Open Access
{"created":"2022-01-31T15:51:04.068190+00:00","id":"lit15512","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane","contributors":[{"name":"Pelman, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 7: 188-201","fulltext":[{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\nH. K\u00fcrella. Naturgeschichte des Verbrechers. Grundz\u00fcge der kriminellen Anthropologie und Kriminalpsychologie f\u00fcr Gerichts\u00e4rzte, Psychiater, Juristen und Verwaltungsbeamte. Mit zahlreichen anatomischen Abbildungen und Verbrecher - Potr\u00e4ts. Stuttgart, Enke. 1893. 284 S.\nA. B\u00e4r. Der Verbrecher in anthropologischer Beziehung. Mit 4 lithographischen Tafeln. Leipzig, Thieme. 1893. 456 S.\nC. Lombroso und G. Ferrero. Das Weib als Verbrecherin und Prostituierte. Anthropologische Studien, gegr\u00fcndet auf eine Darstellung der Biologie und Psychologie des normalen Weibes. \u00dcbersetzt von H. K\u00fcrella. Mit 7 Tafeln, 18 Textillustrationen und dem Bildnisse C. Lombrosos. Hamburg. 1894. Verlagsanstalt und Druckerei A. - G. 590 Seiten.\nPaul N\u00e4cke. Verbrechen und Wahnsinn beim Weibe, mit Ausblicken auf die Kriminal - Anthropologie \u00fcberhaupt. Klinisch \u25a0 statistische, anthropologisch-biologische und kraniologische Untersuchungen. Wien und Leipzig, Braum\u00fcller. 1894. 257 S.\nSeitdem Lombroso mit seinem Buche Der Verbrecher zuerst in die \u00d6ffentlichkeit getreten ist, geh\u00f6rt sein Name auch in Deutschland zu den meistgenannten, und die Kenntnis seiner Ansichten und Werke mufs bei jedem vorausgesetzt werden, der sich mit den betreffenden Fragen besch\u00e4ftigt.\nAllerdings hat es den Anschein, als ob, bei uns wenigstens, sein Stern im Sinken und die H\u00f6he seiner Bedeutung \u00fcberschritten sei. Jedenfalls ist nicht die Zahl seiner Anh\u00e4nger, wohl aber die seiner Gegner eine gr\u00f6fsere geworden, und selbst die ersteren m\u00fcssen zugeben, dafs in der Hast und \u00dcberhast des Schaffens die M\u00e4ngel immer deutlicher zu Tage treten und das viele Gute zu \u00fcberwuchern drohen. Bisher war der Streit mehr in der Tageslitteratur zum Austrage gekommen, und wir entbehrten, mit Ausnahme der von Lombroso selber herausgegebenen und in das Deutsche \u00fcbertragenen B\u00fccher, selbst\u00e4ndige gr\u00f6fsere Werke \u00fcber die Anthropologie und Kriminalpsychologie des Verbrechers.\nDiesem Mangel ist nun neuerdings durch das gleichzeitige Erscheinen zweier Werke gr\u00fcndlich abgeholfen, und Freund und Feind Lombroso-scher Ansichten werden fernerhin ihre volle Rechnung finden, da das eine dieser Werke sich mit aller W\u00e4rme daf\u00fcr, das andere sich mit der ganzen Wucht wissenschaftlicher \u00dcberzeugung dagegen erkl\u00e4rt.","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n189\nI. K\u00fcrei,i,a, der vortreffliche \u00dcbersetzer Lombrosos und sein Vork\u00e4mpfer in Deutschland, legt in seiner Naturgeschichte des Verbrechers noch einmal eine Lanze f\u00fcr die von seinem Meister vertretenen Ansichten ein, und er versucht das ins Wanken geratene Geb\u00e4ude an der Hand eines gewaltigen litterarischen Materiales zu st\u00fctzen. Er thut dies mit unleugbarem Geschicke und in einer Form, die selbst dort ihren Reiz beh\u00e4lt, wo man mit dem Autor in der Sache weniger einverstanden ist.\nKuret,i,a steht n\u00e4mlich in seiner Auffassung von der Natur des Verbrechers im grofsen und ganzen auf dem Standpunkte Lombrosos, wenngleich er sich in seinen Behauptungen ungleich besonnener zeigt, als dies sein Gew\u00e4hrsmann thut, mit dem er nicht \u00fcberall einverstanden ist. So ist ihm u. a. die Verwandtschaft von Epilepsie und krimineller Anlage doch etwas zu weit gegangen, und auch von der Moral insanity als einer besonderen Krankheitsform will er nicht viel wissen. Er scheidet vielmehr den Verbrecher v\u00f6llig von dem Irren, und wenn er in jenem auch einen abnorm veranlagten Menschen sieht und die Schuld hierf\u00fcr mehr in der angeborenen Anlage, als in der Gestaltung der \u00e4ufseren Verh\u00e4ltnisse, des Milieu, sucht, so ist doch der Verbrecher an sich nicht geisteskrank. Wohl aber dr\u00fcckt diese angeborene Anlage den von ihr Betroffenen ganz bestimmte und nachweisbare Merkmale auf, die sich nach aufsen in den sogenannten Degenerationszeichen bemerklich machen, und wenn wir auch eine Erkl\u00e4rung f\u00fcr sie bisher nicht besitzen, so m\u00fcssen wir sie doch als ein Zeichen von Minderwertigkeit auch in cerebraler Konstitution auffassen.\nSie bilden in ihrer Gesamtheit den Verbrechertypus, dessen Nachweis Kttrella bei nahezu allen Gewohnheitsverbrechern f\u00fchren will.\nKureela geht diese anatomischen Besonderheiten am Verbrecher mit grofser Ausf\u00fchrlichkeit durch, und er erleichtert uns ihre \u00dcbersicht, indem er sie in primatoide Charaktere scheidet, die man auch als atavistische R\u00fcckschl\u00e4ge auffassen kann \u2014 Mifsgestaltungen an Sch\u00e4del und Gehirn, an Ohren, Z\u00e4hnen und Haaren \u2014, in durch Hemmung oder St\u00f6rung der Entwickelung bedingte Variet\u00e4ten (Synostosen der N\u00e4te, Atypien der Windungen des Gehirnes) und endlich in erworbene Charaktere \u2014 K\u00f6rpergewicht und Gr\u00f6fse, blasse Haut und T\u00e4ttowierung.\nIn einer gleich ausf\u00fchrlichen Weise behandelt Kurella die Biologie des Verbrechers und die biologischen Faktoren der Kriminalit\u00e4t.\nSeiner Meinung nach treten alle anderen Ursachen der Kriminalit\u00e4t weit hinter der Erblichkeit zur\u00fcck, und zwar wirken sie entweder nur auf diesem Wege, oder man hat sie bisher \u00fcbersch\u00e4tzt, und sie wirken \u00fcberhaupt nicht.\nAm deutlichsten macht sich diese Anschauung in der Art und Weise kund, wie Kurella die von allen Beobachtern hervorgehobene Rolle des Alkohols auffafst.