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{"created":"2022-01-31T16:14:27.716108+00:00","id":"lit15618","links":{},"metadata":{"alternative":"Handbuch der physiologischen Methodik, Erster Band: Allgemeine Methodik. Protisten, wirbellose Tiere, physikalische Chemie. Stoff- und Energiewechsel, Dritte Abteilung: Stoffwechsel - Respirationslehre - Kalorimetrie","contributors":[{"name":"Caspari, Wilhelm","role":"author"},{"name":"Nathanael Zuntz","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"In: Handbuch der physiologischen Methodik, Erster Band: Allgemeine Methodik. Protisten, wirbellose Tiere, physikalische Chemie. Stoff- und Energiewechsel, Dritte Abteilung: Stoffwechsel - Respirationslehre - Kalorimetrie, edited by Robert Tigerstedt, 1-70. Leipzig: Hirzel","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"Stoffwechsel\nvon\nW. Caspari und N. Zuntz in Berlin.\n(Mit 45 Figuren.)\nIm Anf\u00e4nge unserer modernen Stoffweehselphysiologie stellt die wichtige Diskussion zwischen Seegen und Voit \u00fcber die Frage, ob der gesamte Stickstoff der Nahrung den Organismus im Harn und Kot verl\u00e4\u00dft, oder ob ein Teil auch in der Atemluft zur Ausscheidung kommt. Nur durch subtile Technik, welche alle Verluste zu vermeiden verstand, konnte Voit den Nachweis f\u00fchren, da\u00df sich die Gesamtmenge des im K\u00f6rper umgesetzten Stickstoffs in den Ausscheidungen wiederfindet. Schon diese historische Reminiszenz im Verein mit den immer wieder in der Literatur auftauchenden, auf vermeidbaren Versuchsfeblern beruhenden Irrt\u00fcmern beweist uns, da\u00df der Stoffwechselversuch einer ganz besonders sorgf\u00e4ltigen Innehaltung und umsichtigen Verwendung technischer Vorschriften bedarf, wenn er zu einem Resultate f\u00fchren soll, das eine einigerma\u00dfen sichere Beantwortung der betreffenden Fragen bedeutet. Da\u00df alle chemischen Manipulationen aufs exakteste von dem Experimentator selbst, nicht etwa von einem Labora-toriumsdiener vorgenommen werden m\u00fcssen, bedarf leider auch heutzutage noch ausdr\u00fccklicher Erw\u00e4hnung. Aber auch die Vorbereitung zur Gewinnung des Materials, das zur Beantwortung der speziellen Frage dienen soll,. die rein methodische Anordnung eines Stoffwechselversuches erfordert \u00dcberlegung und Erfahrung. Wir beabsichtigen in dem Folgenden eine zusammenh\u00e4ngende Darstellung dieses Gegenstandes zu geben. Wir sind uns dabei bewu\u00dft, da\u00df dieselbe nicht ersch\u00f6pfend sein kann. Eine eingehende Behandlung dieser Art ist bisher unseres Wissens niemals unternommen worden. Die meisten diesbez\u00fcglichen Mitteilungen, welche die wissenschaftliche Literatur enth\u00e4lt, finden sich in den Publikationen der betreffenden Stoffwechselversuche verstreut und entgehen so h\u00e4ufig der Aufmerksamkeit, noch \u00f6fter der Erinnerung. Eine F\u00fclle von Erfahrungen in der Methodik des Stoffwechselversuches ist \u00fcberhaupt nie publiziert worden. Zahlreiche spezielle Einrichtungen und Kunstgriffe werden in den verschiedenen Instituten angewandt und allm\u00e4hlich usuell. Daher kann die folgende Darstellung auf Vollst\u00e4ndigkeit in keiner Weise Anspruch erheben. Es soll vielmehr hier nur dasjenige gegeben werden, was sich entweder uns selbst in der Praxis der Versuche als gut erwiesen hat, oder uns nach den Erfahrungen anderer bew\u00e4hrt erschien.\nTigerstedt, Handb. d. pbys. Meth. 1,3.\t1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nBei der Darstellung des Stoifwecliselversuchos wird man einen wesentlichen Unterschied zu machen haben zwischen den Versuchen an Menschen und an Tieren. Der Versuch an Menschen gestaltet sich einfacher und sicherer, weil der Mensch als vernunftbegabtes Wesen auf die Intentionen des Experimentators einzugehen vermag, bei gutem Willen zur gew\u00fcnschten Tageszeit die vorgeschriebenen Speisen aufnimmt und den Harn zur festgesetzten Stunde lassen wird. Auf der anderen Seite jedoch bietet der Versuch an Menschen wesentliche Unsicherheiten, weil die unbedingt n\u00f6tige st\u00e4ndige \u00dcberwachung au\u00dferordentlichen Schwierigkeiten begegnet, und ein nur kleiner Versto\u00df gegen den Plan des Versuches unberechenbare Komplikationen und Irrt\u00fcmer erzeugen mu\u00df. Die idealste Form des Versuches am Menschen wird daher in allen F\u00e4llen, in denen es irgendwie durchf\u00fchrbar ist, der Selbstversuch sein. Jedenfalls erfordert es die besondere Stellung, welche den Versuchen am Menschen in der Technik des Stoffwechselversuches zukommt, da\u00df ihm in jedem einzelnen Abschnitte unserer Abhandlung eine besondere Betrachtung geschenkt werde.\nAuswahl des Versuehsindividuums.\nWenn man einen Stoffwechselversuch plant, so ist die Auswahl eines geeigneten Versuchsindividuums f\u00fcr das Gelingen von \u00e4u\u00dferster Wichtigkeit.\nWas zun\u00e4chst diejenigen Fragen betrifft, welche Probleme der Physiologie des Menschen zum Gegenst\u00e4nde haben, so mu\u00df in erster Linie darauf hingewiesen werden, da\u00df die Resultate von Tierversuchen sich nur in seltenen F\u00e4llen vollg\u00fcltig auf den Menschen \u00fcbertragen lassen. Man tut daher am besten, in allen diesbez\u00fcglichen Fragen den Menschen selbst als Versuchsobjekt zu w\u00e4hlen oder wenigstens einen Versuch am Menschen an den Tierversuch anzuschlie\u00dfen, um sich von der Schl\u00fcssigkeit der Resultate des letzteren zu \u00fcberzeugen. Nat\u00fcrlich mu\u00df das Versuchsindividuum, wenn nicht besondere Fragen aus dem Gebiete der Pathologie vorliegen, in jeder Hinsicht gesund sein. Bei der Auswahl eines Menschen zu Versuchszwecken haben wir auf das Lebensalter zu achten, da der Stoffwechsel des Kindes, des Erwachsenen, des Greises Unterschiede zeigt. WTenn man den betreffenden Versuch nicht an sich selbst auszuf\u00fchren vermag, so tut man gut, zum Versuche ein gebildetes, sachkundiges Individuum zu w\u00e4hlen, welches die Fragestellung versteht und selbst Interesse an ihr nimmt; denn man darf nicht vergessen, da\u00df ein solcher Stoffwechselversuch au\u00dferordentliche Anforderungen an die Gewissenhaftigkeit, 'Entsagungskraft und Energie des Versuchsindividuums stellt. Niemals kann man bei einem Versuchsobjekt, welches man f\u00fcr billiges Geld gemietet hat, erwarten, da\u00df es das Nahrungsregime sorgf\u00e4ltig inneh\u00e4lt und die Exkrete ohne jeglichen Verlust sammelt. Dies gilt besonders auch von Patienten in Krankenh\u00e4usern, wenn dieselben nicht unter strengster Klausur und sorgf\u00e4ltigster Bewachung gehalten werden. F\u00fcr den Versuch eignen sich M\u00e4nner besser als Frauen, weil das quantitative Auffangen des Harnes leichter gelingt und derselbe freier ist von Beimengungen, welche nicht aus der Niere, sondern aus den \u00e4u\u00dferen Harnwegen stammen. Zudem ist zu bedenken, da\u00df auch bei gesunden Frauen der Versuch durch","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"Auswahl des Versuchsindividuums.\n3\nEintritt der Menstruation gest\u00f6rt werden kann, welche Stoffwechsel-Anomalien mit sich bringt.\nVon Tieren eignen sich f\u00fcr die meisten Fragen im allgemeinen Karnivoren besser als Herbivoren. Das Kaninchen, welches sonst so vielfach als Versuchstier des Physiologen verwandt wird, kommt f\u00fcr den Stoff-wechselversuch nur selten in Betracht. Der Grund ist darin zu suchen, da\u00df die quantitative Gewinnung von Harn und Kot au\u00dferordentlichen Schwierigkeiten begegnet. Eine Dressur dieser Tiere ist nicht m\u00f6glich, und es mu\u00df daher der Harn k\u00fcnstlich gewonnen werden, wor\u00fcber sp\u00e4ter N\u00e4heres gesagt werden wird. Wie alle Herbivoren besitzt das Kaninchen einen au\u00dferordentlich langen Darm und besonders einen sehr langen und volumin\u00f6sen Blinddarm. Das hat zur Folge, da\u00df die exakte Abgrenzung des Kotes sehr schwierig ist. Weiter kompliziert wird die Aufgabe dadurch, da\u00df diese Tiere Koprophagen sind. Auch hierauf wird sp\u00e4ter noch einzugehen sein.\nDas Tier, an dem wir mit Vorliebe Fragen des Stoffwechsels zu l\u00f6sen suchen, ist der Hund. Der Hund eignet sich so gut f\u00fcr diese Zwecke, weil er zun\u00e4chst infolge seiner Intelligenz sich vorz\u00fcglich dressieren l\u00e4\u00dft, was besonders dann von fundamentaler Bedeutung ist, wenn wir in den Versuch Untersuchungen des respiratorischen Stoffwechsels einbeziehen. Die Gewinnung von Harn und Kot ist bei diesen Tieren verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig leicht, die Abgrenzung des letzteren begegnet bei dem einfachen Bau des Darmkanals keinen wesentlichen Schwierigkeiten. Dies h\u00e4ngt ja damit zusammen, da\u00df der Hund in seinem anatomischen Bau ein exquisit karnivores Tier ist, obgleich er durch lange Domestizierung sich der menschlichen Ern\u00e4hrung sehr angepa\u00dft hat. Nichtsdestoweniger ist darin einer der Gesichtspunkte gegeben, die das unmittelbare \u00dcbertragen der am Hunde gewonnenen Resultate auf den Menschen und andere Tiere verbieten, denn der omnivore Mensch steht in bezug auf die Leistungen seines Darmkanales zwischen den Karnivoren und den Herbivoren. Er vermag daher in der Verdauung der Pflanzenbestandteile mehr zu leisten als der Hund. Sicher spielt bei ihm entsprechend dem l\u00e4ngeren Aufenthalte der Nahrungs reste im Darm die unterst\u00fctzende T\u00e4tigkeit der Darmbakterien eine nicht ganz unwesentliche Rolle, wenn sie auch keineswegs so ausschlaggebend f\u00fcr die Ern\u00e4hrung ist, wie dies bei den Herbivoren und besonders den Wiederk\u00e4uern der Fall ist.\nWegen der leichteren Gewinnung des Harnes bevorzugen wir f\u00fcr diese Versuche in neuerer Zeit Hunde weiblichen Geschlechts.\nDie Stoffwechselversuche an anderen Tieren, Rindern, Pferden, Ziegen, Schweinen, mancherlei Gefl\u00fcgel werden wohl nur dann ausgef\u00fchrt, wenn es sich um die L\u00f6sung spezieller auf die betreffende Tierspezies bez\u00fcglicher Fragen handelt. Die Versuche an Tieren dieser Art sind mit zum Teil ganz au\u00dferordentlichen Schwierigkeiten verkn\u00fcpft. Manchmal sind selbst erhebliche operative Eingriffe notwendig, um einen Stofiweehselversuch zu erm\u00f6glichen. Exaktheit und Eindeutigkeit der Versuchsresultate sind bedeutend schwerer zu gewinnen als beim Hunde. W egen der vielfachen Schwierigkeit bei der Einstellung dieser Tiere sind die Versuche auch oft mit sehr erheblichen Kosten verkn\u00fcpft. So ist es gekommen, da\u00df unsere","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\nW. Caspari.und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nKenntnisse des Stoffwechsels der landwirtschaftlichen Nutztiere verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig j\u00fcngeren Datums sind, und h\u00e4ufig noch an Hunden und Menschen gewonnene Erfahrungen einfach auf das Verhalten dieser Tiere \u00fcbertragen werden.\nStallungen und K\u00e4fige.\nW\u00e4hrend bei Versuchen am Menschen das Unterbringen in strenger Klausur, wie bereits erw\u00e4hnt, ein wesentliches Erfordernis der exakten Ver-suchseinrichtung ist, bereitet die Gewinnung von Harn und Kot im allgemeinen keine besonderen Schwierigkeiten. Dagegen sind wir bei den Tieren meist gezwungen, K\u00e4fige zu verwenden, in denen das getrennte und quantitative Auffangen von Harn und Kot durch besondere Einrichtungen gew\u00e4hrleistet ist. F\u00fcr kleinere Tiere, Meerschweinchen, Kaninchen, Hunde ist das Prinzip im allgemeinen das gleiche. Es besteht darin, da\u00df die Tiere in einem K\u00e4fig untergebracht werden, dessen Boden aus einem Drahtnetzwerk oder aus Eisenst\u00e4ben besteht, die in geringen Intervallen angeordnet sind. Hierdurch wird bewirkt, da\u00df der Harn abflie\u00dfen und in geeigneter Weise aufgefangen werden kann, w\u00e4hrend der Kot auf dem Gitterwerk liegen bleibt und dort gesammelt wird. Es ist klar, da\u00df unter diesen Bedingungen ein exakter Versuch nur dann durchgef\u00fchrt werden kann, wenn kein diarrkoischer Stuhl entleert wird, denn dieser durchtr\u00e4nkt sich leicht mit dem Harn, f\u00e4llt durch das Gitterwerk hindurch und wird so in das Harnsammelgef\u00e4\u00df gelangen. Andererseits kann ein solcher Kot gr\u00f6\u00dfere Quantit\u00e4ten Harns aufsaugen, dessen Bestandteile dann beim Kot mit in Rechnung gestellt w\u00fcrden. Nat\u00fcrlich wird durch beide Fehler ein ganz falsches Bild des Stoffwechsels des betreffenden Tieres gegeben. Es ist daher unbedingt notwendig, da\u00df die Tiere auch in derartigen Stoffwechselk\u00e4figen unter st\u00e4ndiger Kontrolle gehalten werden und namentlich der Kot sofort nach der Entleerung entfernt wird.\nUnbrauchbar sind selbstverst\u00e4ndlich unsaubere Tiere, die sich in dem Kot w\u00e4lzen oder ihn zertreten, wodurch nat\u00fcrlich Verluste entstehen m\u00fcssen. Allerdings ist dies bei einigerma\u00dfen gut gew\u00f6hnten Hunden wohl recht selten, w\u00e4hrend bei normalen Kaninchen die harte Konsistenz des kleinballigen Kotes einem Verschmieren desselben vorbeugt. Wenn Reste des Harns an den St\u00e4ben h\u00e4ngen bleiben, entstehen unvermeidlich Verluste durch ammoniakalische G\u00e4rung. Der K\u00e4fig mu\u00df deshalb h\u00e4ufig mit schwach salzsaurem oder oxalsaurem Wasser gesp\u00fclt werden. Der Stickstoffgehalt des Sp\u00fclwassers ist auf jeden Fall zu ber\u00fccksichtigen. '\nAuch die Haare und Epidermisschuppen k\u00f6nnen zu einer Verzerrung der Versuchsresultate f\u00fchren. Diese Gebilde werden sich sowohl dem Harn wie dem Kot beimischen. Sucht man sie durch Zerkleinerung und feine Verteilung im Kote zu ber\u00fccksichtigen, so wird man zu einer unrichtigen Anschauung des Stoffwechsels gelangen, vernachl\u00e4ssigt man sie, so kann man sich in der Gesamtbilanz des tierischen Organismus nicht unwesentlich irren. Die meisten Hunde verschlucken die sich abl\u00f6senden Epidermisgebilde, indem sie ihre Haut durch Belecken reinigen. Die massenhaft im Kot ausgeschiedenen Haare k\u00f6nnen dann dessen Bearbeitung sehr erschweren und das Bild der Ausnutzung der Nahrung f\u00e4lschen. Man soll daher langhaarige","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"Stallungen und K\u00e4fige.\n5\nHunde \u00fcberhaupt nicht zum Stoffwechselversuch benutzen. Selbstverst\u00e4ndlich l\u00e4\u00dft sich die durch Haarverlust bedingte Unsicherheit vermeiden, wenn man die Tiere schert, bevor man sie in den Versuch einstellt. Doch bringt auch dies mancherlei Unzutr\u00e4glichkeiten mit sich. Erstens erk\u00e4lten sich die Tiere leicht, wenn sie ihres nat\u00fcrlichen W\u00e4rmeschutzes beraubt werden, zweitens bilden sich bei l\u00e4ngerem Aufenthalte im Stoffwechselk\u00e4fig durch das andauernde Liegen auf den eisernen Latten h\u00e4ufig schmerzhafte Stellen, ja selbst Druckl\u00e4hmungen aus, Sch\u00e4digungen, die durch Entfernung des nat\u00fcrlichen Polsters der Tiere beg\u00fcnstigt werden. Man tut deshalb am besten, wenn man Haare und Epidermisabg\u00e4nge durch t\u00e4gliches Ausk\u00e4mmen der Tiere f\u00fcr sich sammelt und untersucht. Die Verluste an Epidermisgebilden sind zur Zeit des Haarwechsels besonders gro\u00df, man darf aber die w\u00e4hrend dieser Zeit abgesto\u00dfenen Epidermisgebilde nicht\nFig. 1.\nRattenk\u00e4fig nach Wolff-.Eisner.\nauf den gleichzeitigen Stoffwechsel beziehen, da sie in viel l\u00e4ngerer Zeit gewachsen sind.