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{"created":"2022-01-31T17:02:32.881816+00:00","id":"lit15468","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"M\u00fcller, G. E.","role":"author"},{"name":"F. Schuman","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 6: 257-339","fulltext":[{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"(Aus dem psychologischen Institut zu G\u00f6ttingen.)\nExperimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\nVon\nG. E. M\u00fcller mul F. Schumann.\n(Schlufs.)\nZweites Kapitel.\nMethodologisches.\n\u00a7 18. Bemerkungen betreffs des VersuchsVerfahrens.\nDem fr\u00fcher (S. 82) Bemerkten gem\u00e4fs stellen wir hier zun\u00e4chst einige Kegeln und Gesichtspunkte zusammen, die uns auf Grund unserer Versuche f\u00fcr k\u00fcnftige Untersuchungen \u00e4hnlicher Art beachtenswert erscheinen, indem wir betreffs der n\u00e4heren Begr\u00fcndung und Durchf\u00fchrung mancher dieser Bemerkungen uns damit begn\u00fcgen, auf unsere betreffenden fr\u00fcheren Ausf\u00fchrungen zu verweisen. Wir halten es nat\u00fcrlich f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig, hier Gesichtspunkte, welche bereits Ebbinghaus klar und treffend hervorgehoben hat, von neuem geltend zu machen, oder Einw\u00e4nde, welche dieser Forscher fast eingehender, als vielleicht n\u00f6tig war, bereits widerlegt hat, von neuem zu widerlegen.\t\u201e\n1. Die Versuche sind, wenn es irgend geht, stets von zwei Personen, von denen die eine als Versuchsperson und die andere als Versuchsleiter fungiert, auszuf\u00fchren. Die naheliegenden Gr\u00fcnde, welche f\u00fcr diese Arbeitsteilung sprechen, sind bereits \u25a0auf S. 96 hinl\u00e4nglich angedeutet. Nur eines ist dem dort Bemerkten noch hinzuzuf\u00fcgen. Wie bereits hervorgehoben, besitzt das Operieren zu zweien auch den Vorzug, dafs die\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\t17","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\n0. JE. M\u00fcller und F. Schumann.\nRichtigkeit des Hergesagten durch, den Versuchsleiter objektiv kontrolliert werden- kann. Man kann nun fragen, inwiefern \u00fcberhaupt eine solche objektive Kontrolle des Hergesagten einen Vorzug bedeute gegen\u00fcber dem von Ebbinghaus angewandten Verfahren, bei welchem eine Silbenreihe dann als richtig hergesagt galt, wenn sie mit dem Bewufstsein der Fehlerlosigkeit hergesagt worden war. Dem gegen\u00fcber ist folgendes zu bemerken. Solange es sich nur darum handelt, die Resultate miteinander zu vergleichen, die mit einer und derselben Versuchsperson f\u00fcr verschiedene Versuchsumst\u00e4nde oder verschiedene Arten von Silbenreihen erhalten worden sind, kann es zweifelhaft erscheinen, ob die objektive Kontrahierung des Hergesagten von Wichtigkeit sei. Anders hingegen steht es, wenn Resultate verglichen werden sollen, die an verschiedenen Versuchspersonen erhalten worden, sind. Beobachtungen, die wir gemacht haben, sowie auch schon Erfahrungen des gew\u00f6hnlichen Lebens zeigen, dafs verschiedene Versuchspersonen mit dem subjektiven Bewufstsein der Fehlerlosigkeit keineswegs immer die gleiche durchschnittliche objektive Richtigkeit des Hergesagten verbinden. Wollte man also auf die objektive Kontrolle des Hergesagten verzichten und nur das Bewufstsein der Fehlerlosigkeit als mafsgebend ansehen, so w\u00fcrde man bei Vergleichung der Werte von w, welche an verschiedenen Versuchspersonen erhalten worden sind, nicht selten Zahlenwerte miteinander vergleichen,. die thats\u00e4chlich etwas ganz Verschiedenes bedeuten.\t-\n2. Die Silben sind in der von uns fr\u00fcher angegebenen Weise mittelst eines geeigneten Rotationsapparates der Versuchsperson suceossiv vorzuf\u00fclirou. Die Gr\u00fcnde, Welche f\u00fcr ein solches Verfahren der Silbenyorf\u00fchrung sprechen, haben \u25a0 wir bereits fr\u00fcher (S. 95 f., 140 f., 160) hinl\u00e4nglich angedeutet.\nDafs der von uns benutzte, auf S. 97 kurz beschriebene Rotationsapparat allen an ihn zu stellenden Anforderungen in vollkommener Weise gen\u00fcge, m\u00f6chten wir nicht behaupten. Ein Mangel desselben ist erstens der Umstand, dafs die Rotationsgeschwindigkeit der Trommel in recht erheblichem Grade von der Temperatur abh\u00e4ngt und nach Eintritt einer anderen Zimmertemperatur erst l\u00e4ngerer Zeit bedarf, um bei sonst unver\u00e4ndert bleibender Verfassung des Apparates (unver\u00e4nderter Stellung der Windfl\u00fcgel, der Prefsfeder u. s. w,) einen konstanten","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 259\nBetrag zu erreichen. Nach kalten Wintern\u00e4chten mufste das Zimmer schon stundenlang vor Beginn der Versuche von uns hinsichtlich seiner Temperatur koiitrolliert werden, damit es uns m\u00f6glich war, hei den Versuchen eine gen\u00fcgend konstante Rotationsgeschwindigkeit zu erzielen. Ein zweiter XJbelstand ist der, dafs bei Benutzung dieses Apparates das Ablesen der hinter dem Ausschnitte des Schirmes sich successiv vorbeibewegenden Silben manchen Personen durch bald eintretenden \u201eSchwindel\u201c oder \u201eAugenflimmern\u201c. gest\u00f6rt oder gar unm\u00f6glich gemacht wird. Wir haben verschiedene opferwillige und sonst sehr geeignete Versuchspersonen nur deshalb nicht , benutzen k\u00f6nnen, weil sie bei jedem Lernversuche mehr oder weniger durch derartige Schwindelerscheinungen gest\u00f6rt wurden. Andere Versuchspersonen allerdings, z. B. wir beide selbst, haben (von Tagen wirklich schlechten Befindens abgesehen) niemals etwas von derartigen Schwindelerscheinungen gesp\u00fcrt. Schon unserer Versuchsperson Dr. Hoffmann kam der Gedanke., dafs sich vielleicht die bei manchen Personen auftretenden Schwindelerscheinungen ganz vermeiden liefsen bei Benutzung eines Apparates mit ruckweiser Bewegung der Trommel, welcher jede Silbe mit einem schnellen Rucke hinter den Ausschnitt des Schirmes bringe imd dort eine konstante!, nat\u00fcrlich nur sehr kurze Zeit verweilen lasse, hierauf mit einem neuen Rucke die Silbe aus dem Gesichtsfelde der Versuchsperson f\u00fchre und an ihrer Stelle die darauffolgende Silbe der Reihe erscheinen lasse. Vielleicht d\u00fcrften bei Benutzung eines nach diesem Prinzipe in geeigneter Weise, erbauten Apparates auch die Scherereien in Wegfall kommen oder wenigstens geringer aus-fallen, welche, wie oben bemerkt, bei Benutzung unseres Apparates aus der Abh\u00e4ngigkeit der Rotationsgeschwindigkeit von der Temperatur entspringen. Da es angezeigt erschien, die f\u00fcr das hiesige psychologische Institut zur Verf\u00fcgung stehenden Mittel zun\u00e4chst zur Ausf\u00fcllung anderer, noch weit empfindlicherer L\u00fccken in dem Best\u00e4nde der. vorhandenen Apparate zu verwenden, so ist dem Projekte der Anschaffung eines Apparates mit ruckweise sich bewegender Trommel nicht n\u00e4her getreten worden.\n3. Die Silbenreihen sind so zu gestalten, dafs sie, abgesehen von den willk\u00fcrlich eingef\u00fchrten Unterschieden, m\u00f6glichst gleichartig sind. Die Richtungen, in denen sich die\n17*","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nzur Herstellung einer solchen Gleichartigkeit bestimmten Mafs-nahmen zu bewegen haben, sind aus demjenigen, was \u00bbwir fr\u00fcher (S. 98 f.) als Vorschriften f\u00fcr den Aufbau normaler Silbenreihen und als Gr\u00fcnde f\u00fcr diese Vorschriften angef\u00fchrt haben, hinl\u00e4nglich zu erkennen.\nVon der Notwendigkeit solcher Schritte, wie wir behufs Erreichung m\u00f6glichster Gleichartigkeit der Silbenreihen unternommen haben, \u00fcberzeugt man sich am besten, wenn man sich in die Lage eines Versuchsleiters hineindenkt, welcher sich zun\u00e4chst vorgenommen hat, beim Aufbau der Silbenreihen, soweit es sich nicht um die Einf\u00fchrung willk\u00fcrlicher Unterschiede handelt, lediglich den Zufall walten zu. lassen, und welcher nun durch den Zufall einmal eine Silbenreihe erhalten hat, die, wie er mit Sicherheit erkennt, infolge der in ihr vorhandenen zahlreichen Erleichterungen (Ankl\u00e4nge an bekannte W\u00f6rter, Allitterationen, Assonanzen u. dergl.1) ganz ungew\u00f6hnlich leicht oder infolge der in ihr verh\u00e4ltnism\u00e4fsig zahlreich vorhandenen besonderen Erschwerungen ganz ungew\u00f6hnlich schwer ist. In solcher Lage wird der betreffende Versuchsleiter sich entweder sagen, dafs er nun leider eine gr\u00f6fsere Anzahl (z. B. 10) Versuchstage blofs dazu brauche, um den dieser ungew\u00f6hnlich leichten oder ungew\u00f6hnlich schweren Eeihe entsprechenden abnorm geringen oder abnorm hohen Wert von w unsch\u00e4dlich zu machen, oder er wird sich dazu entschliefsen, diese Silbenreihe \u00fcberhaupt nicht zuzulassen, und, um den Schein einer willk\u00fcrlichen Beeinflussung der Versuchsresultate zu vermeiden, dazu \u00fcberzugehen, beim Aufbau der Silbenreihen bestimmte, zur Herstellung einer gr\u00f6fseren Gleichartigkeit derselben dienliche Vorschriften zu befolgen \u2014 ganz \u00e4hnlich, wie wir es gethan haben.\nEbbinghaus, welcher bei seinen Versuchen zugleich stets selbst Versuchsperson war, konnte sich vielleicht sagen, dafs es keinen grofsen Unterschied f\u00fcr ihn ausmache, ob er besondere M\u00fche auf die gleichf\u00f6rmige Gestaltung der Silbenreihen verwende und alsdann eine nur geringere Anzahl von Silbenreihen auswendig lerne, oder sich beim Aufbau der\n1 Dem einen von uns beiden spielte einmal der Zufall die beiden Silben sauf doch als Anfangssilben einer Reibe in die H\u00e4nde. Soll man nun eine solche Reihe unver\u00e4ndert lernen lassen?","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 261\nSilbenreihen jeder besonderen M\u00fchewaltung entschlage und daf\u00fcr eine gr\u00f6fsere Anzahl von Silbenreihen erlerne. Ein \u00e4hnlicher Standpunkt ist nat\u00fcrlich nicht mehr m\u00f6glich, wenn es sich darum handelt, Versuchspersonen lernen zu lassen, die sich nur f\u00fcr eine begrenzte, knapp bemessene Zeit zur Verf\u00fcgung gestellt haben, und die man sich in Ermangelung von etwas Besserem doch . nicht entgehen lassen will. Dann kann es nicht heifsen: schlechte Silbenreihen, aber sehr viele Versuchstage, sondern die Losung mufs sein: m\u00f6glichst gute Silbenreihen f\u00fcr die leider nicht sehr zahlreichen Versuchstage.\nHat man mehrere Versuchspersonen zur Verf\u00fcgung, so lohnt sich die M\u00fche, welche die Herstellung gleichartigerer Silbenreihen erfordert, um so mehr, weil die zun\u00e4chst f\u00fcr eine bestimmte Versuchsperson hergestellten Silbenreihen sich ja, sei es in unver\u00e4nderter Gestalt oder nach einer m\u00fchelosen Um\u00e4nderung, auch noch bei anderen Versuchspersonen verwenden lassen. Stehen f\u00fcr die Untersuchung einer bestimmten Frage verschiedene Versuchspersonen zur Verf\u00fcgung, so wird es sich namentlich dann, wenn es sich um eine Frage feinerer Art handelt, nicht empfehlen, von allen diesen Versuchspersonen ganz dieselben Silbenreihen auswendig lernen zu lassen. Denn es ist w\u00fcnschenswert, gleich von vornherein den Verdacht ganz auszuschliefsen, dafs eine Differenz zwischen den einerseits den Vergleichsreihen und andererseits den Hauptreihen entsprechenden Mittelwerten von welche sich in \u00fcbereinstimmender Weise bei allen Versuchspersonen herausgestellt hat, lediglich durch zuf\u00e4llige Verschiedenheiten der Vergleichsreihen und der Hauptreihen, welche bei allen Versuchspersonen sich in gleicher Weise geltend gemacht h\u00e4tten, bedingt sei.1 Es ist indessen in der Hegel eine Kleinigkeit, die Vergleichsreihen einer Versuchsreihe in Hauptreihen zu verwandeln, und umgekehrt. Und h\u00e4ufig lassen sich die Silbenreihen, die f\u00fcr eine bestimmte Untersuchung gebildet worden sind, ohne weiteres oder mit H\u00fclfe einer leichten Ab\u00e4nderung oder Erg\u00e4nzung, welche ihrer Normalit\u00e4t nicht den geringsten Abbruch thut, auch noch bei Untersuchungen ganz anderer Art verwenden.\n1 Eventuell ist dieser Verdacht durch eine ins einzelne gehende, nachtr\u00e4gliche Untersuchung ausdr\u00fccklich auszuschliefsen. Man vergleiche hierzu die Darlegungen von \u00a7 32.","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\tCr. JE. M\u00fcller und F. Schumann.\nGegenw\u00e4rtig finden Silbenreihen, welche wir bei diesen unseren Untersuchungen gebildet haben, mit gro\u00dfem Vorteile sogar bei Ged\u00e4chtnisversuchen Anwendung, welche nach einem ganz anderen Verfahren, als dem EbbinghausscIien Ersparnisverfahren, angestellt werden.\nNat\u00fcrlich bleiben auch bei unserer Art des Aufbaues der Silbenreihen noch erhebliche Ungleichf\u00f6rmigkeiten einzelner Eeihen \u00fcbrig. \u00dcber die Eichtungen, in denen man etwa Vorgehen kann, um die von uns beim Aufbau der Silbenreihen getroffenen Mafsregeln noch zu erg\u00e4nzen oder durch andere, noch bessere Mafsnahmen zu ersetzen, lassen wir uns hier nicht aus, teils der Raumersparnis halber, teils deshalb, weil alle derartige Dinge erst hinsichtlich ihrer praktischen Durchf\u00fchrbarkeit ausprobiert sein wollen und es vor einer solchen praktischen Erprobung nicht viel Zweck hat, weitere Worte \u00fcber dieselben zu machen. Wie man sich bei der Auswahl der Konsonanten und Vokallaute, die beim Auf baue der Silben zu verwenden sind, zu verhalten habe, welche Silben man als besonders schwer aussprechbar \u00fcberhaupt ganz auszuschliefsen habe, f\u00fcr diese und andere \u00e4hnliche Punkte lassen sich \u00fcberhaupt keine allgemeine Vorschriften aufstellen. Dies alles richtet sich nach der Nation, dem Stamme, ja sogar nach der Individualit\u00e4t der Versuchsperson. Endlich versteht sich von selbst, dafs die Vorschriften, die wir beim Aufbau unserer 12silbigen normalen Silbenreihen befolgt haben, gewisse Modifikationen zu erfahren haben, wenn man zur Benutzung von Eeihen \u00fcbergeht, welche mehr als 12 Silben umfassen.\n' 4. Nicht unwichtig ist die Bemessung der Buhepausen, die zwischen die in einer und derselben Sitzung zu erlernenden einzelnen Silbenreihen fallen. Bei Ebbinghaus (a. a. O. S. 34) betrug diese Pause stets nur 15 Sekunden. Will man feststellen, welcher Art der Einflu\u00df der Zeitlage bei einer bestimmten B\u00e4nge dieser. Euhepausen ist, oder will man gar die Abh\u00e4ngigkeit untersuchen, in welcher der Einflufs der Zeitlage zur L\u00e4nge der Zwischenpausen steht, so haben nat\u00fcrlich alle L\u00e4ngenwerte der Zwischenpause sozusagen die gleiche Berechtigung. Anders steht es, wenn ein solches speeielles Interesse, an dem Einfl\u00fcsse der Zeitlage nicht in Frage kommt. Alsdann hat man danach zu streben, dafs die Werte von w, welche f\u00fcr bestimmte Versuchsumst\u00e4nde oder f\u00fcr eine bestimmte","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 263\nArt von Silbenreihen erhalten werden, sich m\u00f6glichst nur um einen Hauptwert herumscharen, und dafs vor allem die mifs-lichen \u00fcberhohen Werte von ><\u25a0, welche bei grofser Abspannung der Versuchsperson leicht Vorkommen, m\u00f6glichst vermieden werden. Man mufs also dann den Einflufs der Zeitlage m\u00f6glichst zu verringern suchen und die Zwischenpausen so bemessen, dafs h\u00f6here Grade der Erm\u00fcdung der Versuchsperson nicht Vorkommen. Da, wie wir schon fr\u00fcher bemerkt haben, der subjektive Eindruck der Versuchsperson, zum Lernen einer neuen Reihe bereits wieder v\u00f6llig frisch zu sein, tr\u00fcgerisch ist, und es wichtig ist, den an verschiedenen Versuchspersonen zu erhaltenden Resultaten eine m\u00f6glichst grofse Vergleichbarkeit zu sichern, so wird es das beste sein, die Zwischenpausen in \u00e4hnlicher Weise, wie wir es gethan haben (vergl. S. 115), nach bestimmten, f\u00fcr alle Versuchspersonen gleichf\u00f6rmig g\u00fcltigen Regeln objektiv zu regulieren. Hierbei wird, es sich nach unseren Versuchsresultaten empfehlen, die Pausen ein wenig l\u00e4nger zu nehmen, als wir sie f\u00fcr die verschiedenen F\u00e4lle festgesetzt hatten.\nF\u00fcr die Bemessung der Zwischenpausen kommt \u00fcbrigens auch noch der Umstand in Betracht, dafs jede Zwischenpause unbedingt mindestens so lang sein mufs, dafs der Versuchsleiter alles, was er w\u00e4hrend der Erlernung der soeben vorgenommenen Silbenreihe an der Versuchsperson beobachtet oder letztere etwa selbst an sich wahrgenommen hat, vollst\u00e4ndig zu Protokoll bringen kann, dafs er ferner w\u00e4hrend der Zwischenpause den Apparat kontrollieren, eventuell einen neuen mit Silben beschriebenen Bogen auf die Trommel aufziehen kann, u. dergl. m. Schon diese Obliegenheiten des Versuchsleiters schliefsen so kurze Zwischenpausen, wie Ebbinghaus benutzt hat,> v\u00f6llig aus.\nDafs in den Zwischenpausen, ebenso wie unmittelbar vor Beginn einer Sitzung, alles zu unterlassen ist, wras das Denken der Versuchsperson anregen oder das Gem\u00fct derselben affinieren k\u00f6nnte, braucht nicht erst bemerkt zu'werden. Die schlimmste St\u00f6rung, die das Lernen einer Siibenreihe erfahren kann, ist die St\u00f6rung durch Gedanken, die man unmittelbar vor d\u00e9ni Lernen verfolgt, aber nicht zu Ende gef\u00fchrt hat, und die nun beim Lernen fortw\u00e4hrend das Bewufstsein bedr\u00e4ngen, oder die St\u00f6rung durch eine Gem\u00fctserregung, die man \u00fcber ein erst unmittelbar vor dem Lernen eingetretenes oder zur Kenntnis gelangtes Ereignis empfindet.","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\tG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\n5. Endlich noch einige Worte \u00fcber die Versuchspersonen. Verschiedene Umst\u00e4nde haben bewirkt, dafs die Zahl der von uns benutzten Versuchspersonen und angestellten Versuchsreihen weit hinter unseren W\u00fcnschen zur\u00fcckgeblieben ist. In erster Linie steht der Umstand, dafs Ged\u00e4chtnisversuche, wie wir sie angestellt haben, den Versuchspersonen ein Mafs von Geduld und ein Opfer an Zeit und Freiheit in der Lebensweise auferlegen, welches zu bringen durchaus nicht jedermanns Sache ist.1 Hierzu kommen dann noch eine Reihe anderer Umst\u00e4nde, welche bewirkten, dafs auch solche Individuen, welche die erforderliche Opferwilligkeit besafsen, f\u00fcr uns gar nicht oder wenigstens nicht f\u00fcr gr\u00f6fsere Versuchsreihen benutzbar waren. Hierher geh\u00f6rt vor allem das Auftreten der oben erw\u00e4hnten Schwindelerscheinungen, die durch nichtdeutsehe Herkunft bedingte Unf\u00e4higkeit, unsere Silbenreihen gen\u00fcgend leicht aussprechen zu k\u00f6nnen, Erkrankung u. der gl. m. Selbstverst\u00e4ndlich haben wir ferner trotz der fr\u00fcher (S. 97) erw\u00e4hnten Mafsregeln, welche wir getroffen haben, um uns dagegen zu sch\u00fctzen, dafs die. Versuchsperson sich bei dem Hersagen der Reihe durch gelegentliches Ablesen einer Silbe unterst\u00fctze, zu unseren Versuchen nur solche Personen herangezogen, bei denen wir volle Zuverl\u00e4ssigkeit und Wahrheitsliebe voraussetzen konnten. Endlich wurde auch im allgemeinen davon Abstand genommen, die gef\u00e4llige Mitwirkung solcher Herren in Anspruch zu nehmen, welche m\u00f6glicherweise von dem einen von uns im Staatsexamen examiniert werden konnten. Bei dieser Sachlage k\u00f6nnen wir einen etwaigen Vorwurf des Lesers, dafs wir diese oder jene Frage noch weit mehr oder mit noch besser eingeschulten Versuchspersonen h\u00e4tten untersuchen sollen, nur mit der Aufforderung erwidern, dafs es uns der Leser nur erst einmal selbst besser vormachen und zeigen m\u00f6ge, dafs es 'ein geringes ist, f\u00fcr Versuche von der Art, wie wir angestellt ' haben, (zumal unter einschr\u00e4nkenden Bedingungen der angef\u00fchrten Art) eine gr\u00f6fsere Anzahl geeigneter Versuchspersonen l\u00e4ngere Zeit zur Verf\u00fcgung zu erhalten.\n3 Auch M\u00fcnsterberg (Beitr. g. exp. Psychol., 4, S. 84), der bei mancher seiner neuen Untersuchungen \u00fcber eine stattliche Reihe von Versuchspersonen verf\u00fcgte, hat Veranlassung gehabt, zu bemerken, dafs das Quantum Geduld, welches Ged\u00e4chtnisversuche von den Versuchspersonen verlangen, nicht jedermanns Sache sei.","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 265\nEs w\u00fcrde auch ein. Irrtum sein, zu meinen, dafs man jede Versuchsperson, welche sich f\u00fcr eine gewisse Zeit zur Verf\u00fcgung gestellt hat und im allgemeinen brauchbar ist, bei Untersuchung jeder beliebigen, etwa gerade besonders interessierenden Frage verwenden k\u00f6nne. Denn eine Versuchsperson, welche sehr schnell lernt und ebensoschnell wieder vergibst, ist f\u00fcr die Untersuchung sehr schwacher Associationen ikaum brauchbar; und hat sich eine Versuchsperson f\u00fcr 3 Monate zur Verf\u00fcgung gestellt, so kann man sie nicht bei einer Untersuchung verwenden, die, wie man voraussieht, zu ihrer Vollendung mindestens 6 Monate erfordert. In solcher Weise wird der Gegenstand einer Untersuchung, die man mit H\u00fclfe einer Versuchsperson unternimmt, nicht selten mehr durch die Beschaffenheit und die Dispositionen der Versuchsperson als lurch den allgemeinen wissenschaftlichen Plan, den man sich von vornherein gemacht hat, bestimmt, und die Untersuchungen bekommen dadurch einen etwas unzusammenh\u00e4ngenden, unsystematischen Charakter, wie dies in gewissem Grade von unseren Untersuchungen gilt.\nVollkommen befriedigend kann nur ein Zustand sein, bei welchem man eine gewisse Anzahl von Versuchspersonen l\u00e4ngere Zeit hindurch zur Verf\u00fcgung hat, so dafs man die Individualit\u00e4t jeder derselben in den hier in Betracht kommenden Beziehungen genau studieren kann, z. B. feststellen kann, wie grofs ungef\u00e4hr bei ihr die nach 24 Stunden bei der einfachen . Wiedererlernung einer Silbenreihe erzielte Ersparnis ist, wie stark bei ihr der Einflufs der absoluten Stelle ist, welchen sensorischen Grundcharakter ihr Ged\u00e4chtnis f\u00fcr Silbenreihen besitzt, u. dergl. m. Erst dann ist man in der Lage, jede Versuchsperson stets an ihrem richtigen Orte zu verwenden, und Abweichungen, die sich in den an verschiedenen Versuchspersonen erhaltenen Resultaten zeigen, mit Sicherheit zu erkl\u00e4ren.\nWas endlich die Vorversuche anbelangt, welche zur Ein\u00fcbung der Versuchspersonen dienen, so scheint es sich zu empfehlen, denselben oder wenigstens der letzten Abteilung derselben das n\u00e4mliche Schema von .Silbenreihen zu Grunde zu legen, nach welchem die eigentlichen Versuche sp\u00e4terhin vor sich gehen sollen. Andernfalls wird n\u00e4mlich die Versuchsperson bei Beginn der eigentlichen Versuche durch die Ver-","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\nG. JE. M\u00fcller un\u00e0 F. Schumann-\n\u00e4nderung, die in der Art der zu erlernenden Reihen vor sich gegangen ist, durch die sich zum ersten Male zeigenden associativen Hemmungen u. dergl. leicht etwas gest\u00f6rt, und die ersten Tage der eigentlichen Versuchsreihe geben schlechte Resultate, die nur durch eine Vermehrung der Anzahl der Versuche unsch\u00e4dlich gemacht werden k\u00f6nnen. Auch Schon bei den ein\u00fcbenden Vorversuchen ist eingehend Protokoll zu f\u00fchren, da das Benehmen der Versuchsperson bei denselben, die Silben, ' welche sie betont, die Versprechungen, welche sie begeht, die associativen Hemmungen, \u00fcber . welche sie klagt, oft von Interesse und Bedeutung sind.\n\u00a7 19. Die fehlertheoretische Behandlung der\nVersuchsresultate.\t'\nEs er\u00fcbrigt, noch einiges \u00fcber die fehlertheoretische Behandlung zu bemerken, die wir den von uns erhaltenen Versuchsresultaten (den beobachteten Werten von w) haben angedeihen lassen. .\n1. Es w\u00fcrde kaum n\u00f6tig sein, hier\u00fcber etwas Besondere\u00bb zu bemerken, wenn die Abweichungen, welche die f\u00fcr eine und dieselbe Art von Silbenreihen an einer und derselben Versuchsperson erhaltenen Werte von w in Vergleich zu ihrem Durchschnittswerte zeigen, das G-Ausssche Fehlergesetz ann\u00e4hernd befolgten. Hiervon kann aber gar keine Rede sein. Schon wenn man die Sache von vornherein betrachtet, zeigt sich, dafs nicht einmal eine symmetrische Verteilung der einzelnen Be-oba-chtungswerte um ihr arithmetisches Mittel, geschweige denn gerade eine solche, welche dem GrAUSSschen Fehlergesetze ann\u00e4hernd entspr\u00e4che, hier vorausgesetzt werden darf. Denn, wie die Erfahrung leicht zeigt, steht die Sache keineswegs so, dafs eine Wiederholung (Ablesung) einer Silbenreihe f\u00fcr die Aneignung dieser Reihe stets einen konstanten Beitrag liefere, der von der Anzahl der bereits unmittelbar vorhergegangenen Wiederholungen dieser Reihe ganz unabh\u00e4ngig sei. Die f\u00fcr die an eignende Wirkung einer Wiederholung mafsgebende Aufmerksamkeit wird vielmehr im allgemeinen, wenigstens von einem gewissen Punkte an, um so schw\u00e4cher, je mehr Wiederholungen bereits vorhergegangen sind. Die 30. Wiederholung ist infolge der Abspannung, welche bereits Platz gegriffen hat, bei manchen Versuchspersonen vielleicht nicht mehr halb so","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 267\nviel wert, wie die 10. Wiederholung.1 Diese Abh\u00e4ngigkeit, in welcher die aneignende Wirkung einerWiederholung einer Silben-reihe von der Anzahl der bereits unmittelbar vorhergegangenen Wiederholungen steht, ergiebt hinl\u00e4nglich, dafs eine symmetrische Verteilung der Beobachtungswrerte von iv nicht zu erwarten ist, vielmehr mufs negative Asymmetrie (naclil\u2019ECHXKRS Terminologie) in der Verteilung dieser Beobachtungswerte bestehen, d. h. die positiven Abweichungen vom arithmetischen Mittel m\u00fcssen weniger zahlreich, aber durchschnittlich gr\u00f6fser sein, ; als die negativen Abweichungen. Die Abh\u00e4ngigkeit, in welcher die aneignende Wirkung einerWiederholung zur Zahl der unmittelbar vorangegangenen Wiederholungen steht, kann zugleich als ein Beweis daf\u00fcr angef\u00fchrt werden, dafs die Annahme einer Unabh\u00e4ngigkeit der Fehlerursachen von einander, welche bekanntlich verschiedenen Ableitungen des G-AUSSschen Fehlergesetzes zu Grunde gelegt ist, in diesem Gebiete nicht g\u00fcltig ist.2 Denn grofse Schwierigkeit einer Silbenreihe bedingt zugleich noch diejenige Fehlerursache, die in einer Abstumpfung der Aufmerksamkeit besteht. In der gleichen Richtung kommt auch der Umstand in Betracht, dafs diejenigen inneren Fehlervorg\u00e4nge, welche die Konzentration der Aufmerksamkeit, die Auffassung und Aussprache der Silben betreffen, um so mehr und um so l\u00e4nger Gelegenheit haben, sich geltend zu machen, eine je gr\u00f6fsere' Anzahl von Wiederholungen die Silbenreihe von Haus aus (also ganz abgesehen von jenen inneren Zuf\u00e4lligkeiten) zu ihrer Erlernung erfordert.