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{"created":"2022-01-31T17:03:21.589364+00:00","id":"lit15460","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Schaefer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 6: 248-250","fulltext":[{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248\nLitter aturbericht.\npsychischen Lehens d\u00fcrfte es angebracht sein, auf den vorliegenden Aufsatz aufmerksam zu machen, weil durch den von Windscheid dargestellten Fall die Frage der g\u00fcnstigsten Resorptionsverh\u00e4ltnisse des Magens in einem Sinne beantwortet wird, der den bisherigen Voraussetzungen (Kr\u00e4peein, M\u00fcnsterberg) direkt zuwiderl\u00e4uft. Es blieb n\u00e4mlich bei einem vollkommen gesunden, durchaus normalen jungen Manne von 28 Jahren eine enorme Dosis von Extractum Cannabis indic\u00e4e (\u201eHaschisch\u201c), zwischen 4 und 6 TJhr nachmittags in verschiedenen' Dosen in den n\u00fcchternen Magen aufgenommen his 'A9 Uhr abends v\u00f6llig wirkungslos, w\u00e4hrend zu der genannten Zeit, unmittelbar nach dem Gen\u00fcsse des Abendessens, (also rund nach etwa vier Stunden) ein m\u00e4chtiger \u201eHaschischrausch\u201c ausbrach, dessen \u201etolles Excitationsstadium\u201c, lVs Stunden mit unverminderter St\u00e4rke anhielt. Sofern man nicht etwa in diesem Falle eine ganz abnorme Magenbeschaffenheit der Versuchsperson annehmen will, d\u00fcrfte diese Erfahrung f\u00fcr das Arbeiten mit toxischen Mitteln zu psychologischen Zwecken vielleicht die jedesmalige Anregung der Verdauungsth\u00e4tigkeit etwa durch eine geringe gleichzeitige Nahrungsaufnahme empfehlen. Mettmann (Leipzig).\nH. Schiess. \u25a0 Kurzer Leitfaden der Refraktions- und Accommodations-Anomalien, eine leicht fafsliche. Anleitung zur Brillenbestimmung f\u00fcr praktische \u00c4rzte und Studierende. Bergmann, Wiesbaden, 1893. 69 S. m. 30 Abbildungen.\nIn \u00fcberaus schlichter, verst\u00e4ndlicher Sprache erkl\u00e4rt Verfasser auf nur 69 Seiten die Linsentheorie, die Accommodation, den Begriff der Sehsch\u00e4rfe, die Refraktions- und Accommodationsfehler des Auges. Dennoch ist das Buch kein kahles Repetitorium, sondern es sucht \u00fcberall das tiefere Verst\u00e4ndnis zu wecken, die streitigen Gebiete zu erschliefsen, vielleicht gar hie und da einen Parteistandpunkt zu vertreten, was jedoch (wenigstens nach Ansicht des Referenten) in einem sonst guten Buche nichts schadet. Bekanntlich ist das Verst\u00e4ndnis dieses Fachzweiges bei der Mehrzahl der \u00c4rzte noch immer mangelhaft, und es steht einem solchen Buche ein weites Feld offen.\tC. du Bois-Retmond.\nW. Wundt. Ist der H\u00f6rnerv direkt durch Tonschwingungen erregbar?\nPhilos, Stud. 1893. Bd. VIII. S. 641-652.\nWundt sagt sich von dem \u201eDogma\u201c der specifischen Energie der einzelnen Acusticusfasern los und stellt eine neue Theorie des H\u00f6rens auf. Jeder Ton, den unser Ohr empf\u00e4ngt, kommt hiernach auf einem doppelten Wege ins Centralorgan und damit zum Bewufstsein. Erstens, trifft er, der Resonanzhypothese gem\u00e4fs, auf das CoRTische Organ und wird dort von der auf ihn abgestimmten Faser aufgenommen und weitergeleitet. Zweitens aber gelangt er auch mit Umgehung des CoRTischen Organs auf dem Wege der Knochenleitung direkt zu den in die Spindel der Schnecke eingeschlossenen Endfasern des H\u00f6rnerven, indem die Tonschwingungen Unmittelbar -vorn Knochen auf die Nervenst\u00e4mmchen zur","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"Litter aturb\u00e8ric ht.