\nGrouven1) stellte bei seinen Ochsen fest, da\u00df der durchschnittliche t\u00e4gliche Haarverlust besonders reichlich im Fr\u00fchjahr war, indem er f\u00fcr die Monate Februar, M\u00e4rz und April etwa 5 g betrug. In den \u00fcbrigen Monaten betrug der Verlust nicht halb so viel, n\u00e4mlich etwa 2 g. Bei einem Gehalt von 17 \u00b0/0 N ergibt dies pro Tag in den Fr\u00fchjahrsmonaten einen Verlust von 0,85 g N, in den \u00fcbrigen Monaten von 0,34 g N, also immerhin nicht zu vernachl\u00e4ssigende Werte.\n\u00c4hnliches gibt V\u00f6ltz2) f\u00fcr den Hund an. Er fand bei einer 11kg schweren H\u00fcndin w\u00e4hrend der Sommermonate 0,42 g N in Haaren und\n1)\tGrouven, F\u00fctterungsversuche. Zweiter Bericht \u00fcber die Arbeiten der agrikulturchemischen Versuchsstation zu Salzm\u00fcnde, Berlin 1864.\n2)\tV\u00f6ltz, \u00dcber den Einflu\u00df verschiedener Eiwei\u00dfk\u00f6rper uud einiger Derivate auf den N-Verlust, mit besonderer Ber\u00fccksichtigung des Asparagins. (Pfl\u00fcgers Archiv 1905, Bd. 107, S. 360.)","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nEpithelien pro Tag im Durchschnitt, w\u00e4hrend im Kot nicht ganz doppelt so viel, n\u00e4mlich 0,7 g N ausgeschieden wurden. Im Herbst und Winter dagegen betrug der Stickstoffverlust in Epidermisgebilden bei demselben Tier nur durchschnittlich 0,08 g N t\u00e4glich.\nStoffweehselk\u00e4flge.\nKleinere Tiere, wie M\u00e4use, Ratten, Meerschweinchen, werden als Einzeltiere wohl niemals zu Stoffwechselversuchen verwandt, weil das quantitative Auffangen von Harn und Kot gro\u00dfen Schwierigkeiten begegnet, und ein geringer Fehler beim Aufsammeln schon sehr ins Gewicht f\u00e4llt. Wohl aber ist es m\u00f6glich, da\u00df gelegentlich die Einwirkungen verschiedener Lebensbedingungen auf den Stoffwechsel gleichartiger Gruppen dieser Tiere gepr\u00fcft werden. In diesem Falle lassen sich sehr gut K\u00e4fige verwenden, wie sie von Wolff-Eisnerx) angegeben sind (Fig. 1 und 2). Diese bestehen\nI'ig. 2 a.\nttttttttttttttti\nKg. 2 b\nKattenk\u00e4fige nach Wolff-Eisner.\naus einem verzinkten Eisendrahtgeflecht. Sie stehen mit F\u00fc\u00dfen auf einer geneigten Unterlage, welche automatisch den Abflu\u00df des Harns bewirkt und so eingerichtet ist, da\u00df der K\u00e4fig selbst horizontal steht. Von den K\u00e4figen flie\u00dft der Harn in eine Rinne, die zu einem Sammelgef\u00e4\u00df f\u00fchrt. Da eine gr\u00f6\u00dfere Anzahl von K\u00e4figen an eine derartige Rinne angeschlossen werden kann, so ist es m\u00f6glich, auf solche Weise den Harn mehrerer Tiere gemeinsam aufzufangen. Nat\u00fcrlich kann aber auch andererseits der Harn eines jeden K\u00e4figs f\u00fcr sich gewonnen werden.\nK\u00e4fige f\u00fcr Kaninchen.\nBei der Verwendung von Kaninchen zu Stoffwechselversuchen ist es ein wesentlicher Mi\u00dfstand, da\u00df diese Tiere, wie erw\u00e4hnt, Ivoprophagen sind. Die Verhinderung der Koprophagie ist sehr schwierig, weil die Tiere viel-\n1) Wolff-Eisner, \u00dcber einen K\u00e4fig mit automatischem Urinabflu\u00df f\u00fcr mittelgro\u00dfe Laboratoriumstiere. Zentralblatt f\u00fcr Bakteriologie, Bd. XLI, S. 301, 1906. Die K\u00e4fige sind zu beziehen bei Louis und H. L\u00f6wenstein, Berlin, Ziegelstr. 28.","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"K\u00e4fige f\u00fcr Kaninchen.\n7\nfach die Kotballen vom After wegfressen. Auch sind wir \u00fcber das Wesen der Koprophagie bisher nur sehr mangelhaft unterrichtet. Wir wissen nicht, ob das Kaninchen nur bei sp\u00e4rlicher Ern\u00e4hrung bezw. im Hungerzustande der Koprophagie fr\u00f6nt, oder ob die Wiederaufnahme des Kotes ein Analogon des Wiederkauens und damit ein Akt von physiologischer Bedeutung f\u00fcr die Ern\u00e4hrung des Tieres ist. Auch ist es unseres Wissens nicht bekannt, ob diese Tiere den Kot, welcher bereits einmal auf den Boden gefallen ist, wieder aufnehmen. Wir selbst wenigstens haben ein solches Verhalten nie beobachtet.\nMan hat nun in verschiedener Weise versucht, die Tiere am Fressen ihres Kotes zu hindern. Nahe liegt es, einen Maulkorb zu verwenden, wie auch vielfach geschehen ist. Doch bleibt zu erw\u00e4gen, ob nicht das durch den ungewohnten Maulkorb in seinem Wohlbehagen stark beeintr\u00e4chtigte\nFig. 3.\nZwangsstall f\u00fcr Kaninchen.\nTier unsichere Versuchsresultate gibt und z. B. der Nahrungsentziehung eher erliegt als ein Tier, von dem derartige sch\u00e4digende Momente ferngehalten werden.\nWird ein solches Tier durch zu gro\u00dfe Unruhe einen \u00fcber die Norm gesteigerten Stoffwechsel zeigen, so kann das Umgekehrte eintreten, wenn man die Kaninchen in einen sogenannten Zwangsstall sperrt. In diesem wird durch Fixieren des Halses des Tieres ein Zur\u00fcckbeugen desselben und Fressen des Kotes verhindert. Dies wird auf folgende Weise erreicht: Es befindet sich an der Vorderseite des K\u00e4figs ein Ausschnitt, \u00fcber welchen das Kaninchen seinen Kopf hinwegstreckt, um bequem an sein Futter zu gelangen. Ein mit entsprechender Vertiefung versehenes Holzbrett wird von oben \u00fcber den Hals des Kaninchens geschoben und derart befestigt, da\u00df ein Zur\u00fcckbiegen des Halses unm\u00f6glich wird. Das Tier kann so sein Futter v\u00f6llig ungehindert aufnehmen, ein Verzehren des Kotes jedoch und vollends ein Wegfressen desselben vom After wird vereitelt. (Fig. 3). Zweckm\u00e4\u00dfig wird auch das Hinterteil des Kaninchens durch ein verschiebbares","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\nW. Gaspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nBrett derart fixiert, da\u00df es keine allzu gewaltsamen Bewegungen mit dem Hinterk\u00f6rper ausf\u00fchren kann.\nDie \u00fcblichen Stoffwechselk\u00e4fige f\u00fcr Kaninchen bestehen aus einem etwa 55 cm langen und etwa 30 cm breiten, 7 cm hohen Untersatz aus Zinkblech, dessen Boden leichtes Gef\u00e4lle nach einem unten angel\u00f6teten Abflu\u00dfrohr von etwa 1 cm Durchmesser hat. 2 cm \u00fcber dem Boden hat der Untersatz eine innen ringsum laufende Leiste, auf der ein abnehmbares, feines Drahtnetz ruht. Das Drahtnetz ist durch untergel\u00f6tete Blechstreifen so verst\u00e4rkt, da\u00df es sich unter der Last des Kaninchens nicht durchbiegt. (Fig. 4.) Der Kot bleibt auf diesem Drahtnetz liegen, w\u00e4hrend der Harn hindurchflie\u00dft. Seitenw\u00e4nde und Dach des K\u00e4figs werden durch ein auf das Drahtnetz aufge-\nsetztes, weitmaschiges Gittergeh\u00e4use gebildet. Dasselbe ist abnehmbar und enth\u00e4lt Ausschnitte zum Einh\u00e4ngen der Futtern\u00e4pfe. Die Firma Eberhard vorm. Nippe, BerlinNW., vertreibt Kaninchen-K\u00e4fige, welche einen doppelten Drahtboden besitzen. Auf dem engeren unteren bleibt der Kot liegen. Der Harn tropft durch die Drahteinlagen auf eine Zinkblechplatte, welche hach einem ca. 23 cm langen Zinkblechkasten, in dem der Harn aufgefangen wird, Gef\u00e4lle hat. Der K\u00e4fig l\u00e4\u00dft sich durch Scheidew\u00e4nde von Zinkblech in mehrere Abteilungen teilen.\nIn letzter Zeit ist ein Stoffwechselk\u00e4fig f\u00fcr Kaninchen in den Handel gebracht worden, welcher in der Tat viele der geschilderten Unzul\u00e4nglichkeiten vermeidet und es so erm\u00f6glicht, relativ exakte Stoffwechselversuche auszuf\u00fchren. Der K\u00e4fig, der in nebenstehender Abbildung zur Darstellung gelangt, ist im Institute Salkowskis von Zelmanowitz angegeben worden. (Fig. 5.) Das Wesentliche besteht zun\u00e4chst in einem l\u00e4nglich-ovalen Einsatz,","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"K\u00e4fige fiir Kaninchen.\n9\nwelcher ann\u00e4hernd der K\u00f6rperform des ruhig sitzenden Kaninchens angepa\u00dft ist. Er gestattet dem Tier, sich bequem zu hocken und den Kopf hin und her zu wenden. Jedoch ist es den Tieren unm\u00f6glich sich umzuwenden, so da\u00df es ihnen sehr erschwert wird, den After zu erreichen. Ganz ausgeschlossen ist dies allerdings auch in derartigen K\u00e4figen nicht, weil die Kaninchen, wie oft beobachtet worden ist, den Kopf unter dem Bauche hindurch zum After f\u00fchren k\u00f6nnen.\nFig. 5.\nStoffweehselk\u00e4fig f\u00fcr Kaninchen nach Zelmanowitz.\nDer ovale Einsatz hat vorn zwei Ausschnitte, durch welche das Kaninchen bequem den Kopf hindurchstrecken kann. Vor jedem derselben befindet sich ein Futternapf, so da\u00df man dem Tiere verschiedene Nahrung getrennt reichen kann.\nD er Boden des K\u00e4figs ist mit einem grobmaschigen Sieb bedeckt, durch welches die Cybala hindurchfallen k\u00f6nnen, um erst auf einem zweiten engmaschigen Roste liegen zu bleiben. Dort sind sie nat\u00fcrlich f\u00fcr das Tier nicht mehr erreichbar, so da\u00df das Fressen des einmal gelassenen Kotes ausgeschlossen ist.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\nTV. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nDer Harn flie\u00dft durch beide Einlagen hindurch, gelangt auf den verzinkten Boden des K\u00e4figs und von dort in ein untergestelltes Sammelgef\u00e4\u00df.\nSelbstverst\u00e4ndlich bedarf es bei allen diesen K\u00e4figen reichlichen Sp\u00fclens, um Verluste an Harn und Harnbestandteilen zu verhindern, besonders da der alkalische Harn der Pflanzenfresser Annnoniakverluste beg\u00fcnstigt.\nStoffwechselk\u00e4fige f\u00fcr Hunde.\nAuch die Stoffwechselk\u00e4fige f\u00fcr Hunde sind nach dem oben erw\u00e4hnten Prinzip der Trennung von Harn und Kot gefertigt. Sie werden meist aus\nFig. 6.\nStoffwechselk\u00e4fig f\u00fcr Hunde.\nHolz hergestellt, und Boden sowohl wie Seitenw\u00e4nde werden mit Zinkblech belegt. Der Deckel besteht aus einem Holzrahmen, in welchen eine Reihe von Eisenst\u00e4ben eingef\u00fcgt ist, die etwas Eicht zu dem Inneren des K\u00e4figs hindurchlassen. Er ist aufklappbar und durch ein Schlo\u00df verschlie\u00dfbar. \u00dcber dem Boden befindet sich ein Metallrahmen mit Eisenst\u00e4ben, auf welchem der Kot zur\u00fcckgehalten wird. Der Boden l\u00e4\u00dft sich nach Art eines Schubkastens herausziehen, um die stets notwendige Absp\u00fclung mit sau\u00e9rem Wasser ausf\u00fchren zu k\u00f6nnen, durch welche er von restierenden Harnbestandteilen ges\u00e4ubert und ein Ammoniak-Verlust des Harns verhindert wird.\nIn besonderen F\u00e4llen mu\u00df man f\u00fcr die Auskleidung des K\u00e4figs statt der Zinkblechplatten gut gek\u00fchlte Glasscheiben verwenden. Es ist dies z. B. dann notwendig, wenn man Versuche \u00fcber den Eisen-Stoffwechsel des Tieres ausf\u00fchren will. Nat\u00fcrlich mu\u00df dann auch der Eisenrost, der zum","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"Stoffwechselk\u00e4fige f\u00fcr Hunde.\n11\nZur\u00fcckhalten des Kotes \"dient, in Fortfall kommen. Daf\u00fcr mu\u00df die Glasplatte des Bodens eine st\u00e4rkere Neigung besitzen, damit der Harn sofort abflie\u00dft. Diese K\u00e4fige sind wesentlich teurer als diejenigen mit Metallbelag, und die Scheiben zerbrechen leicht.\nF\u00fcr Untersuchungen des Eisen-Stoffwechsels, namentlich bei jungen Hunden, sind auch hohe Zylinder aus Ton verwandt worden.1) Ein geson-\nFig. 7.\nStoffweehselk\u00e4fig f\u00fcr Hunde nach Hans Meyer.\ndertes Auffangen von Harn und Kot w\u00fcrden derartige K\u00e4fige nach Einlegen eines Porzellansiebes gestatten.\nEs sind in neuerer Zeit vielfach auch Stoffwechselk\u00e4fige etwas anderer Art in Verwendung gelangt, die von Hans Meyer angegeben worden sind. (Fig 7.) Dieselben bestehen ganz aus Glas und zeigen ein verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig starkes Gef\u00e4lle nach der Mitte hin, so da\u00df der gelassene Harn sogleich abflie\u00dft.\n1) Fr. M\u00fcller: Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Eisentherapie. Deutsche med. Wochenschrift. 1900. Nr. 55.","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nNat\u00fcrlich k\u00f6nnen auch diese K\u00e4fige mit einem Eisenrost versehen werden, und so die sichere Trennung von Harn und Kot gew\u00e4hrleisten. Diese K\u00e4fige bieten dann gegen\u00fcber den gew\u00f6hnlichen Stoffwechselk\u00e4figen aus Holz den Nachteil gr\u00f6\u00dferer Zerbrechlichkeit und nicht unerheblich h\u00f6heren Preises. Der gro\u00dfe Vorteil dieser K\u00e4fige ist darin zu sehen, da\u00df eine st\u00e4ndige und unauff\u00e4llige Beobachtung des Tieres erm\u00f6glicht ist, die nat\u00fcrlich in den undurchsichtigen Holzk\u00e4figen mit erheblichen Schwierigkeiten verkn\u00fcpft ist. Au\u00dferdem ist die gute Belichtung dem Wohlbefinden der Tiere f\u00f6rderlich.\nDerartige Stoffwechselk\u00e4fige werden auch seit kurzer Zeit von den vereinigten Fabriken f\u00fcr Laboratoriumsbedarf hergestellt. Wie Fig. 7 zeigt, werden dieselben dort mit einem Drahtaufsatz hergestellt, der die Bedachung bildet. Nach Entfernung desselben k\u00f6nnen die Glasscheiben leicht nach oben herausgezogen werden.\nWir haben gefunden, da\u00df sich ein solcher K\u00e4fig auch sehr gut f\u00fcr die Beobachtung des Stoffwechsels s\u00e4ugender H\u00fcndinnen adaptieren l\u00e4\u00dft. ' Man braucht zu diesem Zwecke nur die Jungen in einem kleinen Beh\u00e4ltnis aus Zinkblech innerhalb des K\u00e4figs zu betten. Die Alte entleert Harn und Kot stets m\u00f6glichst entfernt von dem Lager der Jungen.\nK\u00e4fige f\u00fcr Schweine.\nF\u00fcr Versuche an Schweinen erscheinen immer noch die Einrichtungen vorbildlich, welche Meissl1) bei seinen klassischen Untersuchungen benutzt hat. In diesen Versuchen erwies sich das getrennte Aufsammeln von Harn und Kot als besonders schwierig. Alle Ma\u00dfnahmen, den Harn mit V or-richtungen verschiedenster Konstruktion direkt aufzufangen, scheiterten teils an der Bauart der Schweine, teils aber auch daran, da\u00df sie in ihrer Widerspenstigkeit und Zerst\u00f6rungslust alle Teile des Apparates, die nicht aus Metall bestanden, ganz oder teilweise auffra\u00dfen.2) Da andererseits eine Fesselung der Tiere eine zu weit gehende Beeintr\u00e4chtigung ihres Wohlbefindens h\u00e4tte bedingen m\u00fcssen., so konstruierte Meissl einen Zwangsstall, in welchem Harn und Kot aufgefangen wurden, ohne da\u00df am K\u00f6rper des Tieres selbst besondere Vorrichtungen angebracht werden mu\u00dften. Dieser Stall war 140 cm lang und 60 cm breit. Die Dimensionen waren derartig gew\u00e4hlt, da\u00df das Tier sich in dem Stalle bequem legen und sich auch etwa V2 m vor- und r\u00fcckw\u00e4rts bewegen konnte. Dagegen war es ihm unm\u00f6glich, sich umzudrehen. Diese Vorsichtsma\u00dfregel war deswegen notwendig, weil auch das Schwein zuweilen seinen Kot wieder fri\u00dft. An der Stirnseite des K\u00e4figs befand sich ein Ausschnitt, durch den das Tier bequem\n1)\tMeissl, Untersuchungen \u00fcber den Stoffwechsel des Schweines. Ztschr. f. Biologie Bd. XXII, 1886. S. 63.\n2)\tEiner freundlichen Mitteilung des Herrn Geheimen Hofrats Prof. Dr. Kellner in M\u00f6ckern verdanken wir die Kenntnis, da\u00df es ihm inzwischen gelungen ist, einen Harntrichter f\u00fcr Schweine zu konstruieren, welcher sich praktisch gut verwenden lie\u00df. N\u00e4heres ist noch nicht publiziert. Auch in dem landwirtschaftlichen Institut zu Gottingen (Fr. Lehmann) werden Harntrichter und Kotbeutel bei Schweinen verwendet, allerdings auch h\u00e4ufig genug von den Tieren l\u00e4diert.","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"K\u00e4fige f\u00fcr Schweine.\n13\nden Kopf und Hals herausstrecken konnte, nickt aber die Beine. An diesen Ausschnitt lie\u00df sich von au\u00dfen der Futtertrog anscklie\u00dfen. Dieser war in einen Kasten eingeschlossen, der nach oben zu \u00f6ffnen und mit Blech ausgeschlagen war. Das Tier konnte bequem stehend das Futter aufnehmen, ohne jedoch, wie es die Schweine so gern tun, in den Futtertrog hineinsteigen oder das Futter verzetteln zu k\u00f6nnen. Der Boden des K\u00e4figs bestand\nFig. 8.