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{"created":"2022-01-31T17:04:06.462553+00:00","id":"lit15351","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 404-406","fulltext":[{"file":"p0404.txt","language":"de","ocr_de":"404\nLitteraturbericht.\nworden, sondern auch f\u00fcr eine gen\u00fcgende Einsicht in die Schwierigkeit der Psychologie und in die Methode, nach der letztere getrieben werden mufs. \u25a0\nEs w\u00e4re dann auch reichlich Gelegenheit geboten, gleich hei Besprechung der einzelnen Erscheinungen und ihrer Gesetze die Anwendung auf die P\u00e4dagogik zu machen, wodurch das Buch einen einheitlichen Charakter erhalten h\u00e4tte, w\u00e4hrend es jetzt in zwei gesonderte Teile zerf\u00e4llt und die enge Beziehung zwischen Psychologie und P\u00e4dagogik nicht gen\u00fcgend erkennen l\u00e4fst.\tUfeb (Altenburg).\nTh. Bibot. Sur les diverses formes du caract\u00e8re. Bevue philosophique.\n1892. No. 11. Bd. 34. S. 480-500.\nDie von wissenschaftlichem Geiste getragene Arbeit behandelt die schwierige Aufgabe, die Charaktere zu klassificieren, in umfassendster Weise: Der Verfasser bringt dabei mit feinem Geschick einen der Zoologie und Botanik entlehnten Einteilungsgrund zur Anwendung, n\u00e4mlich die Einteilung in Gattungen, Arten und Variet\u00e4ten.\nZwei Kategorien von Charakteren werden ausgeschlossen: die amorphes, welche keine ihnen eigent\u00fcmliche Form besitzen, sondern ein Produkt der Erziehung und der Umst\u00e4nde sind, und die instables, welche ein Bild der absoluten Unbestimmtheit darbieten.\nDie Gattungen als solche entsprechen noch keiner konkreten Kealit\u00e4t. Bibot unterscheidet die sensitifs, die actifs und die apathiques_\nI.\tDie sensitifs haben als Kennzeichen die ausschliefsliche Herrschaft der Empfindung. Erregbar zum \u00e4ufsersten gleichen sie Maschinen, welche sich in fortw\u00e4hrender Vibration befinden. Sie leben vorherrschend innerlich. Die physiologischen Grundlagen dieser Klasse sind zu suchen in dem Vorherrschen der inneren Organempfindungen des vegetativen Hebens. Sie sind im allgemeinen Pessimisten, unruhig, furchtsam, nachdenklich.\nII.\tDie actifs besitzen die Tendenz zu handeln. Sie gleichen Maschinen, welche sich in fortw\u00e4hrender Bewegung befinden. Sie leben vorherrschend \u00e4ufserlich. Die physiologischen Grundlagen dieser Klasse bestehen in einem reichen Besitz von Energie, in einem \u00dcberflufs von Hebenskraft. Sie sind meist Optimisten, weil sie genug Kraft versp\u00fcren, um gegen die Hindernisse anzuk\u00e4mpfen, sie sind fr\u00f6hlich, unternehmend, k\u00fchn.\nIII.\tDie apathiques charakterisieren sich durch das Herabsinken des F\u00fchlens und Handelns unter das mittlere Niveau. Die beiden ersten Klassen waren positiv, diese ist negativ. Die apathischen Charaktere d\u00fcrfen als angeborene nicht verwechselt werden mit den amorphen, welche erworben sind. Die apathiques sind weder Pessimisten noch Optimisten, sie sind indifferent, faul, schl\u00e4frig, tr\u00e4ge, sorglos.\nGehen wir nun von den Gattungen zu den Arten \u00fcber, d. h. zu den eigentlichen Grundtypen des Charakters, welche Bealit\u00e4t besitzen und der Beobachtung zug\u00e4nglich sind, so kommt hier ein neuer Faktor hinzu: die intellektuellen Dispositionen.\nI. Unter den sensitifs werden unterschieden:","page":404},{"file":"p0405.