\n1\tDurch das hier angedeutete Verhalten, d\u00fcrfte zum Teil, wenn auch nicht ausschliefslich, die von Ebbinghaus (a. a. O., S. 122) gefundene That-sache bedingt sein, dafs bei einer gr\u00f6lseren Anzahl (z. B. 68) von Wiederholungen eine angemessene Verteilung derselben \u00fcber einen gewissen Zeitraum bedeutend vorteilhafter ist, als ihre Kumulierung auf eine bestimmte Zeit. Auch die starke Zunahme, welche nach den Versuchen von Ebbinghaus (a. a. 0., S, 62 ff.) w erf\u00e4hrt, wenn die L\u00e4nge der zu erlernenden Silbenreihe gr\u00f6fser genommen wird, ist in leicht ersichtlicher Weise wenigstens zum Teil durch das oben angedeutete Verhalten der Aufmerksamkeit bedingt.\n2\tEine weitere Schwierigkeit erw\u00e4chst daraus, dafs bei solchen Ged\u00e4chtnisversuchen \u00fcberhaupt nur solche Werte von w zur Beobachtung kommen k\u00f6nnen, welche ganze Zahlen darstellen. Schon wegen dieser Grofse der Intervalle, welche die Beobachtungswerte voneinander trennen, ist eine strengere G\u00fcltigkeit des &Aussschen Gesetzes hier nicht voraus-zusetzeii.","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\nCr. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nMit vorstehenden \u00dcberlegungen stehen nun die thats\u00e4ch-lichen Ergebnisse der Versuche in vollstem Einkl\u00e4nge. Schon Ebbinghaus (a. a. O., S. 48, 56) bemerkt in Hinblick auf seine Versuchsresultate folgendes: \u201eDie Verlangsamung des Lernens durch eine aufsergew\u00f6hnliche Zerstreuung kennt sozusagen keine Grenzen; die Lernzeit einer Reihe kann durch sie gelegentlich auf das doppelte und mehr ihres mittleren Betrages gesteigert werden. Der entgegengesetzte Effekt einer aufser-gew\u00f6hnlichen Anspannung dagegen kann, der Natur der Sache nach, ein gewisses Mals nie \u00fcberschreiten; er kann nie etwa einmal die Lernzeit auf Null reducieren.\u201c Auch bei unseren Versuchen hat sich ganz deutlich eine negative Asymmetrie der Verteilung der Beobachtungswerte ergeben, und zwar zeigt sich eine solche Asymmetrie, wohl gemerkt, auch dann, wenn man nur solche Beobachtungswerte von w zusammenstellt, welche f\u00fcr eine bestimmte Art von Silbenreihen an einer und derselben Versuchsperson bei der gleichen Zeitlage und bei der gleichen \u00dcbungsstufe erhalten worden sind.\n2. Die Ung\u00fcltigkeit des GAUSSschen Fehlergesetzes f\u00fcr unsere Beobachtungswerte und die hieraus entspringende Verringerung der Bedeutung, welche dem arithmetischen Mittel der erhaltenen Beobachtungswerte zukommt, scheint indessen bei der Aufgabe, welche wir uns gesteckt haben, keine gr\u00f6fseren Schwierigkeiten und Umst\u00e4ndlichkeiten zu bereiten. Uns kam es nicht (\u00e4hnlich wie teilweise Ebbinghaus) darauf an, f\u00fcr die quantitativen \u00c4nderungen, welche die Bereitwilligkeit einer Silbenreihe bei Variierung eines bestimmten Versuchsumstandes erleidet, eine bestimmte mathematische Formel abzuleiten, in welchem Falle allerdings die Frage eingehend zu beantworten sein w\u00fcrde, welche Bedeutung denn nun eigentlich das arithmetische Mittel oder der sonstige Mittelwert besitze, auf den sich die aufgestellte Formel beziehe. Uns kam es, wie ein R\u00fcckblick auf die vorgef\u00fchrten Versuchsreihen leicht zeigt, jedesmal nur darauf an, festzustellen, ob ein e Silbenreihe bei einer bestimmten Beschaffenheit oder Versuchskonstellation A, von zuf\u00e4lligen Einfl\u00fcssen abgesehen, leichter erlernt werde oder eine gr\u00f6fsere Ersparnis ergebe, als bei einer bestimmten Beschaffenheit oder Versuchskonstellation B. Fragen, welche in dieser Weise auf numerische Bestimmtheit verzichten, lassen, sich ohne Weiteres beantworten, indem man auf die \u00fcblichen","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n269\nMittelwerte Bezug nimmt und zusieht, wie sich dieselben bei den verschiedenen Versuchskonstellationen oder Arten von Silbenreihen verhalten. Demgem\u00e4fs haben wir benutzt in erster Linie das arithmetische Mittel und daneben in wichtigeren F\u00e4llen bei nicht zu geringer Versuchszahl auch noch den Centralwert. Von einer Benutzung des Dichtigkeitsmittels (Lexis), d. h. desjenigen Wertes,, um den sich die Beobachtungswerte am dichtesten herumscharen, wurde abgesehen, und zwar vor allem deshalb, weil die Bestimmung dieses Wertes nur dann h\u00f6here Bedeutung besitzt und in einigermafsen befriedigender Weise durchgef\u00fchrt werden kann, wenn man \u00fcber eine gr\u00f6fsere Anzahl von Beobachtungswerten verf\u00fcgt, welche bei gleicher Zeitlage (bezw. ganz gleichwertigen Zeitlagen) und gleicher \u00dcbungsstufe erhalten worden sind. Fafst man Beobachtungsresultate zusammen, welche wenig zahlreich sind, oder Welche zwar zahlreich sind, aber bei verschiedenen, einander nicht gleichwertigen Zeitlagen oder verschiedenen \u00dcbungsstufen erhalten worden sind, so kann es, wie unsere Versuchsresultate zeigen, leicht geschehen, dafs man bei zwei oder noch mehr voneinander verschiedenen Werten von w ein Maximum der H\u00e4ufigkeit des Vorkommens erh\u00e4lt, so dafs man die Wahl zwischen zwei oder mehr voneinander verschiedenen Dichtigkeitsmitteln hat.\n. 3. Eine besondere Er\u00f6rterung erfordert die Art und Weise, wie wir den Gentr\u00e4lwert bestimmt haben. Fechner (\u00dcber den Ausgangswert der kleinsten Abweichungssumme, S. 4) definiert den Centralwert als denjenigen Wert, \u201ewelcher unter den, ihrer Gr\u00f6fse nach geordneten, Werten, aus denen er zu bestimmen ist, die mittelste Stelle einnimmt, mithin die gleiche Zahl positiver und negativer Abweichungen (statt wie der arithmetische Mittelwert die gleiche Summe derselben) von sich abh\u00e4ngig hat.\u201c Die folgende Zusammenstellung teilt nun beispielshalber die Beobachtungswerte mit, welche in Versuchsreihe XIII f\u00fcr die Beihen B erhalten worden sind, und giebt zugleich f\u00fcr jeden dieser Beobachtungswerte die Anzahl der F\u00e4lle an, in denen er vorgekommen ist.\nBeobacMungswert\t4\t5\t6\t7\t8\t9\t10\t11\t12\t13\t14\t15\nF\u00e4lle des Vorkommens\t1\t12\t13\t16\t7\t4\t4\t4\t1\t0\t1\t1","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\tG. E. Midier und F. Schumann.\nWie li\u00e2t man nun in diesem Falle den Centralwert zu bestimmen? Die Gesamtzahl der Beobachtungswerte betr\u00e4gt 64. Unterhalb des Wertes 7 liegen 26 und oberhalb desselben 22 Beobachtungswerte. F Kr um EH (a. a. O., S. 17 ff.) denkt sich nun die 16 Beobachtungsf\u00e4lle, welche auf den Wert .7 entfallen, gleichm\u00e4fsig \u00fcber das Interwall zwischen den beiden Werten 6,5 und 7,5 verteilt, so dafs gewissermafsen jeder von den Werten 6,5 -f ^ 6,5 -f- T\\, 6,5\t.... 6,5 -f- als einmal\nbeobachtet gilt. Z\u00e4hlt man nun in der Gesamtreihe der that-s\u00e4chlichen, bezw. fingierten Beobachtungswerte von unten oder oben her 32 Werte ab, so kommt man in beiden F\u00e4llen zu dem Werte 6,5 -(- , d. i. 6,875.1 Dieser ist der gesuchte Centralwert.\nDieses von Fbchner eingeschlagene Verfahren ist unstreitig dann das richtige, wenn man voraussetzen darf, dafs die 16 F\u00e4lle, in denen der Beobachtungswert 7 erhalten wurde, wirklich F\u00e4lle waren, in denen,, falls die Beobachtung eine sch\u00e4rfere, nicht blofs auf Beobachtungswerte, welche ganzen Zahlen entsprechen, beschr\u00e4nkte gewesen w\u00e4re, die Beobachtungswerte in der That ebenso oft gr\u00f6fser wie kleiner, als der, Wert 7, ausgefallen w\u00e4ren. Diese Voraussetzung ist nun aber, wie leicht ersichtlich, bei derartigen Ged\u00e4chtnisversuchen nicht erf\u00fcllt. Die F\u00e4lle, in denen w \u2014 1 erhalten wird, sind nicht sozusagen F\u00e4lle, in denen, falls \u00fcberhaupt gemischte Zahlen als Werte von w beobachtet werden k\u00f6nnten, die beobachteten Werte ebenso oft kleiner wie gr\u00f6fser sein w\u00fcrden, als 7, d. h. F\u00e4lle, in denen den vorhandenen zuf\u00e4lligen Einfl\u00fcssen und Umst\u00e4nden gem\u00e4fs die aneignende Wirkung von 7 Wiederholungen ebenso oft ein wenig zu grofs wie zu klein war, um ein fehlerfreies Hersagen nur soeben zu erm\u00f6glichen. Denn in allen F\u00e4llen, wo das Hersagen bei der 7. Wiederholung noch nicht ganz gelingt \u2014 mag die das Gelingen hindernde Fehlerursache auch noch so minimal sein \u2014, steigt w mindestens auf den Wert 8 an, .und in allen F\u00e4llen, wo durch eine noch so geringf\u00fcgige\n1 Angenommen, es w\u00e4ren im obigen Falle statt 64 vielmehr 65 Beobachtungswerte erhalten worden, und von diesen 65 Beobachtungswerten seien nicht 16, sondern 17 gleich 7 gewesen, w\u00e4hrend sich sonst alles der obigen Zusammenstellung gem\u00e4fs verhalten habe, so w\u00fcrde nat\u00fcrlich nach der hier in Rede stehenden F.ECHNEitschen Berechnungsweise der Central wert gleich 6,5 -f-\t+ d. L 6,882 zu setzen sein.","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 271\nFehlerursache das Hersagen, bei der 6. Wiederholung gerade noch nicht ganz gelingt, wird mindestens der Wert 7 f\u00fcr w erhalten. Die F\u00e4lle, in denen tc \u2014 7 erhalten wird, sind also F\u00e4lle, in denen 6 Wiederholungen noch nicht, hingegen 7 Wiederholungen reichlich oder mindestens gerade f\u00fcr die Erlernung gen\u00fcgten. Hiernach erscheint es geboten, diese F\u00e4lle sich nicht \u00fcber das Intervall 6,5 bis 7,5, sondern , \u00fcber das Intervall 6 bis 7 gleichm\u00e4fsig1 verteilt zu denken und analog in anderen F\u00e4llen zu verfahren. Hach der von uns in dieser Untersuchung angewandten Berechnungsweise ist also der Centralwert um 0,5 kleiner, als nach der (in vielen anderen F\u00e4llen nat\u00fcrlich triftigen) Berechnungsweise Fechners. Da es sich bei unserer Verwendung des Centralwertes .nicht sowohl um die absoluten G-r\u00f6fsen. desselben als vielmehr um die Unterschiede handelt,. die zwischen den zu verschiedenen Arten von Silbenreihen zugeh\u00f6rigen Centralwerten bestehen, so war es f\u00fcr den Zweck unserer Untersuchungen eigentlich gleichg\u00fcltig, ob der Centralwert in der FECHNERschen Weise oder in . der von uns soeben, gerechtfertigten Weise berechnet wurde. Hur der Anspruch auf Ber\u00fccksichtigung, den Gesichtspunkte logischer Art allerw\u00e4rts haben, ist; der Grund daf\u00fcr, dafs wir uns nicht, der FECHNERschen Berechnungsweise : bedient und den Leser mit der vorstehenden Darlegung bel\u00e4stigt haben.\t.\n4. Heben der Vergleichung der arithmetischen Mittel und der Centralwerte haben wir uns gelegentlich (z. B. auf S. 146 f.) eines Verfahrens bedient, welches kurz als die Vergleichung der Resultate gl ei ch er VersUchstage bezeichnet werden kann. Dieses Verfahren besteht darin, dafs zugesehen wird, an wievielen Versuchstagen die. eine und an wievielen Versuchstagen die andere der beiden miteinander zu vergleichenden Arten von Silbenreihen die schneller erlernte war. Zeigt sich, dafs die Zahl der Versuchstage, an denen . die eine Art von Silbenreihen schneller erlernt wurde, bedeutend gr\u00f6fser ist, als die Zahl der Versuchstage, an denen das Gegenteil der Fall war, so ist zu behaupten, dafs diese Art von Silbenreihen infolge ihrer Eigent\u00fcmlichkeit, abgesehen von Zuf\u00e4lligkeiten, leichter erlernbar ist, als die andere Art,\n1 Streng genommen, ist die gleichm\u00e4fsige Verteilung der F\u00e4lle \u00fcber das betreffende:Intervall nicht ganz richtig. Aber jedes andere Verfahren, f\u00fchrt entweder zu Willk\u00fcrlichkeiten oder zu grofsen Weitl\u00e4ufigkeiten.","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\nG. E. M\u00fcller tind F. Schumann.\n.HinsichtHolt dieses Verfahrens ist folgendes zu beachten. Da die Zeitlage f\u00fcr beide miteinander zu vergleichenden Arten von Silbenreihen stets wechselt, so wirkt der Einfiufs der Zeitlage in der einen H\u00e4lfte der Versuchstage zu Gunsten der einen und in der anderen H\u00e4lfte zu Gunsten der anderen Art von Silbenreihen. Angenommen, es werde an jedem Versuchstage nur je. eine Silbenreihe von jeder Art erlernt, und die Zeitlage mache sich sehr stark, etwa zu Ungunsten der an zweiter Stelle stehenden Reihe jedes Versuchstages, geltend, so wird die Zahl der Versuchstage, an denen die eine Art von Silbenreihen schneller erlernt wird, ann\u00e4hernd oder v\u00f6llig gleich grofs sein, wie die Zahl der Versuchstage, an denen die andere Art schneller erlernt wird, auch wenn thats\u00e4chlich ein erheblicher Unterschied in der Erlernbarkeit beider Arten von Silbenreihen besteht. Je st\u00e4rker also der Einfiufs der Zeitlage ist, desto mehr besagt ein bestimmtes \u00dcbergewicht der Tage, an denen die eine Art von Silbenreihen schneller erlernt wurde. Andererseits aber ist bei sehr starkem Einfl\u00fcsse der Zeitlage dieses Verfahren gar nicht zu gebrauchen.\n5. Besondere Er\u00f6rterung erfordern die \u00fcberhohen Werte von w, die gelegentlich, wenn auch nur selten, bei den Versuchen erhalten werden. Wenn z. B. in der ersten Abteilung von Versuchsreihe VI f\u00fcr die Vergleichsreihen des Schemas II (S. 142) nur Werte von w erhalten worden sind, welche <23 sind, mit Ausnahme eines einzigen Wertes 33, so wird dieser letztere Wert mit vollem Rechte als ein \u00fcberhoher bezeichnet, betreffs dessen die Frage nicht unberechtigt erscheint, wie man sich ihm gegen\u00fcber zu verhalten habe.\nVon einer Streichung solcher \u00fcberhoher Beobachtungswerte haben wir selbstverst\u00e4ndlich Abstand genommen, erstens deshalb, weil wir \u00fcberhaupt vom allgemeinen fehlertheoretisehen Standpunkte aus die (im Gebiete der experimentell-psychologischen Forschung auch schon vorgekommene) Ausscheidung einzelner Beobachtungswerte blofs wegen ihrer starken Abweichung von den \u00fcbrigen Werten f\u00fcr durchaus unzul\u00e4ssig halten, zweitens deshalb, weil in unserem Falle die Entscheidung dar\u00fcber, ob ein Beobachtungswert als \u00fcberhoch oder noch in der Reihe der \u00fcbrigen Beobachtungswerte stehend zu betrachten sei, nicht selten rein von dem willk\u00fcrlichen Ermessen abgehangen haben","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 273\nw\u00fcrde, dessen Einflufs m\u00f6glichst auszuschliefsen wir in jeder Richtung bem\u00fcht waren.\nNat\u00fcrlich ist es peinlich, gelegentlich wahrzunehmen, wie das arithmetische. Mittel der f\u00fcr eine bestimmte Art von Silbenreihen erhaltenen Beobachtungswerte durch einen oder zwei oder drei \u00fcberhohe Werte, die sich gerade bei dieser Art von Silbenreihen^ vorfinden, eine Verschiebung erleidet, die mit grofser Wahrscheinlichkeit eine fehlerhafte ist. Die Peinlichkeit der Situation steigert sich, wenn, wie zuweilen der Pall ist, auf Seiten der in Vergleich zu ziehenden anderen Art von Silbenreihen zuf\u00e4llig gar kein \u00fcberhoher Wert vorkommt. Indessen auch unter solchen Umst\u00e4nden kann es sich nicht um Streichung, sondern nur um Unsch\u00e4dlichmachung der \u00fcberhohen Werte handeln. Und zwar werden die letzteren unsch\u00e4dlich gemacht vor allem dadurch, dafs man sich nicht auf die Mitteilung des arithmetischen Mittels beschr\u00e4nkt, sondern auch noch einen oder mehrere andere Mittelwerte zur Vergleichung heranzieht, welche von den \u00fcberhohen Beobachtungswerten weniger beeinflufst werden, z. B. den Oentralwert. Wie schon Fechner hervorgehoben hat, besitzt die Bestimmung des Central-wertes an und f\u00fcr sich bei nicht sehr grofser Versuchszahl eine bedeutend geringere Sicherheit, als diejenige des arithmetischen Mittels (d. h. die Wahrscheinlichkeit , daf\u00fcr, dafs der erhaltene Centralwert von demjenigen Centralwerte, welcher bei einer unendlich grofsen Zahl von Versuchen erhalten werden w\u00fcrde, um ein bestimmtes St\u00fcck abweiche, ist bei geringer Versuchszahl verh\u00e4ltnism\u00e4fsig grofs). Trotzdem ist bei Versuchsresultaten von der Art der unsrigen die Mitanf\u00fchrung des Centralwertes neben dem arithmetischen Mittel von wesentlicher Bedeutung. Denn wenn die Centralwerte, welche zweiverschiedenen Arten von Silbenreihen entsprechen, sich ebenso zu einander verhalten, wie die entsprechenden arithmetischen Mittelwerte, so ist hierdurch f\u00fcr den Leser eine gewisse Garantie daf\u00fcr gegeben, dafs die Differenz oder Gleichheit der den beiden Arten von Silbenreihen entsprechenden arithmetischen Mittelwerte nicht etwa nur eine tr\u00fcgerische, und zwar daraul beruhende ist, dafs f\u00fcr die eine Art von Silbenreihen eine gr\u00f6fsere Zahl von \u00fcberhohen Werten erhalten worden ist, als f\u00fcr die andere. Aus diesem Grunde haben wir an wichtigeren Zeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\t18","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\nG. JE. Millier und F. Schumann.\nPunkten neben deni arithmetischen Mittel zugleich auch noch den Centralwert angef\u00fchrt.1\nEine ganz \u00e4hnliche Bedeutung wie die Mitanf\u00fchrung des Centralwertes besitzt die oben (S. 271) erw\u00e4hnte Vergleichung, der Resultate gleicher Versuchstage. Auch bei diesem Verfahren und anderenleicht konstruierbaren, \u00e4hnlichenVerfahrungs-weisen kommen die \u00fcberhohen Werte nicht in \u00fcberm\u00e4fsiger Weise zur Geltung.\nEndlich steht es nat\u00fcrlich jedem frei, die \u00fcberhohen Werte, auch dadurch unsch\u00e4dlich zu machen, dafs er bei Mitteilung der arithmetischen oder sonstigen Mittelwerte angiebt, wie es: sich bei jeder der miteinander zu vergleichenden Arten von Silbenreihen hinsichtlich der \u00fcberhohen Werte verhalten habe. Wie man sich erinnern wird, haben wir auch von diesem Wege zur Unsch\u00e4dlichmachung der \u00fcberhohen Werte gelegentlich Gebrauch gemacht.\n6. Ist bei Erlernung einer Silbenreihe eine wesentliche St\u00f6rung eingetreten, so darf es leider mit der Streichung des einen f\u00fcr diese Silbenreihe erhaltenen Wertes von w nicht sein Bewenden haben. Es ist n\u00e4mlich zu beachten, dafs die Disposition der. Versuchspersonen oder wenigstens einer grofsen. Anzahl derselben, auch ganz abgesehen von F\u00e4llen, wo wirkliches Mifsbefinden vorliegt, an verschiedenen Tagen oft eine nicht unerheblich verschiedene ist. Man setze nun z. B. den Fall, es werde an einem. Tage neben einigen Vorreihen eine. Hauptreihe und eine Vergleichsreihe erlernt,, und es trete bei Erlernung der Hauptreihe eine wesentliche St\u00f6rung ein. Alsdann kann man nicht den f\u00fcr die Hauptreihe erhaltenen Wert von. w streichen und den f\u00fcr die Vergleichsreihe erhaltenen bei-; behalten und bei der Berechnung der den . Vergleichsreihen entsprechenden Mittelwerte mit verwenden. Denn angenommen,\n1 Fechner hat eine Vorliebe f\u00fcr das geometrische Mittel. Dasselbe bietet allerdings auch den Vorteil, dafs es \u00fcberhohe Werte weniger zur Geltung kommen l\u00e4fst, als das arithmetische Mittel. Andererseits aber , wird seine Brauchbarkeit dadurch geschm\u00e4lert, dafs es der Anforderung nicht gen\u00fcgt, dafs, wenn man zu allen Beobachtungswerten eine beliebige, aber bestimmte Gr\u00f6fse hinzuf\u00fcge, alsdann auch der Mittelwert um dieselbe Gr\u00f6fse ver\u00e4ndert werde. Denselben Nachteil besitzen auch die von FECHNER-und Beuschle behandelten Potenzmittelwerte von h\u00f6herer als zweiter Ordnung.","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"275\nExperimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\nes sei die Disposition der Versuchsperson an diesem Tage besonders gut oder besonders schlecht, so w\u00fcrde alsdann diese besonders g\u00fcnstige, bezw. besonders ung\u00fcnstige Tagesdisposition nur die den Vergleichsreihen entsprechenden Mittelwerte, nicht aber auch die den Hauptreihen entsprechenden Mittelwerte beeinflussen und mithin eine fehlerhafte Ungleichm\u00e4fsigkeit f\u00fcr beide Arten von Silbenreihen entstehen. Das Entsprechende gilt f\u00fcr den Fall, dafs bei einer der Vorreihen eine wesentliche St\u00f6rung aufgetreten ist. Auch in diesem Falle mufs man noch die \u00fcbrigen Vorreihen, welche an demselben Versuchstage erlernt worden sind, ganz aufser acht lassen, wenn es sich um eine Untersuchung des Einflusses der Zeitlage u. dergl. m. handelt. Allgemein gilt also die Regel, dafs, um volle Exaktheit-zu erzielen, die durch eine wesentliche St\u00f6rung bedingte Streichung eines Beobachtungswertes zugleich die Streichung-aller derjenigen an demselben Versuchstage erhaltenen Beobachtungswerte nach sich ziehen mufs, welche bei normaler Beschaifenheit des ersteren Beobachtungswertes mit demselben in Vergleich zu setzen sein w\u00fcrden.\n7. Angenommen, es seien f\u00fcr zwei miteinander zu vergleichende Arten von Silbenreihen zwei \"Werte von wa gefunden worden, welche um eine gewisse Glr\u00f6fse differieren, so bedarf es . nun noch eines Mittels zur Entscheidung der Frage, ob diese Differenz lediglich auf das Spiel der zuf\u00e4lligen Einfl\u00fcsse, zur\u00fcckzuf\u00fchren sei oder nicht. Bei den physikalischen und astronomischen Untersuchungen dient bekanntlich als ein solches Pr\u00fcfungsmittel der wahrscheinliche Fehler der betreffenden Durchschnittswerte. Ist die Differenz der Durchschnittswerte,, welche zwei verschiedenen Versuchskonstellationen entsprechen, gr\u00f6fser, als der wahrscheinliche Fehler, so gilt die Annahme als wahrscheinlicher, dafs die Differenz nicht'blofs auf Zuf\u00e4lligkeiten beruhe. Diese Annahme erreicht eine an Sicherheit angrenzende Wahrscheinlichkeit, wenn jene Differenz einen mehrfachen, z. B. sechsfachen, Betrag des wahrscheinlichen Fehlers erreicht.\nDie Wichtigkeit, welche ein derartiges Bemessungsmittel des Einflusses der Zuf\u00e4lligkeiten besitzt, liegt auf der Hand. Leider ist nun die \u00fcbliche Berechnung des wahrscheinlichen Fehlers an die Voraussetzung gekn\u00fcpft, dafs die Beobachtungswerte bei ihren Abweichungen vom arithmetischen Mittel das\n18*","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276\nG. JE. M\u00fcller und JF. Schumann.\nGAUSSsche Fehlergesetz ann\u00e4hernd befolgen. Diese Voraussetzung ist aber, wie gesehen, an unseren Versuehsresultaten nicht erf\u00fcllt. Ferner hat man an eine Bestimmung des wahrscheinlichen Fehlers \u00fcberhaupt nur dann zu denken, wenn die Abweichungen der einzelnen Beobachtungswerte voneinander nur auf zuf\u00e4lligen Einfl\u00fcssen beruhen. Die Beobachtungswerte, die wir bei gleicher Zeitlage f\u00fcr eine bestimmte Art von Silben-reih\u00ebn erhalten haben, unterscheiden sich aber mit wenigen Ausnahmen zugleich auch dadurch, dafs die sp\u00e4teren Beobachtungswerte infolge h\u00f6heren \u00dcbungsgrades durchschnittlich wesentlich geringer ausgefallen sind, als die fr\u00fcheren. Berechnet man f\u00fcr solche Beobachtungswerte den wahrscheinlichen Fehler,, so f\u00e4llt derselbe (ganz abgesehen von anderen Bedenken! nat\u00fcrlich bedeutend zu grofs aus, weil er gewissermafsen die durch die fortschreitende \u00dcbung bedingten Abweichungen der Beobachtungswerte mit repr\u00e4sentiert.\nEbbinghaus (a. a. O., S. 47 ff.) suchte die Schwierigkeiten, welche daraus entspringen, dafs f\u00fcr die Abweichungen der einzelnen Beobachtungswerte vom arithmetischen Mittel das G-Ausssche Fehlergesetz keine ann\u00e4hernde G\u00fcltigkeit besitzt, dadurch zu umgehen, dafs er die 6 oder 8 Beobachtungswerte, welch\u00e9 an jedem Tage f\u00fcr eine und dieselbe Art von Silbenreihen erhalten worden waren, zusammenfafste und gewissermafsen als einen Beobachtungswert ansah. F\u00fcr die . Werte, die in dieser Weise durch Summierung von 6 oder 8 am gleichen Tage gewonnenen Versuchsresultaten erhalten wurden, zeigte sich in der That das GAUSSsche Fehlergesetz mit gewisser Ann\u00e4herung g\u00fcltig, und Ebbinghaus war daher in der gl\u00fccklichen Lage, f\u00fcr jene Summations werte den wahrscheinlichen Fehler bere\u00f6hnen und \u00fcberhaupt dieselben so behandeln zu d\u00fcrfen, wie man Beobachtungswerte behandeln darf, welche jenem Fehlergesetze ann\u00e4hernd gehorchen.\nUns war auch dieser von Ebbinghaus ein geschlagene Weg verschlossen. Erstens deshalb, weil gerade in denjenigen F\u00e4llen, wo eine Bestimmung des wahrscheinlichen Fehlers von Wichtigkeit w\u00e4re, die Zahl der Beobachtungswerte, welche an einem Versuchstage f\u00fcr eine und dieselbe Art von Silbenreihen (Hauptoder Vergleichsreihen) erhalten wurde, nur gleich 1 war. Zweitens w\u00fcrde auch durch Anwendung jenes EbbinghAussehen Verfahrens oder eines anderen. \u00e4hnlichen Verfahrens (z. B. Zu-","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 277\nsammenfassung der an mehreren aufeinanderfolgenden Versuchstagen f\u00fcr eine und dieselbe Art von Silbenreihen erhaltenen Resultate) der Einflufs, den. die \u00dcbung auf unsere Versuchsresultate ausge\u00fcbt hat, nicht eliminiert werden. Der Umstand, dafs unsere Versuchsresultate mit wenigen Ausnahmen in erheblichem Mafse von der fortschreitenden \u00dcbung beeinflufst sind, schliefst auch die Benutzung etwaiger anderer Wege aus, welche neben der Bestimmung des wahrscheinlichen Fehlers zu einer exakten Bemessung des Einflusses der Zuf\u00e4lligkeiten dienlich smd.\nWill man sich also berechtigten Einw\u00fcrfen nicht aussetzen, so ist man bei Beobachtungsresultaten, wie die unsrigen sind, hinsichtlich der Bemessung des Einflusses der Zuf\u00e4lligkeiten und hinsichtlich der Beantwortung der Frage, ob eine m\u00e4fsige Differenz der f\u00fcr zwei verschiedene Versuchskonstellationen erhaltenen Mittelwerte- nur auf den Einflufs der Zuf\u00e4lligkeiten zu beziehen sei oder nicht, wesentlich auf den Takt angewiesen, den man in dieser Beziehung durch Ausf\u00fchrung vieler Versuche und eingehendes Studium vieler Versuchsresultate erlangt. Erreicht die Differenz, der den verschiedenen Versuchskonstellationen entsprechenden Mittelwerte gewisse hohe Betr\u00e4ge, so ist nat\u00fcrlich die Deutung derselben in keiner Weise mehr zweifelhaft. Ist der Betrag einer solchen Differenz geringer, so gewinnt die Annahme, dais dieselbe nicht blofs auf Zuf\u00e4lligkeiten beruhe, an Wahrscheinlichkeit, wenn eine Fraktionierung der Versuchsreihe oder eine Sonderung der Versuchsresultate nach den Zeitlagen bei allen Fraktionen der Versuchsreihe, bezw. allen Zeitlagen ein \u00e4hnliches Resultat gewinnen l\u00e4fst, wie die ungesonderte' Behandlung der Gesamtresultate ergiebt, wenn andere Versuchspersonen ein \u00e4hnliches Resultat erhalten lassen, wenn die Differenz der den verschiedenen Versuchskonstellationen oder Reihenarten entsprechenden Mittelwerte\nbei einer Steigerung oder Verringerung der Verschiedenheit dieser Versuchskonstellationen oder Reihenarten gleichfalls anw\u00e4chst, bezw. abnimmt, u. dergl. m.\nEin miflstrauischer Leser der vorstehenden Ausf\u00fchrungen k\u00f6nnte den Verdacht hegen, dafs uns die im Vorstehenden angef\u00fchrten, gegen eine Berechnung des wahrscheinliehen-Fehlers f\u00fcr unsere Versuchsresultate sprechenden Gesichtspunkte sehr gelegen gekommen seien, weil sich in manchen F\u00e4llen, wo wir eine Differenz zwischen zwei Werten von wa f\u00fcr","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278\t% it. M\u00fcller und F. Schumann.