\nSchweinestall des Tierphysiologischen Instituts der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin.\nF. G. = Futtertrog. S. = Sammelgef\u00e4\u00df f\u00fcr den Harn. H. = Harnabflu\u00df, mit allseitigem Gef\u00e4lle des Bodens.\naus zwei von vorn bezw. hinten gegen die Mitte etwas geneigten starken Glasplatten, um dem Harn so ein bequemes Abflie\u00dfen zu gestatten. Auch die Seitenw\u00e4nde waren mit je zwei 35 cm hohen Glasplatten bekleidet, um ein Benagen des Holzes zu verhindern. Die Fugen zwischen den horizontal liegenden und aufrecht stehenden Glasplatten waren mit Glaserkitt verstrichen. Die etwas breiteren Querfurchen zwischen den beiden Bodenplatten dienten zum Ablaufen des Harns. Letzterer wurde durch einen Rohransatz in die seitlich unter dem Stalle stehende Sammelflasche gef\u00fchrt. Die Dimensionen waren derartig gew\u00e4hlt, da\u00df beim Harnlassen der Strahl","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\ngew\u00f6hnlich die Fuge direkt treffen mu\u00dfte. Ein Herumspritzen des Harns fand wegen der geringen H\u00f6he, aus der der Strahl kam, nicht statt. Um ein Haftenbleiben von Harn zu verhindern, wurde die untere Kante der Platten eingefettet, \u00fcberdies der Boden nach jedem Harnlassen, oder mindestens mehrere Male am Tage, mit destilliertem Wasser abgesp\u00fclt. Diese Arbeit wurde dadurch wesentlich erleichtert, da\u00df die Schweine npr selten Harn lassen. Zahlreiche Versuche ergaben, da\u00df von je 1000 ccm Fl\u00fcssigkeit, die auf die Bodenplatte ausgegossen wurden, nur h\u00f6chstens 5\u20146 ccm nicht abflossen.\nDas Sp\u00fclwasser wurde unter Oxals\u00e4ure-Zusatz eingeengt und f\u00fcr sich verarbeitet. Man kann aus dem Stickstoff-Gehalt des Sp\u00fclwassers . auf die darin enthaltene Harnmenge und damit auch auf s\u00e4mtliche darin enthaltenen Bestandteile schlie\u00dfen.\nDie Gewinnung des Kotes ist bei Schweinen erheblich durch die Sauberkeit dieser Tiere vereinfacht. Das Schwein entfernt sich zum Kotlassen stets m\u00f6glichst weit von dem Orte, an dem sich seine Nahrung befindet. So stellte Meissl auch fest, da\u00df die Tiere zum Koten m\u00f6glichst weit r\u00fcckw\u00e4rts gingen und ihren Kot erst dann absetzten, wenn sie mit ihrem Hinterteil an ein Hindernis stie\u00dfen.\nWesentlich im Anschlu\u00df an die Angaben von Meissl sind die K\u00e4fige f\u00fcr Schweine im neuen Tierphysiologischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin konstruiert. Von ihnen mag Fig. 8 eine Anschauung geben. Neu ist eine Vorrichtung, die Tiere mit Hilfe von Gurten,- wenn n\u00f6tig, am Niederlegen zu verhindern. Die Gurte werden durch .Schn\u00fcre getragen und gespannt, welche \u00fcber Rollen an der Decke laufen. \u00c4hnliche Vorrichtungen verwenden wir auch bei Pferden und Rindern.\nK\u00e4fige f\u00fcr Hammel, Ziegen und Schafe.\nIn \u00e4hnlicher Weise wie die K\u00e4fige f\u00fcr Schweine sind auch Zwangsst\u00e4lle f\u00fcr Hamme], Ziegen und Schafe eingerichtet worden.\nDen ersten Zwangsstall f\u00fcr Schafe, Hammel und Ziegen haben unseres Wissens Hellriegel und Lucanus1) konstruiert. Er wurde mit den denkbar geringsten Mitteln in primitivster Weise hergestellt, hat sich aber trotzdem auf das vorz\u00fcglichste bew\u00e4hrt. Verwandt wurden zwei K\u00e4sten aus starkem Holz, die mit Brettern ausgeschlagen waren und auf ca. 24 cm hohen F\u00fc\u00dfen standen. Die L\u00e4nge betrug 105 cm, Breite 78 cm, H\u00f6he 79 cm. An der schmalen Vorderseite und oben blieben die K\u00e4sten offen. An der offenen Vorderseite wurde eine kleine Br\u00fccke angesetzt, um den Tieren den Zugang zu erleichtern. Dieselbe diente auch als Standort f\u00fcr Futtertrog und Trinkgef\u00e4\u00df. Durch das Aufstellen dieser Ger\u00e4te wurde zugleich ein Verschlu\u00df des Standes herbeigef\u00fchrt. Um die. Tiere vor dem Wundwerden zu sch\u00fctzen und ihnen den Aufenthalt im K\u00e4fige m\u00f6glichst angenehm zu machen, wurde eine Einrichtung getroffen, die wohl nicht verdiente, der Vergessenheit anheimzufallen. Der Boden des Stalles wurde n\u00e4mlich mit\n1) Hellriegel und Lucanus: \u00dcber den N\u00e4hrwert des durch Selbsterhitzung bereiteten Bruchh\u00e4cksels im Vergleich zu trocknem und angebr\u00fchtem Stroh. Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen Bd. VII. 1865. S. 242.","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"K\u00e4fige f\u00fcr Hammel, Ziegen und Schafe.\n15\nSackleinewand und Heu gepolstert, und zwar so, da\u00df das Polster nach der rechten Seitenwand des Kastens sich allm\u00e4hlich erh\u00f6hte, w\u00e4hrend in der Mitte ein Raum von ca. 25 cm Durchmesser von der Polsterung frei blieb. Letzterer diente dem Harntrichter (siehe unten) zum Durchtritt. Durch das ansteigende Polster wurden die Schafe sehr bald gew\u00f6hnt, sich nach der rechten Seite zu lagern und den nach der entgegengesetzten Seite f\u00fchrenden Schlauch des Harntrichters frei zu lassen.\nIn Anlehnung an den eben beschriebenen hat dann Henneberg1) einen auf 40 cm hohen F\u00fc\u00dfen ruhenden, oben offenen Beh\u00e4lter von 105 cm L\u00e4nge, 65 cm Breite und 70 cm H\u00f6he als Stall f\u00fcr Hammel benutzt. Die gesamte Einrichtung war viel weniger primitiv als die Hellriegels. Die Langseiten bestanden aus Blechw\u00e4nden, die Hinterseite war durch eine Gittert\u00fcr verschlossen. An der Vorderseite war zu unterst ein handhohes St\u00fcck Blechwand angebracht, dar\u00fcber die schr\u00e4g nach einw\u00e4rts gerichtete Vorderwand des Futtertrogs, und dar\u00fcber eine aus zwei Teilen bestehende Klappe. Diese Klappe war in der Mitte mit einem ovalen Ausschnitt versehen und lehnte mit ihrer unteren Kante gegen den vorderen Rand, der Unterwand des Futtertrogs. Dieser nahm die ganze Breite des Zwangsstalles ein, und \u00fcber ihm an seiner Hinterwand war eine Raufe angebracht. Die Seitenw\u00e4nde des Futtertrogs und der Raufe wurden durch eine ununterbrochene Verl\u00e4ngerung des Stalles gebildet. Infolge dieser Einrichtung war ein Herabfallen des Futters auf die Erde verhindert. Einem Verzetteln des Futters durch das Tier selbst war tunlichst dadurch vorgebeugt, da\u00df dasselbe den Kopf durch den erw\u00e4hnten, verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig schmalen Ausschnitt der Klappe hindurchstecken mu\u00dfte.\nZum Tr\u00e4nken diente ein Kasten aus verzinntem Eisenblech, welcher von einer in dem Boden des Futtertroges befindlichen, f\u00fcr gew\u00f6hnlich mittels einer Klappe geschlossenen \u00d6ffnung zug\u00e4nglich war.\nD er Stallboden war folgenderma\u00dfen eingerichtet: Die Mitte bestand aus einer flach trichterf\u00f6rmigen, 57 cm langen, 52 cm breiten, glasierten Steingut-platte. Der \u00fcbrige Raum war mit 4 fugenlosen, bis zur v\u00f6lligen S\u00e4ttigung mit \u00d6l getr\u00e4nkten Sandsteinplatten ausgelegt, welche nach der Trichterplatte hin einiges Gef\u00e4lle hatten. Der ganze Belag ruhte auf einer durch Eisenschienen verst\u00e4rkten und gesteiften Blechplatte. Die obere Fl\u00e4che der Tonplatte war mit einem symmetrisch angeordneten System von etwa 5 mm tiefen, 10 mm breiten und 1,5\u20142 cm voneinander entfernten Rillen durchzogen, welche auf die Mitte, als die tiefste Stelle der Platte, zuf\u00fchrten. Hier war die Platte durchbohrt, und ein nach unten hinausragendes Messingrohr eingekittet, das in eine untergestellte Harnflasche eintrat.\nDer Kot wurde in einem einfachen, unten zugebundenen Leinwandsack aufgefangen, der an dem After der Hammel befestigt war.\nStohmann2) hat auf Anbringen eines Kotbeutels verzichtet und seinen Zwangsstall f\u00fcr Ziegen in \u00e4hnlicher Weise wie die oben beschriebenen Stoffwechselk\u00e4fige f\u00fcr Hunde auch zum Auffangen des Kotes eingerichtet.\n1)\tHenneberg, Neue Beitr\u00e4ge zu einer rationellen F\u00fctterung der Wiederk\u00e4uer, G\u00f6ttingen 1870.\n2)\t\u00dcber die Ern\u00e4hrungsvorg\u00e4nge des Milch produzierenden Tieres. Zeitschrift f\u00fcr Biologie Bd. 6, S. 204, 1870.","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\nW. Caspar i und F. Zu nt z, Stoffwechsel.\nDer Zwangsstall bestand aus einem eisernen viereckigen Kasten, welcher auf hohen F\u00fc\u00dfen ruhte. Die Breite des Standes betrug 67 cm, die L\u00e4nge 116,5 cm, die H\u00f6he der W\u00e4nde 94 cm. Auch der Boden bestand aus Eisenblech, und zwar der vordere Teil aus gew\u00f6hnlichem Blech, w\u00e4hrend der hintere aus einer starken Blechtafel gebildet war, welche sich behufs Reinigung leicht entfernen lie\u00df. In diese Blechtafel waren in Abst\u00e4nden von ann\u00e4hernd 5 mm lange Schnitte eingestanzt, von denen jeder 4 mm breit und 3,5 cm lang war. Auf 100 qcm Fl\u00e4che kamen 27 solcher \u00d6ffnungen. Der Harn sollte durch die Schlitze vollst\u00e4ndig ab flie\u00dfen, w\u00e4hrend\nFig. 9.\nStoffweehselk\u00e4fig f\u00fcr Schafe usw. nach Lehmann-Gottingen.\nA. Baufe f\u00fcr Eanhfutter durch Klappe F. von au\u00dfen zug\u00e4nglich. B. Trog f\u00fcr K\u00f6rnerfutter.\nD. Ausschnitt f\u00fcr den Kopf. C. Harnabflu\u00df. E. Gitterttir zum Einh\u00e4ngen.\nvon den Kotballen nichts hindurchfallen konnte. Unter dem Bleche befand sich ein viereckiger Blechtrichter, der den unteren Rand des Kastens mit seinen R\u00e4ndern umgriff. Von diesem wurde der Harn in ein gl\u00e4sernes Sammelgef\u00e4\u00df geleitet. Am Kopfende war in einem Abstande von 39 cm vom Boden eine 21 cm weite und 43 cm hohe \u00d6ffnung zum Anbringen des Futterkastens. Dieser war ein Blechkasten, 25 cm lang, 36 cm breit, 71 cm hoch. An seinem dem Kopfe des Tieres zugekehrten Ende hatte er in einem Abstande von 10 cm vom Boden einen 21 cm weiten und 24 cm hohen Ausschnitt, durch den das Tier bequem seinen Kopf einf\u00fchren konnte. Der Kasten war durch Schrauben an \u00abdem Stande befestigt und lie\u00df sich mittels derselben auf einer der Gr\u00f6\u00dfe des Tieres entsprechenden H\u00f6he anbringen. Dem Ausschnitte gegen\u00fcber war in dem","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"Harntrickter und Kotbeutel.\n17\nFutterkasten eine ebenso gro\u00dfe, durch eine T\u00fcr verschlie\u00dfbare \u00d6ffnung angebracht, um das Tier beobachten, den Futterkasten reinigen und etwaige Reste des Futters sammeln zu k\u00f6nnen. Unmittelbar neben der Futter\u00f6ffnung befand sich in gleicher H\u00f6he ein Trinkbeh\u00e4lter. Die Tiere wurden mittels leichter Ketten am Kopfende befestigt, so da\u00df sie sich mit Bequemlichkeit legen, aber sich nicht umwenden konnten, und so den Harn und ' Kot stets an den geeigneten Stellen entleerten. Der ganze Apparat war an einem eisernen Gestell 58 cm \u00fcber dem Erdboden montiert, so da\u00df Sammelgef\u00e4\u00dfe f\u00fcr den Harn bequem darunter Platz hatten.\nIn neuerer Zeit ist dieser Apparat im G\u00f6ttinger Landwirtschaftlichen Institut etwas modifiziert worden und hat sich auch uns in dieser neuen Form vorz\u00fcglich bew\u00e4hrt. Ein wesentlicher Unterschied gegen das \u00e4ltere Stohmannsche Modell besteht darin, da\u00df die \u00d6ffnung f\u00fcr den Kopf nicht an dem Futtertrog selbst, sondern in einer besonderen davor befindlichen Blechplatte angebracht ist, welche aus zwei in Scharnieren beweglichen Teilen besteht. Ferner besitzt der G\u00f6ttinger K\u00e4fig au\u00dfer dem Futtertrog eine Raufe, um das Rauhfutter gesondert dem Tiere geben zu k\u00f6nnen.1) (Fig. 9 S. 16.)\nHarntrichter und Kotbeutel.\nBei der oben geschilderten Stalleinrichtung nach Stohmann sucht man, wie erw\u00e4hnt, Harn und Kot in \u00e4hnlicher Weise zu sammeln, wie in den bei Hunden bew\u00e4hrten und gebr\u00e4uchlichen Stoffwechselk\u00e4figen.\nDoch bietet bei den gr\u00f6\u00dferen Herbivoren dieses Verfahren wesentlich gr\u00f6\u00dfere Schwierigkeiten, die besonders durch den massigen und vielfach auch weichen Kot dieser Tiere bedingt sind. Der Kot kann sich leicht mit Harn imbibieren, und so die Trennung der Ausscheidungen illusorisch werden. Hinzu kommt bei Schafen und Ziegen, da\u00df ein Teil des Harns durch die Wolle beim Niederlegen der Tiere aufgesogen wird, eine Fehlerquelle, unter der bereits Henneberg2) bei seinen Versuchen zu leiden hatte. Infolgedessen wendet man bei den gr\u00f6\u00dferen Herbivoren meist Apparate an, um Harn und Kot getrennt aufzufangen : Harntrichter und Kotbeutel. Diese Apparate werden an dem Tiere selbst befestigt und sind auch besonders deswegen bei den gr\u00f6\u00dferen Herbivoren gut zu verwenden, weil diese Tiere wesentlich geduldiger sind als Hunde und Schweine, und durch das Anbringen dieser Vorrichtungen weniger geniert werden als die genannten lebhaften Tiere.\nNat\u00fcrlich wird es in vielen F\u00e4llen gen\u00fcgen, nur einen dieser Apparate, etwa den Harntrichter, zu verwenden, w\u00e4hrend man den Kot von dem Boden des Stalles sammelt.\nHarntrichter wie Kotbeutel m\u00fcssen nat\u00fcrlich in Dimensionen und Anordnung je nach der Tiergattung, nach Geschlecht, Alter und dem speziellen Bau des Einzelindividuums variiert werden. Durch den anatomischen Bau der Tiere ist es bedingt, da\u00df die Anlegung des Harntrichters bei m\u00e4nnlichen Tieren, bei denen die \u00d6ffnung der Harnr\u00f6hre von der des Darmes weiter entfernt ist, wesentlich leichter und einfacher ist als bei weiblichen.\n1)\tDieser K\u00e4fig ist zu beziehen bei Hermann Klapproth, G\u00f6ttingen, Gothmarstr. 13.\n2)\t1. c. S. 75.\nTigerstedt, Handb. d. phys. Methodik I 3.\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nDer erste Harntrichter, der bei Wiederk\u00e4uern zur Verwendung kam, wurde unseres Wissens von Julius Lehmann1) f\u00fcr ein f\u00fcnf Monate altes Ochsenkalb konstruiert. Er bestand aus einem Gummibeutel, der mit einem\nGurt versehen war, und unmittelbar unter der M\u00fcndung der Harnr\u00f6hre fest um den Leib des Tieres geschnallt wurde. Doch waren die Erfahrungen, welche'Hellriegel und Lucanus mit diesem Apparat machten, keineswegs befriedigend. Darum entschlossen sich die genannten Autoren zur Verwendung des oben beschriebenen Zwangsstalls und kombinierten dann diese Einrichtung mit Apparaten zum Auffangen von Harn und Kot. F\u00fcr den Harn kam ein Gummibeutel von bauchiger Form zur Verwendung, in dessen oberen Rand ein starker Eisenring eingelegt , war. Die Trichterr\u00f6hre lief von der M\u00fcndung der Harnr\u00f6hre auf den Boden des als Stall dienenden Kastens hinab und trat dort in einen Kanal ein, der durch eine verkehrt aufgenagelte Holzrinne gebildet wurde. Der Kanal diente sowohl zum Schutze wie zur F\u00fchrung der Gummir\u00f6hre. Diese gelangte dann durch den Boden des Kastens in die zum Sammeln des Harns bestimmte Flasche.\nDer Kotbeutel war ein einfacher Leinwandbeutel von 35 cm L\u00e4nge und 16 cm Weite. Um ihn nicht bei' jeder Entnahme von Exkrementen ab- undwieder anschnallen zu m\u00fcssen, war der Boden nicht zugen\u00e4ht, sondern nur mit einem Bindfaden zugebunden.\nHarntrichter und Kotbeutel waren durch ein Geschirr von elastischen Gurten am Tiere befestigt. S\u00e4mtliche Gurte waren mittels Schnallen miteinander verbunden, so da\u00df der gesamte Apparat den k\u00f6rperlichen Formen eines jeden Tieres angepa\u00dft werden konnte.\nEinen Harntrichter f\u00fcr m\u00e4nnliche Rinder gibt Grouven2) an und erl\u00e4utert ihn durch zwei Abbildungen. (Fig. 10 und 21, S. 28.) Abbildung 10\nFig, 10.\nGrouvens Harntrichter f\u00fcr Ochsen.\n1)\tJulius Lehmann: \u00dcber die mineralischen N\u00e4hrstoffe, insbesondere \u00fcber die Erdphosphate als N\u00e4hrstoffe des jungen tierischen Organismus. Die landwirtschaftlichen Versuchsstationen, Bd. I, S. 68, 1859.