\nAuch nach ihm ist Alkoholismus der Eltern eine h\u00e4ufige Beobachtung. Allein wahrscheinlich sind alle Gewohnheitsverbrecher zugleich auch Alkoholisten, oder der Trieb ist als eine angeborene Minderwertigkeit des Gehirnes aufzufassen, und diese letztere wird zugleich mit der Neigung zum Trinken vererbt. Sicherlich f\u00fchren Armut und Not zur","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190\nBesprechungen.\nTrunksucht und diese zum Verbrechen. Aber auch hier sei der wirkliche Gang der Dinge ein anderer, als er sich durch die einfache Annahme eines Einflusses des Milieu ausdr\u00fccken lasse. Eine elende Ern\u00e4hrung schw\u00e4che die Generation und setze ihre Widerstandskraft herab, und vermehre so die Erzeugung schwach veranlagter Kinder.\nGanz das Gleiche thue der Alkoholismus, es g\u00e4be abnorme Kinder und daraus Verbrecher.\nDas Verbrechen an sich aber sei von der sozialen Not nicht abh\u00e4ngig, es sei kein Zustand der Gesellschaft denkbar, der an sich das Verbrechen ausschliefse.\nUnter dem Einflufs lang dauernden Druckes in der Entbehrung entartet die Bev\u00f6lkerung. Durch den Mangel kommt sie zu dem Gen\u00fcsse des Branntweins, durch diesen zur Entartung und durch die Entartung zum Verbrechen. Diesen Gang der Dinge habe man bei der Veranschlagung des Alkohols \u00fcbersehen, man habe nicht auseinandergehalten, wieviele Trinker bereits vorher verbrecherisch veranlagt gewesen seien. Der Gauner werde vielfach sp\u00e4ter zum Trinker, der Trinker nur selten zum Gauner. Wohl aber werden deren Kinder zuerst zu Bettlern, dann zu Vagabunden und endlich zu Dieben. Der Alkohol ist daher einer der Faktoren des Verbrechens, die wesentlich durch das Milieu bedingt sind, aber doch nur dadurch, dafs biologische Prozesse erzeugt werden, wodurch hei besonders dazu veranlagten Personen Faktoren des Verbrechens hervorgehen. Ganz etwas \u00e4hnliches ist bei dem Morphinismus der Fall. Das Morphium erzeugt Empfindungslosigkeit, diese Brutalit\u00e4t, Gleichg\u00fcltigkeit. Ehrlosigkeit.\nKur Ella ist daher nicht der Meinung, dafs eine \u00c4nderung der Lehensbedingungen, des Milieu, ein Individium einer Art in eines der anderen verwandeln kann. Wohl erwecke es hier den Anschein, als habe Leidenschaft oder Gelegenheit ein Verbrechen veranlafst, und so k\u00f6nnten wohl soziale Momente sich von gewissem Einflufse erweisen, einen Charakter zu \u00e4ndern verm\u00f6gen sie jedoch nicht. Die kleinen Ver\u00e4nderungen m\u00fcssen sich im Laufe der Generationen verst\u00e4rken, bis sie Kraft genug gewinnen, um eine \u00c4nderung des Typus herheizuf\u00fchren.\nIn dieser Weise wirken die dauernden sozialen \u00dcbel, weil sie im Laufe der Zeit den innersten Kern des Menschen annagen, in dieser Weise wirken Mifswirtschaft, Verwahrlosung, wenn sie so lange dauern, wie in Neapel, dem Kirchenstaat, in Irland und Polen. Nur auf diese Weise wirke das Milieu auf das Menschengeschlecht. Nicht aber k\u00f6nnen eine leidenschaftliche Neigung, eine ver\u00e4nderte Lehensbedingung so auf den normalen Menschen einwirken, dafs er \u201eeiner erworbenen \u00bbNeigung zum Verbrechen\u201c anheimfalle, die er seinen Nachkommen alsdann als verbrecherischen Instinkt vererbe.\nDer Verfasser teilt zahlreiche Stammb\u00e4ume von Verbrecherfamilien mit, und er ist der \u00dcberzeugung, dafs die Abk\u00f6mmlinge dieser Familien auch dann zu Verbrechern geworden w\u00e4ren, wenn man sie in ganz andere Verh\u00e4ltnisse gebracht und getrennt von ihren Eltern aufgezogen haben w\u00fcrde.\nNach allen Beobachtern erg\u00e4nze sich das neue Verbrechertum fast","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n191\nausschliefslich aus dem alten. In London w\u00fcrden unter den 350000 Armen, die aus \u00f6ffentlichen Mitteln erhalten w\u00fcrden, etwa 40 000 zu Tagedieben und Verbrechern geboren.\nDaher k\u00e4mpfe die \u00f6ffentliche F\u00fcrsorge f\u00fcr elternlose und verwahrloste Kinder auch vergebens gegen die bereits \u00fcberkommene erbliche Anlage an, die nicht zu \u00fcberwinden sei.\nMit ganz besonderem Interesse wird man dem Verfasser in seinen Betrachtungen \u00fcber die Psychologie des Verbrechers folgen, die dadurch ihre besonderen Schwierigkeiten haben, dafs der Verbrecher Seelenzust\u00e4nde durchlebt, die sich der normale Mensch eigentlich gar nicht vorstellen kann.\nWenn man z. B. den bekannten Roman Dostojewskis Raskolnikoff durchliest, so wird man sich eines gelinden Grauens nicht entschlagen k\u00f6nnen und sich immer wieder die Frage vorlegen m\u00fcssen, wie es m\u00f6glich sei, dafs jemand derartige Zust\u00e4nde schildern k\u00f6nne, ohne sie selber durchlebt zu haben, und wie kann er sie durchlebt haben, wenn er das Verbrechen nicht selber begangen hat?\nMan gelangt hier eben zu Krankheitsformen und Seelenzust\u00e4nden, die weit abliegen von dem Seelenleben normaler Menschen, und daher ist es auch erkl\u00e4rlich und entschuldbar, wenn man diese fremdartigen Geisteszust\u00e4nde einfach dem Irrsein zuschob und sie mit ihm verwechselte. (Prichards Moral insanity.)\nIhre Schilderung f\u00e4llt daher der Kriminalpsychologie und nicht der Psychologie anheim.\nEine der fundamentalen Thatsachen der Verbrecher-Psychologie ist der Parasitismus der Verbrecher, ihre Sucht, sich auf Kosten anderer zu ern\u00e4hren.\nHeute wie vor Jahren hat das Verbrechertum seine Hauptwurzel in der Vagabondage. Landstreicher und Verbrecher sind nicht zu unterscheiden, und der erstere sinkt unmerklich und unvermeidlich zum Diebe und zum M\u00f6rder herab, dank seiner Arbeitsscheu, die zum Teil auf Krankheit beruht (20\u201430% sind epileptisch und schwachsinnig), zum andern Teil auf der entschiedenen Abneigung gegen jede geordnete Th\u00e4tig-keit. Lieber sterben als arbeiten, das ist die Lebensweisheit dieser Individuen, und wir k\u00f6nnen es an jedem Tage erleben, wie sie in haltlosem Drange immer wieder aufs neue den Entbehrungen der Landstrasse zustreben, ohne R\u00fccksicht auf alles, was zu ihrer H\u00fclfe und Besserung geschehen ist.