\ninteressant und bedeutsam erkl\u00e4rt h\u00e4tten, thats\u00e4chlich zeigen w\u00fcrde, dafs der wahrscheinliche Fehler gr\u00f6fser sei, als dies\u00ab-Differenz. Um diesen Verdacht v\u00f6llig. auszuschliefsen, haben Wir an denjenigen wichtigeren Punkten, wo die Differenz zwischen zwei zu verschiedenen Arten von Silbenreihen zugeh\u00f6rigen Werten von wa nicht grofs war, aber doch von uns f\u00fcr eine solche erkl\u00e4rt wurde, welche wahrscheinlich nicht blofs in Zuf\u00e4lligkeiten ihren Grund habe, den in \u00fcblicher .Weise berechneten wahrscheinlichen Fehler mit angef\u00fchrt (vergl. S. 162, d 69, 175). Nat\u00fcrlich ist es nicht absolut belanglos, wenn in diesen F\u00e4llen die Differenz zwischen den zwei Mittelwerten den wahrscheinlichen Fehler mehr oder weniger, \u00fcbertrifft, zumal da in diesen F\u00e4llen der angef\u00fchrte wahrscheinliche Fehler die durch die fortschreitende \u00dcbung (in einem Falle auch die durch die Verschiedenheit der Zeitlagen) bedingten Abweichungen ;der Versuchsresultate voneinander zugleich mit repr\u00e4sentiert.1 Andererseits aber w\u00fcrde es den Anforderungen der Exaktheit nicht entsprochen haben, wenn wir in diesen F\u00e4llen auf die berechneten Werte des wahrscheinlichen Fehlers und ihr Verh\u00e4ltnis zu den Differenzen der betreffenden Mittelwerte das gleiche Gewicht gelegt h\u00e4tten, welches bei G\u00fcltigkeit des Gauss-schen Fehlergesetzes f\u00fcr unsere Versuchsresultate auf dieselben zu legen sein w\u00fcrde, und die wahrscheinlichen Fehler nicht wesentlich nur behufs Ausschliefsung des oben angedeuteten Verdachtes berechnet h\u00e4tten.\nWie sich aus Vorstehendem ergiebt, wird die fehlertheoretische Behandlung unserer Versuchsresultate nicht unerheblich dadurch erschwert und verwickelt, dafs der Einiiufs der \u00dcbung in der Regel noch w\u00e4hrend des ganzen Verlaufes der Versuchsreihe hervortritt. Man darf uns nun nicht den Vorwurf machen, dafs wir die Vorversuche bei jeder Versuchsperson so lange h\u00e4tten fortsetzen sollen, bis ein ann\u00e4hernd maximaler \u00dcbungsgrad erreicht gewesen sei. Denn unsere mit den Versuchs-\n1 Wie fr\u00fcher erw\u00e4hnt, war w\u00e4hrend des gr\u00f6fsten Teiles der zweiten Abteilung von Versuchsreihe VI ein Einflufs der \u00dcbung nicht erkennbar. Berechnen wir nun f\u00fcr das arithmetische Mittel der in dieser Abteilung von Versuchsreihe VI f\u00fcr die Vorreihen erhaltenen Werte von w den wahrscheinlichen Fehler, so ergiebt sich derselbe gleich 0,131, so dafs das von. demselben eingeschlossene Intervall nur 2,1% des Mittelwertes betr\u00e4gt.","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zw Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 279\npersonen. M. und P. angestellten Versuchsreihen III, IV und X zeigen, dafs, wenn bei diesen Versuchspersonen \u00fcberhaupt ein Stadium erreichbar ist, wo weitere \u00dcbung einen merkbaren Einflufs nicht mehr .aus\u00fcbt, \u201e zur Erreichung eines solchen Stadiums mindestens ein ganzes Semester erforderlich ist, in welchem ohne wesentliche Unterbrechungen Tag f\u00fcr Tag einige Silbenreihen erlernt werden. Dafs die anderen Versuchspersonen sich der Mehrzahl nach wesentlich anders verhalten haben w\u00fcrden, erscheint \u00e4ufserst zweifelhaft (\u00a7 30). Das Projekt, zuerst mit einer Versuchsperson ein Semester lang Vor versuche anzustellen und dann unmittelbar darauf noch eine eigentliche Versuchsreihe anzuschliefsen, die sich \u00fcber eine gr\u00f6fsere Anzahl von Wochen oder Monaten erstreckt, d\u00fcrfte aber aus naheliegenden Gr\u00fcnden nur \u00e4ufserst selten durchf\u00fchrbar sein. Soll also das Bessere nicht der Feind des Guten sein, so wird man damit f\u00fcrlieb nehmen m\u00fcssen, mit Versuchspersonen zu operieren, welche in der Pegel den Einflufs der fortschreitenden \u00dcbung auch noch w\u00e4hrend der ganzen Dauer der eigentlichen Versuchsreihe erkennen lassen, und sich mit diesem Milsstande so gut, als es eben geht, fehlertheoretisch ablinden m\u00fcssen.","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nDrittes Kapitel.\nZusammenfassung der in Beziehung auf die Ged\u00e4chtnis-th\u00e4tigkeit erhaltenen Resultate.\n\u00a7 20. Einflufs der rhythmischen Grliederung auf das Lernen.\n\"Wir berichten hier zuv\u00f6rderst in \u00a7\u00a7 20\u201425 \u00fcber den Vorgang des. Auswendiglernens und Hersagens, wie derselbe bei Versuchen, die nach Art der unserigen (mit succes-siver Vorf\u00fchrung der Silben durch einen Apparat u. s. w.) angestellt werden, stattfindet.\nIn erster Linie ist hier der Rolle, zu. gedenken, welche, die rhythmische Grliederung der Silbenreihe bei dem Auswendiglernen spielt.\nEbbinghaus hatte sich Aufgaben anderer Art gestellt. Daher finden wir bei ihm (a. a. O., S. 34) hinsichtlich dieses Punktes nur die folgende, schon auf S. 84 von uns angef\u00fchrte Bemerkung:\t\u201eDa es fast unm\u00f6glich ist, andauernd ohn\u00e8\nUnterschiede der Betonung zu sprechen, so wurden, damit diese Unterschiede stets dieselben seien, entweder je 3 oder je 4 Silben sozusagen zu einem Takte zusammengefafst, und also entweder die 1., 4., 7., oder die 1., 5., 9. u. s. w. Silbe mit einem m\u00e4fsigen. Iktus versehen. Sonstige Erhebungen der Stimme wurden m\u00f6glichst vermieden.\u201c\nThats\u00e4chlieh ist nun aber die Zusammenfassung der Silben zu Takten von durchgreifender Bedeutung f\u00fcr das Auswendiglernen. Fordert man eine unge\u00fcbte Versuchsperson auf, ohne Takt eine 12silbige Silbenreihe (nach unserem Verfahren) zu erlernen, so kommt sie damit kaum je zu Rande. Was das Verhalten ge\u00fcbter Versuchspersonen in dieser Hinsicht betrifft, so stellten wir beide zu zwei verschiedenen Zeiten Versuche dar\u00fcber an, ob uns die Erlernung einer Silbenreihe ganz ohne Takt (bei sonstiger Beibehaltung unseres Lernverfahrens) m\u00f6glich sei, zuerst im Januar 1888, wo wir im Lernen nur m\u00e4fsig ge\u00fcbt waren, und dann nochmals im Oktober 1892. Die Protokolle \u00fcber die fr\u00fcheren Versuche besagen, dafs es bei langsamer Rotation der Trommel in seltenen F\u00e4llen zu","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zw Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 281\ngelingen scheine, die Silben ohne \u00e4ufserliche Taktierung und auch ohne innerliche Zusammenfassung zu Takten zu erlernen. In der Regel aber schlofs sich ein Teil oder auch die Gesamtheit der Silben innerlich paarweise aneinander an. Auch kam es vor, dafs einige Silben der Reihe rein mechanisch hergesagt wurden, wobei dann nat\u00fcrlich ein Bewufstsein des Gepaartseins der Silben fehlte. 'Bei den sp\u00e4teren Versuchen erschien es uns, als ob sich die Silben innerlich stets paarweise aneinanderschl\u00f6ssen. Zuweilen war diese innerliche Zusammenfassung der Silben auch \u00e4ufserlich von einer f\u00fcr den Versuchsleiter bemerkbaren, schwachen Taktierung der ausgesprochenen Silben begleitet. Ob der Unterschied zwischen den Ergebnissen der fr\u00fcheren und der sp\u00e4teren Selbstbeobachtungen darin seinen Grund hat, dafs wir sp\u00e4ter viel mehr im taktm\u00e4fsigen Lernen ge\u00fcbt waren, oder darin, dafs die Sch\u00e4rfe unserer Selbstbeobachtung im Laufe der Zeit zugenommen hat, l\u00e4fst sich nicht entscheiden. Da infolge des Umstandes, dafs wir in der Regel troch\u00e4isch lernten, bei diesen Versuchen eine Neigung zum troch\u00e4ischen-Rhythmus zu bek\u00e4mpfen war, so trat gelegentlich, sozusagen infolge einer zu energischen Bek\u00e4mpfung dieser Neigung, eine f\u00fcr den Versuchsleiter bemerkbare, schwache jambische Taktierung auf. Je gr\u00f6fser die Rotationsgeschwindigkeit der Trommel war, desto schwieriger erschien es, die Silben auseinanderzuhalten. Endlich zeigte sich, dafs, wenn man sich bem\u00fcht, die Silben als einzelne aufzufassen und auszusprechen, eine Neigung vorhanden ist, eine gegebene Rotationsgeschwindigkeit der Trommel f\u00fcr gr\u00f6fser zu halten, als dann, wenn man die Silben in \u00fcblicher Weise zu Takten zusammenfafst. Dies erkl\u00e4rt sich im Sinne der Ausf\u00fchrungen, welche der eine von uns in dieser Zeitschrift, IV, 1892, S. 14 ff., gegeben hat, einfach daraus, dafs im ersteren Falle das Auflfassen und Aussprechen der Silben eine gr\u00f6fsere Anstrengung erfordert, als im letzteren Falle.\nObwohl uns nun, wie bemerkt, ein v\u00f6lliges Auseinanderhalten der Silben entweder gar nicht oder nur \u00e4ufserst selten gelang, so ergaben doch selbst diese Versuche, v\u00f6llig ohne rhythmische Gliederung der Silben zu lernen, bedeutend h\u00f6here, etwa doppelt so hohe, Werte von w. als die gew\u00f6hnlichen Lernversuche. Und allgemein hat sich gezeigt, dafs nur wenige Silbenreihen, von denen die einen mit rhythmischer","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\nG. E. Muller und F. Schumann.\nGliederung, die anderen mit m\u00f6glichstem \u00c0usschlufs einer solchen Gliederung erlernt werden, gen\u00fcgen, um jede, ge\u00fcbte oder unge\u00fcbte, Versuchsperson von der hohen Erleichterung, welche, die rhythmische Gliederung der Silben f\u00fcr das Erlernen bietet, zu \u00fcberzeugen.1 Dafs man bisher die Bedeutung des Rhythmus in dieser Beziehung noch nicht, in vollem Grade gew\u00fcrdigt hat, liegt nat\u00fcrlich daran, dafs die Erfahrungen, welche das gew\u00f6hnliche Leben betreffs des Ged\u00e4chtnisses biete!, sich auf Vorstellungsreihen beziehen, deren Aneignung bereits durch eine Anzahl anderweiter \u25a0 Faktoren (Sinn der W\u00f6rter, Reim u. dergl.)' stark erleichtert wird.\nMan wird bei Versuchen der hier in Rede stehenden Art unwillk\u00fcrlich auf die Frage gef\u00fchrt, inwieweit die den Produkten der Poesie vielfach eigent\u00fcmliche Formung der Rede nach rhythmischen Regeln ihren Ursprung dem Umstande verdanke, dafs eine rhythmisch geformte Wortreihe sich leichter einpr\u00e4gt und besser beh\u00e4lt, welcher Umstand nat\u00fcrlich zu einer\n1 Es ist zuzugeben, dafs in dem Falle, wo mit m\u00f6glichstem \u00c0usschlufs einer rhythmischen Grli\u00e9derung gelernt wird, die absichtliche Bek\u00e4mpfung der unwillk\u00fcrlichen Neigung, gewisse Silben im Zusammenh\u00e4nge miteinander aufzufassen und auszusprechen, die Aufmerksamkeit zuweilen betr\u00e4chtlich in Anspruch nimmt und. einen Anteil an der Erschwerung des Eernens hat. \u2014 Beil\u00e4ufig sei hier auch darauf hingewiesen, dafs nach den Beobachtungen von A. Binet (Bet;, philos., 35, 1893, S.~ 110) auch der auditive Bechen- und Zahlenvirtuos Inaudi bei seinen Ged\u00e4chtnisoperationen die Beihe der Zahlen in gewisse kleinere Gruppen zerlegt. \u201eLa s\u00e9rie (des chiffres) est en quelque sorte rythm\u00e9e\u201c. Ein interessantes Beispiel f\u00fcr den.Einflufs des Rhythmus auf das Behalten im Ged\u00e4chtnis hat ferner, soeben H. Gossen (Archiv f\u00fcr Psychiatrie, 25, 1893, S. 85) ver\u00f6ffentlicht. Derselbe berichtet Folgendes : \u201eF\u00fcr die Versuche, bei denen die Patientin (eine aphasische Frau) sinnlose Silben aussprechen soll, mufs .hervorgehoben werden, dafs ganze Worte, selbst aus fremden Sprachen, nicht den Anforderungen eines reinen Versuchs vollst\u00e4ndig gen\u00fcgen. Auch hier wird dem Kranken seine Aufgabe erleichtert, und zwar durch die Betonung und den Rhythmus, welche dem Worte ein eigenes Gepr\u00e4ge und eine specifische F\u00e4rbung des Klanges geben und damit das Behalten und Nachsprechen beg\u00fcnstigen. Besonders deutlich zeigt dies die franz\u00f6sische Sprache. Spreche ich der Patientin z. B. die Worte vor: Fr\u00e9d\u00e9ric l\u00e9 Grand, oder l\u00e9 po\u00e8te Voltaire, oder Voltaire \u00e9tait un po\u00e8te, so sjuicht sie dieselben, trotzdem ihr das Franz\u00f6sische absolut fremd ist, fast fehlerfrei nach .. . Wir werden gleich sehen, dafs sie ebenso viele sinnlose deutsche Silben nicht aussprechen kann.\u201c","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle' Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 283\nZeit, wo die Schrift noch gar nicht oder nur sehr wenig in G-ebrauch war, stark ins Gewicht fallen mufste. Nat\u00fcrlich w\u00fcrde, sofort zuzugeben sein, dafs, nachdem einmal die Anwendung der nach rhythmischen Regeln.geformten Rede aus dem hier angedeuteten Grunde bei bestimmten Gelegenheiten gebr\u00e4uchlich geworden sei, die Erhaltung und Weiterbildung der rhythmischen Formen der Rede noch durch eine ganze Reihe anderer Faktoren (die Freude an der Symmetrie und \u00e4ufseren Ordnung, die Lust an der Erfindung neuer Formen, doktrin\u00e4re Einfl\u00fcsse, die .R\u00fccksicht auf Gesang, Tanz und musikalische Begleitung, u. a. im) bewirkt worden sei. Es w\u00fcrde uns indessen viel zu weit (sogar in litterar-historische Er\u00f6rterungen) abf\u00fchren,' wollten wir hier auf eine Pr\u00fcfung oder Durchf\u00fchrung dieser Gedanken und der Erweiterungen, welche dieselben durch Bezugnahme auf die \u00fcbrigen Formen der gebundenen Rede (Reim, Assonanz u. s. w.) notwendig zu erfahren haben w\u00fcrden, n\u00e4her eingehen. Ebenso sehen wir hier davon ab, in eine Diskussion der Frage einzutreten, worin der f\u00f6rderliche Einflufs, den die rhythmische Gliederung einer Reihe von Silben oder Worten auf das Auswendiglernen und Behalten derselben \u00e4us\u00fcbt, eigentlich seinen Grund habe. Allerdings lassen sieh ohne weiteres eine Anzahl naheliegender bekannter Faktoren anf\u00fchren, welche mehr oder weniger an diesem f\u00f6rderlichen Einfl\u00fcsse der rhythmischen Gliederung beteiligt sein d\u00fcrften. Andererseits aber l\u00e4fst sich zur Zeit gar kein sicheres Urteil dar\u00fcber aussprechen, in welchem Grade jeder von diesen naheliegenden Faktoren in Wahrheit beteiligt ist, und -ob nicht noch andere, tiefergehende und zur Zeit noch nicht gen\u00fcgend klargestellte, die Aufmerksamkeit und das Ged\u00e4chtnis betreffende Gesichtspunkte in. wesentlichem, ja sogar haupts\u00e4chlichem Grade in Betracht kommen. Man thut besser, hier den weiteren Fortschritt der experimentellen Forschung abzuwarten.1 .\nEs l\u00e4fst sich schon -von vornherein vermuten, dafs eine bestimmte Art von Silbenreihen von einer und derselben Person bei verschiedenen Rhythmen im allgemeinen nicht gleich\n1 Mit der Zur\u00fcckhaltung, die wir hier \u00fcben, h\u00e4ngt es in leicht ersichtlicher Weise zusammen, dafs wir uns \u00fcber die innerliche Zusammenfassung der Silben, die wir oben mehrfach erw\u00e4hnt haben, nicht weiter ausgesprochen haben.\t\u2018 .\t..","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\nG. F. Midier und F. Schumann.\nschnell erlernt wird. Wir haben an drei Versuchspersonen deutscher Nation gefunden, dafs eine Silbenreihe bei troch\u00e4ischem Rhythmus etwas schneller erlernt wurde, als bei jambischem Rhythmus (vergl. S. 157). Dieses Resultat erkl\u00e4rt sich wohl einfach aus der Thatsache, dafs in der deutschen Sprache die Mehrzahl der zweisilbigen W\u00d6rter den Accent auf der ersten Silbe haben und \u00fcberhaupt die deutsche Sprache, wie es C. Beyer (in seiner deutschen Poetik, 2. Aufl.. 1, S. 307) gelegentlich einmal ausdr\u00fcckt, einen troch\u00e4ischen Grundcharakter besitzt und mithin uns Deutschen die troch\u00e4ische Betonung eines Silbenpaares gel\u00e4ufiger ist, als die jambische.\nHervorzuheben ist, dafs bei dem troch\u00e4ischen Rhythmus die 6 betonten Silben nicht gleich stark betont wurden. Wir beide haben unwillk\u00fcrlich in der Regel die 1. und 5,, 7. und 11. Silbe durch einen Hauptiktus ausgezeichnet. Auch war bei uns beiden eine Incision nach der 6. Silbe, also ein Abfallen des Tones! in der 6. Silbe und eine besondere Pause zwischen dieser und der 7. Silbe, erkennbar. Ganz \u00e4hnlich, wie wir beide, verhielten sich auch die beiden Versuchspersonen P. und Hn. In der dritten Abteilung von Versuchsreihe IV und in Versuchsreihe V wurde n\u00e4mlich m\u00f6glichst genau beobachtet und im Protokolle vermerkt, wie sich diese beiden. Versuchspersonen hinsichtlich der Betonung der verschiedenen Silben verhielten. Es zeigte sich, dafs ihre Verhaltungsweise in dieser Beziehung im Verlaufe der Zeit sich immer mehr derjenigen n\u00e4herte, auf die wir beide unwillk\u00fcrlich gekommen waren. Es kamen F\u00e4lle vor, wo ein besonderer Iktus nur auf der 5. Silbe lag, ferner F\u00e4lle, wo die 1. und 5. Silbe oder die l.und7. oder die 5. und 11. Silbe durch einen besonderen Iktus ausgezeichnet waren, endlich auch F\u00e4lle, wo, wie bei uns, sowohl die 1. und 5., als auch die 7. und 11. Silbe einen Hauptiktus besafsen, und zwar kamen die F\u00e4lle dieser letzten Art um so h\u00e4ufiger vor, je gr\u00f6fser bereits die \u00dcbung im Lernen war. Niemals aber wurde beobachtet, dafs ein besonderer Iktus auf die 3. oder 9. Silbe gelegt wurde,1 Hiernach\n1 Abgesehen ist hier von F\u00e4llen, wo eine Silbe sich sehr schlecht einpr\u00e4gte und schon mehrmals ein Stocken beim Hersagen der Silbenreihe bewirkt hatte. In solchen F\u00e4llen wird die betreffende Silbe behufs st\u00e4rkerer 'Einpr\u00e4gung bei den nachfolgenden Ablesungen h\u00e4ufig besonders stark betont, mag ihre absolute Stelle sein, welche sie will.\nWas die \u00fcbrigen Versuchspersonen (aufser M., S., P. und Hn.)","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge mr Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n285\nliegt die Vermutung nahe, dafs die Erlernungsweise, bei welcher die zw\u00f6lfsilbige, sinnlose Silbenreihe in zwei gleichartige H\u00e4lften zerf\u00e4llt, in deren jeder die 1. und 5. Silbe besonders stark betont wird, diejenige Weise der Erlernung sei, welche aus irgendwelchem Grunde (bei Anwendung unseres Verfahrens, unserer Geschwindigkeit der Silbenvorf\u00fchrung u. s. w.) f\u00fcr Individuen unserer Art die bequemste ist und im Laufe der Zeit auch als solche erkannt und von selbst angenommen wird. Diese Vermutung kann indessen zur Zeit nicht als eine stark fundierte gelten, weil der Verdacht nicht ausgeschlossen ist, dafs die Versuchspersonen P. und Hn., welche mehr oder weniger oft bei Versuchen, wo einer von uns beiden lernte, anwesend waren, einfach durch unwillk\u00fcrliche Nachahmung allm\u00e4hlich immer mehr unsere Betonungsweise angenommen h\u00e4tten. Es d\u00fcrfte von Interesse sein, wenn einmal an einem anderen Orte Beobachtungen in der hier in Bede stehenden Beziehung angestellt w\u00fcrden. Nat\u00fcrlich w\u00fcrde es von grofsem Vorteile sein, wenn sich die Versuche so anstellen liefsen, dafs man auf graphischem. Wege und nicht blofs durch das Geh\u00f6r Auskunft \u00fcber die Betonungsverh\u00e4ltnisse der Silben erhielte.\n\u00c4hnlich wie bei der troch\u00e4ischen Erlernung werden vermutlich auch bei der Erlernung in anderen Taktarten einzelne Silben durch einen Hauptiktus ausgezeichnet werden. Doch haben wir hier\u00fcber keine gen\u00fcgenden Erfahrungen.\n\u00a7 21. Das Verhalten der Atmung beim, Lernen.\nAn das V orstehende schliefst sich die Mitteilung der Besultate an, die wir bei einigen (in den Jahren 1892 und 1893 angestellten) Versuchen \u00fcber das Verhalten der Atmung beim troch\u00e4ischen Erlernen sinnloser zw\u00f6lfsilbiger Beihen erhalten haben. Diese Versuche wurden in folgender Weise angestellt.\nAuf der metallenen Axe der Trommel, mittelst welcher die zu erlernende Silbenreihe in der \u00fcblichen Weise vorgef\u00fchrt\nanbelangt, so wurden dieselben gleich von vornherein auf die uns am g\u00fcnstigsten erscheinende, von uns selbst eingehaltene Betonungsweise aufmerksam gemacht, damit m\u00f6glichst wenig Zeit mit den Vor versuchen verloren werde, und damit die Versuchspersonen nicht durch F\u00e4lle, wo infolge ung\u00fcnstiger Betonungsweise der Silben sehr hohe Werte von w erzielt w\u00fcrden, ganz entmutigt w\u00fcrden und die Lust zu den Versuchen verl\u00f6ren.","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\nG. F. Muller und F. Schumann.\nwurde, war zugleich ein metallenes Bad befestigt. An der Peripherie dieses Bades waren 18 Platinspitzen in der Weise angebracht, dafs in jedem Momente, wo eine der 12 Silben im Gesichtsfelde der Versuchsperson erschien, eine Platinspitze in ein mit Quecksilber gef\u00fclltes N\u00e4pfchen eintauchte und hierdurch einen Stromkreis schlofs. Nur beim Erscheinen der 7. Silbe tauchten behufs leichterer Orientierung unmittelbar hintereinander 2 Platinspitzen in das Quecksilbern\u00e4pfchen ein. W\u00e4hrend des Lernens befand sich ferner ein Wassermotor in Th\u00e4tigkeit, welcher mittelst \u00dcbertragung eine andere, und zwar mit berufstem Papier \u00fcberzogene, Trommel in langsame Botation versetzte. Vor dieser Trommel bewegte sich, parallel zur Axe derselben, langsam ein Schlitten, welcher einerseits den Schreibapparat eines der Brust der Versuchsperson aufgebundenen MAREVschen. Pneumographen, andererseits eine Markiervorrichtung trug, welche aus einem Elektromagneten bestand, der bei Schliefsung eines ihn umkreisenden Stromes auf eine mit einem langen Aluminiumhebel in Verbindung stehende Stahlplatte wirkte. Die Aluminiumfeder und der Schreibhebel des Pneumographen schrieben nebeneinander auf dem berufsten Papiere. Der den Elektromagneten umkreisende Strom war geschlossen, solange eine der oben erw\u00e4hnten 13 Platinspitzen in das Quecksilbern\u00e4pfchen eintauchte. Demnach wurde in jedem Zeitpunkte, wo eine Silbe im Gesichtsfelde der Versuchsperson erschien, eine seitliche Verr\u00fcckung der Aluminiumfeder auf dem berufsten Papiere verzeichnet, und gleichzeitig gab der Schreibhebel des Pneumographen durch seine Aufzeichnungen auf dem berufsten Papiere den jeweiligen Stand des Atmungsapparates an.1 Solange die Versuchsperson die zu erlernende Beihe Silbe f\u00fcr Silbe ruhig ablas, erhielt man durch die Aufzeichnungen der Aluminiumfeder zugleich auch dar\u00fcber Auskunft, wie der Stand des Atmungsapparates beim Aussprechen der verschiedenen Silben war. Sobald indessen die Versuchsperson anfing, das freie Hersagen der Beihe zu versuchen, wurde eine gr\u00f6fsere oder geringere Anzahl von Silben erheblich fr\u00fcher ausgesprochen, als sie sichtbar waren. Es mufste also die direkte Beobachtung\n1 Eine eingehendere Untersuchung des Atmungsvorganges, eine gesonderte Verfolgung der kostalen und der abdominalen Komponente desselben u. a. m. lag ganz aufserhalb der Aufgabe dieser beil\u00e4ufigen Versiiehe.","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sw Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 287\ndes Versuchsleiters erg\u00e4nzend eintreten. Derselbe beobachtete den Gang des Schreibhebels des Pneumographen auf dem berufst'en Papiere, w\u00e4hrend er gleichzeitig auf die von der. Versuchsperson ausgesprochenen Silben hinh\u00f6rte. \u00dcberhaupt ist diese beobachtende Th\u00e4tigkeit des Versuchsleiters notwendig, um Auskunft \u00fcber manche auffallende Unregelm\u00e4fsigkeiten der zur Verzeichnung gelangenden Atmungskurven zu erhalten.\nSchwierigkeiten bereitet bei derartigen Versuchen nur die Herstellung einer vollst\u00e4ndigen Unbefangenheit der Versuchs-, person. Es handelt sich darum, einen Zustand zu erreichen, wo die Versuchsperson lernt, ohne \u00fcberhaupt an die Atmung dabei zu denken. Zu diesem Behufe empfiehlt es sich, die Versuche mit einer und derselben Versuchsperson \u00f6fter anzustellen, damit sich dieselbe an den durch den Pneumographen ausge\u00fcbten Druck und \u00fcberhaupt an die neue Versuchsanordnung ganz gew\u00f6hne und ihre Aufmerksamkeit durch letztere nicht mehr vom Lernen ab und auf die Atmung hin gerichtet werde. Ferner sind der Versuchsperson die mit ihr und anderen. Versuchspersonen erhaltenen Resultate m\u00f6glichst bis zum Schl\u00fcsse der Versuche zu verheimlichen. Endlich ist zu beachten, dafs, wenn auch vielleicht bei den ersten Wiederholungen einer Silbenreihe die Aufmerksamkeit der Versuchsperson zuweilen nicht mit gen\u00fcgender Stetigkeit, dem Lernen zugewandt ist, doch wenigstens bei den sp\u00e4teren Wiederholungen der Reihe der Verdacht einer willk\u00fcrlichen Beeinflussung der Atmung durch die Versuchsperson weit mehr ausgeschlossen ist. Denn bei den letzten Wiederholungen einer Silbenreihe ist die Versuchsperson in der Regel mit Eifer, oft sogar mit ungeduldigem Eifer bem\u00fcht, endlich mit dem Lernen zu Rande zu kommen. Und da wird sie sich schwerlich noch die Last auflegen, daneben auch noch an die Atmung zu denken.\nAls Versuchspersonen dienten M., P. und S. Zuerst fungierte . S. als Versuchsleiter, w\u00e4hrend M. und P. als Versuchspersonen dienten und w\u00e4hrend der Dauer der mit ihnen angestellten Versuche ohne Kenntnis der an ihnen erlangten Resultate blieben. Sp\u00e4ter nahm M. als Versuchsleiter S. und auch nochmals\u2019 P. vor. Die Resultate waren im wesentlichen folgende.\nDie von dem Schreibhebel d\u00e8s Pneumographen verzeichnete Kurve (Atemkurve), an welcher ein aufsteigender Ast einer Einatmung, ein absteigender Ast einer Ausatmung entspricht,","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nG. JS. M\u00fcller und F. Schumann.\nsteigt in der Regel in der Zwischenpause zwischen zwei Wiederholungen der Silbenreihe. steil an (entsprechend dem Stattfinden einer kr\u00e4ftigen Einatmung), f\u00e4llt hierauf langsam ab bis zum Anssprechen der 6. Silbe, steigt' alsdann wieder steil an, wenn auch h\u00e4ufig nicht bis zu derselben H\u00f6he, bis zu welcher sie vorher in der Zwischenpause anstieg, und f\u00e4llt hierauf wieder ab bis zum Aussprechen der 12. Silbe. In der nun folgenden Zwischenpause steigt die Atemkurve wiederum steil an, f\u00e4llt wieder ab bis zum Aussprechen der 6. Silbe, steigt abermals bis zu gewisser H\u00f6he an u. s. f. Heben den F\u00e4llen, wo jeder Wiederholung der Silbenreihe nebst vorhergehender Zwischenpause zwei Berge der Atemkurve entsprechen, kommen vereinzelt, aber eben nur vereinzelt auch F\u00e4lle vor, wo einer Wiederholung der Reihe nebst vorhergehender Zwischenpause nur ein einziger, hoch ansteigender und tief abfallender Berg der Atemkurve entspricht. Nat\u00fcrlich verl\u00e4uft die Atemkurve nicht ganz glatt in der hier angedeuteten Weise, sondern die Berge derselben zeigen in unregelm\u00e4fsiger, wechselnder Weise kleine Einsenkungen, Plateaus oder Erhebungen. Und es kommt vor, dafs die Atemkurve infolge unregelm\u00e4fsiger Einfl\u00fcsse stellenweise den soeben geschilderten regelm\u00e4fsigen G-ang, bei welchem auf jede Wiederholung der Reihe zwei. Berge oder ein gr\u00f6fserer Berg entfallen, gar nicht mehr erkennen l\u00e4fst. Es kommt vor, dafs auf eine Wiederholung der Silbenreihe 3 oder 4 Berge der Atemkurve entfallen, dafs ein Berg der letzteren sich in der zweiten H\u00e4lfte der Silbenreihe erhebt und bei seinem langsamen Abfalle \u00fcber die Zwischenpause hinweg bis in die n\u00e4chstfolgende Wiederholung hineinreicht, u. dergl. m. Solche Unregelm\u00e4fsigkeiten zeigten sich besonders stark bei M-, viel weniger und nur selten bei P. und S.