\n2)\tGrouven, Physiologisch-chemische F\u00fctterungsversuche. Zweiter Bericht \u00fcber die Arbeiten der agrikulturchemischen Versuchsstation zu Salzm\u00fcnde. Berlin 1864, Wiegandt & Hempel.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"Harntrichter und Kotbeutel.\n19\nist in ijs nat\u00fcrlicher Gr\u00f6\u00dfe ausgef\u00fchrt. Wie aus der Figur ersichtlich, wird der Harntrichter durch einen breiten Gurt \u00fcber dem K\u00fccken des Ochsen befestigt. Der Trichter besteht aus omm starken Gumraiplatten, die obere \u00d6ffnung ist etwa 42 cm weit und durch einen etwa 13 mm starken Eisenring gebildet, der zum Schutz des Gummis beim Liegen der Tiere mit Kalbleder \u00fcberzogen ist. Zu gleichem Zweck hat auch das starke Abflu\u00dfrohr von seinem freien Ende bis etwa 2/3 seiner H\u00f6he einen losen \u00dcberzug von Kalbleder. Ohne diesen w\u00fcrden die scharfen Hufr\u00e4nder der Ochsen beim Auftreten den Schlauch leicht schadhaft machen. Am Ausflu\u00df hat der Schlauch ein etwa 21 cm langes, 13 mm weites Kupferr\u00f6hrchen, welches in den Kork der Harnflasche gesteckt wird. Das R\u00f6hrchen befand sich vollkommen unterhalb eines massiven eisernen Deckels, der die Harnflasche bedeckte (siehe Fig. 10).\n\n\nFig. 11.\nOchse mit Harntriehter und Kotbentel in Grouvens Respirationskammer.\nAuf einen Kotbeutel hat Grouven im allgemeinen verzichtet und nur durch bestimmte Vorrichtungen des Standes daf\u00fcr gesorgt, da\u00df der Kot leicht und vollst\u00e4ndig gesammelt werden konnte. Hierauf wird bei der Besprechung der Stallung f\u00fcr Rindvieh n\u00e4her eingegangen werden. Dagegen verwandte er bei Versuchen im Respirationskasten einen derartigen Beutel, um zu vermeiden, da\u00df die Luft mit den Ausd\u00fcnstungsprodukten des warmen Kotes geschw\u00e4ngert wird. Es war dies ein Sack von starkem mit Leinewand \u00fcberzogenem Gummi, der unten 26 cm Durchmesser hatte. Der obere Teil bestand aus gutem Kalbleder. (Fig. 11.) Da, wo letzteres mit dem Gummi zusammengen\u00e4ht war, befand sich ein 26 cm weiter runder Eisenring, der, den Sack oben offen haltend, zugleich dazu diente, noch einen kleinen Ledertrichter zu halten, der inmitten des Sackes m\u00fcndete. (Auf der Abbildung gestrichelt gezeichnet.) Der Lederansatz war so zugeschnitten, da\u00df er bequem am oberen Schwanzende des Tieres und den Brustgurten befestigt werden konnte. Der eine dieser Riemen, der auf der Zeichnung nicht ersichtlich ist, zieht sich zwischen den Hinterbeinen und\n2*","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nFig. 12.\nApparat zur getrennten Sammlung der Exkremente von K\u00fchen nach K\u00fchn and Fleischer.\ndem Bauche bis zu dem Brustgurte Mn. Durch seinen Zug sowie durch die Hebung des Schwanzes, die jeder Ochse beim Kotiassen ausf\u00fchrt, wurde\ndas Afterloch derartig frei, da\u00df der Kot stets direkt in den Kotsack hineinfiel und quantitativ aufgefangen wurde. Um ein Zerren des belasteten Kotsacks an dem Tiere zu verhindern, wurde das Ende des Sackes in geeigneter H\u00f6he mit der Hinterwand, des Kastens durch einen Riemen verbunden. Dadurch wurde auch verhindert, da\u00df das Tier mit den Hinterf\u00fc\u00dfen auf den Sack trat. Die Tiere wurden durch das Anlegen des Kotbeutels nach den Ausf\u00fchrungen Grouvens in keiner Weise gehindert.\nWie bereits erw\u00e4hnt, bietet das gesonderte Auffangen von Kot und Harn bei K\u00fchen weit gr\u00f6\u00dfere Schwierigkeiten als beim m\u00e4nnlichen Rinde.\nK\u00fchn und Fleischer1) haben zuerst diese Aufgabe bei K\u00fchen zu l\u00f6sen versucht. Sie konstruierten einen komplizierten Apparat, welcher wohl am besten durch vorstehende Abbildung veranschaulicht wird. (Fig. 12.) Doch erwies sich diese Einrichtung nicht in jeder Beziehung als ausreichend. Wenn sich das Tier lagerte, verschob sich leicht die \u00d6ffnung des Trichters, und es drang Kot in den Harntrichter hinein, der dann h\u00e4ufig mit Ham vermischt wurde. K\u00fchn und Fleischer waren daher gen\u00f6tigt, den irgend wie verd\u00e4chtigen Kot als \u201eHarnkot\u201c gesondert in Rechnung zu stellen.\nInfolgedessen hat Hagemann2) einen Harnf\u00e4nger konstruiert und ihn mit einem Kotf\u00e4nger und einer aus glattem Leder gefertigten Kotsch\u00fcrze verbunden, welche verhindert, da\u00df der Kot zur Erde f\u00e4llt. Der Harnf\u00e4nger bestand aus\n1) K\u00fchn und Fleischer: Versuche \u00fcber den Einflu\u00df wechselnder Ern\u00e4hrung auf die Milohproduktion, sowie \u00fcber die Ausnutzung des- Rauhfutters (Wiesenheu) und deren Ver\u00e4nderung durch Zugabe leicht verdaulichen Beifutters. Landwirtschaftliche Versuchsstation, Bd. XII. 1869. S. 203ff.\nFig., i3,\t2) Hagemann: Beitr\u00e4ge zur rationellen Ern\u00e4hrung\nHamtriehter f\u00fcr K\u00fche naek der K\u00fche. Landwirtschaftliche Jahrb\u00fccher, Bd. XXIV. Hagemaun.\t1895. S. 283.","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"Harntricliter und Kotbeutel.\n21\n1 mm starkem, innen und au\u00dfen verzinntem Kupferblech. (Fig. 13.) Sein unteres Ende lief in einen Ansatz aus, an welchem ein starkwandigor, au\u00dfen mit Stahlspiralen versehener Schlauch befestigt war, der zu der Harnflasche f\u00fchrte. Die Metallr\u00e4nder der \u00d6ffnung des Harnf\u00e4ngers wurden allseitig mit Gummi \u00fcbern\u00e4ht, um ein Wundscheuern der Tiere zu verhindern.\nAm Tierk\u00f6rper wird der Harnf\u00e4nger durch ein System von Eiemen in Verbindung mit st\u00e4hlernen Spiralfedern und Gummigurten derartig festgehalten, da\u00df er die \u00d6ffnung der Vulva fest umschlie\u00dft und auch w\u00e4hrend des Liegens der Tiere seine Lage nur au\u00dferordentlich wenig ver\u00e4ndert.\nDiese Befestigung wird dadurch erreicht, da\u00df unmittelbar hinter den Schulterbl\u00e4ttern ein 10\u201420 cm breiter Brustg\u00fcrtel fest umgeschnallt wird.\nVon diesem Brustg\u00fcrtel laufen zwei Kiemen l\u00e4ngs des E\u00fcckens und des oberen Teiles des Schwanzes zu dem Harnf\u00e4nger, an dem sie mittels \u00d6sen befestigt sind. Zwei weitere \u00d6senp\u00e4are dienen zur Befestigung von Eiemen, von denen das eine Paar an den Seitenfl\u00e4chen des Tieres entlangl\u00e4uft, w\u00e4hrend das andere, aus Gummi gefertigt, um je ein Hinterbein des Tieres dicht unterhalb des Kniegelenkes befestigt ist.\nDicht vor dem vorderen Eande der Darmbeine verl\u00e4uft parallel zu dem Brustg\u00fcrtel ein circa 10 cm breites und etwa 1,5 m langes Querst\u00fcck aus Leder, welches f\u00fcr die 4 K\u00fcckenriemen an den entsprechenden Stellen mit Schlaufen versehen ist. Die beiden Enden dieses Querst\u00fcckes sind mittels Eiligen und Schnallen an den Gummigurten befestigt, die um die Hinterbeine gehen. Es dient also dieses Querst\u00fcck dazu, die 6 Befestigungsriemen des Harnf\u00e4ngers in der gew\u00fcnschten Lage zu erhalten. Alle diese Teile sind in weiten Grenzen verschnallbar, so da\u00df das Geschirr bei gro\u00dfen und kleinen Tieren gebraucht werden kann.\nZwischen den Endteilen eines jeden der 4 K\u00fcckenriemen und dem K\u00fcckenquerst\u00fcck ist je eine st\u00e4hlerne Spiralfeder angebracht. Durch diese 4 Spiralfedern und die erw\u00e4hnten Gummigurte an den Hinterbeinen wird es erm\u00f6glicht, da\u00df das Tier alle Bewegungen ausf\u00fchren kann, ohne da\u00df der Harnf\u00e4nger sich verschiebt.\nAuf den letzteren ist nun der Kotf\u00e4nger mittels Drahtligaturen derart befestigt, da\u00df derselbe eine sich erweiternde, nach hinten schr\u00e4g abfallende\nijfljjgig\nFig. 14.\nHarntrichter mit Kotf\u00e4nger f\u00fcr K\u00fche nach Hagemann.","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22\nW. Caspari und N. Zu ritz, Stoffwechsel.\n\n__________ .\n\\\noffene Rinne darstellt. Der Kotf\u00e4nger ist aus starkem Zinkblech zusammengel\u00f6tet (Fig. 14.) An den Seitenwandungen des Kotf\u00e4ngers und unterhalb desselben, also zwischen seiner unteren Fl\u00e4che und der oberen des Harnf\u00e4ngers ist die Kotsch\u00fcrze befestigt.\nDieselbe -besteht aus mehreren dicht zusammengen\u00e4hten St\u00fccken Ledertuch, die derartig zugeschnitten sind, da\u00df der hineingleitende Kot bei Fest-","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Harntrichter und Kotbeutel.\n23\nStellung der 4 Ecken der Kotsch\u00fcrze in der mittleren Partie aufgefangen wird und nicht herausfallen kann.\nHagemann hat dann einen ziemlich umfangreichen Aufh\u00e4nge-Apparat f\u00fcr Kotbeutel und Harnf\u00e4nger konstruiert, welcher ebenfalls auf nebenstehender Abbildung dargestellt ist (Fig. 15). Im wesentlichen besteht er aus 4 starken Schn\u00fcren, welche von einem eisernen Gestell herabh\u00e4ngen. Die Schn\u00fcre gleiten dort \u00fcber Rollen. Sie tragen an ihrem einen Ende je einen der 4 Zipfel der Kotsch\u00fcrze, am anderen mit Schrot gef\u00fcllte Drillichbeutel. Die Beutel sind derartig angeordnet, da\u00df die vorderen Zipfel des Kotf\u00e4ngers dauernd gehoben werden, so da\u00df kein Kot herausfallen kann. Die hinteren\nFig. 16.\nHarn- und Kotf\u00e4nger f\u00fcr Ziegen und Schafe nach Fingerling. 1. von oben, 2. von der Seite gesehen.\nSchn\u00fcre tragen je zwei Beutel, von denen die oberen, leichteren, stets ziehend wirken, die unteren aber erst dann in Aktion treten, wenn der hintere Teil der Kotsch\u00fcrze sich dem Boden auf etwa 60 cm gen\u00e4hert hat. Durch diese Einrichtung ist ein Sinken der Kotsch\u00fcrze auch beim Niederlegen der Tiere v\u00f6llig ausgeschlossen.\nAuch das Harnableitungsrohr wird durch einen Gummischlauch, der \u00fcber eine an dem erw\u00e4hnten eisernen Stativ befestigte Rolle l\u00e4uft, \u00e4quilibriert und derart festgehalten, da\u00df es allen Bewegungen des Tieres sicher folgt. Das Abflu\u00dfende des Rohres wird durch eine starke eiserne Klammer fixiert.\nUnter Verzicht auf den umfangreichen Apparat zum Auffangen des Kotes haben Ostertag und Zuntz1) einen dem Hagemannschen \u00e4hnlichen\n1) Vorl\u00e4ufige Mitteilung: Studien \u00fcber die Lecksucht der Kinder. Ztschr. f. In-fektionskrankh. d. Haustiere 1906, Bd. II, Heft 6.","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\nW. Caspari und N.~Zuntz, Stoffwechsel.\nHarntrichter mit gutem Erfolge bei weiblichen K\u00e4lbern verwandt1). Der Kot wurde auf den blanken Holzboden des Standes entleert, meist aber, bevor er zu Boden fiel, von der stets vorhandenen Stallwache mit einer Schaufel aufgefangen.\nDiebeschriebeneApparaturhatHagemann bei seinen Versuchen anK\u00fchen gute Dienste geleistet. Zweifellos erscheint sie empfehlenswert, wenn man auch zugeben mu\u00df, da\u00df die ganze Einrichtung recht kompliziert ist.\nDagegen konnte Fingerling2) bei Ziegen und Schafen die Hage-mannsche Einrichtung nicht mit Erfolg verwenden. Das Perin\u00e4um erwies sich bei diesen Tieren so schmal, da\u00df sich der Apparat trotz aller Vorsichtsma\u00dfregeln st\u00e4ndig verschob, so da\u00df Kot in den Harntrichter, Harn in\nFig. 17.\nHarn- und Kotf\u00e4nger f\u00fcr Ziegen und Schafe nach Fingerling in situ.\nden Kotbeutel gelangte. Wollte man dies verhindern, so mu\u00dfte man den Apparat derartig fest schn\u00fcren, da\u00df ein Wundscheuern der Tiere nicht zu vermeiden war.\nAuch mit dem oben erw\u00e4hnten Zwangsstall nach Stohmann hatte Fingerling bei den weiblichen kleineren Herbivoren keine guten Resultate, denn der Harn wurde von ihnen in so kleinem Bogen entleert, da\u00df stets der gesamte Kot damit durchtr\u00e4nkt war.\nFingerling hat daher f\u00fcr diese Tiere einen, besonderen Apparat konstruiert, dessen Einrichtung und Befestigung am Tiere durch Fig. 16 und 17 erl\u00e4utert wird.\n1)\tAngefertigt von Hauptner, Berlin NW. Luisenstra\u00dfe.\n2)\tGustav Fingerling': NeuerApparat zur getrennten Auffangung von Kot undHarn hei kleineren weiblichenTieren(Ziegen und Schafen). Ztschr. f. Bio!., Bd.XLVH. 1906. S. 72.","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"Harntrichter und Kotbeutel.\n25\nDer Apparat besteht im wesentlichen aus einem 30 cm langen Zylinder aus engmaschigem und gut verzinntem Drahtgeflecht, der mit Hilfe eines mit Gummi ausgeschlagenen Tuchkranzes so an das als St\u00fctze dienende Geschirr befestigt wird, da\u00df After und Scheide vollst\u00e4ndig von ihm umgeben werden. Das untere Ende des Zylinders umfa\u00dft ein ebenfalls mit Gummi gef\u00fctterter Leinewandsack, der zur Aufnahme des Kotes dient. Der Apparat wird wie derjenige Hagemanns durch ein \u00fcber eine Rolle gehendes Gegengewicht in der gew\u00fcnschten Lage gehalten. Die Lage mu\u00df eine etwas geneigte sein, damit der Harn durch die Maschen in das Sammelgef\u00e4\u00df abflie\u00dft, w\u00e4hrend der Kot in den Gummisack hineinf\u00e4llt. Da der Kot bei diesen Tieren aber sehr fest ist, und zudem mit gro\u00dfer Kraft ausgesto\u00dfen\nDg. 18.\nNeuere Anordnung zum Auffangen von Harn und Kot bei Ziegen und Schafen nach Finger 1 ing.\nwird, so ist die Ber\u00fchrung mit dem Drahtgeflecht, an dem h\u00f6chstens einige Tropfen des gelassenen Harnes h\u00e4ngen k\u00f6nnen, eine \u00e4u\u00dferst geringe.\nZum Auffangen des Harnes dient nun ein Mantel aus d\u00fcnnem, gut verzinntem Blech, welcher in der Weise um den Drahtzylinder gelegt wird, da\u00df zwischen beiden ein Raum von ca. 1 cm bleibt (Fig. 16). Nur oben bleibt ein kleiner Teil des Drahtzylinders frei, um jeder Zeit eine Aussp\u00fclung vornehmen zu k\u00f6nnen. Am distalen Ende ist der Zwischenraum zwischen Drahtzylinder und Mantel durch einen vertikal angel\u00f6teten Blechstreifen rings geschlossen. Am tiefsten Punkte befindet sich dann die Ausflu\u00df\u00f6ffnung, von der ein Gummischlauch in die Harnsammelflasche abf\u00fchrt.\nFingerling hat dann die so angeschirrten Tiere noch in einen Kasten gebracht, der in seiner Einrichtung im wesentlichen dem oben beschriebenen Stoffwechselk\u00e4fig f\u00fcr Hunde entspricht. Der Boden besteht aus Zinkblech, ist geneigt und tr\u00e4gt an seinem tiefsten Punkte eine \u00d6ffnung zum Durchf\u00fchren des Harnableitungsrohres. Das Tier steht auf einer starken durch-","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nl\u00f6cherten, gut verzinnten Eisentafel. Nat\u00fcrlich ist diese Anordnung des Kastens nur eine Reserve f\u00fcr den Fall, da\u00df der oben beschriebene Harn und Kotf\u00e4nger nicht tadellos funktioniert.\nUm die Brauchbarkeit seines Apparates zu erweisen, hat Fingerling eine Anzahl Versuche mit Schafen und Ziegen angestellt. Aus den au\u00dferordentlich gleichm\u00e4\u00dfigen Zahlen f\u00fcr die Ausnutzung der Nahrung schlie\u00dft er wohl mit Recht auf die gut gelungene Trennung von Harn und Kot.\nEs erwies sich bei sp\u00e4terem Gebrauche jedoch, da\u00df der Apparat in dieser Form die Tiere durch zu gro\u00dfe Schwere bel\u00e4stigte. Infolgedessen hat Fingerling1) zun\u00e4chst den Kotbeutel fortgelassen. Der Kot f\u00e4llt nunmehr in das hintere, stark geneigte Ende des Kastens und gelangt dann durch einen Trichter in ein daruntergestelltes Gef\u00e4\u00df. (Fig. 18.) Der Mantel\nzum Auffangen des Harns wird, um das Gewicht weiter herabzusetzen, aus Zelluloid hergestellt (von der Zelluloidfabrik von Kirchner und Wilhelm in Stuttgart).\nEs sei hier gleich eines weiteren Apparates Erw\u00e4hnung getan, welcher ausschlie\u00dflich bei Ziegen angewandt wird.