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{"created":"2022-01-31T17:00:12.300034+00:00","id":"lit15489","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Umpfenbach","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 6: 411-412","fulltext":[{"file":"p0411.txt","language":"de","ocr_de":"Litteraturbericht.\n411\nsch\u00e4ftigung wohl der Fall ist. Auf diese Weise erkl\u00e4rt sich das Wunderbare des Geschehens, obwohl man sich hei alledem nicht recht vorstellen kann, wie man sich als alte Frau, als Frosch und Hund zu f\u00fchlen und zu benehmen hat. Die Analogie des Traumes reicht kaum aus. Im Traume beh\u00e4lt man doch im wesentlichen sein eigenes \u201eIch\u201c, und nur die Umgebung ist paradox.\nDas Hauptinteresse des Arztes wird nat\u00fcrlich die therapeutische Verwertung des Hypnotismus in Anspruch nehmen, und wir erhalten durch Obebsteinbr im wesentlichen die Best\u00e4tigung der Angabe, dafs eine Wirkung nur dort eintritt, wo sich auch die Wachsuggestion wirksam erweist. Sch\u00e4dlich dagegen zeige sie sich eigentlich nur in unge\u00fcbter Hand.\nDie Darstellung Obersteiners ist in der That eine kurzgefafste, und ebenso ist sie eine brauchbare, wenngleich sie dem Geschicke aller Arbeiten verfallen wird, die diesen Gegenstand behandeln, es eben keiner von beiden sich gegen\u00fcberstehenden Parteien recht zu .machen. Den einen wird er nicht weit genug, den anderen viel zu weit gehen; von den letzteren wird er der Unwissenschaftlichkeit, von den ersteren des Unglaubens und der Unwissenheit beschuldigt werden.\nDas ist nun einmal nicht anders und wird in dem End urteile nichts \u00e4ndern, wonach das kleine Werk wohl dazu geeignet ist, eine gute \u00dcbersicht \u00fcber die zeitweilige Lehre vom Hypnotismus zu geben.\nPelman.\nG. Bheiner. Wie entstehen geistige St\u00f6rungen, und wie verh\u00fctet man solche? Leipzig, Fock. 1893. 132 S.\nVerfasser besch\u00e4ftigt sich zun\u00e4chst mit dem Gehirn und erw\u00e4hnt, dafs die Gr\u00f6fse und das Gewicht desselben noch keinen Mafsstab abgeben f\u00fcr die Beschaffenheit der angeborenen Intelligenz eines Individuums. Dagegen sind von grofsem Einflufs die gegenseitigen Gr\u00f6fsenverh\u00e4ltnisse der einzelnen Hirnteile, besonders der Vierh\u00fcgel und der Grofshirn-hemisph\u00e4ren. Die ersteren sind bei niedrigen Tieren sehr massig, grofs, die letzteren dagegen klein. Die Hemisph\u00e4ren sind z. B. beim Hunde schon sehr volumin\u00f6s. Je h\u00f6her im Tierreiche, desto kleiner die Vierh\u00fcgel, um so gr\u00f6sser die Hemisph\u00e4ren ; d. h. desto mehr v\u00e8rvollkommnet der Sitz von Intelligenz und Bewufstsein, die graue denkende Hirnrinde. Die Entwickelung einer Hirnpartie ist stets der physiologischen Bedeutung derselben direkt proportional. Die H\u00f6he der Intelligenz im allgemeinen h\u00e4ngt wiederum ab von der Zahl und Vollkommenheit der Hirnwindungen. Letztere treten zuerst bei den Nagern, den Flederm\u00e4usen auf. Der Hund hat bereits drei Hirnwindungen. Der menschliche F\u00f6tus im sechsten Monat hat noch eine vollkommen glatte Hirnoberfl\u00e4che, w\u00e4hrend das neugeborene, ausgetragene Kind bereits s\u00e4mtliche Haupt- und Nebenwindungen , doch noch sehr mangelhaft entwickelte Furchen hat. Letztere entwickeln sich erst allm\u00e4hlich und sind im 21. Lebensjahre erst voll entwickelt. (Krafft-Ebing). \u2014 Nach dieser Einleitung bespricht B. die Ursachen und Schutzmittel geistiger St\u00f6rungen bei Erwachsenen, den Vergleich zwischen geistiger Erkrankung und Verbrechertum, und","page":411},{"file":"p0412.txt","language":"de","ocr_de":"412\nLitteraturbericht.