haupts\u00e4chlich bewirkt wird. Es zeigte sich n\u00e4mlich, dafs die Erlernung einer Silbenreihe besonders erleichtert wird,\n1.\twenn eine oder mehrere Allitterationen Vorkommen, d. h. zwei oder mehrere benachbarte Silben den gleichen Anfangskonsonanten besitzen;\n2.\twenn sich zwei Silben aufeinander reimen;\n3.\twenn zwei unmittelbar aufeinanderfolgende1 Silben oder\n1\tDie Versuchspersonen waren selbstverst\u00e4ndlich stets strengstens dahin instruiert, dafs sie die stille Wiedervergegenw\u00e4rtigung soeben hergesagter Silben, die Anwendung mnemoniseher H\u00fclfen u. dergl. ganz zu unterlassen h\u00e4tten. Wir suchten uns aber sicherheitshalber auch noch durch das \u00e4ufsere Versuchs verfahren m\u00f6glichst vor \u00dcbertretungen dieser Regeln zu sch\u00fctzen.\n2\tDie Dimensionen der Trommel des neuen Apparates waren die\ngleichen, wie die der Trommel des fr\u00fcher benutzten Apparates ,(S. 89). Ebenso blieben die Abst\u00e4nde der Silben voneinander stets dieselben, wie fr\u00fcher (S. 90; Anmerkung 1).\t.......... 1","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n99\ndie Anfangssilben zweier unmittelbar aufeinanderfolgender Takte denselben Yokal oder Diphthong enthalten;\n4.\twenn der Anfangskonsonant der ersten Silbe und der Endkonsonant der zweiten Silbe eines (aus zwei Silben bestehenden) Taktes oder der Endkonsonant einer Silbe und der Anfangskonsonant der n\u00e4chsten Silbe identisch sind;\n5.\twenn zwei oder mehr Silben ein Wort (z. B. weib lieh) oder eine Phrase (z. B. gib mir) bilden.\nDagegen wirkt hinderlich f\u00fcr die Erlernung eine Anh\u00e4ufung von Diphthongen und schwerer aussprechbaren Konsonanten, wie sch und z.\nBesteht zwischen zwei derselben Beihe angeh\u00f6rigen Silben \u00c4hnlichkeit, z. B. volle \u00dcbereinstimmung hinsichtlich zweier Buchstaben, so kann hierdurch die Erlernung der Silbenreihe je nach Umst\u00e4nden beschleunigt oder auch (durch Bewirkung von Verwechselungen) verz\u00f6gert werden.\nUm nun die Silbenreihen m\u00f6glichst gleichf\u00f6rmig und vergleichbar zu machen, bedienten wir uns bei der Herstellung derselben eines Verfahrens, welches bei genauer Durchf\u00fchrung das Vorkommen der hier angef\u00fchrten, die Gleichf\u00f6rmigkeit st\u00f6renden Faktoren v\u00f6llig ausschliefsen nmiste. Die Silbenreihen, welche mittelst dieses neuen Verfahrens hergestellt wurden, bestanden s\u00e4mtlich aus 12 Silben und werden von uns kurz als normale Silbenreihen bezeichnet werden. Die Art ihrer Herstellung war folgende.\nVon den 17 Anfangskonsonanten i, d, f, g, h, j, h, l, m, n, p, r, s, t, w_, z, sch1 2 war ein jeder auf einen kleinen Zettel (ein weifses Pappst\u00fcck) geschrieben. Diese Zettel wurden durcheinander gemischt und in einen Kasten gelegt, in welchem sie dem Blick des Versuchsleiters entzogen waren. Ebenso wurden in einen zweiten Kasten Zettel mit den 11 (12) Vokal-lauten3 und in einen dritten solche mit den 12 Endkonsonanten f, 7c, l, ni, n, p, r, s, t, z, ch, sch gelegt. Behufs Anfertigung einer zw\u00f6lfsilbigen Beihe wurde nun aus den K\u00e4sten der Anfangskonsonanten, der Vokallaute und der Endkonsonanten\n1\tVon der Benutzung des sch als Anfangskonsonanten wurde sp\u00e4terhin gelegentlich (in Versuchsreihe XII) Ahstand genommen.\n2\tUnter Vokallauten verstehen wir in dieser Abhandlung der K\u00fcrze halber nicht blofs die Vokale a, e, i, o, u, sondern auch noch die\nvon uns benutzten Diphthonge \u00e4, \u00f6, \u00fc, au, ei, eu.\nT","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nje ein Zettel blindlings genommen, und die auf diesen Zetteln stehenden Buchstaben wurden zur ersten Silbe kombiniert. Die auf den drei n\u00e4chstergriffenen Zetteln stehenden Buchstaben bildeten die zweite Silbe u. s. f. Die Buchstaben, welche zur Bildung einer Silbe gedient hatten, wurden nat\u00fcrlich so lange nicht in die entsprechenden K\u00e4sten zur\u00fcckgelegt, bis der Aufbau der ganzen Silbenreihe beendet war. Durch dieses Verfahren erreichten wir ohne weiteres, dafs alle Anfangsund alle Endkonsonanten einer Silbenreihe verschieden waren. Von den Vokallauten kam allerdings zun\u00e4chst einer zweimal vor, da ja im ganzen nur 11 zur Verf\u00fcgung standen. Die beiden Silben mit demselben Vokale wurden aber stets mindestens durch zwei andere Silben in der Reihe voneinander getrennt. Sehr bald (schon k\u00fcrz nach Beginn von Versuchsreihe III) f\u00fchrten wir indessen, um 12 Vokallaute zur Verf\u00fcgung zu haben, die Unterscheidung von aa (langem a) und a (kurzem a) ein, die sich durchaus bew\u00e4hrt hat.\nDurch das hier angedeutete Verfahren der Silbenbildung wurde erreicht, dafs das Vorkommen der oben (auf S. 98) unter 1., 2. und 3. angef\u00fchrten F\u00e4lle (von Allitteration, Reim, Assonanz) sowie eine Anh\u00e4ufung von Diphthongen und schwerer aussprechbaren Konsonanten in einer Silbenreihe ganz ausgeschlossen war. Es handelte sich nun noch darum, auch das Vorkommen der oben unter 4. und 5. angef\u00fchrten F\u00e4lle zu vermeiden. Dies geschah in der Weise, dafs der Anfertiger der Silbenreihen bei Hinzuf\u00fcgung einer neuen Silbe zu den bereits vorhandenen erst nachsah, ob durch Anf\u00fcgung der neuen Silbe an die letzte der bereits vorhandenen Silben nicht einer von jenen F\u00e4llen geschaffen werde. War dies der Fall, so wurde die betreffende Silbe an den n\u00e4chsten passenden Platz gesetzt, und zwar im allgemeinen an einen dem Ende der Silbenreihe n\u00e4heren' Platz, und nur, wenn dies nicht m\u00f6glich war, wenn es sich also z. B. um die letzte Silbe der Reihe handelte, an einen dem Anf\u00e4nge der Silbenreihe n\u00e4heren Platz.\nVermieden wurde \u00fcbrigens nur, dafs zwei oder mehr Silben buchst\u00e4blich ein Wort oder eine Phrase bildeten. Denn h\u00e4tten wir die Vorschrift aufgestellt, dafs Silbenfolgen, welche bestimmten mehrsilbigen W\u00f6rtern oder Phrasen sehr \u00e4hnlich seien und infolge dieser \u00c4hnlichkeit sich vermutlich besonders","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 101\nleicht einpr\u00e4gten.,1 gleichfalls auszuschliefsen seien, so h\u00e4tten wir dem subjektiven Ermessen des Versuchsleiters Einflufs auf den Aufbau der Silbenreihen verstautet, da ja die Entscheidung dar\u00fcber, ob eine Anzahl unmittelbar aufeinanderfolgender Silben einem mehrsilbigen Worte oder einer Phrase noch hinl\u00e4nglich \u00e4hnlich sei oder nicht, durchaus eine Sache subjektiven Ermessens gewesen sein w\u00fcrde,. Wir haben es aber f\u00fcr unbedingt n\u00f6tig angesehen, den Aufbau der Silbenreihen in jeder Beziehung so vor sich gehen zu lassen, dafs bei demselben ein subjektives Ermessen oder Vergleichen des Versuchsleiters gar keine Rolle spielen konnte, so dafs der Versuchsleiter \u00fcberhaupt gar nicht in die Lage kam, infolge irgendwelcher Voreingenommenheit durch eine Art von Selbstbetrug f\u00fcr die eine der miteinander zu vergleichenden Versuchskonstellationen die Silbenreihen etwas leichter machen zu k\u00f6nnen, als f\u00fcr die andere. Aus diesem Grunde waren f\u00fcr alle, auch die scheinbar belanglosesten F\u00e4lle und Eventualit\u00e4ten ganz bestimmte Regeln aufgestellt,2 so dafs der Aufbau der Silbenreihen absolut nur von dem Zufall und den aufgestellten Regeln, in keiner Weise aber von dem willk\u00fcrlichen Ermessen des Versuchsleiters bestimmt wurde. ,\nEs er\u00fcbrigt noch, anzugeben, auf welche Weise wir Vorsorge getroffen haben, dafs eine Silbe, welche beim Aufbau einer Silbenreihe verwandt worden war, nicht zu bald bei Bildung einer anderen neuen Silbenreihe wieder benutzt wurde. In der grofsen Mehrzahl der Versuchsreihen haben wir zu diesem Zwecke folgendes Verfahren befolgt. S\u00e4mtliche Silben, welche wir \u00fcberhaupt benutzen wollten, waren in alphabetischer Ordnung in ein Heft (Silbenbuch) eingetragen, dessen Seiten durch Linien in kleine Quadrate eingeteilt waren. In jedes\n1\tBeil\u00e4ufig mag hier bemerkt werden, dafs die \u00c4hnlichkeit einer Anzahl unmittelbar aufeinanderfolgender Silben mit einem mehrsilbigen Worte oder einer Phrase die Erlernung der betreffenden Silbenreihe nicht stets beschleunigt, sondern durch Bewirkung von Versprechen gelegentlich auch verz\u00f6gert.\n2\tUm die Geduld des Lesers nicht zu ersch\u00f6pfen, haben wir diese Detailvorschriften nicht s\u00e4mtlich ausdr\u00fccklich angef\u00fchrt, wohl aber hier soviel mitgeteilt, dafs ein einsichtiger Leser eventuell selbst ohne weiteres die Lichtung erraten wird, in welcher sich unsere Detailvorschriften f\u00fcr bestimmte F\u00e4lle bewegt haben.","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\nGr. JE. M\u00fcller und F. Schumann.\nQuadrat war eine Silbe geschrieben. War nun in der oben beschriebenen Weise eine Silbe gebildet, so wurde sie sofort in dem Verzeichnisse aufgeschlagen, und in das f\u00fcr sie bestimmte Quadrat wurde eine Ziffer eingetragen, welche von 14 Tagen zu 14 Tagen wechselte. W\u00e4hrend der ersten 14 Tage diente die Ziffer 1 zur Bezifferung der Silben, w\u00e4hrend der n\u00e4chsten 14 Tage die Ziffer 2 u. s. f. Sah man nun an der Bezifferung einer Silbe, dafs dieselbe in der letztverflossenen Bezifferungsr p\u00e9riode benutzt worden sei, so wurde der Endkonsonant derT selben in den Kasten, welcher die Endkonsonanten enthielt, zur\u00fcckgelegt und aus diesem ein anderer Buchstabe herausgenommen. War auf letzterem Wege Abh\u00fclfe nicht zu schaffen (wie z. B. der Fall war, wenn es sich um die letzte Silbe der Reihe handelte), so wurde der Anfangskonsonant der Silbe ver\u00e4ndert, indem einer der 5 bei Bildung der betreffenden Silbenreihe nicht benutzten Anfangskonsonanten ergriffen wurde. Durch dieses Verfahren erreichten wir, dafs die Zwischenzeit, welche zwischen zwei Benutzungen einer und derselben Silbe verstrich, allermindestens 14 Tage betrug, in der Regel aber viel l\u00e4nger war.\nRieht alle Silben, welche aus den oben angef\u00fchrten Anfangskonsonanten, Vokallauten und Endkonsonanten durch Kombination gebildet werden k\u00f6nnen, wurden von uns benutzt. Vielmehr waren in dem Silbenbuche einige besonders schwer aussprechbare Silben gestrichen worden, z. B. die Silben gaasch, g\u00e4sch, g\u00f6sch, g\u00fcsch, gausch, geisch, geusch, schaach, sch\u00e4ch, schock, sch\u00fcch, schauch, scheich, scheuch, schasch, schesch, schisch u. s. w. Im ganzen wurden 2210 Silben in der grofsen Mehrzahl der Versuchsreihen von uns benutzt.\nSp\u00e4terhin (in Versuchsreihe XII) haben wir uns behufs Feststellung, ob eine Silbe innerhalb eines bestimmten Zeitraumes bereits vorgekommen sei, eines Verfahrens bedient, welches bedeutend geringere M\u00fche und Zeitaufwand erforderte. An die Stelle des Silbenbuches trat einfach ein auf d\u00fcnner Pappe aufgeklebter, weifser Papierbogen (Silbentafel) von ca. 43 cm Breite und 39 cm H\u00f6he. Derselbe war in der durch nachstehende Abbildung dargestellten Weise durch geradlinige Striche in 16 vertikale und 12 horizontale Reihen kleiner rechteckiger Felder geteilt. Von den 16 vertikalen Felderreihen entsprach jede einem der zu benutzenden 16 Anfangs-","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 103\nkonsonanten, von den 12 horizontalen Felderreihen jede einem der 12 Vokallaute,\n.Silbentafel.\n\tb\td\tf\t9\th\t3\tJe\tl\tm\tn\tp\tr\ts\tt\tw\tz\t\na\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ta\naa\t\tmt\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\taa.\ne\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\te\ni\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\ti\n0\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t0\nu\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t. u\n\u00e4\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t&\n,\u00f6\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\u00df\n\u00fc\t\t\u25a0\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\u00fc\nau\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\tau\nei\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\tei\neu\t\t.\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\t\teu\n\tb\td\tf\t9\th\t3\tJe\tl\tm\tn\tP\tr\ts\tt\tw\tz\t\n\"War nun in der oben angegebenen Weise durch je einen Griff in die K\u00e4sten, der Anfangskonsonanten, Vokallaute und Endkonsonanten eine Silbe erhalten worden, so wurde, falls die Silbe zul\u00e4ssig war, der Endkonsonant derselben in dasjenige Feld der Silbentafel eingetragen, welches sowohl in die dem Anfangskonsonanten der Silbe entsprechende vertikale Felderreihe, als auch in die dem Vokallaute der Silbe entsprechende horizontale Felderreihe fiel. Gleichzeitig wurde der in dieses Feld eingetragene Endkonsonant mit der Ziffer des Versuchstages versehen. So ist z. B. in vorstehender Abbildung der Silbentafel die Silbe daam als am ersten Versuchstage, die Silbe pus als am f\u00fcnften und die Silbe pim als am neunten Versuchstage vorgekommen eingetragen. Es gen\u00fcgte nun bei jeder Silbe ein Blick auf das Feld, in welches der Endkonsonant derselben eventuell einzutragen war, um sich","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\nG. E. Muller und F. Schumann.\nzu vergewissern, ob, bezw. an welchem Versuchstage dieselbe bereits dagewesen sei. War sie an einem der letztverflossenen 10 Versuchstage dagewesen, so wurde sie in der oben angegebenen Weise so lange abge\u00e4ndert, bis sie zul\u00e4ssig war.\nIn den Versuchsreihen IX\u2014XIII wurden die Anforderungen an die Silbenreihen, nicht auf Grund blofser theoretischer Spekulation oder infolge gewissen Vollst\u00e4ndigkeitsdranges, sondern in Hinblick auf thats\u00e4chlich nicht selten beobachtete St\u00f6rungen bestimmter Art, noch erheblich gesteigert. Wir stellten n\u00e4mlich noch die Vorschrift auf, dafs niemals in den Silbenreihen, welche von einer Versuchsperson an einem und demselben Tage erlernt w\u00fcrden, Silben Vorkommen d\u00fcrften, welche hinsichtlich der beiden ersten Buchstaben (wie z. B. die Silben maf und mar) oder hinsichtlich der beiden letzten Buchstaben (wie z. B. die Silben maf und saf) oder hinsichtlich des Anfangs- und des Endkonsonanten (wie z. B. die Silben maf und mif) miteinander \u00fcbereinstimmten. Diese versch\u00e4rfenden Regeln hinsichtlich des Aufbaues der Silbenreihen lassen sich gleichfalls mit H\u00fclfe der Silbentafel leicht in systematischer Weise durchf\u00fchren.1 Angenommen z. B., es sei die Silbe maf gegeben, und es solle zugesehen werden, ob heute in dieser Versuchsreihe schon eine Silbe benutzt worden sei, welche mit ma anf\u00e4ngt, so braucht man blofs das Eeld, in welches eventuell der Endkonsonant f der Silbe maf mit der Ziffer des heutigen Versuchstages versehen einzutragen ist, daraufhin anzusehen, ob bereits ein anderer mit der Ziffer des heutigen Versuchstages versehener Endkonsonant in dasselbe eingetragen sei. Um ferner festzustellen, ob heute bereits eine Silbe vorgekommen sei, welche mit af endige, hat man blofs den Blick \u00fcber die dem a entsprechende horizontale Felderreihe gleiten zu lassen und darauf zu achten, ob sich unter den in diese Felder zuletzt eingetragenen Konsonanten auch ein mit der Ziffer des heutigen Versuchstages versehenes f befinde. Um sich endlich zu vergewissern, ob heute bereits eine Silbe dagewesen sei, welche m als Anfangs- und f als Endkonsonanten besitze, hat man nur den Blick \u00fcber die dem m entsprechende\n1 Auf die Darlegung des komplicierten Verfahrens, durch welches wir vor Benutzung der Silbentafel diesen versch\u00e4rfenden Vorschriften gen\u00fcgt haben, glauben wir verzichten zu k\u00f6nnen.","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge mr Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 105\nvertikale Felderreihe wandern zu lassen und zuzuselien, ob siolr unter den Konsonanten, welche in die Felder dieser Vertikalreilie zuletzt eingetragen worden sind, auch ein mit der Ziffer des heutigen Versuchstages versehenes f befindet. Es ist also, wie hiermit ersichtlich sein d\u00fcrfte, bei Benutzung der Silbentafel die Kontrolle \u00fcber die Silben in verschiedener Richtung ganz wesentlich erleichtert, und k\u00f6nnen wir nur bedauern, nicht schon fr\u00fcher auf das Verfahren mit der Silbentafel gekommen zu sein.\nWie fr\u00fcher erw\u00e4hnt, wurden die Versuchsreihen I und 11 nebeneinander durchgef\u00fchrt, d. h. an jedem Versuchstage war jeder von uns beiden sowohl Versuchsperson als auch Versuchs^ leiter. In den nachfolgenden Versuchsreihen machte indessen der ziemlich umst\u00e4ndliche und die Aufmerksamkeit stark in Anspruch nehmende Aufbau der Silbenreihen, das dreimalige Aufschreiben derselben,1 das Zuh\u00f6ren bei dem lauten Lesen und Hersagen der Versuchsperson die Silben und Silbenfolgen, welche in den von der Versuchsperson zu erlernenden Silbenreihen vorkamen, dem Versuchsleiter sehr gel\u00e4ufig. Kamen nun zuf\u00e4llig einige dieser Silben in einer oder mehreren derjenigen Silbenreihen vor, welche der Versuchsleiter an demselben Tage oder an einem der n\u00e4chstfolgenden Tage als Versuchsperson einer anderen gleichzeitig mit ausgef\u00fchrten Versuchsreihe zu lernen hatte, so konnte hieraus, wie die Erfahrung zeigte, auf verschiedene Weise eine St\u00f6rung f\u00fcr die zweite Versuchsreihe entspringen, die Vergleichbarkeit der Resultate, welche f\u00fcr verschiedene derselben angeh\u00f6rige Silbenreihen erhalten wurden, auf verschiedene Weise beeintr\u00e4chtigt werden. Aus diesem Grunde wurde sp\u00e4terhin auch noch die Vorschrift befolgt, dafs keiner von uns beiden gleichzeitig als Versuchsleiter der einen und als Versuchsperson einer anderen Versuchsreihe fungieren d\u00fcrfe.\nSoviel \u00fcber die Vorsichtsmafsregeln, durch welche wir glauben, die zu erlernenden Silbenreihen wesentlich gleichartiger gemacht zu haben. Zur n\u00e4heren Rechtfertigung dieser etwas umst\u00e4ndlichen Mafisregeln werden wir in \u00a7 18 noch einiges bemerken. Hier ist noch hervorzuheben, dafs bei\n1 Die zu erlernenden Silhenreihen wurden aus verschiedenen Gr\u00fcnden auch noch vollst\u00e4ndig in das Versuchsprotokoll eingetragen.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\nG. F. M\u00fcller und F. Schumann.\nl\u00e4ngerer Fortsetzung der Versuche die Silbenreihen immer gleichartiger werden (abgesehen nat\u00fcrlich von den willk\u00fcrlich eingef\u00fchrten Verschiedenheiten derselben), indem die Versuchsperson einerseits sich immer mehr an die schwerer aussprechbaren Silben gew\u00f6hnt und andererseits f\u00fcr die associativen Beziehungen der Silben und Silbenfolgen, ihre Ankl\u00e4nge an bekannte W\u00f6rter oder Phrasen u. dergl. immer gleichg\u00fcltiger wird. Da der Versuchsleiter bei Bildung der Silbenreihen mancherlei Pegeln zu beobachten hatte, so kamen nat\u00fcrlich hin und wieder in der Beschaffenheit der Silbenreihen kleine Verst\u00f6fse vor. Wurden solche sp\u00e4terhin (z. B. beim Lernen) entdeckt, so wurden sie mindestens notiert, wom\u00f6glich aber sofort abgestellt, damit die betreffende Silbenreihe wenigstens sp\u00e4terhin bei etwaiger Erlernung durch eine andere Versuchsperson ganz normal sei.\nZum Schl\u00fcsse fassen wir nochmals kurz die Eigenschaften zusammen, welche eine von uns als normal bezeichnete Silbenreihe besitzt. Eine solche Silbenreihe erf\u00fcllt folgende Anforderungen:\t\u2022\t\u25a0\n1.\tAlleAnfangskonsonanten, Vokallaute und Endkonsonanten sind verschieden.\n2.\tDer Anfangskonsonant einer Silbe stimmt nie mit dem Endkonsonanten der unmittelbar vorhergehenden Silbe \u00fcberein.\n3.\tDer Anfangskonsonant der ersten und der Endkonsonant der zweiten Silbe eines und desselben Taktes sind niemals identisch.\n4.\tZwei oder mehrere unmittelbar aufeinanderfolgende Silben bilden, buchst\u00e4blich genommen, nie ein bekanntes mehrsilbiges Wort oder eine Phrase.\nBezeichnen wir Silbenreihen als versch\u00e4rft normale, so gen\u00fcgen sie aufserdem noch der oben (S. 104 f.) erw\u00e4hnten Vorschrift, dafs an einem und demselben Tage nicht Silben Vorkommen d\u00fcrfen, welche hinsichtlich ihrer beiden ersten oder hinsichtlich ihrer beiden letzten Buchstaben oder hinsichtlich ihrer Anfangs- und Endkonsonanten ' miteinander \u00fcbereinstimmen.\t. ;\n\u00a7 4. Die Versuchsschemata von Versuchsreihe III, IV und V.\nWie auf S. 93 f. erw\u00e4hnt, unterschieden sich die Umstellungsreihen der Versuchsreihen I und II von den ent-","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 107\nsprechenden Vorreihen nicht blofs durch die in ihnen vorhandenen, der Erlernung der Yorreihen entstammenden Associationen, sondern auch durch die Bekanntschaft ihrer Silben, sowie durch den Umstand, dafs ihre Erlernung m\u00f6glicherweise durch associative Hemmung erschwert wurde. Es ist also zu einer sicheren Bemessung der Ersparnis an Wiederholungen, welche bei Erlernung einer derartigen Umstellungsreihe, durch die in ihr vorhandenen, von der Erlernung der Vorreihen herr\u00fchrenden Associationen bewirkt wird, \u00fcberhaupt nicht zu gelangen, solange man die f\u00fcr die Umstellungsreihen erhaltenen Werte der erforderlichen Wiederholungszahl w nur mit den f\u00fcr die Vorreihen erzielten Werten von w vergleichen kann. Wir glauben daher, in den Versuchsreihen III, IV und V, welche denselben Fragen galten, wie die Versuchsreihen /und.II, einen wesentlichen Fortschritt dadurch erzielt zu haben, dafs wir neben den Umstellungsreihen, in denen eine Anzahl von Associationen der zu untersuchenden Art vorhanden war, zum Vergleich noch andere Umstellungsreihen erlernen liefsen, welche sich von ersteren Umstellungsreihen nur durch das Nichtvorhandensein jener Associationen unterschieden, hingegen die Bekanntschaft der Silben, sowie die associative Hemmung mit denselben gemeinsam hatten.\nWir f\u00fchren im nachstehenden kurz die Schemata der in Versuchsreihe III erlernten Silbenreihen an.\nNachdem am ersten Versuchstage (dem selbstverst\u00e4ndlich einige wiederein\u00fcbende Vor versuche vorausgegangen waren) 6 Vorreihen in troch\u00e4ischem Rhythmus erlernt worden waren, wurden am zweiten Versuchstage im gleichen Rhythmus 6 Umstellungsreihen erlernt, welche aus den vor 24 Stunden erlernten Vorreihen nach folgendem Schema gebildet waren:\nK:\t\u25a0 In\tir12|\tk\tiy10\ti k\t>v\tL 0\tir*\tk\tiy, i\tk\tlY\n\t: IJn\tY* 1\tu9\tn10\t! Y\tn\t1 Ik\tik\ti y\ty a\tIk\tn2\nLu:\tIIIx\triiol\t\tin*\tm\tYk\t\\Yk\tiik\tui\tYk\t\\ yk\tHk*\nvu\t\tkt\ti iy,\tko\t! iv,\tk\t1 iv\\\tk\t\\iY\tk\\\tIV\\\tk\nSu:\tYr\tIkt\t\\\tV9\t. y10\t1 ik\tik\t\\ Y\tn\tik\tIk\\\tY\tY\nLu-\tvk\tn\u00ef10\t\\UIu\tyjk\t>'/. ///,\t\tUl\tVk 1\tvkiHA\t\tiik\tYk\u00bb\nDie Umstellungsreihen besitzen die Eigent\u00fcmlichkeit, dafs ihre Erlernung durch je 5 Associationen erleichtert wird,","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\nG. E. Muller und F. Schumann.\nwelche bei Erlernung der Vorreihen zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden, demselben Takte angeh\u00f6rigen Silben gestiftet worden sind. Sie sind also der fr\u00fcheren Bezeichnungsweise gem\u00e4fs Umstellungsreihen mit Taktschonung, und zwar solche mit unver\u00e4nderter Betonung der Silben, da in ihnen dieselben Silben betont oder unbetont sind, welche in den Vorreihen betont, bezw. unbetont waren. Die Umstellungsreihen Lu sind Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung, da in ihnen je 5 Associationen vorhanden sind, welche bei Erlernung der Vorreihen zwischen 2 unmittelbar aufeinanderfolgenden, aber verschiedenen Takten angeh\u00f6rigen Silben hergestellt worden sind. Auch in ihnen ist die Betonung der Silben und die Stellung der Silben im Takte unver\u00e4ndert.1 Die Umstellungsreihen Vu endlich sind die Vergleichsreihen, welche sich von den Reihen Su und Lu nur dadurch unterscheiden, dafs ihre Erlernung nicht durch irgendwelche beim Auswendiglernen der Vorreihen gestiftete Associationen von in Betracht kommender St\u00e4rke unterst\u00fczt wird. Vergleicht man also die f\u00fcr die Reihen Su und Lu erhaltenen Durchschnittswerte von w mit dem f\u00fcr die Reihen V\u201e erhaltenen Durchschnittswerte, so wird man bei gen\u00fcgender Versuchszahl ein ganz sicheres Bild von der St\u00e4rke der 5 Associationen gewinnen, welche in die Reihen Su! bezw. L\u201e absichtlich eingef\u00fchrt worden sind, und mit Sicherheit feststellen, ob Associationen, welche bei Erlernung einer Silbenreihe zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden, aber verschiedenen Takten angeh\u00f6rigen Silben gestiftet worden sind, nach Verlauf von 24 Stunden (bezw. eines anderen bestimmten Zeitraumes) \u00fcberhaupt noch eine experimentell nachweisbare St\u00e4rke besitzen.\nHierbei ist nun noch folgender Punkt nicht ganz zu \u00fcbersehen. Vergleicht man die beiden Reihen Vu mit den beiden Reihen Su: so zeigt sich, dafs in jeder dieser Reihen die erste Silbe des 2., 3., 4., 5., 6. Taktes eine starke Reproduktionstendenz mit sich f\u00fchrt, n\u00e4mlich die Tendenz, diejenige Silbe zu reproducieren, welche ihr in der entsprechenden Vorreihe\n1 Durch den Umstand, dals in ihnen nicht blofs die Betonung der Silben, sondern auch die Stellung derselben im Takte dieselbe ist, wie in den Vorreihen, unterscheiden sich die obigen Beihen Lu zu ihrem Vorteile von den jambisch erlernten Beihen D, E, F (S. 87) der Versuchsreihen I und II. Man vergleiche hierzu die Bemerkung auf S. 94.","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 109\nals Bestandteil desselben Taktes unmittelbar gefolgt ist. In den Reihen S\u201e nun entsprechen die zweiten Silben der letzten 5 Takte den von den ersten Silben derselben Takte ausgehenden Reproduktionstendenzen, in den Reihen V\u201e hingegen ist dies nicht der Fall, so dafs in diesen Reihen die von den ersten Silben der letzten \u00f6 Takte ausgehenden Reproduktionstendenzen f\u00fcr die Erlernung nicht f\u00f6rderlich, sondern hinderlich wirken, falls \u00fcberhaupt beim Lernen dieser Umstellungsreihen die associative Hemmung sich geltend macht. Entsprechendes, wie bei der Vergleichung der Reihen Su und Vu) zeigt sich auch bei Vergleichung der Reihen L\u201e und V\u201e. Es ist also das Verfahren mit den obigen Umstellungsreihen \u00e4ufserst zweckm\u00e4fsig, weil bei demselben die zu untersuchenden Associationen nicht blofs in den einen Reihen f\u00f6rderlich, sondern zugleich auch in den anderen Reihen, den Vergleichsreihen, hemmend wirken, so dafs, falls \u00fcberhaupt die associative Hemmung bei Erlernung dieser Umstellungsreihen sich in merkbarem Grade geltend macht, durch dieselbe die zu untersuchenden Associationen merkbarer und leichter konstatierbar werden. Wie leicht ersichtlich, hat diese eventuelle . Wirkung der associativen Hemmung nicht die Folge, dafs die miteinander zu vergleichenden Associationen, welche infolge der Erlernung der Vorreihen einerseits in den Reihen Su und andererseits in den Reihen Lu vorhanden sind, nicht in ihrem richtigen St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse zu Tage treten. Denn der st\u00e4rkeren Association mufs unter sonst gleichen Umst\u00e4nden stets auch die st\u00e4rkere associative Hemmung entsprechen.\nAbgesehen von denjenigen 5 Stellen (Silben) der Reihen Su und der Reihen Vn, wo die zu untersuchenden 5 Associationen ins Spiel treten, verhalten sich die ersteren Reihen hinsichtlich der associativen Hemmung genau so wie die letzteren Reihen, wie ein Blick auf die obigen Schemata ohne weiteres zeigt. Das Entsprechende gilt von den Reihen Lv in Vergleich zu den Reihen Vu.\nIm \u00fcbrigen bedarf der Aufbau der obigen Umstellungsreihen keiner weiteren Erl\u00e4uterung; auch w\u00fcrde ein Eingehen auf Einzelheiten in dieser Beziehung die Geduld des Lesers zu sehr ersch\u00f6pfen. Der Aufbau dieser Reihen ist durchaus von der Absicht beherrscht, die einzelnen Reihen so zu gestalten, dafs bei der Erlernung der Reihen Su und Lu nur die be-","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"110\nG. E. Muller und F. Schumann.