\nDiese Tiere eignen sich besonders -zu Versuchen \u00fcber den Stoffwechsel w\u00e4hrend der Laktationszeit. Nun haben aber Ziegen h\u00e4ufig die Angewohnheit gles Selb stabsaugens der Milch. Um dieser f\u00fcr Stoffwechselversuche nat\u00fcrlich h\u00f6chst unangenehmen Eigent\u00fcmlichkeit der Ziegen zu begegnen, hat Berger2 3) einen Mantel konstruiert, der aus Sacktuch oder Drellstoff gefertigt, den Tieren in der durch nebenstehende Abbildung (Fig. 19) hinl\u00e4nglich erl\u00e4uterten Weise angelegt wird. Derselbe dient zugleich in der hei\u00dfen Jahreszeit als Schutzmittel gegen die Fliegenplage.\nSt\u00e4nde f\u00fcr Rindvieh.\nDer erste in der Literatur beschriebene Stoffwechsel-Stall f\u00fcr Rindvieh kam auf der landwirtschaftlichen Versuchsstation zu Weende bei G\u00f6ttingen11) in Anwendung. Jedes Tier hatte in ihm seinen besonderen Stand und seine be-\nll Modifikation des Apparates zur getrennten Auffangung von Kot und Harn bei kleineren weiblichen Tieren (Ziegen und Schafen). Zeitschrift f\u00fcr Biologie, Bd. LII. 1908. S. 83.\n2)\tBerger: Mantel f\u00fcr Ziegen gegen Selbstaussaugen des Euters. Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 120. 1907. S. 405.\n3)\tHenneberg und Stohmann, Beitr\u00e4ge zur Begr\u00fcndung einer rationellen F\u00fctterung der Wiederk\u00e4uer, Bd. I, S. 19, 1860 u. Bd. II, S. 21, 1864.\nFig. 19.\nEuter sch\u00fctz f\u00fcr Ziegen.","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"St\u00e4nde f\u00fcr Rindvieh.\n27\nsondere Krippe, die zum Verstellen nach oben und unten, nach vorn und hinten eingerichtet war, um den Gro\u00dfenverh\u00e4ltnissen des jedesmaligen Versuchstieres angepa\u00dft werden zu k\u00f6nnen. Der gu\u00dfeiserne Futtertrog war in eine starke eichene Bohle eingelassen und mit einem trichterf\u00f6rmigen Aufsatz versehen, von welchem alle h\u00e4ngen gebliebenen oder von den Tieren aufgew\u00fchlten Futterbestandteile in den Trog zur\u00fcckfielen. Der Fu\u00dfboden bestand aus Asphalt und fiel nach einer in der Mittellinie etwas nach hinten\nFig. 20.\nOchsenstall nach Grouven.\ngelegenen Zisterne ab. Diese war durch ein kupfernes Gitter gedeckt und durch ein unter dem Asphaltboden durchgef\u00fchrtes Rohr mit einem zweiten, in der N\u00e4he der Stallwand eingelassenen Steintroge verbunden. Letzterer war mit einer eisernen Klappe verschlossen und enthielt einen Zinkkasten zum Sammeln des Harnes. Unmittelbar hinter jedem Stande verlief eine ausgemauerte Gosse, in deren Boden ein Zinkkasten zum Auffangen des Kotes versenkt war.\nTrotz dieser Vorrichtungen war das Auffangen von Harn und Kot keineswegs absolut quantitativ, so da\u00df Henneberg und seine Mitarbeiter ihre Zuflucht zu recht unsicheren Korrekturen nehmen mu\u00dften.","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"W. Caspari und Zuritz, Stoffwechsel.\nNock weniger befriedigen k\u00f6nnen in dieser Beziehung die ersten Einrichtungen auf der landwirtschaftlichen Versuchsstation in M\u00f6ckern, die allerdings zun\u00e4chst im wesentlichen Untersuchungen \u00fcber die Milchproduktion dienten *).\nUngleich vollkommener und in allen wesentlichen Punkten auch heute noch musterg\u00fcltig sind die Stallungen, welche Grouven1 2) in dem umfangreichen Werke \u00fcber seine F\u00fctterungsversuche beschrieben hat. Der Bau dieser Stallungen begann bereits im Jahre 1860. Die Anforderungen, welche Grouven bei dem Bau seines Stalles leiteten, fa\u00dft er in sechs Fundamentals\u00e4tze zusammen, welche uns so wichtig erscheinen, da\u00df wir sie wortgetreu an dieser Stelle wiedergeben wollen:\nFig. 21.\nOehsenstall nach Grouven.\n1.\t\u201eV\u00f6llig streuloser Stand. Einstreu irgendwelcher Art durfte niemals Vorkommen. Denn von der Strohstreu h\u00e4tten die Tiere-unkontrollierbare Mengen fressen k\u00f6nnen; bei Sandstreu war die n\u00f6tige Reinlichkeit nicht m\u00f6glich.\n2.\tVollst\u00e4ndige Aufsammlung des Harnes, so da\u00df derselbe weder Verlust durch Verspritzen und Verdunstung erleiden, noch durch irgend was verunreinigt werden konnte.\n3.\tDas gleiche mu\u00dfte bei der Kotsammlung erreicht werden. Au\u00dferdem durften die Ochsen niemals in die Lage geraten, ihren Kot mit den Hinterf\u00fc\u00dfen zu zertreten, oder gar sich in ihn hineinlegen zu k\u00f6nnen.\n4.\tDer Futtertrog mu\u00dfte ringsum nahbar sein, also an keiner Wand des Stalles anlehnen. Er mu\u00dfte die Tiere hindern, beim Fressen Futter daraus herauszuwerfen. Endlich durfte er nicht von Holz sein.\n1)\tY ersuche \u00fcber den Einflu\u00df der Ern\u00e4hrung auf die Milchproduktion. Die Land-wirtschaftl. Versuchsstationen Bd. 12, 1869.\n2)\tGrouven, 1. c.","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"St\u00e4nde f\u00fcr Rindvieh.\n29\n5.\tDer Stand der Ochsen mu\u00dfte Einrichtungen haben, die es ohne Umbauten erlaubten, ihn gleichwohl f\u00fcr ganz gro\u00dfe, als auch ganz kleine Ochsen bequem zu gebrauchen.\n6.\tDer ganze Stallraum mu\u00dfte sich durch gute Ofen im Winter auf bestimmter Temperatur Tag und Nacht erhalten lassen\u201c.\nWie ist nun Grouven diesen von ihm selbst erhobenen Forderungen gerecht geworden?\nDie Figuren 20 und 21 geben wohl am besten einen \u00dcberblick \u00fcber die Anordnung der Stallungen, so da\u00df nachstehende Erl\u00e4uterungen gen\u00fcgen m\u00f6gen.\nDer Boden bestand aus einer Zementunterlage, die mit gebrannten Tonplatten belegt war. Auf diesem Boden trat niemals ein Wundliegen der Tiere ein.\nZum Auffangen des Harnes diente der oben beschriebene Harntrichter. (Fig. 10. S. 18.) Hier sei nur eine kleine Vorrichtung beschrieben, welche von Grouven angebracht worden ist, um zu vermeiden, da\u00df die Ochsen beim Aufstehen aus der liegenden Stellung sich in den Trichterschlauch verwickeln und ihn so zerrei\u00dfen. Er befestigte einfach quer\u00fcber den hinteren Teil des massiven eisernen Deckels, der die Harn\u00dcasche \u00fcberdeckte, ein Holzkl\u00f6tzchen. \u00dcber dieses h\u00e4tte das Tier seine Hinterbeine legen m\u00fcssen, wenn es mit dem Harnschlauch in Ber\u00fchrung kommen sollte. In dieser Lage schmerzen den Tieren aber die Beine, so da\u00df sie sie beim Niederlegen nur bis an das Holzkl\u00f6tzchen heranbringen. Dieser kleine Kunstgriff erwies sich als au\u00dferordentlich praktisch. Die von Grouven benutzten Harnflaschen hatten nur 101 Inhalt, doch weist Grouven darauf hin, da\u00df sie bei Mastversuchen gewi\u00df dreifach so gro\u00df sein m\u00fcssen, um den gesamten Tagesharn zu fassen.\nHinter dem Stand verlief eine etwa 16 cm tiefe, 47 cm breite kantige Rinne zum Auffangen des Kotes. In eine solche treten die Tiere nicht mit den Hinterbeinen hinein. Da der Futtertrog auf Leisten verschieblich hergerichtet war, konnte die Entfernung zwischen Trog und Rinne stets derartig der L\u00e4nge des Tieres angepa\u00dft werden, da\u00df dasselbe mit seinen Hinterf\u00fc\u00dfen nah am Rand der Rinne stand. Um schlie\u00dflich zu verhindern, da\u00df die Ochsen beim Kotlassen sich mit dem Hinterteil zur Seite wendeten, und so ihren Stand verunreinigten, wurde, wie Abbildung 20 zeigt, der hintere Teil des Standes durch zwei nach hinten konvergierende Holzstangen eingeengt.\nDie Rinne selbst war ebenfalls mit glasierten Tonplatten ausgelegt und hatte eine Neigung nach der einen Seite hin. Dort befand sich der Kotkasten, in dem der Kot eines jeden Tages gesammelt wurde. Dieser Kasten war aus schwerem Kupferblech gefertigt und wog leer etwa 12 72 kg. Er besa\u00df auf seinem massiven Deckel eine Handhabe, um ihn aus der Senke herauszuheben und ihn auf- oder zuzuklappen. Der Kasten fa\u00dfte ungef\u00e4hr 1772kg Kot, ein unter gew\u00f6hnlichen Verh\u00e4ltnissen f\u00fcr den Tag v\u00f6llig ausreichender Rauminhalt.\nNach jeder Kot\u00eantleerung wurde der Kot mittels eines krummen Spatens in den Kasten hineingekratzt und dann der Deckel desselben geschlossen, um einen Wasserverlust zu verhindern.","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nK\u00fchn1), der zu seinen sp\u00e4teren Versuchen sich einer \u00e4hnlichen Anordnung zum Auffangen des Kotes bediente, weist darauf hin, da\u00df es ihm und seinen Mitarbeitern trotz aller Sorgfalt nicht m\u00f6glich war, den Kot quantitativ in den Kasten zu bringen. Es blieb von jeder Kotentleerung ein geringes Quantum auf der Oberfl\u00e4che der Rinne bezw. dem angrenzenden Teile des Stalles haften. Aus diesem Grunde hat K\u00fchn stets am Beginne der Versuche den Stand und die Kotrinne vollkommen rein waschen lassen, diese Waschung am Ende des Versuches wiederholt und das so gewonnene Waschwasser zur Trockne eingedampft.\nGrouven benutzte Futterk\u00e4sten aus starkem Zinkblech. Der eine, gr\u00f6\u00dfere, diente f\u00fcr die t\u00e4gliche Strohh\u00e4ckselration, der andere f\u00fcr das Beifutter. Das Troggestell war aus starkem Eichenholz und, wie bereits erw\u00e4hnt, leicht nach vorw\u00e4rts und r\u00fcckw\u00e4rts zu verschieben. Um aus dem Troge zu fressen, mu\u00dfte der Ochse seinen Kopf durch ein ziemlich enges Gestell stecken. Dadurch wurde eine Verzettelung des Futters verhindert, da das Maul des Tieres leer wurde, bevor es' den. Kopf durch die .enge \u00d6ffnung zur\u00fcckgezogen hatte.\nFig. 22.\tDie Versuche von\nVorrichtung zum Sammeln des Harns und Kots im Eespirations- Grouven sind unseres hasten von Kellner.\tWis8ens ^ ersteQ; bei\ndenen ein Respirationsapparat f\u00fcr die Untersuchung des Stoffwechsels der Wiederk\u00e4uer konstruiert wurde. Derselbe ist dem Pettenkoferschen Apparate \u00e4hnlich, doch unterscheidet er sich in mancherlei Punkten von dem letzteren, wie er denn auch bereits seit 1t-j Jahren im Bau begriffen war, bevor der Apparat Pettenkofers ver\u00f6ffentlicht wurde. Doch k\u00f6nnen wir auf die Einrichtung dieses sowie der sp\u00e4teren derartigen Apparate hier nicht n\u00e4her eingehen, da die Methodik der Untersuchung des respiratorischen Stoffwechsels einem anderen Abschnitte dieses Werkes Vorbehalten ist. Nur insofern glauben wir im Rahmen unseres Themas der Erw\u00e4hnung\n1) K\u00fchn, Fleischer und Striedter, Versuche \u00fcber die Ausnutzung- des bl\u00fchenden Kotklees als Gr\u00fcnfutter und als Heu. Die Landwirtschaftlichen Versuchsstationen Bd. 11, S. 182, 1809.\n","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"St\u00e4nde f\u00fcr Kindvieh.\n31\nderartiger Apparate nicht entbehren zu k\u00f6nnen, als sie mit besonderen Einrichtungen f\u00fcr das Auffangen von Harn und Kot oder die Zufuhr von Futter verbunden sind. So hatten wir bereits erw\u00e4hnt, da\u00df Grrouven zuerst im Respirationskasten einen Kotbeute] bei Ochsen zur Anwendung brachte.\nIn diesem Sinne bietet der von Henneberg1) beschriebene Weender Respirationskasten wenig Neuerungen. Bemerkt sei, da\u00df der Stand der Tiere so gew\u00e4hlt ist, da\u00df der Kot direkt in einen Kotkasten hineinfallen kann.\nFig. 23.\nVorrichtung f\u00fcr Saugkalb nach Soxhlet. M. Milchbeh\u00e4lter, H. Harntriehter mit Abflu\u00df.\nDer Respirationskasten, welchen Kellner2) bei seinen so \u00fcberaus wertvollen zahlreichen Respirationsversuchen benutzte, schlie\u00dft sich im wesentlichen an den Apparat von Henneberg an. Erw\u00e4hnt sei auch hier die Einrichtung zum Auffangen des Kotes. Hinter dem Stande des Tieres ist (Fig. 22) eine 32 cm breite Rinne (P) vorgesehen, welche durch einen schweren eisernen Deckel geschlossen werden kann. In dieser Rinne, die w\u00e4hrend des Versuches offen gehalten, wird, befindet sich ein genau eingepa\u00dfter Schiebekasten, der auf Rollen l\u00e4uft und durch eine seitliche \u00d6ffnung hineingeschoben\n1)\tNeue Beitr\u00e4ge zur Begr\u00fcndung einer rationellen F\u00fctterung der Wiederk\u00e4uer. G\u00f6ttingen 1870.\n2)\tF\u00fctterungs- und Kespirationsversuche mit vollj\u00e4hrigen Ochsen. Die Landwirtschaftlichen Versuchsstationen Bd. 44, S. 257, 1894.","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nund herausgezogen werden kann. Auch die Tiefstellung des Futterkastens (Q) erscheint erw\u00e4hnenswert.\nSehr ingeni\u00f6s ist die Saugvorrichtung, welche Soxhlet1) bei seinen Versuchen an K\u00e4lbern verwandte. (Fig. 23.) Der eigentliche Saugapparat befindet sich im Inneren des Kastens, und das Tier kann ihn nur erreichen, wenn ein Teil der Vorderwand des Zwangsstalles umgeklappt wird. Die Milchflasche ist au\u00dferhalb des Kastens angebracht.\nDie komplizierte Einrichtung von Hagemann zur Auffangung von Harn und Kot (s. S. 22) macht weitere Einrichtungen des Stalles f\u00fcr diese Zwecke unn\u00f6tig. Hagemann hat den Boden mit Eichenbohlen belegt, damit die Tiere weniger kalt liegen und beim Auf stehen nicht straucheln.\nHiermit glauben wir die wichtigsten Formen der Versuchsst\u00e4lle f\u00fcr Rindvieh beschrieben zu haben. Alle sp\u00e4teren Konstruktionen schlie\u00dfen sich mit geringen Modifikationen an die alten bew\u00e4hrten Methoden an. Am meisten gebr\u00e4uchlich sind die Einrichtungen, welche einen zementierten, m\u00f6glichst fugenfreien Boden haben mit Senkung nach der Mitte' des Stalles zu einem Abflu\u00dfrohr, das der R\u00f6hre des Harntrichters zum Durchtritte dient. Hinter dem Stande befindet sich die Kotrinne mit dem versenkten Kotkasten. Auch Zuntz ist bei der Einrichtung seines neuen Institutes diesem Muster gefolgt.\nPferdest\u00e4lle.\nBez\u00fcglich der Versuchsstallungen f\u00fcr Pferde k\u00f6nnen wir uns kurz fassen, da ihre Einrichtungen in allen wesentlichen Punkten denen f\u00fcr Rindvieh gleichen.\nDieses gilt im wesentlichen auch von den Pferdest\u00e4nden, welche E. Wolff2) in Hohenheim bei seinen grundlegenden Versuchen verwandte. Einige Modifikationen seien erw\u00e4hnt.\nHeben den Krippen waren Seitentische angebracht, die einen \u00dcberzug aus Eisenblech besa\u00dfen. Sie dienten zum Auffangen etwa verzettelten Futters. Zum Sammeln des Harnes bediente sich Wolff ebenfalls eines Harntrichters, der eine etwas andere, mehr bauchige Form besa\u00df als der oben beschriebene und abgebildete. Auf Kotbeutel hat Wolff verzichtet. Der Kot fiel vielmehr direkt in einen l\u00e4nglich viereckigen Blechkasten, der, hinter dem Pferde aufgestellt, fast die ganze Breite des Standes einnahm. Durch passend angebrachte Querstangen wurde das Pferd daran verhindert, so weit zur\u00fcckzutreten, da\u00df es mit den Hinterf\u00fc\u00dfen den Kotkasten ber\u00fchren oder verschieben konnte. Die Querstangen und der Blechkasten konnten jederzeit leicht entfernt werden, wenn das Pferd ein- oder ausgestallt werden sollte. Um den Kot quantitativ in den Kasten gleiten zu lassen, verwandte Wolff eine Kotsch\u00fcrze, \u00e4hnlich derjenigen, welche, wie oben beschrieben, von Hagemann bei K\u00fchen zur Anwendung gekommen ist. Sie war etwa 1 m breit, aus Segeltuch gefertigt und am unteren Ende durch eine d\u00fcnne Eisenstange beschwert und nach abw\u00e4rts direkt in den Kotkasten gezogen. Durch bis an die Decke des Stalles gezogene Schn\u00fcre\n1)\tUntersuchungen \u00fcber den Stoffwechsel des Saugkalbes. \u00d6sterreichisches Landwirtschaftliches Wochenblatt. Jahrgang 4, 1878, S. 290.\n2)\tE. Wolff, Grundlagen f\u00fcr die rationelle F\u00fctterung des Pferdes. Berlin 1885 bei Paul Parey.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"Pferdest\u00e4lle.\n33\nwurde der Kotf\u00e4nger in der Schwebe gehalten. Am Hinterteil des Tieres war er durch ein passendes Geschirr befestigt.\nFigur 24 zeigt uns die Einrichtung der Pferdestallungen des \u201eLaboratoire de recherches de la compagnie g\u00e9n\u00e9rale des voitures \u00e2 Paris.1)\n800\nD\nFig. 24.\nStalleinriohtung des Laboratoire de recherches de la compagnie g\u00e9n\u00e9rale des voitures \u00e0 Paris. TR G Zement-futtertrog. BD Asphalthoden mit Gef\u00e4lle nach der Mitte, von den Seiten, von vorn und von hinten. H Harnabflu\u00df mit Drahtnetz. GR Gummirohr, \u00fc Harngef\u00e4\u00df.