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{"created":"2022-01-31T17:00:24.674432+00:00","id":"lit15364","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Giessler","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 412-414","fulltext":[{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"412\nLitteraturbericht.\n\u00fcberein, der als Gesetz der Association lediglich die physiologische Thatsache, die Ausbreitung der nerv\u00f6sen Heizung anseh en will. \u2014 Von letzterem Gesichtspunkt geht die Verfasserin des obigen Aufsatzes aus. Sie findet (und das mit Hecht), dafs die teilweise Beibehaltung der alten Klassifikation in die jAMEs\u2019sche Darstellung einen gewissen Zwiespalt bringt, und will daher eine Einteilung geben, die lediglich auf dem Gesetz beruht: Eine fr\u00fcher dagewesene Verbindung zweier Objekte des Bewulstseins kann wieder aktuell werden, sobald das eine gegeben ist; bezw. die Heizung einer Gehirnpartie pflanzt sich zu einer zweiten in einer solchen Richtung fort, in der sie fr\u00fcher einmal ihren- Ablauf genommen. Infolgedessen scheidet Verfasserin zwischen \u00fcbergehender {\u201ed\u00e9sistent\u201c) und beharrender (\u201epersistent\u201c) Association. Jene besteht darin, dafs, wenn die associierte Vorstellung im Bewufstsein auftaucht, die erste associierende schon wieder verschwunden ist, w\u00e4hrend dieselbe in der persistent association gleichzeitig mit den neu hinzutretenden Gebilden bestehen bleibt. (Physiologisch: Die Th\u00e4tigkeit der ersten Gehirnpartie hat aufgeh\u00f6rt bezw. dauert noch, wenn die der zweiten anhebt. (D\u00e9sistent association = Association durch Kontiguit\u00e4t.) Jede dieser Gattungen zerf\u00e4llt wiederum in totale und partielle Association, und als wichtigste Unterabteilung der partiellen persistenten Association wird uns jene bezeichnet, in welcher der beharrende Bestandteil in einer einzigen Eigenschaft besteht (\u201efocalised association\u201c): dies ist n\u00e4mlich die fr\u00fcher sogenannte Association durch \u00c4hnlichkeit.\nOb. nicht bei dieser Einteilung die psychologische Betrachtung unter dem \u00dcberwiegen des physiologischen Gesichtspunktes \u00e4hnlich leidet, wie einst unter dem des logischen ? Liegt das unterscheidende Merkmal zwischen den Hauptformen der Association thats\u00e4chlich in dem Verschwinden bezw. teilweisen oder v\u00f6lligen Beharr\u00ebn des ersten Gliedes? Solche F\u00e4lle sind kaum denkbar, wo, sobald die zweite Vorstellung associiert ist, die erste wirklich nicht mehr im Bewufstsein existiert. Vielmehr kommt es bei gleichzeitiger Existenz beider vor allem darauf an, ob das beharrende oder das neu hinzu tretende Element die Aufmerksamkeit auf sich lenkt, also im Vordergr\u00fcnde des Be-wufstseins steht; im ersteren Falle haben wir es dann im allgemeinen mit sogenannter \u00c4hnlichkeits-, im letzteren mit Kontiguit\u00e4ts-Association zu thun. \u2014 Vielleicht h\u00e4tte die Verfasserin ihre Ansicht etwas modi-ficiert, wenn ihr die oben citierte Arbeit Wundts bekannt gewesen w\u00e4re.\nW. Stern (Berlin).\nWlassak. Zur Psychologie der Landschaft. Vierteljahrsschrift f\u00fcr wissensch.\nPhilosophie. XVI.' S. 333\u2014354. (1892.)\nDie Abhandlung soll ein Versuch sein, \u201edie Deutlichkeit des Inhalts der Landschaftsempfindung zu gewinnen, eine Reaktion gegen das R\u00e4tselhafte in ihr\u201c.