\ntreffenden 5 zu untersuchenden Associationen, bei der Erlernung der Reihen Vu aber \u00fcberhaupt gar keine Associationen von in Betracht kommender St\u00e4rke sich h\u00fclfreich geltend machen k\u00f6nnen. Da die Silben der zuerst zur Erlernung kommenden Reihe Vu, Su oder Lx die Silben der zweiten Reihe der gleichen Art in gewisse Bereitschaft versetzen m\u00fcssen, so wurden, um diesen Einflufs m\u00f6glichst zu verringern, in der Reihenfolge der an einem und demselben Tage zu erlernenden Umstellungsreihen immer zwei Reihen gleicher Art durch zwei Reihen der beiden anderen Arten getrennt, wie dies das obige Schema des zweiten Versuchstages veranschaulicht.\nAm dritten Versuchstage wurden abermals . 6 Vorreihen im troch\u00e4ischen Rhythmus erlernt. Am vierten Versuchstage wurden 6 Umstellungsreihen troch\u00e4isch erlernt, welche aus den am dritten Versuchstage erlernten Umstellungsreihen nach folgendem Schema gebildet waren:\nV,\t:iU2\tJul\tIV*\t1'\u00bb 1\tiyw\tii\t1 -rr8\tI,\t\\iye\th\\\tiv,\tII\nS, :\t: n,\t11,\t1 nw\t\u25a0 1\tVa o\tih\t! He\tys\t1 n\tni\tha\tVu\nLv\t: VI,\t\t1 yi, \u00ab\tyin\t1 Ills\tHl9\t1 y le\tyii \\\tni4\tHI5\t1 VI2\tyi*\nK\t: I2\tIVU\tIn\tiy9\tIn\t/F,\th\tiy,\\\th\tiyb\t' h\tIV1\nSv:\t\u25a0 \"n\tn\t1 ^0\tn\t1 Hs\tbs\t1 ye\tHbI\th\\\tVt\t\\ v%\tUn\nL\u201e:\tin,\tyii\u00bb\t\\in10\tHin\t\\ yis\tyi9\tni.\tni\\\ty h\tyi.\t1111%\tIIIa\nWie ohne weiteres zu erkennen, sind die beiden Reihen Bt-Umstellungsreihen mit Taktschonung und die beiden Reihen Lv Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung. Die Reihen Vv sind die zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen. Und zwar unterscheiden . sich diese Umstellungsreihen von den Umstellungsreihen, welche nach dem oben mitgeteilten Schema des zweiten Versuchstages gebildet worden sind, dadurch, dafs in ihnen (abgesehen von dem ersten Takte der Reihen L\u201e) die Betonung der Silben und die Stellung derselben im Takte, umgekehrt ist, wie in den Vorreihen. Dieselben Silben, welche in den Vorreihen betont waren,, sind hier zu unbetonten g\u00e8worden, und umgekehrt. Diese Umstellungsreihen sollten eben zur Beantwortung der Frage dienen, in welchem Grade die Ersparnis, welche bei der Erlernung von Umstellungsreihen mit Taktschonung oder mit Taktl\u00f6sung in Vergleich zu den entsprechenden Vergleichsreihen erzielt wird, sich danach bestimmt,, ob die Betonung der Silben","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\nm\nund die Stellung derselben im Takte in den Umstellungsreiken dieselbe oder die umgekehrte ist, wie in den Vorreihen. Insbesondere erschien es von Interesse, die durch blofse theoretische Erw\u00e4gung in keiner Weise auch nur mit geringer Sicherheit zu entscheidende Frage zu beantworten, ob die Associationen, welche bei Erlernung der Vorreihen zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden, aber verschiedenen Takten angeh\u00f6rigen Silben hergestellt werden, sich bei Erlernung entsprechender Umstellungsreihen als wirksamer oder als weniger wirksam erweisen, wenn die betreffenden miteinander associierten Silben in den Umstellungsreihen Bestandteile eines und desselben Taktes sind. Eine Vergleichung der Ersparnisse, welche einerseits die Reihen L, in Vergleich zu den Reihen V\u201e und andererseits die Reihen Lv in Vergleich zu den Reihen F\u201e ergeben, mufs zur Entscheidung dieser Frage dienen.\nIm \u00fcbrigen gilt nat\u00fcrlich hinsichtlich des n\u00e4heren Aufbaues und hinsichtlich der Reihenfolge der Reihen V\u201e Sv, Li ganz dasselbe, was wir oben hinsichtlich des Aufbaues und der Reihenfolge der Reihen F\u201e, Lu bemerkt haben.\nAm 5., 7., 9., 11. u. s. w. Versuchstage wurden wdeder je 6 Vorreihen und am 6., 8., 10., 12. u. s. w. Versuchstage je 6 Umstellungsreihen erlernt. Und zwar war die Art und die Zeitlage der zur Erlernung kommenden Umstellungsreihen am 6. Versuchstage folgende: Su, /,\u201e. F\u201e, Su, L,\u201e Vu\n8.\n\u25a0% Ln F, V,\n10.\nLv, F\n,.\t\u201e\t\u201e\tF\u201e, S,\u201e Lu, F\u201e, S\u201e\n\u201e12.\t\u201e\t\u201e\tL4, F, Sv, Lv, Vv, 8\u201e\nAm 14. Versuchstage war die Art und Zeitlage der Umstellungsreihen wieder dieselbe, wie am 2. Versuchstage, am 16. Versuchstage dieselbe, wie .am 4. Versuchstage u. s. f.\nDa beim Aufbau jeder Umstellungsreihe je 6 Silben zweier verschiedener Vorreihen (n\u00e4mlich der Reihen I und IV oder 11 tind F oder 111 und VI) zu verwenden waren, so schien es zun\u00e4chst einige Schwierigkeiten zu bereiten, die Silbenreihen 'so herzustellen, dafs auch die Umstell\u00fcngsreihen v\u00f6llig normal im fr\u00fcher angegebenen Sinne seien. Die Beseitigung dieser Schwierigkeiten gelang indessen durch einen kleinen Kunstgriff. Es seien Afund N zwei zu einander geh\u00f6rige Vorreihen (wie z. B. die Reihen I und IV), deren Silben nebeneinander zum Auf bau zweier Umstellungsreihen verwandt werden sollen.","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112\nG. E. M\u00fc\u00efler und F. Schumann.\nAlsdann lassen sich die Silben der Reihe M in 2 aus je 6 Silben bestehende Gruppen M1 und M., scheiden, von denen die Gruppe M1 zum Aufbau der \u00e9rsteren und die Gruppe zum Aufbau der zweiten derjenigen Umstellungsreihen zu dienen hat, welche aus den Silben der Reihen M und A zusammengesetzt werden sollen. In entsprechender Weise lassen sich die Silben der Reihe A in 2 Gruppen N1 und Al. scheiden, von denen die Gruppe Aj zur Bildung der ersteren und die Gruppe A2 zur Bilduug der zweiten jener Umstellungsreihen zu dienen hat. Da nun bei Bildung der Umstellungsreihen die Silbengruppen Mx und einerseits und M% und A2 andererseits zu je einer neuen Silbenreihe kombiniert werden sollen, so darf, wenn die Umstellungsreihen gleichfalls normal ausfallen sollen, kein Anfangskonsonant oder Vokallaut oder Endkonsonant der Gruppe Mt mit einem Anfangskonsonanten, bezw. Vokallaute oder Endkonsonanten der Gruppe Ax und ebenso kein Anfangskonsonant oder Yokallaut oder Endkonsonant der Gruppe M% mit einem Anfangskonsonanten, bezw. Vokallaute oder Endkonsonanten der Gruppe A2 \u00fcbereinstimmen. Um dies zu erreichen, wurde in folgender Weise verfahren: Bei Herstellung der Reihe M wurden diejenigen der zuf\u00e4llig ergriffenen Anfangskonsonanten, Vokallaute und Endkonsonanten, welche zugleich zur Bildung der ersten der beiden betreffenden Umstellungsreihen dienen sollten, also die Gruppe Ml bilden sollten, in drei besondere K\u00e4stchen gelegt. In weitere drei K\u00e4stchen wurden diejenigen bei der Bildung der Reihe M ergriffenen Anfangs-, Mittel- und Endbuchstaben gelegt, welche zugleich zur Bildung der zweiten Umstellungsreihe dienen, also die Gruppe Ms bilden sollten. Nach geh\u00f6riger Durchmischung der Zettel jedes K\u00e4stchens wurden dann mittelst der blindlings aus ihren K\u00e4stchen herausgenommenen Buchstaben der Silbengruppe M1 die Silben der Gruppe A2 und mittelst der gleichfalls blindlings aus ihren K\u00e4stchen herausgenommenen Buchstaben der Gruppe M2 die Silben der Gruppe N1 gebildet. Da die Silben der aus den beiden Gruppen M1 und M2 bestehenden Reihe M gem\u00e4fs der Art und Weise, wie diese Reihe (durch Hineingreifen in 3 K\u00e4stchen, welche s\u00e4mtliche Anfangs-, Mittel- und Endbuchstaben enthielten) gebildet worden war, hinsichtlich ihrer Anfangskonsonanten, Vokallaute und Endkonsonanten v\u00f6llig voneinander verschieden waren, so","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge mr Untersuchung d\u00e9s Ged\u00e4chtnisses.\n113\nmulste das Gleiche auch von der Reihe N gelten,- deren, eine Silbengruppe aus den Buchstaben der Gruppe und- deren andere Gruppe jV2 axis den Buchstaben der Gruppe .1/, gebildet worden war, und ebenso mufste dasselbe aunh von den beiden Unistellungsreihen gelten, deren eine aus den Silbengruppen My und Ny und deren andere aus den Silbengruppen _M2 und N% -bestand. Nat\u00fcrlich mufste bei Einf\u00fcgung der so; gewonnenen Silben in die verschiedenen Pl\u00e4tze der Vor- und Umstellungsreihen immer zugleich darauf geachtet werden, dafs keine der noch \u00fcbrigen Hegeln, welche f\u00fcr die Bildung der normalen 'Silbenreihen aufgestellt waren, verletzt werde, dafs z. B. keine Silbe mit: der ihr- unmittelbar vorhergehenden Silbe ein Wort oder eine Phrase bilde, u. der gl. m. Konnte aus Solchem Grunde eine Silbe nichV an\u2018den zun\u00e4chst in Frage kommenden Platz gesetzt werden.,' so wurde es nach bestimmten Hegeln mit anderen Pl\u00e4tzen versuch'! oder mittelst Ersetzung des Anfangskonsonanten durch einen der noch \u00fcbrigen 5 Anfangskohsonanten Abh\u00fclfe getroffen.\t-\t.:\t_\tuff\n\u00a7 5. Resultate der Versuchsreihe III.\nDiese Versuchsreihe, in welcher M. als Versuchsperson und S. als Versuchsleiter fungierte, begann am. 14. Septeinber 1887 und endete am 7. December desselben Jahres. Folgende Zusammenstellung giebt die in dieser Versuchsreihe f\u00fcr . die verschiedenen Arten von Silbenreihen erhaltenen arithmetischen Mittelwerte (\u00abrj und: Centralwerte (m\\.) der erforderlichen Wieder-holungszahl: M\u00d9 an: .. . v \u2022\t.;\t.\t... J---\n\u2022t der\tSeihen:\t\t\u25a0 :ivc: \u25a0\t\t\nVorreihen\t\t16,7 .\t: 15,6\t(n =\t180)\nReihen\t:...\t\t\u25a0V 16,5 ..\t16,4\t[n:=\t30)\nW\t-\"S..-''-\tc\u00e4^6'Ut'\t11,0\t\u2018 (n ===\t30)\n\t\u25a0 L:u ''\t'\u2022\t: 15,0 ..\t14,5\t(/! b=-\t; 30):\n\tVv .\t16,8\t17,0\t(n \u2014\t30)\n\u2019 n\t% .\t15,7 '\t13,7\t(n =:\t30)\nV\tI\t15,8\t14,8\t(n =\t30)\n1 Unter den f\u00fcr die Seihen Sv erhaltenen Werten von w befinden sich die beiden \u00fcberhohen Werte 26\u2018und 36, w\u00e4hrend f\u00fcr keine aridere \u00dcmstellungstfeihe ein Wert von w erhalten worden ist, der gr\u00f6fser ist als 25. \u00efhfolg\u00e9dessen ist w\u00bb f\u00fcr die Seihen SB zu hoch \"\u00e2usgefall\u00e8n, wie auch ein Blick auf den bedeutend geringeren Wert von' we zeigt.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\t8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114\nGr. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nDiese \u00dcbersicht ergiebt folgendes:\n1.\tDie Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung (Lu und \u00a3*) erfordern zu ihrer Erlernung eine deutlich geringere 'Wiederholungszahl, als die entsprechenden Yergleichsreihen (F\u201eund Vv). Mithin besteht eine bei Anwendung geeigneter Methoden deutlich nachweisbare Association zwischen dem letzten Giiede eines Taktes und dem ersten Gliede des n\u00e4chstfolgenden Taktes.\n2.\tDie Erlernung der Umstellungsreihen mit Taktschonung geht leichter und bei unver\u00e4nderter Stellung. der Silben im Takte sogar bedeutend leichter vor sich, als die Erlernung der entsprechenden Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung. Es ist mithin, wie schon fr\u00fcher gefunden, die Association zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Silben unter sonst gleichen Umst\u00e4nden bedeutend st\u00e4rker, wenn diese Silben Bestandteile eines und desselben Taktes sind, als dann, wenn sie verschiedenen Takten angeh\u00f6ren.1\n3.\tDie Umstellungsreihen mit ver\u00e4nderter Stellung der\nSilben im Takte (die Beihen V\u201e Sv, Lv) ergeben s\u00e4mtlich h\u00f6here Mittelwerte von w, als die entsprechenden Umstellungsreihen mit unver\u00e4nderter Stellung der Silben im Takte (die Beihen Vu,\tLu). Besonders bemerkenswert erscheint, dafs die\nErschwerung der Erlernung, welche durch eine \u00c4nderung der Stellung der Silben im Takte bewirkt wird, sich bei den Umstellungsreihen mit Taktschonung viel deutlicher zeigt, als bei den Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung. Bei letzteren fragt sich sogar, inwieweit die schnellere Erlernung der Beihen Lu in Vergleich zu den Beihen L\u201e dadurch bedingt ist, dafs in den Beihen Lu 4 Silben (n\u00e4mlich die 1., 6., 7. und 12. Silbe) dieselben Stellen besitzen, wie in den Vorreihen, w\u00e4hrend in den Beihen Lv das Gleiche nur von einer einzigen (der ersten) Silbe gilt. (Vergl. hierzu Abschnitt 5 von \u00a7 26.)\n1 Die \u00fcmstellungsreihen mit Taktschonung und unver\u00e4nderter Stellung der Silben im Takte ergeben in Vergleich zu den Vorreiben in dieser Versuchsreihe III eine etwas geringere Ersparnis an Wiederholungen, als in Versuchsreihe II (vergl S, 91), wo M. gleichfalls Versuchsperson war, Dies hat seinen Grund .haupts\u00e4chlich darin, dafs in Versuchsreihe II sechs, in Versuchsreihe III hingegen nur f\u00fcnf vollst\u00e4ndige Takte der Vorreihen in diese \u00dcmstellungsreihen hin\u00fcbergenommen sind (vergl. die Schemata auf S. 86 und 107).","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n115\nDer Einflufs der \u00dcbung machte sich im Verlauf\u00a9 dieser Versuchsreihe noch geltend, wenn auch in m\u00e4fsigem Grade. Teilen wir die Gesamtzahl der 60 Versuchstage in 5 aufeinanderfolgende Gruppen von je 12 Versuchstagen, so-dafs jeder Gruppe 36 erlernte Vorreihen und ebensoviel\u00a9 erlernte Umstellungsreihen entsprechen, so erhalten wir f\u00fcr die 5 Abteilungen von je 36 Vorreihen folgende Mittelwerte von io :\nAbteilung\tl\t2\t3\t4\t5\nWa\t17,3\t17,0\t17,0\t16,9\t15,3\nIVc\t16,\u00d6\t16,0\t16,0\t15,7\t14,7\nDen ersten-4 Abteilungen entsprechen Mittelwerte, welche in bemerkenswerter Weise miteinander \u00fcbereinstimmen und nur einen geringen Einflufs der \u00dcbung erkennen lassen.1 Die Mittelwerte der 5. Abteilung sind allerdings bedeutend geringer, als diejenigen der vorhergehenden Abteilungen. Allein es ist m\u00f6glich, dafs hier ein besonderer Umstand im Spiele ist. Bis zum 25. November 1887, wo die 5. Abteilung der Versuchsreihe III begann, war es n\u00e4mlich hinsichtlich der Pausen, die zwischen die Erlernungen der einzelnen Silbenreihen einer und derselben Sitzung fielen, so gehalten worden, dafs nach Erlernung einer Reihe so lange pausiert wurde, bis die Versuchsperson den Eindruck hatte, dafs sie zur Erlernung einer neuen Silbenreihe wieder gut f\u00e4hig sei. Dieser subjektive Eindruck erwies sich indessen als unzuverl\u00e4ssig. Es wurde daher von dem soeben angegebenen Tage an eine objektive Regulierung der Pausen durchgef\u00fchrt, n\u00e4mlich die Vorschrift befolgt, dafs nach einer Silbenreihe, deren Erlernung nicht mehr, als 15 Wiederholungen gefordert habe, eine Pause von 3 Minuten einzutreten habe, nach einer mit 16\u201420 Wiederholungen erlernten Silbenreihe eine 4 Minuten lange Pause, nach einer mit 21\u201425 Wiederholungen erlernten Silbenreihe eine 5 Minuten\n1 Vom Beginne der 3. Abteilung an fallen die Versuche in eine Zeit, wo M. wieder Vorlesungen zu halten hatte. Es ist leicht m\u00f6glich, dafs die hierdurch bedingte st\u00e4rkere Inanspruchnahme von M. bewirkt hat, iafs beim \u00dcbergange von der 2. zur 3. Abteilung ein Einflufs der \u00dcbung nicht hervortritt.","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"] 1 ij \u2022\tG. JS. Millier und Il Schumann.\nlange Pause u. s. f. einzuhalten sei. Wir glauben hierdurch die innere Disposition der Versuchsperson f\u00fcr die Erlernung der verschiedenen Reihen jeder Sitzung gleichm\u00e4fsiger gestaltet zu haben. Es ist nun m\u00f6glich, dafs. die Einf\u00fchrung dieser objektiven .Regulierung der Pausen zum Teil der Grund davon ist, dafs die Mittelwerte der obigen- o. Abteilung so erheblich geringer ausgefallen sind, als die Mittelwerte der vorher-, gehenden Abteilungen\nWas den Einflufs der Zeitlage anbelangt, so wurden f\u00fcr die Vorreihen der 1., 2., 3. u. s. w. Zeitlage folgende Werte von wa erhalten:\nZeitlage\tl\t2\t3\t4\t5\t6\n. IV a .\t17,5\t16,7\t16,8\t16,6\t16,7\t. 16,0\nEbenso wie in Versuchsreihe JI, hat also auch hier die erste Silbenreihe durchschnittlich die gr\u00f6fste, und die letzte Silbenreihe \" durchschnittlich die geringste Anzahl von Wiederholungen :zir ihrer Erlernung\" erfordert. Es geh\u00f6rt eben M., wie auch andere Thatsachen zeigen-, zu denjenigen -Individuen, welche einer netten Th\u00e4tigkeit nicht sofort die volle Aufmerksamkeit entgegenbringen k\u00f6nnen, sondern erst; einiger Zeit bed\u00fcrfen, um in den geh\u00f6rige'h- Zug z\u00fc kommen. -\nDie \u2018 Umstellungsreihen mit Taktschonung wurden nicht selten von der Versuchsperson M. als Umstellungsreihen dieser Art erkannt, w\u00e4hrend, wie-leicht begreiflich, die Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung' niemals erkannt wurden.1 Unter den 30 erlernten Reihen Su befanden- sich 21 erkannte, und unter den 30 erlernten Reihen wie zu erwarten, etwas weniger, n\u00e4mlich 15 erkannte Reihen. F\u00fcr die erkannten Reihen \u00a3>\u201e\n1 Wir. haben, nat\u00fcrlich alle Erlernungsschemata gemeinsam entworfen und durchberaten, haben aber andererseits stets Vorsorge getragen, dafs, wenn, einer yon uns beiden: Versuchsperson war, er niemals die Zeitlagen der verschiedenen Arten von Silbenreihen von vornherein kannte. Es war also z. B. am zweiten Versuchstage dieser Versuchsreihe XII der Versuchsperson M. nicht mitgeteilt, ob die Umstellungsreihen V\u201e, Su, Lu oder Vv, Sv, Lv zur Erlernung kommen w\u00fcrden, und ob die Vergleichsreihen oder die Umstellungsreihen mit Taktschonung oder diejenigen mit Taktl\u00f6sung an diesem Tage die erste und- vierte Zeitlage besitzen w\u00fcrden, u. dergl. m.\t.\t.","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 117\nbetrug der Wert von ioa 12,0, f\u00fcr , die .nicht erkannten nur 10,7. F\u00fcr die erkannten Reihen Sv war iv\u201e gleich 15,5 oder, falls man den in der Anmerkung zu S. 113 erw\u00e4hnten \u00fcberhohen Wert 36 streichen will, gleich 14,2, f\u00fcr die nicht erkannten Reihen S\u201e gleich 15,8. W\u00e4hrend also die Reihen Su im'Falle ihrer Erkennung eine gr\u00f6fsere Anzahl von Wiederholungen zu ihrer Erlernung erforderten, als im Falle ihres Unerkanntbleibens, verhielt es sich bei den Reihen S.. umgekehrt. Hiernach scheint ein Zusammenhang zwischen der Erkennung des Typus der Silbenreihe und dem Werte der erforderlichen Wiederholungszahl nicht zu bestehen.1 Dies ist hervorzuheben,, weil man anderenfalls die Frage erheben k\u00f6nnte, inwieweit die gr\u00f6fsere Leichtigkeit, mit welcher die Umstellungsreihen., mit Taktschonung in Vergleich zu denjenigen mit Taktl\u00f6sung erlernt worden seien, darin ihren Grund gehabt habe, dafs die-Reihen der ersteren Art vielfach von M. erkannt, und infolge dieser Erkennung unter dem Einfl\u00fcsse theoretischer Voreingenommenheit unwillk\u00fcrlich mit gr\u00f6fserer Aufmerksamkeit aufgefafst worden seien.\nDie Erkennung einer Reihe S\u201e oder Sv konnte bei der Versuchsperson M., welche die zur Erlernung kommenden, Typen von Umstellungsreihen kannte, auf doppeltem Wege' zu st\u00e4nde kommen, n\u00e4mlich entweder dadurch, dafs ein oder mehrere Paare unmittelbar aufeinanderfolgender Silben mit Bestimmtheit als solche erkannt wurden, welche in den vor 24 Stunden erlernten Vorreihen bereits dagewesen seien, oder dadurch, dafs eine sichere Erkennung einzelner Silbenpaare nicht stattfand, sondern einfach die besondere Leichtigkeit,, mit welcher die Umstellungsreihe oder ein gr\u00f6fserer Abschnitt derselben erlernt wurde, den Glauben bedingte, es liege eine-Umstellungsreihe mit Taktschonung vor. In letzterer Beziehung ist bemerkenswert, dafs bei den ein\u00fcbenden Vorversuchen einmal eine Umstellungsreihe mit Taktl\u00f6sung, eine Reihe Lu, f\u00e4lschlich f\u00fcr eine Umstellungsreihe mit Taktschonung gehalten wurde, \u201eweil sich die Silben leicht aneinanderschlossen\u201c.\nIn der Versuchsreihe III, sowie in den Versuchsreihen IV\n1 Abgesehen von den sogleich zu erw\u00e4hnenden, nur sehr seltenen F\u00e4llen, wo M. eine Umstellungsreihe lediglich auf Grund der gr\u00f6fseren Leichtigkeit, mit welcher sie erlernt wurde, f\u00fcr eine Umstellungsreihe mit Taktschonung erkl\u00e4rte.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nG. E. Millier und F. Schumann.\nund V wurde nicht blofs dar\u00fcber Protokoll gef\u00fchrt, welche von den Umstellungsreihen in ihrer Art erkannt worden seien, sondern die Versuchsperson gab eventuell nach Erlernung der Umstellungsreihe, soweit es ihr m\u00f6glich war, auch noch zu Protokoll, welche Silbenpaare sie als in den Vorreihen bereits dagewesene wiedererkannt habe.1 Im ganzen sind in Versuchsreihe III 54 Silbenpaare als wiedererkannt verzeichnet. Von diesen fanden sich 41 in Eeihen S\u201e und 13 in Reihen Wir haben festgestellt, wieviele von diesen 54 wiedererkannten Silbenpaaren in der betreffenden Vorreihe als 1., 2., 3. u. s. f. Takt gestanden hatten. Es zeigte sich, dafs in den Vorreihen gestanden hatten\nals\t1.\tTakt\t9 Silbenpaare\n\u00ab\t2-\t\u201e\t14\nn\t\u201e\t13\t\u201e\n\u201e\t4.\t\u201e\t10\t\u201e\nr\t^ \u2022\tn\t^\tri\nDie beiden Silben des 6. Taktes der Vorreihen kamen den fr\u00fcher (S. 107 und 110) mitgeteilten Schematen gem\u00e4fs in den Umstellungsreihen nur voneinander getrennt vor, so dafs von den wiedererkannten Silbenpaaren der Umstellungsreihen keines auf den 6. Takt der Vorreihen entfallen konnte.\n\u00a7 6. Resultate der Versuchsreihe IV.\nDiese Versuchsreihe, in welcher stud, philos. A. Pilzecker (P.) als Versuchsperson und S. als Versuchsleiter fungierte, begann am 14. September 1887 und endete am 25. Februar 1888. Der Versuchsperson blieb der Zweck der mit ihr angestellten Versuche w\u00e4hrend der ganzen Dauer der Versuchsreihe unbekannt. Erst im Juni 1892 wurde ihr derselbe bekannt. Die Versuchsreihe zerfiel in drei Abteilungen,\nDie erste Abteilung, welche am 12. November endete und 48 Versuchstage umfafste, glich ganz und gar der an der Versuchsperson M. angestellten Versuchsreihe III. Es wurden\n1 Ein besonderes G-ewicht wurde aber auf diese Wiedererkennungen und Protokollierungen nicht im mindesten gelegt, so dafs nicht davon die Kede sein kann, es sei die Erlernung der erkannten Umstellungsreihen durch das Bem\u00fchen der Versuchsperson, sich genau zu merken, welche Silbenpaare sie wiedererkannt habe, zum Teil gest\u00f6rt und verz\u00f6gert worden.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n11\nan den einen Tagen je 6 Vorreihen und an den anderen Tagen (nach Verlauf von 24 Stunden) je 2 Umstellungsreihen V\u201e, Su, Lu oder F\u201e, \u00abSL, L,., im ganzen also 144 Vorreihen und 144 Uinstellungsreihen erlernt. Und zwar waren diese Vor- und Uinstellungsreihen mit den Vor- und Umstellungsreihen, welche an den 48 ersten Versuchstagen der Versuchsreihe UI, von M. erlernt wurden, identisch. P. lernte die Silbenreihen vormittags vor 9 Uhr, bevor er an andere geistige Arbeit gegangen war.\nWir beschlossen am 12. November, die Versuche an der Versuchsperson P. in der bisherigen Weise nicht weiter fortzusetzen, weil die bis dahin erlangten Resultate nicht erkennen liefsen, dafs die erforderliche Wiederholungszahl w f\u00fcr die Umstellungsreihen mit Taktschonung und die entsprechenden Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung verschieden sei. Es ergaben n\u00e4mlich bis zu jenem Tage die verschiedenen Arten von Silbenreihen folgende Mittelwerte von \u00ab.\n\t\twa:\twc\\\t\t\nV orreihen\t\t11,3\t10,8\t(w =\t144)\nReihen\t. K\t11,7\t10,8\t(n =\t24)\n77\t>\t&\t10,4\t9,8\t(n =\t24)\n77\t4\t10,3\t10,1\t[n =\t24)\n77\tK\t11,8\t11,2\t(n =\t24)\n77\tSv\t11,0\t9,7\t(n =\t24)\n77\t4\t10,4\t9,8\t{n =\t24)\nDiese Resultate liefsen nicht erwarten, dafs eine Fortsetzung der Versuche in der bisherigen Weise an der Versuchsperson P. einen deutlichen Unterschied zwischen der Erlernbarkeit der Reihen Su und 8V einerseits und derjenigen der Reihen Lu und Lv andererseits ergeben werde.\nWir untersuchten nun zun\u00e4chst, welchen sensorischen Grundcharakter die Erlernung der Silbenreihen bei P. besitze, d- h. ob sich derselbe bei der Erlernung der Silbenreihen haupts\u00e4chlich auf das visuelle, akustische oder kin\u00e4sthetische Ged\u00e4chtnis st\u00fctze. Es schien uns m\u00f6glich, dafs im Falle eines vorwiegend visuellen Charakters der Erlernung die Festigkeit der Association zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden \u00fcben m geringerem Grade, als im Falle eines vorwiegend akustischen oder kin\u00e4sthetischen Charakters der Erlernung von. dem Umstande abh\u00e4ngig sei, ob die beiden Silben Bestandteile","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"12.0\nG. M\u00fcller und F. Schumann.\ndesselben Taktes oder verschiedener Takte, seien. Es zeigte sich, dafs die Erlernung der Silbenreihen bei P. in hohem Grade einen visuellen Charakter besitzt. (.N\u00e4heres hier\u00fcber in \u00a7 23.)\n\u25a0 Alsdann fiel uns auf, dafs P., welcher, obwohl mit dem Zwecke, der Untersuchung nicht bekannt, dennoch nat\u00fcrlich bei manchen Takten der Reihen 8U den- Eindruck des Bereits-dagewesenseins hatte, beim Lernen, der Silbenreihen - ein viel geringeres\u2019 und unzuverl\u00e4ssigeres Wiedererkennungsverm\u00f6gen bekundete, als M. W\u00e4hrend M. (in Versuchsreihe III) in 36 von 60 Umstellungsreihen mit Taktschonung ein oder mehrere Silbenpaare als bereits in den: Vorreihen dagewesen wiedererkannte, erkannte P. nur in 9 von 48 Umstelhrngsreihen mit Taktschonung einzelne \u25a0\u25a0 Silbenpaare . richtig wieder. W\u00e4hrend ferner M. niemals irrte-, wenn er von einem Silbenpaare behauptete, dafs es bereits am vorhergehenden Tage dagewesen sei, kamen in der ersten Abteilung von Versuchsreihe IV neben jenen 9 Umstellungsreiken, in denen P. einzelne Silbenpaare richtig wiedererkannte, nicht weniger als 6 andere Umstellungsreihen vor, in denen er irrt\u00fcmlich ein oder mehrere Silbenpaare f\u00fcr bereits vor 24 Stunden dagewesen erkl\u00e4rte ; und es geschah sogar, dafs P. einmal eine Vorreihe f\u00fcr eine bereits erlernte Reihe hielt und ein anderes Mal wenigstens einen Takt einer Vorreihe als, bereits dagewesen erkl\u00e4rte. Diese Beobachtungsresultate schienen uns in Verbindung mit der Thatsache, dafs P. die Vorreihen, bedeutend schneller (wa-= 11,3) erlernt hatte, als. M. [iv\u201e ~ - 16,7), darauf hinzuweisen, dafs P. zu denjenigen Individuen geh\u00f6re, welche rasch lernen, aber auch rasch vergessen. Eben hierauf deutete auch die That-sache hin, dafs die Reihen S,,, welche in Vergleich zu den. Reihen Vu bei M. eine Ersparnis von 4,9 Wiederholungen hatten erzielen lassen,- bei P. nur eine Ersparnis von 1,3 Wiederholungen ergeben hatten. Wir kamen also auf die Vermutung, die bisher an P. angestellten Versuche h\u00e4tten deshalb. keinen Unterschied in der Erlernung der Umstellungsreihen mit Takt-schonung und derjenigen mit Taktl\u00f6sung konstatieren .lassen, Weil bei P. die Festigkeit der durch Erlernung der Vorreihen gestifteten Associationen bei fortschreitender Zeit sehr schnell abgenommen habe, so dafs die in beiden Arten von Umstellungs-rei.hen wirksamen Associationen nach Verlauf von 24 Stunden nur noch schwach h\u00e4tten sein k\u00f6nnen, und mithin auch der","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 121\nUnterschied der in beiden Arten von Umstellungsreihen vorhandenen Associationen gegen\u00fcber den vielen mitwirkenden zuf\u00e4lligen Einfl\u00fcssen nicht habe zu Tage treten k\u00f6nnen. .Wir beschlossen daher zun\u00e4chst, uns ein Bild davon zu verschaffen, wieviel Wiederholungen P. erspare, wenn er ganz dieselben zw\u00f6lfsilbigen Reihen, welche er vor 24 Stunden erlernt habe, von neueni-'.-bis: :zur erstm\u00f6glichen fehlerfreien. Reproduktion erlerne. ;\t\u25a0\t;\t'.\t.\nEs wurden also in der am 16. November 1887 beginnenden und schon .am 29. November endenden zweiten Abteilung der Versuchsreihe IV am 1., 3.,- 5., 7., 9., 11, Versuchstage je 6 ganz neue Silbenreihen erlernt und nach 24 Stunden in derselben Reihenfolge wiedererlernt.1 Hierbei fanden sich folgende Mittelwerte von w :\t\u2022\n:\t:\twa:\t' \u2018 toc:\nf\u00fcr die .Nemn'lenmng 11,0\t10.3\t.'10\n\u201e Wiedererlernung 7,0.