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n405\n1.\tDie humbles. Ihr Kennzeichen ist: \u00fcberm\u00e4fsige Empfindlichkeit, beschr\u00e4nkte oder mittelm\u00e4fsige Intelligenz, keine Energie. Sie befinden sich in fortw\u00e4hrender Furcht f\u00fcr sich, f\u00fcr ihre Familie. Zu diesem Typus geh\u00f6ren namentlich viele Hypochonder.\n2.\tDie contemplatifs, welche mit sehr lebhafter Empfindung, scharfer Intelligenz, aber nicht mit Aktivit\u00e4t begabt sind. Hierher geh\u00f6ren die M\u00f6nche, die j\u00fcdischen Therapeuten u. a.\n3.\tBei den \u00e9motionnels kommt zu einer aufserordentlichen Empf\u00e4nglichkeit und intellektueller Freiheit die Aktivit\u00e4t. Letztere ist aber intermittierend, weil sie aus einer intensiven Erregung resultiert. .. Diese Klasse ist reich an grofsen Namen : Mozart, Kousseau u. a. U\nII.\tUnter den actifs werden unterschieden:\n1.\tDie actifs m\u00e9diocres, begabt mit einem reichen Fond von physischer Energie und einem lebhaften Bed\u00fcrfnis, sie auszugeben : Abenteurer, Sportliebhaber, die S\u00f6ldner des Mittelalters.\n2.\tDie grands actifs, welche in der Geschichte \u201eim \u00dcberflufs vorhanden sind und daselbst die ersten Bollen spielen. Zu physischer Energie und geistiger Th\u00e4tigkeit kommt eine m\u00e4chtige und geschmeidige Intelligenz: Leute, wie Julius C\u00e4sar, wie die Eroberer des XVI. Jahrhunderts, z. B. Cortez.\nIII.\tUnter den apathiques ist hervorzuheben :\n1.\tDer reine apathische Typus : wenig Empfindung, wenig Th\u00e4tigkeit, wenig Intelligenz. Sie sind wenig erziehungsf\u00e4hig, wenig plastisch.\n2.\tDurch .eine m\u00e2chtig\u00eb Intelligenz ver\u00e4ndert sich alles. Je nachdem die intellektuellen Dispositionen spekulativ oder praktisch sind, hat man zwei Gruppen zu unterscheiden. Zur ersteren geh\u00f6ren die Mathematiker, Metaphysiker, Weisen ; zur letzteren die Calculateurs, wie Benjamin Franklin, die franz\u00f6sischen K\u00f6nige Ludwig XI. und Philipp II. Die letztere Gruppe verdient als k\u00fcnstliche Charaktere Beachtung. Sie resultieren aus dem Einflufs der Ideen auf Gef\u00fchle und Bewegungen.\nBei den Variet\u00e4ten treten an die Stelle eines einzigen vorherrschenden Kennzeichens zwei zugleich nebeneinander herrschende, harmonische oder einander entgegengesetzte. Es entstehen gemischte Typen :\n1.\tDie sensitifs-actifs : lebhafte Empfindungsgabe mit einem energischen Temperament verbunden. Hierher geh\u00f6ren die M\u00e4rtyrer, die grofsen Mystiker und Reformatoren, wie Peter von Amiens, Luther, Kriegsm\u00e4nner, wie Alexander und Napoleon, die grofsen Revolution\u00e4re, wie Danton, Dichter, wie Lord Byron.\n2.\tDie apathiques-actifs. Das herrschende Element ist die Idee, welche diesem Charakter eine unersch\u00fctterliche Festigkeit giebt. Das moralische Ideal ist die St\u00fctze dieser Form des Charakters (\u00f6ffentliches Wohl, Glauben an ein Dogma, kategorischer Imperativ).\n3.\tDie apathiques-sensitifs. Gew\u00f6hnlich ruhigere Naturen, werden sie durch einen pl\u00f6tzlichen Umstand zum Handeln veranlafst und verharren darin ebenso fieberhaft, wie die sensitifs.\n4.\tBei den temp\u00e9r\u00e9s ist F\u00fchlen, Denken und Handeln im Gleichgewicht.