\nBedingt werden diese Unregelm\u00e4fsigkeiten, wie die Beobachtung gezeigt hat, erstens durch gelegentliches leises R\u00e4uspern, Schn\u00fcffeln u. dergl. der Versuchsperson. Zweitens entstehen dieselben leicht durch die Stockungen, welche bei den Versuchen, die Reihe oder wenigstens einen Teil derselben frei herzusagen, eintreten. Gelingt z. B. der Versuch, die Reihe frei herzusagen, nur bis zu der vierten Silbe, so verfliefst nach dem Aussprechen dieser Silbe bis zum Erscheinen der f\u00fcnften Silbe eine l\u00e4ngere Pause,1 welche nun sehr h\u00e4ufig zu einer\n1 Bei unserem Verfahren mufs ja bei einem g\u00fcltigen Hersagen jede Silbe ausgesprochen werden, bevor sie sichtbar ist.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 289\nneuen Einatmung benutzt wird, so dafs sieb bereits nach der vierten Silbe wieder ein Berg der Atemkurve erhebt, der je nach Umst\u00e4nden bis zur sechsten oder irgend einer anderen Silbe der Reihe reicht. In anderen F\u00e4llen (wie es scheint, namentlich in solchen F\u00e4llen, wo die Versuchsperson die nicht sofort gefundene Silbe durch Anstrengung des Ged\u00e4chtnisses doch noch zu finden strebt) hat das Stocken beim Hersagen zur Folge, dafs die Atemkurve ein Plateau darstellt, d. h. der Fortgang der Ausatmung f\u00fcr gewisse Zeit (bis zum Gefundenwerden der gesuchten Silbe oder bis zum Erscheinen der n\u00e4chstfolgenden Silbe) sistiert wird. In dieser und \u00e4hnlicher \"Weise entstehen bei den Versuchen des Hersagens mancherlei Unregel-m\u00e4fsigkeiten der Atemkurve.\n' Das durchaus vorherrschende Verhalten ist aber, wie bemerkt, dasjenige, bei welchem auf jede Wiederholung der Silbenreihe nebst vorhergehender Zwischenpause zwei Berge der Atemkurve entfallen. Dieses Verhalten d\u00fcrfte in einem gewissen Zusammenh\u00e4nge zu der oben (S. 284 f.) erw\u00e4hnten Thatsache stehen, dafs auch gem\u00e4fs der bei uns vorherrschenden Betonungsweise der einzelnen Silben jede Reihe in zwei gleichartige H\u00e4lften zerf\u00e4llt. Das bei uns vorherrschende Verhalten der Atmung erscheint als ein ganz nat\u00fcrliches Verhalten, wenn man bedenkt, dafs bei demselben 14\u201415 ausgepr\u00e4gte Atemz\u00fcge auf die. Minute entfallen. Die Ansicht ist ja nicht ganz neu, dafs C\u00e4sur und Incision ihren Ursprung wenigstens zum Teil den Bed\u00fcrfnissen der Atmung verdanken. Je nach der L\u00e4nge der zu erlernenden Silbenreihen und je nach der Geschwindigkeit ihrer Vorf\u00fchrung kann auch die Gliederung, welche dieselben unter dem Mit-einflusse des Atembed\u00fcrfnisses erfahren, eine verschiedene sein.\n\u00a7 22. Von der Begrenztheit der beim Lernen zur Verf\u00fcgung stehenden Aufmerksamkeits energie und ihrer ungleichm\u00e4fsigen Verteilung.\nSucht man sich dar\u00fcber Rechenschaft zu geben, was beim Auswendiglernen einer Silbenreihe in uns vorgeht, so zeigt sich der Selbstbeobachtung u. a. folgendes:\nDie Silben erreichen nicht ann\u00e4hernd gleichzeitig den Punkt, wo sie richtig an ihrer richtigen Stelle reproduciert werden k\u00f6nnen, sondern sie r\u00fccken sozusagen successiv in einer von Zuf\u00e4lligkeiten nicht unabh\u00e4ngigen Weise in den\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\t19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290\nG. JS. Muller und F. Schumann.\nZustand der richtigen Reproducierbarkeit ein. Die Ordnung, welche die Silben und Takte in der Silbenreihe besitzen, ist bei diesem successiven Eintreten derselben in den Zustand der richtigen Reproducierbarkeit durchaus nicht von ausschliefslich mafsgebender Bedeutung. Es steht nicht so, dafs immer der erste Takt derjenige ist, welcher zuerst richtig reproduciert werden kann, dafs hierauf der zweite Takt diesen Punkt erreicht, dann der dritte, u. s.f. Vielmehr kommt es h\u00e4ufig vor, dafs etwa der letzte Takt oder einer der mittleren Takte, welcher einem zweisilbigen Worte \u00e4hnlich ist oder die Aufmerksamkeit irgendwie besonders auf sich gezogen hat, zuerst dem Ged\u00e4chtnisse zur Verf\u00fcgung steht. Operiert man mit, nicht normalen Silbenreihen, so geh\u00f6ren selbstverst\u00e4ndlich Takte, deren beide Silben mit demselben Konsonanten anfangen oder sonstige derartige \u00dcbereinstimmungen darbieten, zu denjenigen, welche sich zuerst einpr\u00e4gen. Auch eine einzelne Silbe, welche eine Bedeutung besitzt oder sonstwie die Aufmerksamkeit auf sieh gezogen hat, kann infolge von Association mit der absoluten Stelle schon l\u00e4ngst an ihrem richtigen Orte reprodu-cierbar sein, w\u00e4hrend die Nachbarsilben noch tief unter dem Niveau der Reproducierbarkeit liegen. Der Vorzug, fr\u00fchzeitiger als die Nachbarsilben reproducierbar zu sein, kommt nat\u00fcrlich sehr h\u00e4ufig, aber keineswegs immer der ersten Silbe zu.1\nWie schon im Vorstehenden angedeutet, w\u00fcrde es ein grofser Irrtum sein, wollte man glauben, dafs die Aufmerksamkeit beim Ablesen der Silbenreihe immer auf derselben H\u00f6he verharre. Dieselbe wendet sich vielmehr den verschiedenen Silben oder Takten je nach Umst\u00e4nden mit verschiedenem Intensit\u00e4tsgrade zu. Einen eklatanten Beweis f\u00fcr diese Ungleich-\n1 Es kommt nicht selten vor, dafs infolge von Zuf\u00e4lligkeiten der oben angedeuteten Art die zweite H\u00e4lfte der Silbenreihe eher beherrscht wird, als die erste. Kommt dieser Fall bei einer neuen Versuchsperson zuf\u00e4llig einige Male hintereinander vor, so wird dieselbe vielleicht erkl\u00e4ren, dafs sie merkw\u00fcrdigerweise sich immer die zweite H\u00e4lfte der Eeihe zuerst einpr\u00e4ge. Denn die neuen Versuchspersonen kommen sich h\u00e4ufig sehr interessant vor und pflegen Zuf\u00e4lligkeiten gern zu interessanten individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten zu erheben. Deshalb sind allgemeine Behauptungen neuer Versuchspersonen stets mit grofser Skepsis aufzunehmen. Hat man einige Hunderte von Silbenreihen auswendig gelernt, so kommt man sich gar nicht mehr interessant vor und weifs von viel weniger individuellen Eigent\u00fcmlichkeiten zu berichten.","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 291\nm\u00e4fsigkeit der Aufmerksamkeit bieten diejenigen (gar nickt seltenen und von uns ganz sicher beobachteten) F\u00e4lle, in denen ein bestimmter Teil der zu erlernenden Silbenreihe, z. B. die zweite H\u00e4lfte derselben, fr\u00fchzeitig dem Ged\u00e4chtnisse zur Verf\u00fcgung steht. In solchem Falle wendet sich die Aufmerksamkeit bei den nachfolgenden Wiederholungen der Beihe haupts\u00e4chlich der noch nicht beherrschten ersten H\u00e4lfte der Beihe zu. Und dann kommt es nicht selten vor, dafs zu der Zeit, wo diese H\u00e4lfte richtig reproduciert werden kann, die fr\u00fcher leicht reproducierte zweite H\u00e4lfte der Beihe wieder erheblich unter das Niveau der Beproducierbarkeit gesunken ist und von neuem erlernt werden mufs. W\u00e4re die Aufmerksamkeit in gleichm\u00e4fsiger Weise allen Silben zugewandt, so h\u00e4tte die zweite H\u00e4lfte der Beihe w\u00e4hrend derjenigen Wiederholungen der Beihe, welche zur Aneignung der ersten H\u00e4lfte f\u00fchrten, nicht ihre Beproducierbarkeit verlieren k\u00f6nnen, sondern h\u00e4tte vielmehr an Leichtigkeit des Beprodueiertwerdens gewinnen m\u00fcssen.\nMan wird also nicht viel fehlgreifen, wenn man sich folgende Vorstellungsweise bildet. Wird uns eine sinnlose Silbenreihe behufs Erlernung zu \u00f6fter wiederholten Malen schnell vorgef\u00fchrt, so haben wir f\u00fcr die Zeit jeder Vorf\u00fchrung nur ein bestimmtes Quantum von Aufmerksamkeitsenergie zur Verf\u00fcgung, das wir nun je nach Willk\u00fcr oder sonstigen Anl\u00e4ssen in dieser oder jener Weise auf die verschiedenen Silben oder Takte verteilen. Lassen wir einem Teile der Silbenreihe ein grofses Quantum dieser Energie zu teil werden, so hat das laute Ablesen der \u00fcbrigen Teile f\u00fcr die Einpr\u00e4gung der letzteren nur sehr geringen Erfolg. Ja es kann, wie soeben erw\u00e4hnt, sogar Vorkommen, dafs das laute Ablesen dieser von der Aufmerksamkeit vernachl\u00e4ssigten Teile nicht einmal das Sinken der Beproducierbarkeit derselben zu verhindern vermag. Eine v\u00f6llig gleichm\u00e4fsige Verteilung der Aufmerksamkeitsenergie auf alle Silben scheint den Gesetzen unserer Aufmerksamkeit zu widersprechen. Doch d\u00fcrften individuelle Verschiedenheiten insofern bestehen, als den einen Individuen ein h\u00f6herer Grad vonGleichm\u00e4fsigkeit im Verhalten der Aufmerksamkeit erreichbar ist, als den anderen. Das Quantum der Aufmerksamkeitsenergie, welches f\u00fcr eine Ablesung der Silbenreihe zur Verf\u00fcgung steht, h\u00e4ngt nat\u00fcrlich von dem Interesse an der schnellen\n19*","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nErlernung der Beihe, dem Erm\u00fcdungsgrade und anderen derartigen Faktoren ab.\nAus dem hier geltend gemachten Gesichtspunkte d\u00fcrfte auch die Thatsache zu erkl\u00e4ren sein, dafs das Vorkommen einer oder mehrerer sprachlich schwieriger Silben in einer Silbenreihe die Erlernung der letzteren deutlich erschwert. Diese Thatsache, so gel\u00e4ufig sie uns ist, kann befremden, wenn man bedenkt, dafs sprachlich schwierige Silben zugleich solche sind, welche eine gr\u00f6fsere Konzentration der Aufmerksamkeit erfordern, und dafs eine gr\u00f6fsere Konzentration der Aufmerksamkeit an und f\u00fcr sich die Einpr\u00e4gung in das Ged\u00e4chtnis f\u00f6rdert. Diese Thatsache begreift sich aber v\u00f6llig, wenn man bedenkt, dafs bei dem Lesen einer Silbenreihe das Quantum der aufzuwendenden Aufmerksamkeitsenergie nicht ins Beliebige gesteigert werden kann, sondern die Anspannung der Aufmerksamkeit, welche die sprachliche Bew\u00e4ltigung einer schwierigen Silbe erfordert, zugleich eine Verringerung der Aufmerksamkeitsenergie mit sich f\u00fchrt, welche auf die innerliche Synthese dieser Silbe mit den ihr nachfolgenden Silben und auf die anderen Silben \u00fcberhaupt verwandt werden kann.\nEndlich ist der hier in Bede stehende Gesichtspunkt auch zur Erkl\u00e4rung der Ersparnisse heranzuziehen, welche in den Versuchsreihen I\u2014V die Umstellungsreihen mit Taktschonung oder Taktl\u00f6sung den zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen gegen\u00fcber ergeben haben, und welche \u00fcberhaupt irgendwelche Umstellungsoder Ersetzungsreihen den zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen gegen\u00fcber ergeben. Man betrachte z. B. die bedeutenden Ersparnisse, welche die Umstellungsreihen S\u201e nach den auf S. 113,123, 127 mitgeteilten Versuchsresultaten ergeben haben. Diese Umstellungsreihen besitzen den Vergleichsreihen gegen\u00fcber den Vorzug, dafs in jeder von ihnen f\u00fcnf aufeinanderfolgende Silbenpaare Vorkommen, deren jedes aus zwei durch die Erlernung der Vorreihen bereits miteinander associierten Silben besteht. Angenommen nun, die Aufmerksamkeit sei stets allen Silben und Silbenverbindungen einer zu erlernenden Beihe in ganz gleichm\u00e4fsiger Weise zugewandt, so w\u00e4re, wie es scheint, eine \u25a0Ersparnis bei Umstellungsreihen dieser und anderer Art \u00fcberhaupt nicht zu erwarten. Denn um zwischen zwei solchen Silben, die nicht bereits bei Erlernung der Vorreihen miteinander associiert worden sind, den f\u00fcr das fehlerhafte Hersagen erforder-","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses, 293\nliehen Associationsgrad herzustellen, w\u00fcrde alsdann eine Anzahl von Wiederholungen der Umstellungsreihe erforderlich sein, welche ganz unabh\u00e4ngig davon w\u00e4re, wieviele andere Silben der Reihe bereits durch die Erlernung der Yorreihen miteinander associiert worden sind, w\u00fcrde also ganz dieselbe Anzahl von Wiederholungen erforderlich sein, welche zur Erlernung einer Vergleichsreihe notwendig ist. Thats\u00e4chlich kommen die Associationen, welche einzelne unmittelbar aufeinanderfolgende Silben einer Umstellungsreihe bereits bei Erlernung der Yorreihen miteinander eingegangen sind, denjenigen Associationen, welche bei der Erlernung der Umstellungsreihe zwischen einzelnen aufeinanderfolgenden Silben derselben ganz neu zu stiften sind, nur dadurch zu gute, dafs bei den Wiederholungen der Umstellungsreihe ein gr\u00f6fserer Teil der zur Verf\u00fcgung stehenden Auf in e r k s am k ei t s- oder Aneignungsenergie auf die Herstellung dieser ganz neuen Associationen verwandt werden kann. Je mehr von den Associationen, auf denen das fehlerfreie Hersagen .einer Umstellungsreihe beruht, bereits bei Erlernung der Yorreihen hergestellt worden sind, und je st\u00e4rker diese der Erlernung der Vorreihen entstammenden Associationen bei dem Lernen der Umstellungsreihe noch sind, ein desto gr\u00f6fserer Bruchteil der verf\u00fcgbaren Aneignungsenergie kann auf diejenigen Silbenfolgen verwandt werden, welche ganz neu sind und sozusagen die schwachen Stellen der Umstellungsreihe darstellen.1\nGewisser Vollst\u00e4ndigkeit halber mag hier noch ein (manchem vielleicht schon ohne weiteres sehr wenig plausibel erscheinender) Einwand besprochen werden, den man gegen\u00fcber der soeben gegebenen Erkl\u00e4rung der bei den Umstellungsreihen erzielten Ersparnisse allenfalls erheben k\u00f6nnte, n\u00e4mlich der Einwand, dafs diese Ersparnisse auch noch in anderer, und zwar in folgender \"Weise erkl\u00e4rbar seien. Die Anzahl der Wiederholungen, welche f\u00fcr die Erlernung einer Silbenreihe erforderlich sei, bestimme sich nach der Anzahl von M\u00f6glichkeiten, welche daf\u00fcr vorhanden seien, dafs die Versuchsperson beim Versuche, die Eeihe herzusagen, stocke. Bei der Erlernung einer ganz neuen Silbenreihe oder einer Vergleichsreihe F\u201e oder Vv (vergl. S. 107 und 110) sei die Anzahl\n1 Wie leicht ersichtlich, k\u00f6nnen nach dem hier angedeuteten Gesichtspunkte Unterschiede der Ersparnisse, welche verschiedene Individuen bei Umstellungsreihen bestimmter Art erzielen,, ihren Grund zum Teil auch darin haben, dafs verschiedene Individuen bei Erlernung der Umstellungsreihen ihre Aufmerksamkeit nicht in gleichem Grade auf die schwachen Stellen dieser Beihen konzentrieren.","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\ndieser Stockungsm\u00f6glichkeiten (bei unserem Verfahren, wo auch die erste Silbe der Reihe mittelst des Ged\u00e4chtnisses gefunden werden mufs) genau gleich der Anzahl der Silben der Reihe, also , bei einer zw\u00f6lf-silbigen Reihe gleich 12. Bei der Erlernung einer Umstellungsreihe von der Art Su oder & oder einer anderen \u00e4hnlichen Art hingegen k\u00e4men bereits nach einer geringen Anzahl von Wiederholungen der Reihe so viele Stockungsm\u00f6glichkeiten ganz in Wegfall,- als Paare miteinander associierter Silben aus den Vorreihen in die Umstellungsreihe \u00fcbernommen worden seien. Die Folge hiei\u2019von m\u00fcsse sein, dafs derartige Umstellungsreihen durchschnittlich mit einer gewissen Ersparnis erlernt w\u00fcrden.\nDer hier angedeutete Einwand ist. ein solcher, der sich nur machen l\u00e4fst, solange man eben noch nicht selbst Versuche mit der Erlernung solcher Silbenre.ihen angestellt hat. Wenn man eine Umstellungsreihe Su etwa bei der 10., eine Vergleichsreihe F\u00bb etwa bei der 16. Wiederholung frei herzusagen versucht, so geschieht dies nicht in der Weise, dafs man sich im ersteren Falle sagt, die Association zwischen der Endsilbe jedes Taktes und der Anfangssilbe des n\u00e4chstfolgenden Taktes sei eigentlich noch zu schwach und schw\u00e4cher, als in dem anderen Falle, wo man an das freie Hersagen einer Vergleichsreihe VH herangehe; das Hersagen der Reihe Su sei aber trotzdem jetzt schon zu riskieren, weil wenigstens die Chancen, mitten in einem Takte beim Hersagen zu stocken, fast ganz in Wegfall gekommen seien. Von einem solchen Verhalten kann gar keine Rede sein. Wenn man eine Umstellungsreihe Su bei der 10. Wiederholung herzusagen versucht, glaubt man auf Grund desjenigen, was man bei den unmittelbar vorhergehenden Wiederholungen der Reihe an sich beobachtet hat, diese Reihe genau so in ihren verschiedenen Teilen und \u00dcberg\u00e4ngen zu beherrschen, wie man eine Reihe F\u201e zu beherrschen glaubt, wenn man etwa bei der 16. Wiederholung den Versuch macht, sie frei herzusagen. Und dieses Verhalten l\u00e4fst sich nicht durch die Annahme erkl\u00e4ren, dafs die Aufmerksamkeit bei der Erlernung einer Umstellungsreihe St, den verschiedenen Silben und Silbenfolgen in wesentlich gleichm\u00e4fsiger Weise zugewandt sei, und die bei einer solchen Reihe Su erzielte Ersparnis lediglich auf dem Wegfalle einer Anzahl von Stockungsm\u00f6glichkeiten beruhe.1 Dieses Verhalten l\u00e4fst sich nur in der von uns oben angegebenen, auf die Begrenztheit der Aufmerksamkeitsenergie und ihre ungleichm\u00e4fsige Verteilung bezugnehmenden Weise befriedigend erkl\u00e4ren.\nNebenbei mag hinsichtlich der von uns hier abgewiesenen Auffassung der bei gewissen Umstellungsreihen erzielten Ersparnisse noch folgender Punkt kurz ber\u00fchrt werden. Wie wir wissen, sind die \u00dcberg\u00e4nge von einem Takte zum anderen an und f\u00fcr sich sozusagen die\n1 Nat\u00fcrlich ist der Gesichtspunkt, dafs die f\u00fcr eine Silbenreihe erforderliche Wiederholungszahl von der Anzahl der in dieser Reihe vorhandenen Stockungsgelegenheiten abh\u00e4nge, nicht absolut unberechtigt. Er kommt z. B. neben anderen Gesichtspunkten mit in Betracht, wenn es sich darum handelt, die Abh\u00e4ngigkeit der erforderlichen Wiederholungszahl von der L\u00e4nge der Silbenreihe zu erkl\u00e4ren.","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 295\nschwachen Stellen einer zu erlernenden Silbenreihe. Zwei Silben, welche demselben Takte angeh\u00f6ren, sind eben wegen ihrer Zugeh\u00f6rigkeit zu demselben Takte meist schon nach verh\u00e4ltnism\u00e4fsig wenigen Wiederholungen fest miteinander associiert. W\u00e4re nun nicht nach jener Auffassung zu erwarten, dafs von den von uns untersuchten Arten von Umstellungsreihen die Reihen i\u201e (S.107) und & (S.110) gr\u00f6fsere Ersparnisse ergeben, als die Reihen S\u201e? Denn in den beiden ersteren Arten von Umstellungsreihen dienen die aus den Vorreihen entstammenden Associationen dazu, den \u00dcbergang von Takt zu Takt zu erleichtern, w\u00e4hrend in den Reihen Su diese Associationen dazu dienen, den Zusammenhalt solcher Silben, die in der Umstellungsreihe demselben Takte angeh\u00f6ren und mithin sowieso schon nach einigen Wiederholungen der Umstellungsreihe ziemlich fest miteinander associiert sind, noch mehr zu steigern. Macht man die Voraussetzung, dafs sich die Aufmerksamkeit den verschiedenen Silben und Silbenfolgen in wesentlich gleichm\u00e4fsiger Weise zuwende, so scheint die Wahrscheinlichkeit daf\u00fcr, dafs bei einem, z. B. nach 9 Wiederholungen unternommenen, Versuche des freien Hersagens ein Stocken eintrete, f\u00fcr die Reihen i\u00ab und Sv geringer zu sein, als f\u00fcr die Reihen Su, in denen bei G\u00fcltigkeit jener Voraussetzung die \u00dcberg\u00e4nge von Takt zu Takt nach 9 Wiederholungen noch nicht gen\u00fcgend eingepr\u00e4gt sein k\u00f6nnen. Thats\u00e4chlich ergeben aber die Reihen Su bedeutend gr\u00f6fsere Ersparnisse, als jene anderen Arten vonUmstellungs-reihen, was sich aus der von uns oben entwickelten Auffassung ohne weiteres erkl\u00e4rt, da eben die von der Erlernung der Vorreihen herr\u00fchrenden Associationen in den Reihen Lu und Sv (in letzteren wegen der ver\u00e4nderten Betonung der Silben) schw\u00e4cher sind, als in den Reihen Su.\nAus den vorstehenden Ausf\u00fchrungen ergiebt sich, dafs die Ersparnisse, die wir bei gewissen Umstellungsreihen erzielt haben, so selbstverst\u00e4ndlich sie zun\u00e4chst erscheinen, bei n\u00e4herer Erw\u00e4gung sich als etwas gar nicht Selbstverst\u00e4ndliches, der Diskussion durchaus Bed\u00fcrftiges darstellen, und zwar auf einer eigent\u00fcmlichen, von der experimentellen Psychologie noch weiter zu durchforschenden Verhaltengsweise der Aufmerksamkeit beruhen.\t..\n\u00a7 23. Der sensorische Gr.und.charakter des Lernens. Objektive Kriterien desselben. Festeres Haften der Vokale im Ged\u00e4chtnisse.\nSelbstverst\u00e4ndlich sind auch bei unseren Versuchen die Verschiedenheiten zu Tage getreten, die bei verschiedenen Individuen hinsichtlich des sensorischen Grundcharakters des Ged\u00e4chtnisses bestehen.\nVersuchsperson P. erkl\u00e4rte auf Befragen an einem Versuchstage, welcher der ersten Abteilung von Versuchsreihe IV an-","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\nG. F. M\u00fcller und F. Schumann.\ngeh\u00f6rt, dafs er die Silbenreihen visuell lerne, und zwar in solchem Mafse, dafs er zuweilen nicht wisse, ob er die Reihen vom Papier oder aus dem Ged\u00e4chtnisse abgelesen habe. Er habe beim Hersagen deutlich die von fremder Hand geschriebenen Buchstaben vor Augen. Es komme aber auch vor, dafs er blofs die erste und siebente Silbe vor Augen habe, w\u00e4hrend er die anderen dann ganz mechanisch ausspreche. Mit dieser Aussage stimmte dasjenige, was P. an sp\u00e4teren Versuchstagen der ersten Abteilung jener Yersuchsreihe zu Protokoll gab, \u00fcberein.1 Hur kamen an diesen Tagen F\u00e4lle vor, wo die Reihe zwar visuell gelernt wurde, aber das Hersagen derselben oder wenigstens der zweiten H\u00e4lfte oder des Schlusses derselben \u201emechanischu erfolgte. In der dritten Abteilung von Versuchsreihe IV endlich gab P. an, nicht mehr im gleichen Grade wie fr\u00fcher visuell zu lernen.\nVersuchsperson Sch. (S. 162) gab, ohne die Aussagen von P. zu kennen, nach etwa dreiw\u00f6chiger \u00dcbung an, dafs er anfangs ganz visuell gelernt habe, jetzt aber fast ganz nach dem Geh\u00f6re lerne. Dabei sei aber das Geh\u00f6rsbild eines Konsonanten h\u00e4ufig nicht deutlich genug, so dafs er sich verspreche. In solchem Palle sitze die betreffende Silbe nicht eher ..fest, als bis sie visu eil gelernt sei.'\nVersuchsperson M. war vielfach in der Lage, nach dem Erlernen einer Silbenreihe von bestimmten Silben oder Silbenpaaren angeben zu k\u00f6nnen, dafs er sie beim Hersagen visuell vor sich gehabt habe. H\u00e4ufig sah er in solchem Palle, wie schon in der Anmerkung zu S. 161 bemerkt, die beiden zu einem und demselben Takte geh\u00f6rigen Silben gleichzeitig vor sich, obwohl sie ihm durch den Apparat successiv vorgef\u00fchrt worden waren.2 Bei M. hat infolge der fortschreitenden \u00dcbung entweder die Visualit\u00e4t beim Lernen oder wenigstens die F\u00e4higkeit zugenommen, sich beim visuellen Lernen oder Hersagen einzelner Silben oder Silbenfolgen zu ertappen. Auch\n1\tHierher geh\u00f6rt auch noch die in der Anmerkung zu S. 161 erw\u00e4hnte Aussage von P.\n2\tDer visuelle Grundcharakter des Ged\u00e4chtnisses von M. zeigte sich auch darin, dafs er bei Vergleichung gehobener Gewichte, Vergleichung von F\u00fchlraumstrecken, Versuchen \u00fcber Vergleichung kleiner Zeitr\u00e4ume u. dergl. die zun\u00e4chst erhaltenen Eindr\u00fccke kin\u00e4sthetischer oder anderer Art sofort mit entsprechenden visuellen Bildern, die teilweise sogar mehr nur symbolischer Art waren, begleitete. \u00c4hnlich verhielt sich P.","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n297\nvon M. wurde gelegentlich ein Takt oder eine Silbe rein mechanisch ausgesprochen.\nS. endlich hat niemals etwas vom visuellen Lernen in sich gesp\u00fcrt. Nach allem, was wir konstatieren konnten, spielt das visuelle Element in seinem Ged\u00e4chtnisse nur eine sehr geringe Rolle.\nInteressant sind an den hier mitgeteilten Ergebnissen der Selbstbeobachtung zwei Punkte. Erstens der Umstand, dafs gelegentlich das Hersagen eines Teiles der Silbenreihe \u201eganz mechanisch\u201c, d. h. nur noch als gewohnheitsm\u00e4fsige (sekund\u00e4r automatische) Bewegung erfolgen kann. Zweitens der Umstand, dafs den gethanen Aussagen gem\u00e4fs, f\u00fcr die allerdings gerade in dieser Beziehung Best\u00e4tigungen durch noch andere Beobachter w\u00fcnschenswert sind, sich der sensorische Grundcharakter des Lernens bei fortschreitender \u00dcbung etwas verschieben kann.1 Dafs nach Eintritt pathologischer Ged\u00e4chtnisst\u00f6rungen (z. B. Seelenblindheit) der sensorische Grundcharakter des Ged\u00e4chtnisses ein ganz anderer werden, z. B. vom vorwiegend visuellen Typus zum vorwiegend akustischen \u00fcbergehen kann, ist bekanntlich schon vor Jahren von Charcot [Neue Vorlesungen \u00fcber die Krankheiten des Nervensystems, insbesondere \u00fcber Hysterie, deutsch durch S. Freud, Leipzig und Wien, 1886, S. 146 ff.) konstatiert worden.\nVon der Befragung sonstiger Versuchspersonen hinsichtlich des sensorischen Grundcharakters ihrer Lernweise haben wir aus guten Gr\u00fcnden Abstand genommen. Nur betreffs Hn. (S. 126) bedauern wir, dafs die Versuchsprotokolle auffallenderweise nichts \u00fcber ihn in dieser Beziehung enthalten.\n1 An und f\u00fcr sich erscheint das Vorkonnnen solcher Verschiebungen des sensorischen Grundcharakters des Lernens durchaus nicht unwahrscheinlich. Wenn z. B. jemand infolge \u00e4ufserer Verh\u00e4ltnisse etwaige von ihm zu erlernende Gedichte und sonstige Wortreihen bisher in der Kegel nur still und mit haupts\u00e4chlicher Benutzung des visuellen Ged\u00e4chtnisses erlernt hat und nun pl\u00f6tzlich bei Versuchen von der Art der unsrigen dazu angehalten wird, immer ganz laut zu lernen, so wird er, falls die Veranlagung seines akustischen Ged\u00e4chtnisses von Haus aus keine schlechte ist, erst allm\u00e4hlich hinter die Vorteile einer mehr oder weniger ausgepr\u00e4gten Mitbenutzung des akustischen Ged\u00e4chtnisses kommen und unter Umst\u00e4nden von einem vorwiegend visuellen Grundcharakter des Lernens allm\u00e4hlich zu einem vorwiegend akustischen Grundcharakter desselben \u00fcbergehen.","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\nG. E. Muller und F. Schumann.\nDie Wichtigkeit, welche es f\u00fcr die Deutung der an einer Versuchsperson erhaltenen Resultate unter Umst\u00e4nden besitzen kann, den sensorischen Grundcharakter des Lernens dieser Versuchsperson genau zu kennen, ergiebt sich bereits aus gelegentlichen Bemerkungen unsererseits (S. 119 f., 161, Anm.). In Hinblick hierauf, sowie aus allgemeinerem wissenschaftlichen Interesse mufs das Bestreben der Psychologie darauf gerichtet sein, objektive Kriterien ausfindig zu machen, auf Grund deren der sensorische Grundcharakter, den das Ged\u00e4chtnis einer Versuchsperson bei bestimmten Versuchen1 besitzt, festgestellt werden kann, ohne dafs man n\u00f6tig hat, sich auf die unter Umst\u00e4nden doch recht unzuverl\u00e4ssigen Aussagen der Versuchsperson verlassen zu m\u00fcssen. Wir f\u00fchren im Folgenden dasjenige an, was uns im Verlaufe unserer Untersuchung von hierher geh\u00f6rigen Thatsachen und Gesichtspunkten entgegengetreten ist.