\nDies gilt vorzugsweise von den Prostituierten. Andere Eigent\u00fcmlichkeiten ihres Charakters bilden ihre Selbst\u00fcberhebung und die \"Unf\u00e4higkeit, sich in eine gegebene Ordnung zu f\u00fcgen, ihre Ehrlosigkeit und Verlogenheit, die den Vagabunden zum Schwindler machen, und ein Kom\u00f6diantentum, das sie bis auf das Schaffot begleitet. Allen gemeinsam ist dieSouver\u00e4nit\u00e4t des Augenblickes, die Gleichg\u00fcltigkeit gegen die Zukunft.\nNur der augenblickliche Eindruck ist f\u00fcr das Handeln entscheidend, von \u00dcberlegung keine Spur; der Verbrecher folgt seinem Antriebe, weil ihm entgegenstehende Empfindungen \u00fcberhaupt fehlen, und daraus ergiebt sich u. a. die Unwirksamkeit der Ahschreckungstheorie in der Strafe.","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\nBesprechungen.\nDer Mangel an altruistischen Gef\u00fchlen erkl\u00e4rt das dem Verbrecher fehlende Mitleid und seine Grausamkeit, aber auch den Mangel an Reue, die \u00fcberhaupt nur bei Affektsverbrechern zur Geltung kommen kann, wo nach Ablauf des Affektes die fr\u00fchere Stimmung und Anschauungweise wieder platzgegriffen hat. Ein weiteres Moment der Grausamkeit ist die Verkn\u00fcpfung mit geschlechtlicher Lust, die in dem Lustmord ihre \u00e4ufserste, in das Krankhafte hineinragende Steigerung findet. Aber selbst hier bedarf es der Annahme eines besonderen Mordtriebes nicht. Der Mangel an jeglicher sittlicher Hemmung reicht zur Erkl\u00e4rung derartiger F\u00e4lle aus, und was zumal die geschlechtlichen Vergehen anbetriflft, so ist hierbei nicht aufser Acht zu lassen, dafs der Geschlechtsakt oft in der Form des Angriffes und der Vergewaltigung des Weibes ausgef\u00fchrt wird.\nTrotz aller Eigent\u00fcmlichkeiten des Verbrechers aber kommt Kurella immer wieder darauf zur\u00fcck, dafs zwischen ihm und dem Geisteskranken ein fundamentaler Unterschied in seiner intellektuellen Natur zu suchen sei, und dafs jeder Versuch, eine ausgesprochene Verbrechernatur f\u00fcr geisteskrank und damit f\u00fcr unzurechnungsf\u00e4hig zu erkl\u00e4ren, als mifs-lungen zu betrachten sei.\nUnd gerade hierin liegt die hohe Bedeutung der Verbrecherpsycho-logie f\u00fcr den Gerichtsarzt, und die Erkl\u00e4rung vieler \u201epsychologischer R\u00e4tsel\u201c der gerichtlichen Medizin. Wenn aber das Problem des Verbrechertums seine L\u00f6sung durch die Annahme einer psychischen Erkrankung nicht finde, so entspreche doch der Kern des Gewohnheitsverbrechertums dem von Lombkoso aufgestellten Typus, der sich als eine Variet\u00e4t der heutigen europ\u00e4ischen Bev\u00f6lkerung darstelle, charakterisiert durch ein unter der Norm liegendes Volumen an Sch\u00e4delh\u00f6hle und Gehirn, namentlich durch geringe Entwickelung des Stimlappens, durch eine Reihe von zum Teil verborgenen Abweichungen, die K\u00fcrella als primatoide zusammengefafst hat, und durch eine Reihe biologischer und psychologischer Eigent\u00fcmlichkeiten aus angeborener Anlage, die in ihrer Gesamtheit ein charakteristisches, von den Erscheinungsformen erblicher, psychopathischer Entartung durchaus verschiedenes Bild ergeben, (pag. 261). \u00dcber das Zustandekommen dieser Variet\u00e4t k\u00f6nnen wir nur Vermutungen hegen. Vieles deutet daraufhin, dafs ein erheblicher Bruchteil des Verbrechertums Familien angeh\u00f6rt, die seit vielen Generationen in Vagabondage und Verbrechen leben, anderes darauf, dafs ein Aus-schliefsen ganzer Bev\u00f6lkerungschichten von der Kulturentwickelung oder eine Losl\u00f6sung von den nat\u00fcrlichen Entwickelungsbedingungen atavistische Vorg\u00e4nge und damit das Herabsinken zum Parasitismus und Verbrechertum bedingt, dafs ferner in der Armee der unverbesserlichen Verbrecher viele dem Gange der Entwickelung nicht angepafste Elemente enthalten und in Reihen von Generationen fortgesetzt sind. \u00dcberhaupt kreuzen sich in dieser Frage nach den Entstehungsbedingungen des Verbrechertums eine F\u00fclle von biologischen, anthropologischen und sozialen Problemen. Der Versuch, sie alle zu l\u00f6sen, wird wohl so bald nicht mit Erfolg gemacht werden k\u00f6nnen.\n\u00fcnd so schliefst Kurella sein Buch, das mit einer Reihe von","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n193\nanatomischen Abbildungen und von Verbrecher-Portr\u00e4ts ausgestattet und dem ein umfangreiches Literaturverzeichnis angef\u00fcgt ist. Ihm das Zeugnis einer ebenso fleifsigen wie mafsvollen Arbeit versagen zu wollen, w\u00e4re einUnrecht, es bedeutet vielmehr eine wirkliche Bereicherung unserer Litteratur und eine wertvolle Zusammenstellung des bisher auf diesem Gebiete Geleisteten.\nII. F\u00fcr Kurella stellt es ein eigent\u00fcmliches Verh\u00e4ngnis dar, dafs gleichzeitig mit seinem Werke das BlRSche Buch auf den Markt trat.\nAuch dieses Buch verdankt seine Entstehung der Anregung, die Lombroso allen denkenden und forschenden Geistern gegeben, und B\u00e4r war ganz vorzugsweise dazu geeignet, es zu schreiben. Aber abweichend von Kurella wendet er sich direkt gegen den italienischen Gelehrten und seine Ansichten, deren Widerlegung er zum Vorwurfe seiner ganzen Arbeit genommen hat und die, obwohl durchweg polemischer Natur, nie den ruhig erw\u00e4genden und abmessenden Standpunkt verl\u00e4fst. Es ist eine oft vernichtende, nirgends aber eine verletzende Kritik, die B\u00e4r in seinem Buche aus\u00fcbt, und wenn er bei aller Hochhaltung Lombrosos seine thats\u00e4chlichen Aufstellungen als unhaltbar zur\u00fcckweist, so hat man zuweilen die Enpfindung, als ob er nur mit eigener \u00dcberwindung der Macht der Thatsachen gewichen und dem verdienten Forscher entgegengetreten sei.