\t6,7 (\u00ab\u2022 \u25a0\u25a0 \u25a0\u25a0 80) \u25a0 . ..\nAuch bei diesen Versuchen kam es zweimal vor, dafs P. eine vor 24 Stunden gelernte Reihe nicht wiedererkannte.\nWir suchten uns nun auch noch ein Bild davon zu verschaffen, wie grofs ungef\u00e4hr bei M. die Ersparnis sei, wenn er zw\u00f6lfsilbige Reihen nach 24 Stunden wiedererlerne.. Die zu diesem Zwecke an M. angestellte kurze Versuchsreihe (9. bis 22. December .1887) ergab folgende Mittelwerte von v:\tf\n. . \u25a0\t\u25a0 i :\tAva\\\ti '\nf\u00fcr die Nenerlernung . 14,8\t13,5 {\u00bb/ : \u2022 86\n, \u201e Wie der erlern ung 8,2\t; 7,4.(\u00bb=36).\nW\u00e4hrend also die Ersparnis bei. der nach 24 Stunden statb-findenden Wiedererlernung bei P. 4 Wiederholungen betrugt besafs dieselbe bei M.. den Wert 6,6; und auch ihrem relativen Werte nach ist bei M. die. Ersparnis , gr\u00f6fser . (45 .\u00b0/o),; als bei P. : (87 %). Hierbei ist zu. bemerken, dafs obige an M. angestellte; kurze. Versuchsreihe die, Ersparnis sicher eher zu gering als zu hoch ergeben hat. Denn w\u00e4hrend! an. allen Versuchstagen dieser kurzen Versuchsreihe, an denen Silbenreihen wiedererlernt wurden, M. kurze Zeit nach der Vorlesung lernte, b\u00e9fand sich unter denjenigen Versuchstagen, an denen\n1 Nur die Silbenreihen 'des 9, Versuchstages wurden wegen Abhaltung der Versuchsperson am n\u00e4chsten Tage nicht wiedererlernt.","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nG. R Millier und F. Schumann.\neine Beuerlernung von Silbenreihen stattfand, einer, an welchem den Versuchen keine Vorlesung vorhergegangen war und mithin die jSTenerlernung der Silbenreihen in Vergleich zu der nach 24 Stunden stattfindenden Wiedererlernung in merkbarem Grade beg\u00fcnstigt war. Ferner ist hier der schon erw\u00e4hnte Umstand zu ber\u00fccksichtigen, dafs M. der ersten Silbenreihe jeder Sitzung \u2014 mochte die Art der Beihe sein, welche sie wollte \u2014 nur selten eine gen\u00fcgende Aufmerksamkeit entgegenbrachte, also die erste Silbenreihe einer Sitzung durchschnittlich mit einem Plus von Wiederholungen erlernte, das von der Art der Silbenreihe verh\u00e4ltnism\u00e4fsig wenig abh\u00e4ngig war. Dieser Umstand hatte zur Folge, dafs M. bei der ersten Zeitlage f\u00fcr die Wiedererlernung einer Silbenreihe einmal gleich viel Wiederholungen und ein anderes Mal sogar eine Wiederholung mehr brauchte, als er f\u00fcr die Ueuerlernung derselben Beihe gebraucht hatte. Scheidet man die bei der ersten Zeitlage erhaltenen Werte von iv aus, so steigt die von M. bei der Wiedererlernung erzielte Ersparnis auf den absoluten Wert von 7,2 Wiederholungen und den relativen Wert von 48% an.\nDurch die soeben angef\u00fchrten, an P. und M. erhaltenen Versuchsresultate in unserer Vermutung best\u00e4rkt, dafs das unseren anderweiten Versuchsergebnissen anscheinend widersprechende Ergebnis der ersten Abteilung von Versuchsreihe IV in einem schnelleren Vergessen des Erlernten seitens P.1 seinen Grund gehabt habe, beschlossen wir, die in der ersten Abteilung dieser Versuchsreihe unternommene Untersuchung an der Versuchsperson P. von neuem aufzunehmen, aber in der W'eise, dafs die Umstellungsreihen unmittelbar nach den Vorreihen erlernt w\u00fcrden (nat\u00fcrlich mit Einhaltung der vorgeschriebenen, objektiv regulierten Pausen). Dies geschah in der am 23. Januar 1888 beginnenden und 27 Versuchstage umfassenden dritten Abteilung dieser Versuchsreihe. Um die Versuchsperson nicht zu lange Zeit in Anspruch zu nehmen, liefsen wir in dieser Abteilung der Versuchsreihe von den Umstellungsreihen nur Beihen P\u201e, \u00bb*?,\u201e und Lu lernen, nicht aber auch Beihen Vn SvxmdLv. Da an jedem Tage nur 4 Vorreihen und 4 Umstellungsreihen gelernt werden konnten, so kamen an\n1 Neuerdings ist hier auch noch bei anderen Ged\u00e4chtnisversuchen deutlich zu Tage getreten, dafs P. bedeutend schneller vergibst, als M., S. und andere hier benutzte Versuchspersonen.","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n123\njedem Versuchstage nur zwei von den benutzten drei Arten von Umstellungsreihen zur Erlernung. Es wurden gelernt am 1., 4., 7. u. s. f. Versuchstage folgende Umstellungsreihen in folgender Ordnung: V\u201e, 8\u201e, F\u201e, 8U- am 2., 5., 8. u. s. f. Versuchstage: La, Vu, Ln F\u201e; am 3., 6., 9. u. s. f. Versuchstage: Su, Lu. SK, Lu. Folgende Mittelwerte von w wurden erhalten: Vorreihen Reihen Vu\tS\u201e,\tL\u201e\n(n = 108)\t(n = 36)\t(n \u2014 36)\t(w = 36)\niva\\\t10,9\t10,75\t7,7\t10,4\n?/\u25a0>:\t9,9\t10,5\t7,0\t9,2\nDie .Reihen Su zeigen eine ganz sichere, betr\u00e4chtliche Ersparnis nicht blofs gegen\u00fcber den Vergleichsreihen, sondern auch gegen\u00fcber den Reihen Lu. Unsere Vermutung, dafs in der ersten Abteilung dieser Versuchsreihe der zwischen den Reihen Su und L\u201e bestehende Erlernbarkeitsunterschied deshalb nicht zu Tage getreten sei, weil bei P. die durch Erlernung der Vorreihen gestifteten Associationen nach Verlauf von 24 Stunden bereits zu schwach und ihre Unterschiede bereits zu gering gewesen seien, hat sich demnach als richtig erwiesen. Die Reihen Lit zeigen gegen\u00fcber den Vergleichsreihen eine nur unerhebliche Ersparnis.\nDer Einflufs der \u00dcbung machte sich w\u00e4hrend des ganzen Verlaufes der Versuchsreihe IV geltend. Teilt man die s\u00e4mtlichen, zur gleichen Tageszeit gelernten, 180 Vorreihen, welche der ersten und zweiten Abteilung dieser Versuchsreihe entsprechen, in 3 Gruppen von je 60 Vorreihen, so erh\u00e4lt man f\u00fcr diese 3 Gruppen folgende Werte von wa\\\n1. Gruppe: 12,0\t2. Gruppe: 11,2\t3. Gruppe: 10,7.\nDie dritte Abteilung der Versuchsreihe IV ist zu einer anderen, ung\u00fcnstigeren Tageszeit (nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr, unmittelbar nach dem Mittagessen) angestellt worden, als die beiden ersten Abteilungen. Schon deshalb k\u00f6nnen die Resultate derselben nicht mit den Ergebnissen der beiden ersten Abteilungen behufs Untersuchung des Einflusses der \u00dcbung verglichen werden. Wohl aber kann man die Vorreihen der dritten Abteilung in 2 Gruppen (entsprechend den 14 ersten und 13 letzten Versuchstagen) einteilen und die Resultate beider Gruppen miteinander vergleichen. Alsdann erh\u00e4lt man als Wert von iva\nf\u00fcr die 1. Gruppe: 11,5 \u2014- f\u00fcr die 2. Gruppe: 10,3.","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nEs hat sich also die \u00dcbung w\u00e4hrend der ganzen Versuchsreihe IV im Sinne einer allm\u00e4hlichen Herabdr\u00fcckung der erforderlichen Wiederholungszahl geltend gemacht, obwohl P. schon im Anf\u00e4nge der Versuchsreihe bei g\u00fcnstiger Tageszeit durchschnittlich nur die geringe Zahl von 12 Wiederholungen f\u00fcr die Erlernung einer Vorreihe brauchte.\nVon Interesse ist das Verhalten, welches der Einflufs der Zeitlage in dieser Versuchsreihe zeigt. Berechnet man f\u00fcr die bei der 1., 2., 3. u. s. w. Zeitlage erlernten Vorreihen der ersten und zweiten Abteilung dieser Versuchsreihe den Wert von wa, so erh\u00e4lt man folgende Resultate :\nZeitlage\tl\t\u25a02\t3\t4\t5\t6\n10 a\t10,2\t11,3\t11,5\t11,4\t12,5\t10,7\nDie erste Silbenreihe des Tages wurde hiernach durchschnittlich schneller erlernt, als die nachfolgenden Silbenreihen. Der Wert von wa erreicht jedoch nicht bei der letzten, sondern bei der vorletzten Zeitlage sein Maximum. Bei Erkl\u00e4rung letzteren Umstandes kommt vielleicht ein Faktor in Betracht, den wir schon bei unseren Versuchen mit gehobenen Gewichten wirksam gefunden haben (Pfl\u00fcgers Arch., 45, 1889, S. 98). Wir fanden bei .diesen Versuchen, dafs, wenn an jedem Tage unmittelbar .hintereinander 6 Runden von Gewichtsversuchen angestellt wurden, alsdann der Einflufs der Erm\u00fcdung zuweilen nicht bei der 6. Runde, sondern bei der 5. Runde sein Maximum erreichte, und wir f\u00fchrten dies auf Grund unserer Beobachtungen darauf zur\u00fcck, dafs bei der 6. Runde der Einflufs der fortschreitenden Erm\u00fcdung zuweilen durch den gegenteiligen Einflufs \u00fcberboten werde, den die Freude der Versuchsperson, dem Ende der so l\u00e4stigen Besch\u00e4ftigung nahe zu sein, auf die Energie der Gewichtshebungen aus\u00fcbte. In \u00e4hnlicher Weise d\u00fcrfte auch bei unseren Ged\u00e4chtnisversuchen, insbesondere den hier in Rede stehenden, an P. angestellfen Versuchen, die Freude der Versuchsperson, endlich an der letzten Silbenreihe zu sein, den Einflufs der Erm\u00fcdung nicht selten mehr oder weniger ausgeglichen oder gar \u00fcberboten haben.1\n1 Vielleicht hat auch der ziemlich starke Abfall, den der Wert w\u201e in Versuchsreihe III (S. 116) beim \u00dcbergange von der vorletzten zur letzten Zeitlage'erleidet, wenigstens'zu einem Teile seinen Grund in dem hier angedeuteten Faktor.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 125\nAnders als in den beiden ersten Abteilungen von Versuchsreihe IV zeigt sich der Einflufs der Zeitlage in dort dritten Abteilung, die, wie schon erw\u00e4hnt, zu einer anderen Tageszeit, n\u00e4mlich kurz nach dem Mittagessen, angestellt worden ist. Es ergaben sich f\u00fcr die an 1., 2., 3., 4. Stelle erlernten Vorreihen der dritten Abteilung folgende Mittelwerte von io:\nZeitlage\t1\t2\t3\t4\nWa\t11,6\t10,8\t10,9\t10,4.\nHier entsprechen also der zweiten und dritten Zeitlage durchschnittlich deutlich geringere Werte von w als der ersten Zeitlage, und die vierte Zeitlage hat durchschnittlich noch geringere Werte von\u00ab ergeben, als die beiden vorhergehenden Zeitlagen.\nBestimmen wir die Summen der Werte von w, welche f\u00fcr die unmittelbar nach den Vorreihen an 5., 6., 7., 8. Stelle erlernten Umstellungsreihen erhalten worden sind, so ergiebt sich folgendes:\nZeitlage\t5\t6\t7\t8\nSumme der Werte\t269 t\u201c\t272\t253\t246\nvon w\t\t\t\t\nAlso auch hier ging die Erlernung bei der achten Zeitlage deutlich schneller vor sich,, als bei der f\u00fcnften Zeitlage, und vielleicht w\u00fcrden wir bei gr\u00f6fserer Yersuchszahl gefunden haben, dafs \u00fcberhaupt die Erlernung der Umstellungsreihen sich durchschnittlich um so schneller vollzog, je h\u00f6her die Ordnungszahl ihrer Zeitlage war.1\nDer auf den ersten Blick vielleicht auffallende Umstand, dafs in der dritten Abteilung der Versuchsreihe IV der Einflufs der Zeitlage wesentlich anderer Art war, als in den beiden\n1 Als geringster Wert von w wurde f\u00fcr die Reihen Vu einmal der Wert 6, f\u00fcr die Reihen Su einmal der Wert 4 und f\u00fcr die Reihen 1JU einmal der Wert 6 erhalten. S\u00e4mtliche 3 Minimalwerte finden sich hei der achten Zeitlage.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nersten Abteilungen, begreift sieb leicht, wenn man ber\u00fccksichtigt, dafs diese beiden Abteilungen, wie erw\u00e4hnt, am fr\u00fchen Vormittag, hingegen die dritte Abteilung kurze Zeit nach dem Mittagessen angestellt wurde. Es l\u00e4fst sich leicht verstehen, dafs in dem Falle, wo die Versuchsperson fr\u00fch vormittags, vor Beginn anderweiter geistiger Anstrengung, lernte, die Erlernung bei der ersten Silbenreihe am schnellsten vor sich ging und alsdann infolge abnehmender Frische allm\u00e4hlich immer langsamer stattfand, hingegen in dem Falle, wo kurze Zeit nach dem Mittagessen unter dem Einfl\u00fcsse der durch letzteres bewirkten geistigen Erschlaffung gelernt wurde, die Erlernung sich um so leichter vollzog, je weiter man sich zeitlich von dem Mittagessen entfernte.\nDiejenigen Umstellungsreihen mit Taktschonung, in denen ein oder mehrere Silbenpaare richtig als bereits vor 24 Stunden dagewesen erkannt wurden, ergaben auch bei P. durchschnittlich keinen geringeren (sondern zuf\u00e4llig sogar fast ganz genau denselben) \"Wert von w, als diejenigen Umstellungsreihen gleicher Art, in denen kein Silbenpaar richtig wiedererkannt wurde.\nIn der ersten und dritten Abteilung von Versuchsreihe IV wurden laut Versuchsprotokoll im ganzen 73 Takte, welche in Reihen Su vorkamen, richtig wiedererkannt. Von diesen 73 Silbenpaaren hatten in den Vorreihen gestanden als 1. Takt 13 Silbenpaare \u00bb\t2.\t\u201e\t19\n\u00bb\t3.\t\u201e\t19\n\u00bb\t4-\t\u00bb\tio\nn\t\u201e\t12\t\u201e\nDie Zahl der richtig wiedererkannten Silbenpaare zeigt eine \u00e4hnliche Abh\u00e4ngigkeit von der in den Vorreihen innegehabten Stelle der Silbenpaare, wie wir bereits in Versuchsreihe III an der Versuchsperson M. gefunden haben.\n\u00a77. Resultate der Versuchsreihe V.\nVersuchsperson war in dieser Versuchsreihe Dr. phil. O. Hoffmann (Hm), Versuchsleiter S. Der Versuchsperson war der Zweck der mit ihr angestellten Versuche w\u00e4hrend der ganzen Dauer der Versuchsreihe unbekannt. Die Versuchsreihe begann am 24. Januar und endete am 28. Februar 1888. Hn. lernte dieselben Vorreihen und Umstellungsreihen, welche P. in der dritten","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n127\nAbteilung von Versuchsreihe IV erlernt hatte. Es wurden indessen von Hn. die Umstellungsreihen nicht unmittelbar nach den Vorreihen erlernt, wie dies in der dritten Abteilung von Versuchsreihe IV der Fall gewesen war, sondern zwischen dem Hersagen der letzten Vorreihe und dem Beginn des Lernens der ersten Umstellungsreihe verflofs ein Zeitraum von genau 30 Minuten. Folgende Resultate wurden erhalten:\nVorreihen Reihen F\u201e Su\tLu\n(n \u2014 108)\t(n \u25a0 36)\t(n = 36)\t(n = 36)\nwa:\t13,6\t14,8\t11,9\t14,3\nwc:\t12,5\t13,8\t11,4\t13,3\nAuch bei der Versuchsperson Hn. haben also die Umstellungsreihen mit Taktschonung eine bedeutend gr\u00f6fsere Ersparnis als die Umstellungsreihen mit Taktl\u00f6sung ergeben. Letztere lassen den Vergleichsreihen gegen\u00fcber eine nur geringe Ersparnis erkennen. Die nicht unerhebliche Differenz, die zwischen den f\u00fcr die Vergleichsreihen und den f\u00fcr die Vorreihen erhaltenen Mittelwerten besteht, berechtigt nicht zu weitergehenden Schl\u00fcssen, da die ersteren Reihen vermutlich bei geringerer Frische gelernt wurden, als die letzteren.\nDer Einflufs der \u00dcbung machte sich im Verlaufe dieser Versuchsreihe sehr stark geltend. Teilt man die Vorreihen der Versuchsreihe in zwei Gruppen (entsprechend den ersten 14 und den letzten 13 Versuchstagen), so erh\u00e4lt man als Wert von wa\nf\u00fcr die 1. Gruppe: 15,1 \u2014 f\u00fcr die 2. Gruppe: 12,0.\nWas den Einflufs der Zeitlage anbelangt, so entsprechen in dieser Versuchsreihe den 4 verschiedenen Zeitlagen folgende Mittelwerte von w :\nZeitlage\tl\t2\t3\t4\nWa\t12,3\t14,2\t13,5\t14,3\nWc\t12,2\t12,0\t12,7\t13,3\nDie Werte von w besafsen also in dieser Versuchsreihe eine deutliche Tendenz, bei steigender Ordnungszahl der Zeitlage anzuwachsen.\nDie Zahl der Silbenpaare, welche in den Reihen Su als","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nG. E. Millier und F. Schumann.\nbereits in den Vorreihen dagewesen richtig erkannt wurden, betrag 27. Von diesen hatten in den Vorreihen gestanden als 1. Takt 8 Silbenpaare \u00bb 2.\t7\nv\t\u201e\t6\t\u201e\n4\t\u00dc\n\u00bb\tn\to\t\u00bb\nv\t\u00f6.\t\u201e\t3\t\u201e\nDiese Resultate scheinen auf eine Abh\u00e4ngigkeit der Zahl der richtig erkannten Silbenpaare von der Stelle, 'welche die letzteren in den Vorreihen besafsen, hinzudeuten, und :zwar auf eine Abh\u00e4ngigkeit von der Art, dafs ein in einer Vorreihe verkommendes S\u00dcbenpaar um so eher in der betreffenden Umstellungsreihe richtig wiedererkannt wird, je n\u00e4her es in der Vorreihe dem Anf\u00e4nge der Reihe steht. Die Zahl der in dieser Versuchsreihe stattgefundenen richtigen Wiedererk\u00e8nnungen ist allerdings nur-gering. Allein die an den Versuchspersonen M. und P. angestellten Versuchsreihen III und IV haben ganz \u00e4hnliche Resultate ergeben (vergl. S. 118 und 126). Nur entf\u00e4llt in letzteren Versuchsreihen auf den ersten Takt der Vorreihen eine erheblich geringere Anzahl von Wiedererkennungen, als auf die nachfolgenden Takte.1 Es erscheint bedenklich, den \u00fcbereinstimmenden Gang, den die Zahl der wiedererkannten Silbenpaare im grofsen und ganzen in Versuchsreihe III, IV und V nimmt, nur auf Zufall zur\u00fcckzuf\u00fchren. Noch weniger kann daran gedacht werden, dafs hier der Einflufs gewisser Voreingenommenheit im Spiele sei. Denn die 3 Versuchspersonen haben ihre Aussagen betreffs der Wiedererkennungen ganz unabh\u00e4ngig voneinander gethan, und wir waren damals weit davon entfernt, einen regelm\u00e4fsigen Gang der Zahl der wiedererkannten Silbenpaare gerade von der Art, wie er in jenen Versuchsreihen mehr oder weniger deutlich hervorgetreten ist, zu vermuten. Erst bei der genaueren Durcharbeitung der Versuchsresultate,- 4\u20145 Jahre nach Vollendung jener Versuchsreihen, sind wir darauf aufmerksam geworden, dafs in jenen Versuchsreihen die Zahl der Wiedererkennungen, welche auf einen Takt der Vorreihen entf\u00e4llt, im grofsen und ganzen\n1 In Versuchsreihe IV entfallen aufserdem auf den 5. Takt der Vorreihen mehr Wiedererkennungen, als auf den 4. Takt, und auf den 3. Takt gleich viele Wiedererkennungen, wie auf den 2. Takt.","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 129\num so geringer ist, je h\u00f6her die Stellenzahl des Taktes in der Yorreihe ist. Es liegt nahe, diese Regelm\u00e4fsigkeit durch die Annahme zu erkl\u00e4ren, dafs die Intensit\u00e4t, mit welcher beim Erlernen einer Yorreihe ein Takt derselben aufgefafst und dem Ged\u00e4chtnisse eingepr\u00e4gt werde, unter den von uns festgestellten Versuchsbedingungen im ganzen genommen um so geringer sei, je h\u00f6her die Stellenzahl des Taktes sei. Um diese Annahme zu pr\u00fcfen, haben wir in der an P. angestellten -Versuchsreihe XIII festzustellen versucht, ob diese Versuchsperson beim Erlernen einer Silbenreihe die erste H\u00e4lfte der Reihe dem Ged\u00e4chtnisse fester einpr\u00e4ge, als die zweite. Es zeigte sich, dafs dies nicht der Fall ist. Dieses negative Resultat l\u00e4fst es geboten erscheinen, f\u00fcr die obige Thatsache, dafs die Wahrscheinlichkeit eines Taktes der Vorreihen, nach der Erlernung der betreffenden Umstellungsreihe als wiedererkannt bezeichnet zu werden, im allgemeinen um so geringer ist, je h\u00f6her die Stellenzahl des Taktes in der Vorreihe ist, eine andere Erkl\u00e4rung zu suchen. Wir glauben, dafs in obiger Thatsache nur die Wirkung irgend einer Eigent\u00fcmlichkeit des von uns benutzten Versuchsverfahrens vorliegt. So kann man z. B. an folgende Erkl\u00e4rung denken. Die den Umstellungsreihen der Versuchsreihen III, IV und F zu Grunde gelegten Schemata (S. 107 und 110 f.) zeigen, dafs sich die Stellenzahlen derjenigen Takte der Vorreihen, welche in den Umstellungsreihen mit Taktschonung unaufgel\u00f6st wiederkehren, in diesen Umstellungsreihen gerade umgekehrt verhalten, wie in den Vorreihen. In den Reihen S\u201e steht an 6. Stelle ein Takt, welcher in der betreffenden Vorreihe an 1. Stelle gestanden hat, an 5. Stelle steht ein Takt, welcher in der betreffenden Vorreihe die 2. Stelle einnahm, u. s. w. Es entspricht also, kurz gesagt, dem Vorkommen eines Silbenpaares an einer fr\u00fcheren Stelle der Vorreihe ein Vorkommen desselben an einer sp\u00e4teren Stelle der Umstellungsreihe. Und wenn nun die an fr\u00fcheren Stellen in den Vorreihen stehenden Silbenpaare h\u00e4ufiger als die an sp\u00e4teren Stellen stehenden nach der Erlernung der Umstellungsreihen als wiedererkannt bezeichnet worden sind, so kann dies einfach seinen Grund darin gehabt haben, dafs die in den Vorreihen an den fr\u00fcheren Stellen stehenden Silbenpaare in den Umstellungsreihen an den sp\u00e4teren Stellen standen, und die Versuchsperson nach dem Hersagen der Umstellungsreihen von den in diesen wiedererkannten\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\n9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\nG. F. Muller und F. Schumann.\nSilbenpaaren nat\u00fcrlich diejenigen am seltensten zu nennen vergafs, welche sie zuletzt hergesagt hatte, d. h. welche in den Umstellungsreihen an den sp\u00e4teren und in den Yorreihen an den fr\u00fcheren Stellen standen. Diese Deutung erscheint umso weniger ausgeschlossen, weil, wie schon erw\u00e4hnt, bei diesen Versuchen die Frage nach den wiedererkannten Silbenpaaren der Versuchsperson gegen\u00fcber nur als etwas Beil\u00e4ufiges behandelt wurde, so dafs die letztere keinen Anlafs hatte, sich beim Erlernen und Hersagen der Umstellungsreihen besonders einzupr\u00e4gen, welche Silbenpaare sie wiedererkannt habe. Auf jeden Fall liegt zur Zeit keine Berechtigung vor, aus den obigen, auf die Wiedererkennun g von Silbenpaaren bez\u00fcglichen Resultaten der Versuchsreihe V und den \u00e4hnlichen Ergebnissen der Versuchsreihen III und IV weiter- oder tiefergehende Schl\u00fcsse hinsichtlich des Wiedererkennens und seiner Bedingungen zu ziehen.\n\u00a7 8. Besprechung derjenigen Versuche von Ebbinghaus, die sich auf die Association durch blofs\u00bb mittelbare Folge beziehen.\nBevor wir an die Darlegung unserer Versuchsreihe VIheran-gehen, die sich mit den Associationen besch\u00e4ftigt, welche beim Auswendiglernen einer Silbenreihe zwischen 2 Silben gestiftet werden, die nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar auf-einanderfolgen, und zwar durch je eine Zwischensilbe voneinander getrennt sind, haben wir zun\u00e4chst diejenigen Untersuchungen von Ebbinghaus zu besprechen, die sich gleichfalls auf die Association durch mittelbare Folge beziehen. Bei diesen Untersuchungen verfuhr Ebbinghaus (a. a. O. S. 130\u2014151) folgendermafsen. Er bildete aus den Silben von 6 sechzehn-silbigen Vorreihen jedesmal 6 Umstellungsreihen, welche von der Art waren, dafs in ihnen, soweit als m\u00f6glich, solche Silben einander unmittelbar benachbart waren, welche in den Vorreihen durch entweder 1 oder 2 oder 3 oder 7 Zwischensilben voneinander getrennt waren. Des n\u00e4heren waren die Schemata f\u00fcr diese durch das \u00dcberspringen von 1, 2, 3 oder 7 Silben' der Vorreihen charakterisierten Umstellungsreihen die folgenden:","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 131\n1.\t\u00dcberspringen von 1 Silbe:\n\u00fc \u00dc \u00fc.................\u00dc.5 \u00fc \u00fc \u00fc\n11,11,11................7Tl5 II, II, II,\nI, 6\nH\\e\nVI, VI, VI,...............VI\u201e VI, VI, VIe.................fj16\n2.\t\u00dcberspringen von 2 Silben:\n7, I, I, 710 I,, Iie 1g \u00dc 7g \u00fci \u00fci \u00fc \u00fc \u00fc \u00dc\u20192 Ii6\nVI, VI,............F716 VI, VI,.......VI,, VI, VI,....... VI,,\n3.\t\u00dcberspringen von 3 Silben:\nI\\ 75\t7g\t713 72 7g 7J0 7U 73\t77\t7X1\t7l5\t74 73\t7l\u00e4 7ie\nVI, VI,...............VI, VI, . . .VI,\tVI,.................vi, vi,\t. : VI, 6\n4.\t\u00dcberspringen von 7 Silben:\nI, I9\tII,\t779 III, III, IV, IV, V,\tV9\tVI,\tVIg\tI, 710\tII, II, 0\nIII,III,0IV,IV,0 V, V,0VI,VI,0 I,\tI\u201e\tII,\tII,jIII,III,,IV,IV\u201e\nv7 V\u201eVI7VI\u201e Tg 71677gII,,111,III,6IV, IV\u201e V, V,e VI8VI,6\nDie Umstellungsreiben wurden jedesmal 24 Stunden nach der entsprechenden Gruppe von 6 Yorreihen erlernt. Es erschien die Vermutung nicht ausgeschlossen, dafs die Erlernung der Umstellungsreihen bereits durch das Bekanntsein ihrer Silben, sowie durch den Umstand, dafs ihre Anfangs- und Endsilben zum Teil mit den Anfangs- und Endsilben der Yorreihen identisch sind, wesentlich erleichtert werde. Deshalb wurde neben den obigen 4 Arten von Umstellungsreihen noch eine Anzahl von Yergleichsreihen erlernt, welche in folgender Weise gebildet waren. Anfangs- und Endsilben der 6 Yorreihen \u201ewurden an ihrer Stelle belassen, die s\u00e4mtlichen zwischen ihnen befindlichen 84 Silben aber wurden ganz beliebig durcheinandergew\u00fcrfelt und dann, wie der Zufall sie in die Hand f\u00fchrte, zur Herstellung neuer ft eiben zwischen den urspr\u00fcnglichen Anfangs- und Endsilben verwendet. Durch das Lernen der urspr\u00fcnglichen und der abgeleiteten Reihen auch in diesem\n9*","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\nG. E. Muller und F. Schumann.\nFalle mufste sich unmittelbar ergeben, ein wie grofser Teil der etwaigen Arbeitsersparnis lediglich der Identit\u00e4t der Silbenmasse, sowie der Identit\u00e4t der Anfangs- und Endglieder der einzelnen Reihen zuzuschreiben sei.\u201c\nThats\u00e4chlich zeigte sich nun bei der Erlernung dieser Vergleichsreihen keine sichere Ersparnis. Hingegen liefsen die 4 ersten Arten von Umstellungsreihen Ersparnisse an Wiederholungen gewinnen ; und zwar war, wie zu erwarten, die erzielte Ersparnis umso geringer, je gr\u00f6fser in den Umstellungsreihen die Zahl der \u00fcbersprungenen Silben war, also in den Umstellungsreihen der ersten Art, wo nur eine Silbe \u00fcbersprungen wurde, am gr\u00f6fsten und in denjenigen der vierten Art, wo nicht weniger als 7 Silben \u00fcbersprungen wurden, am geringsten.\nZwei verschiedene Versuchsreihen f\u00fchrten in wesentlich \u00fcbereinstimmender Weise zu den hier erw\u00e4hnten Resultaten und zwar unterschieden sich diese beiden Versuchsreihen dadurch voneinander, dafs die Versuchsperson (Ebbinghaus selbst) in der einen Versuchsreihe jedesmal die Art der zu erlernenden Umstellungsreihen kannte, in der anderen hingegen infolge geeigneter Mafsnahmen diese Kenutnis nicht besafs.\nBetrachtet man die oben mitgeteilten Schemata der 4 ersten Arten der in diesen Versuchsreihen erlernten Umstellungsreihen n\u00e4her, so erscheinen 3 Punkte beachtenswert. Erstens der bereits von Ebbinghaus selbst hervorgehobene Umstand, dafs es in jeder Umstellungsreihe eine Anzahl von Stellen (Bruchstellen) giebt, wo zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Silben dem Zwecke der Umstellungsreihe insofern nicht entsprechen, als die zweite von ihnen der ersten nicht bereits in einer Vorreihe an 2., 3., 4. oder 8. Stelle nachgefolgt ist. In den Umstellungsreihen der ersten Art ist nur je eine solche Bruchstelle vorhand\u00e9n, und zwar in der Mitte jeder Reihe, wo von der Silbe I15 zu der Silbe J2, von IIVo zu II,, von IIIlb zu III2 u. s. w. \u00fcbergegangen wird. In den Umstellungsreihen der 2., 3., 4. Art befinden sich 2, 3, 7 Bruchstellen. Nat\u00fcrlich mufste bereits der Umstand, dafs die Zahl der Bruchstellen mit der Anzahl der in der Umstellungsreihe \u00fcbersprungenen Silben zunahm, an und f\u00fcr sich dahin wirken, dafs die Arbeitsersparnis um so geringer ausfiel, je gr\u00f6fser die Zahl der in der Umstellungsreihe \u00fcbersprungenen Zwischensilben war.\nZweitens ist der von Ebbinghaus nicht hervorgehobene","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 133\nUmstand zu beachten, dafs in jeder Umstellungsreihe die fr\u00fcheren Silben dazu dienten, die sp\u00e4teren in Bereitschaft zu setzen. So mufste in den Umstellungsreihen der ersten Art z. B. die Silbe Ix die an achter Stelle nachfolgende Silbe J2, ferner die Silbe /3 die an achter Stelle ihr folgende Silbe J4 in gewissem Grade vorbereiten. In den Umstellungsreihen der zweiten Art mufste die an erster Stelle stehende Silbe die an siebenter Stelle stehende Silbe I2 und diese wiederum die an zw\u00f6lfter Stelle stehende Silbe I3 in h\u00f6here Bereitschaft setzen u. s. f. Bei der Erlernung der Vergleichsreihen, in denen die Silben aller sechs Vorreihen, abgesehen von den Anfangsund Endsilben, in ganz zuf\u00e4lliger Weise aufeinanderfolgten, haben nat\u00fcrlich zuweilen auch einige Silben einer Beihe andere Silben derselben Beihe in Bereitschaft gesetzt. Wie leicht ersichtlich, hat aber die Vorbereitung der Vorstellungen bei Erlernung dieser Vergleichsreihen im allgemeinen eine bedeutend geringere Bolle gespielt, als bei der Erlernung der Umstellungsreihen der ersten, zweiten und dritten Art. Auf die Umstellungsreihen der vierten Art kommen wir weiterhin noch besonders zu sprechen.