\nBei unseren Versuchen ist h\u00e4ufig die Erscheinung beobachtet worden, dafs man in einem Falle, wo man eine herzusagende Silbe nicht ganz findet, doch wenigstens den Vokal kennt, der in der Mitte dieser Silbe steht. Es pr\u00e4gen sich also, wenigstens bei manchen Versuchspersonen, die Vokale dem Ged\u00e4chtnisse schneller und fester ein, als die Konsonanten. Hiermit in Einklang steht eine pathologische Beobachtungsthatsache, welche C. M\u00f6li (Iierl. Min. Wochenschrift, 1891, No. 49, S. 1167) berichtet. Derselbe bemerkt in Beziehung auf Aphasie und Paraphasie folgendes: \u201eIn mittelschweren F\u00e4llen, in welchen auch nur unvollkommen nachgespr\u00f6chen wird, k\u00f6nnen auch in dem verst\u00fcmmelten Worte, solange der Kranke nicht erm\u00fcdet, \u00f6fter noch die richtigen Vokale und in passender Reihenfolge laut werden.\u201c\nDa die Vokale f\u00fcr das visuelle Ged\u00e4chtnis gar keinen Vorzug vor den Konsonanten besitzen, so beweist das Vorkommen der hier in Rede stehenden Erscheinung (des schnelleren und festeren Haftens der Vokale) bei einem Individuum mit voller Sicherheit, dafs dieses Individuum sich beim Lernen nicht\n1 Hat man den sensorischen 'Grundcharakter, den das Ged\u00e4chtnis einer Versuchsperson bei bestimmten Versuchen besitzt, festgestellt, so l\u00e4fst sich, wie A. Binet neuerdings {Bev. philos., 35, 1893, S. 104 f.) mit Recht hervorgehoben hat, nicht ohne weiteres schliefsen, dafs das Ged\u00e4chtnis dieser Versuchsperson auch bei allen anderen Versuchen und Beth\u00e4tigungen denselben sensorischen Grundcharakter besitze.","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 299\nwesentlich nur auf sein visuelles Ged\u00e4chtnis st\u00fctzt. Da ferner auch betreffs der kin\u00e4sthetischen Empfindungen die Vokale keine besonders hervorragende Stellung unter den Buchstaben einzunehmen scheinen, wohl aber hinsichtlich der akustischen Empfindungen, so kann man vielleicht noch weiter gehen und aus dem Vorkommen der hier in Bede stehenden Erscheinung bei einer Versuchsperson auf eine wesentliche Mitbeteiligung des akustischen Ged\u00e4chtnisses schliefsen. Wenn uns also eine Versuchsperson ganz von selbst erkl\u00e4rt, die hier in Bede stehende Erscheinung h\u00e4ufig zu beobachten (also erkl\u00e4rt, sich viel h\u00e4ufiger nur des Vokales als nur eines der beiden Konsonanten einer Silbe richtig zu erinnern), so k\u00f6nnen wir mit Sicherheit schliefsen, dafs das visuelle Ged\u00e4chtnis beim Lernen dieser Versuchsperson keine ausschliefslich mafsgebende Bolle spielt, und dafs wahrscheinlich das akustische Ged\u00e4chtnis in wesentlichem Grade dabei beteiligt ist. Da M. die hier in Bede stehende Eigent\u00fcmlichkeit an sich selbst beobachtet hat, so ist bereits hiermit bewiesen, dafs derselbe, eine so grofse Bolle auch das visuelle Element vielfach in seinem Denken spielt, dennoch nicht wesentlich nur visuell gelernt hat.\nBehauptet eine Versuchsperson, dafs sie stets mit wesentlicher Beteiligung des visuellen Ged\u00e4chtnisses lerne, so kann man die Dichtigkeit dieser Aussage dadurch pr\u00fcfen, dafs man mit Buchstaben operiert, deren optische Bilder verschieden sind, die aber in ganz gleicher Weise ausgesprochen werden. Lernt die Versuchsperson wirklich visuell, so mufs sie dann hinterher in der Begel auch noch angeben k\u00f6nnen, welcher von den beiden in akustischer und motorischer Hinsicht gleichr wertigen Buchstaben in einer bestimmten Silbe der Beihe gestanden habe. So kamen F\u00e4lle vor, wo M., welcher seiner Herkunft gem\u00e4fs die Buchstaben d und t, h und p in der Aussprache nicht immer gen\u00fcgend scharf voneinander scheidet, eine Silbenreihe zwar richtig aufsagte, aber weder beim Hersagen noch hinterher wufste, ob der Anfangskonsonant einer bestimmten Silbe ein d oder t, bezw. ein b oder p sei. Auch diese F\u00e4lle beweisen ganz sicher, dafs M. kein wesentlich nur visueller Lerner ist.\nWie ferner unsere mit einem stark visuellen Ged\u00e4chtnisse begabte Versuchsperson P. auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen bemerkte, zeichnen sich die mit einem ausgepr\u00e4gt visuellen","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\tG. JS. M\u00fcller und F. Schumann.\nWortged\u00e4chtnis begabten Individuen dadurch aus, dafs sie beliebige genannte W\u00f6rter schneller mit umgekehrter Ordnung ihrer Buchstaben aussprechen k\u00f6nnen, als andere Individuen. Die Visuellen lesen die Buchstaben des visuell vorgestellten Wortes einfach in umgekehrter Ordnung ab. Die Hichtvisuellen k\u00f6nnen den Buchstaben, welcher bei der umgekehrten Ordnung an einer bestimmten Stelle zu nennen ist, vielfach nur dadurch finden, dafs sie sich erst wieder das ganze Wort oder einen Abschnitt desselben in der richtigen Ordnung von vorn an vergegenw\u00e4rtigen. Will man sich ganz genau ausdriicken, so hat man zu sagen: sehr schnelles und ganz ungezwungenes Aussprechen l\u00e4ngerer W\u00f6rter mit umgekehrter Ordnung der Buchstaben beweist das Vorhandensein eines ausgepr\u00e4gt visuellen Wortged\u00e4chtnisses,1 vorausgesetzt nat\u00fcrlich, dafs der Verdacht v\u00f6llig ausgeschlossen ist, dafs das Aussprechen derselben W\u00f6rter oder einzelner Silben derselben mit umgekehrter Buchstabenfolge schon vorher von der Versuchsperson ge\u00fcbt worden sei. Hingegen ergiebt ein langsames und durch Stockungen unterbrochenes Aussprechen der W\u00f6rter bei umgekehrter Buchstabenfolge nicht mit Sicherheit, dafs das Ged\u00e4chtnis oder auch nur das Wortged\u00e4chtnis des betreffenden Individuums einen vorwiegend akustischen oder kin\u00e4sthetischen oder akustisch-kin\u00e4sthetischen Grundcharakter besitze. Denn es ist wohl zu beachten, dafs ein Individuum sich bei seinem Denken haupts\u00e4chlich auf die visuellen Vorstellungsbilder st\u00fctzen kann, ohne die F\u00e4higkeit zu besitzen, sich gleichzeitig eine gr\u00f6fsere Anzahl von Gesichtseindr\u00fccken, z. B. Buchstaben, deutlich vorstellen zu k\u00f6nnen. Heben den Individuen, welche durch die ruhige Klarheit und die grofse Ausdehnung ihrer visuellen Vorstellungsbilder ausgezeichnet sind, giebt es andere, welche gleichfalls in ihrem Denken ganz wesentlich mit den visuellen Vorstellungsbildern operieren, aber im allgemeinen nur m\u00e4fsig deutliche und wenig umfassende visuelle Vorstellungsbilder erzeugen. Der visuelle Grundcharakter des Denkens\n1 Wer die F\u00e4higkeit besitzt, ein genanntes Wort sich ganz deutlich visuell vorzustellen, wird von dieser F\u00e4higkeit auch beim Auswendiglernen von Wort- oder Silbenreihen und anderen Beth\u00e4tigungen des Ged\u00e4chtnisses Anwendung machen, und er w\u00fcrde diese F\u00e4higkeit \u00fcberhaupt nicht oder nicht mehr besitzen, wenn er sie nicht durch h\u00e4ufige Anwendungen dieser Art \u00fcbte.","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 301\n\u00e4ufsert sich bei Individuen, letzterer Art nicht in einer besonderen Deutlichkeit und Ausdehnung der visuellen Bilder, sondern darin, dafs sich diese Individuen alles M\u00f6gliche, das dem Ged\u00e4chtnisse einverleibt oder dem Denken n\u00e4her gebracht werden soll, in visuelle Bilder-, welche zwar von m\u00e4fsig deutlicher und wenig farbenkr\u00e4ftiger Art sind, aber f\u00fcr den jeweiligen Zweck gerade gen\u00fcgen, \u00fcbersetzen, jedem zu \u00fcberlegenden Probleme mit einer Reihe visueller Schemata und Beispiele, an welche andere Personen nie denken, zu Leibe gehen und \u00fcberhaupt die geringere Deutlichkeit und Ausdehnung ihrer visuellen Bilder durch eine um so gr\u00f6fsere Findigkeit und Geschicklichkeit in der Verwendung derselben ersetzen. Stellt man nun Individuen von solchem Typus (denen z. B. M. nicht fernsteht) vor die ungewohnte Aufgabe, ein l\u00e4ngeres Wort mit umgekehrter Ordnung der Buchstaben auszusprecheup so werden sie diese gar nicht besonders schnell, vielleicht nicht merkbar schneller als manche Individuen von wesentlich akustischem Grundcharakter des Ged\u00e4chtnisses l\u00f6sen, weil eben ihre visuellen Bilder keine grofse Ausdehnung besitzen und sie mithin das betreffende Wort nicht in seiner Ganzheit vor sich sehen, sondern sich successive die einzelnen Teile des Wortes, von hinten angefangen, verdeutlichen m\u00fcssen unter Benutzung \u00e4hnlicher Kunstgriffe, wie die Nicht visuellen bei solcher Gelegenheit anwenden. Es kann mithin zwar aus einer sehr schnellen L\u00f6sung dieser Aufgabe auf einen vorwiegend visuellen Charakter des Ged\u00e4chtnisses, wenigstens des Wortged\u00e4chtnisses, nicht aber auch aus einer langsamen L\u00f6sung der Aufgabe auf das Nichtvorhandensein eines visuellen Grundcharakters des Ged\u00e4chtnisses und Denkens geschlossen werden.\nDem soeben er\u00f6rterten Gesichtspunkte verwandt ist derjenige, welcher dem Pr\u00fcfungs verfahr en zu Grunde liegt, das neuerdings die mit der Untersuchung des Rechenvirtuosen Jnaudi beauftragte Kommission der Pariser Acad\u00e9mie des sciences angewandt hat. Der von Charcot (Gompt. rend., T. 114, 1892, S. 1329 ff.) erstattete Bericht \u00fcber die Erfolge dieser Untersuchung schildert das Verfahren in folgender Weise:\n\u201eApr\u00e8s avoir dispos\u00e9 sur une feuille de papier, en \u00e9chiquier, cinq nombres de cinq chiffres chacun, on montre cet \u00e9chiquier \u00e0 M. Ina\u00fcdi et on lui demande de l'apprendre. Il le fait suivant","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302\nG. JE. Millier und F. Schumann.\nsa m\u00e9thode habituelle, c\u2019est-\u00e0-dire en lisant les nombres \u00e0 haute voix. Puis on le prie d\u2019\u00e9noncer de m\u00e9moire soit la diagonale soit telle ou telle tranche verticale ou horizontale de l\u2019\u00e9chiquier. Il y parvient, non sans difficult\u00e9, apr\u00e8s bien des h\u00e9sitations. Si In\u00e2tibi appartenait \u00e0 la cat\u00e9gorie des visuels, il n\u2019aurait pas besoin de ces t\u00e2tonnements et lirait la r\u00e9ponse devant lui sans h\u00e9sitation, comme sur un tableau fictif.\u201c\nVon dem hier dargelegten Pr\u00fcfungsverfahren gilt, wie leicht ersichtlich,- dasselbe, wie von dem Pr\u00fcfungsverfahren, das in dem Aussprechenlassen l\u00e4ngerer W\u00f6rter mit' umgekehrter Ordnung der Buchstaben besteht. Das sehr schnelle Gelingen der gestellten Aufgabe weist auf einen visuellen Grundcharakter des Ged\u00e4chtnisses hin. Das langsame Gelingen desselben hingegen beweist noch nicht den akustischen oder kin\u00e4sthetischen oder akustisch-kin\u00e4sthetischen Grund Charakter des Ged\u00e4chtnisses. Es scheinen uns A. Binet und H. Henneguy (Rev. philos., 34, 1892, S. 211) im Hechte zu sein, wenn sie bemerken, dafs die Zeit f\u00fcr die L\u00f6sung einer Aufgabe der hier in Hede stehenden Art nicht notwendig f\u00fcr einen Auditiven l\u00e4nger sein m\u00fcsse, als f\u00fcr einen Visuellen. \u201eSupposons l\u2019auditif dou\u00e9 d\u2019une tr\u00e8s-bonne m\u00e9moire, il r\u00e9citera tr\u00e8s-vite les nombres de l\u2019\u00e9chiquier et trouvera rapidement les chiffres de la diagonale ; au contraire, un visuel qui ne distingue pas clairement les chiffres, qui les oublie ou qui n\u2019a pas l\u2019esprit prompt, mettra plus de temps \u00e0 l\u2019op\u00e9ration, quoique celle-ci ne soit pour lui qu\u2019une simple lecture; la forme de la repr\u00e9sentation n\u2019entre donc pas seule en ligne de compte, pour d\u00e9terminer le temps n\u00e9cessaire \u00e0 l\u2019op\u00e9ration.\u201c Ein solches Individuum, dessen visuelle Bilder die Deutlichkeit und Ausdehnung haben, welche z. B. die visuellen Bilder mancher bei verschlossenen Augen gleichzeitig mehrere Partien spielenden Schachvirtuosen besitzen,1 welches also bei Versuchen der hier in Bede stehenden Art an seinem visuellen Bilde die schachbrettartig angeordneten Ziffern in beliebiger Eichtung in einem Nu \u00fcbersehen kann, ein solches Individuum wird allerdings (wenn es in dem schnellen Aussprechen der Namen gesehener Ziffern gen\u00fcgend ge\u00fcbt ist) die von der Kommission der Pariser Akademie ersonnene Aufgabe\n1 Vergl. H. Taine, De l\u2019intelligence, 3. \u00e9dition, Paris, 1878, 1. Bd., S. 80 ff.; A. Binet in der Bev. philos., 35, 1893, S. 105.","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n303\nmit einer Schnelligkeit l\u00f6sen k\u00f6nnen, welche kein Auditiver erreicht, und welche mit als ein Beweis des visuellen Grund-charakters des Individuums wird dienen k\u00f6nnen.1\n\u00a7 24. Beobachtungen bei ver\u00e4nderten Lernweisen.\nWir teilen hier die Resultate einiger Versuche mit, die wir angestellt haben, um den Vorgang des Auswendiglernens an uns unter verschiedenen Umst\u00e4nden zu studieren, soweit eben die Selbstbeobachtung sichere Auskunft \u00fcber denselben zu geben vermag. Da wir bestrebt waren, uns nicht selbst zu t\u00e4uschen, so war die Ausbeute nur d\u00fcrftig.\nWir stellten erstens zu verschiedenen Zeiten Versuche in der Weise an, dafs der eine von uns beiden die ihm in \u00fcblicher Weise vorgef\u00fchrte Silbenreihe vorlas und der andere sie auf Grund des Geh\u00f6rten ohne Nachsprechen zu lerneirRiatte. Es zeigte sich bei jedem von uns beiden, dafs sich die Silben innerlich paarweise aneinanderschlossen, auch dann, wenn das Vorlesen der Silben m\u00f6glichst ohne Takt erfolgte,2 3 und selbst bei dem laut erfolgenden Hersagen der Silben seitens der Versuchsperson keine durchgehende Taktierung sp\u00fcrbar war. M. sah die vernommenen Silben s\u00e4mtlich oder wenigstens zu einem grofsen Teile visuell (als Vorstellungsbilder) vor sich, und zwar sah er h\u00e4ufig die beiden Silben eines Taktes dicht nebeneinander geschrieben.8 Begleitende Sprachbewegungen konnte M. beim Auf fassen und Einpr\u00e4gen der Silben zwar h\u00e4ufig, aber nicht immer an sich konstatieren. S. besafs zwar die F\u00e4higkeit, eine Reihe vorgesprochener Silben sich visuell vorzustellen. Handelte es sich aber darum, eine vernommene Silbenreihe auswendig zu lernen, so operierte er anscheinend gar nicht oder h\u00f6chstens in sehr schwachem Grade mit den visuellen Bildern der Silben. Die begleitenden Sprachbewegungen\n1\tVergl. hierzu Charcot und Binet in der Eev. philos. 35, 1893, S. 590 ff. Beil\u00e4ufig mag hier noch darauf hingewiesen werden, dafs die Behauptung jener .Kommission der Pariser Akademie, es seien alle bisher untersuchten Bechenk\u00fcnstler visuell gewesen, sich nicht mit demjenigen vertr\u00e4gt, was Bibot (Les maladies de la m\u00e9mo-ire, Paris, 1881, S. 108) gelegentlich in dieser Hinsicht bemerkt.\n2\tSollte das Vorlesen m\u00f6glichst ohne Takt erfolgen, so mufste die Botationsgeschwindigkeit der Trommel geringer sein, als sonst.\n3\tVergl. hierzu auch die Anmerkung zu S. 161.","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\tCr- F. M\u00fcller und Fi Schumann.\nerschienen S. schwach. Es erschien S. sehr schwierig, zu lernen und sich gleichzeitig daraufhin zu beobachten, ob motorische Begleiterscheinungen vorhanden seien. Doch beobachtete M. beim Vorlesen der Silben gelegentlich, dafs S. Kopf bewegungen machte, welche offenbar einem innerlichen Taktieren entsprachen. Uns beiden erwies es sich als schwierig, einer Reihe blofs vorgesprochener Silben fortw\u00e4hrend die Aufmerksamkeit zuzuwenden.\nWir stellten, ferner, als wir schon im Lernen ge\u00fcbt waren, Versuche an, bei denen Silbenreihen, die in der \u00fcblichen Weise vorgef\u00fchrt wurden, ohne lautes Aussprechen gelernt wurden. Es zeigte sich, dafs, wie leicht erkl\u00e4rlich, bei diesem Lernverfahren die Rotationsgeschwindigkeit der Trommel etwas gr\u00f6fser genommen werden konnte, als bei unserem gew\u00f6hnlichen Verfahren. Ferner fanden wir es in \u00fcberraschender Weise unm\u00f6glich, bei diesem stillen Lernen motorische Begleiterscheinungen zu unterdr\u00fccken. W\u00e4hrend bei den soeben erw\u00e4hnten Versuchen, bei denen vorgesprochene Silben still gelernt wurden, F\u00e4lle vorkamen, wo motorische Begleiterscheinungen gar nicht oder wenigstens nicht mit Sicherheit von dem Lernenden wahrgenommen wurden, wurden wir \u2014 und dasselbe gilt auch noch jetzt \u2022\u2014 bei dem Versuche, die in der \u00fcblichen Weise successiv erblickten Silben still zu lernen, unwillk\u00fcrlich zu leisen Sprachbewegungen hingerissen, die sich in ganz deutlichen, in der Kehlkopfgegend lokalisierten Empfindungen verrieten. Selbstverst\u00e4ndlich erkl\u00e4rt sich diese Erscheinung einfach daraus, dafs in uns beiden die Gewohnheit, die unter den \u00fcblichen Umst\u00e4nden successiv erblickten Silben laut auszusprechen, bereits so tief eingewurzelt ist, dafs uns unter diesen Umst\u00e4nden die Hemmung der Sprachbewegungen weniger m\u00f6glich ist, als sonst.\nEndlich stellten wir auch noch zu verschiedenen Zeiten Versuche an, bei denen die in \u00fcblicher Weise vorgef\u00fchrte Silbenreihe abwechselnd in verschiedenen Rhythmen gelesen wurde, n\u00e4mlich die erste Wiederholung im troch\u00e4ischen, die zweite im jambischen, die dritte, so gut es ging, im daktylischen und die vierte, so gut es eben ging, im anap\u00e4stischen, hierauf die f\u00fcnfte wieder im troch\u00e4ischen, die sechste im jambischen u. s. w. Rhythmus stattfand, bis schliefslich das Hersagen in dem gerade an der Reihe befindlichen Rhythmus","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 305\ngelang. Bei diesen Versuch en glaubte M. gelegentlich, dreierlei zu beobachten, n\u00e4mlich erstens, dafs eine st\u00e4rkere Neigung-vorhanden sei, die Silben mit ihren absoluten Stellen zu associieren, zweitens, dafs das visuelle Element beim Lernen mehr zur Geltung komme, als bei dem \u00fcblichen Verfahren, und drittens, dafs sich manche aufeinanderfolgende Silben bei der einen Taktart leichter aneinander schl\u00f6ssen, als bei den anderen Taktarten. Jede von diesen drei Erscheinungen erscheint leicht begreiflich. Bei S. schlossen sich infolge der Gewohnheit an troch\u00e4isches oder jambisches Lernen die Silben paarweise aneinander, die beiden anderen Taktarten schienen ihm wesentlich nur st\u00f6rend zu wirken.\n\u00a7 25. Das Bewufstsein der Eehlerlosigkeit des Hergesagten. Die Schwierigkeiten der Selbstbeobachtung\nbeim Lernen.\nEine eigent\u00fcmliche, n\u00e4herer Untersuchung noch sehr bed\u00fcrftige Erscheinung ist das Bewufstsein der Fehlerlosigkeit desjenigen, was man herzusagen im Begriff ist oder bereits hergesagt hat. Das Wenige, was wir in dieser Beziehung beobachtet haben, ist folgendes.\nEs kam vor, dafs die Versuchsperson bei einem Hersageversuche an irgend einer Stelle der herzusagenden Leihe die Vorstellung der an der Leihe befindlichen Silbe richtig im Bewufstsein hatt\u00e8, diese Silbe aber a\u00fcszusprechen unterliefs, weil ihr dieselbe als falsch oder wenigstens nicht mit Sicherheit als richtig erschien. Andererseits kam es vor, dafs die Versuchsperson beim Hersagen eine Silbe, die ihr gerade in den Sinn gekommen war, ohne die Vorstellung der Lichtigkeit mit sich zu f\u00fchren, auf gut Gl\u00fcck in Ermangelung einer anderen zur Verf\u00fcgung stehenden Silbe aussprach und dann \u00fcberrascht war, als sich diese Silbe als die richtige erwies. Der Grad der objektiven Lichtigkeit einer Silbenreihe, welcher mit dem Bewufstsein der Fehlerlosigkeit der Leihe durchschnittlich verbunden ist, ist bei verschiedenen Individuen nicht derselbe. Inwieweit fortgesetzte \u00dcbung etwa diese Verschiedenheiten ausgleicht, k\u00f6nnen wir nicht beurteilen. Andererseits wird auch mit einer und derselben objektiven Lichtigkeit einer hergesagten Silbenreihe von verschiedenen Individuen nicht dasselbe Bewufstsein der Fehlerlosigkeit verbunden. DieVersuchs-\n20\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\nG. JE. M\u00fcller und F. Schumann,\nperson F. (Versuchsreihe XI) machte die eigent\u00fcmliche Aussage, dafs sie beim Hersagen nie w\u00fcfste, ob das Hergesagte richtig sei. Infolge des Umstandes, dafs F. .G\u00f6ttingen pl\u00f6tzlich verliefs, war es nicht m\u00f6glich, dieser Aussage n\u00e4her auf den Grund zu gehen und die derselben etwa zu Grunde liegenden Besonderheiten festzustellen. Es ist nat\u00fcrlich sehr leicht, betreffs des Zustandekommens des Bewufstseins der Fehler-losigkeit ins Blaue hinein verschiedene, zur Zeit unkontrollierbare Vermutungen aufzustellen und Fragen aufzuwerfen.1 Von darauf bez\u00fcglichen Beobachtungsthatsachen hingegen wissen wir nichts weiter zu vermelden.\nSoviel \u00fcber die Vorg\u00e4nge des Auswendiglernens und Her-sagens. Wir haben schon oben der Schwierigkeiten gedacht, welche die Selbstbeobachtung beim Lernen und Hersagen hat. Es ist eben schwer, mit dem Streben nach m\u00f6glichst schneller Erlernung der Keihe oder mit dem Streben, die Keihe schnell und fehlerfrei herzusagen, noch ein gen\u00fcgendes Mafs von Selbstbeobachtung zu verbinden. Demgem\u00e4fs wird, durch eine \u25a0 ausgepr\u00e4gte Tendenz, sich selbst beim Lernen zu beobachten, die erforderliche Wiederholungszahl in der Kegel erh\u00f6ht. Auch ist die Gefahr nicht ausgeschlossen, dafs man den Vorgang des Lernens oder Hersagens durch die Tendenz, zu pr\u00fcfen, ob er sich dieser oder jener Vermutung entsprechend verhalte, selbst im Sinne einer von diesen Vermutungen modificiere.\nDie Unsicherheit, welche aus solchen Gr\u00fcnden den Kesul-taten der Selbstbeobachtungen anhaftet, kann dadurch verringert werden, dafs man ganz dieselben Selbstbeobachtungsversuche nach langen Zeitintervallen mit denselben Versuchspersonen wiederholt, in der Weise, dafs die Versuchsperson jedesmal ganz in. Unkenntnis \u00fcber dasjenige bleibt,, was sie fr\u00fcher bei denselben Selbstbeobachtungsversuchen zu Protokoll gegeben hat. Die Widerspr\u00fcche und \u00dcbereinstimmungen, in denen die zu verschiedenen Zeiten ganz unabh\u00e4ngig voneinander gethanen Aussagen einer und derselben Versuchsperson stehen, geben dann einige Unterlage f\u00fcr die Beurteilung\n1 Es kam vor, dafs bei M. das Bewusstsein der Eehlerlosigkeit bei einer hergesagten Silbe fehlte, welche ihm ganz sicher nicht visuell erschienen war. Wir tragen Bedenken, auf Grund einzelner solcher B\u00e4lle auch nur in Beziehung auf M. eine allgemeinere Behauptung betreffs des Zustandekommens des Bewufstseins der Eehlerlosigkeit aufzustellen.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 307\ndieser Aussagen. So haben wir z. B. in diesem Sinne die in \u00a7 24 erw\u00e4hnten Selbstbeobachtungsversuche in zwei verschiedenen, durch einen Zeitraum von mehr als vier Jahren getrennten Zeitperioden angestellt.\nDa, wie schon erw\u00e4hnt, der Wert von w durch die Tendenz der Selbstbeobachtung beim Lernen erh\u00f6ht wird, so sind Lernversuche, bei denen sich die Versuchsperson ausdr\u00fccklich in dieser oder jener Hinsicht selbst beobachten soll, f\u00fcr sich und nicht im Bahmen einer anderen Zwecken dienenden Versuchsreihe anzustellen, oder die bei solchen Versuchen erhaltenen Resultate sind mindestens von den \u00fcbrigen Resultaten der Versuchsreihe gesondert zu halten. Dies schliefst indessen nicht aus, dafs der Versuchsleiter die Versuchsperson im Verlauf einer l\u00e4ngeren Versuchsreihe gelegentlich nach dem Hersagen hinsichtlich dieses oder jenes Punktes befrage, oder auch die Versuchsperson ganz von selbst nach dem Hersagen diese oder jene ihr beim Lernen oder Hersagen aufgestofsene Erscheinung dem Versuchsleiter mitteile. Gerade diese von der Versuchsperson ganz spontan gemachten, gelegentlichen Mitteilungen sind bisweilen von besonderem Wert und Interesse, wie sich auch aus den Ausf\u00fchrungen der nachfolgenden Paragraphen ergeben wird.\n\u00a7 26. Resultate betreffs der beim Erlernen einer Silbenreihe gestifteten Associationen.\nWir f\u00fchren nun hier diejenigen Resultate unserer Versuche an, welche sich auf das Geflechte von Associationen beziehen, die beim Auswendiglernen einer Silbenreihe gestiftet werden.\n1. In Erg\u00e4nzung der von Ebbinohaus hinsichtlich der Association durch mittelbare Folge erhaltenen Versuchsresultate haben wir (an einer Versuchsperson) gefunden, dafs bei der Erlernung einer Silbenreihe,, auch dann, wenn eine gleichzeitige Wahrnehmung zweier einander folgender Silben v\u00f6llig ausgeschlossen ist, jede Silbe eine Tendenz erwirbt, die ihr an zweiter Stelle in der Reihe folgende Silbe zu reproduzieren, dafs jede Silbe diese Tendenz auch dann erkennen l\u00e4fst, wenn ihr in derjenigen Silbenreihe (Ersetzungsreihe), welche zur Pr\u00fcfung der auf mittelbarer Folge beruhenden Associationen dient, zun\u00e4chst eine ganz fremde und neue Silbe\n20*","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\nG. JE. M\u00fcller und F. Schumann.\nfolgt, und dafs diese Reproduktionstendenz schw\u00e4cher ausf\u00e4llt, wenn die beiden durch mittelbare Folge sich assoziierenden Silben unbetont sind, als dann, wenn sie betont sind (Versuchsreihe TI).\n2. Versuche von Ebbinghaus haben ergeben, dafs bei Erlernung einer Silbenreihe sich auch r\u00fcckl\u00e4ufige Associationen zwischen den Silben bilden. Diese Versuche von Ebbinghaus sind indessen insofern nicht ganz einwandfrei, als bei ihnen die aufeinanderfolgenden Silben gleichzeitig im Gesichtsfelde des Lernenden gegeben waren. Wir haben nun (in Versuchsreihe IX) festgestellt, dafs auch dann, wenn jede Silbe nur einzeln im Gesichtsfelde der Versuchsperson erscheint, bei troch\u00e4ischer Erlernung der Silbenreihe die zweite Silbe jedes Taktes eine ins Gewicht fallende Tendenz erlangt, die ihr unmittelbar vorhergehende Silbe zu reproducieren. Aufser den numerischen Ergebnissen von Versuchsreihe IX sprechen auch noch gewisse in Versuchsreihe A gemachte Beobachtungen f\u00fcr das hier behauptete Verhalten. In dieser Versuchsreihe kamen n\u00e4mlich F\u00e4lle vor, wo bei Erlernung einer Haupt- oder Vergleichsreihe (S. 165) eine Silbe der zu erlernenden Reihe diejenige Silbe ins Bewufstsein des Lernenden f\u00fchrte, welche ihr in der betreffenden Vorreihe unmittelbar vorhergegangen war. Hingegen ist kein Fall verzeichnet, wo eine Silbe einer Haupt- oder Vergleichsreihe diejenige Silbe reproduciert h\u00e4tte, welche ihr in der betreffenden Vorreihe als Bestandteil des n\u00e4chstfolgenden Taktes unmittelbar gefolgt war. Hiernach scheint es fast, als sei die Tendenz, welche die Endsilbe eines Taktes besafs, die ihr unmittelbar vorangegangene Anfangssilbe desselben Taktes zu reproducieren, st\u00e4rker gewesen, als die Tendenz derselben Silbe, die ihr unmittelbar gefolgte, einem anderen Takte zugeh\u00f6rige Silbe zu reproducieren.