\nHier wie dort dieselbe F\u00fclle des anatomischen und physiologischen Materiales, die gleiche Beherrschung der Litteratur, und doch wie verschiedenartig die Schlufsfolgerungen! Zun\u00e4chst ist bei B\u00e4r nicht wie bei Kurella f\u00fcr den Verbrecher die Organisation des Individuums, sondern fast ausschliefslich die Organisation der Gesellschaft, das Milieu, mafs-gebend, das Verbrechen ist ihm kein individuelles Problem, sondern ein soziales, und wenn der Verbrecher auch manche Zeichen von k\u00f6rperlicher und geistiger Mifsgestaltung an sich tr\u00e4gt, so hat er doch weder in der Gesamtheit noch im Einzelnen ein besonderes Gepr\u00e4ge, das ihn von seinen Stammesgenossen unterschiede. Allerdings tr\u00e4gt er Spuren von Entartung an sich, allein diese Entartung entspricht der allgemein geltenden der niederen Volksklassen, denen er angeh\u00f6rt. Hiermit aber entf\u00e4llt der LoMBRososche Typus und mit ihm die Hauptgrundlage seiner Theorie.\nBei einer so tief einschneidenden Kritik durfte man die Erwartung hegen, dafs B\u00e4r es nicht an Beweisen fehlen liefse, und das hat er in der That nicht gethan.\nSchritt f\u00fcr Schritt sichtet er das reichhaltige Material, und er erweist sich insofern als ein Meister, als er uns die Schl\u00fcsse wie reife Fr\u00fcchte gleichsam von selbst in den Schofs fallen l\u00e4fst.\nSein Standpunkt tritt sofort bei der Betrachtung der k\u00f6rperlichen Beschaffenheit des Verbrechers und der Anomalien seines Sch\u00e4dels hervor. Gerade hier hatte sich eine Unmasse von Thatsachen angeh\u00e4uft, aus denen soviel hervorgeht, dafs sie sich meist widersprechen Und sehr wenig miteinander \u00fcbereinstimmen. Es w\u00e4re ein verh\u00e4ngnisvoller Irrtum, wollte man aus der abnormen Enwickelung einzelner Sch\u00e4delteile und aus dem Verh\u00e4ltnis dieser zu einander auf die psychischen\n13\nZeitschrift f\u00fcr Psychologie Vtl.","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\nBesprechungen.\nF\u00e4higkeiten eines Individuums schliefsen, geschweige denn daraus die Moralit\u00e4t einer Person diagnostizieren.\nGewifs finden wir bei Verbrechern h\u00e4ufig knorrige, roh gebildete Sch\u00e4del, Unterkiefer u. s. w., aber wir finden das Gleiche h\u00e4ufig hei Personen, die nie ein Verbrechen begangen haben. Der Verbrechersch\u00e4del hat in seiner Form durchaus nichts spezifisches, die Anomalien, die hei Verbrechern am Sch\u00e4del am h\u00e4ufigsten gefunden werden, sind pathologischer Natur, zum Teil angeboren, zum Teil durch Ern\u00e4hrungsst\u00f6rungen erworben, und in keinem Falle spezifisch f\u00fcr den Verbrecher. Zudem ist das Material zur Entscheidung der Frage nicht ausreichend, und ganz dieselben Bildungen finden sich auch bei harmlosen Menschen.\nWenn sich diese Abnormit\u00e4ten bei Prostituierten h\u00e4ufiger finden, so ist dies nach Bar nur ein weiterer Beweis f\u00fcr die Annahme, dafs sie gr\u00f6fstenteils kranke und unentwickelte Gesch\u00f6pfe seien.\nDie Form eines Sch\u00e4dels kann somit nicht als ein sicheres Zeichen f\u00fcr die intellektuelle und noch weniger f\u00fcr die moraliche Wertsch\u00e4tzung eines Menschen verwertet werden.\nAuch f\u00fcr das Gehirn gilt das Gleiche. Es finden sich h\u00e4ufig die unverkennbaren Zeichen der angeborenen Demenz, aber sie sind kein spezifisches Merkmal des Verbrechens, sondern ein Zeichen der unvollkommenen Entwickelung oder der Entartung, und ganz in derselben Weise haben wir die anderweitigen Fehler und M\u00e4ngel in der k\u00f6rperlichen Organisation aufzufassen.\nEs giebt keine einzige derartige Anomalie, die nicht auch bei einem durchaus unbescholtenen Menschen angetroffen werden kann. Wohl aber ist der belastete Mensch weniger f\u00e4hig zur Arbeit, zum Kampfe ums Dasein, er verf\u00e4llt leichter in Armut und Elend, und das ist der Weg, auf welchem er zum Verbrecher wird. Ebenso will B\u00e4r nichts von einer Verbrecherphysiognomie wissen; nach ihm bestehe weder in Nase, noch in Ohren, Augen u. dergl. etwas spezifisches, und nach dem \u00e4ufseren Anblick ein Urteil \u00fcber den inneren Gehalt eines Menschen f\u00e4llen zu wollen, h\u00e4lt er ebenso verkehrt wie gef\u00e4hrlich. Die Physiognomie sei \u00fcberhaupt f\u00fcr die Beurteilung eines Individuums unsicher und unzuverl\u00e4ssig, und \u00e0 la Lavater den moralischen Wert eines Menschen nach der Gestaltung seiner Nase oder Ohren zu bemessen, gehe heutzutage nicht mehr an. \u2014 Nach Lombroso soll in gleicher Weise wie das \u00e4ufsere k\u00f6rperliche Verhalten auch der Ablauf der eigentlichen Lebensvorg\u00e4nge ein abnormes Verhalten zeigen. Nach B\u00e4r sind die angegebenen Thatsachen zum Teil nicht stichhaltig, zum andern Teil in ihrer Deutung unsicher. So ist z.B.nach seiner Angabe die Schmerzempfindung bei den Verbrechern keineswegs herabgesetzt, wie dies Lombroso behauptet, sondern gerade im Gegenteil, der Verbrecher ist empfindlicher, feiger und unf\u00e4higer, k\u00f6rperliche Schmerzen zu ertragen. Man hat \u00fcberhaupt bei der Beschreibung der geistigen Beschaffenheit allzusehr verallgemeinert, was man bei einem einzelnen hervorragenden Verbrecher beobachtet hatte oder wenigstens beobachtet zu haben glaubte. Es sei das ein Irrtum, und die Verbrecher stimmten auch hier mit den entsprechenden Klassen der Bev\u00f6lkerung","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n195\nvollkommen \u00fcberein, und manches, wie z. B. \u00dcberlegung, Abw\u00e4gung u. dergl. besitzen sie nicht einmal in demselben Mafse als jene. Aufmerksamkeit und Ausdauer fehlen ihnen ganz ; wohl trifft man bei ihnen Schlauheit und List, doch dies ist auch bei den Schwachsinnigen der Fall ; im \u00fcbrigen sind sie oberfl\u00e4chlich und fl\u00fcchtig. Intelligenzschw\u00e4che findet sich \u00fcberaus oft, sie sind schlecht begabt, willensschwach, halt-und charakterlos. Wie die Kinder bed\u00fcrfen sie einer gewissen F\u00fcrsorge und Bevormundung, und daher erkl\u00e4rt sich, wie sie sich in den Gef\u00e4ngnissen oft als ordentlich und zuverl\u00e4ssig erweisen, w\u00e4hrend sie sofort in ihr altes Leben verfallen, so wie sie sich selber \u00fcberlassen sind.