\nSie ist ohne weiteres verst\u00e4ndlich. Hingewiesen sei auch hier auf die Tiefstellung der aus Zement gefertigten Krippe, wodurch ein Verzetteln des Futters verhindert wird.\nIm Gegensatz\ndiesen\nEinrichtungen wurde bei den Versuchen, welche von Zuntz in Gemeinschaft mit C. Lehmann, Hagemann und Frentzel angestellt wurden, im Stalle ein Kotbeutel, beim Arbeiten auf der Tretbahn eine Kotsch\u00fcrze verwandt.\n1) Vingt ann\u00e9es d\u2019exp\u00e9riences sur l\u2019alimentation du cheval de trait par Gran-deau und Alekan. Paris 1904. L. Courtier 43 Eue de Dunkerque. S. 65. Tigerstedt, Handb. d. phys. Methodik I, S.\t3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nStoffwechselk\u00e4fige f\u00fcr V\u00f6gel.\nV\u00f6gel, speziell H\u00fchner und G\u00e4nse, bieten f\u00fcr Stoffwechselversuche den Vorteil, da\u00df man sie in der von den Mastern ge\u00fcbten Weise stopfen (nudeln) kann. Man vermag ihnen auf diese Weise quantitativ jede beliebige, auch schlecht schmeckende Nahrung beizubringen, um so eher, als diese Tiere im Gegensatz zu den Raubv\u00f6geln nicht erbrechen. F\u00fcr viele Zwecke d\u00fcrften sich die von den Gefl\u00fcgelm\u00e4stern zum Nudeln verwendeten Maschinen gut eignen, weil sie es gestatten, breiige Massen verlustlos einzustopfen. Eine gute derartige Maschine liefert der Mechaniker der unter Leitung von Tangl stehenden landwirtschaftlichen Versuchsstation in Budapest.\nWenn man bei Stoffwechselversuchen an V\u00f6geln die aus der Kloake entleerten Exkremente nicht trennen will, ist ihr Auffangen nicht mit gro\u00dfen Schwierigkeiten verbunden. So hat Voit1) Tauben w\u00e4hrend Monate langer Versuchsdauer einfach auf eine geriefte Stange gesetzt und dieselben oberhalb mittels zweier, an den Wurzeln der Fl\u00fcgel befestigter Schn\u00fcre angebunden. .G\u00e4nse h\u00e4ngte er in weitmaschige Netze ein, welche die Kloake frei lie\u00dfen. Die Exkrete wurden auf ein schief gestelltes Wei\u00dfblech entleert, von wo sie in eine Porzellanschale gelangten. K\u00e4fige wurden benutzt von I. Forster2) bei Tauben, von v. Knieriem3) und Hans Meyer4) bei H\u00fchnern. Diese K\u00e4fige waren so ein-Fig. 25.\tgerichtet, da\u00df sowohl der Hals der\nStoffwechselkafig f\u00fcr H\u00fchner nach Hans Meyer.\taJs auch die hintere Partie des\nK\u00f6rpers mit der Kloake herausragten. Die Exkrete fielen so einfach in eine Porzellanschale herab. Die K\u00e4fige waren so eng gew\u00e4hlt, da\u00df die Tiere sich in denselben gar nicht bewegen konnten. Trotzdem hielten sie sich monatelang v\u00f6llig gesund. Meyer hat durch eine Schiebevorrichtung die K\u00e4fige der Gr\u00f6\u00dfe verschiedener H\u00fchner angepa\u00dft. Wir verdanken der Liebensw\u00fcrdigkeit von Herrn Professor Hans Meyer nebenstehende Zeichnung. (Fig. 25.)\nSobald die Versuchsbedingungen eine Trennung von Harn und Kot erfordern, bedarf es recht umfangreicher und schwieriger Operationen, durch welche Harnleiter und Mastdarm vor ihrer Vereinigung getrennt und der Mastdarm durch einen Anus praeternaturalis ins Freie geleitet wird.\nSolche Operationen sind im zootechnischen Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin von V\u00f6ltz an H\u00fchnern mit Erfolg ausgef\u00fchrt worden. Seine Technik ist von Paraschtschuk5) eingehend beschrieben. Es wurde dabei folgenderma\u00dfen zu Werke gegangen:\nEtwa 2 cm oberhalb der Kloaken\u00f6ffnung, also oberhalb der Einm\u00fcndung der Ureteren wird durch einen 2 cm langen, nach dem Brustbein zu gef\u00fchrten\n1)\tHermanns Handbuch der Physiologie. Bd. VI, 1, S. 26.\n2)\tZeitschrift f. Biologie. Bd. XII, S. 454, 1876.\n3)\tEbenda. Bd. XIII, S. 36, 1877.\n4)\tInaugural-Dissert. K\u00f6nigsberg 1877.\n5)\tJournal f. Landwirtschaft. Bd. L, S. 15,. 1902.","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"Stoffwechselk\u00e4fige fiir V\u00f6gel.\n35\nSchnitt die Bauchh\u00f6hle des Tieres er\u00f6ffnet, der Mastdarm mit einem stumpfen Haken hervorgeholt, unterbunden und oberhalb der Unterbindungsstelle in das Peritoneum eingen\u00e4ht. Hierbei dr\u00e4ngt man sich zweckm\u00e4\u00dfig den Mastdarm durch einen in die Kloake eingef\u00fchrten Glasstab entgegen. Dann wird der Darm ge\u00f6ffnet, mit einem nach oben eingeschobenen Wattebausch etwa nachr\u00fcckender Kot zur\u00fcckgehalten und die R\u00e4nder der Darm-wandung mit den Wundr\u00e4ndern und den Bauchdecken vern\u00e4ht.\nIn der ersten Zeit nach der Operation erwies es sich als notwendig, den Darm h\u00e4ufiger durch Ausspritzen mit physiologischer Kochsalzl\u00f6sung\nFig. 26.\nHahn mit Harn- nnd Kotbentel nach Y\u00f6ltz.\nzu entleeren, da die Peristaltik anfangs zu schwach ist, um den Kot herauszubef\u00f6rdern.\nFerner mu\u00df man den Anus praeternaturalis t\u00e4glich bougieren, um eine Narbenschrumpfung zu vermeiden.\nF\u00fcr den Versuch wurden die Tiere von V\u00f6ltz mit Kot- und Harnbeuteln versehen. Wir verdanken dem freundlichen Entgegenkommen von Herrn V\u00f6ltz die Abbildungen Fig. 26 und 27 und die folgende Erkl\u00e4rung:\nZur Befestigung des Kot- und Harnbeutels ist ein verzinkter Draht zu benutzen, den man entsprechend den anatomischen Verh\u00e4ltnissen des Tieres biegt und l\u00f6tet. Der obere, die Kloake umgebende Drahtring wird fixiert unterhalb der b\u00fcgelf\u00f6rmigen Sitzbeine des Huhnes, die er vollst\u00e4ndig umgibt. Der Gurt ist in seinem mittleren Teil, der den Thorax bedeckt, breit\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\n(Fig. 26), wird dann beiderseits zweiteilig (Fig. 26 E und F), um die Oberarme durch den Schlitz zu f\u00fchren und also die Fl\u00fcgel frei zu lassen. Die Gurtenden werden auf dem R\u00fccken des Tieres festgeschnallt. Der hintere Gurt (Fig. 26 F) tr\u00e4gt die Schnallen (Fig. 26 C und D), an denen Harnbeutel (Fig. 26 und 27 A) und Kotbeutel (Fig. 26 und 27 B) durch Riemen (Fig. 26 und 27 C und D) befestigt werden., Auch der Kotbeutel wird getragen durch einen Drahtring, der den Anus praeternaturalis umf\u00e4ngt und auf den unteren Rand des beschriebenen Drahtringes, welcher die Kloake umgibt und den Harnbeutel tr\u00e4gt, nach genauer Anpassung aufgel\u00f6tet ist. (Eine ausf\u00fchrliche Beschreibung hat Y\u00f6ltz in Abderhaldens Plandbuch der biochemischen Arbeitsmethoden gegeben).\nV orrichtungenbei Stoffwechsel-\nversuchen an Fischen.\nIn unserem Institut werden zahlreiche, Stoffwechselversuche an Fischen ausgef\u00fchrt. Soweit diese den respiratorischen Stoffwechsel zum Gegenst\u00e4nde haben, geh\u00f6rt die Beschreibung der Apparatur an eine andere Stelle dieses W erkes. F\u00fcr Ausnutzungsund Bilanzversuche hat Knauthe Kotbeutel bei diesen Tieren benutzt. Doch wurden die Fische dadurch so geniert, da\u00df man von der Verwendung-derartiger Apparate Abstand\nHarn- und Kotbeutel f\u00fcr H\u00fchner nach V\u00f6ltz.\nnehmen mu\u00dfte. Es bleibt somit nur \u00fcbrig, den Kot m\u00f6glichst h\u00e4ufig und bald nach der Entleerung quantitativ aus dem Wasser herauszufischen, und im \u00fcbrigen die Ver\u00e4nderung des Wassers am Schl\u00fcsse des Versuches analytisch zu ermitteln. Die Aquarien m\u00fcssen bei solchen Versuchen, da ein Durchflu\u00df\u00bb von Wasser nicht ang\u00e4ngig ist, besonders energisch durchl\u00fcftet werden. Alle 24 Stunden wird das Wasser vollst\u00e4ndig erneuert.\nGesondertes Auffangen von Harn und Kot beim Menschen.\nDie zahlreichen Einrichtungen, welche im vorgehenden besprochen wurden, verfolgen im wesentlichen den Zweck, ein gesondertes verlustloses Auffangen von Ham und Kot zu erm\u00f6glichen und sicher zu gew\u00e4hrleisten. Beim Menschen bedarf es derartiger Vorrichtungen nicht. Immerhin ist auch hier das gesonderte Auffangen von Harn und Kot nicht ganz einfach, da bei der Def\u00e4kation durch den Druck der Bauchpresse auch die Harnblase leicht entleert wird. Es ist daher empfehlenswert, da\u00df der im Stoffwechselversuch befindliche Mensch unmittelbar vor dem Stuhlgang Harn l\u00e4\u00dft. Doch gen\u00fcgt dies in den meisten F\u00e4llen noch nicht. Er mu\u00df auch","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"Gesondertes Auffangen von Harn und Kot beim Menschen.\n37\nw\u00e4hrend des Stuhlganges darauf bedacht sein, etwaige Tropfen Harns, welche, besonders wenn eine gewisse Obstipation besteht, stets noch mit ausgepre\u00dft werden, in einem vorgehaltenen Bechergl\u00e4schen aufzufangen. Denn man mu\u00df bedenken, da\u00df wenige Tropfen Harns dem Kote hinzugef\u00fcgt, gen\u00fcgen w\u00fcrden, ein ganz falsches Bild der Ausnutzung des Stickstoffs zu geben. Kleine Fehler k\u00f6nnen auch durch Wegwerfen des zum Abwischen des Kotes benutzten Papieres entstehen. Es empfiehlt sich, ein St\u00fcckchen Badeschwamm zu benutzen, dieses sorgf\u00e4ltig auszuwaschen und das Waschwasser einzudampfen.\nBesonderer Ma\u00dfnahmen zum quantitativen Sammeln von Harn und Kot bedarf es bei Stoffwechselversuchen, die am S\u00e4ugling ausgef\u00fchrt werden. Apparate, welche wenigstens f\u00fcr den S\u00e4ugling m\u00e4nnlichen Geschlechts hinreichende Gew\u00e4hr f\u00fcr das genaue Trennen und Auffangen der Exkremente bieten, sind zuerst von Bendix1) angegeben, sp\u00e4ter von ihm und Finkeistein 2) verbessert worden.\nDiese Apparatur, die sich in zahlreichen Versuchen wohl bew\u00e4hrt hat, sei im folgenden kurz beschrieben.\nDas Kind wurde auf einem Leinentuch gelagert, das, wie es Figur 28 zeigt, sich f\u00fcr die Aufnahme der Beine gabelt. Auf das Leinentuch ist eine Hemdhose aufgen\u00e4ht, welche eine Anal\u00f6ffnung und einen Spalt zum Hinausf\u00fchren des Penis besitzt. In diese Kombination wird nun das Kind hineingesteckt. An einem hosentr\u00e4gerartigen Leibgurt (cf. Fig. 29) wird nun der Urinrezipient (Fig. 30) angekn\u00f6pft. Er besteht aus einer gl\u00e4sernen Ampulle, \u00fcber deren Rand ein Gummiansatz mit Polsterring gezogen wird. Die Ampulle nimmt Penis und Scrotum des S\u00e4uglings auf. Der Harn l\u00e4uft in eine passend aufgestellte Harnflasche ab. Der Kot wird einfach in einer untergestellten Schale, der sich f\u00fcr stark diarrhoische St\u00fchle eine Blechplatte als Schirm aufklemmen l\u00e4\u00dft, aufgefangen. Die Apparatur wird durch die Firma Ernst Lentz, Berlin, Birkenstr. 28 hergestellt.\nEinfacher, aber immerhin wohl brauchbar ist auch die von W. Freund3) angegebene Methode.\nVorrichtung zur Fixierung von S\u00e4uglingen nach Benclix-Finkelstein.\n1)\tB. Bendix: Jahrbuch fiir Kinderheilkunde 1896 Bd. XLII1, S. 23.\n2)\tDerselbe und Kinkelstein: Ein Apparat f\u00fcr Sfoffvvechseluntersuchungen am S\u00e4ugling. Deutsche med. Wochenschrift 1900 Heft 42.\n3)\tW. Freund: Jahrbuch f\u00fcr Kinderheilkunde 1898 Bd. XLVIII, S. 137.","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\tW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nDer Stoffwechselversuch.\nNachdem das Tier, an -dem der Versuch ausgef\u00fchrt werden soll, in der besprochenen Weise in einem K\u00e4fig oder Stall untergebracht ist, und so f\u00fcr verlustlose Nahrungszufuhr und das quantitative Auffangen von Harn und Kot gesorgt ist, kann mit dem eigentlichen Stoffwechselversuche begonnen werden.\nEs lassen sich nat\u00fcrlich f\u00fcr die Anordnung des Versuches allgemein g\u00fcltige Regeln nicht aufstellen. Es wird vielfach Sache des Experimentators sein, die im folgenden empfohlenen Vorschriften, seiner speziellen Frage-\nFig. 29.\nLagerung des S\u00e4uglings im Stoffwechselversucb.\nStellung entsprechend zu modifizieren. Im allgemeinen aber wird man sich den praktisch bew\u00e4hrten Versuchsmethoden anschlie\u00dfen m\u00fcssen.\nMan teilt den Versuch gew\u00f6hnlich in drei Abschnitte. In dem ersten l\u00e4\u00dft man sich das Tier den ver\u00e4nderten Lebensbedingungen anpassen. Dies ist die sogenannte Vorperiode. Man sucht in dieser meist Stickstoff- und K\u00f6rpergleichgewicht zu erreichen. Es gew\u00e4hrt dies den Vorteil, die Resultate des Haupt versuch es eindeutiger zu gestalten. Nat\u00fcrlich wird dies Desiderat in manchen F\u00e4llen nicht erf\u00fcllbar sein. Unbedingt notwendig ist es f\u00fcr den einwandsfreien Stoffwechselversuch nicht. Doch erscheint es wohl zweckm\u00e4\u00dfiger, als, wie dies auch zuweilen ge\u00fcbt wird, vom Hungerzustande auszugehen, weil die Stoffwechsel Vorg\u00e4nge bei","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"Kotabgrenzung.\n39\nund nach dem Hunger ihre Besonderheiten haben und namentlich gro\u00dfe Differenzen individueller Art zeigen.\nAuf die Vorperiode l\u00e4\u00dft man die sogenannte Hauptperiode, den eigentlichen Stoffwechselversuch folgen. Meist schlie\u00dft man dann eine Nachperiode an, welche in ihrer Anordnung der Vorperiode entspricht, um eine etwaige Nachwirkung des Hauptversuches festzustellen. Gerade in dieser Nachperiode haben sich oft erst die wesentlichen Resultate des Versuches gezeigt.\nAls wichtigste Regel mu\u00df betont werden, da\u00df die Perioden nicht zu kurz sein sollen. Ein zu kurzer Versuch hat h\u00e4ufig zu den schwerwiegendsten Irrt\u00fcmern gef\u00fchrt. Es sei hier nur daran erinnert, da\u00df wir z. B. \u00fcber die Wirkung des Alkohols auf den Stoffwechsel fr\u00fcher ganz falsche Anschauungen hatten, indem wir vor\u00fcbergehende Ver\u00e4nderungen der Stoffwechselvorg\u00e4nge als charakteristisch ansahen.\nMan mu\u00df auch bedenken, da\u00df sich der Organismus eines Tieres nicht unmittelbar einem ver\u00e4nderten Ern\u00e4hrungsregime anpa\u00dft. Wir finden vielmehr h\u00e4ufig w\u00e4hrend einer Versuchsperiode die Nachwirkungen der vorhergehenden Lebensverh\u00e4ltnisse deutlich ausgepr\u00e4gt. F\u00fcr den ersten Tag eines Regimewechsels gilt dies als Regel.\nF\u00fcr den Menschen und den Karnivoren mag ein Minimum von 5 Tagen pro Periode gen\u00fcgen. F\u00fcr die Herbi-voren sind bedeutend l\u00e4ngere Perioden erforderlich.\nDies h\u00e4ngt haupts\u00e4chlich zusammen mit den Verh\u00e4ltnissen der Kotbildung.\nFig. 30.\nHarnrezipient mit Befestignngsring f\u00fcr\nm\u00e4nnliche S\u00e4uglinge.\nKotabgrenzung.\nDer Zeitpunkt, an welchem der einer bestimmten Nahrung entsprechende Kot zutage gef\u00f6rdert wird, ist je nach der Art des Tieres und der Ern\u00e4hrung desselben au\u00dferordentlich wechselnd. Selbst beim Fleischfresser dauert es etwa 24 Stunden, ehe die Verdauung einer bestimmten Nahrung beendet ist. Die Ausscheidung des zugeh\u00f6rigen Kotes l\u00e4\u00dft oft noch viel l\u00e4nger auf sich warten. Beim Menschen erfordert die Kotausscheidung meist 2\u20143, beim Pflanzenfresser 5\u20147 Tage.\nEs ist daher empfehlenswert, den Kot, der einer Untersuchungsperiode entspricht, von dem vorher und nachher gelieferten abzugrenzen. Nur bei solchen Individuen, deren Kotentleerung absolut regelm\u00e4\u00dfig zur selben Stunde t\u00e4glich erfolgt, mag es zul\u00e4ssig sein, von einer besonderen","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nAbgrenzung abzusehen, wie dies Neumann ^beim Menschen, Pfl\u00fcg er1 2) beim Arbeitshund getan haben. Die Abgrenzung geh\u00f6rt zu den wundesten Punkten der Methodik des Versuches. 