\nWenn wir festgestellt haben, dafs die Endsilbe eines Taktes eine Tendenz besitzt, die ihr unmittelbar vorhergegangene Anfangssilbe desselben Taktes zu reproducieren, so ist damit, wie wohl zu beachten, noch keineswegs bewiesen, dafs bei einer Succession mehrerer Vorstellungen sich zwischen allen diesen Vorstellungen r\u00fcckl\u00e4ufige Associationen bilden. Es ist noch zu beweisen, dafs bei Erlernung einer Silbenreihe sich auch zwischen zwei solchen unmittelbar aufeinanderfolgenden Silben, welche verschiedenen Takten angeh\u00f6ren, r\u00fcckl\u00e4ufige","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zw Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 309\nAssociationen bilden.1 Ebenso wie die Vorstellungen, welche den einzelnen drei Buclistaben einer Silbe entsprechen, miteinander einen einheitlichen Vorstellungskomplex bilden, so bilden auch bei troch\u00e4ischer oder jambischer Erlernung einer Silbenreihe je zwei Silben, welche einem und demselben Takte angeh\u00f6ren, einen einheitlichen Vorstellungskomplex (h\u00f6herer Ordnung). Wenn nun die zweite Silbe eines Taktes die erste zu reproduzieren strebt, so ist es, wenigstens zur Zeit, nicht erlaubt, in diesem Verhalten ohne weiteres ein Beispiel r\u00fcckl\u00e4ufiger Association zu erblicken, sondern es ist auch noch eine andere Deutung dieses Verhaltens m\u00f6glich, n\u00e4mlich die Zur\u00fcckf\u00fchrung desselben auf ein Gesetz, nach welchem jeder Bestandteil eines einheitlichen Vorstellungskomplexes eine Tendenz hat, den ganzen Komplex von vorn an zu reproduzieren (eine Tendenz, welche selbstverst\u00e4ndlich bei dem letzten Bestandteile eines Komplexes leichter hervortritt, als bei den mittleren Bestandteilen, deren jeder immer zugleich eine noch st\u00e4rkere Tendenz besitzt, den ihm unmittelbar folgenden Bestandteil des Komplexes zu reproduzieren). Die Thatsachen, welche es nahelegen, an ein solches Gesetz zu denken, sollen hier nicht weiter angef\u00fchrt und er\u00f6rtert werden. Es gen\u00fcgt, darauf hingewiesen zu haben, dafs auch aus den von uns erhaltenen Versuchsresultaten nicht mit Sicherheit geschlossen werden kann, dafs sich bei der Aufeinanderfolge einer Reihe von Vorstellungen zwischen jeder Vorstellung und der ihr unmittelbar vorhergehenden eine r\u00fcckl\u00e4ufige Association herstellt. \u2022\nBeil\u00e4ufig mag noch bemerkt werden, dafs die von uns festgestellte erhebliche Tendenz, welche die Endsilbe eines zweisilbigen Taktes besitzt, die ihr unmittelbar vorhergehende Silbe zu reproducieren, ganz unverst\u00e4ndlich bleibt, wenn man die Silben und W\u00f6rter im Sinne von G\u00fcashey u. a. als blofse Reihen singular aufgefafster Buchstaben ansieht. Denn nach, dieser Ansicht k\u00f6nnen beim Auswendiglernen eines Silbenpaares, z. B. des Taktes laf jek aufser den vorw\u00e4rtsl\u00e4ufigen Associationen, welche im Sinne einer richtigen Reproduktion dieser ganzen aus 6 Buchstaben bestehenden Buchstabenreihe\n1 Eine auf diesen Punkt bez\u00fcgliche Versuchsreihe wurde begonnen, aber bald abgebrochen, da sie sehr viele Versuchstage zu erfordern schien und zweifelhaft war, ob sie gen\u00fcgend lange werde fortgesetzt werden k\u00f6nnen.","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\nG. F. M\u00fcller und F. Schumann.\nwirken, sick nur noch r\u00fcckl\u00e4ufige Associationen bilden,' welche bewirken, dafs sich die Buchstabenreihe leej fal schneller einpr\u00e4gt. Wie aber beim Auswendiglernen des Silbenpaares laf jek die Buchstabenreihe jek eine erhebliche Tendenz erlangen kann, die Buchstabenreihe laf zu reproducieren, bleibt nach jener Ansicht unverst\u00e4ndlich. Es ist also das von uns festgestellte Bestehen dieser Tendenz zugleich mit als ein Beweis f\u00fcr die von L\u00f6weneeld u. a. mit triftigen Gr\u00fcnden vertretene Ansicht anzusehen, dafs die Vorstellungen von Silben oder W\u00f6rtern im allgemeinen auf kollektiver Auffassung der die Silbe oder das Wort bildenden Buchstaben beruhende, einheitliche Vorstellungskomplexe sind, die sich als einheitliche Vorstellungskomplexe mit anderen Vorstellungen associieren und durch andere Vorstellungen reproduciert werden k\u00f6nnen.\n3.\tWir haben an vier Versuchspersonen in f\u00fcnf Versuchs* reihen (I\u2014V) die sich leicht aufdr\u00e4ngende Vermutung best\u00e4tigt gefunden, dafs die vorw\u00e4rtsl\u00e4ufige Association zweier unmittelbar aufeinanderfolgender Silben bei troch\u00e4ischer Erlernung der Silbenreihe viel st\u00e4rker ist, wrenn die beiden Silben demselben Takte angeh\u00f6ren, als dann, wenn sie Bestandteile verschiedener Takte sind. Es h\u00e4ngt also die Association zweier Silben nicht blofs von dem Grade ihrer Nachbarschaft in der Beihe, von der Anzahl der Wiederholungen der Beihe u. dgl. m. ab, sondern aufserdem auch noch von den rhythmischen Beziehungen der beiden Silben. Diese Abh\u00e4ngigkeit der Associationsfestigkeit von den rhythmischen Beziehungen der betreifenden Silben zeigt sich auch in der bereits oben angef\u00fchrten Thatsache, dafs die Association zweier durch eine Zwischensilbe voneinander getrennter Silben st\u00e4rker ist, wenn beide Silben betont sind, als wenn sie unbetont sind.\nDer von uns in Versuchsreihe III, IV und V erbrachte \u00bb Nachweis, dafs zwischen der Endsilbe eines Taktes und der Anfangssilbe des n\u00e4chstfolgenden Taktes eine, wenn auch schwache, so doch immerhin deutlich nachweisbare Association besteht, war nicht so ganz \u00fcberfl\u00fcssig, wie es von vornherein erscheinen k\u00f6nnte, ' da es \u00dcberlegungen giebt, welche es wenigstens begreiflich machen w\u00fcrden, wenn diese Association nicht in nachweisbarer St\u00e4rke best\u00e4nde (S. 85).\n4.\tIn Versuchsreihe XIII haben wir (an einer Versuchsperson) gefunden, dafs die erste H\u00e4lfte einer erlernten Silben-","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n311\nreihe dem Ged\u00e4chtnisse nicht fester eingepr\u00e4gt ist als die zweite. Dieses. Resultat entbehrt auch in methodologischer ' Hinsicht nicht des Interesses (S. 189).\n5. Von Wichtigkeit ist die von uns gefundene Thatsache,' dafs bei Erlernung einer Silbenreihe sich nicht blofs Associationen zwischen den einzelnen unmittelbar oder mittelbar aufeinanderfolgend en Silben bilden, sondern sichaufserdem auch Associationen hersteilen zwischen Silben oder Takten und den absoluten Stellen (S, 147), welche diese Silben oder Takte in der Silbenreihe einnehmen. Solche Associationen von Silbenoder Takten mit den absoluten Stellen k\u00f6nnen unter Umst\u00e4nden bei der Reproduktion einer Silbenreihe in einem in Betracht kommenden Grade mit-wirken, und ist demgem\u00e4fs das Vorkommen solcher Associationen wohl zu ber\u00fccksichtigen, wenn es sich um die Entwertung von Schematen f\u00fcr bestimmte Ged\u00e4chtnisversuche handelt (S. 152 f.).\nMit Sicherheit erwiesen ist das Vorkommen von Associationen mit der absoluten Stelle vor allem durch die numerischen Ergebnisse von Versuchsreihe VII (S. 156). Aufserdem verrieten sich in eben dieser Versuchsreihe VII die Associationen von Takten mit ihren absoluten Stellen auch dadurch, dafs die Versuchsperson Hn. einzelne Takte der Haupt- oder Vergleichsreihen (S. 155) nicht blofs als in den Vorreihen bereits dagewesen wiedererkannte, sondern in manchen der F\u00e4lle, wo sie Takte wiedererkannte, zugleich auch wufste, ob die wiedererkannten Takte in der Haupt- oder Vergleichsreihe dieselbe oder eine andere absolute Stelle bes\u00e4fsen, wie in den Vorreihen. Schon in Versuchsreihe F hatte dieselbe Versuchsperson Hn. einzelne Takte der Umstellungsreihen mit Taktschonung in der Weise wiedererkannt, dafs sie sich zugleich der Stellen erinnerte, welche dieselben in den Vorreihen besessen hatten, und zwar waren die Takte, deren fr\u00fchere absolute Stellen zugleich mit in Erinnerung kamen, meistens der dritte und sechste Takt der Umstellungsreihe, welche in den betreffenden Vorreihen an vierter, bezw. erster Stelle gestanden hatten. Auch kam es in Versuchsreihe V vor, dafs sich Hn. bei der Erlernung der Umstellungsreihen mit Taktschonung durch die Ver\u00e4nderung, welche die Stellen der Takte in Vergleich zu den Vorreihen erfahren hatten, gest\u00f6rt f\u00fchlte.\nWas die Associationen einzelner Silben mit ihren absoluten Stellen anbelangt, so machten sich dieselben in verschiedener","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\nG, F. Millier und F. Schumann.\nWeise geltend. Vor allem traten solche Associationen dadurch hervor, dafs in Versuchsreihe VI die Versuchsperson S. sich manchmal bei Erlernung einer Haupt- oder Vergleichsreihe (S. 142 ff.) der absoluten Stellen, welche eine oder mehrere Silben der Eeihe in der betreffenden Vorreihe besessen hatten, erinnerte und auf Grund solcher Erinnerung erkannte, ob die gegebene Eeihe eine Haupt- oder Vergleichsreihe sei. Einige Male kam es in dieser Versuchsreihe VI vor, dafs S. sich bei Erlernung einer Vergleichsreihe zwar nicht genau der absoluten Stelle erinnerte, welche eine oder mehrere Silben in der Vorreihe besessen hatten, aber doch wenigstens anzugeben wufste, dafs eine oder mehrere Silben, welche in der ersten oder zweiten H\u00e4lfte der Vergleichsreihe standen, in der Vorreihe in der anderen (zweiten, bezw. ersten) H\u00e4lfte gestanden h\u00e4tten. Auch schon in Versuchsreihe V kam es vor, dafs die Versuchsperson, bei Erlernung einer Umstellungsreihe Lu (S. 107) sich richtig dessen erinnerte, dafs die sechste und zw\u00f6lfte Silbe auch bereits in den betreffenden Vorreihen an sechster, bezw. zw\u00f6lfter Stelle gestanden hatten. Und in Versuchsreihe II wurde nach Aussage der Versuchsperson M. die Erlernung einer Umstellungsreihe merkw\u00fcrdigerweise einmal dadurch erleichtert, dafs eine Silbe mit der sechsten Stelle, welche sie in der Vorreihe besessen hatte, fest associiert war und infolgedessen in der Umstellungsreihe, wo sie an siebenter Stelle stand, sich schon an sechster Stelle im Bewufstsein des Lernenden mit einstellte.\nHaupts\u00e4chlich scheinen solche Silben, welche wegen ihrer Identit\u00e4t mit einsilbigen W\u00f6rtern oder wegen ihrer \u00c4hnlichkeit zu solchen oder aus sonstigem Grunde die Aufmerksamkeit be^ sonders auf sich ziehen, eine Tendenz zu haben, sich in h\u00f6herem Grade mit ihren absoluten Stellen zu associieren. Das Entsprechende scheint, auch von der Association ganzer Takte mit ihren Stellen zu gelten. Takte, welche an zweisilbige' W\u00f6rter oder Phrasen erinnern, scheinen sich leichter und fester mit ihren Stellen zu associieren.\nVon besonderem Interesse sind die Fehler, welche beim Versuche des Hersagens einer Silbenreihe durch den Einflufs der absoluten Stelle bewirkt werden. Es kamen n\u00e4mlich, und zwar bei verschiedenen Versuchspersonen, F\u00e4lle vor, wo bei einem Hersageversuche an Stelle einer Silbe eine ganz andere genannt wurde, welche in einer der vorhergehenden Beihen an","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge Sur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 313\nderselben Stelle gestanden hatte. So wurde z. B. in Versuchsreihe XII bei der \u2019Wiedererlernung der Vergleichsreihe einmal statt der Silbe maus die Silbe weusch ausgesprochen, die in der unmittelbar vorher wiedererlernten Hauptreihe an der gleichen (elften) Stelle gestanden hatte, und in Versuchsreihe VI kam es vor, dafs bei Erlernung einer Vergleichsreihe des Schema II (S. 142) an Stelle der Silbe teuch mehrmals die Silbe gat ausgesprochen wurde, welche in der betreffenden, vor ca- 40 Minuten erlernten Vorreihe an derselben (sechsten) Stelle gestanden hatte.1 Es kam auch vor, dafs eine Silbe unter dem Miteinflusse der Tendenz, welche auf Reproduktion der in der vorhergehenden Reihe an derselben Stelle gestandenen. Silbe gerichtet war, in entstellter Form ausgesprochen wurde. So versprach sich z. B. S. an einem Versuchstage der Versuchsreihe XII bei der Wiedererlernung der Hauptreihe zweimal in der Weise, dafs er statt der an sechster Steile stehenden Silbe laup die Silbe saup aussprach. Es stand in der am selben Versuchstage erlernten Vergleichsreihe an sechster Stelle die Silbe saun. Ferner kam es vor, dafs die Tendenz, die Silbe zu reproducieren, die in der unmittelbar vorhergegangenen Reihe an derselben Stelle stand, zwar nicht ein wirkliches Versprechen bewirkte, sich aber doch st\u00f6rend geltend machte. So beklagte sich z. B. M. einmal dar\u00fcber, dafs er sich durch eine Tendenz gest\u00f6rt gef\u00fchlt habe, an zweiter Stelle, wo thats\u00e4chlich die Silbe paach stand, eine Silbe mit au auszusprechen. Es zeigte sich, dafs in der unmittelbar vorher erlernten Reihe an zweiter Stelle die Silbe haup gestanden hatte.2\nVon nicht geringerem Interesse sind endlich die nicht ganz seltenen F\u00e4lle, in denen sich an Stelle einer Silbe der einen H\u00e4lfte der Silbenreihe diejenige Silbe dem Bewufstsein auf-\n1\tF\u00e4lle der hier erw\u00e4hnten Art sind f\u00fcr den Einflufs der absoluten Stelle nat\u00fcrlich nur dann beweisend, wenn die an wter Stelle f\u00e4lschlich reproducierte, in der vorangegangenen Reihe an wter Stelle vorgekommene Silbe nicht auch dadurch reproduciert sein kann, dafs in der zu erlernenden Reihe an (n\u2014l)ter Stelle eine Silbe steht, welche der in der vorangegangenen Reihe an (\u00ab\u2014l)ter Stelle stehenden Silbe \u00e4hnlich ist.\n2\tDie hier erw\u00e4hnten F\u00e4lle des Hervortretens des Einflusses der absoluten Stelle geben ein weiteres leises Bedenken gegen das vierte der auf S. 131 angef\u00fchrten EB\u00dfiNGHAUsschen Versuchsschemata (\u00dcberspringen von. 7 Silben) an die Hand. Man kann n\u00e4mlich fragen, ob die Ersparnis; an Wiederholungen, welche die nach diesem Schema gebildeten","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\nCr. F. Millier und F. Schumann.\ndr\u00e4ngte, die in der anderenH\u00e4lfte der Reihe an der entsprechenden Stelle stand. Es wurde also zuweilen bei einem Hersageversuche die zweite Silbe statt der achten Silbe ausgesprochen, oder umgekehrt, es wurden die sechste und die zw\u00f6lfte Silbe miteinander vertauscht, u. dergl. m. Auch Entstellungen von Silben wurden durch die hier erw\u00e4hnte Tendenz bewirkt. So lautete z. B. einmal die sechste Silbe der Reiheptr und die zw\u00f6lfte Silbe kaum,. Bei einem Hersageversuche wurde nun merkw\u00fcrdigerweise an zw\u00f6lfter Stelle Imr statt kaun gesagt, obwohl die Silbe hur an keinem der vorhergehenden Tage vorgekommen war.\nErfahrungen der soeben erw\u00e4hnten Art stehen offenbar mit der fr\u00fcher angef\u00fchrten Thatsache in Zusammenhang, dafs bei unseren Lernversuchen die zw\u00f6lfsilbige Reihe in der Regel durch eine zwischen die sechste und siebente Silbe fallende Incision in zwei H\u00e4lften geteilt wurde. Es liegt nach den soeben angef\u00fchrten Erfahrungen die Frage nicht fern, ob es nicht zutreffender sein w\u00fcrde, unter der absoluten Stelle einer Silbe, welche bei der Erlernung der Silbenreihe einen Miteinllufs aus\u00fcben k\u00f6nne, nicht die Stelle der Silbe innerhalb der ganzen Reihe, sondern nur die Stelle derselben innerhalb der betreffenden Reihenh\u00e4lfte zu verstehen. Thats\u00e4chlich ist es indessen nicht erlaubt, weiter zu gehen, als allenfalls eine zweifache Art der absoluten Stelle anzunehmen, n\u00e4mlich erstens eine absolute Stelle innerhalb der Reihe und zweitens eine solche innerhalb der Reihenh\u00e4lfte.\nSucht man sich n\u00e4mlich noch die Frage zu beantworten, in welcher Weise eigentlich der Einflufs der absoluten Stelle zu st\u00e4nde komme, so hat man erstens an gelegentliche Associationen der Silben mit numerischen Vorstellungen (der Stellenzahlen) zu denken. Ferner kommt in Betracht, dafs die erste und die letzte Silbe jeder Reihe an das St\u00fcck unbeschriebenes Papier angrenzen, das w\u00e4hrend der nach jeder Wiederholung der Silbenreihe eintretenden kurzen Pause sich durch das Gesichtsfeld der Versuchsperson bewegt (S. 90.). Es kann also durch Association gelegentlich die erste Silbe in der Vorstellung\nUmstellungsreihen ergeben haben, nicht auch zu einem Teile dadurch bedingt sein kann, dafs z. B. die Silbe IL die ihr an zweiter Stelle folgende Silbe IIlt die Silbe I9 die ihr an zweiter Stelle folgende Silbe II9 u. s. w. in gewisse Bereitschaft versetzte, weil eben die Silben J, und Hy I9 und 2T9 u. s. w. in den Vorreihen dieselbe absolute Stelle besessen hatten.","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n315\ngewissermafsen zu derjenigen Silbe werden, welche unmittelbar auf das unbeschriebene Papier folgt; und die letzte Silbe kann in gleicher Weise zu derjenigen Silbe werden, welche dem unbeschriebenen Papiere unmittelbar vorhergeht. Drittens ist hier an das in \u00a7 21 geschilderte Verhalten des Atmungsapparates beim Lernen, sowie an die auf S, 284 f. erw\u00e4hnten verschiedenen \u00dfetonungsverh\u00e4ltnisse der Silben einer Reihe zu erinnern. Wir haben am letzteren Orte gesehen, dafs zwischen den Silben einer Reihe betreffs ihrer Betonung nicht blofs der Unterschied der betonten und der unbetonten Silben besteht, sondern aufserdem auch noch die betonten Silben sich dadurch voneinander unterscheiden, dafs einige von ihnen durch einem besonderen Hauptiktus ausgezeichnet werden, der auch wiederum f\u00fcr die verschiedenen besonders betonten Silben nicht immer den gleichen Charakter besitzt. In entsprechender Weise ist auch die St\u00e4rke und Tonh\u00f6he oder Helligkeit , der Klangfarbe, mit welcher eine unbetonte Silbe ausgesprochen wird, je nach der absoluten Stelle der letzteren verschieden. Diese Nuancierungen der Aussprache waren im allgemeinen f\u00fcr zwei Silben, welche in den beiden Reihenh\u00e4lften an entsprechenden Stellen (z. B. an der sechsten und an der zw\u00f6lften Stelle) standen, ann\u00e4hernd, wenn auch nicht genau, dieselben. Es kann nun nat\u00fcrlich der Einhufs der absoluten Stelle zum Teil auch darauf beruht haben, dafs sich die Silben mit den dem jeweiligen Zustande des Atmungsapparates entsprechenden kin\u00e4sthetischen Empfindungen und den von der absoluten Stelle abh\u00e4ngigen, kin\u00e4sthetisc-h und akustisch wahrnehmbaren, Nuancierungen der Silbenaussprache associierten.1\n\u00dcberblickt man die hier angef\u00fchrten, f\u00fcr die Erkl\u00e4rung des Einflusses der absoluten Stelle in Betracht kommenden Faktoren, so zeigt sich, dafs es, wenigstens zur Zeit, nicht gerechtfertigt ist, die absolute Stelle allgemein nur auf die Reihenh\u00e4lfte, und nicht auf die ganze Silbenreihe zu beziehen. Nur eine aus-schliefsliche Wirksamkeit des an dritter Stelle angef\u00fchrten Faktors w\u00fcrde ein solches Verfahren allenfalls rechtfertigen.\nEs ist. leicht m\u00f6glich (aber von uns nicht konstatiert), dafs\n1 Man vergleiche hierzu die von R. Wallaschek in dieser Zeitschrift, VI. 1893, S. 24 f. hervorgehobenen Associationen, die sich zwischen den \u25a0W\u00f6rtern eines Liedes und der Art der sangm\u00e4fsigen Aussprache bilden, die ihnen der betreffenden Melodie gem\u00e4fs zukommt.","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\nG. E. Midier und F. Schumann.\nder Einfiufs der absoluten Stelle bei verschiedenen Individuen in verschiedenem Grade vorhanden ist. Hat ein Individuum die Eigent\u00fcmlichkeit, die Silbenreihen in der Weise zu lernen, dafs es sich in wesentlichem Grade auf die Associationen st\u00fctzt, welche zwischen den Silben und ihren absoluten Stellen bestehen, so wird es nat\u00fcrlich bei Erlernung von Umstellungsreihen von der Art Su, Lu, Sv \u00f6der /. (S 107, 110) oder anderer \u00e4hnlicher Art unter sonst gleichen Umst\u00e4nden geringere Ersparnisse erzielen, als ein Individuum, bei welchem der Einfiufs der absoluten Stelle nur schwach ist. Denn je st\u00e4rker der Einfiufs der absoluten Stelle ist, desto schw\u00e4cher werden unter sonst gleichen Bedingungen beim Hersagen oder konstante Zeit nach dem Hersagen die Associationen sein, welche zwischen den einzelnen Silben der Reibe bestehen.1 \u2014\nBei Ebbinghaus (a. a. O., S. 130 f., 138 f.) findet sich wiederholt die \u00c4ufserung, dafs die Ersparnis an Wiederholungen, welche bei der Wiedererlernung einer Silbenreihe erzielt werde, \u201edie St\u00e4rke der von Glied zu Folgeglied stattfindenden Verkn\u00fcpfung\u201c messe. Nach den in diesem Paragraphen von uns angef\u00fchrten Versuchsresultaten entspricht diese \u00c4ufserung nicht ganz dem wirklichen Sachverhalte. Denn die Resultate welche wir mittelst des Ersetzungsverfahrens hinsichtlich der Wirksamkeit derjenigen Associationen erhalten haben, die sich bei Erlernung einer Silbenreihe zwischen zwei durch eine Zwischensilbe voneinander getrennten Silben bilden, ergeben hinl\u00e4nglich, dafs, wie schon von vornherein zu vermuten, bei der richtigen Reproduktion eines Gliedes einer Silbenreihe nicht blofs die Association wirksam ist, welche dieses Glied mit dem ihm unmittelbar vorhergehenden Gliede verkn\u00fcpft,\n1 Dies ist mm bereits der vierte Gesichtspunkt, den wir zur Erkl\u00e4rung betr\u00e4chtlicher individueller Verschiedenheiten anf\u00fchren,, die sich hinsichtlich der Gr\u00f6fse der Ersparnisse, welche bei Umstellungsreihen obiger Art erzielt werden, etwa heraussteilen. Wir haben zur Erkl\u00e4rung etwaiger solcher Verschiedenheiten bisher erinnert erstens an die Unterschiede im sensorischen Grundcharakter des Lernens (S. 119), zweitens an die individuellen Verschiedenheiten hinsichtlich der Dauerhaftigkeit des Ged\u00e4chtnisses (S. 120), drittens an die M\u00f6glichkeit individueller Unterschiede hinsichtlich einer . zweckm\u00e4fsigen Verteilung der Aufmerksamkeitsenergie (S. 293, Anmerkung). Nun kommt hier, um ein volles Bild von der Kompliciertheit des Psychischen zu geben, noch der obige, vierte Gesichtspunkt hinzu.","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 317\nsondern aufserdem auch diejenigen Associationen mitwirken die dieses Glied mit den nur mittelbar vorhergehenden Gliedern verbinden. Ferner k\u00f6nnte es nach obiger \u00c4ufserung von Ebbinghaus scheinen, als sei jede Silbe einer erlernten Seihe mit der unmittelbar folgenden Silbe durch eine Association verkn\u00fcpft, die f\u00fcr alle Paare unmittelbar aufeinanderfolgender Silben der Beihe (von zuf\u00e4lligen Einfl\u00fcssen abgesehen) dieselbe St\u00e4rke besitze, und als seien \u00fcberhaupt die zwischen den Gliedern einer erlernten Silbenreihe gestifteten Associationen von den rhythmischen Beziehungen der Silben ganz unabh\u00e4ngig. Unsere Versuche haben gezeigt, dafs sich die Sache wesentlich anders verh\u00e4lt. Endlich drittens kommt in obiger \u00c4ufserung von Ebbinghaus die Bolle nicht zum Ausdruck, welche der Einflufs der absoluten Stelle in so mannigfaltiger Weise beim Lernen und Hersagen einer Silbenreihe spielt.\n\u00a7 27. Resultate verschiedener Art, betreffend die Wiedererlernung von Silbenreihen, die associative Hemmung u. a. m.\n1.\tWerden Silbenreihen erlernt und nach bestimmter Zeit wiedererlernt, so erweisen sich die leichter erlernten Beihen durchschnittlich zugleich auch als die leichter wiedererlernten Beihen, falls nur solche Beihen miteinander verglichen werden, welche bei der gleichen Zeitlage und \u00dcbung erlernt und auch bei der gleichen Zeitlage und \u00dcbung wiedererlernt worden sind. Die G\u00fcltigkeit dieser Begel tritt indessen um so weniger deutlich hervor, ein je gr\u00f6fserer Procentsatz der Beihen infolge besonders g\u00fcnstiger oder besonders ung\u00fcnstiger innerer Zuf\u00e4lligkeiten betr\u00e4chtlich fr\u00fcher, bezw. betr\u00e4chtlich sp\u00e4ter erlernt worden ist, als durch die Beschaffenheit ihrer Silben und Silbenfolgen erfordert wurde. Beihen, deren Erlernung unerwartet fr\u00fch gegl\u00fcckt ist, k\u00f6nnen zu ihrer Wiedererlernung sogar mehr Wiederholungen erfordern, als zu ihrer Neuerlernung erforderlich waren. Und Beihen, deren Erlernung abnorm sp\u00e4t gelang, werden zuweilen mit nur sehr geringer Wiederholungszahl wiedererlernt (\u00a7 16).\n2.\tAls in Versuchsreihe XII die Silben einer Beihe (Hauptreihe) unmittelbar nach Erlernung der letzteren durch Erlernung zweier sie mitenthaltender anderer Beihen (Hemmungsreihen) noch mit anderen Silben in Association gebracht","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\nG. E. Muller und F. Schumann.\nworden waren, wurde die nach Verlauf von ca. 2 Stunden stattfindende Wiedererlernung der Hauptreihe nicht in erkennbarer Weise durch associative Hemmung erschwert. Dieses Ergebnis l\u00e4fst sich durch die allgemeine Annahme erkl\u00e4ren, ' dafs die Hemmung, welche f\u00fcr gewisse von bestimmten Vorstellungen eingegangene Associationen aus einer Reihe anderweiter, von eben diesen Vorstellungen eingegangener Associationen entspringt, durch die Wiederauffrischung der ersteren Associationen bald \u00fcberwunden werde, und zwar um so schneller, je mehr die wiederaufgefrischten Associationen fr\u00fcher einge\u00fcbt worden sind (S. 179).\nBei der ISTe ne derating von Silbenreihen, deren Bestandteile s\u00e4mtlich oder teilweise schon in anderen vor kurzem erlernten Silbenreihen vorgekommen waren, machte sich die associative Hemmung vielfach hinderlich und st\u00f6rend geltend (S. 177. fi). Dies geschah namentlich an den ersten Tagen einer Versuchsreihe. Die associative Hemmung fand meist in der Weise statt, dafs die Silben, welche von fr\u00fcher her mit Gliedern der zu erlernenden Silbenreihe associiert waren, thats\u00e4ehlich ins Bewufstsein traten und hierdurch die Aneignung der zu erlernenden Reihe erschwerten (associative Hemmung durch aktuelle Reproduktion). Zuweilen aber kamen jene Silben nicht wirklich zum Bewufstsein, die auf sie gerichteten Reproduktionstendenzen machten sich indessen trotzdem st\u00f6rend geltend, indem sie bewirkten, dafs die Silben der zu erlernenden Reihe sich schwerer aneinanderschlossen (associative Hemmung durch nur virtuelle Reproduktion).\n3.\tWerden Silbenreihen, welche im troch\u00e4ischen Rhythmus erlernt worden sind, im jambischen Rhythmus wiedererlernt, so f\u00e4llt die Ersparnis geringer aus, als dann, wenn die Wiedererlernung gleichfalls im troch\u00e4ischen Rhythmus stattfindet. Das Entsprechende gilt, wenn jambisch erlernte Reihen im troch\u00e4ischen Rhythmus wiedererlernt werden (S. 157).\nErhalten beim Aufbau abgeleiteter Reihen (Umstellungsoder Hemmungsreihen) die den Vorreihen entnommenen Silben eine andere Betonung und andere Stellung im Takte, als sie in den Vorreihen besafsen, so wird hierdurch die Erlernung der abgeleiteten Reihen erschwert, bezw. die denselben entsprechende Ersparnis verringert (S. 114 und S. 178).\n4.