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{"created":"2022-01-31T14:27:19.560477+00:00","id":"lit15511","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Peretti","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 6: 495-496","fulltext":[{"file":"p0495.txt","language":"de","ocr_de":"Litteratwbericlit.\n.495\ninnerungst\u00e4uschung oder als Erinnerungsf\u00e4lschung \u00e4ufsern, je nachdem man eine Wahrnehmung schon fr\u00fcher gemacht, eine Situation durchlebt zu haben glaubt, oder wo das nicht mehr oder nur unklar Erinnerte kurzweg durch irgend ein Phantasiegebilde ersetzt wird.\n\u00c4hnlich geht es mit zwei anderen psychischen Erscheinungen, die schon mehr aufserhalb der direkten Verkettung des Denkens gelegen sind, und die man als Einfall, oder, wenn tiefere Probleme in Betracht kommen, als Inspiration^ oder Intuition bezeichnet.\nMeist ein Kennzeichen des Genies und eine Bedingung seiner Gr\u00f6fse,. verlangen sie jedoch auch die Kraft des Genies, der intuitiven Erkenntnis die logische Pr\u00fcfung und die induktive Beweisf\u00fchrung folgen zu lassen und jede Intuition abzulehnen, die dieser Kritik nicht standh\u00e4lt. Ist dies nicht der Pall, so f\u00fchrt der Weg direkt zu Irrtum und Wahn.\nNoch direkter thut dies die Zwangsvorstellung, die zwar an sich noch kein Irrsein bedingt, aber doch durch den Zwang des Vorstellens leicht zu einem falschen Vorstellen werden kann.\nSo kurz Jolly auch bei der Reichhaltigkeit seines Materiales vier\u00bb fahren null's, so vers\u00e4umt er doch nie, auf die \u00dcberg\u00e4nge vom Gesunden zum Kranken aufmerksam zu machen, wie sie in allen Kategorien Vorkommen, und er betont mehrfach, wie der pathologische Irrtum \u00fcberall da zu st\u00e4nde kommt, wo in den einzelnen Gebieten Reizerscheinungen mit allgemeiner oder partieller Schw\u00e4che der h\u00f6heren bewufsten Associationen einhergehen. Auf diese Weise erkl\u00e4rt sich auch die Einwirkung gewisser Kategorien von Geisteskranken auf Gesunde, und wie sie diese alsdann zu Gunsten ihres Wesens mit sich fortreifsen, so dafs es unter Umst\u00e4nden zu einer f\u00f6rmlichen epidemischen Verbreitung gewisser Ideenrichtungen kommen kann. Die Nutzanwendung an verschiedenen Vorkommnissen der neuesten Zeit ergeben sich von selbst,, und Jolly begn\u00fcgt sich damit, sie anzudeuten und die weiteren Schl\u00fcsse seinen Zuh\u00f6rern zu \u00fcberlassen.\nJolly schliefst mit der Bemerkung, dafs, wenn auch der einzelne Irrenarzt auf das allgemeine Menschenrecht Anspruch erheben d\u00fcrfe, gelegentlich lrrtiunern zu unterliegen und in einem einzelnen Palle nicht ganz das Richtige zu treffen, die Psychiatrie als Erfahrungswissenschatt jedoch hiervon unber\u00fchrt bliebe und \u00fcber hinreichende Kriterien verf\u00fcge, um Irrtum von Irrsein zu unterscheiden.\nHiermit kehrt Jolly zu seinem Anf\u00e4nge zur\u00fcck, wo er auf die falschen Auffassungen des Begriffes der Geisteskrankheit hinwies, und wie selbst in unserer Zeit. wieder Versuche auftauchen konnten, die Zust\u00e4ndigkeit des Psychiaters f\u00fcr die Entscheidung zwischen geistiger Gesundheit und Krankheit zu bestreiten und gesetzlichen Schutz gegen seine vermeintlichen \u00dcbergriffe anzurufen.\tPelman.\nJules Voisin. L\u2019Idiotie. Psychologie et \u00e9ducation de l\u2019idiot. Paris, F. Alcan, 1893. 295 S.\nF\u00fcr die Ver\u00f6ffentlichung seiner in dem Hospice de la Salp\u00eatri\u00e8re zu Paris gehaltenen Vorlesungen \u00fcber Idiotie verdient Verfasser Dank, giebt er uns damit doch \u2014 was bis jetzt in der Litteratur fehlte \u2014 ein","page":495},{"file":"p0496.txt","language":"de","ocr_de":"496\nLitteraturbericht.\npraktisches Lehrbuch des Idiotismus, das um so mehr dem Studium zu empfehlen ist, als die klare Darstellung und die lebendige, durch kurze Krankengeschichten und Abbildungen unterst\u00fctzte Schilderung der k\u00f6rperlichen und psychischen Abnormit\u00e4ten der Idioten das Lesen des Werkes zu einem genulsreichen machen.\nW\u00e4hrend Sollier in seinem k\u00fcrzlich ver\u00f6ffentlichten Buche (Der Idiot und der Imbecille) sich auf die Beleuchtung der psychologischen Seiten beschr\u00e4nkt, zieht Voisin auch die heredit\u00e4ren Verh\u00e4ltnisse, die anatomischen Grundlagen, sowie die Behandlung der Idiotie in den Kreis seiner Betrachtungen; gerade das Kapitel \u00fcber die Therapie verdient hervorgehoben zu werden, in welchem er praktische und bei aller K\u00fcrze doch auch Einzelheiten ber\u00fccksichtigende Katschl\u00e4ge giebt und zeigt, wieviel der Arzt f\u00fcr die Verh\u00fctung und f\u00fcr die Besserung des Idiotismus thun kann. Den Psychologen werden mehr die Kapitel \u00fcber die Sinnes-th\u00e4tigkeit, die Instinkte, die Empfindungen, sowie die Ausf\u00fchrungen \u00fcber die Sprache der Idioten, die er mit der Sprache der Aphatischen vergleicht, und die Art und Weise, wie er die Entwickelung der idiotischen Kinder der Entwickelung normaler Kinder gelegentlich gegen\u00fcberstellt, interessieren.\nN\u00e4her auf den Inhalt der zw\u00f6lf Vorlesungen einzugehen, ist im eng bemessenen K\u00e4hmen eines Keferates nicht m\u00f6glich, nur m\u00f6chte ich noch die Definition, die Verfasser f\u00fcr den Begriff der Idiotie aufstellt, anf\u00fchren. Nach ihm ist der Idiot \u201eein Individuum, bei dem die intellektuellen, sensitiven und motorischen F\u00e4higkeiten gar nicht oder in mangelhafter Weise zur Entwickelung gekommen oder auch in ihrer Weiterentwickelung, vor oder einige Jahre nach der Geburt, infolge von f\u00f6talen oder chronischen krankhaften St\u00f6rungen im Gehirn derart gehemmt worden sind, dafs sie nicht weiter ausgebildet werden konnten\u201c.\nPeretti (Grafenberg).","page":496}],"identifier":"lit15511","issued":"1894","language":"de","pages":"495-496","startpages":"495","title":"Jules Voisin: L'Idiotie, Psychologie et \u00e9ducation de l'idiot. Paris, F. Alcan 1893","type":"Journal Article","volume":"6"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:27:19.560483+00:00"}