\t,\nDie Empfindung der Landschaft ist, wenn man sie . \u201emit reinem Sinne\u201c betrachtet, Empfindung der Umgebung im eigentlichen Sinne. Wir kn\u00fcpfen nicht an jeden Bestandteil einen bestimmten Gedanken und ein bestimmtes Wollen.","page":412},{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n413\nDiese Art der Landschaftsempfindung als Umgehung im eigentlichen Sinne unterscheidet\tsich von Eindr\u00fccken\t\u00e4hnlicher Art, z. B. von\tder\nBetrachtung\teines\tBildes menschlicher\tHandlungen\toder von\tder\nSchilderung menschlichen Thuns in Worten, weil in diesen F\u00e4llen \u201edem Eindruck, den dies alles erregt, -ein ganz bestimmter Punkt in der Linie unseres vergangenen und zuk\u00fcnftigen Lehens zukommt\u201c.\nZweitens unterscheidet sich die Landschaft als Umgebung von dem, was t\u00e4glich und st\u00fcndlich uns umgiebt, dadurch, dafs die Landschaft von uns unabh\u00e4ngig, dagegen unsere unmittelbare Umgebung von uns in gewissem\tSinne\tabh\u00e4ngig ist. Das\tgegenseitige\tVerh\u00e4ltnis\tvon\nVordergrund\tund Hintergrund ist wichtig f\u00fcr den\tCharakter\tder\nLandschaft.\nIn der freien Natur kommen alle Associationen, welche den Sinnesempfindungen vom Tage vorher anhaften, nicht zum Vorschein. Dadurch wird das schrankenlose \u201eAusweiten\u201c des Blickes \u00fcber den gegebenen Horizont hinaus m\u00f6glich. Die eigenartige Gewalt der Landschaftsempfindung wird also nicht durch Associationen hervorgerufen, sondern durch das Freiwerden von Kr\u00e4ften, welche mit dem Leben im tiefsten Zusammenh\u00e4ngen. Unsere Empfindung ist jedesmal dann eine deutliche und kr\u00e4ftige, wenn uns die Natur um uns herum gleichsinnig mit allem Leben, das uns umgiebt, erregt. (Fr\u00fchlingsstimmung, winterliche Stimmung.)\nDie Landschaftsempfindung ist das Zusammenfassen aller durch die Sinne gegebenen Eindr\u00fccke unter dem Banne von Faktoren, welche in uns selbst liegen. Auf Grund des Hineintragens der eben bestehenden psychischen Konstellation des Beschauers in das Bild vollzieht sich eine Auslese gewisser Teile. Zweitens ist von Wichtigkeit das Suchen nach einem' bestimmten Endgliede im Procefs der Landschaftsempfindung. Dieses Endglied enth\u00e4lt meist eine n\u00e4here oder entferntere Beziehung zu dem Willensleben des Beschauers. Nicht immer ist diese Beziehung so offenkundig. Ein h\u00e4ufig zur Beobachtung kommendes Endglied ist die Idee des allgemeinen Ineinanderwirkens der Kr\u00e4fte der Natur.\nDie Auslese gewisser Teile und das Suchen nach einem bestimmten Endgliede sind zwei Phasen in der individuellen Ausgestaltung der Landschaftsempfindung.\n\u201eNur mit dem physiologischen Wissen k\u00fcnftiger Zeiten ausger\u00fcstet, welches die Bolle der Farben, Helligkeiten, B\u00e4ume, T\u00f6ne, die unser psychisches Leben ausmachen, im Gesamtorganismus kennen lehrte, w\u00e4ren wir im st\u00e4nde, unsere Frage ersch\u00f6pfend zu behandeln.\u201c\nEs ist kein Zweifel, dafs der Verfasser in der vorliegenden Arbeit die f\u00fcr das behandelte Thema wichtigsten Momente getroffen- hat. Jedoch h\u00e4tte die Sache noch etwas genauer behandelt werden k\u00f6nnen, auch ohne die physiologischen Errungenschaften k\u00fcnftiger Zeilen. Interessant w\u00e4re es gewesen, etwas zu erfahren , \u00fcber die Ver\u00e4nderung der Landschaftsempfindung, wenn man die Landschaft nicht \u201emit reinem Sinne\u201c betrachtet, nicht mit vollster Hingabe, sondern etwa zugleich mit kritischem Auge, wenn z. B. der verw\u00f6hnte Tourist die landschaftlichen M\u00e4ngel zugleich mitempfindet, oder wenn der wohlhabende St\u00e4dter auf","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"414\nL\u00fcteraturberich