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{"created":"2022-01-31T17:02:12.980633+00:00","id":"lit15349","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Meumann, Ernst","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 402-403","fulltext":[{"file":"p0402.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\nL\u00e9on Dewaule. Condillac et la psychologie anglaise contemporaine.\nParis, Alcan, 1892. (Bibliotli. de philosophie contemporaine.) 321. S.\nDie empirische und experimentelle Wendung des modernen philo-sophischen Denkens bringt notwendig auch eine andere historische Wertsch\u00e4tzung der Denker der Vergangenheit mit sich. In Deutschland werden die vorkantischen Psychologen und ihre unmittelbaren Nachfolger, ein Tetens, Maass, Hoffbauer u. a., wieder gew\u00fcrdigt. \u00c4hnlich in Frankreich die B\u00fcckkehr zu den Sensualisten. Verfasser des vorliegenden Werkes betont diese Wendung der Wertsch\u00e4tzung gegen\u00fcber Condillac, er giebt in der Einleitung eine Geschichte des \u201eCondillacisme\u201c, wobei er insbesondere die Originalit\u00e4t Condillacs gegen\u00fcber Locke verteidigt (vergl. auch die Ausf\u00fchrungen S. 12 if.). Nach seiner Meinung hat C. die s\u00e4mtlichen Grundgedanken seiner sp\u00e4teren Werke schon 1754 (dem Jahre der Ver\u00f6ffentlichung des Trait\u00e9 des sensations), wenn auch in unklarerer Formulierung verfolgt, und die bekannte Mitteilung gegen\u00fcber der Mlle. Ferrand h\u00e4lt er f\u00fcr eine blofse Galanterie. Die Absicht des vorliegenden Werkes ist nun die, durch Vergleich der allgemeinen Ideen und des Wortlautes der Texte den Nachweis zu f\u00fchren, dafs in Condillacs Werken die Keime stecken zu den leitenden Ideen der neueren englischen Philosophie: dem \u201eAssociationismus\u201c, dem \u201eTransformismus\u201c und dem \u201eEvolutionismus\u201c. Diesen Plan verfolgt das Werk in zwei Teilen, von denen der erste die Individualpsychologie, der zweite die Gesellschaftswissenschaften behandelt. Man mufs in diesem Nachweis vielfach die historische Strenge vermissen. Durch Hervorhebung der Ideen Condillacs, welche die meisten Ber\u00fchrungspunkte mit der modernen Philosophie besitzen, erh\u00e4lt im allgemeinen der sensualistische Denker ein zu modernes Ansehen. So, wenn (S. 21) der Gedanke einer Messung der Empfindlichkeit \u201eavant l\u2019\u00e9cole psychophysique\u201c an einer Stelle gefunden wird, in der Condillac unzweifelhaft nur von der Bewegung als H\u00fclfs-mittel zur Entwickelung der Baumanschauung spricht. Vielfach werden in Form rhetorischer Fragestellungen Analogien und \u00c4hnlichkeiten aufgewiesen, wo ein Zur\u00fcckgehen auf die urkundlich beweisbare Beeinflussung am Platze gewesen w\u00e4re. Im \u00fcbrigen aber gestatten die ausf\u00fchrlichen Quellennachweise, die massenhaften Citate, die Gegen\u00fcberstellungen gr\u00f6fserer Partien aus den Werken der verglichenen Autoren dem Leser, sich ein eigenes Urteil \u00fcber den Zusammenhang der englischen Denker mit den franz\u00f6sischen Sensualisten zu bilden. Man wird dem","page":402},{"file":"p0403.txt","language":"de","ocr_de":"Li ttemturberich t.