\nEndlich drittens hat Ebbinghaus selbst bei weiterhin (S. 139) anzugebender Gelegenheit darauf aufmerksam gemacht, dafs, wenn eine Vorstellung a mit einer Vorstellung m, h mit n, c mit o, d mit p u. s. f. associiert seien und nun a, h, e, d, u. s. w. in dieser Ordnung durch das Bewufstsein z\u00f6gen und der Beihe nach die mit ihnen associierten Vorstellungen m, n, o, p u. s w. in Bereitschaft setzten, alsdann die letzteren Vorstellungen w\u00e4hrend des Zustandes der blofsen Bereitschaft m\u00f6glicherweise Associationen miteinander eingingen, die sp\u00e4terhin die bewufste Erlernung der Vorstellungsreihe m, n, o, p u. s. w. erleichtern k\u00f6nnten. Falls nun wirklich eine solche Association der Vorstellungen im Unbewufsten existiert, so mufste bei Erlernung von Umstellungsreihen der ersten Art z. B. die Aufeinanderfolge der Silben h hl5 \u2022 \u2022 \u2022 \u2022 hs bewirken, dafs die Silben h J4 J6 . . . . Iie in Bereitschaft gerieten und sich in diesem Zustande der Bereitschaft noch fester miteinander associierten, als sie bereits associiert waren, und diese im Unbewufsten vollzogene Associationsverst\u00e4rkung mufste die Erlernung des zweiten Teiles der Umstellungsreihe und mithin auch die Erlernung der ganzen Beihe erleichtern. In gleicherweise mufste","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"184\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\ndie Aufeinanderfolge der Silben I2 J+ I6. . . . Iu die Silben I.i Is I7 . . . . J15 in Bereitschaft setzen und zur Verst\u00e4rkung ihrer Associationen im Unbewufsten veranlassen und mithin die Erlernung der1 ersten H\u00e4lfte der Umstellungsreihe erleichtern. Analoges gilt von den Umstellungsreihen der zweiten und dritten Art.\nEs fragt sich nun, ob die Ersparnisse, welche sich bei der Erlernung der obigen Umstellungsreihen der ersten, zweiten und dritten Art ergeben haben, durch die blofse Vorbereitung der Silben und die etwaige Association im Unbewufsten erkl\u00e4rt werden k\u00f6nnen, ohne dafs es notwendig ist, anzunehmen, dafs sich bei der Erlernung der Vorreihen Associationen von merkbarer St\u00e4rke zwischen den durch je eine oder je zwei oder je drei Zwischensilben voneinander getrennten Silben gestiftet h\u00e4tten. Betrachtet man die Ersparnis, welche bei der Erlernung einer der obigen Arten von Umstellungsreihen erhalten worden ist, an und f\u00fcr sich, so kann man in der That zweifeln, ob dieselbe zu ihrer. Erkl\u00e4rung notwendig die Annahme von Associationen durch mittelbare Folge erfordere und nicht bereits durch die Vorbereitung der Vorstellungen und die Association im Unbewufsten erkl\u00e4rt werden k\u00f6nne. Nat\u00fcrlich ist zuzugeben, dafs dieser Zweifel vielleicht nicht erlaubt sein w\u00fcrde, wenn Resultate experimenteller Untersuchungen vorl\u00e4gen, welche uns ein sicheres Bild von der Gr\u00f6fsenordnung des Einflusses gew\u00e4hrten, den die Vorbereitung der Vorstellungen und die Association im Unbewufsten unter Umst\u00e4nden der hier in Rede stehenden Art aus\u00fcben.\nAllein, wie wollte man den Umstand, dafs die erzielte Ersparnis bei den Umstellungsreihen der ersten Art gr\u00f6fser, als bei denen der zweiten Art, und bei diesen wiederum gr\u00f6fser, als bei denen der dritten Art ist, ohne die Annahme erkl\u00e4ren, dafs den erzielten Ersparnissen Associationen durch mittelbare Folge zu Grunde l\u00e4gen, die selbstverst\u00e4ndlich um so schw\u00e4cher seien, je gr\u00f6fser die Zahl der \u00fcbersprungenen Zwischenglieder sei? Der f\u00f6rderliche Einflufs, den die Vorbereitung der Vorstellungen und die Association im Unbewufsten auf die Erlernung einer Umstellungsreihe aus\u00fcbte, mufste offenbar um so gr\u00f6fser sein, je betr\u00e4chtlicher in dieser Reihe die Zahl der Silben war, welche durch andere Silben der Reihe in derselben Ordnung, in welcher sie in der Reihe aufeinanderfolgten, in Bereit-","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 135\nsohaft versetzt wurden, und je weniger zahlreich zugleich die Zwischenglieder waren, welche eine Silbe von der sie in Bereitschaft setzenden anderen Silbe der Reihe trennten, d. h. je geringer die Zeit war, Welche seit der Vorbereitung einer Silbe bis zu ihrem thats\u00e4chlichen Vorkommen oder Wiedervorkommen in der Reihe verflofs. Run verhielten sich hinsichtlich der Zahl der Silben, welche durch andere Silben in der richtigen Ordnung in Bereitschaft versetzt wurden, die Umstellungsreihen der ersten, zweiten und dritten Art ungef\u00e4hr gleich.1 Hingegen war die Zahl der Zwischenglieder, welche eine Silbe von der sie in Bereitschaft setzenden Silbe trennten, in einer Umstellungsreihe der zweiten Art erheblich geringer, als in einer solchen der ersten Art, und in einer Umstellungsreihe der dritten Art noch geringer, als in einer solchen der zweiten Art. Folglich ergiebt sich, dafs die Vorbereitung der Vorstellungen und die Association im Unbewufsten dahin wirken mufsten, die Ersparnis an Wiederholungen bei den Umstellungsreihen der ersten Art am geringsten und bei denjenigen der dritten Art am gr\u00f6fsten ausfallen zu lassen. Da sich nun die thats\u00e4chlich erzielten Ersparnisse gerade umgekehrt verhalten, so bleibt nicht anderes\n1 Dies gilt, wenn man neben der Vorbereitung, welche in den Umstellungsreihen die Silben von h\u00f6herer Stellenzahl (d. h. h\u00f6herer Stellenzahl in den Umstellungsreihen, nicht in den Vorreihen) durch diejenigen von niederer Stellenzahl (z. B. in den Umstellungsreihen der ersten Art die Silben h und L durch die Silben L und J3) erfuhren, auch noch die Vorbereitung in Betracht zieht, welche Silben von niederer Stellenzahl durch solche von h\u00f6herer Stellenzahl (z. B. in den Umstellungsreihen der ersten Art die Silben I3 und I5 durch die Silben Ta und I\u00ce) erfuhren. Es k\u00f6nnte vermutet werden, dafs wegen der Pause und des Nachlassens der inneren Spannung, welche beim Lernen einer Reihe zwischen der Endsilbe und Anfangssilbe derselben (zumal wegen der erforderlichen R\u00fcckkehr des Blickes zur Anfangssilbe) jedesmal stattgefunden h\u00e4tten, der Einflufs der Vorbereitung, welche Silben von niederer Stellenzahl durch solche von h\u00f6herer Stellenzahl erfuhren, etwas geringer gewesen sei, als der Einflufs der Vorbereitung, welche Silben h\u00f6herer Stellenzahl durch solche von niederer Stellenzahl erfuhren. Wollte man aus solchem Grunde nur die Vorbereitung letzterer Art ber\u00fccksichtigen, so w\u00fcrde man zu behaupten haben, dafs die Zahl der Silben, welche durch andere Silben derselben Reihe (und zwar solche von niederer Stellenzahl) in der richtigen Ordnung in Bereitschaft gesetzt worden seien, in den Umstellungsreihen der zweiten Art gr\u00f6fser (= 10), als in denen der ersten Art (= 8), und in den Umstellungsreihen der dritten Art noch gr\u00f6fser (== 12), als in denen der zweiten Art gewesen sei.","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\tG. E. Muller und F. Schumann.\n\u00fcbrig, als anzunehmen, dafs diese Ersparnisse im wesentlichen durch die Associationen bedingt gewesen seien, die sich bei der Erlernung der Vorreihen zwischen den nur mittelbar aufeinanderfolgenden, durch 1, 2 oder 3 Zwischenglieder von einander getrennten Silben gestiftet h\u00e4tten, und selbstverst\u00e4ndlich um so schw\u00e4cher gewesen seien, je gr\u00f6fser die Zahl der trennenden Zwischenglieder gewesen sei. Auf die Besonderheiten des Ganges, den nach den Resultaten von Ebbinghaus die bei Erlernung einer Umstellungsreihe durchschnittlich erzielte Ersparnis nimmt, wenn die Zahl der \u00fcbersprungenen Silben w\u00e4chst, verm\u00f6gen wir allerdings, im Gegens\u00e4tze zu Ebbinghaus, ein gr\u00f6fseres Gewicht nicht zu legen, da diese Besonderheiten in nicht n\u00e4her absch\u00e4tzbarem Grade durch die Vorbereitung der Vorstellungen und die etwaige Association im Unbewufsten beeinflufst sind, sowie durch den oben (S. 132) hervorgehobenen Umstand, dafs die Zahl der Bruchstellen in den verschiedenen Arten von Umstellungsreihen nicht dieselbe ist.1\nEs er\u00fcbrigen uns noch einige Worte betreffs der vierten Art der obigen, von Ebbinghaus gebildeten Umstellungsreihen. Betrachtet man eine von den Umstellungsreihen, welche dieser Art angeh\u00f6ren, an und f\u00fcr sich, so scheint es allerdings, als habe bei Erlernung derselben die Vorbereitung der Vorstellungen und die Association im Unbewufsten keine in Betracht kommende Bolle spielen k\u00f6nnen. Denn nur die vier letzten\n1 Ebbinghaus (a. a. O., S. 147) behauptet auf Grund seiner Resultate, dafs die St\u00e4rke der Verkn\u00fcpfung zweier Silben von der Zahl der die Silben trennenden Zwischenglieder in der Weise abh\u00e4nge, dafs sie bei wachsender Zahl dieser Zwischenglieder zuerst sehr schnell und allm\u00e4hlich sehr langsam abnehme. Dies kann nach obigem nicht als erwiesen gelten. Auch hat Ebbinghaus den Einflufs, den die Stellung der Silben im Takte auf die Festigkeit ihrer Associationen aus\u00fcbt, \u00fcbersehen. Es ist z. B. nicht undenkbar, dafs bei troch\u00e4ischem Lernen einer Reihe die betonte erste Silbe sich mit der gleichfalls betonten siebenten Silbe fester associiere, als mit der unbetonten sechsten Silhe. Analoges gilt in F\u00e4llen, wo die Erlernung in anderem, als troch\u00e4ischem Rhythmus stattfindet.\nLeider l\u00e4fst sich aus den Angaben von Ebbinghaus nicht mit Sicherheit ersehen, in welchem Takte er die hier in Rede stehenden Arten von Umstellungsreihen gelernt hat. W\u00e4ren wir \u00fcber diesen Punkt sicher unterrichtet, so w\u00fcrden wir vielleicht noch weitere Bemerkungen an die Schemata dieser Umstellungsreihen anzukn\u00fcpfen haben.","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 137\nSilben jeder Seihe werden durch vier andere (und zwar die vier ersten) Silben derselben Seihe in der richtigen Ordnung in Bereitschaft gesetzt. Anders hingegen steht es, wenn man jede Umstellungsreihe dieser Art nicht blofs an und f\u00fcr sich betrachtet, sondern aufserdem noch mit der ihr unmittelbar vorhergehenden Seihe, also die zweite Seihe mit der ersten, die dritte mit der zweiten u. s. w. vergleicht. Alsdann zeigt sich, dafs diejenigen Silben jeder Seihe, welche nicht durch andere Silben derselben Seihe in Bereitschaft gesetzt werden, wenigstens durch Silben, welche der unmittelbar vorhergehenden Umstellungsreihe angeh\u00f6ren, in der richtigen Seihenfolge vorbereitet werden. So mufsten z. B. die letzten 12 Silben der ersten Seihe jedes Tages, an welchem Umstellungsreihen der vierten Art erlernt wurden, die 12 ersten Silben der zweiten Seihe desselben Tages in derselben Seihenfolge, in welcher sie in der zweiten Seihe vorkamen, in Bereitschaft setzen. Nun hat, wie wir sogleich sehen werden, Ebbinghaus selbst gefunden, dafs die Erlernung einer Umstellungsreihe eine Erleichterung erf\u00e4hrt, wenn ihre Silben in derselben Ordnung, in welcher sie in der Seihe aufeinanderfolgen, durch die Silben der unmittelbar vorhergehenden Seihe vorbereitet werden. Es ist daher zur Zeit gar nicht ausgeschlossen, dafs die geringe Ersparnis (3,3 %), welche Ebbinghaus bei der Erlernung der Umstellungsreihen der vierten Art erzielte, in der Hauptsache nur dadurch bedingt gewesen sei, dafs alle Silben dieser Seihen durch andere Silben, welche teils derselben, teils der unmittelbar vorhergehenden Seihe angeh\u00f6rten, in richtiger Ordnung in Bereitschaft gesetzt wurden, mit Ausnahme der Silben der ersten Seihe jedes Tages, von denen nur vier durch andere Silben vorbereitet wurden. Wenn also Ebbinghaus (a. a. O., S. 146) behauptet, dafs bei seinen Versuchen bei etwa 32maliger Wiederholung einer Silbenreihe jede Silbe sich mit der ihr an achter Stelle folgenden so fest verkn\u00fcpft habe, \u201edafs 24 Stunden sp\u00e4ter eine Nachwirkung dieser Verkn\u00fcpfung in ganz zweifelloser Weise konstatiert werden konnte\u201c, so scheint uns diese Behauptung durch die vorliegenden Versuchsresultate doch nicht ganz gerechtfertigt zu sein.1\n1 Ein weiteres Bedenken betreffs dieser vierten Art von Umstellungsreihen findet sich im f\u00fcnften Abschnitt von \u00a7 26 angegeben.","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138\nG. E. Muller und F. Schumann.\nUm den Einflufs n\u00e4her zu untersuchen, den die Anzahl der Wiederholungen auf die Associationen durch mittelbare Folge aus\u00fcbt, stellte Ebbinghaus (a. a. 0. S. 156 ff.) noch eine dritte Versuchsreihe an, in welcher Gruppen von je sechs 16silbigen Vorreihen entweder 16 oder 64 Mal aufmerksam wiederholt wurden und nach 24 Stunden Umstellungsreihen erlernt wurden, die durch \u00dcberspringen von einer Zwischensilbe aus den Vorreihen gebildet waren. Das Schema, nach welchem diese Umstellungsreihen gebildet waren, war indessen etwas verschieden von dem oben (S. 131) angef\u00fchrten Schema der fr\u00fcheren gleichfalls durch \u00dcberspringen einer Zwischensilbe gewonnenen Umstellungsreihen. Es wurden nicht, wie in diesen Reihen geschehen war, an die s\u00e4mtlichen Silben, die in einer Vorreihe an den ungeraden Stellen gestanden hatten, diejenigen unmittelbar angeschlossen, welche in derselben Vorreihe an den geraden Stellen gestanden hatten, sondern erst wurden die s\u00e4mtlichen Silben der ungeraden Stellen von zwei Vorreihen zu einer 16silbigen Umstellungsreihe zusammengestellt und dann die Silben der geraden Stellen derselben zwei Vorreihen zu einer zweiten Umstellungsreihe zusammengef\u00fcgt nach folgendem Schema :\nII\th\th \u25a0\t\u25a0 \u25a0 \u25a0 *15\tHi Hz h\u00bb - -\t\u2022 \u2022 Hl 5\nI,\th\th-\t\u25a0\u25a0h ,\th, hi h, \u2022 \u2022\t\u2022 \u25a0 Hi,\nIII\\\t\t\t\u2022 m\u00ab\t\t\t\u2022 \u2022 iv\u00ab\nIII,\t\t\tIII16 u.\tIV,\t s. w.\t.. IVU\nDie nach diesem Schema gebildeten Umstellungsreihen haben gleichfalls eine deutliche Ersparnis bei ihrer Erlernung ergeben, welche 24 Stunden nach Vornahme der entsprechenden Vorreihen stattfand. Hinsichtlich des Einflusses, den die Zahl der einpr\u00e4genden Wiederholungen der Vorreihen auf die Gr\u00f6fse dieser Ersparnis aus\u00fcbte, ergab sich das merkw\u00fcrdige Resultat, dafs die Umstellungsreihen nach 64 maliger Wiederholung der Vorreihen mit einer Ersparnis erlernt wurden, die nur wenig mehr als anderthalbmal so grofs war, als die Ersparnis, welche die Umstellungsreihen bei 16 maliger Wiederholung der Vorreihen gewinnen liefsen. Dieses Resultat ist deshalb von besonderem Interesse, weil anderweite Versuche von Ebbinghaus (a. a. 0., S. 74 ff.) f\u00fcr die Individualit\u00e4t dieses Forschers ergeben hatten,","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 139\nclafs die Ersparnis, welche bei einfacher Erlernung, bezw. Wieder-erlernung einer vor 24 Stunden mehr oder weniger oft wiederholten Silbenreihe erzielt werde, innerhalb gewisser Grenzen der Anzahl der vor 24 Stunden vollzogenen Wiederholungen der Reihe proportional gehe.\nDie in Rede stehende Versuchsreihe von Ebbinghaus hat noch ein interessantes, schon oben angedeutetes Resultat ergeben. Wie aus dem obigen Schema der in dieser Versuchsreihe erlernten Umstellungsreihen ersichtlich ist, wurden an jedem Tage, wo Umstellungsreihen zur Erlernung kamen, die Silben der 2., 4., 6. Reihe durch die Silben der unmittelbar vorhergehenden (1., 3., 5.) Reihe in derselben Ordnung in Bereitschaft versetzt, in welcher sie in der 2., 4., 6. Reihe aufeinander folgten. W\u00e4hrend nun sonst die 2., 4., 6. Reihe eines Versuchstages zu ihrer Erlernung durchschnittlich eine h\u00f6here Wiederholungszahl erforderten, als die 1., 3., 5. Reihe, zeigte sich bei diesen Versuchen das Umgekehrte. Ebbinghaus meint, dieses auffallende Resultat weise darauf hin, dafs Vorstellungen auch dann, wenn sie im Zustande der blofsen Bereitschaft aufeinander folgen, sich miteinander associieren oder bereits unter ihnen bestehende Associationen verst\u00e4rken k\u00f6nnen. Die leichtere Erlernung der an den geraden Stellen stehenden Umstellungsreihen habe vermutlich ihren Grund darin gehabt, dafs die Associationen, welche zwischen den Silben dieser Reihen infolge der Erlernung der Vorreihen bestanden h\u00e4tten, eine Verst\u00e4rkung durch die Associationen erfahren h\u00e4tten, welche zwischen eben diesen Silben gebildet worden seien, als sie bei Erlernung der an den ungeraden Stellen stehenden Umstellungsreihen successiv in der richtigen Ordnung in Bereitschaft erhoben worden seien. Ebbinghaus scheint hier zu \u00fcbersehen, dafs die Erlernung einer Silbenreihe vielleicht schon durch den blofsen Umstand in merkbarem Grade erleichtert werden kann, dafs ihre Silben unmittelbar vor ihrer Erlernung durch die Silben der unmittelbar vorhergehenden Reihe (oder auf sonstige Weise) in h\u00f6here Bereitschaft versetzt werden. Es k\u00f6nnte also jemand sagen, dafs die leichtere Erlernung der an den geraden Stellen stehenden Umstellungsreihen durch den Einflufs der Bereitschaft der Vorstellungen hinl\u00e4nglich erkl\u00e4rt werde und nicht noch die Annahme erfordere, dafs Vorstellungen im blofsen Zustande der Bereitschaft sich mit-","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\neinander associieren k\u00f6nnen. Offenbar fehlen bei den bier in Rede stehenden Versuchen von Ebbinghaus die Vergleichsreihen, bei deren Erlernung zwar auch der Einflufs der Bereitschaft der Silben, nicht aber auch eine etwaige vorherige Association derselben im Unbewufsten erleichternd wirken konnte Diesem Mangel sucht unsere Versuchsreihe X abzuhelfen.\nFassen wir das Vorstehende kurz zusammen, so ergiebt sich also folgendes : Obwohl die Untersuchungen von Ebbinghaus \u00fcber die Associationen durch mittelbare Folge hinsichtlich Einzelheiten und nebens\u00e4chlicher Punkte noch zu Bedenken und Zweifeln Anlafs geben, so ergiebt sich aus denselben doch mit Sicherheit, erstens, dafs bei Benutzung des E\u00dfBiNGHAUSschen Lernverfahrens eine Association durch mittelbare Folge wirklich stattfindet, zweitens, dafs eine solche Association, wie zu vermuten, unter sonst gleichen Umst\u00e4nden um so schw\u00e4cher ausf\u00e4llt, je gr\u00f6fser die Zahl der \u00fcbersprungenen Zwischenglieder ist, und drittens, dafs die St\u00e4rke einer solchen Association nur langsam anw\u00e4chst, wenn die Zahl der einpr\u00e4genden Wiederholungen der betreffenden Vorstellungsreihe zunimmt. Endlich, viertens hat die eine der Versuchsreihen von Ebbinghaus (welche allerdings keine sehr grofse Anzahl von Versuchen umfafst) mindestens mit sehr grofser Wahrscheinlichkeit ergeben, dafs eine Silbenreihe in merkbarem Grade leichter erlernt wird, wenn ihre Bestandteile durch die Silben einer unmittelbar vorhergehenden Silbenreihe in der richtigen Ordnung in Bereitschaft versetzt worden sind. Ob dieses Verhalten in einer im Unbewufsten sieh vollziehenden Association oder blofs in der Vorbereitung der Vorstellungen seinen Grund hat, bleibt noch dahingestellt.\nEs ist nicht zu \u00fcbersehen, dafs die hier angef\u00fchrten Resultate von Ebbinghaus mittelst eines Lernverfahrens gewonnen worden sind, bei welchem ein gleichzeitiges Gesebenwerden nur mittelbar aufeinanderfolgender Silben nicht ausgeschlossen war. M\u00fcnsterberg (Zeitschrift f\u00fcr Psychologie, I, 1890, S. 101) hat diesen Umstand hervorgehoben, indem er bemerkt, dafs die beim \u00dcberspringen einzelner Silben von Ebbinghaus erzielte Ersparnis darauf beruhen d\u00fcrfte, \u201edafs unser Auge, schneller arbeitend als der Sprechapparat, auch die nicht unmittelbar sich ber\u00fchrenden Silben gleichzeitig\u00fcberblickt. H\u00e4tte Ebbinghaus die Silbenreihe verdeckt gehalten und stets nur jedesmal eine","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 141\nSilbe nach der anderen aufgedeckt, so w\u00e4re das Ergebnis in diesem Punkte vielleicht ein anderes geworden\u201c.\nUnsere Versuchsreihe VI tritt nun zu den hier er\u00f6rterten umfassenden Untersuchungen von Ebbinghaus als ein kleiner Beitrag best\u00e4tigender und erg\u00e4nzender Art hinzu, insofern sie bei Ausschlufs eines gleichzeitigen Gesehenwerdens mehrerer Silben gleichfalls das Stattfinden von Associationen durch mittelbare Folge ergiebt und zugleich zeigt, dafs die St\u00e4rke einer durch mittelbare Folge gestifteten Association aufser von der Zahl der \u00fcbersprungenen Zwischenglieder und der Anzahl der Wiederholungen auch noch von der Stellung abh\u00e4ngt, welche die betreffenden Silben im Takte einnehmen. Aufserdem besitzt unsere Versuchsreihe VI noch wesentlich ein methodologisches Interesse, da sie nach einem ganz anderen Verfahren angestellt ist, als die im vorstehenden besprochenen Versuchsreihen von Ebbinghaus und unsere bisher angef\u00fchrten V ersuchsreihen I\u2014- V.\n\u00a7 9. Versuchsreihe VI.\nW\u00e4hrend in unseren bisher besprochenen Versuchsreihen das Umstellungsverfahren zur Anwendung gekommen ist, bei welchem behufs Untersuchung gewisser Associationen die Silben der erlernten Vorreihen durch Umstellungen bestimmter Art zu neuen zu erlernenden Reihen zusammengefiigt werden, kam in dieser Versuchsreihe VI ein Verfahren zur Anwendung, das kurz als das Ersetzungsverfahren bezeichnet werden kann und dadurch charakterisiert ist, dafs behufs Konstatierung oder Untersuchung gewisser Associationen aus den Vorreihen dadurch neue Reihen (Ersetzungsreihen) gebildet werden, dafs einzelne Silben der Vorreihen ausgelassen und an Stelle derselben ganz neue Silben, denen keinerlei durch Erlernung bestimmter Silbenreihen bewirkte Associationen anhaften, eingef\u00fcgt werden. Hierbei werden diejenigen Silben, welche aus den Vorreihen in die Ersetzungsreihen hin\u00fcbergenommen werden, in diesen je nach den besonderen Zwecken der Ersetzungsreihen entweder an denselben Pl\u00e4tzen untergebracht, welche sie in den Vorreihen besafsen, oder nach bestimmten Regeln an andere Pl\u00e4tze gestellt. Die sogleich mitzuteilenden Schemata dieser Versuchsreihe werden das Verfahren hinl\u00e4nglich verdeutlichen.","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nDie Versuchsreihe zerfiel in 2 Abteilungen. In der ersten Abteilung wurden am 1., 3., 5. u. s. w. Tage je 6 zw\u00f6lf-silbige Vorreihen in troch\u00e4ischem Rhythmus erlernt. Am zweiten Tage wurden im gleichen Rhythmus 6 Reihen erlernt, welche aus den am ersten Tage erlernten Vorreihen nach folgendem Schema gebildet waren:\n1. Hauptreihe:\n1.\tVergleichsreihe:\n2.\tHauptreihe:\n2.\tVergleichsreihe:\n3.\tHauptreihe:\n3, Vergleichsreihe:\nIx V 1SN\\ I6N\\ I7 N\\ I9 N\\ In N IInN j II, N\\ IIS N IIdN | //. N | II, N\nIII, N\\ III, N\\ .................III,, iV\nIV\u201eN\\ IV, N |....................IV, N\nV, -ZVj F3A|................... V\u201eN\nVI,,N | VI, N ................... . VI, N\nHier und ebenso in Schema II bedeutet N \u00fcberall eine neue, d. h. innerhalb eines l\u00e4ngeren Zeitraums nicht dagewesene Silbe, und zwar selbstverst\u00e4ndlich an jeder Stelle eine andere derartige neue Silbe.\nDie Reihen des 4. Tages waren gleichfalls nach Schema I aus den am 3. Tage erlernten Vorreihen abgeleitet; nur war die Zeitlage der Reihen eine andere als am 2. Tage, indem die Vergleichsreihen die 1., 3., 5., und die Hauptreihen die 2., 4., 6. Stelle einnahmen.\nDie am 6. Tage zur Erlernung kommenden Reihen waren aus den am vorhergehenden Tage erlernten Vorreihen nach Schema II abgeleitet. Ebenso die Reihen des 8. Tages; nur nahmen am letzteren Tage die Hauptreihen wieder die geraden und die Vergleichsreihen die ungeraden Stellen ein.\nSchema II.\n1. Hauptreihe:\tNI21 NI, j NI6 \\ NIS | NI10 |\t-V/12\n1. Vergleichsreihe: NII12 \\ NIIS \\ NU, \\ NIIl0 \u25a0 NIIe f NII2\n2.\tHauptreihe:\tNIII2 \\NIIIi\\.................... NIII12\n3.\tVergleichsreihe: N VI,2 \\ NVIg |.................. NVI2\nEbenso wie vom 1. bis 8. Versuchstage verliefen die Versuche vom 9. bis 16., 17. bis 24. Versuchstage u. s. f.\nDie Absicht, die den beiden hier mitgeteilten Schematen zu Grunde liegt, bedarf keiner weiteren Darlegung. Die","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n143\nHauptreihen des ersten Schemas sind von der Art, dafs die Erlernung derselben durch keine anderen zwischen Silben der Yorreihen gestifteten Associationen erleichtert werden kann, als durch diejenigen Associationen, welche sich zwischen den an den ungeraden Stellen stehenden Silben (der 1. und 3., 1. und 5., 3. u. 5. u. s. w. Silbe) der Vorreihen hergestellt haben. Und zwar verfliefst beim Lernen und Hersagen einer Hauptreihe zwischen zwei der Yorreihe entstammenden Silben genau derselbe Zeitraum,- welcher beim Lernen und Hersagen der Vorreihe zwischen diesen beiden Silben verflossen war. Letzterer Umstand ist vielleicht nicht ganz belanglos und ist einer der Punkte, durch die sich diese unsere Versuche von den entsprechenden Versuchen von Ebbinghaus (vergl. die Schemata auf S. 131 und 138) unterscheiden. Da sich nicht ermessen l\u00e4fst, welchen Einflufs auf die Erlernung der Hauptreihen das Bekanntsein der sechs aus den Vorreihen \u00fcbernommenen Silben und die associative Hemmung aus\u00fcbt, welche aus den Associationen dieser Silben mit den in den Vorreihen ihnen unmittelbar folgenden Silben entspringen kann, so sind den 3 Hauptreihen eine gleiche Anzahl von Vergleichsreihen beigef\u00fcgt, bei deren Erlernung die Bekanntschaft von 6 Silben und die associative Hemmung sich in gleichem Grade geltend machen mufs, wie bei Erlernung der Hauptreihen.1 Die, mit einer Ausnahme r\u00fcckl\u00e4ufigen, Associationen, welche infolge der Erlernung der Vorreihen zwischen den ungeraden Silben der Vergleichsreihen bestehen, sind auf jeden Fall von hier nicht in Betracht kommender St\u00e4rke. Angenommen \u00fcbrigens, diese Associationen k\u00e4men in Betracht, so m\u00fcfsten selbstverst\u00e4ndlich erst recht die zwischen den ungeraden Silben der Hauptreihen bestehenden, ausschliefslich vorw\u00e4rtsl\u00e4ufigen und apf Uber-springung nur eines Zwischengliedes beruhenden Associationen hervortreten, auf deren Feststellung es uns hier ankommt.\nDie Haupt- und Vergleichsreihen des zweiten Schemas sind nach denselben Gesichtspunkten angelegt, wie diejenigen des ersten Schemas. Nur besteht der Unterschied, dafs, w\u00e4hrend\n1 Genau genommen, bestellt auch hier das schon fr\u00fcher (S. 109) er\u00f6rterte Verhalten, dafs dieselben Associationen, welche die Erlernung der Hauptreihen erleichtern, eventuell dazu dienen, durch associative Hemmung die Erlernung der Vergleichsreihen in einem gewissen, allerdings nur geringen, Grade zu erschweren.","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144\nG. E. M\u00fcller und F. \u00a7chumann.\ndie letzteren zur Untersuchung der zwischen den betonten Silben der Vorreihen hergestellten Associationen dienen, die ersteren zur Untersuchung derjenigen Associationen bestimmt sind, die zwischen den an den geraden und unbetonten Stellen der Vorreihen stehenden Silben gestiftet worden sind.\nDas Verfahren, welches in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe benutzt wurde, unterschied sich nur in 2 Punkten von dem in der ersten Abteilung angewandten Verfahren. Da es n\u00e4mlich nicht unm\u00f6glich erschien, dafs die Hauptreihen des ersteren der beiden obigen Schemata bereits deshalb merklich leichter erlernt w\u00fcrden, als die zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen, weil ihre erste Silbe mit der ersten Silbe der entsprechenden Vorreihen \u00fcbereinstimme und infolgedessen bei versuchtem Hersagen sehr leicht und schnell gefunden werde, so wurden die Vergleichsreihen jenes ersten Schemas in der Weise abge\u00e4ndert, dafs ihre erste Silbe gleichfalls mit der ersten Silbe der entsprechenden Vorreihen \u00fcbereinstimmte. Die Vergleichsreihen des Schema I waren also in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe vom folgenden Typus:\nI1N\\I1 ,N 11,N | I$N | I\u00e4N 115N.\nIm \u00fcbrigen blieben beide Schemata unver\u00e4ndert.