\nVon besonderem Interesse sind die Ausf\u00fchrungen des Verfassers \u00fcber Geisteskrankheit bei den Verbrechern. Dafs die Zahl der Geisteskranken unter ihnen erheblich gr\u00f6fser sei, als unter der nichtverbrecherischen Bev\u00f6lkerung, ist \u00fcberall anerkannt und vielfach nachgewiesen. B\u00e4r sch\u00e4tzt diesen Anteil bei der Strafanstaltsbev\u00f6lkerung auf etwa 10%. Diese so unverh\u00e4ltnism\u00e4fsig grofse Menge von Geisteskranken (gegen 4 von Tausend bei der gew\u00f6hnlichen Bev\u00f6lkerung) erkl\u00e4rt sich aus dem Umstande, dafs sich nirgend so wie bei den Verbrechern die Bedingungen vereinigt finden, die zur Geistesst\u00f6rung f\u00fchren.\nDer degenerative Charakter der Verbrecherklasse, die Erblichkeit, Vernachl\u00e4ssigung und Verwahrlosung f\u00fchren zur \u00fcppigsten Entwickelung der angeborenen Defekte, und zudem Mangel an jeder Kontrolle gesellen sich Kopfverletzungen und Trunksucht. Was Wunder, wenn es unter diesen Umst\u00e4nden leichter zu Geistesst\u00f6rungen kommt, und wenn bei der grofsen Zahl von geistig Defekten und Entarteten die Entscheidung oft recht schwer und mitunter geradezu unm\u00f6glich ist, ob wir es in dem betreffenden Falle schon mit einem Geistesgest\u00f6rten zu thun haben. Wir haben eben mit Zwischenzust\u00e4nden zu rechnen, bei denen keine scharfe Grenzlinie besteht und wo kein Stein die Grenze markiert, wo der Schuft aufh\u00f6rt und der Geisteskranke beginnt.\nGanz besonders gilt dies f\u00fcr gewisse abnorme geistige Zust\u00e4nde, die sich unter der verbrecherischen Bev\u00f6lkerung sehr h\u00e4ufig finden, und die man im allgemeinen der grofsen Gruppe des Schwachsinnes zuzuschreiben hat, Individuen, die, meist erblich belastet und entartet, dicht an der Grenze notorischen Irrseins stehen und daher wohl eine andere Art der Beurteilung und auch der Bestrafung verlangen.\nEs handelt sich hier zun\u00e4chst um Personen, die von leidlicher Intelligenz, nur auf dem Gebiete des sittlichen Handelns und F\u00fchlens pervers sind. Haben wir es hier mit einer mangelhaften Organisation des Gehirnes und demnach mit der Handlung eines Geisteskranken zu thun, oder aber haben wir einen Defekt des ethischen Charakters Und folglich einen Verbrecher vor uns?\nDer ersteren Anschauung entsprach die Aufstellung der vielumstrittenen Moral insanity Prichards im Jahre 1835, w\u00e4hrend andere diese Bezeichnung und die gleichbedeutende der moralischen Idiotie zur\u00fcckweisen. Ein Zentrum f\u00fcr Moralit\u00e4t und sittliches Empfinden, das in dem Menschen vor seiner Geburt vorgebildet und einer Erkrankung zug\u00e4nglich w\u00e4re, giebt es nicht. Die sittlichen Eigenschaften sind nicht\n13*","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\nBesprechungen.\nlokalisiert, nicht an ein bestimmtes Organ gebunden, sie stellen vielmehr eine erworbene Eigenschaft, ein Produkt der Intelligenz dar, das aus verschiedenen Ursachen fehlen kann, und wenn sich hier Abweichungen bemerklich machen, so ist dies nicht auf eine krankhafte Organisation des Nervensystems, auf eine lokale Mifsbildung desselben zu beziehen, sondern auf andere Bedingungen seiner Individualit\u00e4t. Die Sittlichkeit ist das Endprodukt aller Kulturarbeit, und das moralische Element wird \u00fcberall da eine Einbufse erleiden, wo das seelische Leben erkrankt.\nVerbrechen und unsittliche Lebensf\u00fchrung geben als solche gar keinen Anhalt f\u00fcr den Zustand der geistigen Gesundheit. Einen Verbrecherwahnsinn in der Bedeutung, dafs ein Mensch hei sonst gesundem Verst\u00e4nde zwangsweise zu einem Verbrechen getrieben werde, gieht es nicht, und die Moral insanity h\u00e4tte nur dann eine Berechtigung, wenn sie als wesentliche Teilerscheinung hei einem auch sonst kranken oder defekten Menschen auftritt. Der Nachweis des Defektes mag zuweilen schwer zu erbringen sein, vorhanden ist er immer; und ist er nicht zu f\u00fchren, so ist das Individuum ein Verbrecher. Das moralische Irresein kann nur als eine Abart des Schwachsinnes in Betracht kommen. L\u00e4fst sich dieser nicht nachweisen, so darf ich auch nicht von Irresein reden, sondern nur von einer ethischen Entartung, d. h. von Verbrechen. W\u00e4re dies nicht der Fall und wollte man die hervortretende psychische Entartung ohne weiteres als moralisches Irresein erkl\u00e4ren, so m\u00fcfste jeder Schuft f\u00fcr straflos erkl\u00e4rt werden, und zwar um so eher, ein je gr\u00f6fserer Schuft er w\u00e4re, und B\u00e4r weist daher die Anschauung mit der gr\u00f6fsten Entschiedenheit zur\u00fcck, wonach das Verbrechen als eine Form der Geistesst\u00f6rung aufgefafst wird.\nVon besonderer Wichtigkeit f\u00fcr das geistige und sittliche Leben der Verbrecher erweist sich die Epilepsie, die viel h\u00e4ufiger ist, als man gew\u00f6hnlich annimmt, da namentlich der epileptische Schwindel leicht verkannt wird.