'Schon die zahlreichen angegebenen Mittel sprechen daf\u00fcr, da\u00df keines so ganz befriedigend ist. Man kann im allgemeinen zwei verschiedene Fonnen der Abgrenzung unterscheiden. Entweder man benutzt bestimmte Nahrungsmittel, die einen charakteristischen Ivot geben, oder man sucht durch Verabreichung gewisser Substanzen, die den Darmkanal glatt passieren, die Abgrenzung des Kotes herbeizuf\u00fchren. F\u00fcr die Verwendung der ersteren Gruppe der Abgrenzungsmittel ist nat\u00fcrlich die jeweilige Versuchsanordnung zu ber\u00fccksichtigen. So liefert z. B. reine Fleischnahrung (Bidder und Schmidt) einen charakteristischen sehr dunklen, pech\u00e4hnlichen Kot. Aber man mu\u00df bedenken, da\u00df eine so stickstoifreiche Substanz einen hohen Eiwei\u00dfumsatz bedingt, dessen Nachwirkung sich eventuell \u00fcber mehrere Tage erstrecken wird. Auch bei Milchnahrung (Bubner) wird ein sehr charakteristischer Kot entleert. Dieser ist besonders hart, knollig und von hellgelber Farbe (maiskolben\u00e4hnlich). Die Verwendung der Milch als Abgrenzungsmittel ist aber, auch abgesehen von ihrem hohen Stickstoflgehalt, bedenklich, weil viele Individuen die erforderlichen 2\u20148 Liter Milch nicht vertragen und Verdauungsst\u00f6rungen bekommen, die den Versuch vollkommen st\u00f6ren k\u00f6nnen. Weit empfehlenswerter ist Schokolade, die namentlich in Stoffwechselversuchen an Kindern gern und oft verwandt wird. Beim Menschen sind au\u00dfer den genannten Nahrungsmitteln noch Prei\u00dfelbeeren (I. Ranke), Blaubeeren (Hultgren und Landergren) und gewisse Gem\u00fcse, wie z. B. Karotten, empfohlen worden, deren charakteristisch gef\u00e4rbte Zellulosereste im Kote wiedererscheinen. Doch m\u00fcssen recht gro\u00dfe Mengen von all diesen Substanzen genommen werden, sonst finden sich \u00fcber eine gr\u00f6\u00dfere Strecke Kot verteilt verstreute Residuen derselben, und man wei\u00df nicht, an welcher Stelle man die Abgrenzung vornehmen soll. Alle diese zur Abgrenzung dienenden Nahrungsmittel sind aber nur zu Beginn und am Ende des Gesamtversuches mit einigem Vorteil zu benutzen. Denn ihr N\u00e4hrwert m\u00fc\u00dfte bei Abgrenzung zwischen einzelnen Perioden des Versuches ber\u00fccksichtigt werden, was Analysen und mehr oder weniger unzuverl\u00e4ssige Berechnungen und Sch\u00e4tzungen notwendig machen w\u00fcrde.\nEmpfehlenswerter als die Verwendung von Nahrungsmitteln ist jm allgemeinen die Einf\u00fchrung von Stoffen, welche deiv Darmkanal unver\u00e4ndert verlassen und so zur Abgrenzung des Kotes dienen. Zwischen beiden Gruppen von Abgrenzungsmitteln steht die Verwendung von Knochen beim Hunde (G. Meyer). Knochen stellen ein sehr vorz\u00fcgliches Abgrenzungsmittel dar, in Gestalt eines wei\u00dfen, sehr trockenen und stark br\u00fcchigen Kotes. Die nicht unerheblichen aus Knochen resorbierten Stickstoffmengen m\u00fcssen jedoch ber\u00fccksichtigt werden. Auch soll, um keine St\u00f6rungen in den Versuch zu bringen, nur soviel Knochen verf\u00fcttert werden, wie zur Erzielung einer sicheren Abgrenzung n\u00f6tig ist (etwa 15 \u2014 20 gr).\n1)\tR. 0. Neumann, Experimentelle Beitr\u00e4ge zur Lehre von dem t\u00e4glichen Nahrungsbedarf der Menschen unter besonderer Ber\u00fccksichtigung der notwendigen Eiwei\u00dfmenge. Archiv f. Hygiene Bd. 45, S. 1, 1902.\n2)\tE. Pfl\u00fcger, Die Quelle der Muskelkraft. Pfl\u00fcgers Archiv Bd. L, S. 98.","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Kotabgrenzung.\n41\nDiese Komplikation f\u00e4llt fort bei der Verwendung von Kiesels\u00e4ure (Greiner und Neumeyer), die man am besten etwa 6 Stunden nach der letzten oder vor der ersten Mahlzeit einer Periode verabreicht. Etwa 4\u20145 g sind gen\u00fcgend. Man mischt sie einem zu diesem Zwecke reservierten Bruchteil der Nahrung bei. Diese Form der Abgrenzung scheint uns die beste zu sein und ist jedenfalls weit empfehlenswerter als das Schlucken von Badeschwamm, wie es seinerzeit von Adamkiewicz, oder von Korkst\u00fccken, wie es von I. Munk und Salkowski vorgeschlagen wurde. Auch die Verwendung von Karmin gibt recht gute Resultate. Der Kot wird dunkelrot gef\u00e4rbt, und es erstreckt sich die Abgrenzung meist nur \u00fcber einen geringen Teil des Kotes. 1 g d\u00fcrfte gen\u00fcgen. Weniger empfehlenswert scheint uns die Verwendung von fein zerteilter Holz- oder Tierkohle, weil sich die Kohlepartikelchen oft \u00fcber . eine gro\u00dfe Strecke des Kotes verteilen. Auch ist hei der dunklen F\u00e4rbung des Kotes beim reichlich mit Fleisch gen\u00e4hrten Hunde die Farbe der Kohle f\u00fcr die Abgrenzung nicht sehr geeignet. Es mu\u00df auch in Erw\u00e4gung gezogen werden, da\u00df Verwendung von Kohle exakte Bestimmungen der Verbrennungsw\u00e4rme im Kote unm\u00f6glich macht.\nNach V\u00f6ltz1) eignet sich Kohle sehr gut zur Abgrenzung des Kotes bei H\u00fchnern.\nEs sei hier zugleich auf einen kleinen Kunstgriff hingewiesen, welcher in unserem Institut nach dem Vorg\u00e4nge von S. Rosenberg h\u00e4ufig angewandt wird. Gerade f\u00fcr den Abgrenzungskot ist es oft von Wichtigkeit, da\u00df die Entleerung nach angemessener Zeit erfolgt. Der Hund def\u00e4ziert aber h\u00e4ufig mehrere Tage lang nicht. Man kann nun fast ausnahmslos eine Kotentleerung beim Hunde herbeif\u00fchren, wenn man ihm einen 8\u201410 mm dicken Glasstab in den After einf\u00fchrt. Durch den Reiz des Fremdk\u00f6rpers auf die Wandungen des Mastdarms wird die Def\u00e4kation angeregt, der Glasstab zuerst herausgepre\u00dft, w\u00e4hrend der Kot nachfolgt.\nWeit schwieriger als beim Hunde gestaltet sich die Abgrenzung des Kotes beim Menschen, auch wenn wir Substanzen verwenden, welche den Darmkanal glatt und unver\u00e4ndert passieren. Es liegt das daran, da\u00df bei dem Omnivoren Menschen der Darmkanal wesentlich l\u00e4nger ist, als beim karnivoren Hunde, und daher dem Darminhalte weit mehr Gelegenheit zur Durchmischung gegeben ist. Auch ist der menschliche Kot in vielen F\u00e4llen nicht so gut geformt und so hart wie der des Hundes. Als ungeeignet hat sich nach unseren Erfahrungen die Kiesels\u00e4ure, als wenig zuverl\u00e4ssig auch die Verwendung von Kohle erwiesen. Zum mindesten mu\u00df man von diesen Substanzen gr\u00f6\u00dfere Mengen \u2014 etwa 6 \u20148 g verwenden, was auch bei Anwendung von Oblaten oder Kapseln nicht sehr angenehm ist. Auch dann ist aber noch die Gefahr des Verschmierens des Abgrenzungsmittels \u00fcber eine gro\u00dfe Strecke Kot eine sehr erhebliche. Besser als Kohlepulver sind gepre\u00dfte Tabletten, die z. T. unzerfallen im Kote erscheinen. Empfehlenswert ist die Verwendung von Karmin. Man gibt es am besten in capsulis gelatinosis zu je 0,5 g. 2 solcher Kapseln gen\u00fcgen, um eine gute Kotabgrenzung zu erhalten.\n1) Studien \u00fcber den Stoffwechsel des Haushuhns. Landwirtschaftl. Jahrb\u00fccher 1909, S. 553.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nIn der Erkenntnis der Unzuverl\u00e4ssigkeit der meisten Abgrenzungs-metlioden beim Menschen benutzten wir bei unseren Stoffwechselversuchen im Hochgebirge zur Abgrenzung des Kotes Klistiere. Es gelingt auf diese Weise, den Darm sehr gut zu entleeren, wenn man gr\u00f6\u00dfere Mengen Wassers verwendet. Als Richtschnur diente uns das Auftreten der Reste eines Gem\u00fcses, welches zu geeigneter Zeit vorher genossen worden war. Doch ist diese Prozedur keineswegs angenehm. Es waren oft hintereinander vier reichliche Klistiere notwendig, um den gew\u00fcnschten Effekt zu erzielen. Eine zu einem Stoffwechselversuche gemietete Person wird sich diesen Unannehmlichkeiten kaum in allen F\u00e4llen unterziehen.\nBeim Hunde sowohl wie beim Menschen ist 'es f\u00fcr die Abgrenzung wichtig, auch bei der einzelnen Def\u00e4kation, welche den Abgrenzungskot enth\u00e4lt, die Reihenfolge, in welcher die einzelnen1 Kotbestandteile entleert werden, festzustellen. Beim Hunde kann dies ja h\u00f6chst einfach durch Beobachtung der Def\u00e4kation geschehen. Beim Menschen bedienen wir uns einer ebenso einfachen wie praktischen Vorrichtung.' Die Kotentleerung findet auf einem Stuhle statt, dessen Sitzteil in geeigneter Weise ausgeschnitten ist. Unter dem Stuhlsitz ruht auf zwei Leisten ein mit Pergament \u00fcberspanntes Brett, auf das der Kot entleert wird. W\u00e4hrend der Def\u00e4kation zieht nun das Versuchsindividuum das mit Pergament \u00fcberspannte Holzbrett allm\u00e4hlich unter sich fort, so da\u00df der Kot in der Reihe, in welcher er gelassen ist, auf dem Pergamentpapier ausgebreitet ist.\nNat\u00fcrlich f\u00fchren alle Abgrenzungsmittel nur dann zum Ziel, wenn der Kot nicht breiig oder gar diarrhoisch ist.\nIst es schon beim Menschen schwer, eine sichere Abgrenzung des Kotes zu gewinnen, so hat dies noch gr\u00f6\u00dfere Schwierigkeiten beim Schweine, wegen des breiigen Kotes, den diese Tiere absondern. Unseres Wissens ist eine Abgrenzung des Kotes beim Schweine bisher nicht versucht worden.\nV\u00f6llig unm\u00f6glich ist es, eine Abgrenzung des Kotes bei den Pflanzenfressern zu erreichen. Welcher Art das Tier auch sei, stets finden sich Abschnitte des Darmkanals, in welchen mehrere Mahlzeiten durcheinander gemischt werden. Einigerma\u00dfen wird dieser \u00dcbelstand dadurch kompensiert, da\u00df der Kot sehr massig ist, und die t\u00e4glichen Entleerungen sehr h\u00e4ufig, oft 12 und mehrmal erfolgen. Die Unm\u00f6glichkeit der Abgrenzung ist wohl der wesentlichste Grund, welcher den Stoffwechselversuch an Herbivoren so au\u00dferordentlich erschwert. ,\nEs bleibt hier kein anderes Mittel, als die Perioden besonders lang zu w\u00e4hlen, um so den durch die Unm\u00f6glichkeit der Kotabgrenzung bedingten Fehler m\u00f6glichst gering zu gestalten. Besonders die Vorperiode mu\u00df mindestens so lange fortgesetzt werden, bis man sicher ist, da\u00df keine einem fr\u00fcheren Ern\u00e4hrungsregime angeh\u00f6rigen- Reste im Darmkanal mehr vorhanden sind, d. h. mindestens 8 Tage. Bei Kaninchen ist die M\u00f6glichkeit gegeben, den Magen und Blinddarm dadurch vom Inhalt zu reinigen, da\u00df man ausschlie\u00dflich w\u00e4hrend mehrerer Tage Milch verabreicht, welche die Tiere gern und reichlich aufnehmen. Wenn dann der Kot keine Reste der fr\u00fcheren Nahrung mehr aufweist, gen\u00fcgt 24st\u00fcndiges Hungern, um einen fast leeren Verdauungskanal zu erzielen.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Harnabgrenzung.\n43\nHarnabgrenzung.\nW\u00e4hrend wir den Kot stets nur in gr\u00f6\u00dferen Perioden abzugrenzen pflegen, wird der Harn gew\u00f6hnlich in 24st\u00e4ndigen Pausen abgegrenzt. Es ist dies nat\u00fcrlich willk\u00fcrlich, man k\u00f6nnte auch 12st\u00fcndige Perioden w\u00e4hlen, und man hat ja auch in zahlreichen Y ersuchen den in 1, 2 Stunden usw. abgesonderten Harn f\u00fcr sich aufgefangen. Andrerseits haben aber auch die 24 st\u00e4ndigen Perioden der Harnsammlung ihre Berechtigung, weil der Organismus in 24 Stunden einen Kreislauf seines Stoffwechsels durchl\u00e4uft. Es ist daher auch notwendig, die t\u00e4gliche Harnabgrenzung stets zu der gleichen Tageszeit vorzunehmen.\nF\u00fcr den Menschen, der nach dem Wunsche des Experimentators zu jeder Zeit seine Blase vollst\u00e4ndig entleert, bedarf es in dieser Hinsicht keinerlei Vorkehrungen.\nBei Hunden liegen die Verh\u00e4ltnisse sehr verschieden je nach der Dressur und der guten Gew\u00f6hnung des Tieres. Es gibt Hunde, welche in den Stoff-wechselk\u00e4fig gesetzt, denselben niemals verunreinigen, dagegen Harn und Kot sofort absetzen, sobald sie ins Freie gef\u00fchrt werden. Bei diesen Tieren ist es nat\u00fcrlich leicht, den Harn der t\u00e4glichen Periode f\u00fcr sich zu gewinnen. Doch bedarf es noch einer besonderen Erziehung der Tiere, die nicht immer zu erreichen ist, um sie an die Harnentleerung in eine untergehaltene Schale zu gew\u00f6hnen. Freilich begegnen dem Stoffwechselphysiologen nicht sehr h\u00e4ufig Tiere, die eine so gute Kinderstube durchgemacht haben. Au\u00dferdem verderben auch hier b\u00f6se Beispiele gute Sitten. In den R\u00e4umen, in denen mehrere Stoffwechselk\u00e4fige f\u00fcr Hunde bei einander stehen, herrscht stets ein gewisser Harngeruch, der beim Hunde ja in so eigent\u00fcmlicher Weise wiederum zur Entleerung des Harnes anregt. Wir haben diesen Ubel-stand ganz besonders dann st\u00f6rend empfunden, wenn wir die Hunde auf der Tretbahn Geharbeit verrichten lie\u00dfen. Da es sich in den meisten F\u00e4llen um Stoffwechselhunde handelte, so legten wir bei der Dressur stets den gr\u00f6\u00dften Wert darauf, da\u00df niemals auf der Tretbahn Harn gelassen wurde. War aber trotzdem einmal einem Tiere das Malheur passiert, auf der Tretbahn Harn zu verlieren, so mu\u00dften durch h\u00e4ufige Waschungen mit Formalin oder einer anderen stark riechenden Substanz alle Spuren des Plarnes entfernt werden, wollte man nicht erleben, da\u00df auch die bestdressierten Hunde ihrer guten Gewohnheiten verga\u00dfen. Deswegen ist es auch so schwierig, Hunde im Laboratorium selbst stubenrein zu erziehen.\nDaher wird man in den meisten F\u00e4llen beim Hunde den Katheterismus ausf\u00fchren m\u00fcssen. M\u00e4nnliche Hunde lassen sich schwer katheterisieren. Aus diesem Grunde bevorzugen wir bei Stoffwechselversuchen H\u00fcndinnen. Doch ist auch bei weiblichen Tieren diese Manipulation nicht ganz ohne Schwierigkeiten. Das orificium urethrae liegt bei der H\u00fcndin ziemlich weit im Innern der Vagina und ist durch einen vorspringenden Schleimhautwulst verdeckt. Da nun die Schleimhaut der Scheide viele Wulste und Falten bildet, ist es f\u00fcr den tastenden Finger oft sehr schwer, die \u00d6ffnung der Harnr\u00f6hre zu finden. Ein zu langes Herumprobieren ist aber f\u00fcr den Verlauf des Versuches keineswegs gleichg\u00fcltig, da die Tiere erregt oder erm\u00fcdet werden. Es ist daher dringend anzuraten, sich eines Spekulums zu bedienen, wie esFig. 31. zeigt. Dasselbe kann eventuell in verschiedener Gr\u00f6\u00dfe","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\ngew\u00e4hlt werden. Man f\u00fchrt es geschlossen ein, und spreizt darauf die Branchen auseinander. Bei der Verbreiterung der Scheide werden die sekund\u00e4ren W\u00fclste gegl\u00e4ttet und der. starke Wulst \u00fcber dem orificium urethrae stellt sich sofort dem Auge ein, so da\u00df das Einf\u00fchren des Katheters nunmehr nicht mehr die geringsten Schwierigkeiten macht.\nUm das Katheter bei H\u00fcndinnen leichter einf\u00fchren zu k\u00f6nnen, haben Limpert und Falck1) eine kleine Operation angegeben, welche bezweckt, das orificium urethrae externum frei zutage zu legen. Dieselbe besteht darin, da\u00df ein Skalpei in die Scheide der H\u00fcndin eingef\u00fchrt und nach der Mitte des Dammes durchgestochen wird. Hierauf wird die ganze vordere Partie des Dammes in der Bichtung der Scheide gespalten. Wenn dieser operative Eingriff gut gelungen, und die geringe Blutung, welche gew\u00f6hnlich damit verbunden ist, gestillt ist,- liegt die \u00d6ffnung der Harnr\u00f6hre frei, so da\u00df\nman ohne weiteres mit dem Katheter hineingelangen kann. Um die Wundr\u00e4nder vor d\u00e8m Zusammenwachsen zu bewahren, haben die Autoren dieselben mit H\u00f6llenstein ge\u00e4tzt. Dann vernarben die Wundr\u00e4nde-r bald.\nDiese Operation bietet den Vorteil, da\u00df man ohne Hilfe einer zweiten Person der H\u00fcndin leicht das Katheter einf\u00fchren kann. Man umfa\u00dft dabei den Kopf des Tieres und die linke Seite des K\u00f6rpers mit dem linken Ellenbogen, ergreift mit der linken Pland die Hinterf\u00fc\u00dfe und f\u00fchrt mit der rechten das Katheter ein. Doch ist dies nur bei geduldigen kleineren Hunden m\u00f6glich, in anderen F\u00e4llen wird man auch nach der Operation die Hilfe eines Dieners in Anspruch nehmen m\u00fcssen. Notwendig wird die Operation kaum jemals sein, wenn man ein passendes Spekulum zur Verf\u00fcgung hat, da sich bei einiger \u00dcbung mittels dieses Instrumentes das orificium urethrae in fast allen F\u00e4llen leicht einstellen l\u00e4\u00dft. Abgesehen also von vereinzelten Ausnahmef\u00e4llen, bei ganz kleinen, jungfr\u00e4ulichen H\u00fcndinnen, ist diese Operation als unn\u00fctz zu verwerfen, weil sie um einer blo\u00dfen Bequemlichkeit f\u00fcr den Experimentator willen dem Tiere Schmerzen bereitet.