\n249\nWeiterleitung ins Gehirn \u00fcbertragen werden; und zwar kann dabei jede Faser jeden Ton leiten. Mit dieser Annahme eines zweifachen Weges will Wundt einerseits die Resonanzhypothese als die beste Erkl\u00e4rung der vom Ohr ausge\u00fcbten Klanganalyse erhalten, andererseits eine gewisse Gruppe akustischer Erscheinungen, n\u00e4mlich- die von K\u00f6nig [Po g g endorffs AnnalenCLVII, S. 177] entdeckten St\u00f6fse, Stofst\u00f6ne (und Intermittenzt\u00f6ne) erkl\u00e4ren. Diese St\u00f6fse kommen zu st\u00e4nde, wenn zwei T\u00f6ne von den Schwingungszahlen n bez\u00fcglich hn -f- m zusammen t\u00f6nen.\nn ,\tn\nDie Anzahl der St\u00f6fse ist = \u00bbI. wenn m <\t: dagegen \u2014 n \u2014 m, wenn m >^-.\nTheoretisch liefsen diese St\u00f6fse sich wohl als Schwebungen des h\u00f6heren Tones mit einem Obertone des tieferen auffassen, allein das Experiment zeigt, dafs derartige Obert\u00f6ne durchaus nicht immer im Klange enthalten sind. Folgen die St\u00f6fse gen\u00fcgend schnell aufeinander, so gehen die St\u00f6fse in T\u00f6ne, eben die Stofst\u00f6ne, \u00fcber. Diese Stofst\u00f6ne werden nicht durch Resonatoren verst\u00e4rkt und sind dementsprechend auch nicht nach Art gew\u00f6hnlicher T\u00f6ne objektiv durch pendelf\u00f6rmige Luftschwingungen realisiert, gleichwie sie auch anderer Natur sind, als die Kombinationst\u00f6ne. Intermittenzt\u00f6ne erzeugte K\u00f6nig dadurch, dafs er. einen an sich kontinuierlichen Ton mit periodisch aufeinanderfolgenden, ganz kurzen Unterbrechungen zum Ohr gelangen liefs. Sind die Unterbrechungen hinreichend frequent, so entsteht alsdann ein Ton, dessen Schwingungszahl gleich der Anzahl der Intermittenzen ist. (Man vergleiche hiermit die neue Vokaltheorie Hermanns; Referat dar\u00fcber Bd. II, S. 227 ff.)\nDie St\u00f6fse sind also nicht mit den gew\u00f6hnlichen Schwebungen in eine Kategorie zu stellen und die Stofs- [und Intermittenz]t\u00f6ne sind nicht in der Luft vorhanden, sondern entstehen erst im Ohre. Wie sind also diese Verh\u00e4ltnisse zu( deuten? Hier setzt nun eben des Verfassers Hypothese von der Ung\u00fcltigkeit der specifischen Energie der Acusticus-fasern ein. Er stellt sich vor, dafs die Prim\u00e4rt\u00f6ne durch Knochenleitung zum Acusticusstamm gelangen, von ein und derselben Faser ins C'entral-organ geleitet werden und inzwischen miteinander zur Interferenz kommen, deren Effekt die Wahrnehmung der St\u00f6fse und Stofst\u00f6ne ist. Dieser Gedanke setzt sich aus mehreren Teilhypothesen zusammen. Es sind dies: 1. die Annahme, dafs der Acusticusstamm direkt durch T\u00f6ne erregbar ist. Hier st\u00fczt Wundt sich auf die Beobachtungen Ewalds \u00fcber das H\u00f6ren labyrinthloser Tauben [Bert. Hin. Woehensehr. 1890. No. 32] ; 2. die Annahme, dafs jede Faser verschiedene T\u00f6ne leiten k\u00f6nne. Diese Annahme ist eine reine Fiktion; 3. die Annahme, dafs T\u00f6ne nicht nur in der Luft, sondern -auch noch im Nervensystem interferieren k\u00f6nnen. Als Beleg daf\u00fcr wird angef\u00fchrt, dafs unter gewissen besonderen Umst\u00e4nden Schwebungen auch noch im Oentralorgane zu st\u00e4nde kommen k\u00f6nnten. Dies ist jedoch nichts weniger als ausgemacht;: vielmehr sprechen, wie Referent in dieser Zeitschrift gezeigt zu haben glaubt, wichtige Gr\u00fcnde dagegen ; 4. die Annahme, dafs derartige Interferenzerscheinungen innerhalb der nerv\u00f6sen Leitungsbahnen Tonwahrnehmungen auszul\u00f6sen verm\u00f6gen. Hier verweist W. auf die oben erw\u00e4hnten Untersuchungen, nach denen periodische Unterbrechungen, resp; Verst\u00e4rkungen","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250\nLitteraturbericht.