\nUm ferner die zu untersuchenden Associationen deutlicher hervortreten zu lassen, wurden in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe die Ersetzungsreihen nicht erst 24 Stunden nach den Vorreihen gelernt, sondern zwischen dem Ende der Erlernung der Vorreihen und dem Beginn der Erlernung der Ersetzungsreihen verstrich nur eine Ruhepause von 30 Minuten. An jedem Versuchstage wurden 4 Vorreihen und 30 Minuten sp\u00e4ter 2 daraus abgeleitete Hauptreihen nebst 2 Vergleichsreihen erlernt. Die Versuchstage bildeten Gruppen von je 4 Tagen. An dem 1. und 2. Tage jeder Gruppe entsprachen die Haupt-und Vergleichsreihen dem Schema I (mit der soeben angegebenen Ab\u00e4nderung betreffs der Vergleichsreihen), am 3. und 4. Tage dem Schema II. Am 1. und 3. Tage kamen die Hauptreihen an 1. und 3. (oder, wenn man die Vorreihen mitrechnet, an 5. und 7.) Stelle und die Vergleichsreihen an 2. und 4. (6. und 8.) Stelle zur Erlernung; am 2. und 4. Tage verhielt es sich umgekehrt.","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 145\nW\u00e4hrend der ganzen Versuchsreihe diente S. als Versuchsperson. In der ersten Abteilung der Versuchsreihe, welche am 28. Oktober 1887 begann und am 20. December endete, fungierte M. als Versuchsleiter. In der, am 12. Januar 1888 beginnenden und am 27. April abschliefsenden, zweiten Abteilung wurde der Aufbau der Silbenreihen gleichfalls durch M. besorgt, w\u00e4hrend bei den'Versuchen selbst Dr. O. Hoffmann (zur Zeit Docent der vergleichenden Sprachwissenschaft an der Universit\u00e4t zu K\u00f6nigsberg) als Protokollant gegenw\u00e4rtig war. Die Versuche der ersten Abteilung begannen nachmittags ca. 6XA Uhr, diejenigen der zweiten Abteilung vormittags ca. ll1/* Uhr.\nDie Silbenreihen waren s\u00e4mtlich normal.1 Da auch die A-Silben der Ersetzungsreihen den f\u00fcr die normalen Silbenreihen aufgestellten Kegeln entsprechen mufsten, so war der Aufbau der Silbenreihen von ziemlich verwickelter und die Aufmerksamkeit in Anspruch nehmender Art. Es mufsten \u00e4hnliche Kunstgriffe angewandt werden, wie beim Aufbau der Silbenreihen von Versuchsreihe III, IVund V zur Anwendung gekommen waren (S. 31 f.).\nDie in beiden Abteilungen der Versuchsreihe erhaltenen Mittelwerte von w waren folgende.\nAbteilung 1.\n\twa :\twc:\t\t\nVorreiben\t16,9\t15,6\t(n\t144)\nHauptreihen des Schema I\t16,5\t16,0\tH =\t36)\nVergleichsreihen des Schema I\t17,9\t16,5\t(n =\t36)\nHauptreihen des Schema II\t16,8\t16,4\t(n =\t36)\nVergleichsreihen des Schema II\t17,3\t17,0\t(n =\t36),\n1 Nur die auf S. 106 mit angef\u00fchrte Vorschrift, dafs Anfangs- und Endkonsonant eines Taktes nicht identisch sein sollen, wurde in dieser Versuchsreihe nicht befolgt. Andererseits aber wurde bald nach Beginn der Versuchsreihe eine Versch\u00e4rfung der Regeln hinsichtlich der in den Ersetzungsreihen vorkommenden A-Silben eingef\u00fchrt. Es wurde n\u00e4mlich die Vorschrift eingef\u00fchrt, dafs eine A-Silbe, welche mit einer aus einer Vorreihe entstammenden Silbe A in einem und demselben Takte einer Haupt- oder Vergleichsreihe zusammenstehe mit derjenigen Silbe, welche in der betreffenden Vorreihe mit dieser Silbe A in einem und demselben Takte zusammengestanden habe, weder hinsichtlich des Vokales noch hinsichtlich beider Konsonanten \u00fchereinstimmen d\u00fcrfe. Hatte also z. B. in der ersten Vorreihe der Takt Ib I6 r\u00f6n teum gelautet, so durfte in der zugeh\u00f6rigen Haupt- oder Vergleichsreihe der Takt IbN nicht etwa r\u00f6n tarn oder r\u00f6n taum heifsen, und der Vokallaut der auf r\u00f6n folgenden A-Silbe d\u00fcrfte auf keinen Fall eu sein.\nZeitschrift fiir Psychologie VI.\n10","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nAbteilung\t2.\t\t\t\n\tiv a\\\twc:\t\t\nVorreihen\t12,4\t11,5\t(n \u2014\t208)\nHauptreihen des Schema I\t12,7\t12,1\t(n\t52)\nVergleichsreihen des Schema 1\t14,9\t14,2\tii \u2014\t52)\nHauptreihen des Schema II\t13,0\t12,3\t(n =\t52)\nVergleichsreihen des Schema 11\t14,6\t14,0\t(n \u2014\t52)\n\"Wie man sieht, entsprechen den Hauptreihen ohne Ausnahme geringere Mittelwerte von w als den zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen, und zwar haben die Hauptreihen des Schema i, in denen die zwischen den betonten Silben der Vorreihen gestifteten Associationen zur Geltung kamen, den zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen gegen\u00fcber gr\u00d6fsere Ersparnisse ergeben, als die Hauptreihen des Schema II, bei deren Erlernung die zwischen den unbetonten Silben der Vorreihen hergestellten Associationen erleichternd wirkten. Dafs die bei Erlernung der Hauptreihen erzielten Ersparnisse nicht blofs auf Zuf\u00e4lligkeiten beruhen, ergiebt sich, abgesehen von anderem, auch daraus, dafs dieselben in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe, in welcher zwischen der Erlernung der Vorreihen und derjenigen derHaupt-und Vergleichsreihen eine Zwischenzeit von nur 30 Minuten verstrich, bedeutend gr\u00f6fser ausgefallen sind, als in der ersten Abteilung, in welcher jene Zwischenzeit 24 Stunden betrug.\nWie erheblich in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe die Erleichterung war, welche bei der Erlernung der Hauptreihen, namentlich derjenigen, welche dem Schema I entsprachen, eintrat, zeigt sich auch, wenn man f\u00fcr jeden Versuchstag die Summe h der beiden Wiederholungszahlen bestimmt, welche f\u00fcr die Erlernung der beiden Hauptreihen erforderlich waren, und ebenso die Summe v der beiden Wiederholungszahlen bestimmt, welche f\u00fcr die Erlernung der beiden Vergleichsreihen erforderlich waren. Alsdann zeigt sich, dafs von den 26 Versuchstagen, an denen die Ersetzungsreihen dem Schema I entsprachen, 23 Tage f\u00fcr h einen gr\u00f6fseren Wert ergeben haben, als f\u00fcr v. An einem Tage war h = v, und nur an 2 Tagen (und zwar solchen, an denen die Hauptreihen an 2. und 4., bezw. 6. und 8. Stelle erlernt wurden) war v gr\u00f6fser als h. An den 26 Versuchstagen, an denen die Ersetzungsreihen dem Schema II entsprachen, war h 16 mal gr\u00f6fser als v, 2 mal gleich v und","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 147\n8 mal kleiner als v. Auch bei dieser Behandlung der Versuchsresultate zeigt sich also, dafs bei der Erlernung der dem Schema I entsprechenden Hauptreihen eine betr\u00e4chtlich gr\u00f6fsere Erleichterung vorhanden war, als bei der Erlernung der nach Schema II aufgebauten Hauptreihen.\nDen oben angef\u00fchrten Schema ten f\u00fcr die in dieser Versuchsreihe erlernten Silbenreihen liegt, wie angedeutet, die Voraussetzung zu Grunde, dafs die Ersparnisse, welche die Hauptreihen den zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen gegen\u00fcber ergeben, aussehliefs-lich auf die Wirksamkeit derjenigen Associationen zur\u00fcckzuf\u00fchren seien, welche sich bei der Erlernung der Vorreihen zwischen den betonten, bezw. unbetonten Silben dieser Eeihen gestiftet haben. Diese Voraussetzung ist indessen nicht mit voller Strenge g\u00fcltig. Wie uns n\u00e4mlich im Verlaufe eben dieser Versuchsreihe VI immer mehr zum Bewufstsein gekommen ist, ersch\u00f6pft sich die Summe desjenigen, was sich bei der Erlernung einer Silbenreihe dem Ged\u00e4chtnisse einf\u00fcgt, nicht mit den Associationen, die sich zwischen den einzelnen Silben der Reihe durch unmittelbare oder mittelbare Folge bilden. Es verkn\u00fcpfen sich vielmehr bei der Erlernung einer Silbenreihe mit einzelnen Silben oder Takten zugleich die Vorstellungen der absoluten Stellen der Silben,1 bezw. Takte, d. h. die Vorstellungen davon, an den wievielten Stellen die betreffenden Silben oder Takte in der Reihe stehen. Die Association zwischen Silbe und absoluter Stelle trat in Versuchsreihe VI deutlich dadurch hervor, dafs die Versuchsperson nach Erlernung einer Haupt- oder Vergleichsreihe h\u00e4ufig von einzelnen Silben der Reihe angeben konnte, ob sie in der entsprechenden Vorreihe an denselben absoluten Stellen gestanden h\u00e4tten oder nicht, bezw. an welchen anderen Stellen sie gestanden h\u00e4tten. Und da nun die Versuchsperson S. die Schemata, nach denen die Silbenreihen aufgebaut waren, kannte, so war sie dem-gem\u00e4fs h\u00e4ufig in der Lage, mit Bestimmtheit die Art einer soeben erlernten Ersetzungsreihe (ob dieselbe dem Schema I oder II entspreche, pine Haupt- oder Vergleichsreihe sei) angeben zu k\u00f6nnen.\n1 Die Stelle, welche eine Silbe in der ganzen Silbenreihe einnimmt, bezeichnen wir als die absolute Stelle derselben im Gegens\u00e4tze zu der nicht minder wichtigen Stelle, welche dieselbe im Takte innehat. Durch \u00dcbertragung reden wir auch von der absoluten Stelle eines Taktes.\n10*","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\nG. E. Midier und F. Schumann.\nEs ist nun klar, dafs die Verkn\u00fcpfung zwischen Silbe und absoluter Stelle, die sich bei der Erlernung der Vorreihen h\u00e4ufig bildete, die Erlernung der Hauptreihen, in denen die absoluten Stellen der sechs aus den Vorreihen \u00fcbernommenen Silben dieselben waren, wie in den Vorreihen, erleichtern mufste. Bei der Erlernung der Vergleichsreihen hingegen, in denen die absoluten Stellen der aus den Vorreihen stammenden Silben im allgemeinen andere waren, als in den Vorreihen, konnte die Kenntnis der absoluten Stellen der Silben keine H\u00fclfe gew\u00e4hren. Nur die Vergleichsreihen des Schema 1 waren, wie sich aus dem oben (S. 144) Mitgeteilten ergiebt, in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe von der Art, dafs die absoluten Stellen zweier Silben (n\u00e4mlich der ersten und der neunten Silbe) in ihnen dieselben waren, wie in den Vorreihen. Es erhebt sich nun die Frage, inwieweit die Ersparnisse, welche die Hauptreihen dieser Versuchsreihe den zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen gegen\u00fcber ergeben haben, dadurch bedingt sind, dafs die bei Erlernung der Vorreihen gestifteten Associationen zwischen einzelnen Silben und ihren absoluten Stellen zwar die Erlernung der Hauptreihen, nicht aber oder wenigstens nicht in gleichem Grade auch die Erlernung der Vergleichsreihen erleichtern konnten.\nDafs jene Ersparnisse nicht zum gr\u00f6fsten Teile oder gar ausschliefslich durch die Kenntnis der absoluten Stellen einzelner Silben bedingt sind, l\u00e4fst sich auf Grund einer der von uns erhaltenen Versuchsthatsachen behaupten, n\u00e4mlich auf Grund der Thatsache, dafs in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe die Hauptreihen des Schema I den zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen gegen\u00fcber eine deutlich gr\u00f6fsere Ersparnis ergeben haben, als die Hauptreihen des Schema II. Diese Thatsache kommt hier deshalb in Betracht, weil (in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe) in den Vergleichsreihen des Schema I zwei den Vorreihen entstammende Silben, darunter die wichtige erste Silbe der Reihe, ganz dieselben absoluten Stellen besafsen wie in den Vorreihen, mithin die Hauptreihen des Schema I vor ihren Vergleichsreihen \u00fcberhaupt nur dies voraushaben konnten, dafs in ihnen noch 4 Silben mehr hinsichtlich ihrer absoluten Stellen bekannt waren, w\u00e4hrend bei der Erlernung der Hauptreihen des Schema II durch die Kenntnis der absoluten Stellen von 6 Silben eine Ersparnis","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 149\nden' zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen gegen\u00fcber bewirkt werden konnte. Wenn nun trotz dieses 'V erhaltens die Hauptreihen des Schema II den Vergleichsreihen gegen\u00fcber eine geringere Ersparnis ergehen haben, als die Hauptreihen des Schema I, so bleibt nichts anderes \u00fcbrig, als anzunehmen, dafs sich bei Erlernung der Vorreihen Associationen durch mittelbare- Folge sowohl zwischen den betonten als auch unbetonten Silben gekn\u00fcpft haben, und zwar die zwischen den ersteren Silben gestifteten Associationen erheblich st\u00e4rker ausgefallen sind, als die zwischen den unbetonten Silben hergestellten. Wollte man annehmen, dafs die betonten Silben der Vorreihen, eben wegen ihrer st\u00e4rkeren Betonung, im allgemeinen sich fester und h\u00e4ufiger mit ihren absoluten Stellen associiert h\u00e4tten, als die unbetonten Silben, und dafs aus diesem Grunde die Hauptreihen des Schema I eine gr\u00f6fsere Ersparnis ergeben h\u00e4tten, als die Hauptreihen des Schema II, so w\u00fcrde zu erwidern sein, dafs diese Annahme nicht zu der Thatsache stimmt, dafs nach unseren protokollarischen Aufzeichnungen in den Ersetzungsreihen des Schema IIvon den aus den Vorreihen \u00fcbernommenen Silben eine gr\u00f6fsere Anzahl hinsichtlich der absoluten Stellen, die sie in den Vorreihen innegehabt hatten, wiedererkannt wurde, als in den Ersetzungsreihen des Schema I der Fall war.\nDie Versuchsperson gab nach jeder erlernten Haupt- oder Vergleichsreihe sofort zu Protokoll, ob sie den Charakter der Reihe erkannt habe, bezw. welche Silben sie hinsichtlich der in den Vorreihen von ihnen innegehabten absoluten Stellen wiedererkannt habe. Laut unseren Aufzeichnungen wurden nun in der ersten Abteilung der Versuchsreihe (in welcher zwischen der Erlernung der Vorreihen und derjenigen der Ersetzungsreihen eine Zwischenzeit von 24 Stunden verflofs) im ganzen nur 17 Silben der Ersetzungsreihen hinsichtlich der in den Vorreihen von ihnen innegehabten Stellen wieder erkannt. Von diesen 17 Silben entfallen 5 auf die Ersetzungsreihen des Schema I und 12 auf die Ersetzungsreihen des Schema II. In der zweiten Abteilung der Versuchsreihe (in welcher jene Zwischenzeit nur 30 Minuten betrug) w\u00fcrden im ganzen 208 Silben der Ersetzungsreihen hinsichtlich ihrer absoluten Stellen wiedererkannt. Von diesen 208 wieder erkannten Silben entfallen 83 auf die Ersetzungsreihen des Schema I und 125 auf diejenigen des Schema II. Wenn man nun auch noch so","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann\nsehr zugiebt, dafs infolge von Vergefslichkeit nicht alle F\u00e4lle, in denen eine Silbe einer Ersetzungsreihe hinsichtlich ihrer absoluten Stelle wiedererkannt worden sei, zur Aufzeichnung gelangt seien, so erscheint doch in Hinblick auf die hier mitgeteilten Ergebnisse der protokollarischen Aufzeichnungen die Annahme unhaltbar, dafs die den Vorreihen entstammenden Silben in den Ersetzungsreihen des Schema I h\u00e4ufiger und fester mit den in den Vorreihen von ihnen innegehabten absoluten Stellen asso-ciiert gewesen seien, als in den Ersetzungsreihen des Schema II, und mithin die bei Erlernung der Vorreihen gestifteten Associationen einzelner Silben mit ihren absoluten Stellen die Erlernung der Hauptreihen des Schema I in h\u00f6herem Grade gef\u00f6rdert h\u00e4tten, als die Erlernung der Hauptreihen des Schema II. Und noch viel weniger haltbar w\u00fcrde vollends die Annahme sein, dafs die bei Erlernung der Hauptreihen erzielten Ersparnisse lediglich auf Associationen zwischen einzelnen Silben und ihren absoluten Stellen beruht h\u00e4tten. Denn w\u00e4re dies der Fall gewesen, so w\u00fcrde der oben hervorgehobene Umstand, dafs bei Erlernung der Hauptreihen des Schema II die Kenntnis der absoluten Stellen von 6 Silben, bei Erlernung der Hauptreihen des Schema I hingegen nur die Kenntnis der Stellen von 4 Silben ersparend wirken konnte, doch sehr schwer ins Gewicht gefallen sein und nur dadurch haben kompensiert oder vielmehr \u00fcberkompensiert werden k\u00f6nnen, dafs die durch Erlernung der Vorreihen gestifteten Associationen einzelner Silben mit ihren absoluten Stellen in den Ersetzungsreihen des Schema I in sehr hohem Grade st\u00e4rker gewesen seien als in den Ersetzungsreihen des Schema II, und zwar in so hohem Grade, dafs selbst sehr unvollst\u00e4ndige Aufzeichnungen der F\u00e4lle, wo eine Silbe hinsichtlich der von ihr in der Vorreihe innegehabten absoluten Stelle wiedererkannt wurde, f\u00fcr die Ersetzungsreihen des Schema I eine deutlich gr\u00f6fsere Anzahl solcher W iederkennungsf\u00e4lle h\u00e4tten ergeben m\u00fcssen, als f\u00fcr die Ersetzungsreihen des Schema III\n1 Eine zwischen einer Silbe und ihrer absoluten Stelle bei Erlernung einer Vorreihe gestiftete Association kann nat\u00fcrlich die Erlernung einer abgeleiteten Eeihe auch dann erleichtern, wenn sie nicht zu einer Wiedererkennung der Silbe hinsichtlich ihrer absoluten Stelle f\u00fchrt. Trotzdem kann die Zahl der F\u00e4lle, in denen eine Silbe hinsichtlich ihrer absoluten Stelle wiedererkannt wurde, zwar nicht als ein prinzipiell genauer, wohl","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 151\nObwohl wir also nicht bezweifeln, dafs die bei der Erlernung der Vorreiben gestifteten Associationen zwischen einzelnen Silben und ihren absoluten Stellen gelegentlich bei dem Lernen und Hersagen einer Ersetzungsreihe mitgewirkt haben, so glauben wir doch, dafs die Besultate dieser Versuchsreihe VI als ein Beweis daf\u00fcr zu gelten haben, dafs bei der Erlernung einer Silbenreihe jede Silbe eine Tendenz erwirbt, die ihr an zweiter Stelle folgende Silbe zu reproducieren, dafs jede Silbe diese Tendenz auch dann erkennen l\u00e4fst, wenn ihr zun\u00e4chst eine ganz fremde und neue Silbe (V-Silbe) folgt,\naber als ein f\u00fcr den obigen Zweck gen\u00fcgender Mafsstab daf\u00fcr dienen, mit welcher H\u00e4ufigkeit und Festigkeit die Associationen zwischen Silben und absoluten Stellen in einer bestimmten Art von abgeleiteten Reihen sich geltend gemacht haben. Prinzipiell genau ist dieser Mafsstab deshalb nicht, weil die Wiedererkennung einer Silbe hinsichtlich ihrer absoluten Stelle nicht blofs von der Festigkeit der Association zwischen Silbe und absoluter Stelle, sondern aufserdem auch noch von den Umst\u00e4nden abh\u00e4ngt, unter denen die wiederzuerkennende Silbe auftritt. Diese Umst\u00e4nde sind aber f\u00fcr die den Vorreihen entstammenden Silben in den Ersetzungsreihen des Schema I und denjenigen des Schema II nicht ganz dieselben, weil jene Silben in den ersteren Reihen betonte, in den letzteren hingegen unbetonte Siben sind.\nDiejenigen Hauptreihen, welche als solche von der Versuchsperson erkannt wurden, erforderten zu ihrer Erlernung durchschnittlich eine etwas geringere Wiederhoiungszahl, als diejenigen Hauptreihen, welche nicht erkannt wurden. Doch ergaben auch letztere Reihen den Vergleichsreihen gegen\u00fcber noch ganz erhebliche Ersparnisse. Diejenigen Hauptreihen, in denen die Zahl der hinsichtlich der absoluten Stelle wiedererkannten Silben nicht unter 3 betrug, wurden noch schneller erlernt, als die \u00fcbrigen erkannten Hauptreihen. Man darf aus diesen Resultaten nicht darauf schliefsen, dafs bei der Erlernung der erkannten Hauptreihen die Voreingenommenheit der Versuchsperson oder die Associationen einzelner Silben mit den absoluten Stellen eine grofse Rolle gespielt h\u00e4tten. Denn auch die erkannten Vergleichsreihen wurden mit gleicher Deutlichkeit schneller erlernt, als die nicht erkannten. Man wird also anzunehmen haben, dafs die hinsichtlich der absoluten Stelle wiedererkannten Silben der Versuchsperson zugleich noch sehr gel\u00e4ufig waren und durch diese hohe Gel\u00e4ufigkeit die Erlernung der betreffenden Reihe erleichterten, oder dafs eine zuf\u00e4llige bessere Disposition der Versuchsperson nicht blofs die Erlernung der Silbenreihe beschleunigt, sondern auch eie Wiedererkennung der Silben hinsichtlich der absoluten Stelle beg\u00fcnstigt habe.\nWie zu erwarten, war die Zahl der hinsichtlich der absoluten Stelle wiedererkannten Silben in den Hauptreihen etwas gr\u00f6fser, als in den V ergleichsreihen.","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nund dais diese Tendenz schw\u00e4cher ist, wenn die beiden durch mittelbare Folge sich associierenden Vorstellungen unbetont sind, als dann, wenn sie betont sind. Allerdings ist es ein Mangel dieser Versuchsreihe, dafs die Schemata der Ersetzungsreihen nicht von der Art sind, dafs der Verdacht, die bei Erlernung der Hauptreihen erzielten Ersparnisse seien wesentlich durch die Kenntnis der absoluten Stellen einzelner Silben bedingt gewesen, nicht von vornherein ganz ausgeschlossen ist. Will man diesen Verdacht gleich von vornherein v\u00f6llig ausschliefsen, so d\u00fcrfte es das Beste sein, die Ersetzungsreihen nach folgendem Schema zu bilden:\n1.\tHauptreihe :\t7, N j I3 N |............. 7\u201e\tN\n1.\tVergleichsreihe: 77, N | 77s N\\\tVI, A7| II7 N \\\t779 N| 77\u201eN\n2.\tHauptreihe:\tIII, N \\III3 N j............IIIn\tN\n2.\tYergleiehsreihe: 77, N V1SN\\ II, N\\I7, N | 779 N\\ 77u N\n3.\tHauptreihe :\t7, N \\ 7\u201e N j............. 7\u201e\tN\n3.\tVergleichsreihe: 77, N\\ IISN\\IV.N\\ 77, N j II9N\\IVxlN\nDa in diesem Schema die den Vorreihen entstammenden Silben ebenso wie in den Hauptreihen auch in den Vergleichsreihen dieselben absoluten Stellen besitzen, wie in den Vorreihen, so kann eine bei Erlernung der Hauptreihen erzielte Ersparnis nur in den Associationen ihren Grund haben, die sich bei Erlernung der V orreihen zwischen den betonten Silben hergestellt haben. In entsprechenderWeise w\u00fcrde das Schema f\u00fcr die Untersuchung der zwischen den unbetonten Silben einer Eeihe sich kn\u00fcpfenden Associationen zu gestalten sein.1\nWas den Einflufs der Zeitlage in Versuchsreihe VI anbelangt, so zeigte sich in dieser Versuchsreihe, \u00e4hnlich wie in der mit derselben Versuchsperson angestellten Versuchs-\n1 Wir haben seiner Zeit von der Benutzung des oben angegebenen einwurfsfreien Schemas und des entsprechenden Schemas f\u00fcr die Untersuchung der Associationen zwischen den unbetonten Silben Abstand genommen wegen der Schwierigkeiten, auch bei Benutzung dieser ganz vollkommenen Schemata s\u00e4mtliche Reihen normal zu gestalten, sowie deshalb, weil uns der Einflufs der absoluten Stelle, um uns kurz so auszudr\u00fccken, vor Versuchsreihe 77 zwar gelegentlich, aber nicht in nachdr\u00fccklicherWeise entgegengetreten war. Erst von Versuchsreihe 777 an ist der Einflufs der absoluten Stelle bei Entwertung der Reihenschemata \u00fcberall streng ber\u00fccksichtigt worden. Die Schemata der Versuchsreihen 7 und 77 (S. 6 f.) sind zuf\u00e4lligerweise von diesem Gesichts-","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 153\nreihe I, da Is die sp\u00e4teren Reihen einer Sitzung infolge fortschreitender Erm\u00fcdung im allgemeinen langsamer erlernt wurden als die fr\u00fcheren Reihen. So wurden in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe bei Erlernung der Vorreihen f\u00fcr die verschiedenen Zeitlagen folgende Mittelwerte von w erhalten :\nZeitlage\tl\t2\t3\t4\nWa\t10,9\t12,5\t12,6\t13,7\nWc\t10,2\t11,6\t11,7\t12,7\n(F\u00fcr jede Zeitlage n = 52.)\nDer Unterschied zwischen den der ersten und der vierten Zeitlage entsprechenden Werten ist, wie man sieht, recht betr\u00e4chtlich.\nIn der zweiten Abteilung der Versuchsreihe VI war die fr\u00fcher (S. 115) erw\u00e4hnte objektive Regulierung der Pausen bereits eingef\u00fchrt, ebenso in der zweiten H\u00e4lfte der ersten Abteilung. In der ersten H\u00e4lfte der letzteren wurde die zwischen die dritte und vierte Reihe fallende Pause im Vergleich zu den \u00fcbrigen Pausen etwas verl\u00e4ngert, und zwar in einer der Versuchsperson unauff\u00e4lligen Weise, indem das in diese Pause fallende Aufziehen eines neuen mit Silben beschriebenen Bogens auf die Trommel des Rotationsapparates absichtlich in die L\u00e4nge gezogen wurde. Die Folge dieses Verfahrens war, dafs die Reihen bei der vierten Zeitlage durchschnittlich erheblich schneller erlernt wurden, als bei der dritten Zeitlage, wie folgende \u00dcbersicht zeigt, in welcher wa das arithmetische Mittel der f\u00fcr die Vorreihen bei der be-\npunkte aus ganz tadelfrei. In den Umstellungsreihen der Versuchsreihen HI, IV und V (S. 107,110) besitzen alle Silben eine andere absolute Stelle als in den Vorreihen, ausgenommen die 1., 6., 7. und 12. Silbe der Beihen iu und die erste Silbe der Beihen Lv. Angenommen nun, es w\u00e4re die Erlernung der Beihen Lu und L\u201e durch diese Besonderheit merkbar erleichtert gewesen, so w\u00fcrde zu behaupten sein, dafs das Plus an Wiederholungen, welches die Beihen Lu und Lv im Vergleich zu den Beihen Su und Sv zu ihrer Erlernung erfordern, eigentlich (d. h. f\u00fcr den Fall des v\u00f6lligen Ausschlusses des Einflusses der absoluten Stelle) noch etwas h\u00f6her anzusetzen sei, als wir fr\u00fcher (f\u00fcr die betreffenden Versuchspersonen und Versuchsumst\u00e4nde) gefunden haben.","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\nG. E. M\u00fcller und F, Schumann.\ntreffenden Zeitlage erhaltenen Werte von w, und s die Summe der Werte von tv ist, welche bei der betreffenden Zeitlage f\u00fcr die verschiedenen Ersetzungsreihen erhalten wurden.\nZeitlage\t1\t2\t3\t4\t5\t6\nw\t15,6\t18,2\t20,3\t18,6\t20,3\t19,8\ns\t195\t223\t232\t197\t260\t231 .\nDas Maximum von wa und von s findet sich nicht bei der letzten, sondern bei der vorletzten Zeitlage. Wie man sich erinnert, haben wir das gleiche Verhalten auch schon in den beiden ersten Abteilungen von Versuchsreihe IV konstatiert (S. 124).\nNoch eine andere Versuchsthatsache zeigt den grofsen Einflufs, den die Erm\u00fcdung und. Erm\u00fcdbarkeit in jenen Zeiten bei der Versuchsperson S. aus\u00fcbten. Es wurden n\u00e4mlich die Silbenreihen in Versuchsreihe VI an den Montagen, denen in der Regel ein Ruhetag oder mindestens ein arbeitsfreier Nachmittag vorherging, durchschnittlich schneller erlernt, als an den \u00fcbrigen Wochentagen.1 Es betrug wa in der ersten Abteilung der Versuchsreihe an den Montagen 16,0, an den \u00fcbrigen Wochentagen 17,4. In der zweiten Abteilung waren die entsprechenden Werte 12,11 und 12,45.\nZu einer Untersuchung des Einflusses der \u00dcbung ist Versuchsreihe VI nicht geeignet, weil in den beiden Abteilungen derselben die Tageszeit, an welcher die Versuche stattfanden, nicht dieselbe war, und in den beiden H\u00e4lften der ersten Abteilung, wie schon erw\u00e4hnt, die Pausen in verschiedenerWeise reguliert wurden. In der zweiten Abteilung zeigt sich kein Einflufs der \u00dcbung. Es ist aber sehr fraglich, ob dieses Verhalten auf das Erreichtsein eines Stadiums der maximalen \u00dcbung zur\u00fcckzuf\u00fchren sei. Denn es ist die Annahme keineswegs ausgeschlossen, dafs w\u00e4hrend jener Zeit die \u00dcbung an und f\u00fcr sich noch gleichfalls einen steigernden Einflufs auf die Lernf\u00e4higkeit von S. ausge\u00fcbt habe, dafs aber dieser Einflufs durch die am Ende des Semesters eintretende und anwachsende Abspannung kompensiert worden sei.\n1 Dasselbe Verhalten zeigt die Versuchsperson S. auch wieder in Versuchsreihe XII.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitrag,e zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n155 '\n\u00a7 10. Versuchsreihe VII.\nNachdem durch Versuchsreihe VI unsere Aufmerksamkeit st\u00e4rker auf den Einflufs der absoluten Stelle gerichtet worden war, beschlossen wir, denselben zum Gegenst\u00e4nde besonderer Untersuchung zu machen und. festzustellen, ob Hauptreihen, deren Erlernung durch den Einflufs der absoluten Stelle beg\u00fcnstigt wird, in Vergleich zu Reihen, welche aufser hinsichtlich des Einflusses der absoluten Stelle hinsichtlich aller f\u00fcr die Erlernbarkeit mafsgebenden Faktoren mit den Hauptreihen \u00fcbereinstimmen, eine sicher nachweisbare Ersparnis ergeben. Es schien uns aussichtsvoller zu sein, die Hauptreihen nicht durch Umstellung aller einzelnen Silben der betreffenden Vorreihen, sondern nur durch Umstellung der ganzen Takte derselben mit Beibehaltung ihrer absoluten Stellen zu bilden. Des n\u00e4heren war unser Verfahren in dieser Versuchsreihe folgendes. An jedem Versuchstage wurden 4 Vorreihen in troch\u00e4ischem Rhythmus erlernt und eine halbe Stunde sp\u00e4ter 4 Umstellungsreihen nach folgendem Schema:\n1. Hauptreihe:\t7,\tI2\t773\t17, [\t75\t70\tj 77, 778 [\t79\t710| 77u77ls\n1.\tVergleichsreihe : I3 7, | 77, 77, | 7,\t73\t| 776 770 | 7U 7,2| 779 77l0\n2.