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{"created":"2022-01-31T17:00:25.962986+00:00","id":"lit15368","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 5: 416-418","fulltext":[{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"416\nLi Herat n rherichl.\nA. Freiherr von Schrenck-Notzing. Die Suggestions-Therapie bei krankhaften Erscheinungen des Geschlechtssinnes, mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der kontr\u00e4ren Sexualempfindung. Stuttgart. Ferd. Enke. 1892. 314 S.\nEs ist ein heikles Thema, das von Schbenck hier behandelt, und es will mir oft scheinen, als oh man sich mit den Herren Kontr\u00e4r-Sexualen etwas gar zu viel besch\u00e4ftige und ihnen weit mehr Ehre anthue, als sie verdienen, indem man sie so ohne weiteres in das pathologische Gebiet hin\u00fcbernimmt. Und nun gar erst diese endlosen Krankheitsgeschichten!\nHat es denn wirklich ein Interesse f\u00fcr einen halbwegs vern\u00fcnftigen Menschen, wenn er aus den Selbstbekenntnissen des Herrn von X. oder der Frau Y. erf\u00e4hrt, dafs sie als Kinder onaniert und nachher \u00fcberhaupt keinen Beischlaf mehr aus\u00fcben konnten, oder aber mit ihren Begierden abnorme Bichtungen eingeschlagen, haben? Die Bedenken, die mir schon bei der Lekt\u00fcre des bekannten Buches von Krafft-Ebing, der Psycho-pathia sexualis (7. Auflage!), aufstiegen, sind durch Werke, wie das von Mow, und das vorliegende nicht geringer geworden, obwohl ich gerne zugebe, dafs die Art und Weise, wie von Schrenck seinen Gegenstand behandelt hat, jede Anerkennung verdient, von Schkenck sah sich zur Abfassung seines Werkes veranlafst durch suggestiv-therapeutische Erfolge bei Kontr\u00e4r-Sexualen, und da. sich diese Erfolge mit der Annahme einer angeborenen Abnormit\u00e4t schlecht vereinigen liefsen, war er gen\u00f6tigt, der \u00c4tiologie und Pathogenese der perversen Bichtungen des Sexuallebens \u00fcberhaupt n\u00e4her auf den Grund zu gehen. Er kommt dabei zu dem von Krafft-Ebing abweichenden Schl\u00fcsse, dafs der Erblichkeit wohl ein gewisser Einflufs zukomme, indem sie durch Herabsetzung der normalen Widerstandsf\u00e4higkeit, sowie durch die Erh\u00f6hung der Erregbarkeit eine Pr\u00e4disposition bedinge, die Hauptschuld aber sei in den \u00e4ufseren Einfl\u00fcssen und in der Erziehung zu suchen.\nWenn unter besonderen Verh\u00e4ltnissen ein bestimmter \u00e4ufserer Eindruck mit einer geschlechtlichen Erregung zusammenf\u00e4llt, so k\u00f6nnen sich beide miteinander associieren und sp\u00e4terhin unbewufst wiederkehren, bis sie durch die Macht der Gewohnheit zur unzertrennbaren Zwangsempfindung und Zwangshandlung zusammengesehweifst sind. Der Geschlechtstrieb ist bei seinem Entstehen in ein unbestimmtes Ahnen und Sehnen geh\u00fcllt, wie ein Dr\u00e4ngen, das sich eines bestimmten Zieles nicht bewufst ist. Nach und nach f\u00fchrt der Trieb zu Handlungen, deren Anlage eine angeborene ist, und diese Triebhandlung ist von einem Gef\u00fchle der Wollust begleitet. Bietet sich dem Triebe keine normale Ent\u00e4ufserung, fehlt es an Kenntnis oder an einem entsprechenden Gegenst\u00e4nde, so kann er irre gehen, und es kommt auf diese Weise zur Onanie... Die Handlung ist von einem Wollustgef\u00fchle begleitet, das zur Wiederholung anregt, und bald haben wir die Onanie als Gewohnheit und als Zwang.\nEin anderes Mal ist die erste geschlechtliche Erregung mit einem bestimmten psychischen Vorg\u00e4nge verbunden, z. B. mit. der zuf\u00e4lligen Ber\u00fchrung eines Mannes oder eines Kleidungsst\u00fcckes ; der nach Erf\u00fcllung","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"Litter a tufberich t.