\nWie schon fr\u00fcher angef\u00fchrt, will Bar von einem Verbrechertypus nicht viel wissen, den es seiner Ansicht nach nicht giebt und nicht geben kann. Die Professions- und Sozialtypen, die es unzweifelhaft giebt, sind nach ihm nur \u00c4hnlichkeiten von Individuen, die denselben Einfl\u00fcssen unterzogen sind. Der Verbrechertypus Lombrosos ist \u00fcberhaupt gar kein Typus, er ist ein k\u00fcnstliches Zusammenwerfen von Merkmalen ohne jegliche Unterlage. \u00dcberhaupt verschwinden die Typen, je mehr man in der sozialen Skala herabsteigt. Bei Verbrechern bleibt nichts, als die \u00e4ufserste Inferiorit\u00e4t der Familien derselben Basse (Bowditch). Der sogenannte Verbrechertypus dagegen besteht nicht aus anthropologischen, sondern aus pathologischen Kennzeichen, und der einzige Schlufs, den man daraus herzuleiten berechtigt ist, ist, dafs die Verbrecher meist entartete Individuen sind.\nIn gleicher Weise erkl\u00e4rt er sich gegen die Annahme des Atavismus. Wenn wirklich Analogien zwischen Verbrechern und Urv\u00f6lkern best\u00e4nden, was indes nicht feststehe, so best\u00e4nden andererseits ebensoviele Verschiedenheiten, und zwar gilt dies vom k\u00f6rperlichen wie vom geistigen Verhalten.","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n197\nDas Gleiche gilt vom Kinde, das Lombroso bekanntlich dem Verbrecher gleichgestellt hat. Auch hier ist seine Behauptung, das Kind h\u00e4nge einseitig dem B\u00f6sen nach, nicht richtig. Wohl ist hei ihm der Erhaltungs- und Ern\u00e4hrungstrieb vorzugsweise entwickelt, es ist egoistisch und ohne altruistische Empfindungen. Auch der Sittlichkeitssinn fehlt ihm, da dieser kein Organ f\u00fcr sich ist und nicht mit dem Kinde zugleich geboren wird. Er kann daher unter Umst\u00e4nden gar nicht zur Entwickelung kommen, und er fehlt den jugendlichen Verbrechern, deren Charakteristikum die einseitige Entwickelung des Verstandes und die mangelhafte Ausbildung der Gem\u00fcts- und Gef\u00fchlsseite ist. Aus einzelnen F\u00e4llen indes allgemeine Schl\u00fcsse zu ziehen, ist verkehrt. Ebensowenig giebt es Irrsinnige, die sich bei v\u00f6lliger Integrit\u00e4t ihrer geistigen Eigenschaften nur durch verbrecherische Handlungen kennzeichnen. Die monstr\u00f6sen jugendlichen Verbrecher sind auch mit wirklich krankhaften Erscheinungen behaftet, sie sind weniger geborene Verbrecher als vielmehr geborene Geisteskranke. Die verbrecherische That ist nur dann ein Zeichen einer Geisteskrankheit, wenn sie unter dem unwiderstehlichen Drange eines krankhaften Triebes zu st\u00e4nde gekommen ist, sie bleibt dagegen die Handlung eines verbrecherischen Willens, wenn jener Trieb fehlt.\nIm 7. Abschnitte seines Werkes zieht B\u00e4r die Schl\u00fcsse seiner bisherigen Ausf\u00fchrungen. Es gieht hiernach keine charakteristische Eigent\u00fcmlichkeit in der Gesamthildung des Menschen, aus deren Vorhandensein wir mit einiger Bestimmtheit behaupten k\u00f6nnten, dafs der Tr\u00e4ger dieser individuellen Deformit\u00e4t ein Verb\u00bbecher sein m\u00fcsse. Die Degenerationszeichen der Bildungshemmungen oder rhachitischen St\u00f6rungen des Sch\u00e4dels, des Gesichtes oder K\u00f6rperskelettes haften dem Notst\u00e4nde und der schlechten Hygiene der \u00e4rmeren Volkskreise an, aus denen die Verbrecherwelt hervorgeht. Nicht einmal der Sch\u00e4del ist unver\u00e4nderlich und starr, sondern auch er wird, wie aus den F\u00fctterungsversuchen von Nathusius hervorgeht, durch die Nahrungsverh\u00e4ltnisse ver\u00e4ndert. Die gleichen Ursachen k\u00f6nnen daher auch wohl die M\u00f6glichkeit der geistigen Bildung des Individuums beeinflussen. Die fernere Thatsache, dafs die Sch\u00e4delform im kindlichen Alter durch so mannigfaltige Umst\u00e4nde mifsgestaltet und verbildet werden kann (Einflufs der Geburtszange, des Beckens, von Ern\u00e4hrung und Wohnung) ist ein Beweis, dafs der Einflufs des Sch\u00e4dels mit der Entwickelung seines Inhaltes in keinem unab\u00e4nderlichen Zusammenh\u00e4nge steht. Aus der \u00e4ufserlichen Sch\u00e4delbildung allein einen Schlufs auf die psychische oder gar auf die moralische Dignit\u00e4t eines Menschen zu ziehen, geht nicht an. Wer die Verbrechen beseitigen will, mufs die sozialen Sch\u00e4den beseitigen, worin sie wurzeln. Darin aber stimmt er mit Lombroso \u00fcberein, dafs hei der Feststellung der Straf art und in ihrem Vollz\u00fcge mehr Gewicht auf die Individualit\u00e4t des Verbrechers, als auf die Kategorie des Verbrechens zu legen sei.\nSelbstverst\u00e4ndlich finden diese Behauptungen ihre Unterst\u00fctzung in einem Beweismateriale, das demjenigen Lombrosos, wenn auch nicht durch seine Reichhaltigkeit, so doch durch eine kritischere Auswahl und an Beweiskraft entschieden \u00fcberlegen ist. Schon hierdurch allein, durch","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198\nBesprechungen.\ndie Menge des gesammelten thats\u00e4chlichen Materiales, erh\u00e4lt das Werk ein Interesse, das weit \u00fcber die augenblickliche Bedeutung einer Streitschrift hinausgeht und ihm den dauernden Wert eines Handbuches sichert.\nIH. Gegen diese Anschauungen wendet sich noch einmal Lombroso. Noch einmal zieht er mit fliegenden Fahnen die alten Pfade, den alten Schlufs, wieder h\u00e4uft er Material auf Material, aber es will uns bed\u00fcnken, als ob das alles nicht mehr recht verfange, als ob die alten Fehler immer unverh\u00fcllter zu Tage treten ; es weht uns eine Art von atavistischer Luft aus den 590 Seiten entgegen, und ich f\u00fcrchte, dafs man sie ziemlich entt\u00e4uscht aus der Hand legen wird.\nDas Buch ist an sich eine Erg\u00e4nzung des Uomo delinquente, und es beginnt mit der Schilderung des normalen Weibes.\nLombroso gesteht selber zu, dafs er an vielen Stellen seines Werkes alle Galanterie gegen das weibliche Geschlecht beiseite gesetzt habe, und das hat er in der That und gr\u00fcndlich gethan.