\tHauptreihe :\t777,\t777,\t| IV, IV, \\ II1S III, \\ 7F, IV, | 7779 777,0|7F\u201e7F,2\n2. Vergleichsreihe : 777,777, | 7F, 7F, | 777, 77781 7F5 7F6 |777\u201e 777,9| 7F9 7F,0\nMit der Zeitlage der Haupt- und Vergleichsreihen wurde regelm\u00e4fsig gewechselt, so dafs an jedem zweiten Tage die Vergleichsreihen an erster und dritter und die Hauptreihen an zweiter und vierter Stelle kamen. Durch diesen Wechsel der Zeitlage wurde auch die Beg\u00fcnstigung unsch\u00e4dlich gemacht, welche die jeweilig an zweiter und vierter Stelle stehenden Umstellungsreihen dadurch erfuhren, dafs ihre Silben durch diejenigen der unmittelbar vorhergehenden Reihe in mehr oder weniger hohe Bereitschaft versetzt wurden.\nDie Silbenreihen (auch die Umstellungsreihen) waren s\u00e4mtlich normal.\nVersuchsperson war Dr. O. Hoffmann, Versuchsleiter S. Die Versuchsperson kannte den Zweck der Untersuchung nicht. H\u00e4ufig hielt sie eine Hauptreihe f\u00fcr identisch mit einer der Vorreihen, und eine Vergleichsreihe wurde von ihr zuweilen","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\nG. E. Millier und F. Schumann.\nf\u00fcr eine Reihe erkl\u00e4rt, welche sich nur durch eine Umstellung der Takte von einer\u2019 der Vorreihen unterscheide. Die Versuchs-reihe begann am 12. M\u00e4rz 1888 und umfafste nur 18 Versuchstage. Sie wurde so fr\u00fchzeitig abgebrochen, weil schon in dieser kurzen Zeit der Einflufs der absoluten Stelle mit voller Sicherheit hervorgetreten war. Folgende Mittelwerte wurden erhalten:\nwa:\twc:\nVorreihen\t10,9\t10,2\t[n\u2014\t72)\nHauptreihen\t8; 6\t7,7\t(n \u2014\t36)\nVergleichsreihen 10,1\t'\t9,6\t{n\u2014\t36)\nDie Ersparnis, welche die Hauptreihen den Vergleichsreihen gegen\u00fcber zeigen, betr\u00e4gt nicht weniger als 15%. Bemerkenswert ist ferner, dafs, wenn man die Werte von wa f\u00fcr die 4 Zeitlagen gesondert berechnet, alsdann bei jeder Zeitlage die Hauptreihen ein geringeres wa ergeben, als die Vergleichsreihen. Berechnet man endlich f\u00fcr jeden Versuchstag die Gesamtzahl der Wiederholungen, welche f\u00fcr die Erlernung der beiden Hauptreihen, und ebenso die Gesamtzahl der Wiederholungen, welche f\u00fcr die Erlernung der beiden Vergleichsreihen erforderlich waren, so zeigt sich, dafs an 14 Tagen die Vergleichsreihen und nur an 3 Tagen die Hauptreihen die gr\u00f6fsere Anzahl von Wiederholungen erforderten und an einem Tage beide Arten von Reihen mit der gleichen Wiederholungszahl erlernt wurden.\nIn welchem Grade der besondere Umstand, dafs auch der erste Takt in einer Hauptreihe dieselbe absolute Stelle besafs, wie in der Vorreihe, zu der mittelst der Hauptreihen erzielten Ersparnis beigetragen hat, bleibt noch dahingestellt.\nIn Vergleich zu den Vorreihen haben, wie zu erwarten, auch die Vergleichsreihen eine Ersparnis ergeben. Diese Ersparnis w\u00fcrde noch erheblicher ausgefallen sein, wenn die Umstellungsreihen mit der gleichen Disposition gelernt worden w\u00e4ren, wie die vor einer halben Stunde erlernten Vorreihen.\nF\u00fcr eine Untersuchung des Einflusses der Zeitlage und der \u00dcbung ist diese Versuchsreihe VII wegen der geringen Zahl von Versuchen nicht geeignet.\n\u00a7 11. Versuchsreihe VIII.\nDiese Versuchsreihe kn\u00fcpft an die fr\u00fcher (S. 92) erw\u00e4hnte Thatsache an, dafs in Versuchsreihe I und II bei uns beiden die","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 157\nErlernung im troch\u00e4ischen Rhythmus schneller vor sich gegangen war, als im jambischen Rhythmus. Wir stellten uns die Aufgabe, an einer dritten Versuchsperson zu untersuchen, welchen Einflufs auf die Schnelligkeit der Reuerlernung und der Wiedererlernung des vor 24 Stunden Erlernten es habe, ob der Rhythmus der troch\u00e4ische oder der jambische sei.\nVersuchsperson war stud, ehern. H\u00f6ltzcke (He.), Versuchsleiter S. Die Versuchsreihe begann am 20. September 1887 und dauerte bis 16, Oktober. An jedem Versuchstage wurden 4 neue zw\u00f6lfsilbige Silbenreihen erlernt und 4 bereits vor 24 Stunden erlernte Reihen wiedererlernt, und zwar fand die Wiedererlernung der letzteren 4 Reihen jedesmal vor der Erlernung der 4 neuen Reihen statt. Die Versuchsreihe zerfiel in Gruppen Von je 4 Versuchstagen. Am ersten Tage jeder Gruppe wurden alle 4 neuen Reihen troch\u00e4isch erlernt. Von diesen Reihen wurden nach 24 Stunden die beiden ersten im troch\u00e4ischen und die beiden letzten im jambischen Rhythmus wiedererlernt. Am zweiten Tage wurden 4 Reihen jambisch erlernt, und von diesen wurden nach 24 Stunden die beiden ersten im jambischen und die beiden letzten im troch\u00e4ischen Rhythmus wiedererlernt. Am dritten Tage wurden 4 Reihen troch\u00e4isch erlernt, von denen nach 24 Stunden die beiden ersten jambisch und die beiden letzten troch\u00e4isch wiedererlernt wurden. Am vierten Tage jeder Gruppe endlich wurden 4 Reihen jambisch erlernt, von denen nach 24 Stunden die beiden ersten troch\u00e4isch und die beiden letzten jambisch wiedererlernt wurden. Die ein\u00fcbenden Vorversuche hatten sich nat\u00fcrlich in gleichem Mafse, wie auf die Erlernung und Wiedererlernung im troch\u00e4ischen Rhythmus, auch auf diejenige im jambischen Rhythmus erstreckt.\nDie erhaltenen Mittelwerte sind folgende:\n\t\twa:\tiv c:\t\ntroch\u00e4ische Erlernung\t\t19,0\t18,5\t(n = 48)\njambische\t\u201e\t\t20,3\t20,0\t(n = 48)\ntroch. Wiedererlernung nach troch. Erlernung 8,7\t\t\t7,8\t(n = 24)\njamh.\t\u201e\tn\tn\t\u201e\t10,5\t10,0\t(\u00ab = 24)\ntroch.\t\u201e\t\u201e jamb.\t\u201e\t10,4\t9,0\t(n = 24)\njamh.\tY>\t\u00bb\t\u201e\t8,9\t7,4\t0 = 24)\nIn \u00dcbereinstimmung mit unseren fr\u00fcheren Resultaten hat\nalso die jambische Erlernung durchschnittlich etwas h\u00f6here Werte von w ergeben, als die troch\u00e4ische Erlernung. Ferner zeigt sich, dafs, wie zu erwarten, die Wiedererlernung erheblich","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158\nG. E. Muller und F. Schumann.\nerschwert ist, wenn der Rhythmus bei derselben ein anderer ist, als bei der vor 24 Stunden vollzogenen Neuerlernung derselben Reihen.\nBemerkenswert ist die bedeutende Ersparnis, welche He. nach diesen Resultaten bei der nach 24 Stunden im urspr\u00fcnglichen Rhythmus stattfindenden Wiedererlernung der Silbenreihen durchschnittlich erzielt hat. Dieselbe betr\u00e4gt bei dem troch\u00e4ischen Rhythmus 54% und bei dem jambischen Rhythmus 56%. He. steht in dieser Beziehung an der Spitze unserer Versuchspersonen. Auf ihn folgt M., der bei der gleichfalls nach 24 Stunden stattfindenden Wiedererlernung eine Ersparnis von 45 (48) % erzielte (S. 121). Bei P. betrug die Ersparnis bei der Wiedererlernung solcher Reihen, die er bereits vor 24 Stunden erlernt hatte, 37% (S. 121). Bei Ebbinghaus (a. a. O., S. 109) betrug die Ersparnis im gleichen Falle nur 33,4 %. Absolut genommen, betrugen die Ersparnisse bei He. 10,3 und 10,4, bei M. 6,6 (7,2) und bei P. nur 4 Wiederholungen.\n\u00dcber die Richtung, in welcher sich der Einflufs der Zeitlage in dieser Versuchsreihe geltend machte, giebt folgende Zusammenstellung Auskunft, in welcher N und W die Summen aller derjenigen Werte von w bedeuten, welche bei der betreffenden Zeitlage f\u00fcr die (teils troch\u00e4ische, teils jambische) Neuerlernung, bezw. Wiedererlern\u00fcng einer Silbenreihe erhalten worden sind.\nZeitlage\t1\t2\t3\t4\nN\t419\t, 486\t501\t481\nW\t181\t248\t252\t241\nAuch hier begegnen wir also dem schon mehrfach gefundenen Verhalten, dafs die Mittelwerte von w bis zur vorletzten Zeitlage anwachsen und dann beim \u00dcbergange von der vorletzten zur letzten Zeitlage wieder eine deutliche Abnahme erfahren.\nEin Einflufs der \u00dcbung liefs sich in dieser kurzen Versuchs-reihe nicht konstatieren. Dieselbe mufste so fr\u00fchzeitig abgebrochen werden, weil die Versuchsperson nach Beginn des Semesters f\u00fcr unsere Versuche keine Zeit mehr er\u00fcbrigen konnte.","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses\u25a0\t159\n\u00a7 12. Die Versuche von Ebbinghaus \u00fcber r\u00fcckl\u00e4ufige Associationen. Versuchsreihe IX.\nBekanntlich hat Ebbinghaus (a. a. O., S. 151 ff.) unter anderem gefunden, dafs sich beim Lernen und Lesen einer Silbenreihe auch r\u00fcckl\u00e4ufige Associationen bilden. Er lernte Gruppen von je sechs 16 silbigen Vorreihen auswendig. Aus diesen Vorreihen bildete er durch blofse Umkehrung der Silbenfolge oder durch Umkehrung der Silbenfolge und gleichzeitiges \u00dcberspringen einer Zwischensilbe eine gleiche Anzahl von Umstellungsreihen.\nWar z. B. die Vorreihe J1. ... .......k* auswendig gelernt\nworden, so lautete die Umstellungsreihe, wenn sie von der ersteren Art war, folgendermafsen :\nk\u00df \u00dc\u00f6 ki\nk k-\nWar sie von der zweiten Art, so lautete sie:\nke ki ki \u25a0\u25a0\u25a0 \u2022 k kt> ks kl \u2022 \u25a0 \u2022 \u2022 k\u2018\nDie Umstellungsreihen wurden 24 Stunden nach den Vorreihen erlernt.\nEs ergaben die Umstellungsreihen der ersteren Art eine Ersparnis von 12,4%, diejenigen der zweiten Art eine Ersparnis von 5%.\nBetrachtet man diese Versuche von Ebbinghaus isoliert, so kann man es als einen Mangel empfinden, dafs er den Einflufs, den die durch Erlernung der Vorreihen bewirkte h\u00f6here Bekanntschaft der Silben auf die Erlernung der Umstellungsreihen aus\u00fcbte, nicht durch Auswendiglernen geeigneter Vergleichsreihen eliminierte. Zieht man aber die anderweiten Versuchsergebnisse von Ebbinghaus in Betracht, insbesondere die That-sache, dafs die auf S. 131 f. von uns erw\u00e4hnten Umstellungsreihen, welche, abgesehen von ihren Anfangs- und Endsilben, durch eine ganz zuf\u00e4llige Aneinanderreihung der in den 6 Vorreihen vorhanden gewesenen Silben gewonnen worden waren, in Vergleich zu den Vorreihen gar keine sichere Ersparnis ergeben haben, so erscheint ganz und gar die Annahme ausgeschlossen, dafs die Ersparnisse, welche die beiden obigen Arten von Umstellungsreihen ergeben haben, wesentlich nur durch die h\u00f6here Bekanntschaft der Silben bedingt gewesen seien. Nach dieser Annahme w\u00fcrde \u00fcbrigens auch die Thatsache ganz","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"160\nG. E. Muller und F. Schumann.\nunerkl\u00e4rbar sein, dafs die zweite der beiden obigen Arten von Umstellungsreihen eine bedeutend geringere Ersparnis ergeben bat, als die erstere.1\nNicht ganz abzuweisen ist hingegen das schon von M\u00fcnsterberg {Zeitsehr. f. Psychologie, 1, 1890, S. 101) erhobene Bedenken, dafs bei dem von Ebbinghaus angewandten Versuchsverfahren immer mehrere Silben gleichzeitig im Gesichtsfelde des Lernenden seien, und mithin der Verdacht nicht ausgeschlossen sei, dieser Forscher habe mittelst der nach obigen Schematen aufgebauten Umstellungsreihen deshalb deutliche Ersparnisse erhalten, weil zu der auf Succession beruhenden und deshalb nur einseitigen (nur vorw\u00e4rtsl\u00e4ufigen) Association der akustischen und kin\u00e4sthetischen Silbeneindr\u00fccke noch die wechselseitige Association hinzugetreten sei, welche die gleichzeitig vorhandenen Gesichtseindr\u00fccke mehrerer Silben dem Associationsgesetze der Koexistenz gem\u00e4fs miteinander eingegangen seien. Kurz der Verdacht erscheint nicht ganz ausgeschlossen, dafs jene von Ebbinghaus erzielten Ersparnisse thats\u00e4chlich nicht auf r\u00fcckl\u00e4ufigen Associationen successiver Silbenvorstellungen, sondern auf wechselseitigen Associationen gleichzeitiger Silbeneindr\u00fccke beruht h\u00e4tten, die nat\u00fcrlich um so schw\u00e4cher gewesen seien, je weiter die betreifenden gleichzeitig gesehenen Silben im Gesichtsfelde voneinander entfernt gewesen seien.\nEs erschien uns daher der M\u00fche wert, auch mittelst unseres Verfahrens, bei welchem, wie schon fr\u00fcher hervorgehoben,\n1 Wollte man die Bildung r\u00fcckl\u00e4ufiger Associationen ganz in Abrede stellen, so w\u00fcrde man sogar zu schliefsen haben, dafs der zweiten der obigen beiden Arten von TJmstellungsreihen prinzipiell eine gr\u00f6lsere Ersparnis entsprechen m\u00fcsse, als der ersten. Denn in den Umstellungsreihen der zweiten Art besitzen 2 Silben, die 6. und die 11. Silbe, dieselben absoluten Stellen, wie in den Vorreihen, w\u00e4hrend von den Um-stellungsrpihen der ersteren Art Entsprechendes nicht gilt. Infolge der Associationen, die bei Erlernung der Vorreihen zwischen den Silben J14 und I,5, I,,, und /13, 7,0 und I\u201e u. s. w., sowie zwischen den Silben 7,5 und I16, 71S und Z,4, Iu und 7,2 u. s. w. hergestellt worden sind, m\u00fcssen sich ferner in den Umstellungsreihen der zweiten Art Silben der beiden Reihenh\u00e4lften gegenseitig in Bereitschaft setzen und eventuell dazu veranlassen, im Unbewufsten Associationen einzugehen, welche die Erlernung dieser Reihen erleichtern, w\u00e4hrend in den Umstellungsreihen der ersten Art Entsprechendes wiederum nicht stattfindet.","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 161\njede Silbe stets nur einzeln wahrgenommen wird und mitbin eine Association der Silben durch Gleichzeitigkeit ihrer visuellen Eindr\u00fccke ganz ausgeschlossen ist,1 zu untersuchen, ob bei der Aufeinanderfolge zweier Silben auch eine r\u00fcckl\u00e4ufige Association sich bildet, d. h. die zweite Vorstellung eine Tendenz erwirbt, die ihr vorhergegangene zu reproducieren. Nach unseren fr\u00fcheren Resultaten war zu vermuten, dafs derartige r\u00fcckl\u00e4ufige Associationen zwischen zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden Silben st\u00e4rker und leichter nachweisbar sind, wenn die beiden Silben demselben Takte angeh\u00f6ren, als dann, wenn sie Bestandteile verschiedener Takte sind. Wir beschlossen daher, unsere Versuche so einzurichten, dafs sie zur Beantwortung der Frage dienten, ob bei troch\u00e4ischer Erlernung einer Silbenreihe sich zwischen den beiden Silben jedes Taktes auch eine r\u00fcckl\u00e4ufige Association von nachweisbarer St\u00e4rke bilde.\nAn jedem Versuchstage wurden vier 12silbige Vorreihen im troch\u00e4ischen Rhythmus erlernt. Da die zu untersuchenden r\u00fcckl\u00e4ufigen Associationen vermutlich nur schwach waren, so folgte unmittelbar auf die Erlernung der 4 Vorreihen die gleichfalls troch\u00e4ische Erlernung der 4 Umstellungsreihen, welche folgendem Schema entsprachen:\n1. Hauptreihe:\tI18 I\u201e |III,0IH91 I8 I,|III6III6| I4 I31III, IZI,\n1.\tVergleichsreihe: IIvi IVU\\ II, 1V7 II4 IF,| Ill0 IV9\\ II, IV, \\ 11,1F,\n2.\tHauptreihe:\tIII\u201eIII\u201e|\tI10\tI9jIII8III7|\tI6\tI5|III4III8| I, I,\n2. Vergleichsreihe: IVV1 IZ\u201e| IV, II7| IF4 II,\\ 1VW II9| IV, II,\\1V, II,\nDie Associationen, welche zwischen den Silben dieser Reihen infolge der Erlernung der Vorreihen bestehen, k\u00f6nnen, abgesehen\n1 Bei Versuchspersonen, deren visuelle Vorstellungsbilder ungew\u00f6hnlich deutlich sind, und die beim Lernen von Silbenreihen wesentlich mit den visuellen Vorstellungen der Silben operieren, k\u00f6nnen sich allerdings auch hei unserem Verfahren zwei aufeinanderfolgende Silben durch Gleichzeitigkeit miteinander associieren, indem in dem Momente, wo die zweite Silbe wahrgenommen wird, auch noch die vorangegangene Silbe infolge unwillk\u00fcrlicher T\u00e4tigkeit des visuellen Ged\u00e4chtnisses oberhalb oder neben derselben im Gesichtsfelde erscheint Die Versuchsperson P gab in Versuchsreihe IF an, dafs sie zuweilen bei sehr grofser Aufmerksamkeit die hier angedeutete Erscheinung beobachte. Beim Hersagen einer Silbenreihe sah auch M. gelegentlich die visuellen Vorstellungsbilder der beiden zu einem und demselben Takte geh\u00f6rigen Silben gleichzeitig vor sich, obwohl ihm die Silben durch den Apparat successiv vorgef\u00fchrt worden waren.\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VT.\n11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"162\nG. E. Muller und F. Schumann.\nvon der zu untersuchenden Association zwischen den beiden Bestandteilen jedes Taktes der Hauptreihen, offenbar s\u00e4mtlich hier vernachl\u00e4ssigt werden. Die Silben der ersten Hauptreihe setzen diejenigen der zweiten Hauptreihe in gewisse Bereitschaft. Das Entsprechende gilt von den Silben der beiden Vergleichsreihen. Da bei der Verschiedenheit des Aufbaues der Haupt- und der Vergleichsreihen nicht ohne weiteres anzunehmen ist, dafs die Vorbereitung der Vorstellungen in beiden F\u00e4llen sich gleich stark geltend mache, so ist der Ein-flufs der letzteren dadurch m\u00f6glichst verringert worden, dafs zwischen die beiden Hauptreihen die erste Vergleichsreihe und zwischen die beiden Vergleichsreihen die zweite Hauptreihe eingeschoben worden ist.\nDie im vorstehenden Schema angegebene Reihenfolge der Umstellungsreihen ist diejenige, welche der ersten Anordnungsweise dieser Reihen entspricht. Bei der zweiten Anordnungsweise standen die beiden Vergleichsreihen an erster und dritter und die beiden Hauptreihen an zweiter und vierter Stelle. Nat\u00fcrlich waren bei dieser Anordnungsweise auch die beiden Vergleichsreihen aus Silben der ersten und dritten Vorreihe und die beiden Hauptreihen aus Silben der zweiten und vierten Vorreihe gebildet. Zwischen den beiden Anordnungsweisen der Umstellungsreihen wurde regelm\u00e4fsig gewechselt.\nDie Silbenreihen waren s\u00e4mtlich versch\u00e4rft normal (S. 106).\nVersuchsperson war stud, philos. E. Schrader (Sch.), Versuchsleiter S. Die Versuchsreihe, der selbstverst\u00e4ndlich ein\u00fcbende Vorversuche vorhergingen, begann am 3. M\u00e4rz 1889 und dauerte, 26 Versuchstage umfassend, bis 10. April. Folgende Mittelwerte von iv wurden erhalten :\nwa:\tiv,-:\nVorreihen\t14,1\t13,1\t(w =\t104)\nHauptreihen\t13,2\t(w.\tF. =\t0,28)\t12,5\t(n \u2014\t52)\nVergleichsreihen\t14,9\t(w.\tF. =\t0,41)\t13,5\t(n =\t52)\nMit w. F. ist hier\tund\tim\tfolgenden\tder in \u00fcblicher Weise\nberechnete wahrscheinliche Fehler des arithmetischen Mittels bezeichnet.\nWie man sieht, ist bei Erlernung der Hauptreihen den Vergleichsreihen gegen\u00fcber eine Ersparnis im Betrage von ca. 11% erzielt worden. An 16Versuchstagen erforderten die beidenHaupt-reihen zusammen genommen weniger Wiederholungen zu ihrer","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n168\nErlernung als die beiden Vergleichsteihen. An 10 Tagen verhielt es sich umgekehrt. Berechnet man die Werte von wa besonders f\u00fcr jede der 4 Zeitlagen der Umstellungsreihen, so zeigt sich, dafs wa bei jeder Zeitlage f\u00fcr die Hauptreihen kleiner ist, als f\u00fcr die Vergleichsreihen.\nDas numerische Ergebnis dieser Versuchsreihe, das in der mittelst der Hauptreihen erzielten Ersparnis besteht, scheint eine gewisse Best\u00e4tigung durch dasjenige zu erhalten, was die Versuchsperson auf Grund ihrer Selbstbeobachtung zu Protokoll gab. Sie erkl\u00e4rte im Verlaufe der Versuchsreihe, dafs sie eine Umstellungsreihe oder wenigstens einen Teil derselben besonders leicht lerne, wenn sie einzelne Takte derselben als umgekehrt wiedererkannt habe. Alsdann komme ihr, sobald sie die erste Silbe eines Taktes der Umstellungsreihe gesehen habe, das visuelle Vorstellungsbild der zweiten Silbe, und zwar geschehe dies gew\u00f6hnlich schon bei der zweiten Wiederholung der Umstellungsreihe.1\nWir k\u00f6nnen also als ein Ergebnis dieser Versuchsreihe den Satz aufstellen, dafs, wenn zwei Silben als Bestandteile eines und desselben Taktes aufeinander folgen, alsdann die zweite Silbe eine experimentell leicht nachweisbare Tendenz erwirbt, die erste zu reproducieren. Hierbei sind wir, beil\u00e4ufig bemerkt, weit davon entfernt, zu bestreiten, dafs schon Erfahrungen des gew\u00f6hnlichen Lebens die Aufstellung dieses Satzes nahelegen k\u00f6nnen.\nDer Einflufs der \u00dcbung tritt in dieser Versuchsreihe deutlich hervor. W\u00e4hrend an den ersten 11 Versuchstagen eine Vorreihe durchschnittlich mit 15,2 Wiederholungen erlernt wurde, gen\u00fcgten an den n\u00e4chstfolgenden 12 Versuchstagen durchschnittlich 14,1 Wiederholungen zu dem gleichen Zwecke. In \u00e4hnlicher Weise zeigen auch die Umstellungsreihen den Einflufs der \u00dcbung.\nVon Interesse sind die Resultate der drei letzten Versuchs-\n1 Nach der Aussage der Versuchsperson Sch. lernte dieselbe anfangs fast ganz visuell, sp\u00e4ter aber fast ganz nach dem Geh\u00f6r. Dafs sie die Silben eines und desselben Taktes gelegentlich sich gleichzeitig vorstelle (wie dies nach dem in der Anmerkung zu S. 161 Bemerkten bei M. zuweilen vorkam), hat sie nicht zu Protokoll gegeben. Die sp\u00e4teren Versuchstage, wo das Lernen haupts\u00e4chlich nach dem Geh\u00f6re stattgefunden haben soll, ergehen f\u00fcr die Hauptreihen die gleiche Ersparnis, wie die fr\u00fcheren Versuchstage.\n11*","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\nO. E. M\u00fcller und F. Schumann.\ntage, an denen die Versuchsperson kurz vor den Versuchen Kaffee getrunken hatte, an den dieselbe nicht mehr gewohnt war. W\u00e4hrend zur Erlernung einer Vorreihe an den vorhergehenden drei Versuchstagen (dem 21., 22., 23. Versuchstage) durchschnittlich 13,9 Wiederholungen und an den vorhergehenden zw\u00f6lf Versuchstagen, wie soeben erw\u00e4hnt, durchschnittlich\n14.1\tWiederholungen erforderlich gewesen waren, gen\u00fcgten an den letzten drei Tagen zu dem gleichen Zwecke durchschnittlich\n10.1\tWiederholungen.\nAuf den Einflufs derZeitlage bezieht sich die folgende Zusammenstellung, in welcher s die Summe aller Werte von w bedeutet, welche bei der betreffenden Zeitlage f\u00fcr die Vorreihen, bezw. Umstellungsreihen erhalten worden sind.\nZeitlage der Vorreihen\t1\t2\t3\t4\n6'\t339\t383\t373\t370\nZeitlage d. Umstellungsreihen\t5\t6\t7\t8\ns\t379\t371\t351\t359\nBei der geringen Anzahl (26) von Versuchen, welche jeder Zeitlage entsprechen, l\u00e4fst sich mit Sicherheit nur dies behaupten, dafs die Versuchsperson bei der ersten Zeitlage erheblich leichter lernte, als bei den \u00fcbrigen Zeitlagen, hingegen bei der zweiten, dritten und vierten Zeitlage und ebenso auch bei der-f\u00fcnften bis achten Zeitlage eine ziemlich konstante Lernf\u00e4higkeit bekundete.\n\u00a7 13. Versuchsreihe X.\nDiese Versuchsreihe, deren Durchf\u00fchrung uns von allen Versuchsreihen die meiste M\u00fche und Zeit gekostet hat, bezieht sich auf die schon fr\u00fcher (S. 139 f.) bei Besprechung gewisser Versuche von Ebbinghaus erw\u00e4hnte wichtige Frage, ob eine Reihe von Silben, welche zu wiederholten Malen in bestimmter Ordnung nacheinander in Bereitschaft versetzt werden, sich bei dieser mehrfach wiederholten Succession im Unbewufsten miteinander associieren, so dafs in der unmittelbar darauffolgenden Zeit die Erlernung dieser Silbenreihe durch die vorher","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 165\nim Unbewufsten vollzogenen Associationen ihrer Bestandteile merkbar erleichtert ist. Dem fr\u00fcher Bemerkten gem\u00e4fs mufste unser Augenmerk bei Untersuchung dieser Frage vor allem darauf gerichtet sein, durch geeignete Vergleichsreihen zu verhindern, dafs der g\u00fcnstige Einflufs, den die blofse Vorbereitung einer Anzahl von Silben auf die Erlernung einer aus diesen Silben zusammengesetzten Reihe aus\u00fcbt, den Anschein einer im Unbewufsten vollzogenen Association vort\u00e4usche, bezw. den Einflufs einer wirklich stattgefundenen derartigen Association nicht rein zu Tage treten lasse. Dieser Anforderung gen\u00fcgte das folgende Verfahren.\nAn jedem Versuchstage wurden vier zw\u00f6lfsilbige Vorreihen troch\u00e4isch erlernt. Aus diesen waren vier (gleichfalls im troch\u00e4ischen Rhythmus zu lesende, bezw. lernende) Umstellungsreihen gebildet worden nach folgendem Schema:\nReihe H:\tIn IIa\\\tI,\tII, |\tI, II,\t| 77,,\tJ, | 77, L\\ II, I,\nHauptreihe:\t7\u201e II10\tI,\t776|\tIi II,\t\\ 77,2\t7,0 \\ II, 73 j 774\t1,\nReihe F:\tIF9 III3 |\tIV, III,, \\\tIV, 777, | 7FU\tIII, ] 7F, 777, |7FS777B\nVergleichsreihe :\t77712 7F,01 7778\t7F\u201e1\tU74 7F2\t| 7F12\t77710 | IV, III, \\ IVi III\\\nDie Reihen H und V, welche passenderweise als die vorbereitenden Reihen bezeichnet werden, setzen infolge der vorausgegangenen Erlernung der vier Vorreihen die Silben der Hauptreihe, bezw. der Vergleichsreihe in Bereitschaft. Die Hauptreihe und die Vergleichsreihe sind mittelst der geraden Silben der ersten und zweiten, bezw. dritten und vierten Vorreihe in v\u00f6llig \u00fcbereinstimmender Weise aufgebaut und unterscheiden sich nur dadurch voneinander, dafs die Silben der Hauptreihe durch die Silben der vorbereitenden Reihe H in derselben Ordnung in Bereitschaft gesetzt werden, in welcher sie in der Hauptreihe aufeinander folgen, w\u00e4hrend die Silben der Vergleichsreihe durch diejenigen der Reihe V in anderer Reihenfolge vorbereitet werden, als sie in der Vergleichsreihe besitzen. Falls also die Hauptreihe (bei geh\u00f6rigem Wechsel der Zeitlagen, hinreichender Zahl der Y ersuche u. s. w.) durchschnittlich schneller erlernt wird, als die Vergleichsreihe, so kann diese Ersparnis nur darin ihren Grund haben, dafs die Silben der Hauptreihe bei ihrer successiven Vorbereitung durch die Silben der Reihe H sich im Unbewufsten in derselben Ordnung miteinander associiert haben, in welcher sie in .der","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"166\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nHauptreihe aufeinander folgen. Ergeben die Hauptreihen hingegen keine Ersparnis gegen\u00fcber den Vergleichsreihen, so ist zu behaupten, dafs es (im normalen Seelenleben) eine Association im Unbewufsten von nachweisbarer St\u00e4rke nicht giebt.\nDie im obigen Schema vorhandene Reihenfolge der Umstellungsreihen entspricht der ersten Anordnungsweise dieser Reihen. Bei der zweiten Anordnungsweise kamen die Reihe V und die Vergleichsreihe an erster und zweiter (oder, wenn man die Vorreihen mitz\u00e4hlt, an f\u00fcnfter und sechster) Stelle, indem sie dementsprechend auch aus den Silben der ersten und zweiten Vorreihe gebildet waren, und die Reihe H und die Hauptreihe kamen, aus den Silben der dritten und vierten Vorreihe bestehend, erst an dritter und vierter Stelle. Zwischen beiden Anordnungsweisen wurde regelm\u00e4fsig gewechselt.\nMan k\u00f6nnte in Beziehung auf das obige Schema vielleicht den Einwand erheben, dafs die beiden vorbereitenden Reihen H und V infolge ihrer verschiedenen Struktur m\u00f6glicherweise durchnittlich eine, wenn auch nur wenig, verschiedene Anzahl von \"Wiederholungen zu ihrer Erlernung erforderten, und dafs eine solche, wenn auch nur geringe, durchschnittliche Verschiedenheit der f\u00fcr die Erlernung der Reihen H und V erforderlichen Wiederholungszahlen notwendig die Folge haben m\u00fcsse, dafs diese beiden Reihen die Silben der ihnen unmittelbar folgenden Reihen, der Hauptreihe und der Vergleichsreihe, in verschieden hohe Bereitschaft versetzten. W\u00e4re aber wirklich der Bereitschaftsgrad, in den die Silben der Hauptreihe durch die Reihe H versetzt werden, durchschnittlich ein anderer, als der Bereitschaftsgrad, in den die Silben der Vergleichsreihe durch die Reihe V versetzt werden, so k\u00f6nne hierdurch der Einflufs einer zwischen den Silben der Hauptreihe im Unbewufsten vollzogenen Association vorget\u00e4uscht oder wegget\u00e4uscht werden, oder es m\u00fcsse wenigstens bewirkt werden, dafs derselbe sich gr\u00f6fser oder geringer darstelle, als er in Wirklichkeit sei. Um diesem Einwande zu entgehen, beschlossen wir, dafs die Reihen H und V jedesmal gleich oft, n\u00e4mlich 18mal, von der Versuchsperson mit Aufmerksamkeit (aber auch nicht mit besonders stark angespannter Aufmerksamkeit) zu lesen seien. Es fand also nicht eigentlich eine Erlernung, sondern nur eine wiederholte Lesung der beiden (in der \u00fcblichen Weise mittelst der rotierenden Trommel vorgef\u00fchrten) vor-","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 167\nbereitenden Reiben statt. Da indessen die Versuchsperson in dieser Versuchsreihe durchschnittlich nur 13,75 Wiederholungen f\u00fcr die Erlernung einer Vorreihe brauchte, so konnte dieselbe nat\u00fcrlich in sehr vielen F\u00e4llen die vorbereitenden Reihen oder wenigstens eine derselben schon vor der 18. Lesung auswendig.1\nDa es m\u00f6glich erschien, dafs die Association, welche zwei unmittelbar hintereinander in Bereitschaft gesetzte Vorstellungen miteinander im Unbewufsten eingehen, sehr schnell abklinge, so wurde zwischen dem Ende der 18. Lesung der vorbereitenden Reihe und dem Beginne der Erlernung der Hauptreihe, bezw. Vergleichsreihe nur eine Pause von ca. 16 Sekunden (entsprechend der Zeitdauer, welche 2 Umdrehungen der rotierenden Trommel in Anspruch nahmen) gemacht.