\nmid Schw\u00e4chungen eines Tones zu einer neuen Tonwahrnehmung Anlafs geben. \u2014 Die geistreiche Theorienkomposition des Verfassers l\u00e4fst Eins vermissen; n\u00e4mlich neben der Hypothese, dafs akustische Interferenzerscheinungen im nerv\u00f6sen Apparate m\u00f6glich sind, auch Hypothesen dar\u00fcber, wie ihr Zustandekommen daselbst physiologisch zu denken sei.\nSCHAEFER (Rostock).\nE. Bloch. Das binaurale H\u00f6ren. Zeitschrift f. Ohrenheilk. 1893. Bd. XXIV S. 25-86.\nDie Untersuchung behandelt das binaurale H\u00f6ren von drei Gesichtspunkten aus. Es sind dies die endocephale Lokalisation, die gegenseitige Intensit\u00e4tssteigerung diotisch zugeleiteter Schalleindr\u00fccke und die Beziehung des binauralen H\u00f6rens zur Erkennung der Schallrichtung. Was zun\u00e4chst die endocephale Lokalisation anlangt, so ist das Dahingeh\u00f6rige dem Leser aus den Originalaufs\u00e4tzen des Referenten in dieser Zeitschrift hinreichend bekannt. Eingehendere Besprechung verdient der zweite Punkt.\nZuerst beobachtete Le Roux [Gaz. hebdom, de M\u00e9d. et de Chirurgie, 1875 S. 296), dafs, abgesehen von dem bekannten Lokalisationswechsel, auch die Intensit\u00e4t einer vor einem Ohre aufgestellten Stimmgabel nine \u00c4nderung, und zwar eine auffallende Zunahme erf\u00e4hrt, wenn gleichzeitig eine gleich l\u00e4ute unisone Gabel vor das andere Ohr gehalten wird. . Der Zuwachs betr\u00e4gt scheinbar viel mehr als das Doppelte. Sp\u00e4ter konstatierte Silvanus P. Thompson [Philos. Magazine and Journal of Science, Vol. IV, 1877, S. 274], dafs zwei leicht gegeneinander verstimmte Gabeln, welche einzeln unh\u00f6rbar sind, Schwebungen h\u00f6ren lassen, wenn sie gleichzeitig vor je ein Ohr gehalten werden. Die an sich unh\u00f6rbaren T\u00f6ne heben sich also beim Zusammenwirken gewissermafsen gegenseitig \u00fcber die Schwelle. Sehr eingehende Untersuchungen auf diesem Gebiete lieferte dann Urbantschitsch [Pfl\u00fcgers Arch. Bd. 31, S. 280 ff. und Arch, f. Ohrenheilk. XXXIII, S. 186 ff.]. Er best\u00e4tigte die Versuche von Le Roux als auch dann g\u00fcltig, wenn statt zweier unisoner. Gabeln ein hoher und ein tiefer Ton, oder ein Ton und ein Ger\u00e4usch, oder zwei Ger\u00e4usche gew\u00e4hlt werden. Ein einseitiges, unh\u00f6rbares Uhrticken wird meist h\u00f6rbar, wenn das andere Ohr durch einen Gabelton affiniert wird. Ferner- fand er, dafs Uhrticken binotisch noch h\u00f6rbar ist, wenn die Ohren einzeln es schon, nicht mehr wahrnehmen ; und beobachtete gleich Politzer [Mail\u00e4nder Kongr\u00e9fs 1890], dafs Uhrenticken, wenn es auch bei binotischer Zuleitung unh\u00f6rbar geworden ist, noch dadurch wieder wahrnehmbar gemacht werden kann, dafs man gleichzeitig eine t\u00f6nende Stimmgabel auf die Kopfknochen setzt. Schliefslich hat U. auch noch f\u00fcr andere Sinnesorgane nachgewiesen, dafs die Wahrnehmung eines Reizes durch einen gleichzeitigen Reiz des gleichnamigen Sinnesorganes der. anderen K\u00f6rperseite deutlicher wird. Mit U. ist auch Verfasser nach diesen experimentellen Resultaten der Ansicht, dafs binotische Wahrnehmungen sich gegenseitig verst\u00e4rken, ja sogar \u00fcber die Schwelle heben k\u00f6nnen; es sei wohl anzunehmen, dafs die Erregung eines Sinnescentrums die Erregbarkeit des gleichnamigen Centrums der anderen Seite ..erh\u00f6he. \u2014","page":250}],"identifier":"lit15460","issued":"1894","language":"de","pages":"248-250","startpages":"248","title":"W. Wundt: Ist der H\u00f6rnerv direkt durch Tonschwingungen erregbar? Philos. Stud. 1893, Bd. VIII, S. 641-652","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:03:21.589369+00:00"}