t\ndie wirtschaftlichen Verh\u00e4ltnisse armer Landschaftsbewohner herab-hliekt. Interessant w\u00e4re es auch, zu sehen, wie je nach dem Umfange der \u00fcberblickten Landschaft und je nach der F\u00fclle der Wahrnehmungen ein immer gr\u00f6fserer Bestandteil der gesamten inneren Welt des Beschauers herausgelockt, ein immer rascheres und intensiveres Arbeiten der psychischen Funktionen angeregt wird. Endlich w\u00fcrde es sich fragen, in welcher Weise und wieweit heim wiederholten Beschauen derselben Landschaft das [R\u00e4tselhafte verschwindet.\nGiessleb, (Erfurt).\nWilliam James. Thought before language: a deaf-mutes recollections.\nPhilosophical Review, Bd. 1 6. S. 613\u2014624. (1892.)\nVerfasser ver\u00f6ffentlicht ein sehr beachtenswertes Selbstbekenntnis eines taubstummen Zeichenlehrers aus Kalifornien, Mr. Th. d\u2019Estrella, \u00fcber die Entwickelung seines Vorstellungslebens, bevor er die Zeichensprache verstand. Es zeigt . sich, dafs die M\u00f6glichkeit zur Bildung abstrakter Gedanken ihm zu Gebote stand, ehe er die M\u00f6glichkeit kannte, sich anderen verst\u00e4ndlich zu machen. Das Erscheinen und Verschwinden des Sonn\u00e8nballes war ihm zuerst r\u00e4tselhaft. Der Anblick des Ballspiels f\u00fchrte ihn zu der Erkl\u00e4rung, dafs ein sehr starker Mann hinter den H\u00fcgeln jeden Morgen einen Feuerball hoch in den Himmel schleudere und abends wieder auffange. Die Existenz eines m\u00e4chtigen Wesens aufser ihm begann f\u00fcr ihn eine grofse Bolle zu spielen. Die Wolken hielt er f\u00fcr den Dampf aus der Tabakspfeife jenes Wesens, den Nebel f\u00fcr den Atem des Gottes an einem kalten Morgen. Die weiteren interessanten Urteilsbildungen sind im Original nachzulesen. Er beging anfangs zahlreiche Diebst\u00e4hle, zur Ehrbarkeit wurde er jedoch nicht durch die Lehren anderer, nicht durch die Entdeckung der Handlung und Bestrafung gef\u00fchrt, sondern durch die Gr\u00f6fse seiner Schuld. Er stahl einmal so viel, dafs ihm die B\u00fcrde zu schwer wurde. Was ein unmoralisches Individuum in der Neigung best\u00e4rkt h\u00e4tte, verursachte hier die B\u00fcckkehr zur Ehrbarkeit.\tPlaczek (Berlin),\nChe. Wiener. Die Freiheit des Willens. Festrede zum Direktoratswechsel der technischen Hochschule zu Karlsruhe. Karlsruhe, Braun-sche Hofbuchdruckerei, 1891. 24 S;\n\u00dcber Freiheit des Willens liest man schwerlich noch, um sich zu belehren, sondern um die \u00fcberall zug\u00e4ngliche Belehrung vielleicht einmal in einer besonders einfachen oder besonders ansprechenden Form zu haben. Dafs dem Verfasser eine solche za finden gelungen sei, kann man im allgemeinen anerkennen, obwohl er die Sache zuerst etwas zu pedantisch und breit anfafst und daf\u00fcr dann hinterher, bei der Er\u00f6rterung von Verantwortlichkeit, Strafe u. a., etwas abf\u00e4llt.,\nEr will, was im Grunde alle wollen, die die Frage, nicht mit den Interessen der mittelalterlichen Theologie verquicken, wobei ihm allerdings die v\u00f6llige \u00dcbereinstimmung seiner Gedanken mit denen von Hobbes und Spinoza, Priestley und Hume nicht recht zum Bewufstsein kommt. Freiheit im Sinne des Sprachgebrauchs ist nicht Freiheit von Bestimmungs-","page":414}],"identifier":"lit15364","issued":"1893","language":"de","pages":"412-414","startpages":"412","title":"Wlassak: Zur Psychologie der Landschaft. Vierteljahresschr. f. wissensch. Philosophie, XVI, S. 333\u2013354, 1892","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:24.674438+00:00"}