\nAn sich w\u00e4re das ja kaum so schlimm, schlimmer schon ist, dafs er den armen Frauen ganz entschiedenes Unrecht zuf\u00fcgt, indem er sie nicht nur der Inferiorit\u00e4t nach jeder Sichtung hin beschuldigt, sondern geradezu die Behauptung aufstellt, dafs das Weib im Grunde immer unmoralisch bleibe. Das ist nun etwas stark, und wenn sich die Frauen dagegen wehren und etwa geltend machen, dafs die daf\u00fcr heigebrachten Belege Zeugnis von einer geradezu beispiellosen Kritiklosigkeit ablegen und weit eher ein Sammelsurium beliebigen Anekdotenklatsches, als wie glaubw\u00fcrdige Beweise darstellten, su w\u00fcrden wir ihnen darin beizu stimmen haben.\nAllerdings entf\u00e4llt der gr\u00f6fsere Teil der Schuld allem Anscheine nach auf den Mitarbeiter Ferreeo, von dem die psychologischen und historischen Abschnitte des Buches herr\u00fchren, allein auch sonst will uns manches nicht recht behagen, und sehr vieles fordert unseren Widerspruch heraus.\nEin spanisches Sprichwort besagt, der Mann ist das dem Weibe \u00e4hnlichste Tier (el hombre es el animal m\u00e2s parecido \u00e0 la mujer).\nNach Lombroso dagegen ist das Weib geistig und k\u00f6rperlich ein unentwickelter Mann, die Frau bleibt dem Manne gegen\u00fcber stets infantil, und wenn sie diese Inferiorit\u00e4t auch auf dem Gebiete des Verbrechens beth\u00e4tigt und viel weniger zum Verbrechen neigt als der Mann, den sie nur auf dem einzigen Pfade der Prostitution \u00fcbertrifft, so ist es doch noch sehr die Frage, ob man hierin einen Vorzug sehen will, der alle die anderen M\u00e4ngel aufzuwiegen im st\u00e4nde ist. Ein ganz untr\u00fcgliches Kennzeichen der Inferiorit\u00e4t ist auch die geringere Variabilit\u00e4t der Frau. Der Mann variiert, nicht aber das Weib, das heute noch wie schon vor tausend Jahren seinen Lebensberuf in der Fruchtbarkeit findet. Weicht die Frau von diesem Wege ab, entfernt sie sich von der Norm, was sie an und f\u00fcr sich viel seltener und schwerer thut als der Mann, dann ist diese Abweichung weit schlimmer und sie findet den R\u00fcckweg alsdann schwerer als der vom Wege abgewichene Mann.\nAuch in sensibler Beziehung ist die Frau stumpfer als der Mann, mit","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\nm\nallenfallsiger Ausnahme des Geschmackes f\u00fcr das S\u00fcfse, jedenfalls aber ist sie geschlechtlich k\u00e4lter, die sexuelle Sensibilit\u00e4t des Weibes ist geringer als die des Mannes. Woher Lombboso dies so genau weifs, ist mir nicht ganz klar geworden, und man wird mir das Eine zugeben m\u00fcssen, dafs die Entscheidung dieser Frage etwas mifsliches hat.\nSie ist, wie Lichtexberg bei Gelegenheit des Besprechens des Err\u00f6tens der Frauen im Dunkeln bemerkt, eine sehr schwere Frage, zum mindesten eine, die sich nicht bei Licht ausmachen l\u00e4fst, und so wollen wir sie, trotz Mantegazza und anderer Gew\u00e4hrsm\u00e4ner, die auch nichts davon wissen, ruhig sich selber \u00fcberlassen, jedoch darauf hinweisen, dafs mit derartigen Behauptungen eben nichts bewiesen wird.\n\u00c4hnlich sieht es mit der Behauptung Lombrosos aus, dafs die Frau im Ertragen der Schmerzen unempfindlicher und ihre Sensibilit\u00e4t eine geringere sei, woraus sich auf ganz nat\u00fcrliche Weise ihre gr\u00f6fsere Grausamkeit erkl\u00e4re, die eine Folge ihrer Schw\u00e4che und ihrer geringeren Schmerzempfindlickeit sei.\nAllerdings steht hiermit das gr\u00f6fsere Mitleid der Frau im Widerspruch, allein dieser Widerspruch ist nur scheinbar, da das Mitleid aus dem Gef\u00fchle der Mutterschaft zu erkl\u00e4ren sei. Von dem h\u00fclflosen Kinde wird dieses Gef\u00fchl auf alle \u00fcbertragen, die schwach und h\u00fclfbed\u00fcrftig sind, und selbst dieser scheinbare Widerspruch l\u00f6st sich in Wohlgefallen auf, so wie die Frau auf einer h\u00f6heren Stufe der Civilisation steht. Ja, die Liebe des Weibes ist im Grunde nichts als ein sekund\u00e4rer Charakter der Mutterschaft, und alle die Gef\u00fchle der Zuneigung, welche die Frau an den Mann fesseln, entstehen nicht aus sexuellen Impulsen, sondern aus den durch Anpassung erworbenen Instinkten der Unterwerfung und Hingabe. (140.) Leider ist das moralische Gef\u00fchl stumpfer, die Urteilskraft geringer. Das Weib ist nichts als ein grofses Kind und die Kinder sind bekanntlich L\u00fcgner par excellence.\nIn Bezug auf den Sinn f\u00fcr Moral ist das Weib und das Kind gleich inferior. Das normale Weib besitzt viele Charakterz\u00fcge, durch die es sich dem Wilden, dem Kinde und somit auch dem Verbrecher n\u00e4hert (Zorn, Rache, Eitelkeit), und daneben andere, diametral entgegengesetzte, welche die erstgenannten neutralisieren, die es aber gleichzeitig verhindern, dafs das Weib sich in seiner Lebensf\u00fchrung in demselben Mafse wie der Mann jenem Gleichgewichte zwischen Rechten und Pflichten Egoismus und Altruismus n\u00e4hert, welches das Endziel der moralischen Entwickelung bildet. (168.)\nKaum besser steht es mit der Intelligenz. Im ganzen Tierreiche steht die Intelligenz im umgekehrten Verh\u00e4ltnisse zur Fruchtbarkeit. Da diese nun dem weiblichen Geschlechte zuf\u00e4llt, so mufs es schon aus biologischen Gr\u00fcnden hinter dem Manne zur\u00fcckstehen, und dafs dies nicht in weit auffallenderem Mafse der Fall ist, ist nur dadurch zu erkl\u00e4ren, dafs sich ein Teil der lediglich von dem Manne erworbenen Intelligenz auf dem Wege der Erblichkeit auf die Frau \u00fcbertr\u00e4gt.\nObwohl das Weib mehr zum B\u00f6sen als zum Guten neigt, begeht es doch weniger Verbrechen als der Mann, und das, was dem Verbrechen des Mannes entspricht, ist beim Weibe die Prostitution.","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200\nBesprechungen.