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{"created":"2022-01-31T17:01:18.183137+00:00","id":"lit15391","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Stern, L. William","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 7: 65-66","fulltext":[{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturbericht.\n65\nplastische als elastische Natur der Nerven- und Gehirnsubstanz zur\u00fcck. Die psychologische Seite des Ged\u00e4chtnisses ist hier fast gar nicht-ber\u00fccksichtigt, wie sie \u00fcberhaupt in der Abhandlung viel zu kurz kommt So soll der Hinweis auf den anatomischen Zusammenhang aller Nervenzellen und auf das G'esetz der Erhaltung der Kraft ausreichen, um die Association der Vorstellungen nach Koexistenz und Succession zu erkl\u00e4ren. Ebenso wird das Wiedererkennen nicht psychologisch etwa durch einen Akt des Vergleichens und mit Zuh\u00fclfenahme der Identit\u00e4t des Selbst-bewufstseins, sondern durch das Zur\u00fcckbleiben einer materiellen Spur und die daraus folgende geringere Anstrengung im Vergleich mit gleichzeitigen neuen Empfindungen erkl\u00e4rt. \u2014 Die Anzahl der Wiederholungen aber sei an den associierten, zu einer Zeit nicht vereinbarenden Nebenvorstellungen zu erkennen, w\u00e4hrend die Lokalisierung des ersten Eindruckes durch die astronomische Zeit und den Grad der Verdunkelung der Vorstellung infolge der mittelbaren und unmittelbaren Verbindung mit immer neuen Neben Vorstellungen erm\u00f6glicht sei. \u2014 Das Sichbesinnen bezeichnet Verfasser als ein unvollkommenes Ged\u00e4chtnis.\nIn dem Kapitel \u00fcber die Physiologie des Ged\u00e4chtnisses unterscheidet Verfasser zwischen aktiver und passiver Aufmerksamkeit, je nachdem das Bewufstsein des Bandes zwischen den einzelnen Vorstellungen vorhanden ist oder fehlt. Letztere findet sich namentlich in der Jugend, nimmt mit der Plasticit\u00e4t der Zellen immer mehr dann ab. \u2014 Die Erblichkeit des Ged\u00e4chtnisses wird als wahrscheinlich hingestellt.\nDie Krankheiten des Ged\u00e4chtnisses teilt Verfasser nach Ribot in Amnesie und Hypermnesie ein. Sie sind bedingt durch physiologische, resp. psychologische Vorg\u00e4nge, welche der Wirksamkeit der Spuren f\u00f6rderlich oder hinderlich sind. Ein Verschwinden der Spuren dagegen sei unwahrscheinlich.\nDie Vorschriften f\u00fcr die Hygiene des Ged\u00e4chtnisses werden aus der Theorie der trace-disposition abgeleitet: 1. Der erste Eindruck mufs bei der gr\u00f6fsten Energie des Organismus aufgenommen werden (z. B. in Morgenstunden). 2. Die peripherische Aufmerksamkeit mufs m\u00f6glichst angestrengt sein, d. h. dem eigentlich th\u00e4tigen Sinnesorgan mufs alle m\u00f6gliche Kraft zugef\u00fchrt, und alle anderen m\u00fcssen m\u00f6glichst aufser Th\u00e4tigkeit gesetzt werden (H\u00f6ren bei verschlossenen Augen). 3. Ganz besonders aber mufs die centrale Aufmerksamkeit beim Entstehen des Gehirneindruckes eine recht intensive sein. Schliefslich ist auch die individuelle Anlage f\u00fcr bestimmte Arten von Eindr\u00fccken hier nicht aufser acht zu lassen. Der Tonk\u00fcnstler z. B. wird alle Eindr\u00fccke mit dem Geh\u00f6rsinn m\u00f6glichst in Verbindung bringen.\nA. Wbeschner (Berlin).\nOswald K\u00fclpe. Das Ich und die Aufsenwelt. Philos. Studien. Bd. VII.\nHeft 3. S. 394\u2014413, und Bd. VIII. Heft 2. S. 311-341. (1892.)\nDer Inhalt der Abhandlung deckt sich fast v\u00f6llig mit Wundts bekannter Theorie vom Vorstellungsobjekt. Das urspr\u00fcnglich Gegebene ist nicht die Vorstellung und nicht das Objekt, sondern das naive Erlebnis. Die Scheidung desselben in einen subjektiven und einen objek-\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VII.