\ndie geistigen Anomalien der Kinder im allgemeinen mit Ber\u00fccksichtigung des Idiotismus und Kretinismus. Die Arbeit bringt im wesentlichen bereits Bekanntes, liest sich aber gut.\tUmpfenbach (Bonn).\nMax Nordau. Entartung. Zweiter Band. Berlin, 0. Duncker. 1893. 506 S.\nHascher, als wir es nach der T\u00fclle des Inhaltes erwarten durften, hat* Nordau dem ersten Bande seiner \u201eEntartung\u201c den zweiten folgen lassen, worin er seine Untersuchungen weiter und zu Ende f\u00fchrt.\nWer, wie Nordau, der geltenden Geschmacksrichtung so schnurstracks und so schroff entgegentritt, wer so wenig, wie er, ein Blatt vor den Mund nimmt und die \u00e4tzende Lauge seiner Kritik so unbarmherzig \u00fcber zahlreiche und dabei \u00e4ufserst empfindliche K\u00fcnstlerseelen ausgiefst, der mufs auf Widerspruch gefafst und gew\u00e4rtig sein, seinerseits ebenfalls nicht mit Handschuhen angefafst zu werden.\nB\u00fccher von der Eigenart der \u201eEntartung\u201c fordern ohnehin die Kritik heraus, und diese Kritik wird je nach dem Standpunkte, den der Kritiker einnimmt, eine um so verschiedenartigere sein, je mehr er dazu getrieben wird, Partei zu ergreifen und entweder f\u00fcr oder gegen die Ansichten des Verfassers in den Kampf einzutreten.\nEs wird daher Nordau nicht an Zustimmung, aber auch nicht an einer herben Verurteilung fehlen, aber selbst seine erbittertsten Gegner werden ihm das Zugest\u00e4ndnis nicht versagen k\u00f6nnen, dafs er seine Waffen mit Geschick und Ehrlichkeit f\u00fchrt und keinen Hieb austeilt, ohne f\u00fcr dessen Berechtigung das Beweismaterial in ausgiebigster Menge zur Hand zu haben.\nWir begegnen im zweiten Bande denselben Vorz\u00fcgen, die uns die Lekt\u00fcre des ersten so anziehend machten, dem gleichen flotten Stil, den packenden Vergleichen und der geradezu verbl\u00fcffenden Belesenheit des Verfassers.\nNordau beginnt diesen zweiten Band mit der Psychologie der Ichsucht. Wie verschieden auch Individualit\u00e4ten gleich Wagner und Tolstoi, Bossetti und Verlaine auf den ersten Blick scheinen m\u00f6gen, so haben wir doch bei allen gewisse Z\u00fcge angetroffen: das verschwommene und unzusammenh\u00e4ngende Denken, das Auftreten von Zwangsvorstellungen, die erotische Erregbarkeit, die Glaubenschw\u00e4rmerei, die sie als Mitglieder einer und derselben Geistesfamilie erkennen lassen und es rechtfertigen, sie in eine einzige Gruppe, die der Mystiker, zu vereinigen.\nNeben den M3rstikern treten alsdann noch die Ichs\u00fcchtigen hervor, welche die Dinge nicht sehen, wie sie sind, die Welt nicht begreifen und sich nicht richtig zu ihr zu stellen wissen. Ein charakteristisches Merkmal aller Entarteten ist, dafs es bei ihnen nicht zu einer Entwickelung altruistischer Anschauungen und Empfindungen kommt. Ihr hervorstechendster Charakterzug ist der Egoismus, sie sind alle mehr oder minder krankhaft ichs\u00fcchtig. Auf dieser krankhaften Grundlage entwickeln sich alsdann ferner die perversen Triebe, und sie sind antisocial, wie es die Gewohnheits- und Berufsverbrecher sind, von denen sich die","page":412}],"identifier":"lit15489","issued":"1894","language":"de","pages":"411-412","startpages":"411","title":"G. Rheiner: Wie entstehen geistige St\u00f6rungen, und wie verh\u00fctet man solche? Leipzig, Fock 1893","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T17:00:12.300039+00:00"}