\n417\nringende Trieb ist sich alsdann seines Zieles bewufst geworden, wenn auch in unrichtiger Weise, und wir haben es mit Fetischismus zu thun, mit kontr\u00e4rer Sexualempfindung und Zwangshandlungen. In dieser Weise erkl\u00e4rt von Schrenck die Entstehung der sexualen Par\u00e4sthesien \u2014Ideen-ass\u00f6ciationen des \u00f9nbewulsten Triebes mit einer verkehrten Veranlassung. In der Suggestion si\u00e8ht vox Schrenck die erfolgreichste Behandlung dieser Zust\u00e4nde, da auch der Geschlechtstrieb normalerweise unter der Herrschaft der Einbildung stehe. Bei Kindern sei der hypnotische kategorische Imperativ das schnellste und wirksamste Heilmittel, und auch bei Erwachsenen sei die Widerstandslosigkeit in der Hypnose mit der normalen Gl\u00e4ubigkeit zu vergleichen. Die hypnotische Suggestion sei demnach, richtig angewandt, eine endg\u00fcltige Bereicherung unseres Heilschatzes, allerdings unter Einschr\u00e4nkung ihres Wirkungsgebietes,\nDie Resultate, die v. Schrenck in den zahlreichen Beispielen auff\u00fchrt, sind beweisend f\u00fcr die Wirksamkeit der Methode, wenn er sich auch manchmal redlich M\u00fche ' gehen mufs,' um eins seiner auf Abwege geratenen L\u00e4mmer auf die richtige Bahn zur\u00fcckzuf\u00fchren, so dafs man sich wohl die Frage aufwerfen m\u00f6chte, ob es wirklich der M\u00fche wert sei, solche Lumpen, wie z. B. den Helden ' des Falles 63, zu bessern, v. Schrenck Sagt Ja, und das spricht f\u00fcr sein gutes Herz, ich w\u00e4re mehr daf\u00fcr, dafs man solche extrasocialen Elemente ihrem Schicksale \u00fcber-liefse, anstatt sie k\u00fcnstlich fortzuz\u00fcchten. Dies f\u00fchrt uns zu einer anderen Frage.\nGanz unbestreitbar liegt die sexuelle Erziehung sehr im argen, und die Hygiene des Geschlechtstriebes ist so mangelhaft wie nur m\u00f6glich.\n\u00dcberall herrscht die Sucht vor zum Verheimlichen, man liebt es wie der Vogel Straufs, den Kopf, in den Sand zu stecken, und wundert sich, wenn hinterher der allm\u00e4chtige Trieb in seiner Unwissenheit falsche Bahnen einschl\u00e4gt. Dafs es daher weit zweckm\u00e4fsiger w\u00e4re, die Jugend zeitig mit den geschlechtlichen Verh\u00e4ltnissen bekannt zu machen und auf die Gefahren der Verirrungen binzuweisen, k\u00f6nnen wir dem Verfasser zugeben.\t.\nEbenso hat der Arzt unbedingt das Recht, dem Kranken seine Ansicht zu sagen, dafs z. B. unter zwei \u00dcbeln der heterosexuelle Verkehr das kleinste sei,, ob es aber Sache des Arztes sei, seinen Patienten die Wege zum Beischlafe zu ebnen oder ihm gar die Ehe als Heilmittel anzuempfehlen, das glaube ich nicht.\nv. Schrenck freut sich, wenn seine Sch\u00fctzlinge es zu einem \u201etadellosen Coitus\u201c gebracht haben, und er vers\u00e4umt nicht, diesen erfreulichen Vorfall in die Krankengeschichte einzutragen, f\u00fcr notwendig, oder besonders geschmackvoll halte ich es nicht.\nIn der Beurteilung der vielberufenen griechischen Knabenliebe neigt v. Schrenck, der gew\u00f6hnlichen Anschauungsweise entgegen, zu der Annahme, dafs es sich nicht durchweg um Knabensch\u00e4ndung handle, zum mindesten sei dies in der Bl\u00fctezeit Griechenlands nicht der Fall gewesen. Die ganze griechische Litteratur gebe ein beredetes Zeugnis daf\u00fcr ab, dafs zu den Zeiten sittlicher H\u00f6he die unreine Knabenliebe f\u00fcr einen Schimpf gegolten habe. Zu Zeiten des Verfalles boten nerv\u00f6se\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie V.