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{"created":"2022-01-31T17:03:06.629965+00:00","id":"lit15471","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Ufer","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 6: 386-387","fulltext":[{"file":"p0386.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericlit.\nTh. Elsenhans. Psychologie und Logik zur Einf\u00fchrung in die Philosophie.\nF\u00fcr Oberklassen h\u00f6herer Schulen- und zum Selbststudium. 2. AufL G\u00f6schen, Stuttgart, 1892. 135 S.\nDie \u201eSammlung G\u00f6schen\u201c enth\u00e4lt eine Anzahl n\u00fctzlicher B\u00fcchlein, in denen einzelne Wissensgebiete \u00fcbersichtlich und elementar dargestellt sind; das vorliegende darf jedoch trotz seiner zweiten Auflage kaum dazu gez\u00e4hlt werden. Es wird sich jeder sagen m\u00fcssen, dafs auf 52 Seiten in Duodezformat die Psychologie auch umrifsartig nur sehr mangelhaft dargestellt werden kann; und nun will der Verfasser noch \u201ewirklich zu philosophischem Denken anleiten.\u201c\nZu wahrhaft philosophischem Denken gelangt man nur, wenn man auf dem Boden einer reichen und genauen Erfahrung zu Hause ist und sich alsdann begrifflich dar\u00fcber erhebt. Soll in den Schulen Psychologie getrieben werden, so empfiehlt es sich in erster Linie, im anderweitigen Unterrichte (z. B. in Geschichte, Sprache und Litteratur, Naturkunde) die psychologischen Momente scharf hervorzuheben, und zwar zumeist in engem Anschlufs an die eigene Erfahrung der Sch\u00fcler. Auf der Oberstufe ist alsdann das gewonnene Material zu Gruppen zu ordnen und seinem begrifflichen Inhalte nach zu formulieren, wobei auch die notwendigen Erg\u00e4nzungen gegeben werden k\u00f6nnen. Das setzt allerdings Lehrer voraus, die selbst eine gute psychologische Bildung besitzen; besteht diese Voraussetzung nicht, so lasse man die Psychologie aufserhalb der Schulstube; man bringt es doch nur zu einem leeren Wortwissen.\nBei Elsenhans wird nun noch nicht einmal ein korrektes Wortwissen vermittelt. Es lohnt sich nicht, zahlreiche Beispiele daf\u00fcr beizubringen ; eins m\u00f6ge gen\u00fcgen. Von der unwillk\u00fcrlichen Aufmerkamkeit wird (S. 24) gesagt, sie werde nur durch einen pl\u00f6tzlich an uns herantretenden Beiz hervorgerufen ; dagegen entstehe die willk\u00fcrliche Aufmerksamkeit erst durch das Interesse.\nAuch sonst findet sich mancherlei, das den Widerspruch stark herausfordert. S. 11 f. wird gesagt, das Gesetz der Beharrung gelte in der geistigen Welt nicht, wenigstens sei es bis jetzt nicht nachgewiesen worden. Was lehrt denn aber hier\u00fcber beispielsweise die \u201esorgf\u00e4ltige Psychologie Hebbarts\u201c (S. 5)? Nach S. 2 soll die Metaphysik die Aufgabe haben, \u201eNatur und Geist\u201c auf einen einheitlichen Grund zur\u00fcckzuf\u00fchren. Das ist doch nur die Auffassung des Monismus.","page":386},{"file":"p0387.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n387\nWie wir dem B\u00fcchlein f\u00fcr den Schulgebrauch einen besonderen Wert nicht zugestehen k\u00f6nnen, so erst recht nicht f\u00fcr den Selbstunterricht. Es giebt zahlreiche B\u00fccher, die nach Inhalt und Methode besser sind; wir nennen nur Lazarus\u2019 Leben der Seele und Lotzes Mikrokosmus. Allerdings, sind das umfangreiche Werke; aber mufs denn auch alles oberfl\u00e4chlich betrieben werden? Wer die M\u00fche scheut, der lasse lieber die H\u00e4nde von einem so schwierigen und verwickelten Gegenst\u00e4nde, wie es die Psychologie denn doch ist.