\tWird eine Reihe von Silben erlernt, deren jede infolge","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 319\nvorhergegangener Erlernung gewisser Vorreihen bereits mit einer anderen Silbe associiert ist und demgem\u00e4fs bei ihrem Ablesen und Hersagen zugleich diese mit ihr associierte, den Vorreihen entstammende Silbe in Bereitschaft setzt, so associieren sich, wie die Resultate von Versuchsreihe X wahrscheinlich machen, die nacheinander in Bereitschaft gesetzten Silben miteinander in der Weise, dafs bei darauf erfolgender Erlernung derjenigen Reihe, welche diese im \u00fcnbewufsten miteinander associierten Silben in der entsprechenden Ordnung enth\u00e4lt, eine geringe Ersparnis erzielt werden kann.\n\u00a7 28. Bas Wiedererkennen bei unseren Versuchen.\nNur geringf\u00fcgiger Art sind die Resultate, welche unsere Versuche beil\u00e4ufig in Beziehung auf den Vorgang des Wieder-erkennens ergeben haben.\nWie Ebbinghaus (a. a. O., S. 79 f.) bemerkt, scheinen gewisse von ihm erhaltene Versuchsresultate darauf hinzuweisen, dafs die f\u00fcr die Wiedererlernung einer Silbenreihe erforderliche Wiederholungszahl unabh\u00e4ngig davon ist, ob die Silbenreihe als bereits dagewesen wiedererkannt ist oder nicht. Auch in unseren Versuchsreihen III und IV wurden diejenigen Umstellungsreihen mit Taktschonung, in denen einzelne Silbenpaare als bereits in den Vorreihen dagewesen richtig wiedererkannt wurden, nicht schneller erlernt, als diejenigen TJm-stellungsreihen gleicher Art, wo eine solche \"Wiedererkennung einzelner Silbenpaare nicht stattfand (S. 117 und 126). Hingegen wurden in Versuchsreihe VI diejenigen Haupt- und Vergleichsreihen, welche hinsichtlich ihres Charakters erkannt wurden, in denen also einzelne Silben hinsichtlich der absoluten Stelle, welche sie in den Vorreihen besessen hatten, richtig wiedererkannt wurden, schneller erlernt, als die nicht erkannten Reihen. Dieses Verhalten liefs sich darauf zur\u00fcckf\u00fchren, dafs die hinsichtlich der absoluten Stelle wiedererkannten Silben der Versuchsperson zugleich noch sehr gel\u00e4ufig gewesen seien und durch diese Gel\u00e4ufigkeit die Erlernung der bet reifenden Reihe erleichtert h\u00e4tten, oder dafs eine zuf\u00e4llige bessere Disposition der Versuchsperson nicht blofs die Erlernung der Silbenreihe beschleunigt, sondern auch die Wiedererkennung der Silben hinsichtlich der absoluten Stelle beg\u00fcnstigt habe (S. 150 f., Anmerkung).","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\tCr. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nIn den Umstellungsreihen mit Taktschonung, welche in den Versuchsreihen III, IV und V zur Erlernung kamen, wurden die dem Anf\u00e4nge der Umstellungsreihe n\u00e4her stehenden Silbenpaare im allgemeinen h\u00e4ufiger als bereits in den Vorreihen dagewesen wiedererkannt, als die von dem Anf\u00e4nge der Reihe entfernteren Silbenpaare. Dieses Verhalten schien uns indessen, in Hinblick auf die Resultate von Versuchsreihe XIII, nicht zu weitergehenden Schl\u00fcssen zu berechtigen, sondern nur auf einer Eigent\u00fcmlichkeit unseres Versuchsverfahrens zu beruhen (S. 118, 126, 128 ff.).\nEine Silbe oder Silbenfolge konnte bei unseren Versuchen auf verschiedene Weise wiedererkannt werden, n\u00e4mlich erstens so, dafs man sich zugleich der absoluten Stelle, welche sie in der fr\u00fcheren Reihe besafs, erinnerte, zweitens so, dafs man sich wenigstens dessen erinnerte, ob sie in der ersten oder zweiten H\u00e4lfte der fr\u00fcheren Reihe stand, und endlich drittens so, dafs sie ohne jede auch nur ungef\u00e4hre Vorstellung ihrer fr\u00fcheren absoluten Stelle als bereits dagewesen erkannt wurde.\nSilben, welche einsilbigen W\u00f6rtern entsprachen, und Silbenfolgen, welche an bestimmte zweisilbige W\u00f6rter oder Phrasen erinnerten, wurden besonders leicht wieder erkannt.\nIn Versuchsreihe IV und V kam es nicht selten vor, dafs ein Takt einer Umstellungsreihe, dessen beide Silben in dieser Verbindung nicht in einer Vorreihe dagewesen waren, f\u00e4lschlich f\u00fcr einen Takt erkl\u00e4rt wurde, welcher bereits in einer Vorreihe dagewesen sei. In der Regel stimmte dann die zweite Silbe des Taktes hinsichtlich eines oder zweier Buchstaben mit derjenigen Silbe \u00fcberein, welche in der Vorreihe auf die erste Silbe des Taktes gefolgt war. Es wurden z. B. einmal die Takte taas reil und lek z\u00e4m f\u00fcr solche erkl\u00e4rt, welche bereits in den Vorreihen dagewesen seien. In diesen hiefs es jedoch: taas reiz und lek bim.\n\u00a7 29. Der Einflufs der Zeitlage.\nBei den Versuchen von Ebbinghaus (a. a. 0., S- 57 ff.) war der Einflufs der Zeitlage von folgender Art. In einer Versuchsreihe, welche wegen der grofsen Anzahl angestellter Versuche besondere Beachtung verdient, stieg w, (der Durchschnittswert der erforderlichen Wiederholungszahl) bei zunehmender Ordnungszahl der Zeitlage zuerst rasch, dann langsam an,","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n321\nerreichte bei der sechsten Zeitlage ein Maximum und nahm dann hei der siebenten und achten Zeitlage wieder ein wenig ab. F\u00fcr die \u00fcbrigen Versuchsreihen hingegen war ein Verhalten typisch, bei welchem wa bei der ersten Zeitlage mit einem verh\u00e4ltnism\u00e4fsig geringen Werte einsetzte, sich hierauf bei der zweiten Zeitlage zu einem betr\u00e4chtlich h\u00f6heren Werte erhob, alsdann bei der dritten Zeitlage wieder etwas absank, bei der vierten Zeitlage sich wieder erhob, bei der f\u00fcnften wieder geringer ausfiel u. s. f. Ebbinghaus selbst bemerkt, man d\u00fcrfe aus diesen von ihm erhaltenen Resultaten nicht schliefsen, dafs bei seinen (je etwa 20 Minuten dauernden) Versuchen ein Einflufs der allm\u00e4hlich zunehmenden geistigen Abspannung nicht stattgefunden habe. \u201eMan mufs nur sagen\u201c, f\u00e4hrt er fort, \u201edafs der vorauszusetzende Einflufs der letzteren auf die Zahlen bei weitem \u00fcbertroffen wird durch eine andere Tendenz, auf die man a priori nicht so leicht gekommen w\u00e4re, n\u00e4mlich durch eine Tendenz, auf verh\u00e4ltnism\u00e4fsig niedrige Werte verh\u00e4ltnism\u00e4fsig hohe folgen zu lassen, und umgekehrt. Es scheint eine Art periodischer Oscillation der geistigen Empf\u00e4nglichkeit oder der Aufmerksamkeit zu bestehen, bei der dann die zunehmende Erm\u00fcdung sich so \u00e4ufsern w\u00fcrde, dafs die Schwankungen um eine allm\u00e4hlich sich verschiebende Mittellage geschehen.\u201c Nach Mitteilung von Ebbinghaus (a. a. 0., S. 34) betrug bei den Versuchen desselben die Pause zwischen den Erlernungen zweier Silbenreihen stets nur 15 Sekunden. Es ist daher nicht zu verwundern, dafs sich bei unseren Versuchen, bei denen die Pausen zwischen den einzelnen Silbenreihen in ganz anderer Weise reguliert wurden (S. 115), das von Ebbinghaus gefundene Verhalten des Einflusses der Zeitlage niemals gezeigt hat.\nVergegenw\u00e4rtigen wir uns zun\u00e4chst an der Hand der von uns erhaltenen Versuchsresultate, die psychologischen Vorg\u00e4nge, auf denen der Einflufs der Zeitlage bei der Erlernung ganz neuer Reihen (Vorreihen) beruht, so zeigt sich folgendes. In erster Linie steht die im Verlaufe der Versuche eintretende geistige Abspannung, die trotz der von uns eingehaltenen verh\u00e4ltnism\u00e4fsig langen Pausen in der Mehrzahl der F\u00e4lle deutlich hervortrat. An zweiter Stelle steht das allm\u00e4hliche In-Zug-kommen der Aufmerksamkeit, welches unter Umst\u00e4nden \u00fcber den Einflufs der Erm\u00fcdung \u00fcberwiegen und ein allm\u00e4hliches\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie VI.\t21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\nG. E. Muller und F. Schumann.\nSinken von w bewirken kann. An dritter Stelle d\u00fcrfte' der Einflufs zu nennen sein, den die Freude, mit dem Lernen bald zu Ende zu sein, auf die Erlernung der letzten (und zuweilen wobl aucb schon der vorletzten) Silbenreihe einer Sitzung aus\u00fcbt. Endlich viertens ist hier daran zu erinnern, dafs das Lernen und Hersagen einer Silbenreihe nach unseren Erfahrungen nicht selten durch Reproduktion solcher Silben gest\u00f6rt wird, welche den in derselben Sitzung vorher erlernten Silbenreihen, namentlich der unmittelbar vorangegangenen Reihe, angeh\u00f6ren. Wir haben schon oben (S. 312 f.) gesehen, dafs zuweilen bei Erlernung einer Reihe eine Tendenz sich geltend macht, an einer bestimmten Stelle eine Silbe auszusprechen, die in einer der vorhergehenden Reihen an derselben Stelle gestanden hat. Aufserdem kommen noch Versprechungen von der Art vor, dafs an Stelle einer Silbe eine andere \u00e4hnliche Silbe ausgesprochen wird, welche in einer der vorhergehenden Reihen dagewesen ist. An Stelle von dusch wird dik ausgesprochen, das in der unmittelbar vorhergehenden Reihe vorkam, h\u00fcl wird durch l\u00fcl verdr\u00e4ngt, das 4 Reihen vorher gelernt worden ist, s\u00e4z durch g\u00e4z u. s. w.1 Versprechungen dieser Art sind es gewesen, die uns veranlafst haben, sp\u00e4terhin beim Aufbau der (versch\u00e4rft normalen) Silbenreihen noch die auf S. 104 erw\u00e4hnte, versch\u00e4rfende Vorschrift zu befolgen. Es ist nun klar, dafs die Erlernung einer Silbenreihe durch Versprechungstendenzen der hier erw\u00e4hnten Arten um so eher gest\u00f6rt werden wird, je mehr Reihen unmittelbar vorher erlernt worden sind, je h\u00f6her also die Ordnungszahl der Zeitlage der Silbenreihe ist. Die Ursachen jener Versprechungstendenzen treten also (in einem von der Individualit\u00e4t des Lernenden abh\u00e4ngigen Grade) verst\u00e4rkend zu dem Einfl\u00fcsse der Erm\u00fcdung hinzu, indem sie ebenso wie dieser dahin wirken, dafs w um so gr\u00f6fser ausfalle, je h\u00f6her die Ordnungszahl der Zeitlage ist.\n1 Gelegentlich werden sogar durch Silben, welche vor einem oder mehreren Tagen dagewesen sind, Fehler auffallender Art bewirkt. Will man wissen, ob eine Silbe, die beim Hersagen an Stelle einer anderen Silbe f\u00e4lschlich ausgesprochen worden ist, an einem der letzten Tage dagewesen sei, bezw. an welchem Tage dieselbe zuletzt vorgekommen sei, so ist dies, wenn man beim Aufbau der Silbenreihen mit der auf S. 103 erw\u00e4hnten Silbentafel operiert, ohne Weiteres aus dem betreffenden Felde der Silbentafel zu ersehen. Auch von diesem Gesichtspunkte aus erweist sich das Operieren mit der Silbentafel als sehr zweekm\u00e4fsig.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 323\nUnter dem Einfl\u00fcsse der hier erw\u00e4hnten Faktoren hat sich nun die Abh\u00e4ngigkeit der erforderlichen Wiederholungszahl von der Zeitlage bei unseren Versuchen in folgender Weise gestaltet. In der Mehrzahl der F\u00e4lle \u00fcberwog der Einflufs der von Reihe zu Reihe anwachsenden Erm\u00fcdung. Doch zeigten sich in manchen von diesen im allgemeinen von dem Einfl\u00fcsse der zunehmenden Erm\u00fcdung beherrschten F\u00e4llen zwei eigent\u00fcmliche Erscheinungen. Erstens n\u00e4mlich zeigte sich in manchen von diesen F\u00e4llen ein ann\u00e4herndes Konstantbleiben von iv. bei den mittleren Zeitlagen, w\u00e4hrend beim \u00dcbergange von der ersten Zeitlage zur zweiten und beim \u00dcbergange von den mittleren Zeitlagen zur vorletzten oder letzten Zeitlage ein deutlich ausgepr\u00e4gtes Ansteigen von w\u201e stattfand (S. 124, 153, 173). Zweitens kam es in einigen von diesen F\u00e4llen vor, dafs wa seinen Maximalwert nicht erst bei der letzten, sondern schon bei der vorletzten Zeitlage erreichte und beim \u00dcbergange von der vorletzten zur letzten Zeitlage tvieder eine deutliche Abnahme erfuhr, die wahrscheinlich durch den Einflufs der Freude, dem Ende des Lernens nahe zu sein, bedingt ist (S. 124, 154, 158). In Versuchsreihe VI wurde eine Zeit lang die Pause zwischen der dritten und vierten Silbenreihe etwas \u00fcber die Norm hinaus verl\u00e4ngert. Die hierdurch bewirkte Verringerung der geistigen Abspannung hatte zur Folge, dafs w\u201e bei der vierten Zeitlage deutlich geringer ausfiel, als bei der dritten (S. 154).\nVersuchsperson M. zeigte die Eigent\u00fcmlichkeit, dafs bei ihm im allgemeinen das allm\u00e4hliche In-Zug-kommen der Aufmerksamkeit der \u00fcberwiegende Faktor war, so dafs wa bei der ersten Zeitlage den h\u00f6chsten und bei der letzten Zeitlage den geringsten Wert erreichte. Nur zu solchen Zeiten, wo M. sich aus R\u00fccksicht auf die Versuche einige Schonung betreffs anderweiter geistiger Arbeit auferlegte, besafs der Einflufs des In-Zug-kommens der Aufmerksamkeit bei ihm nicht eine unbestrittene Vorherrschaft, weil eben zu solchen Zeiten die Aufmerksamkeit von M. schon bei der ersten Zeitlage st\u00e4rker aut die Silben konzentriert war (S. 95, 116, 170 f.). Auch P. zeigte, abweichend von seinem sonstigen Verhalten, eine Abnahme von wa. bei zunehmender Ordnungszahl der Zeitlage, als er in der dritten Abteilung von Versuchsreihe IV kurz nach dem Mittagessen lernte. H\u00f6chstwahrscheinlich hatte dies seinen Grund darin, dafs die Depression, welche die geistige Frische durch\n21*","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\tCr- E. M\u00fcller und F. Schumann.\ndas vorhergegangene Mittagessen erfahren hatte, im Verlaufe der Sitzung immer mehr nachliefs (S. 125 f.).1 Auch in diesen, an den Versuchspersonen M. und P. beobachteten F\u00e4llen, wo eine die sp\u00e4teren Zeitlagen beg\u00fcnstigende Tendenz vorherrschte, zeigte sich ioa bei den mittleren Zeitlagen ann\u00e4hernd konstant.\nWir bezeichnen das arithmetische Mittel derjenigen Werte von w, welche f\u00fcr die an einem bestimmten Versuchstage zu erlernenden Silbenreihen von bestimmter Art erhalten werden, kurz als das Tagesmittel des betreffenden Versuchstages f\u00fcr diese Art von Silbenreihen. Es steht nun zu vermuten, dafs der Einilufs der Zeitlage in gewisser Abh\u00e4ngigkeit zum Tagesmittel steht, also an denjenigen Versuchstagen, an denen die Silbenreihen langsam erlernt werden, im allgemeinen von etwas anderer Art ist, als an denjenigen Versuchstagen, an denen die Silbenreihen schnell erlernt werden. Um diese Vermutung zu pr\u00fcfen, bestimmten wir den Einflufs der Zeitlage einerseits f\u00fcr diejenigen Versuchstage der (einen Einflufs der \u00dcbung nicht erkennen lassenden) zweiten Abteilung von Versuchsreihe Fi, an denen das Tagesmittel f\u00fcr die Vorreihen geringer war, als der Durchschnitt aller derjenigen Werte von w, die in dieser Abteilung von Versuchsreihe VI \u00fcberhaupt f\u00fcr die Vorreihen erhalten worden sind, und andererseits f\u00fcr diejenigen Versuchstage, an denen das Tagesmittel f\u00fcr die Vorreihen gr\u00f6fser, als jener f\u00fcr die ganze Abteilung g\u00fcltige Durchschnittswert war. Es ergeben f\u00fcr die 4 Zeitlagen die Versuchstage der ersteren Art (mit schnellerer Erlernung der Vorreihen) folgende Werte von wa:\n9,5\t11,5\t11,8\t11,7,\nhingegen die Versuchstage der zweiten Art folgende Werte:\n11,5\t13,4\t13,4\t15,1.\nSowohl im ersteren, als auch im zweiten Falle steigt wa beim \u00dcbergange von der ersten zur zweiten Zeitlage erheblich an. W\u00e4hrend aber im ersteren Falle die 3 letzten Zeitlagen nur wenig verschiedene Werte von wa ergeben, zeigt im zweiten\n1 Hiermit in Einklang stellt die Bemerkung von KrXpklix im Arch, f. Psychiatrie, 25, 1893, S. 594. Es erscheint indessen nicht ausgeschlossen, dafs sich andere Versuchspersonen, insbesondere solche, die an einen Nachmittagsschlaf gew\u00f6hnt sind, unter gleichen Verh\u00e4ltnissen etwas anders verhalten.","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 325\nFalle wa beim \u00dcberg\u00e4nge von der dritten zur vierten Zeitlage noch einmal eine erhebliche Zunahme. Der Unterschied zwischen dem bei der ung\u00fcnstigsten und dem bei der g\u00fcnstigsten Zeitlage erhaltenen Werte von wa betr\u00e4gt im ersteren Falle 2,8, im zweiten Falle 3,6. Eine in derselben Richtung liegende, noch viel mehr ausgepr\u00e4gte Verschiedenheit im Verhalten des Einflusses der Zeitlage erh\u00e4lt man, wenn man denselben einerseits f\u00fcr diejenigen Versuchstage jener Abteilung von Versuchsreihe VI bestimmt, an denen das Tagesmittel f\u00fcr die Vorreihen hinter dem f\u00fcr die gesamten Vorreihen der Abteilung g\u00fcltigen Durchschnittswert um mehr als 1 zur\u00fcckblieb, und andererseits f\u00fcr diejenigen Versuchstage, an denen das Tagesmittel f\u00fcr die Vorreihen den f\u00fcr die gesamten Vorreihen g\u00fcltigen Durchschnittswert um mehr als 1 \u00fcbertraf. Alsdann ergiebt sich der Unterschied zwischen dem bei der ung\u00fcnstigsten und dem bei der g\u00fcnstigsten Zeitlage erhaltenen Werte von wa bei der ersteren Art von Versuchstagen (mit besonders schneller Erlernung der Vorreihen) gleich 1,6 und bei der zweiten Art gleich 4,3. Zu einem \u00e4hnlichen Ergebnisse gelangt man, wenn man die f\u00fcr die Vorreihen von Versuchsreihe X erhaltenen Beobachtungswerte von w einer gleichen Behandlung unterwirft. Auch dann zeigt sich ganz deutlich, dafs der Einflufs der von Reihe zu Reihe anwachsenden geistigen Erm\u00fcdung sich im allgemeinen um so mehr geltend macht, je gr\u00f6fser das Tagesmittel von w ist. Ein solches Verhalten l\u00e4fst sich leicht begreifen. Denn geht eine Versuchsperson mit geringer Aufgelegtheit und Frische an die Erlernung der Silbenreihen heran, so wird sie vermutlich durch die gleiche Leistung mehr erm\u00fcdet werden, als dann, wenn sie den Versuchen eine g\u00fcnstige innere Disposition entgegen bringt.\nZieht man bei Untersuchung des Einflusses der Zeitlage aufser den ganz neu erlernten Silbenreihen (Vorreihen) auch noch abgeleitete Reihen (Umstellungs-, Ersetzungs- oder Hemmungsreihen) in R\u00fccksicht, so kommt nat\u00fcrlich neben den oben angef\u00fchrten, zur Erkl\u00e4rung des Einflusses der Zeitlage dienlichen Faktoren noch in Betracht, dafs infolge der bei Erlernung der Vorreihen gestifteten Associationen Silben der bei fr\u00fcherer Zeitlage erlernten Umstellungsreihen solche der bei sp\u00e4terer Zeitlage zur Erlernung kommenden Reihen in Bereitschaft setzen k\u00f6nnen (S. 155), dafs ferner bei Erlernung","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"3*6\nG. E. Muller und F. Schumann.\neiner Hemmungsreihe, welche unmittelbar auf diejenige Reihe (Hauptreihe) folgt, deren Silben in ihr zum Teil in neue Associationen gebracht werden, die associative Hemmung st\u00e4rker sein kann, als in einer Hemmungsreihe, welche der betreffenden Hauptreihe nicht unmittelbar folgt (S. 181), u. dergl. m.\nIm allgemeinen sind abgeleitete Reihen weniger geeignet, um den Einflufs der Zeitlage in seinen Hauptgrundz\u00fcgen zu untersuchen. Denn der letztere l\u00e4ist sich in w\u00fcnschenswerter Weise nur dann untersuchen, wenn alle bei der Untersuchung zu benutzende Silbenreihen, von Zuf\u00e4lligkeiten abgesehen, die gleiche Erlernbarkeit besitzen. Diese Bedingung wird aber von Umstellungs- oder Ersetzungsreihen im allgemeinen nicht erf\u00fcllt. So ist z. B. eine Umstellungsreihe Su (S. 107) im allgemeinen betr\u00e4chtlich leichter erlernbar, als eine Reihe L\u201e oder Vu. Steht also bei der einen Anordnungsweise der zu erlernenden Umstellungsreihen eine Reihe Su an erster Stelle, bei der anderen Anordnungsweise aber eine Reihe Lu oder V\u201e, so wird im ersteren Falle der Zustand der Versuchsperson durch die Erlernung der an erster Stelle stehenden Reihe etwas anders beeinflufst werden, als im zweiten Falle; es wird also die zweite Zeitlage sich im ersteren Falle etwas anders geltend machen, als im zweiten Falle. Kurz, wegen der Unterschiede, die zwischen den nebeneinander zu erlernenden abgeleiteten Reihen hinsichtlich ihrer Erlernbarkeit in der Regel bestehen, ist zu erwarten, dafs abgeleitete Reihen bei Verwendung zur Untersuchung des Einflusses der Zeitlage nicht so regel-m\u00e4fsige und zu einander stimmende Resultate ergeben, wie Vorreiheii. Unsere Versuchsergebnisse haben diese Erwartung best\u00e4tigt.\nVersuchsresultate, welche bei der Wiedererlernung bereits erlernt gewesener Silbenreihen erhalten worden sind, m\u00fcssen selbstverst\u00e4ndlich bei Untersuchung des Einflusses der Zeitlage gesondert behandelt werden, da die blofse Wiedererlernung einer Silbenreihe den geistigen Zustand der Versuchsperson nicht in gleicher Weise beeinflussen kann, wie die Neuerlernung, und mithin die Zeitlagen bei der Wiedererlernung denjenigen bei der Neuerlernung nicht gleichwertig sein k\u00f6nnen. So liefs in der That die Versuchsperson S. in Versuchsreihe XII zwar bei der Neuerlernung der Haupt- und Vergleichsreihen, nicht aber auch bei der Wiedererlernung derselben einen Einflufs der Zeitlage erkennen (S. 181).","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n327\n\u00a7 30. Der Einflufs der \u00dcbung.\nDie \u00dcbung machte sich bei unseren Versuchen nicht blofs insofern geltend, als die F\u00e4higkeit, die Aufmerksamkeit auf die Silben zu konzentrieren, und die Leistungsf\u00e4higkeit des Ged\u00e4chtnisses bei Fortsetzung der Versuche zunahm, sondern auch insofern, als das Erkennen der schnell durch das Gesichtsfeld sich bewegenden Silben und das Aussprechen der zum Teil ungewohnten und schwierigen Silben immer leichter und leichter wurde.\nZu einer eingehenden Untersuchung des auf dem hier angedeuteten dreifachen Wege zu st\u00e4nde kommenden Einflusses der \u00dcbung sind unsere Versuche namentlich deshalb nicht geeignet, weil die Versuchsumst\u00e4nde im Laufe einer Versuchsreihe h\u00e4ufig nicht konstant genug blieben. Die Versuche begannen in manchen F\u00e4llen w\u00e4hrend der Ferien und zogen sich bis in das Semester hinein, oder sie begannen am Anf\u00e4nge des Semesters und zogen sich durch das ganze Semester hin. In solchen F\u00e4llen mufste die bei Beginn des Semesters ein-* tretende gr\u00f6fsere geistige Inanspruchnahme und die im Verlaufe des Semesters sich immer mehr steigernde Abspannung dazu dienen, den Einflufs der fortschreitenden \u00dcbung mehr oder weniger zu verdecken.\nTrotz dieser Verh\u00e4ltnisse haben wir in fast allen Versuchsreihen und Hauptabteilungen von Versuchsreihen eine bis zur Beendigung der Versuchsreihe oder Hauptabteilung fortdauernde Zunahme der Lernf\u00e4higkeit beobachtet. Selbst Versuchspersonen, wie P. und F., welche gleich mit sehr niedrigen Werten von wa (12, bezw. 11,6 Wiederholungen durchschnittlich f\u00fcr die Erlernung einer Vorreihe) einsetzten, zeigten noch W\u00e4hrend der ganzen Dauer der betreffenden Versuchsreihe einen Einflufs der \u00dcbung (S. 123 f., 172). Nur in Versuchsreihe VIII (S. 158) und in der zweiten Abteilung von Versuchsreihe VI (S. 154), sowie in der zweiten Abteilung von Versuchsreihe XZT (S. 180) war ein Einflufs der \u00dcbung nicht erkennbar. Auf diese Ausnahmef\u00e4lle ist jedoch kein grofses Gewicht zu legen, weil Versuchsreihe VIII eine nur m\u00e4fsige Anzahl von Versuchstagen umfafst, und in den beiden anderen F\u00e4llen, wie schon fr\u00fcher bemerkt, der Verdacht keineswegs ausgeschlossen ist, dafs der Einflufs der \u00dcbung durch eine allm\u00e4hliche Abnahme der","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\ngeistigen Frische, welche in den anderweiten Besch\u00e4ftigungen der Versuchsperson ihren Grund gehabt habe, verdeckt worden sei.\nEbbinghaus (a. a. O., S. 45) bemerkt in der hier in Rede stehenden Beziehung folgendes: \u201eDen definitiven Versuchen der ersten Periode waren w\u00e4hrend geraumer Zeit tastende Versuche \u00e4hnlicher Art vorangegangen, so dafs f\u00fcr alle mitgeteilten Resultate die Zeit der wachsenden \u00dcbung wesentlich als \u00fcberwunden angesehen werden kann.\u201c Nach unseren Resultaten hingegen, die allerdings nach einem anderen, als dem EBBiNGHAUSschen Verfahren gewonnen worden sind, kann, wie schon fr\u00fcher bemerkt, nicht mit der Annahme gerechnet werden, dafs man bei einer Versuchsperson durch Versuche, welche ein ganzes Semester hindurch fortgesetzt werden, ein Stadium maximaler \u00dcbung erreiche.\nIm allgemeinen macht sich die \u00dcbung bei einer Versuchsperson um so st\u00e4rker geltend, je schlechter sie anfangs lernt. Dies zeigt sich z. B., wie bereits fr\u00fcher (S. 94) hervorgehoben, schon bei einer Vergleichung der Resultate von Versuchsreihe I und II. Schon von vorn herein ist einleuchtend, dafs eine Versuchsperson wie E., bei welchem wa gleich Anfangs nur 11,6 betrug, durch die \u00dcbung nicht eine gleiche absolute Aufbesserung ihrer Lernf\u00e4higkeit erfahren kann, wie sich z. B. bei S. gezeigt hat, der in Versuchsreihe I mit einem Werte von wa, der gleich 24 war, einsetzte und in Versuchsreihe XII einen Wert von wa, der nur 12,2 betrug, erreichte.\nHatte eine Versuchsperson l\u00e4ngere Zeit hindurch die Lernversuche mitgemacht und trat nun eine l\u00e4ngere Unterbrechung im Lernen ein, so war unmittelbar nach der Unterbrechung, auch wenn sie sich \u00fcber Monate erstreckte, die Lernf\u00e4higkeit zwar nicht mehr dieselbe wie unmittelbar vor derselben, aber immerhin der Einflufs der fr\u00fcheren \u00dcbung noch deutlich zu sp\u00fcren.\nDie kurze Unterbrechung hingegen, welche jede Woche der Sonntag mit sich brachte, hatte in Versuchsreihe FJund XII, in denen S. als Versuchsperson diente, wegen der am Sonntage stattfindenden Erholung zur Folge, dafs w an den Montagen durchschnittlich geringer ausfiel, als an den \u00fcbrigen Wochentagen (S. 154 und 180, Anmerkung). An anderen Versuchspersonen haben wir ein gleiches Verhalten nicht konstatiert.","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses.\n329\n\u00a7 31. Die Streuung der Versuchsresultate.\nWill man die Streuung eingehend behandeln, welche die Beobachtungswerte bei derartigen Versuchen infolge der mitspielenden Zuf\u00e4lligkeiten zeigen, so mufs man nat\u00fcrlich innerhalb jeder Versuchsreihe die Streuung f\u00fcr jede Zeitlage gesondert bestimmen, damit das zu berechnende Streuungsmafs aufser dem Spielr\u00e4ume der zuf\u00e4lligen Einfl\u00fcsse nicht zugleich noch den Einflufs der Zeitlage repr\u00e4sentiere, und zweitens mufs man aus entsprechendem Grunde \u00fcber Beobachtungswerte verf\u00fcgen, die s\u00e4mtlich bei gleichem \u00dcbungsgrade erhalten worden sind. Da letztere Bedingung von unseren Beobachtungswerten im allgemeinen nicht erf\u00fcllt wird, so sind wir auch nicht in der Lage, wirklich eingehende Untersuchungen und Betrachtungen \u00fcber die Streuung unserer Beobachtungswerte anzustellen. Nur eine oberfl\u00e4chliche Kenntnis des Verhaltens der Streuung unter verschiedenen Umst\u00e4nden k\u00f6nnen wir dadurch erlangen, dafs wir die verschiedenen Zeitlagen einer und derselben Versuchsreihe hinsichtlich der ihnen entsprechenden Streuungen vergleichen oder die verschiedenen Arten von Silbenreihen (Vorreihen, Hauptreihen, Vergleichsreihen, Hemmungsreihen u. s. w.), die in einer und derselben Versuchsreihe erlernt worden sind, hinsichtlich der Streuungen miteinander vergleichen, die ihnen bei gleicher Zeitlage zukommen. Auch verschiedene Versuchsreihen, in denen der Einflufs der \u00dcbung ungef\u00e4hr der gleiche war, k\u00f6nnen in dieser Beziehung in gewissen Vergleich zu einander gebracht werden, vorausgesetzt, dafs man daran festh\u00e4lt, die Streuung immer f\u00fcr jede Zeitlage gesondert zu bestimmen.