\nSelbstverst\u00e4ndlich finden wir bei der Prostituierten alle jene Eigent\u00fcmlichkeiten an k\u00f6perlicher und geistiger Bildung wieder, die wir unter Lombrosos Anleitung bei dem Verbrecher gefunden haben, und hier wie dort kommt der alte \u201eTypus\u201c zur neuen Geltung, der sich \u00fcbrigens weit weniger ausgesprochen beim weiblichen Delinquenten als gerade bei der Prostitutierten findet.\nNicht also in der Kriminalit\u00e4t, sondern in der Prostitution beth\u00e4tigt sich die eigentliche Degeneration des Weibes, denn geborene Verbrecherinnen sind seltene und monstr\u00f6se Ausnahmen. (590.) Bei verbrecherischen Frauen sind die Anlagen zur Immoralit\u00e4t oft nur durch ung\u00fcnstige Lebensbedingungen entfesselt worden, obwohl sie sich in jedem normalen Weibe finden. Diebstahl und Betrug sind an sich noch keine Beweise einer grofsen Perversit\u00e4t des Weibes, da die Achtung vordem Eigentum bei ihm schwach entwickelt ist, und es keiner Degeneration bedarf, um dagegen zu verstofsen. Das Schamgef\u00fchl des Weibes ist jedoch n\u00e4chst der Mutterliebe das st\u00e4rkste Gef\u00fchl des Weibes, und seit undenklicher Zeit geht die ganze Entwickelung des weiblichen Geschlechtes darauf hinaus, dasselbe zu schaffen und zu befestigen. Ein Weib, das dieses Gef\u00fchl leicht einb\u00fcfst, mufs eine tiefer begr\u00fcndete Anomalie besitzen, als eines, das sich unter starken Versuchungen an fremdem Eigentum vergreift. Dieses ist etwas fast normales, jenes etwas durchaus abnormes. Dadurch erkl\u00e4rt es sich, dafs Gelegenheitsprostituierte viele Charaktere mit der Dirnennatur gemeinsam haben, w\u00e4hrend das kriminaloide Weib, das fast normal ist, nur wenig gemein hat mit der geborenen Verbrecherin, die eine doppelte Ausnahme ist und eine nur sporadische Monstrosit\u00e4t darstellt. (Schlufs des Werkes.)\n\u00dcberdies wohnt jedem Weibe ein Fonds von Immoralit\u00e4t latent inne. (So zu lesen S. 466.) Dieser Fonds kann gelegentlich entfesselt werden, und so kann ein v\u00f6llig oder fast normales Weib zur Verbrecherin werden, nicht durch heftige Leidenschaften, die bei ihr vielmehr lau sind, sondern durch die Entfesselung ihrer latenten Kriminalit\u00e4t.\nPovera donna! Wenn es so w\u00e4re!\nZun\u00e4chst aber d\u00fcrfen wir noch daran zweifeln, und Lombrosos Buch ist nicht dazu angethan, uns diese Zweifel zu benehmen. Auch nach dem \u201eWeibe\u201c Lombrosos streckt Bars \u201eVerbrecher\u201c seine Arme aus, und ich f\u00fcrchte fast, dafs sie seiner Umarmung erliegen wird. Jedenfalls kommt sie zu sp\u00e4t, um den Niedergang der LoMBROsoschen Anschauungen aufzuhalten. Zudem will es mich fast bed\u00fcnken, als ob sie selber den \u201eTypus\u201c der nachgeborenen Kinder an der Stirne trage und ihr sogar die treffliche \u00dcbersetzung Kurellas, dem ich nur etwas mehr Abneigung gegen Fremdw\u00f6rter ans Herz legen m\u00f6chte, kaum mehr als einen Achtungserfolg erringen werde. An Totengr\u00e4bern wird es ihr nicht fehlen.\nIV. Ein solcher Totengr\u00e4ber ist Nicke, der auf Grund seiner eigenen Untersuchungen und eines sehr reichhaltigen Beobachtungsmateriales zu ganz entgegengesetzten Schl\u00fcssen gelangt und sich vielmehr zu den Ansichten Bars bekennt. Auch f\u00fcr ihn ist das Verbrechen kein physiologischer, sondern ein soziologischer Begriff, und Unsinn sei\u2019s, nach","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"Besprechungen.\n201\nanthropologischen Merkmalen f\u00fcr einen soziologischen Begriff zu fahnden. Daher k\u00f6nne von einem \u201eVerbrechertypus\u201c keine Rede, verbrecherische Tendenzen k\u00f6nnen nicht angeboren, nicht vererbbar sein.\nKaum ein einziges der sogenannten Degenerationszeichen halte die Kritik aus. Viele seien Ern\u00e4hrungsst\u00f6rungen und von rhachitischer Natur, und nur sehr wenige blieben \u00fcbrig, die man allenfalls als Hemmungsbildungen und als echte Atavismen ansprechen k\u00f6nne.\nIm \u00fcbrigen f\u00e4nden sie sich samt und sonders auch bei Nichtverbrechern vor, wobei man allerdings das Zugest\u00e4ndnis machen m\u00fcsse, dafs mancher ein Verbrecher sei, der nicht bestraft w\u00e4re.\nWas insbesondere die Sch\u00e4delanomalien betrifft, so verdienen nur die h\u00f6heren Grade eine Beachtung, im allgemeinen aber haben alle Degenerationszeichen nur geringen Wert, sie helfen allenfalls die Diagnose in zweifelhaften F\u00e4llen st\u00fctzen, k\u00f6nnen aber niemals eine selbst\u00e4ndige Grundlage zu einer solchen Diagnose abgeben.\nZudem sind sie oft nur sozial bedingt, die Folge einer mangelnden Lebensf\u00fchrung der Eltern. Zur Anlage m\u00fcssen sich die sozialen Verh\u00e4ltnisse hinzugesellen, bleiben sie aus, so bleibt auch das Verbrechen latent, und oft ist es nur der Zufall, dem die Entscheidung anheimf\u00e4llt.\nDie \u00fcbrigen Abschnitte des an selbst\u00e4ndigen und interessanten Untersuchungen reichen Buches behandeln mehr praktische Gegenst\u00e4nde, wie die Unterbringung irrer Verbrecher, den Zusammenhang von Verbrechen und Wahnsinn und endlich die Verh\u00fctung und Behandlung des Verbrechens, und der Verfasser hat hier die Ergebnisse seiner langj\u00e4hrigen und reichen Erfahrung in einer Weise verwertet, die ihm den Dank seiner Fachgenossen sichern wird.\tPelman.","page":201}],"identifier":"lit15512","issued":"1894","language":"de","pages":"188-201","startpages":"188","title":"I. H. Kurella: Naturgeschichte des Verbrechers. Stuttgart, Enke 1893, II. B\u00e4r: Der Verbrecher in anthropologischer Beziehung. Leipzig, Thieme 1893, III. Lombroso und G. Ferrero: Das Weib als Verbecherin und Prostituierte. Hamburg 1894. Verlagsanstalt u. Druckerei A.-G., IV. Paul N\u00e4cke: Verbechen und Wahnsinn beim Weibe, Mit Ausblicken auf die Kriminal - Antrophologie \u00fcberhaupt. Wien u. Leipzig, Braum\u00fcller 1894","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:51:04.068195+00:00"}