\n403\nVerfasser beistimmen m\u00fcssen, dafs C. die Priorit\u00e4t beanspruchen kann f\u00fcr Gedanken, die vielfach als das Ureigentum der englischen Philosophie angesehen werden. \"Wir verzeichnen als solche : die Frage der Einfachheit der Empfindungen (die von C. verneint wird) ; die Aufstellung der Muskelempfindungen als \u201eFundamentalempfindungen\u201c; die Behauptung, dafs die spontanen Bewegungen des Kindes die Grundlage der Willensentwickelung bilden; die \u201euntrennbare Association\u201c; die Verwendung der Ideen der Vererbung und Entwickelung f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der tierischen Instinkte ; die Idee einer vergleichenden Psychologie; die Verwertung des \u201eKampfes ums Dasein\u201c f\u00fcr die Gellschaftswissenschaft u. s. w.\nDie Arbeit Dewaules d\u00fcrfte ein wertvoller Beitrag sein zu dem Nachweise des engen Zusammenhanges englischer und franz\u00f6sischer Philosophie, den man nach den autobiographischen Mitteilungen englischer Philosophen l\u00e4ngst vermuten mufste (Hdme, John Mill, Carlyle),, sie erg\u00e4nzt damit die fr\u00fcheren Forschungen von Taine, Ribot, L. Ferri.\nMbumann (Leipzig).\nP. Janet et R, Tha.mjn. Cours de psychologie et de morale. Premi\u00e8re ann\u00e9e : Psychologie th\u00e9cr\u00e9tique et appliqu\u00e9e. Paris, Delagrave, 1891, 410 S.\nDas Buch soll als Grundlage des Unterrichtes dienen, den die Z\u00f6glinge der franz\u00f6sischen Volksschullehrerseminare in der p\u00e4dagogischen Psychologie erhalten. Zu diesem Zwecke wird der- hierher geh\u00f6rige Stoff in zwei gesonderten Teilen.behandelt; im ersten giebt Janet in kompendiarischer Form eine systematische Darstellung der Psychologie, und im zweiten redet Thamin von der Anwendung der Psychologie auf die P\u00e4dagogik.\nWas nun den Inhalt des ersten Teiles betrifft, so b\u00fcrgt schon der Name des Verfassers f\u00fcr eine gute Leistung; anders aber steht es mit der Frage, ob sich eine derartige Behandlung des Stoffes f\u00fcr junge Leute empfiehlt, die zum ersten Male an die Psychologie herantreten. Referent m\u00f6chte diese Frage verneinen. F\u00fcr die allgemeinen Betrachtungen, die Janet sowohl an die Spitze des Werkes, wie auch an den Anfang jedes Abschnittes stellt, hat nur der ein Verst\u00e4ndnis, der mit den Einzelheiten der psychologischen Wissenschaft bereits einigermafsen vertraut ist; der Anf\u00e4nger aber wird leicht zu einem hohlen Wortwissen verleitet. In dieser Beziehung leidet das vorliegende Buch an demselben Fehler, wie die meisten deutschen Erscheinungen auf diesem Gebiete.,\nViel nutzbringender w\u00fcrde es f\u00fcr den Zweck der Verfasser gewesen sein, wenn von einzelnen p\u00e4dagogisch wichtigen Erscheinungen des Seelenlebens, z. B. vom Ged\u00e4chtnis, ausgegangen worden w\u00e4re, und zwar in induktiver Weise, wie es die moderne Naturwissenschaft verlangt. Die Werke von Ribot, Ebbinghaus, D\u00f6kpfeld und Fauth h\u00e4tten hier wichtige Fingerzeige geben k\u00f6nnen. Von hier aus h\u00e4tten sich alsdann auch die anderen Gebiete des Seelenlebens leicht erreichen lassen, und es: w\u00e4re- dann so recht klar geworden, wie die einzelnen seelischen Vorg\u00e4nge untereinander in engster Beziehung stehen, und wie verwickelt oft ein auf den ersten Blick ganz einfach scheinender Vorgang ist, So w\u00e4re nicht allein f\u00fcr gr\u00fcndliche psychologische Kenntnisse, besser gesorgt\n26*","page":403}],"identifier":"lit15349","issued":"1893","language":"de","pages":"402-403","startpages":"402","title":"L\u00e9on Dewaule: Condillac et la psychologie anglaise contemporaine. Paris, Alcan 1892, Biblioth. de philosophie contemporaine, 321 S.","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:02:12.980639+00:00"}