\t27","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418\nLitteraturbericht.\nBelastung und zunehmende Entartung bei Griechen und R\u00f6mern der Ausbreitung der Unsittlichkeit in jeder Form den breitesten Boden. Der mafslosen Begier gen\u00fcgte die nat\u00fcrliche Befriedigung nicht mehr, und man ging, zur unnat\u00fcrlichen \u00fcber, behielt aber anfangs noch die Frauen bei und ging erst sp\u00e4ter, auf dem absch\u00fcssigen Wege weiter vorschreitend, zu den Knaben \u00fcber, deren unreife Formen an die der Frauen erinnerten.\nAus gleichem Grunde entmannte man sie, und der Ausdruck: Eunuche bezeichnet^ anfangs weiter nichts als eine Person, die sich zu Ehren eines Gottes im Tempel preisgab. So waren die Priester der Oybele Eunuchen, aber keine Kastrierten.\nSo f\u00fchrte die z\u00fcgellose Wollust zur P\u00e4derastie und diese zur Kastration, zur Entartung des Individuums.\nWie schon erw\u00e4hnt, sind die vom Verfasser erreichten Resultate recht erfreulich, bei einer Menge von Patienten erzielte er v\u00f6llige Genesung, bei anderen wesentliche Besserung, und selbst in den schwersten F\u00e4llen gelang die Beseitigung onanistischer Neigungen und der geschlechtlichen \u00dcberreizbarkeit, Gr\u00fcnde genug, um dem Heilverfahren eine weitere Verbreitung zu w\u00fcnschen, die es wohl auch finden wird, da dergleichen Werke, wie dies v, Scheenck selber erw\u00e4hnt, haupts\u00e4chlich von den \u2022betreffenden Kranken zur Lekt\u00fcre gew\u00e4hlt werden. Aber auch andere Leute werden den Ausf\u00fchrungen des Verfassers mit Interesse und mit Vorteil folgen.\tPelman.\nJohn Turner. Asymmetrical conditions met with in the faces of the insane, with som\u00e8 remarks on the dissolution of expression. Joum. of Mental Science. Bd. 38. S. 18\u201429 u. 199\u2014211. (1892.)\nVerfasser untersuchte 1. die Ungleichheit der Pupillen. Ausgeschlossen wurde deren Kombination mit Reflex- und Accommodations-st\u00f6rung. Ervfand Pupillenungleichheit bei lk aller neu aufgenommenen Geisteskranken; weit h\u00e4ufiger war sie bei den chronischen F\u00e4llen, am gew\u00f6hnlichsten bei Paralyse. Welche Gehirnh\u00e4lfte die Differenz bedingt, l\u00e4fst sich schwer entscheiden, noch unbestimmter ist die genauere topische Lokalisation. (Reche betont in Deutsch, med. Wochenschr., 30. M\u00e4rz 1893, dafs der Anisokorie im allgemeinen keine Bedeutung beizulegen sei. Ref.)\n2.\tDeviation der Zunge fand sich in 24% der neu aufgenommenen Psychosen, 38 mal nach R., 43 mal nach L. Man mufs auf irgend eine St\u00f6rung der die Zungenmuskulatur beherrschenden Centra schliefsen.\n3.\tAsymmetrien der Gesichtsmuskulatur. H\u00e4ufigere Differenz in deren unterer H\u00e4lfte bei kongenital Schwachsinnigen (gr\u00f6fsere Tier\u00e4hnlichkeit), bei den anderen Psychosen h\u00e4ufiger in der oberen Gesichtsh\u00e4lfte (Hirn, Augenlider).\nEine Reihe trefflicher Photographien erl\u00e4utern die interessanten Ausf\u00fchrungen des Autors. Des n\u00e4heren auf dieselben einzugehen, verbietet der enge Rahmen des Referates.\tPlaczek (Berlin).","page":418}],"identifier":"lit15368","issued":"1893","language":"de","pages":"416-418","startpages":"416","title":"A. Freiherr v. Schrenck-Notzing: Die Suggestions-Therapie bei krankhaften Erscheinungen des Geschlechtssinnes, mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der kontr\u00e4ren Sexualempfindung. Stuttgart, Ferd. Enke 1892","type":"Journal Article","volume":"5"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:25.962991+00:00"}