\nDie Pausen zwischen den einzelnen Vorreihen wurden in der fr\u00fcher (S. 115) angegebenen Weise objektiv reguliert. Zwischen die Erlernung der letzten Vorreihe und die Lesung der ersten vorbereitenden Reihe fiel stets eine Pause von f\u00fcnf Minuten. Eine Pause von gleicher L\u00e4nge fiel bei der ersten Anordnungsweise der Umstellungsreihen zwischen die Erlernung der Hauptreihe und die Lesung der Reihe V und bei der zweiten Anordnungsweise zwischen die Erlernung der Vergleichsreihe und die Lesung der Reihe H.\nDie Silbenreihen waren s\u00e4mtlich versch\u00e4ift normal.\nVersuchsperson war M., Versuchsleiter S. Infolge des v\u00f6llig \u00fcbereinstimmenden Baues, den nach obigem Schema die Hauptreihe und die Vergleichsreihe besitzen, konnte M. nach diesem Schema lernen, ohne jemals zu erkennen, welche die Haupt-\n' Bei Lesung einer vorbereitenden Reihe kam es gelegentlich, aber nicht h\u00e4ufig vor, dafs eine Silbe diejenige Silbe, welche ihr in der betreffenden Yorreihe unmittelbar gefolgt war, in das Bewufstsein der Versuchsperson f\u00fchrte. Aus leicht ersichtlichen Gr\u00fcnden ist es nicht unwichtig, hervorzuheben, dafs jedesmal nur eine oder einzelne Silben diese reproducierende Wirksamkeit aus\u00fcbten, dafs niemals zwei unmittelbar aufeinanderfolgende Silben einer vorbereitenden Reihe diejenigen Silben reproducierten, welche ihnen in der betreffenden Vorreihe unmittelbar gefolgt waren, mit Ausnahme eines Falles, in welchem dies in einer F-Reihe, und mit Ausnahme noch eines anderen Falles, in welchem dies in einer Ff-Reihe geschah. Die im letzteren Falle der H-Reihe folgende Hauptreihe ergab keineswegs einen besonders geringen Wert von iv, sondern erforderte eine Wiederholung mehr zu ihrer Erlernung, als die Vergleichsreihe desselben Tages","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nreihe und welche die Vergleichsreihe sei, so dafs etwaige vor-gefafste Meinungen desselben die mittelst der Haupt- und Vergleichsreihen zu erzielenden Resultate nicht beeinflussen konnten.1 In Hinblick auf die Feinheit der zu untersuchenden Frage legte sich M., wenigstens w\u00e4hrend eines grofsen Teiles der Versuchsreihe, in der den Versuchen unmittelbar vorhergehenden Zeit Schonung auf. An ung\u00fcnstigen Tagen wurde gar nicht gelernt.\nDie Versuchsreihe begann am 14. April 1889, dauerte ohne wesentliche Unterbrechungen bis zum 17. Juli (erste Abteilung der Versuchsreihe), wurde am 30. Oktober wieder aufgenommen und nach Unterbrechung durch die Weihnachtsferien am 30. Januar 1890 beendet (zweite Abteilung). Sie umfafst im Ganzen 110 Versuchstage. An einigen von diesen Tagen kamen St\u00f6rungen w\u00e4hrend der Erlernung einer oder mehrerer Silbenreihen vor (pl\u00f6tzlicher L\u00e4rm auf der Strafse u. dergl.). Wir haben die Versuchsreihe so lange fortgesetzt, bis wir die Zahl von 100 Versuchstagen erreicht hatten, an denen weder die Erlernung der Hauptreihe noch diejenige der Vergleichsreihe irgend welche St\u00f6rungen erfahren hatte. Betreffs der Vorreihen, f\u00fcr Welch\u00e8 etwaige bei Lesung oder Erlernung der Umstellungsreihen eingetretene St\u00f6rungen nicht in Betracht kommen, verf\u00fcgen wir \u00fcber 101 ganz st\u00f6rungsfreie Versuchstage.\nFolgende Werte von wa wurden in den beiden Abteilungen der Versuchsreihe erhalten:\n1. Abteilung :\t2. Abteilung :\nVorreihen\t14,88\t{n = 224)\t12,44\t(n =\t180)\nHauptreihen\t15,31\t(n=\t52)\t12,37\t(\u00bb\u2014\t48)\nVergleichsreihen\t15,73\t(n =\t52)\t13,04\t(n =\t48)\nIn beiden Abteilungen der Versuchsreihe zeigen also die Hauptreihen den Vergleichsreihen gegen\u00fcber eine Ersparnis. Das Entsprechende\tergiebt\tsich,\twenn\tman f\u00fcr die beiden\nAnordnungsweisen, in denen die Umstellungsreihen gegeben wurden, die f\u00fcr die Erlernung der Hauptreihen und der Vergleichsreihen durchschnittlich erforderlich gewesenen Wiederholungszahlen gesondert berechnet. Es betrug wa bei der ersten\n1 Selbstverst\u00e4ndlich hatte M. niemals Kenntnis davon, ob ihm die TJmstellungsreihen in der ersten oder zweiten Anordnungsweise vorgef\u00fchrt w\u00fcrden.","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 169\nAnordnungsweise, bei welcher die Hauptreihe vor der Reihe V und der Vergleichsreihe vorgenommen wurde,\nf\u00fcr\tdie\tHauptreihen\t13,7\t(w.\tF.* * = 0,223)\n\u201e\t\u201e\tYergleichsreihen\t14,4\t(w.\tF. =0,320)\nund bei der zweiten Anordnungsweise, bei welcher die Hauptreihe zuletzt erlernt wurde,\nf\u00fcr\tdie\tHauptreihen\t14,1\t(w.\tF. =0,303)\n\u201e\t\u201e\tVergleichsreihen 14,5\t(w.\tF. = 0,282)\nFafst man alle st\u00f6rungsfreien Versuchstage zusammen, so erh\u00e4lt man folgende Mittelwerte von w:\nwa :\twc\t:\nVorreihen\t13,77\t12,86\t(w = 404)\nHauptreihen\t13,90\t13,12\t(w=100)\nVergleichsreihen 14,44\t13,62\t(n\u2014 100)\nUnter den 100 Versuchstagen, an denen die Erlernung der Hauptreihe und der Vergleichsreihe ganz ungest\u00f6rt vor sich ging, waren 54 solche, an denen die Hauptreihe schneller, und nur 34 solche, an denen die Hauptreihe langsamer erlernt wurde, als die Vergleichsreihe. An 12 Tagen wurden beide Reihen mit derselben \u2018Wiederholungszahl erlernt.2\nIn Hinblick auf die im vorstehenden mitgeteilten Resultate mufs es zwar nicht f\u00fcr sicher, wohl aber f\u00fcr wahrscheinlich erkl\u00e4rt werden, dafs es eine Association der Vorstellungen im Unbewufsten giebt. Aus verschiedenen Gr\u00fcnden ist vorauszusetzen, dafs diese Association imUnbewufsten bei verschiedenen Individuen unter gleichen Versuchsbedingungen in verschiedenem Grade stattfinde.\nDer Einflufs der \u00dcbung tritt in dieser Versuchsreihe sehr deutlich zu Tage, wie schon die oben angef\u00fchrten, f\u00fcr die erste und f\u00fcr die zweite Abteilung der Versuchsreihe erhaltenen Mittelwerte zeigen. An den ersten 10 Versuchstagen betrug der Wert ton w, f\u00fcr die Vorreihen 16,0, an den letzten 10 Versuchstagen 12,4.\n1 Die hier angef\u00fchrten Werte des wahrscheinlichen Fehlers sind, wie wohl zu beachten, auch noch von den starken Abweichungen beeinflufst, welche die Beobachtungswerte infolge des Einflusses der \u00dcbung zeigen. (Vergl. Abschnitt 7 von \u00a7 19.)\n* Es ist vielleicht nicht ganz \u00fcberfl\u00fcssig, zu bemerken, dafs auch an den gestrichenen Versuchstagen die Hauptreihen durchschnittlich etwas schneller erlernt worden waren, als die Vergleichsreihen.","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170\nG. E. Muller und F. Schumann.\n\u00dcber die Richtung, in welcher der Einflufs der Zeitlage in den beiden Abteilungen dieser Versuchsreihe wirksam war, giebt nachstehende Zusammenstellung Auskunft.\nZeitlage\t\tl\t2\t3\t4\n1. Ab-\tWa\t14,3\t15,3\t15,1\t14,8\nteilung\tWc\t13,6\t14,6\t14,3\t14,1\n2. Ab-\tlVa\t12,5\t12,5\t12,4\t12,3\nteilung\tWc\t12,2\t11,9\t11,8\t11,6\nIn den beiden fr\u00fcheren gleichfalls an der Versuchsperson M. angestellten Versuchsreihen II und III war die Richtung, in welcher sich der Einflufs der Zeitlage geltend machte, wesentlich dadurch bestimmt worden, dafs M. infolge des ISTachklingens anderweiter Gedankenmassen nicht die F\u00e4higkeit besafs, der Erlernung der Silbenreihen sofort die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden. Infolge dieses Umstandes hatM. sowohl in Versuchsreihe II als auch in Versuchsreihe III bei der ersten Zeitlage durchschnittlich am langsamsten und bei der letzten Zeitlage durchschnittlich am schnellsten gelernt. Anders zeigt sich der Einflufs der Zeitlage in der ersten Abteilung dieser Versuchsreihe X. Nach den in obiger Zusammenstellung mitgeteilten Resultaten erf\u00e4hrt in der ersten Abteilung dieser Versuchsreihe der Wert von wa (und ivc) beim \u00dcbergange von der ersten zur zweiten Zeitlage eine deutliche Zunahme, um sich dann beim \u00dcbergange zur dritten und vierten Zeitlage wieder ein wenig zu verringern. Dieses eigent\u00fcmliche Verhalten d\u00fcrfte damit in Zusammenhang stehen, dafs M. wie schon oben erw\u00e4hnt, den Vorsatz gefafst hatte, sich w\u00e4hrend der Dauer dieser Versuchsreihe, namentlich in der den Versuchen unmittelbar vorhergehenden Zeit, geistig mehr zu schonen. In der ersten Abteilung dieser Versuchsreihe, in welcher jener Vorsatz am gewissenhaftesten durchgef\u00fchrt wurde, trat M frischer und von nachklingenden Gedankenmassen freier, als in den fr\u00fcheren Versuchsreihen, an die Erlernung der Silbenreihen heran. Die Folge davon war nicht blofs, dafs er schneller lernte, wie fr\u00fcher, sondern auch, dafs der Einflufs des Inzugkommens der Aufmerksamkeit schw\u00e4cher war, wie fr\u00fcher, und durch den, bei anderen Versuchspersonen in der Regel vorherrschenden, Einflufs der","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 171\nabnehmenden Frische mehr oder weniger kompensiert oder gar \u00fcberboten wurde. So kam es, dafs M., abweichend von seinem sonstigen Verhalten, in der ersten Abteilung dieser Versuchsreihe bei der ersten Zeitlage schneller lernte, als bei den \u00fcbrigen Zeitlagen. In der zweiten Abteilung der Versuchsreihe hat, wie psychologisch leicht verst\u00e4ndlich, jener Vorsatz der geistigen Schonung allm\u00e4hlich immer weniger Stich gehalten. Demgem\u00e4fs zeigen in dieser Abteilung die Mittelwerte von w wieder eine schwache Tendenz, bei steigender Ordnungszahl der Zeitlage abzunehm en. Beschr\u00e4nken wir uns vollends auf eine Betrachtung der Resultate der letzten 20 Versuchstage dieser Abteilung, so erhalten wir f\u00fcr die 4 Zeitlagen der Vorreihen folgende Werte von wa:\n13,0\t12,7\t12,1\t11,9.\nDie Werte von w wachsen von Zeitlage zu Zeitlage wieder deutlich an; die Versuchsperson M. ist wieder zu ihrer alten Lebensweise zur\u00fcckgekehrt.\nMit dem Umstande, dafs in der zweiten Abteilung der Versuchsreihe das Inzugkommen der Aufmerksamkeit wieder eine gr\u00f6fsere Rolle spielt, h\u00e4ngt es offenbar auch zusammen, dafs, wie die oben (S. 168) mitgeteilten Versuchsresultate zeigen, die Hauptreihen in der ersten Abteilung der Versuchsreihe langsamer, in der zweiten Abteilung hingegen ein wenig schneller erlernt wurden, als die Vorreihen, und dafs der f\u00fcr die Vergleichsreihen erhaltene Wert von wa den f\u00fcr die Vorreihen erhaltenen Wert in der zweiten Abteilung weniger \u00fcbertrifft, als in der ersten. An den letzten 20 Versuchstagen der zweiten Abteilung sind die Vergleichsreihen sogar gleich schnell (wa= 12,4) erlernt worden, wie die Vorreihen, und die Hauptreihen sind an diesen 20 Tagen mit einer durchschnittlichen Wiederholungszahl erlernt worden, welche um den Betrag 0,85 geringer war als der den Vorreihen entsprechende Wert von wa.\n\u00a7 14. Versuchsreihe XI.\nEs erschien uns nat\u00fcrlich sehr w\u00fcnschenswert, die wichtige Frage (Association im Unbewufsten), auf welche sich die soeben besprochene Versuchsreihe X bezog, auch noch mit H\u00fclfe anderer Versuchspersonen, zu untersuchen. Schon einige","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nZeit vor Beginn der Versuchsreihe X war es uns gelungen, hierf\u00fcr eine geeignete Versuchsperson (stud. phil. Freytag) zu gewinnen. Nachdem wir dieselbe durch einige Vorversuche einge\u00fcbt hatten, lernte dieselbe zun\u00e4chst (vom 8. Oktober 1888 ab) t\u00e4glich 4 Vorreihen und 4 Umstellungsreihen, welche aus den Vorreihen nach einem hier nicht erst mitzuteilenden Schema gewonnen waren. Da uns indessen dieses Schema nicht ganz vollkommen erschien, so wurde dasselbe nach 8 Tagen durch das in Versuchsreihe X benutzte Schema ersetzt. Die Versuche fanden von da ab in ganz derselben Weise statt, wie in Versuchsreihe X,1 nur mit dem Unterschiede, dafs jede der vorbereitenden Reihen nicht 18, sondern nur 12 Mal von der Versuchsperson gelesen wurde, und dafs die Haupt-, bezw. Vergleichsreihe nicht erst ca. 16 Sekunden nach der vorbereitenden Reihe, sondern ganz unmittelbar nach derselben vorgenommen wurde. Nachdem wir nach diesem Verfahren 26 Versuchstage von der Versuchsperson F. erhalten hatten, verliefs dieselbe pl\u00f6tzlich G\u00f6ttingen infolge gefafsten Entschlusses, zu einem anderen Berufe \u00fcberzugehen. Somit war alle M\u00fche, die wir auf diese Versuchsperson gewandt, fast vergeblich gewesen. Nur die Werte von tv, welche wir an dieser Versuchsperson von der Beendigung der ein\u00fcbenden Vorversuche ab f\u00fcr die Vorreihen erhalten haben, verdienen einige Ber\u00fccksichtigung, da die Zahl derselben (140) nicht ganz gering ist, und dieselben uns mit einer durch schnelles Lernen ausgezeichneten Versuchsperson bekannt machen.\nObwohl n\u00e4mlich die ein\u00fcbenden Vorversuche nur 9 Tage gedauert hatten, so erlernte F dennoch die ersten 40 Vorreihen mit durchschnittlich nur 11,6 Wiederholungen.2 W\u00e4hrend der darauffolgenden 25 Versuchstage steigerte sich seine Lernf\u00e4higkeit so weit, dafs die letzten 40 Vorreihen durchschnittlich nur 10,6 Wiederholungen zu ihrer Erlernung erforderten. Es gelang ihm sogar einmal, eine (normale, zw\u00f6lfsilbige) Vorreihe mit nur 5 Wiederholungen zu lernen, was, abgesehen von der Versuchsperson P, welche in Versuchsreihe XIII einmal eine normale, zw\u00f6lfsilbige Vorreihe mit nur 5 Wiederholungen nahm, sonst keiner von unseren Versuchspersonen gelungen ist.\n1\tAuch, die Silbenreihen waren von da ah solche, welche sp\u00e4terhin in Versuchsreihe X zur Verwendung kamen.\n2\tDie Umdrehungsdauer der Trommel betrug in dieser Versuchsreihe ca. 8,5 Sekunden.","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung der Ged\u00e4chtnisses. 173\nDer Einflufs der Zeitlage war in dieser Versuchsreihe von der Art, dafs mv bei steigender Ordnungszahl der Zeitlage zu nahm, n\u00e4mlich nachstehende Werte bei den vier aufeinanderfolgenden Zeitlagen der Vorreihen besafs:\n10,2 11,0 11,1\t11,7.\nWas die Hauptreihen und Vergleichsreihen anbetrifft, so wurden beide Arten von Reihen durchschnittlich mit genau derselben Wiederholungszahl (13,0) erlernt. Bei der geringen Anzahl der Beobachtungswerte (je 26) ist indessen auf dieses Resultat nur sehr wenig Gewicht zu legen. Auch kommt der Umstand in Betracht, dafs die vorbereitenden Reihen in dieser Versuchsreihe nur je 12 Mal gelesen wurden. In Versuchsreihe X, welche, wie schon angedeutet, erst nach Abbruch dieser Versuchsreihe XI begann, haben wir, wie gesehen, mit anscheinend positivem Erfolge die Zahl der Lesungen der vorbereitenden Reihen auf je 18 erh\u00f6ht. Endlich d\u00fcrfte in R\u00fccksicht zu ziehen sein, dafs F. ebensoschnell, wie er gelernt hat, vielleicht auch wieder vergessen hat und deshalb vielleicht gar keine besonders g\u00fcnstige Versuchsperson f\u00fcr den Zweck dieser Versuchsreihe gewesen ist. Wir erinnern an die Erfahrungen, die wir in Versuchsreihe IV an der gleichfalls durch schnelles Lernen ausgezeichneten Versuchsperson P. gemacht haben. \u00dcberhaupt d\u00fcrften schnelle Lerner durchaus nicht die geeignetsten Versuchspersonen f\u00fcr die Feststellung schwacher Associationen oder die Untersuchung der St\u00e4rkeverh\u00e4ltnisse verschiedener Arten von Associationen sein.\n\u00a7 15. Versuchsreihe XII.\nDie Frage, auf welche sich diese Versuchsreihe bezieht, ist wohl noch wichtiger als diejenige Frage, zu deren Beantwortung die beiden vorstehendenVersuchsreihen X und XI unternommen wurden. Es handelt sich n\u00e4mlich um folgendes. Wenn eine Silbenreihe bis zur erstm\u00f6glichen fehlerfreien Reproduktion erlernt worden ist und nach Verlauf einer konstanten Zwischenzeit wiederum bis zur erstm\u00f6glichen fehlerfreien Reproduktion erlernt werden soll, wird sie alsdann zu dieser Wiedererlernung eine gr\u00f6fsere Anzahl von Wiederholungen erfordern, wenn ihre Silben in jener Zwischenzeit mit noch","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nanderen Silben associiert worden sind, als dann, wenn letzteres nicht geschehen ist? Erfahren also die Associationen, welche die Silben einer erlernten Reihe miteinander eingegangen sind, eine nachweisbare Hemmung oder Schw\u00e4chung dadurch, dafs dieselben Silben hinterher auch noch mit anderen Silben associiert werden?1\nZur Beantwortung dieser Frage schlugen wir folgendes Verfahren ein. An jedem Versuchstage fanden zwei Sitzungen statt. In der ersten Sitzung wurden erlernt folgende vier Reihen :\nVergleichsreihe:\tI, i, | J3 I4| ........... J12\nHauptreihe:\tIZ, _ZI2 | iTs ZJ4| ........ Jln\nHemmungsreihe U- II$ N \\ II5 N \\ II, N | II,, N | 17, N \\ II3 N Hemmungsreihe G: II, a N\\ IIeN\\IIiN\\ II12 N j IIS N \\ II4 N\nIn den beiden Hemmungsreihen bedeutet IV, \u00e4hnlich wie in den Ersetzungsreihen der Versuchsreihe VI, an jeder Stelle eine ganz neue Silbe, so dafs also die beiden Hemmungsreihen dazu dienen, jede der 12 Silben der Hauptreihe noch mit einer ganz neuen Silbe zu associieren.\nZwei Stunden nach Beginn der ersten Sitzung (oder etwa 95 Minuten nach Schlufs derselben) begann die zweite Sitzung, in welcher die Hauptreihe und die Vergleichsreihe wiedererlernt wurden. Es fragte sich nun, ob die Hauptreihe in dieser zweiten Sitzung durchschnittlich langsamer oder gleich schnell oder etwa gar (infolge der gr\u00f6fseren Bekanntschaft ihrer Silben) schneller erlernt werden w\u00fcrde, als die Vergleichsreihe.\nDie Reihenfolge, in welcher die 4 Silbenreihen der ersten Sitzung zur Erlernung kamen, war selbstverst\u00e4ndlich nicht immer die oben angegebene, sondern es wurde regelm\u00e4fsig zwischen folgenden 4 Anordnungsweisen gewechselt:\nVergleichsreihe Hauptreihe Vergleichsreihe Hauptreihe Hauptreihe Vergleichsreihe Hauptreihe Vergleichsreihe Reihe U\tReihe U\tReihe G\tReihe G\n\u00bb G\t\u201e G\t\u201e \u00fc\t\u201e U\n1 Auf diese Frage und die M\u00f6glichkeit ihrer experimentellen Entscheidung deutet auch schon Ebbinghaus (a. a. O., S. 90) hin.","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 175\nIn der zweiten Sitzung hatten die Hauptreihe und die Vergleichsreihe stets dieselben Zeitlagen, wie in der ersten Sitzung. War also z, B. in der ersten Sitzung die Hauptreihe an erster Stelle gelernt worden, so geschah dasselbe auch in der zweiten Sitzung.\nDie Silbenreihen waren s\u00e4mtlich versch\u00e4rft normal und wurden s\u00e4mtlich im troch\u00e4ischen Rhythm ns erlernt.\nVersuchsperson war S., Versuchsleiter M. Die Versuchsreihe wurde (nach einigen wiederein\u00fcbenden Vorversuchen) begonnen am 3. Februar 1890, abgebrochen bei Beginn der Osterferien am 4. M\u00e4rz (erste Abteilung der Versuchsreihe), wieder aufgenommen am 2. Oktober 1891 und beendet am 21. November 1891 (zweite Abteilung). Die lange Zwischenzeit zwischen der ersten und zweiten Abteilung der Versuchsreihe hatte den Vorteil, dafs die Versuchsperson S. w\u00e4hrend der zweiten Abteilung von dem fr\u00fcher gemeinsam verabredeten Schema, das den Versuchen zu Grunde lag, gar keine Kenntnis mehr besafs und den einzelnen Silbenreihen ohne jedes besondere Interesse gegen\u00fcberstand. Folgende Resultate wurden erhalten:\nwa:\t\u00abIW\nErlernung der Hauptreihen\t14,11\t13,1\n\u201e\t\u201e Vergleichsreihen 13,81\t13,0\n\u201e\t\u201e Reihen 0\t15,3\t14,4\n\u201e\t6r\t1.6,0 55\t57\t55\t5\t15,0\nWiedererlernun g der Hauptreihen 8,03 (w. F. 0,165)\t7,29\n\u201e \u2022\t\u201e Vergleichsreihen 8,36 (w. F. 0,171)\t7,89.\nDie Zahl der zu Grunde liegenden Beobachtungswerte betr\u00e4gt f\u00fcr jeden der hier angef\u00fchrten Mittelwerte 64.\nUnter den liier angef\u00fchrten Versuchsergebnissen f\u00e4llt vor allem die Thatsache in die Augen, dafs die Hauptreihen nicht mit einer h\u00f6heren, sondern mit einer geringeren Wiederhol\u00fcngs-zahl wiedererlernt worden sind, als die Vergleichsreihen. Wir hatten durchaus das gegenteilige Verhalten erwartet. Es ist nicht ausgeschlossen, aber nicht gerade wahrscheinlich, dafs die Ersparnis an Wiederholungen, welche die Hauptreihen bei\n1 Die Differenz zwischen den f\u00fcr die Erlernung der Hauptreihen und der Vergleichsreihen erhaltenen Werten von wa ist in der Hauptsache dadurch bedingt, dafs bei Erlernung der ersteren zweimal der \u00fcberhohe Wert 23 f\u00fcr w erhalten wurde. Die beiden Centralwerte stimmen fast genau miteinander \u00fcberein.","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\nG. F. M\u00fcller und F. Schumann.\nihrer Wiedererlernung den Vergleichsreihen gegen\u00fcber erzielt haben, lediglich darauf beruhe, dafs sich bei der nicht sehr grofsen. Zahl von Versuchen die Zuf\u00e4lligkeiten noch nicht gen\u00fcgend ausgeglichen haben Es ist aber auch m\u00f6glich, dafs die Hauptreihen deshalb etwas schneller wiedererlernt worden sind, als die Vergleichsreihen, weil die Silben der Hauptreihen durch die Erlernung der Hemmungsreihen f\u00fcr die bereits nach Verlauf von weniger als zwei Stunden stattfind ende \"Wiedererlernung der Hauptreihen gel\u00e4ufiger und leichter reproducierbar gemacht wurden.\nUnter den 64 Versuchstagen befinden sich 9 (welche mit nur einer Ausnahme s\u00e4mtlich auf die erste Abteilung der Versuchsreihe entfallen), an denen die Hauptreihe und die Vergleichsreihe bei ihrer Wiedererlernung richtig in ihrem Charakter erkannt wurden, indem einzelne Silben der Hauptreihe als solche wiedererkannt wurden, welche auch in einer der beiden Hemmungsreihen dagewesen seien. Es ist vielleicht nicht \u00fcberfl\u00fcssig, zu bemerken, dafs das Resultat f\u00fcr den Fall der Erkennung des Charakters der wiederzuerlernenden Reihen das gleiche ist wie f\u00fcr den Fall der Nichterkennung desselben. In beiden F\u00e4llen wurden die Hauptreihen d\u00fcrchschnittlich etwas schneller erlernt.\nEndlich mag noch hervorgehoben werden, dafs auch die Selbstbeobachtung der Versuchsperson bei der Wiedererlernung der Hauptreihen niemals etwas wie eine Hemmung durch sich geltend machende anderweite Reproduktionstendenzen ergeben hat. An einem Versuchstage versprach sich S. bei der Wiedererlernung der Hauptreihe zweimal in der Weise, dafs er auf eine Silbe derselben eine falsche Silbe folgen liefs, welche in der Hemmungsreihe U auf dieselbe Silbe gefolgt war, Trotz dieses zweimaligen Versprechens wurde von ihm die Hauptreihe nicht in ihrem Charakter erkannt und mit derselben Wiederholungszahl wiedererlernt, wie die Vergleichsreihe.\nEs ist uns also nicht gelungen, nachzuweisen, dafs \u00fcberhaupt f\u00fcr die Wiedererlernung einer fr\u00fcher erlernten Silbenreihe aus einer inzwischen eingetretenen Verwendung ihrer Bestandteile in anderweiten Silbenreihen eine associative Hemmung entspringt. Hiermit ist nat\u00fcrlich nicht ausgeschlossen, dafs unter anderen Umst\u00e4nden oder bei gewissen Modifikationen des Versuchs Verfahrens (\u00f6ftere Wiederholung der Hemmungsreihen, k\u00fcrzere Zwischenzeit zwischen der Erlernung der Hemmungsreihen und der Wiedererlernung der Hauptreihe und","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 177\nVergleichsreihe u. dergl. mehr) ein solcher Nachweis m\u00f6glich sei. Angenommen, dies sei der .Fall, so bleibt es doch immerhin als ein interessantes Resultat dieser Versuchsreihe XII bestehen, dafs die associative Hemmung, welche f\u00fcr die Silben einer bis zur erstmaligen fehlerfreien Reproduktion erlernten zw\u00f6lfsilbigen Reihe aus der sofortigen Wiederverwendung dieser Silben in zwei gleichfalls bis zur erstmaligen richtigen Reproduktion erlernten Hemmungsreihen entspringt, bei einer nach ca. 2 Stunden erfolgenden Wiedererlernung jener Reihe etwaigen gegenteiligen Einfl\u00fcssen gegen\u00fcber sich nicht in dem Grade geltend zu machen vermag, dafs eine Erschwerung der Wiedererlernung .zu Tage tritt. Dieses Resultat gilt selbstverst\u00e4ndlich zun\u00e4chst nur f\u00fcr die Versuchsperson S. Aber auch dann, wenn man dem Einfl\u00fcsse der Individualit\u00e4t hier einen grofsen Spielraum einr\u00e4umt, bleibt dieses Resultat sehr belehrend, da es uns auch betreffs anderer Individuen wenigstens ein Bild von der Gr\u00f6fsenordnung eines Einflusses gew\u00e4hrt, betreffs dessen uns bisher nicht einmal f\u00fcr Vermutungen vager Art irgendwelche sichere Anhaltspunkte gegeben waren.\nAnders wie mit der associativen Hemmung bei der Wiedererlernung einer Silbenreihe steht es mit der associativen Hemmung bei der Neuerlernung einer Silbenreihe, deren einzelne Bestandteile s\u00e4mtlich oder teilweise durch nicht lange vorher vollzogene Erlernung anderer Reihen bereits mit anderen Silben einigermafsen fest associiert sind. Schon die Protokolle. \u00fcber unsere fr\u00fcheren Versuchsreihen melden gelegentlich, dafs die Versuchsperson bei Erlernung einer Umstellungs- oder Ersetzungsreihe sich dadurch gest\u00f6rt gef\u00fchlt habe, dafs andere (den Vorreihen angeh\u00f6rige) Silben ins Be-wufstsein getreten seien. Diese associative Hemmung bei r Erlernung einer Umstellungsreihe zeigte sich namentlich Anf\u00e4nge einer Versuchsreihe. Im weiteren Verlaufe df suche trat dieselbe infolge eines zur Zeit nicht n\u00e4her terisierbaren Einflusses der \u00dcbung mehr zur\u00fcck, dieser Versuchsreihe XII zeigte sich bei Erlernun/ mungsreihen zuweilen ganz deutlich die associa1\"-' die daraus entsprang, dafs die H\u00e4lfte d Hemmungsreihe bereits bei der Erlernung de weite Associationen eingegangen war. S soeben erw\u00e4hnten Thatsache gem\u00e4fs,\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\nG. Mi M\u00fcller und F. Schumann.\nHemmung am leichtesten im Anf\u00e4nge einer Versuchsreihe hervor trat \u2014 gleich am ersten Tage der zweiten Abteilung der Versuchsreihe bei Erlernung der Hemmungsreihe U \u201eSt\u00f6rung durch schlechtes Aneinanderschliefsen der Silben\u201c. An einem anderen Tage gab die Versuchsperson zu Protokoll, dafs sie sich bei den beiden Hemmungsreihen (die beide erst mit 19 Wiederholungen erlernt wurden) sehr unsicher gef\u00fchlt habe und in hohem Grade habe aufpassen m\u00fcssen, damit sie sich nicht verspr\u00e4che. An einem dritten Tage empfand die Versuchsperson laut Protokoll bei der Erlernung der Reihe U eine st\u00f6rende Neigung, auf die Silbe han statt der richtigen Silbe s\u00e4s \u201eeine Silbe mit \u00ab\u00ab\u201c folgen zu lassen1 u. dergl. m. Vergleicht man die Mittelwerte von w, welche einerseits die Haupt- und Vergleichsreihen und andererseits die Hemmungsreihen ergeben haben, so zeigen sich in Einklang mit dem soeben \u00fcber den Einflufs der associativen Hemmung Berichteten die letzteren Werte erheblich gr\u00f6fser, als die ersteren.2 Indessen w\u00fcrde man in dieser Differenz an und f\u00fcr sich einen Beweis f\u00fcr die associative Hemmung nicht erblicken k\u00f6nnen, da die Hemmungsreihen stets bei ung\u00fcnstigeren Zeitlagen erlernt worden sind, als die Haupt- und Vergleichsreihen, und von vornherein nicht zu sagen ist, in welchem Grade der EinfLufs der Zeitlage hier wirksam gewesen ist. Wirklich beweisend sind nur die Aussagen, welche die Versuchsperson auf Grund der inneren Wahrnehmung \u00fcber den st\u00f6renden Einflufs der associativen Hemmung zu Protokoll gegeben hat.\nWas den Umstand anbelangt, dafs die Hemmungsreihen G sieh deutlich als schwerer erlernbar erwiesen haben, als die Hemmungsreihen ZT, so hat derselbe seinen Grund offenbar \"in, dafs die Betonung der aus den Hauptreihen \u00fcbernommenen 'n und ihre Stellung im. Takte in den letzteren Reihen e, hingegen in den ersteren Reihen die umgekehrte war, 'An Hauptreihen.\n\u2019Auptreihe war der Takt han laal vorgekommeri.