\nEndlich sind noch die partiellen Charaktere zu erw\u00e4hnen. W\u00e4hrend","page":405},{"file":"p0406.txt","language":"de","ocr_de":"406\nLitteratiirbericht.\ndie vollst\u00e4ndigen Charaktere durch und durch Sensibil\u00e4t oder Aktivit\u00e4t oder Apathie sind, giebt es f\u00fcr den. partiellen Charakter nur einen einzigen Punkt, an welchem die Reaktion energisch, unver\u00e4nderlich und konstant ist. Im \u00fcbrigen denkt und handelt er wie jedermann.\n1.\tDie einfachsten partiellen Charaktere resultieren aus intellektuellen Dispositionen. So kann z. B. eine angeborene Geschicklichkeit f\u00fcr Mathematik, Mechanik, Musik, Malerei allm\u00e4hlich zum Kennzeichen des ganzen Individuums werden.\n2.\tDie partiellen Charaktere mit affektiver Form bestehen in der ausschliefslichen Herrschaft einer Leidenschaft (sexuelle Liebe, Spiel, Geiz u. s. w.). Alles, was sie erweckt, erregt eine energische und identische Reaktion. Aufserhalb derselben herrscht Indifferenz.\nDer wahre Charakter ver\u00e4ndert sich nicht.\nGiessler (Erfurt).\nJ. M. Cattei.l. Aufmerksamkeit und Reaktion. PMlos. Stud. VIII. 3. S. 403\u2014406. (1892.)\nW\u00e4hrend man bisher immer gefunden hat, dafs die muskul\u00e4ren Reaktionen durchschnittlich eine merklich k\u00fcrzere Zeit erfordern, als die sensoriellen, hat Catiell konstatiert, dafs seine Reaktionen nicht merklich durch die Richtung der Aufmerksamkeit beeihflufst werden. Diese Thatsache kann weder auf grofse \u00dcbung im Ausf\u00fchren von Reaktionen noch auf theoretische Voreingenommenheit zur\u00fcckgef\u00fchrt werden, da C. noch bei 2 weiteren Versuchspersonen, welche bis dahin noch nichts von dem Unterschiede zwischen muskul\u00e4ren und sensoriellen Reaktionen geh\u00f6rt hatten, dieselbe Thatsache gefunden hat.\nSchumann (G\u00f6ttingen).\nE. B. Tuchener. Zur Chronometrie des Erkennungsaktes. Ph\u00fcos. Stud. VIII, 1, S. 138\u2014144. (1892.)\nVerfasser bestimmte durch Reaktionsversuche die Zeiten, welche zur Erkennung einer Farbe, eines Buchstabens, eines einsilbigen Wortes erforderlich sind, mit einer \u201estrengen Durchf\u00fchrung des zwischen den sogenannten sensoriellen und muskul\u00e4ren Reaktionen, existierenden Unterschiedes\u201c. Es ergab sich bei 3 verschiedenen Versuchspersonen W., M., T.: Unterschied zwischen sensorieller und mus- W. M. T.\nkul\u00e4rer\tReaktion.................... 81,4\ta\t84,4\te\t97 <r\nZeit\tf\u00fcr\tdie\tErkennung\teiner\tFarbe......\t29,5\t\u201e\t30,2\t\u201e\t28,1,,\n\u201e\t\u201e\t\u201e\t\u201e\teines\tBuchstabens\t53,5 \u201e\t52,7\t\u201e\t51,5 \u201e\n\u00bb\t\u201e\t\u201e\t\u201e\t\u201e\tWortes....\t51,8 \u201e\t50,1 \u201e\t45,3 \u201e\nSchumann (G\u00f6ttingen).\nTh. Flournoy. Temps de r\u00e9actions aux impressions auditives. Arch, des Sciences phys. et natur. Bd. 27. S. 575 u. 576. (1892.)\n\u2014 Temps de r\u00e9action simple chez un sujet du type visuel. Ebenda. Bd. 28. S. 319 bis 331. (1892.)\t'\nVerfasser findet, dafs die sogenannte muskul\u00e4re Richtung der Aufmerksamkeit bei einfachen Reaktionen keineswegs immer k\u00fcrzere Zeiten","page":406}],"identifier":"lit15351","issued":"1893","language":"de","pages":"404-406","startpages":"404","title":"Th. Ribot: Sur diverses formes du caract\u00e8re. Revue philosophique, No. 11, Bd. 34, S. 480\u2013500","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:04:06.462559+00:00"}