\nUfer (Altenburg).\nC. Hauptmann. Die Metaphysik in der modernen Physiologie. Dresden, L. Ehlermann. 1892. 388 S.\nVerfasser, ein Sch\u00fcler von Avenarius, versucht zun\u00e4chst eine Kritik der wichtigsten Anschauungen, welche neuerdings von seiten der Physiologen \u00fcber die Beziehungen der psychischen Vorg\u00e4nge zu den materiellen des Gentrainervensystems vertreten worden sind. Speciell pr\u00fcft er die bez\u00fcglichen Ansichten von Lotze, Flourens, Pfl\u00fc\u00f6er, Goltz, Hitzig und Munk. Es ist nicht zu verkennen, dafs die Kritik H.\u2019s in einigen Punkten berechtigt ist. In vielen Hauptpunkten erscheint sie verfehlt. Zun\u00e4chst wird ganz willk\u00fchrlich der modernen Hirnphysiologie als einziges Bestreben untergeschoben, \u201eimmer wieder nur nach dem Sitze der Seele zu suchen\u201c. Der Zweck der modernen Hirnphysiologie war vielmehr einfach der, die Funktionen des Gehirns wie irgend eines anderen K\u00f6rperorgans zu bestimmen. \u201eDiese oder jene Beizung f\u00fchrt zu diesen oder jenen Bewegungen, nach dieser oder jener Exstirpation fallen diese oder jene Bewegungen weg\u201c, lautet ganz allgemein die Lehre der Hirnphysiologie. Wenn viele Hirnphysiologen solche S\u00e4tze weiter dahin formuliert haben, dafs sie von dem Bestehen oder Ausfall psychischer Processe (Empfindungen, Verstellungen u. s. f.) sprachen, so beruht dies im wesentlichen darauf und rechtfertigt sich dadurch, dafs die Hirn-pathologie uns viele ganz eindeutige Daten auch \u00fcber die psychischen Processe geliefert hat. H. scheint zu glauben, dafs die Hirnphysiologie lediglich auf das Tierexperime t angewiesen sei und nur auf Grund von Tierexperimenten sich entwickelt habe. Dieser zweite Irrtum ist f\u00fcr sein Buch verh\u00e4ngnisvoll geworden. . Gerade die Hirnpathologie hat das wichtigste, einwurfsfreieste Material f\u00fcr di\u00e8 Erkennung der Beziehungen der psychischen Processe zu den materiellen der Hirnrinde geliefert. Diese Grundlage der modernen Hirnphysiologie hat H. in kaum begreiflicher Weise ignoriert. Der Mensch, der durch eine Herderkrankung des Occipitallappens seine Sehf\u00e4higkeit eingeb\u00fcfst hat, l\u00e4fst dies nicht nur durch sein Verhalten im allgemeinen erkennen, sondern er sagt es uns direkt. Dies eben ist die Bedeutung der menschlichen Hirnpathologie f\u00fcr die Hirnphysiologie : der Mensch, an dessen Gehirn die Krankheit gewissfermafsen ihr Experiment gemacht hat, vermag \u00fcber seine psychischen Vorg\u00e4nge Auskunft zu geben. Diese Einseitigkeit des Litteraturstudiums des Verfassers erkl\u00e4rt denn auch hinreichend, dafs er zu S\u00e4tzen gelangt wie: \u201eMunks Besultate mufsten physiologisch wertlos sein, weil . . .\u201c\n25*","page":387}],"identifier":"lit15471","issued":"1894","language":"de","pages":"386-387","startpages":"386","title":"Th. Elsenhans: Psychologie und Logik zur Einf\u00fchrung in die Philosophie, F\u00fcr Oberklassen h\u00f6herer Schulen und zum Selbststudium. 2. Auflage. G\u00f6schen, Stuttgart 1892","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:03:06.629971+00:00"}