\nAnstand, dafs in der ersten Abteilung von Versuchs-'chsreihen gr\u00f6fsere Werte von wa und tve ergeben Stunden erlernten Vorreihen (S. 145), hat vielleicht -g seinen Grund,","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 179\nWir begn\u00fcgen uns mit der vorstehenden Mitteilung unserer auf die associative Hemmung bez\u00fcglichen Beobachtungsresultate und gehen auf eine weitere Diskussion derselben nicht ein, weil \u00fcber die associative Hemmung anderweite Untersuchungen hier im Gange sind. Nur folgendes mag hier kurz bemerkt werden. Wenn bei unseren Versuchen die associative Hemmung im Balle der Neuerlernung einer Umstellungsoder Ersetzungsreihe gelegentlich deutlich st\u00f6ren konnte, hingegen nicht sp\u00fcrbar war, wenn es sich um die Wiedererlernung einer Silbenreihe handelte, deren Silben seit der ersten Erlernung der Beihe noch anderweite Associationen eingegangen, waren, so l\u00e4fst letzteres Verhalten an und f\u00fcr sich folgende Deutung zu. Wenn die Silben einer Hauptreihe durch einmalige Erlernung dieser Beihe. miteinander associiert worden und alsdann durch Erlernung einer oder mehrerer Hemmungsreihen noch in eine Beihe anderweiter Associationen gebracht worden sind, so \u00fcben allerdings diese beiden Beihen von Associationen bei erneutem Gegebenwerden der Hauptreihe an und f\u00fcr sich einen hemmenden Einflufs aufeinander aus. Sobald aber die Hauptreihe ein oder wenige Male wieder abgelesen worden ist, gewinnen die im Sinne einer Wiedererlernung der Hauptreihe wirksamen Associationen durch diese Wiederauffrischung in dem Grade das \u00dcbergewicht \u00fcber die konkurrierenden Associationen, dafs letztere weit zur\u00fccktreten und die associative Hemmung unter den Versuchsbedingungen unserer Versuchsreihe XII nicht einmal den Einflufs der bei der Erlernung der Hemmungsreihen eingetretenen Erh\u00f6hung des Bekanntschaftsgrades der Silben der Hauptreihe zu \u00fcberbieten vermag. Mit dieser Annahme, dafs die associative Hemmung durch Wiederauffrischung der einen der konkurrierenden Associationen oder Associationsreihen schnell \u00fcberwunden werde, und zwar um so schneller, je mehr die wiederaufgefrischten Associationen fr\u00fcher einge\u00fcbt worden sind, stehen auch die Besultate gewisser Versuche in Einklang, welche M\u00fcnsterberg (Beitr\u00e4ge mr experimentellen Psychologie, Heft 4, Freiburg i. B. 1892, S. 69 ff.) mit einge\u00fcbten Bewegungen angestellt hat. Von dem hier angedeuteten Standpunkte aus kann man in jenen Versuchen M\u00fcnsterbergs eine Best\u00e4tigung unserer Versuchsreihe XII und\n12*","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180\tG. F. M\u00fcller und F. Schumann.\numgekehrt in dieser unserer Versuchsreihe eine Best\u00e4tigung jener Versuche M\u00fcnsterbergs erblicken.1\nDer Einflufs der .\u00dcbung trat in der ersten Abteilung der, Versuchsreihe. XII deutlich hervor. F\u00fcr die erste H\u00e4lfte dieser Abteilung ist der Durchschnittswert der f\u00fcr die Heuerlernung der Haupt- und Vergleichsreihen erhaltenen Werte von w gleich 13,5, f\u00fcr die zweite H\u00e4lfte gleich 12,2. Hingegen ist in der (40 Versuchstage umfassenden) zweiten Abteilung der Versuchsreihe ein Einflufs der . \u00dcbung in ; keiner Weise, \u2022weder an den Haupt- und Vergleichsreihen,1 noch an den Hemmungsreihen, erkennbar. Dies ist umso auffallender, weil der zweiten Abteilung der Versuchsreihe in bestimmter Absicht (um n\u00e4mlich der associativen Hemmung Gelegenheit zu geben, sich auch bei geringer \u00dcbungsstufe geltend zu machen) gar keine ein\u00fcbenden Vorversuche vorausgeschickt worden sind, und infolge der lOmonatlichen Ruhezeit, welche die zweite Abteilung der Versuchsreihe von der ersten trennt, der Wert von wa f\u00fcr die Haupt- und Vergleichsreihen der zweiten Abteilung um 2,3 gr\u00f6fser (n\u00e4mlich gleich 14,5) ausgefallen ist, als f\u00fcr die Haupt-und Vergleichsreihen'der1 letzten H\u00e4lfte der ersten Abteilung.2\nWas den Einflufs der Zeitlage anbelangt, so betrug wa f\u00fcr die Heuerlernung der Haupt- und Vergleichsreihen bei der ersten Z.eitlage 13,33 \u201e . \u201e zweiten \u201e\t14.5,3\nf\u00fcr die Erlernung der Hemmungsreihen\nbei der dritten Zeitlage 15,8 \u201e\t\u201e\tvierten-\t\u201e\t15,5,\nf\u00fcr die Wiedererlernung der Haupt- und Vergleichsreihen bei der erstell Zeitlage 8,2 \u201e\t\u201e\tzweiten.\t\u201e\t8,2.\n1\tAllerdings lassen sich gegen eine Neb.eneinanderstellung dieser unserer Versuchsreihe.und jener Versuche M\u00fcnsterbergs einige Bedenken geltend machen, auf die aus dem oben angegebenen Grunde hier nicht eingegangen werden soll.\n2\tEs \u2019liegt der Verdacht nahe, dafs der Einflufs der \u00dcbung hier dadurch verdeckt worden sei,- dafs die geistige Frische .der unmittelbar nach der Ferienruhe (2. Oktober) zu diesen Versuchen herangezogenen Versuchsperson infolge anderweiter, mit Energie ergriffener geistiger Besch\u00e4ftigung allm\u00e4hlich abgenommen habe.\n3\tDie Montage allein genommen, ergeben ' bei der ersten Zeitlage den Wert 11,9 und bei der zweiten Zeitlage den Wert 13,8. (Vergl. S. 154.)","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 181\nAuffallend ist die Abnahme, welche der Wert von \u00bb, beim \u00dcberg\u00e4nge von der dritten zur vierten Zeitlage erleidet- Es liegt nahe, dieselbe darauf zur\u00fcckzuf\u00fchren, dafs f\u00fcr die an vierter Stelle stehende Hemmungsreihe wegen ihres gr\u00f6fseren zeitlichen Abstandes von. der Hauptreihe die associative Hemmung schw\u00e4cher gewesen sei, als f\u00fcr die an dritter Stelle stehende Eeihe. Man kann aber auch noch an andere Ursachen (z. B. den Ein Hufs der Freude, die letzte Silbenreihe der Sitzung vor sich zu haben) denken.\nBei der Wiedererlernung der Haupt- und .Vergleichsreihen hat sich ein Einflufs der .Zeitlage nicht, gezeigt, da bei S. der Einflufs der Zeitlage wesentlich durch die beim Lernen eintretende Erm\u00fcdung bedingt zu sein pflegte, und die schnelle Wiedererlernung einer vor ca. 2 Stunden erlernten Eeihe eine merkbare Erm\u00fcdung nicht zu bewirken vermochte.\n\u00a7 16. Erlernbarkeit und Wiedererlernbarkeit der Silbenreihen in Beziehung zu einander.\nIn Beziehung auf die Eesultate der im vorstehenden besprochenen Versuchsreihe XIl erhebt sich endlich noch die Frage, ob diejenigen Haupt- und Vergleichsreihen, welche schneller erlernt worden seien, sich auch bei der Wiedererlernung als die leichteren Eeihen erwiesen h\u00e4tten, und ob \u00fcberhaupt allgemein die leichtere oder schwerere Ueuerlernung einer Silbenreihe auch eine leichtere, bezw, schwerere Wiedererlernung derselben nach konstanter Zwischenzeit mit sich f\u00fchre.\nVersucht man, sich die hier aufgeworfene Frage zun\u00e4chst auf Grund blofser theoretischer \u00dcberlegung zu beantworten^ so bietet sich in erster Linie der folgende Gesichtspunkt dar:.-\nBetrachtet man eine Anzahl gleich langer Silbenreihen in dem Momente, wo sie soeben bis zur erstmaligen fehlerfreien. Eeproduktion \u00bberlernt worden sind, so sind die verschiedenen Leichtigkeitsgrade, welche diese Silbenreihen (entsprechend: den in ihnen in verschiedenem Mafse vorhandenen sprachlichen. Schwierigkeiten, Ankl\u00e4ngen an bekannte W\u00f6rter u. dergl.) von. Haus aus besitzen, dadurch ganz ausgeglichen, dafs eben jede Eeihe gerade bis zur erstm\u00f6glichen fehlerfreien Eeproduktion erlernt worden ist. Diese Gleichartigkeit der verschiedenen Silbenreihen wird aber um so mehr geschwunden sein, und die urspr\u00fcnglichen Verschiedenheiten des Leichtigkeitsgrades werden","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182\nG. TS. Muller und F. Schumann.\num so mehr wieder hervortreten, je weiter entfernt von dem Zeitpunkte der erstmaligen Erlernung dieser .Reihen der Zeitpunkt liegt, wo man diese Reihen wieder vornimmt und abermals zu erlernen versucht. Angenommen, man gehe an diese Reihen erst nach Verlauf von 2 Jahren wieder heran, so wird die erstmalige Erlernung vielleicht gar keine merkbare Spur mehr zur\u00fcckgelassen haben, die Verschiedenheiten, welche von Haus aus zwischen den Silbenreihen hinsichtlich ihrer Erlernbarkeit bestehen, werden sich wieder geltend machen und dahin wirken, dafs diejenigen Reihen, welche fr\u00fcher sich als die leichteren erwiesen haben, auch jetzt durchschnittlich die schneller erlernten seien.1 Da die Nachwirkungen, welche die Erlernung einer Silbenreihe im Ged\u00e4chtnisse zur\u00fcckl\u00e4fst, schon in den ersten Stunden nach dieser Erlernung stark .abgeklungen sind,, so wird es .sich, \u00e4hnlich wie nach Verlauf von 2 Jahren, auch schon nach Verlauf von 2 Stunden oder anderer kurzer Zeitr\u00e4ume verhalten. Auch nach Verlauf eines so kurzen Zeitraumes werden die urspr\u00fcnglichen Verschiedenheiten des Leichtigkeitsgrades der verschiedenen Silbenreihen sich in gewissem, wenn auch nat\u00fcrlich geringerem, Grade wieder geltend machen und dahin wirken, dafs bei einer gen\u00fcgend grofsen Anzahl von Versuchen diejenigen Silbenreihen, welche bei der Neuerlernung sich als die leichteren erwiesen, auch bei der Wiedererlernung durchschnittlich die schneller erlernten seien.\nDer im vorstehenden angedeutete Gesichtspunkt bedarf indessen noch einer wesentlichen Erg\u00e4nzung. Es ist n\u00e4mlich hier der Umstand nicht zu \u00fcbersehen, dafs die inneren, d. h. den momentanen geistigen Zustand der Versuchsperson betreffenden, Zuf\u00e4lligkeiten eine sehr erhebliche Rolle .neben den .zuf\u00e4lligen Verschiedenheiten spielen, welche zwischen den Silbenreihen hinsichtlich ihrer Beschaffenheit und urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit bestehen. Unter den schnell erlernten Reihen befinden sich in der Regel auch solche, deren Hersagen rein zuf\u00e4llig so fr\u00fchzeitig gegl\u00fcckt ist, d. h. deren Beschaffenheit\n1 Wir sehen Mer nat\u00fcrlich davon ah, dafs sich die urspr\u00fcngliche Bereitwilligkeit, welche eine Silbenreihe f\u00fcr eine \"bestimmte Versuchsperson besitzt, innerhalb der Zeit von zwei Jahren durch Erlernung einer neuen Sprache, welche Ankl\u00e4nge an einzelne Silbenfolgen bietet, und anderes der Art mehr ver\u00e4ndern kann.\t- \u25a0","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n183\nan und f\u00fcr sich der Erlernung gar nicht so besonders g\u00fcnstig ist, die aber trotzdem bei einem fr\u00fchzeitig unternommenen Versuche des Hersagens fehlerfrei aufgesagt worden sind, indem die zuf\u00e4lligen inneren Vorg\u00e4nge, welche die Abwickelung einer Vorstellungsreihe, die Wirksamkeit einer Reihe von Associationen beeinflussen, bei diesem fr\u00fchzeitigen Hersage-4versliehe sich als .besonders g\u00fcnstig erwiesen haben. Diese ungew\u00f6hnlich und in der Regel auch unerwartet fr\u00fch gegl\u00fcckten Reihen, bei deren Hersagen die zwischen den einzelnen Silben bestehenden Associationen noch gar nicht die zum fehlerfreien Aufsagen der Reihe durchschnittlich erforderliche Festigkeit besitzen, erfordern zu ihrer Wiedererlernung nat\u00fcrlich in der Regel eine hohe, \u00fcber dem Durchschnitte liegende Wiederholungszahl. Bei unseren Versuchen kam es vor, dafs solche ungew\u00f6hnlich fr\u00fch gegl\u00fcckte Reihen zu ihrer Wiedererlernung eine h\u00f6here Wiederholungszahl erforderten, als f\u00fcr ihre JSTeuerlernung notwendig gewesen war. Heben den ungew\u00f6hnlich fr\u00fch gegl\u00fcckten Reihen kommen ferner auch noch unerwartet sp\u00e4t gegl\u00fcckte Reihen vor, bei denen der Hersageversuch infolge besonderer Ungunst der soeben erw\u00e4hnten, zuf\u00e4lligen, inneren Vorg\u00e4nge mehrfach mifslungen ist, bei denen ein zuf\u00e4lliges, etwa durch eine in der vorhergehenden Reihe vorgekommene \u00e4hnliche Silbe bedingtes, Versprechen ein sonst fehlerfreies Her sagen zu nickte gemacht hat, u. dergl. mehr.1 Diese unerwartet sp\u00e4t gegl\u00fcckten Reihen, bei deren endlich gelungenem fehlerfreien Hersagen die zwischen den einzelnen Silben bestehenden Associationen eine h\u00f6here Festigkeit besitzen, als f\u00fcr das Hersagen einer Reihe durchschnittlich erforderlich ist, werden nat\u00fcrlich in der Regel mit einer nur geringen Anzahl von Wiederholungen wiedererlernt. Es ist nun klar, dafs der von dem oben angedeuteten Gesichtspunkte aus zu vermutende\n1 Schon Ebbinghaus hat in treffender Weise auf die Rolle der obenerw\u00e4hnten inneren Zuf\u00e4lligkeiten hingewiesen und hervorgehoben, wie sich verschiedene Silbenreihen von gleicher L\u00e4nge zur Zeit der erst-m\u00f6gliche\u00fc Reproduktion nicht durchgehends in den gleichen inneren Zust\u00e4nden befinden. W\u00e4hrend man die einen in einem vor\u00fcbergehenden Momente besonderer Lucidit\u00e4t, oft zur eigenen Verwunderung, erhasche, w\u00fcrde die fehlerlose Reproduktion anderer durch das Dazwischentreten eines Momentes besonderer Schwerf\u00e4lligkeit hinausgeschoben, obgleich man wohl f\u00fchle, dafs man die Reihe eigentlich beherrsche und sich \u00fcber die immer -wieder auftretenden Stockungen verwundere.","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184\nO. E. M\u00fcller \u25a0und F. Schumann.\nParallelismus zwischen Erlernbarkeit und Wiedererlernbarkeit um so weniger hervortreten wird, je mehr unerwartet fr\u00fch gegl\u00fcckte und je mehr unerwartet sp\u00e4t gegl\u00fcckte Reihen sich unter den betrachteten Silbenreihen befinden, und je st\u00e4rker sich \u00fcberhaupt beim Lernen dieser Reihen die inneren Zuf\u00e4lligkeiten in Vergleich zu den zuf\u00e4lligen Verschiedenheiten, die zwischen den Silbenreihen hinsichtlich ihrer urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit bestehen, geltend gemacht haben. Der Grad, in welchem jener Parallelismus zwischen Erlernbarkeit und Wiedererlernbarkeit besteht, ist gewissermafsen ein Mafsstab daf\u00fcr, in welchem Grade sich die inneren Zuf\u00e4lligkeiten neben den zuf\u00e4lligen Verschiedenheiten des Leichtigkeitsgrades der Silbenreihen geltend gemacht haben.\nWill man nun an Versuchsresultaten pr\u00fcfen, inwieweit jener Parallelismus sich zeigt, so hat man, wie wohl zu beachten, nur solche Silbenreihen miteinander zu vergleichen, welche bei einer und derselben Zeitlage erlernt und bei einer und derselben Zeitlage wiedererlernt worden sind. Denn angenommen z. B., es sei der Einflufs der Zeitlage sowohl bei der Erlernung, als auch bei der Wiedererlernung von der Art, dafs bei der ersten Zeitlage schneller, bei der zweiten Zeitlage hingegen langsamer gelernt wird, und es besitze nun jede an erster oder zweiter Stelle erlernte Reihe auch bei der Wiedererlernung die erste, bezw. zweite Zeitlage, so versteht es sich ganz von selbst, dafs, wenn man die Versuchsresultate nicht nach den Zeitlagen sondert, bei gen\u00fcgender Versuchszahl die schneller erlernten Reihen auch die durchschnittlich schneller wiedererlernten sein werden, weil eben die bei der g\u00fcnstigeren Zeitlage erlernten Reihen auch bei der g\u00fcnstigeren Zeitlage wiedererlernt worden sind. \u00dcbt die Zeitlage zwar bei der Neuerlernung, nicht aber auch bei der Wiedererlernung einen merkbaren Einflufs aus, so wird, falls eine Sonderung der Versuchsresultate nach den Zeitlagen nicht vorgenommen wird, der bei der Neuerlernung wirksame Einflufs der Zeitlage mehr oder weniger dazu dienen, einen an und f\u00fcr sich (d. h. abgesehen von dem Einfl\u00fcsse der Zeitlage und der \u00dcbung) etwa vorhandenen Parallelismus zwischen Erlernbarkeit und Wiedererlernbarkeit zu verdecken. Denn alsdann befinden sich unter den langsamer erlernten Reihen eine Anzahl solcher, welche von Haus aus gar nicht besonders schwer sind, sondern nur","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge mr Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 185\ninfolge des Einflusses der Zeitlage langsamer erlernt worden sind und bei der Wiedererlernung verh\u00e4ltnism\u00e4fsig geringe Werte von w erzielen.\nFerner m\u00fcssen die Silbenreihen, welche bei einer Untersuchung der in Eede stehenden Art hinsichtlich ihrer Erlernbarkeit und Wiedererlernbarkeit miteinander verglichen werden, aufser hinsichtlich der Zeitlagen ihrer Erlernung und Wiedererlernung auch noch hinsichtlich des \u00dcbungsgrades miteinander \u00fcbereinstimmen, bei welchem sie erlernt und wiedererlernt worden sind. Denn sind die einen von diesen Silbenreihen bei geringer, die anderen aber bei h\u00f6her \u00dcbung erlernt und wiedererlernt, so versteht es sich wiederum ganz von selbst, dafs die schneller erlernten Eeihen sich durchschnittlich zugleich auch als die schneller wiedererlernten erweisen.\nDa in der ersten Abteilung von Versuchsreihe XII der Einflufs der \u00dcbung sich stark geltend gemacht hat, so l\u00e4fst sich dem soeben Bemerkten gem\u00e4fs nur die zweite Abteilung dieser Versuchsreihe zu einer Beantwortung der Frage verwenden, inwieweit die leichter erlernten Eeihen auch bei der Wiedererlernung durchschnittlich die geringeren Werte von \u00bb erzielen. Wir berechnen nun den Durchschnitt dx derjenigen Werte von w, welche in der zweiten Abteilung von Versuchsreihe XII bei der Wiedererlernung derjenigen Silbenreihen erhalten worden sind, die bei ihrer Neuerlernung Werte von w erfordert haben, welche gleich oder kleiner waren, als ein mittlerer Wert m. Ebenso bestimmen wir den Durchschnitt d2 derjenigen Werte von w, welche bei der Wiedererlernung derjenigen Eeihen erhalten worden sind, die bei ihrer Neuerlernung ein w erforderten, welches gr\u00f6fser war, als m. Diese Berechnungen werden f\u00fcr jede Zeitlage der erlernten Eeihen gesondert ausgef\u00fchrt. Sind nun die schneller erlernten Eeihen durchschnittlich zugleich auch schneller wiedererlernt worden, so mufs d2 stets gr\u00f6fser als d, ausfallen. Folgende Zusammenstellung giebt die erhaltenen Werte von dx und d2 an.\nErste Zeitlage (m - l.'l).\nVergleichsreihen\td, - \u2022 9,0\tdL - 9,1\nHauptreihen\td, 7,8'\t. I., - - 8,2\nZweite Zeitlage (m-\u201414).\n. Vergleichsreihen\tdi =8,1\td2 \u2014 9,3\nHauptreihen\t^ = 8,4\td2 = 8,7.","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nNach diesen [Resultaten scheint in der That eine Tendenz vorhanden zu sein, welche dahin wirkt, dafs die schneller erlernten Reihen durchschnittlich auch bei der Wieder erlernung-geringere Werte von w erzielen. Diese Tendenz ist aber nur schwach. \u00c4hnliche [Resultate erh\u00e4lt man, wenn man die Berechnungen in umgekehrter Weise ausf\u00fchrt, d. h. den Durchschnitt der A\u00a5erte von w bestimmt, welche bei der Neuerlernung derjenigen Silbenreihen erhalten worden sind, die bei . ihrer Wiedererlernung ein w erzielt haben, das gleich oder kleiner war, als ein mittlerer Wert und ebenso den entsprechenden Durchschnittswert f\u00fcr diejenigen Silbenreihen berechnet, welche mit einem w wiedererlernt worden sind, welches gr\u00f6fser war, als jener Wert /i.. Den oben (S. 182) gegebenen Ausf\u00fchrungen gem\u00e4fs ist zuzugeben, dafs die im Sinne eines Parallelismus zwischen Erlernbarkeit und Wiedererlernbarkeit wirkende Tendenz vielleicht deutlicher hervorgetreten w\u00e4re, wenn die zwischen der Erlernung und Wiedererlernung der Silbenreihen verfliefsende Zwischenzeit eine gr\u00f6fsere (nicht blofs ca. 2 Stunden) gewesen w\u00e4re.\nVon d\u00e9n \u00fcbrigen von uns angestellten Versuchsreihen kann nur noch Versuchsreihe VIII, in welcher ein Einflufs der \u00dcbung, wie fr\u00fcher bemerkt, gleichfalls nicht merkbar war, mit der H\u00e4lfte ihrer [Resultate- (n\u00e4mlich insoweit, als der [Rhythmus bei der Wiedererlernung derselbe war, wie bei der Neuerlernung) hier herangezogen, werden. Unter wirft man diese Resultate einer \u00e4hnlichen Behandlungsweise, wie wir im vorstehenden an den Resultaten' der zweiten Abteilung von Versuchsreihe XII zur Anwendung gebracht haben, so kommt man gleichfalls zu dem Ergebnisse, dafs eine schwache, aber eben nur eine schwache, Tendenz vorhanden ist, welche dahin wirkt, dafs die schneller erlernten Reihen auch bei der Wiedererlernung die leichteren Reihen seien. Nach unsern obigen Darlegungen istdiesesVerhalten dahin zu deuten, dafs die zuf\u00e4lligen Verschiedenheiten, welche zwischen den verschiedenen Silbenreihen hinsichtlich ihrer urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit bestanden, in Vergleich zu den inneren Zuf\u00e4lligkeiten nur. schwach waren.\nHat man es nicht mit normal gebauten Silbenreihen zu thun, sondern mit Silbenreihen, welche ohne besondere Mafs-nahmen einfach in der EbbinghAussehen Weise aufgebaut worden sind und demgem\u00e4fs auch gr\u00f6fsere Verschiedenheiten hinsichtlich","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 187\nihrer urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit darbieten, so wird man nat\u00fcrlich bei sonst gleichen Umst\u00e4nden st\u00e4rkere Andeutungen eines Parallelismus zwischen Erlernbarkeit und Wiedererlernbarkeit finden, als wir bei unseren Versuchen gefunden haben.\nSoviel \u00fcber diesen Gegenstand. Es kam uns in den Darlegungen dieses Paragraphen nicht sowohl darauf an, das d\u00fcrftige Versuchsmateri\u00e4l anzubringen, welches uns in Beziehung auf die in demselben behandelte Frage zur Verf\u00fcgung steht, als vielmehr- darauf, die Gesichtspunkte festzulegen, welche bei einer k\u00fcnftigen Er\u00f6rterung und experimentellen Untersuchung dieser in methodischer Hinsicht nicht ganz unwichtigen Frage in erster Linie zu beachten sind.\n\u00a7 17. Versuchsreihe XIII.\nDer Anlafs und Zweck dieser Untersuchung ist schon auf S. 129 angegeben worden. Es handelte sich darum, festzustellen, ob von der Versuchsperson P. bei unserem Lernverfahren die erste H\u00e4lfte einer zu erlernenden Silbenreihe dem Ged\u00e4chtnisse fester eingepr\u00e4gb werde, als die zweite H\u00e4lfte. Zu diesem Zwecke wurde in folgender Weise verfahren.\nAn jedem Versuchstage wurden 4 Vorreihen im troch\u00e4ischen Rhythmus erlernt. Nach einer Buhepause von 15 Minuten wurden alsdann im gleichen Rhythmus noch 4 Umstellungsreihen erlernt. Dieselben waren von doppelter Art (Art A und Art B) und aus den Vorreihen nach folgendem Schema gebildet :\nAl- Il\th J,\t4!\tl.5 I6 !\t//,\t4\tII, II, | II, II,\nII;\t41 4\tII,ol\tHu\tII,:\tIr\th\tA> 4! 4 4\nA2: IIIx III, IIII,.........m6 \\ mt IV,....................IV,\n4: IV, IVS\\/V9.............. 1V12 I III, 111,..............III12\nDie Silben der ersten und. dritten Vorreihe sind in der Beihe Bu bezw. 11, nicht zur Bildung der ersten, sondern der zweiten Beihenh\u00e4lfte verwandt worden, damit diejenigen Silben \u2022von Bt und B2, deren absolute Stellen in diesen Umstellungsreihen die gleichen sind, wie in den betreffenden Vorreihen, aus denselben Vorreihen stammen, wie diejenigen Silben der Beihen Ax und A2, welche gleichfalls ihre fr\u00fcheren absoluten Stellen beibehalten haben.","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"188\nG. F. M\u00fcller und F. Schumann.\nDie Reihenfolge, in welcher die Umstellungsreihen in dem oben mitgeteilten Schema gegeben sind, ist diejenige des 1 3., 5. u. s. w. Yersuchstages. An den anderen Versuchstagen kamen die Reihen Bt und B% an erster und dritter und die Reihen -A, und A2 an zweiter und vierter Stelle.\nS\u00e4mtliche Silbenreihen waren versch\u00e4rft normal. \u00c4hnlich, wie in den vorhergehenden Versuchsreihen geschehen war, wurden solche Versuchstage,- an denen bei Erlernung einer Umstellungsreihe oder Vorreihe eine St\u00f6rung eingetreten war, hinsichtlich aller Umstellungsreihen, bezw. aller Vorreihen und Umstellungsreihen als mifslungen angesehen. Die erhaltenen Werte von t<\\, sind folgende:\nZeitlage\t1\t2\t3\t4\nVorreihen\t11,4\t10,9\t11,9\t11,6\nReihen A\t8,1\t7,1\t.\t7,9\t8,1\nReihen B\t6,3 \u2022'\t7.4\t' 7\u20199\t7,9\nBestimmt man die Mittelwerte aus allen Beobachtungswerten von w ohne Sonderung nach den Zeitlagen, so ergiebt sich folgendes :\niva\\\nV orreihen\t11,4\nReihen A\t7,8\nReihen B\t7,4\nwc:\n10,4 0 = 136) 6,8 0 = 64) 6,4 (\u00bb== 64)\nGegen unser Erwarten sind die Reihen B nicht langsamer erlernt worden, als die Reihen A. Die ersten H\u00e4lften der Vorreihen sind also dem Ged\u00e4chtnisse nicht fester eingepr\u00e4gt worden, als die zweiten. T hats\u00e4chlich sind die Werte von \u00bb, und iv,. f\u00fcr die Reihen B sogar um den Betrag 0,4 geringer ausgefallen, als f\u00fcr die Reihen A. Es scheint indessen nicht, als ob auf diese Differenz Gewicht zu legen sei, da dieselbe nur daher r\u00fchrt, dafs die Reihen A bei der ersten Zeitlage durchschnittlich betr\u00e4chtlich langsamer, erlernt worden sind,","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur. Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n189\nals die Heiken />'. .Die \u00fcbrigen Zeitlagen haben ann\u00e4hernd dieselben Werte von wa f\u00fcr beide Arten von Reihen ergeben.\nEin ausgepr\u00e4gter Einflufs der Zeitlage ist an den f\u00fcr die Vorreihen erzielten Beobachtungswerten nicht zu erkennen. Die Umstellungsreihen A und B zusammengefafst ergeben f\u00fcr ihre 4 Zeitlagen (die mit denen der Vorreihen nicht gleichwertig sind) folgende Mittelwerte :\n7,2\t7,3\t7,9\t8,0.\nDer Einflufs der \u00dcb ung trat auch in dieser Versuchsreihe deutlich hervor. Die Werte von w sind in dieser Versuchsreihe im allgemeinen etwas h\u00f6her ausgefallen, als in der mit derselben Versuchsperson P. angestellten Versuchsreihe IV, weil P. in dieser Versuchsreihe XIII lernte, nachdem er vorher eine Vorlesung geh\u00f6rt hatte.\nVersuche, wie wir in dieser Versuchsreihe XIII angestellt haben, sind auch hinsichtlich eines Punktes von Bedeutung, welcher das ganze von Ebbinghaus behufs Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses eingef\u00fchrte Verfahren betrifft und neuerdings von M\u00fcnsterberg [Beitr\u00e4ge, s.. exp. Bsychol., 4, S. 124) gelegentlich ber\u00fchrt worden ist. Wie dieser Forscher bemerkt, f\u00fchrt das EBBiNGHAUSsche Verfahren \u201edurch die immer erneuten Versuche, die Reihe zu reproducieren, sobald sie noch nicht fest haftet, ein schwer kontrollierbares Element ein, da ein solcher freier Reproduktionsversuch doch wohl nicht den abgelesenen Wiederholungen einfach koordiniert werden kann\u201c. Es ist nicht unwichtig, ein ungef\u00e4hres Bild davon zu haben, wie stark die hier erw\u00e4hnte Fehlerursache bei unseren Ged\u00e4chtnisversuchen gewirkt hat. Nun werden offenbar im allgemeinen die fr\u00fcheren Silben einer Reihe \u00f6fter bei einem Hersage versuche aufgesagt und weniger oft abgelesen, als die sp\u00e4teren Silben. Denn ist ein Hersageversuch nicht gegl\u00fcckt, so wendet die Versuchsperson den Blick sofort wieder dem Ausschnitte des Schirmes zu und liest den Rest der Reihe ruhig ab. Falls also der Versuch, eine Anzahl von Silben herzusagen, dem ruhigen Ablesen der letzteren nicht koordiniert werden kann, sondern f\u00fcr die Einpr\u00e4gung in das Ged\u00e4chtnis von bedeutend h\u00f6herer oder bedeutend geringerer Bedeutung ist, so m\u00fcssen die ersten H\u00e4lften einer Anzahl erlernter Silbenreihen durchschnittlich dem Ged\u00e4chtnisse deutlich st\u00e4rker, bezw. deutlich schw\u00e4cher","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nG. E Muller und F. Schumann.\neingepr\u00e4gt sein, als die zweiten H\u00e4lften. Unsere Versuchsreihe XHi hat nichts Derartiges ergeben.\nHiermit schliefsen wir die \u00dcbersicht \u00fcber die von uns an-gestellten gr\u00f6fseren Versuchsreihen und ihre wesentlicheren numerischen Ergebnisse.. Wir brauchen nicht erst zu bemerken, dafs diese 13 Versuchsreihen nicht alle Versuche umfassen, welche wir angestellt haben und auf welche wir in den nachstehenden Darlegungen Bezug nehmen. Manche weit angelegte Versuchsreihen wurden begonnen, aber aus diesem oder jenem Grunde abgebrochen, bevor irgendwelche Resultate sicher erkennbar waren; andere Versuche sollten gar nicht zur Gewinnung numerischer Ergebnisse dienen, sondern nur Gelegenheit zur Selbstbeobachtung unter bestimmten Versuchsbedingungen geben, u. dergl. mehr.\n(Schlufs folgt.)","page":190}],"identifier":"lit15342","issued":"1894","language":"de","pages":"81-190","startpages":"81","title":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:05:03.305950+00:00"}