\t-\nAls Streuungsmafs kann in F\u00e4llen, wo das Streuungsgesetz nicht n\u00e4her bestimmbar ist, die mittlere Abweichung vom arithmetischen Mittel (mittlere Variation) dienen, die man gesondert f\u00fcr die oberen und unteren Abweichungen vom arithmetischen Mittel berechnen kann. F\u00fchrt man neben dem arithmetischen Mittel noch den Centralwert an, so kann man zugleich auch noch die beiden N eb en werte anf\u00fchren, d. h. die Werte, deren einer die oberhalb und deren anderer die unterhalb des Centralwertes belegenen, nach ihrer Gr\u00f6fse angeordneten Beobachtungswerte in zwei gleich grofse Gruppen","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nteilt.1 Die Differenz zwischen dem oberen oder unteren Neben werte und dem Centralwerte kann als Mafs der oberen, bezw. unteren Streuung dienen.\nSucht man sich nun in einer mit den vorstehenden Bemerkungen \u00fcbereinstimmenden \"Weise ein ungef\u00e4hres Bild von den Streuungsverh\u00e4ltnissen unserer Beobachtungswerte zu verschaffen, so f\u00fchrt ein solcher \u00dcberblick nur zu zwei S\u00e4tzen allgemeinerer Art, n\u00e4mlich erstens zu dem schon fr\u00fcher (S. 266 ff.) aufgestellten Satze, dafs die Streuung oberhalb;des arithmetischen Mittels oder des Centralwertes ausgiebiger ist, als unterhalb desselben, und zweitens zu dem (schon von vornherein sehr plausiblen, aber immerhin erst zu beweisenden) Satze, dafs die Streuung im allgemeinen um so ausgiebiger ist, je gr\u00f6fser das arithmetische Mittel und der Centralwert sind. So zeigen in Versuchsreihe III und V und in der dritten Abteilung von Versuchsreihe IV die am schnellsten erlernten Umstellungsreihen S\u201e auch deutlich eine geringere Streuung, als die \u00fcbrigen Umstellungsreihen. So zeigen in Versuchsreihe VI und IX, dem Verhalten der \"Werte von wa entsprechend, die Hauptreihen eine etwas geringere Streuung, als die Vergleichsreihen. So ergiebt sich in Versuchsreihe XII bei der Wieder-erlemung der Haupt- und Vergleichsreihen eine geringere Streuung, als bei der Neuerlernung derselben, u. dergl. m.\n\u00a7 32. Inwieweit werden Silbenreihen, welche von einem Individuum schneller erlernt werden, als andere Silbenreihen ganz gleicher Art, auch von anderen Individuen schneller erlernt, als jene anderen Silbenreihen? Die individuellen Verschiedenheiten bei unseren Versuchen.\nEs l\u00e4fst sich leicht erkennen, dafs die Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage in sachlicher und methodologischer Hinsicht von Interesse ist. Denn angenommen, es zeige sich bei der Erlernung ganz neuer Silbenreihen von gleicher Art, z. B. ganz neuer normaler zw\u00f6lfsilbiger Reihen, dafs diejenigen\n1 Ebenso wie der Centralwert die nacb der Gr\u00f6i'se angeordneten Beobach tungswerte der gesamten Versuchsreihe in zwei gleich grofse Gruppen scheidet, teilt der obere und untere Nebenwert die obere, bezw. untere dieser beiden durch den Centralwert getrennten Gruppen wiederum","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 331\nvon ihnen, welche die eine Versuchsperson langsamer lernt, in ungef\u00e4hr gleichem Grade auch von den \u00fcbrigen Versuchspersonen langsamer erlernt werden, so w\u00fcrde sich hieraus ergeben, dafs die zuf\u00e4lligen Einfl\u00fcsse, welche die Werte von w f\u00fcr Silbenreihen gleicher Art bei einer und derselben Versuchsperson so erheblich verschieden ausfallen lassen, im wesentlichen nieht zuf\u00e4llige Schwankungen im Zustande der Versuchsperson, sondern vielmehr zuf\u00e4llige Verschiedenheiten der Bereitwilligkeit sind, welche zwischen den Silbenreihen von Haus aus infolge der Beschaffenheit ihrer Silben und Silbenfolgen in einer f\u00fcr verschiedene Individuen sich in gleicher Richtung geltend machenden Weise bestehen. Und unter solchen Verh\u00e4ltnissen w\u00fcrde der Umstand, dafs bei bestimmten Versuchen die Hauptreihen von nicht blofs einer, sondern mehreren, und zwar allen beteiligten Versuchspersonen durchschnittlich schneller erlernt worden sind, als die zugeh\u00f6rigen Vergleichsreihen, an und f\u00fcr sich nicht ohne weiteres als beweisend angesehen werden k\u00f6nnen. Denn alsdann w\u00fcrde die M\u00f6glichkeit nicht ausgeschlossen sein, dafs die Hauptreihen rein zuf\u00e4llig f\u00fcr alle Versuchspersonen leichter gewesen seien, als die Vergleichsreihen.\nWill man ein ungef\u00e4hres Bild dar\u00fcber gewinnen, inwieweit gleichartige Silbenreihen hinsichtlich ihrer urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit zuf\u00e4llige Verschiedenheiten darbieten, welche f\u00fcr verschiedene Individuen (gleicher Nation, gleicher Bildung u. s. w.) dieselben sind, so hat man vor allem den Einflufs der Zeitlage und den Einflufs der von Tag zu Tag stattfindenden Schwankungen der inneren Disposition der Versuchsperson zu ber\u00fccksichtigen und m\u00f6glichst Zu eliminieren. Denn angenommen z. B., infolge des Einflusses der Zeitlage lerne die eine Versuchsperson die sp\u00e4teren Reihen jeder Sitzung langsamer, als die fr\u00fcheren, die andere Versuchsperson aber umgekehrt, so k\u00f6nnen nat\u00fcrlich, wenn man die an beiden Versuchspersonen erhaltenen Beobachtungswerte ohne Ber\u00fccksichtigung des Einflusses der Zeitlage miteinander vergleicht, zuf\u00e4llige Verschiedenheiten in der urspr\u00fcnglichen Bereitin zwei gleich grofse Abteilungen. Die n\u00e4here Bestimmung der Nebenwerte hat nat\u00fcrlich in ganz entsprechender Weise zu erfolgen, wie die Bestimmung des Centralwertes (S. 269 ff.). Die beiden Nebenwerte sind nicht mit den von Fechter (Tiber den Ausgangswerl der kleinsten Abweichungssumme, S. 15) so bezeichneten beiden Seitenwerten zu verwechseln.","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nWilligkeit der Silbenreihen, welche f\u00fcr beide Versuchspersonen in gleicher Weise bestehen, nicht gen\u00fcgend als solche hervortreten, da sie durch den f\u00fcr beide Versuchspersonen verschiedenen Einflufs der Zeitlage mehr oder weniger verdeckt werden. In gleicher Richtung mufs es sich geltend machen, wenn die eine Versuchsperson solche Silbenreihen, welche die andere Versuchsperson bei sehr ung\u00fcnstiger innerer Disposition erlernt hat, an Tagen gelernt hat, wo sie besonders gut aufgelegt war. Um den Einflufs der Zeitlage und des Wechsels der Tagesdisposition, soweit es eben geht, bei Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage zu eliminieren, hat man in folgender Weise zu verfahren.\nAngenommen, es werden von den beiden Versuchspersonen a und h ganz dieselben Vorreihen in ganz derselben Reihenfolge, und zwar an jedem Versuchstage von jeder Versuchsperson 6 Vorreihen erlernt, so bestimmt man zun\u00e4chst f\u00fcr jede Versuchsperson f\u00fcr jeden Versuchstag das Tagesmittel (S. 324), d. h. das arithmetische Mittel der f\u00fcr die 6 Vorreihen erhaltenen 6 Werte von w. Alsdann berechnet man f\u00fcr jeden Beobachtungswert von w die Abweichung vom Tagesmittel, d. h. die Gr\u00f6fse, um welche derselbe von dem Tagesmittel des betreffenden Versuchstages ahweicht. Hierauf bestimmt man f\u00fcr jede Zeitlage das arithmetische Mittel aller Abweichungen vom Tagesmittel (d. h. also das arithmetische Mittel aller derjenigen Gr\u00f6fsen, um welche die bei der betreffenden Zeitlage erhaltenen Beobachtungswerte von w von ihren zugeh\u00f6rigen Tagesmitteln abweichen). Dieses arithmetische Mittel m\u00f6ge kurz das der betreffenden Zeitlage entsprechende Abweichungsmittel heifs\u00e7n. Endlich bestimmt man noch bei beiden Versuchspersonen f\u00fcr jede Silbenreihe die (positive oder negative) Gr\u00f6fse d, um welche die Abweichung vom Tagesmittel, welche der f\u00fcr die Silbenreihe erhaltene Wert von w ergiebt, von dem Abweichungsmittel differiert, das der Zeitlage, bei welcher die Silbenreihe erlernt worden ist, entspricht. Wenn nun wirklich zwischen den von den beiden Versuchspersonen erlernten Silbenreihen wesentliche Verschiedenheiten der urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit bestehen, welche f\u00fcr beide Versuchspersonen in gleicher Weise vorhanden sind, so dafs bei gleichem Einfl\u00fcsse der Zeitlage f\u00fcr beide Versuchspersonen und bei v\u00f6lligem Ausschl\u00fcsse der von Tag zu Tag","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 333\nstattfindenden Schwankungen der Lerndisposition eine von der einen Versuchsperson schnell oder langsam erlernte Reihe im allgemeinen auch von der anderen Versuchsperson schnell, bezw. langsam erlernt werden w\u00fcrde, so m\u00fcssen denjenigen Silbenreihen, denen bei der Versuchsperson a positive Werte von \u00f4 zugeh\u00f6ren, bei der Versuchsperson b vorwiegend auch positive Werte von \u00f4 entsprechen, und denjenigen Silbenreihen, welche bei der Versuchsperson b positive Werte von d ergeben, m\u00fcssen auch bei der Versuchsperson a vorwiegend positive Werte d zugeh\u00f6ren. Das Entsprechende gilt nat\u00fcrlich auch von den Silbenreihen, denen bei der Versuchsperson a, bezw. b negative Werte von \u00f4 entsprechen.\nHaben hingegen die Verschiedenheiten der Werte von iv, welche f\u00fcr die verschiedenen Silbenreihen an der Versuchsperson a oder b erhalten worden sind, nur ganz individuelle Bedeutung, so d\u00fcrfen offenbar, wenn z die Gresamtzahl der bei einer bestimmten Zeitlage erlernten Silbenreihen ist und pa und ph die Zahl der Silbenreihen darstellen, welche bei dieser Zeitlage bei der Versuchsperson a bezw. b, positive Werte von \u00f4 ergeben haben, dem Wahrscheinlichkeitsansatze nach nur\nPa_rPb giibenreihen Vorkommen, denen sowohl bei der Versuchs-\nperson a als auch bei der Versuchsperson b positive Werte von ()' entsprechen. Und stellen na und nb die Zahl der Silbenreihen dar, welche bei dieser Zeitlage bei der Versuchsperson a,\nTl Tiff\nbezw. b negative Werte d ergeben haben, so d\u00fcrfen nur \u2014^\u2014\nSilbenreihen Vorkommen, denen sowohl bei der Versuchsperson a als auch bei der Versuchsperson b negative Werte \u00f4 entsprechen.1 Wir wollen die F\u00e4lle, in denen eine Silbenreihe bei beiden Versuchspersonen Werte von \u00f4 mit gleichem (positivem oder negativem) Vorzeichen ergiebt, kurz als die (positiven, bezw. negativen) Koincidenzf\u00e4lle bezeichnen. Berechnet man nun f\u00fcr jede Zeitlage nach dem hier angegebenen Wahr-\nscheinlichkeitsansatze (mittelst der Ausdr\u00fccke 1 - \u2014 - und \u2014\u2014\u2014-)\nz\tz I\n1 W\u00e4re die Streuung der Werte von \u00e2 eine symmetrische, so w\u00e4re\neinfach ^\t\u2018 W? = zu setzen. Thats\u00e4chlich kommen aber\nZ\tZ\t4\nmehr negative als positive Werte von \u00e0 vor.","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\nG. E. M\u00fcller und F. Schumann.\ndie Zahl der positiven und negativen Koincidenzf\u00e4lle und vergleicht man die in dieser Weise berechneten Zahlen mit den wirklich beobachteten Zahlen der Koincidenzf\u00e4lle, so wird man durch diese Vergleichung Auskunft dar\u00fcber erhalten, inwieweit die Annahme richtig ist, dafs die Unterschiede der f\u00fcr die verschiedenen Silbenreihen bei einer bestimmten Versuchsperson erhaltenen Werte von w nur individuelle Bedeutung besitzen. Ist diese Annahme richtig, so m\u00fcssen die beobachteten und die berechneten Zahlen der Koincidenzf\u00e4lle durchschnittlich \u00fcbereinstimmen. Bestehen aber unter den Silbenreihen Unterschiede der urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit, welche f\u00fcr beide Versuchspersonen sich in gleicher Weise geltend machen, so mufs die Zahl der beobachteten Koincidenzen gr\u00f6fser sein, als die Zahl der berechneten Koincidenzen, und der Unterschied beider Zahlen mufs um so gr\u00f6fser sein, in je gr\u00f6fserem Umfange zwischen den Silbenreihen Bereitwilligkeitsunterschiede von nicht blofs individueller Bedeutung bestehen.\nWie schon fr\u00fcher erw\u00e4hnt, sind die Vorreihen, welche M. in Versuchsreihe III erlernt hat, identisch mit den von P. in der ersten und zweiten Abteilung von Versuchsreihe IV gelernten Vorreihen. Wenden wir nun das im Vorstehenden angegebene Verfahren auf die f\u00fcr diese Vorreihen bei beiden Versuchspersonen erhaltenen Resultate an, so erhalten wir f\u00fcr diese 180 Vorreihen\n41 beobachtete und 37,1 berechnete positive Koincidenzen und 59\t\u201e\t\u201e\t54,8\t\u201e negative \u201e\nWie gleichfalls schon fr\u00fcher erw\u00e4hnt, lernte ferner in Versuchsreihe F die Versuchsperson Hn. dieselben Vorreihen, welche P. in der dritten Abteilung von Versuchsreihe IV gelernt hatte. Wenden wir auf die f\u00fcr diese Vorreihen bei Hn. und P. erhaltenen Resultate das obige Verfahren an, so erhalten wir f\u00fcr diese 108 Vorreihen\n26 beobachtete und 24,6 berechnete positive Koincidenzen und 29\t\u201e\t\u201e 27,9\t\u201e '\tnegative \u201e\nEndlich hat, wie ebenfalls schon fr\u00fcher bemerkt, die Versuchsperson F. in Versuchsreihe XI Vorreihen gelernt, die auch in Versuchsreihe X von M. gelernt worden sind. Wenden wir auch hier das obige Verfahren an, so erhalten wir f\u00fcr diese 108 sowohl vonF., als auch von M. erlernten Vorreihen","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 335\n26 beobachtete und 24,4 berechnete positive Koincidenzen und 31\t\u201e\t\u201e 29,4\tnegative \u201e\nIn allen uns zur Verf\u00fcgung stehenden F\u00e4llen, wo ganz dieselben Vorreihen von zwei verschiedenen Versuchspersonen gelernt worden sind, \u00fcberwiegt also ohne Ausnahme die Zahl der beobachteten \u00fcber die Zahl der berechneten Koincidenzen. Aber d er Unterschied zwischen dem beobachteten und dem berechneten Werte ist in jedem Falle nur sehr gering. Entsprechend der Thatsache, dals die negativen Werte von <5 zahlreicher sind, als die positiven, ist auch die Zahl der beobachteten und berechneten negativen Koincidenzen stets etwas gr\u00f6fser ausgefallen, als die Zahl der entsprechenden positiven Koincidenzen.\nAus Vorstehendem ergiebt sich also, dafs die Abweichungen voneinander, welche die bei einer und derselben Versuchsperson f\u00fcr verschiedene Silbenreihen ganz gleicher Art erhaltenen Werte von w zeigen, nicht ganz und gar nur individuelle Bedeutung besitzen, sondern zu einem, allerdings nur recht geringen, Teile auch auf zuf\u00e4lligen Verschiedenheiten der urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit der Silbenreihen beruhen, welche f\u00fcr verschiedene Individuen sich in gleicher Sichtung geltend machen. In der Hauptsache aber beruht die Streuung der Beobachtungswerte von w (abgesehen nat\u00fcrlich von dem Einfl\u00fcsse der Zeitlage und der fortschreitenden \u00dcbung) auf Verschiedenheiten der urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit der Silbenreihen, welche f\u00fcr die Versuchsperson infolge ihrer besonderen Individualit\u00e4t bestehen, ferner auf dem zuf\u00e4lligen Wechsel der Tagesdisposition und auf zuf\u00e4lligen Beeinflussungen, denen der innere Zustand der Versuchsperson innerhalb einer und derselben Sitzung ausgesetzt ist. Von den letztgenannten drei Faktoren d\u00fcrften aber nach den Darlegungen auf S. 185 f. die beiden letzten, der zuf\u00e4llige Wechsel der Tagesdisposition und die w\u00e4hrend jeder Sitzung stattfindenden zuf\u00e4lligen inneren Beeinflussungen die Hauptrolle spielen.\nDas Vorstehende gilt wohlgemerkt nur, wenn die benutzten Silbenreihen normal sind. Sind die Silbenreihen nicht normal, sondern von der Art, dafs ihre Erlernung zum Teil durch zuf\u00e4llige Allitterationen, Assonanzen, sinnvolle Silbenfolgen u. dergl. wesentlich erleichtert wird, so werden sich nat\u00fcrlich","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"386\nGr. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nganz andere Resultate heraussteilen, als wir erhalten haben. Dann wird die Streuung zu einem ganz wesentlichen Teile auf Verschiedenheiten der urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit der Silbenreihen beruhen, welche f\u00fcr verschiedene Versuchspersonen in gleicher Weise bestehen.\nIn methodologischer Beziehung ergiebt sich aus unseren obigen Darlegungen, dafs es, wie schon fr\u00fcher auf S. 261 hervorgehoben, wenigstens bei feineren Untersuchungen, nicht r\u00e4tlich ist, von den verschiedenen zur Verf\u00fcgung stehenden Versuchspersonen ganz dieselben Haupt- und Vergleichsreihen auswendig lernen zu lassen, damit eine bei allen Versuchspersonen sich etwa herausstellende geringe Differenz zwischen dem den Hauptreihen und dem den Vergleichsreihen entsprechenden Werte von wa nicht dem Verdachte ausgesetzt sei, lediglich auf f\u00fcr alle Versuchspersonen sich in gleicher Weise geltend machenden zuf\u00e4lligen Verschiedenheiten der Bereitwilligkeit der Silbenreihen zu beruhen. Verf\u00fcgt man nicht \u00fcber normale Reihen, so ist die hier erw\u00e4hnte Vorschrift nat\u00fcrlich um so mehr zu befolgen.\nNeben dem oben benutzten Verfahren (der Berechnung der Koinci-denzen) kann man zur Entscheidung der in diesem Paragraphen behandelten Frage auch noch ein anderes Verfahren anwenden, welches hier in Anschlufs an das Obige noch kurz angegeben werden m\u00f6ge.\nMan berechne die mit Sa zu bezeichnende Summe aller positiven Werte von cf, welche die von der Versuchsperson a bei der ersten Zeitlage erlernten Silbenreihen ergeben haben, und ebenso die mit St zu bezeichnende Summe aller positiven Werte von cf, welche die bei der ersten Zeitlage erlernten Silbenreihen bei der Versuchsperson b ergeben haben. Und endlich bestimme man noch die mit Th zu bezeichnende algebraische Summe derjenigen (teils positiven, teils negativen) Werte .von cf, welche bei der Versuchsperson b sich f\u00fcr alle diejenigen bei der ersten Zeitlage erlernten Silbenreihen ergeben haben, denen bei der Versuchsperson a positive Werte von d' entsprachen, und ebenso die mit Ta zu bezeichnende algebraische Summe aller derjenigen Werte von cf, welche bei der Versuchsperson a sich f\u00fcr alle diejenigen bei der ersten Zeitlage erlernten Silbenreihen herausgestellt haben, denen bei der Versuchsperson b positive Werte von cf entsprachen. Bestehen nun wirklich zwischen den von beiden Versuchspersonen erlernten Silbenreihen wesentliche Verschiedenheiten der urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit, welche f\u00fcr beide Versuchspersonen dieselben sind, so m\u00fcssen die Summen werte Ta und T>, positiv und im Verh\u00e4ltnisse zu den Summen Sa und Sh nicht gering sein. Beruhten die Abweichungen untereinander, welche die von der Versuchsperson a oder b erzielten Werte von w zeigen, ausschliefslich auf solchen f\u00fcr beide Versuchspersonen in gleicher","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 337\nRichtung bestellenden Verschiedenheiten der urspr\u00fcnglichen Bereitwilligkeit der Silbenreihen, so m\u00fcfste Ta : S\u201e sowie Tb : Sb gleich 1 sein Es k\u00f6nnen uns also auch die Werte der Verh\u00e4ltnisse Ta : Sa und Tb : Sb dar\u00fcber Auskunft geben, inwieweit die Abweichungen der erhaltenen Werte w voneinander auf solchen f\u00fcr beide Versuchspersonen in gleicher Richtung bestehenden Verschiedenheiten der Silbenreihen beruhen. Nat\u00fcrlich ist dieses Pr\u00fcfungsverfahren, ebenso wie auf die bei der ersten Zeitlage erhaltenen, auch auf die bei den \u00fcbrigen Zeitlagen an beiden Versuchspersonen erhaltenen Resultate anzuwenden.\nWendet man das hier angedeutete Verfahren auf die in den oben angef\u00fchrten Versuchsreihen erhaltenen Resultate an, so kommt man zu ganz \u00e4hnlichen Ergebnissen, wie mittelst der Berechnung der Koincidenz-f\u00e4lle. Der Wert des Verh\u00e4ltnisses T:S ist nach allen uns zur Verf\u00fcgung stehenden Resultaten durchschnittlich gleich 0,13.\nEine eingehendere Er\u00f6rterung und Begr\u00fcndung des hier angedeuteten Verfahrens, sowie des obigen Verfahrens der Berechnung der Koincidenz-f\u00e4lle d\u00fcrfte f\u00fcr den Einsichtigen \u00fcberfl\u00fcssig sein. Beide Verfahrungs-weisen sind nicht von idealer Vollkommenheit, haben aber doch wenigstens den Vorteil, den Einflufs der Zeitlage und den Einflufs des Wechsels der Tagesdisposition in gewissem Grade zu eliminieren. Diese Eliminationen sind um so vollst\u00e4ndiger, je gr\u00f6fser die Zahl der Silbenreihen ist, die an jedem Versuchstage erlernt worden sind, aus einer je gr\u00f6fseren Anzahl von Beobachtungswerten also jedes Tagesmittel gewonnen ist. Dafs man durch Operieren mit den Abweichungen vom Tagesmittel statt mit den absoluten Werten von w die Schwankungen der Tagesdisposition einigermafsen eliminiert, zeigt sich ganz deutlich, wenn man die einer bestimmten Zeitlage entsprechende Summe der absoluten Werte von <f mit der Summe der absoluten Gr\u00f6fsen vergleicht, um welche die bei dieser Zeitlage erhaltenen Werte von w von ihrem Durchschnittswerte abweichen. Die letztere Summe ist stets betr\u00e4chtlich gr\u00f6fser.\nDafs man neben den von uns benutzten beiden Verfahrungsweisen auch noch andere, aber rechnerisch noch kompliciertere, als f\u00fcr den gleichen Zweck geeignet in Erw\u00e4gung nehmen kann, wird von uns nicht bestritten.\nHiermit schliefsen wir den zusammenfassenden Bericht \u00fcber unsere Versuchsresultate. Es schien uns nicht geboten, in einem besonderen Paragraphen noch auf die individuellen Verschiedenheiten einzugehe\u00fc, die sich bei unseren Versuchen gezeigt haben. Die wesentlichen Punkte, die wir in dieser Beziehung gefunden haben, sind auf S. 120, 158 und in \u00a7\u00a7 23, 24, 25 und 29 angef\u00fchrt worden. Im \u00fcbrigen lassen sich auf unsere Versuchsresultate sichere Behauptungen in dieser Beziehung nicht gr\u00fcnden, weil die Versuche mit den verschiedenen Versuchspersonen nicht unter gen\u00fcgend gleich-\n22\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie YI.","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338\nCr. E. M\u00fcller und F. Schumann.\nf\u00f6rmigen Umst\u00e4nden angestellt werden konnten. Die Tageszeit des Lernens, die sonstige geistige Inanspruchnahme und andere derartige Faktoren waren f\u00fcr die verschiedenen Versuchspersonen nicht dieselben, und, wie die Sachen einmal standen, h\u00e4tten solche Ungleichf\u00f6rmigkeiten auch durch angestrengtes Bem\u00fchen unsererseits niemals ganz beseitigt werden k\u00f6nnen.\nInhaltsverzeichnis.\nSeite\nVorwort........................................................... 81\nErstes Kapitel.\n\u00dcbersicht \u00fcbet* die angestellten Versuchsreihen.\n\u00a7\t1. Kurze Vorerinnerung an das von Ebbinghaus hei Bildung und\nErlernung der Silbenreihen\tbenutzte\tVerfahren............. 83\n\u00a7\t2.\tVersuchsreihen I und II................................... 84\n\u00a7\t3. \u00dcber das Verfahren, das in den folgenden Versuchsreihen beim\nAufbau und bei der Vorf\u00fchrung und Erlernung der Silbenreihen befolgt worden ist................................ -95\n\u00a7\t4.\tDie Versuchsschemata von Versuchsreihe III, IV und V ....\t106\n\u00a7\t5.\tResultate der Versuchsreihe\tIII.......................... 113\n\u00a7\t6.\tResultate der Versuchsreihe\tIV........................... 118\n\u00a7\t7.\tResultate der Versuchsreihe\tV........................... 126\n\u00a7\t8. Besprechung derjenigen Versuche von Ebbinghaus, die sich auf\ndie Association durch blofs\tmittelbare\tFolge\tbeziehen.....\t130\n\u00a7 9.\tVersuchsreihe\tVI.......................................... 141\n\u00a7 10.\tVersuchsreihe\tVII......................................... 155\n\u00a7 11.\tVersuchsreihe\tVIII........................................ 156\n\u00a7 12. Die Versuche von Ebbinghaus \u00fcber r\u00fcckl\u00e4ufige Associationen.\nVersuchsreihe IX............................................ 159\n\u00a7 13.\tVersuchsreihe\tX........................................... 164\n\u00a7 14.\tVersuchsreihe\tXI......................................... 171\n\u00a7 15.\tVersuchsreihe\tXII......................................... 173\n\u00a716. Erlernbarkeit , und Wiedererlernbarkeit der Silbenreihen in\nBeziehung zu einander...................................... 181\n\u00a7\t17.\tVersuchsreihe XIII....................................... 187","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses. 339\nZweites Kapitel.\nMethodologisches.\n\u00b0\tSeite\n\u00a7 18. Kegeln und Vorschriften betreffs des Versuchsverfahrens ... 257 \u00a7 19. Die fehlertheoretische Behandlung der Versuchsresultate.... 266\nDrittes Kapitel.\nZusammenfassung der in Beziehung auf die G-ed\u00e4chtnis-th\u00e4tigkeit erhaltenen Kesultate.\n\u00a7 20. Einflufs der rhythmischen Gliederung auf das Lernen......\t280\n\u00a7 21. Das Verhalten der Atmung heim Lernen..................... 285\n\u00a7 22. Von der Begrenztheit der beim Lernen zur Verf\u00fcgung stehenden\nAufmerksamkeitsenergie und ihrer ungleichm\u00e4fsigen Verteilung 289 \u00a7 23. Der sensorische Grundcharakter des Lernens. Objektive Kriterien desselben. Festeres Haften der Vokale im Ged\u00e4chtnisse .......................................................... 295\n\u00a7 24.\tBeobachtungen bei ver\u00e4nderten Lernweisen.................. 303\n\u00a7 25. Das Bewufstsein der Fehlerlosigkeit des Hergesagten. Die\nSchwierigkeiten der Selbstbeobachtung beim Lernen......... 305\n\u00a7 26. Kesultate betreffs der beim Erlernen einer Silbenreihe gestifteten Associationen....................................... 307\n\u00a7 27. Kesultate verschiedener Art, betreffend die Wiedererlernung\nvon Silbenreihen, die associative Hemmung u. a. m........ 317\n\u00a728.\tDas Wiedererkennen \u25a0 bei unseren Versuchen................ 319\n\u00a7\t29.\tDer Einflufs der Zeitlage............................... 320\n\u00a7\t30.\tDer Einflufs der \u00dcbung.................................. 327\n\u00a7\t31.\tDie Streuung der Versuchsresultate...................... 329\n\u00a7 32. Inwieweit werden Silbenreihen, welche von einem Individuum schneller erlernt werden, als andere Silbenreihen ganz gleicher Art, auch von anderen Individuen schneller erlernt, als jene anderen Silbenreihen? Die individuellen Verschiedenheiten bei unseren Versuchen............................................... 330","page":339}],"identifier":"lit15468","issued":"1894","language":"de","pages":"257-339","startpages":"257","title":"Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Untersuchung des Ged\u00e4chtnisses","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:02:32.881822+00:00"}