\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nLitteraturbericht.\ntiven Bestandteil ist erst das Ergebnis abstrahierender Reflexion; jene Bestandteile selbst sind nicht einmal konstant in ihrem subjektiven, bezw. objektiven Charakter, sondern h\u00f6chst fluktuierend. Sind gewisse Merkmale vorhanden, so kann die Reflexion dazu f\u00fchren, das Vorstellungsobjekt \u201ein mir\u201c zu lokalisieren; treten andere Merkmale auf, so kann sie ihm \u201eaufser mir\u201c seinen Platz anweisen. Beide Merkmalsgruppen schliefsen sich nicht aus; sie k\u00f6nnen vielmehr in mehrfacher Weise so kombiniert werden, dafs dasselbe Erlebnis zugleich von jenem Standpunkte subjektiv und von diesem objektiv sich darstellt. So sind hier die Schwierigkeiten \u00fcberwunden, welche alle anderen (in dem ersten Artikel gut klassificierten und charakterisierten) erkennis-theoretischen Ansichten vergebens bek\u00e4mpften. Solcher Ansichten giebt es nach K. zwei Arten: die sog. materialen, welche an die Stelle der Erlebnisse von vornherein eine Doppelreihe, eine physische und eine psychische, setzen, und die sog. formalen, welche eine der r\u00e4umlichen Bestimmungen (des \u201ein mir\u201c, bezw. des \u201eaufser mir\u201c) ganz verwerfen oder zur teilweisen Deckung bringen. Seinen eigenen Standpunkt bezeichnet K. als den kritischen.\tW. Steen (Berlin).\nJ. Mark Baldwin. Internal Speech and Song. Phil. Ilev., Vol. II. S. 385 \u2014407 (1893).\nDer Autor bespricht zun\u00e4chst einige F\u00e4lle von Aphasie (im weitesten Sinne des Wortes) mit besonderer Ber\u00fccksichtigung der seiner Zeit von Ribot hervorgehobenen Typen: Gesichts-, Geh\u00f6rs- und Bewegungstypus. Auf Grund dieses Materials entscheidet er die Frage, ob wir bei der Wortvorstellung Sprachbewegungen associieren m\u00fcssen, dahin, dafs dies ganz von dem Typus abh\u00e4nge, dem das vorstellende Individuum angeh\u00f6rt (390), eine Annahme, die heute wohl ziemlich allgemein geteilt werden wird. Baldwin f\u00fcgt hinzu, dafs die Thatsache, ob und welche Bewegungsvorstellungen einbezogen werden, von der Richtung der Aufmerksamkeit abh\u00e4nge (390). Es entsteht nun die Frage, warum unsere Aufmerksamkeit gerade in eine bestimmte Richtung gelenkt wird ; geschieht dies, weil diese Richtung durch \u00dcbung gest\u00e4rkt wurde, oder weil das Ged\u00e4chtnis f\u00fcr dieselbe eben schon st\u00e4rker war? Man k\u00f6nnte fast fragen, wird eine bestimmte Aufmerksamkeit \u201eerworben\u201c oder ist sie \u201eangeboren\u201c, wird sie von innen oder von aufsen gest\u00e4rkt? St\u00e4rkt die Empfindung die Aufmerksamkeit oder die Aufmerksamkeit die Empfindung? Baldwin entscheidet: wahrscheinlich ist beides der Fall (391). \u201eGr\u00f6fsere Intensit\u00e4t der Empfindung erh\u00f6ht die Aufmerksamkeit, und die Aufmerksamkeit verst\u00e4rkt die Intensit\u00e4t der Empfindung.\u201c Der Autor selbst bezeichnet diesen Procefs als Zirkelschlufs. Jede Empfindung \u00e4ufsert sich in den Muskeln, und diese muskul\u00e4re Resonanz wirkt wieder auf die Empfindungselemente ein (392). Die notwendige Begleiterscheinung der Aufmerksamkeit seien motorische Innervationen, und die reflektive Aufmerksamkeit, die auf eine erh\u00f6hte Intensit\u00e4t sensorischer Erregung folgt, ist nur der Nachklang wiederauflebender motorischer Associationen, w\u00e4hrend die erh\u00f6hte Intensit\u00e4t, welche der Aufmerksamkeit folgt, wieder der Nachklang wiederauflebender sen-","page":66}],"identifier":"lit15391","issued":"1894","language":"de","pages":"65-66","startpages":"65","title":"Oswald K\u00fclpe: Das Ich und die Au\u00dfenwelt. Philos. Studien, Bd. 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