\nHat man das Katheter in die Blase eingef\u00fchrt, so flie\u00dft der Ham aus und mu\u00df nat\u00fcrlich ohne jeden Verlust in ein untergehaltenes Gfef\u00e4\u00df aufgefangen werden. Nach dieser Entleerung der Hauptmenge des Harns m\u00fcssen aber auch alle Reste desselben quantitativ gewonnen werden, die stets in den Falten der Blasenwandung verbleiben. Wir sp\u00fclen daher nach jedem Katheterismus die Blase reichlich mit lauwarmem Wasser oder besser verd\u00fcnnter Bors\u00e4urel\u00f6sung aus, bis die Fl\u00fcssigkeit vollkommen farblos abflie\u00dft.\nMan mu\u00df bei dem Katheterismus mit einiger Vorsicht zu Werke gehen, um das Eintreten einer Cystitis zu verhindern. Da man sich bei\n1) Untersuchungen \u00fcber die Ausscheidung des Zuckers durch die Nieren nach der Einspritzung desselben ins Blut. Virchows Archiv Bd. IX, S. 56, 1856.\nFig. 31.\nSpekulum f\u00fcr H\u00fcndinnen.","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"Harnabgrenzung.\n45\nH\u00fcndinnen stets weicher Gummikatheter bedient, welche h\u00e4ufiges Auskochen nicht vertragen, ist es empfehlenswert, sie in gut verschlie\u00dfbarem Glasgef\u00e4\u00df \u00fcber Formalinpastillen aufzubewahren. \u00dcbrigens erscheint es uns nicht bedenklich, wenn man w\u00e4hrend eines Stoffwechselversuches auch mehrere Katheter abnutzt. Der Preis ist kein hoher, und 12\u201414 Auskochungen vertragen sie ganz gut. Vor dem Einf\u00fchren des Katheters empfiehlt es sich auch, die Scheide mit in Lysol getr\u00e4nkter Watte sorgf\u00e4ltig auszuwischen. Im allgemeinen sind ja die Hunde gegen Blasenentz\u00fcndungen nicht sehr empfindlich, doch zwingen nat\u00fcrlich st\u00e4rkere Entz\u00fcndungen, die mit Fieber und Blutungen einhergehen, zum Abbrechen des Versuches.\nBei anderen Tieren wendet man den Katheterismus meist nicht an. Mei\u00dfl hat zwar versucht, Schweinen das Katheter einzuf\u00fchren. Diese Tiere benahmen sich jedoch so ungeb\u00e4rdig und gerieten in eine solche Erregung, da\u00df der Fehler, der hierdurch in den Versuch hineingetragen wurde, gr\u00f6\u00dfer erschien, als der durch mangelhafte Harnabgrenzung bedingte.\nBei Kaninchen l\u00e4\u00dft sich der Katheterismus wohl ausf\u00fchren. Beim M\u00e4nnchen ist die Harnr\u00f6hre gen\u00fcgend weit, da\u00df man einen d\u00fcnnen N\u00e9laton-Katheter von ca. 2 mm Durchmesser einf\u00fchren kann. F\u00fcr Weibchen benutzt man besser einen d\u00fcnnen Metallkatheter von \u00e4hnlicher Form, wie sie f\u00fcr die weibliche Harnr\u00f6hre der Menschen in Gebrauch ist.\nBei den gro\u00dfen Herhivoren werden sehr erhebliche Mengen Harns entleert, so da\u00df eine geringe Verschiebung in den t\u00e4glichen Ausscheidungen hier weniger ins Gewicht f\u00e4llt. Um so mehr gleichen sich etwaige Fehler aus, als man ja schon aus anderen Gr\u00fcnden, wie oben auseinandergesetzt, gen\u00f6tigt ist, die Versuchsperioden sehr lang zu w\u00e4hlen.\nWTnn es auf eine sehr genaue Abgrenzung des Harnes ankommt, ist auch der Umstand zu ber\u00fccksichtigen, da\u00df sich stets gewisse Mengen von Harnbestandteilen in der Niere und deren Ausf\u00fchrungsg\u00e4ngen, sowie im Blute befinden. Wissen wir doch durch die Untersuchungen von Picard 1), Gr\u00e9hant2) und anderen, da\u00df der Harnstoffgehalt des Blutes ziemlich erhebliche Schwankungen erf\u00e4hrt. Die Bedeutung dieser Momente l\u00e4\u00dft sich beim regelm\u00e4\u00dfig gen\u00e4hrten Menschen dadurch dartun, da\u00df man gr\u00f6\u00dfere Mengen Wasser zu trinken gibt. Danach steigt die st\u00fcndliche Harnstoffausscheidung recht erheblich, um nach Beendigung der durch die Fl\u00fcssigkeitszufuhr bedingten Harnflut wieder ebensoviel unter den Durchschnittswert zu sinken. Es wird also durch die Fl\u00fcssigkeitszufuhr, wie besonders die Versuche von Oppenheim3) und von Neumann4) sicher gelehrt haben, nur der vorhandene Vorrat von harnf\u00e4higen Stoffen ausgesp\u00fclt, w\u00e4hrend der Stoffwechsel selbst unbeeinflu\u00dft bleibt. Wir haben daher in der Verabreichung gr\u00f6\u00dferer Wassermengen am Schl\u00fcsse jeder Versuchsperiode ein ausgezeichnetes Mittel zur sch\u00e4rferen Abgrenzung der dieser Periode zugeh\u00f6rigen Stoffwechselprodukte. Hierdurch werden die Fehler, welche sonst durch ungleiche Wasseraufnahme\n1)\tPicard, De la pr\u00e9sence de l\u2019ur\u00e9e dans le sang etc. Stra\u00dfburg 1856.\n2)\tGr\u00e9hant, Journ. d. l\u2019anat. et d. 1. physiol. 1870\u201471, S. 318.\n3)\tOppenheim: Beitr\u00e4ge zur Physiologie und Pathologie der Harnstoffausscheidung. Pfl\u00fcgers Archiv Bd. 23, 1880, S. 446.\n4)\t0. Naumann: Der Einflu\u00df gr\u00f6\u00dferer Wassermengen auf die Stickstoffausscheidung beim Menschen. Archiv f. Hygiene Bd. 36, S. 248, 1899.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\ndes Versuchsindividuums erzeugt werden, und ebenso diejenige durch Unvollkommenheit der Harnentleerung beseitigt. Man kann diese Methode auch bei Hunden, welche .nicht katheterisjerbar sind, anwenden, indem man etwa 2 Stunden vor Schlu\u00df der Versuchsperiode eine gro\u00dfe Wassermenge mittels Schlundsonde eingie\u00dft.\nDie Ern\u00e4hrung beim Stoffweehselversuch.\nF\u00fcr die Ern\u00e4hrung beim Stoffwechselversuch sind eine Reihe von Forderungen zu erf\u00fcllen.\n1.\tDas Ern\u00e4hrungsmaterial mu\u00df gleichm\u00e4\u00dfig zusammengesetzt sein und der Analyse keine zu gro\u00dfen Schwierigkeiten bereiten.\n2.\tDie Ern\u00e4hrung mu\u00df einfach sein, um dem Experimentator keine zu erheblichen Analysenarbeiten aufzuerlegen, darf aber andererseits nicht so einf\u00f6rmig zusammengesetzt sein, da\u00df w\u00e4hrend der Dauer des Versuches der Appetit leidet.\n3.\tDie Ern\u00e4hrung mu\u00df ausreichend bezw. der speziellen Fragestellung des Versuches angepa\u00dft sein.\nMan wird von dem sub 1 genannten Gesichtspunkte aus solche Nahrung bevorzugen, welche sich lange Zeit in unver\u00e4ndertem Zustande erh\u00e4lt. F\u00fcr den Menschen kommen hier in Betracht die verschiedenen Getreidearten und deren Mehle. Besonders sind Reis und die verschiedenen Suppenmehle, weil sie viel Abwechslung in den Geschmack bringen, sehr zu empfehlen, sowie Nudeln. Bei diesen Substanzen kommt es nur darauf an, die Fehler, welche durch ihre hygroskopische Beschaffenheit entstehen k\u00f6nnten, zu vermeiden. Man hat dies dadurch erreicht, da\u00df man wiederholt w\u00e4hrend des Versuches den Wassergehalt dieser Nahrungsmittel bestimmte. Einfacher ist es, gleich zu Beginn der Versuchsreihe soviel Portionen, wie voraussichtlich gebraucht werden, von dem Vorrat abzuwiegen und in geeigneten Gef\u00e4\u00dfen aufzubewahren. \u00c4hnlich empfiehlt es sich, bei Versuchen an gr\u00f6\u00dferen Pflanzenfressern das Heu in geh\u00e4ckseltem Zustande zu verwenden und auch hiervon die Tagesrationen f\u00fcr die ganze Versuchsreihe abzuwiegen und in Beuteln luftig aufzuheben.\nDas gew\u00f6hnliche Brot eignet sich wegen der Schwierigkeit der Konservierung sehr wenig zu l\u00e4ngeren StoffwechselVersuchen. In neuerer Zeit wird geschnittener Pumpernickel in B\u00fcchsen konserviert von einigen Fabriken geliefert. Wenn man ein solches Pr\u00e4parat von zweifellos demselben Ausgangsmaterial sich verschafft, kann es im Stoffwechsqlversuche verwandt werden, soweit man Brot von so schlechter Ausnutzung, wie es Pumpernickel ist, \u00fcberhaupt benutzen will. Bei anderen Broten bedingt, abgesehen von der schlechten Haltbarkeit, die sehr wechselnde Zusammensetzung aus Krume und Kruste so wesentliche Differenzen, da\u00df man von ihrer Verwendung absehen mu\u00df. Wenn der Versuchsplan die Notwendigkeit der Aufnahme von Brot bedingt, ist es das beste, dasselbe selbst aus den gewogenen Ingredienzien zu bereiten, so da\u00df man mit Genauigkeit bestimmen kann, wieviel Mehl, Zucker, Salz etc. in der Tagesportion enthalten ist. Die kleinen, mit Gas geheizten, zu Untersuchungen von Backwaren benutzten Back\u00f6fchen k\u00f6nnen zu derartiger Brotbereitung bequem verwendet werden. In den meisten F\u00e4llen wird man zweckm\u00e4\u00dfig als Brotersatz Cakes und","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"Die Ern\u00e4hrung beim Stoffwechselversuch.\n47\nZwieback verwenden. Im Laboratorium von Tigerstedt wurde vielfach das schwedische Kn\u00e4ckebrot benutzt. Wir verwandten von einer gr\u00f6\u00dferen Firma bezogene Cakes, die man nach Geschmack aussuchen, und bei denen man erfahrungsgem\u00e4\u00df auf eine au\u00dferordentlich gleichm\u00e4\u00dfige Zusammensetzung rechnen kann.\nAls Gem\u00fcse eignen sich zu Stoffwechselversuchen nur die verschiedenen Formen von D\u00f6rrgem\u00fcsen. Die Zubereitung macht insofern etwas M\u00fche, als das Gem\u00fcse vor dem Kochen ziemlich lange geweicht werden mu\u00df. Jedes zu verwendende Gem\u00fcse mu\u00df vorher in bezug auf seinen Geschmack gepr\u00fcft sein. Man macht in der Hinsicht oft unangenehme Erfahrungen. Besonders empfehlen m\u00f6chten wir Kartoffelflocken, Schoten, Schneidebohnen, Mohrr\u00fcben. Zu vermeiden sind wegen der Schwierigkeit der Analyse nicht nur, sondern auch wegen der wechselnden Mengen von Abf\u00e4llen die verschiedenen Obstarten. Als guter Ersatz derselben bieten sich uns konservierte Fruchts\u00e4fte und Marmeladen. Bei den letzteren hat man aber auf gute Durchmischung des Materials zu achten.\nAuch Schokolade ist wegen ihrer Haltbarkeit und gleichm\u00e4\u00dfigen Zusammensetzung gut zu benutzen. Man wird nur daran denken m\u00fcssen, da\u00df sie ziemliche Mengen unverdaulichen Stickstoffs enth\u00e4lt.\nVon animalischen Produkten hat man vielfach mit gutem Erfolg die im Handel befindlichen Dauerwaren, Wurst, Schinken, benutzt. Bei Verwendung von Schinken bedarf es gro\u00dfer Sorgfalt in der Entfernung von Fettpartikelchen und der Vermeidung der st\u00e4rker getrockneten Randschichten. W\u00fcrste liefern im allgemeinen bessere Resultate, wenn man nur die hier ziemlich gro\u00dfe Gefahr des Austrocknens vermeidet. Ein sehr gleichm\u00e4\u00dfiges Fleischpr\u00e4parat, das auch wegen seiner appetitanregenden Wirkung empfehlenswert ist, stellen die G\u00e4nseleberpasteten und \u00e4hnliche Pr\u00e4parate dar. Auch hier mu\u00df nat\u00fcrlich f\u00fcr die ganze Versuchsreihe ein einheitlich gemischtes Ausgangsmaterial verwandt wrnrden. Die Hauptmasse des Bedarfs an Fleisch deckt man zweckm\u00e4\u00dfig mit gehacktem Material, das man des h\u00f6heren Wohlgeschmacks wegen aus Rindfleisch (etwa 2 Teile) und Schweinefleisch (etwa 1 Teil) mischt. Von der sorgf\u00e4ltig durchgearbeiten Masse wiegt man die Tagesportionen ab, br\u00e4t sie mit genau abgewogenen Mengen guter Butter und bringt sie in Konservenb\u00fcchsen, welche sofort sterilisiert werden. Auch die im Handel befindlichen Rexschen respektive Weckschen Konservengl\u00e4ser, deren Deckel mit Gummiringen aufgedichtet werden, eignen sich vorz\u00fcglich f\u00fcr diesen Zweck. Zum Genu\u00df wird das Fleisch, wenn man es warm genie\u00dfen will,- mit der Konservenb\u00fcchse in einem Wasserbade erw\u00e4rmt.\nEier eignen sich wenig zu Stoffwechselversuchen, da sie, auch wenn man sie vom selben H\u00fchnerhofe bezieht, Unterschiede in der Zusammensetzung aufweisen. Es gibt k\u00e4ufliche, pulverf\u00f6rmig getrocknete Eidotterpr\u00e4parate von ziemlich gutem Geschmack, die als Ersatz frischer Eier verwertet werden k\u00f6nnen.\nMilch verwenden wir am liebsten so, da\u00df wir von einer gr\u00f6\u00dferen Menge die Tagesportionen in Flaschen abf\u00fcllen und bei 102\u00b0 sterilisieren. Man kann auch die k\u00e4ufliche kondensierte Milch benutzen.\nButter ist nur als sogenanntes Schmalz oder nach sehr reichlichem Salzzusatz l\u00e4ngere Zeit haltbar. Will man auf frische Butter nicht verzichten,","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nW. Caspari und K. Zuntz, Stoffwechsel.\nso sind von jeder Portion gesonderte Analysen notwendig, da namentlich der Wassergehalt recht erheblich variiert.\nVon K\u00e4sen eignen sich am besten die pulverf\u00f6rmigen (etwa Parmesank\u00e4se), von denen man die Tagesportioneil auf einmal abwiegt und in geschlossenen B\u00fcchsen aufhebt. Trockene K\u00e4searten (Schweizer, Chester) k\u00f6nnen auch in St\u00fccken verwandt werden, wenn man dieselben m\u00f6glichst von der Luft abgesperrt aufbewahrt.\nDie verschiedenen alkoholischen Getr\u00e4nke bereiten bei ihrer Haltbarkeit und leichten Abme\u00dfbarkeit dort, wo sie verwandt werden sollen, keine Schwierigkeiten.\nAus dem Gesagten geht hervor, da\u00df uns eine gen\u00fcgende Mannigfaltigkeit an Speisen f\u00fcr den Versuch am Menschen zur Verf\u00fcgung steht, um St\u00f6rungen des Appetits durch Monotonie der Kost zu vermeiden. Nat\u00fcrlich mindert sich die analytische Arbeit, und es w\u00e4chst die Genauigkeit des Versuches, je mehr man den Speisezettel beschr\u00e4nkt. Es bedarf wohl nicht der Erw\u00e4hnung, da\u00df die Kost um so einfacher gew\u00e4hlt werden kann, je k\u00fcrzer der Versuch ist. Eine so gro\u00dfe Mannigfaltigkeit, wie sie Atwater und Benedict, sowie Chittenden gew\u00e4hlt haben, scheint uns in jedem Falle vermeidbar.\nAls Appetitanregungsmittel haben sich uns. besonders Senf, Fleischextrakt und Maggibouillon bew\u00e4hrt.\t.\nBesondere Schwierigkeiten bereitet die Analyse der Nahrung des S\u00e4uglings, wenn derselbe Muttermilch erhalten soll. Die im Verlaufe eines Saugaktes entleerte Milch ist bekanntlich von sehr wechselnder Zusammensetzung. Man kann die dadurch bedingten Unsicherheiten umgehen, wenn man die Milch der Mutter absaugt und sie dem Jungen mittels der Saug-fiasche verabreicht, nachdem man eine Durchschnittsprobe zur Analyse genommen hat. Andererseits kann man auch das Trinken des Jungen von Zeit zu Zeit unterbrechen und kleine Proben aus der Milchdr\u00fcse entnehmen, so da\u00df man in dem Analysenmaterial Milch aus den einzelnen Phasen des Saugaktes besitzt. Die Menge der aufgenommenen Milch wird durch W\u00e4gen des S\u00e4uglings vor und nach der Nahrungsaufnahme festgestellt. Nimmt man in der eben gekennzeichneten Weise Einzelproben, so erh\u00e4lt man die gr\u00f6\u00dftm\u00f6gliche Genauigkeit, wenn man nach jeder Probeentnahme eine W\u00e4gung vornimmt und der Gr\u00f6\u00dfe der einzelnen Milchaufnahme entsprechend aliquote Teile der abgemelkten Milch zur Analysenprobe verwendet.\nBei Tieren, die, wie z. B. Schweine, sich schwer melken lassen, kann man nach dem Vorg\u00e4nge von Zuntz bei.den Jungen \u00d6sophagusfisteln an-legen, die bei der \u201eScheinf\u00fctterung\u201c freilich mit Speichel vermischt, abflie\u00dfende Milch quantitativ auffangen und analysieren.\nBei Versuchen an Fleischfressern kann man die Nahrung in derselben Weise konservieren, wie wir dies f\u00fcr den Stoffwechselversuch am Menschen besprochen haben. Hier sind aber auch die besseren Sorten des Fleischmehls, wie sie sich im Handel als Viehfutter finden, verwendbar, besonders wenn man gemischte Kost gibt, also das Fleischmehl mit Reis und Fett zusammen kocht. In l\u00e4ngeren Versuchsreihen mu\u00df nur der Salzarmut des Fleischmehls Rechnung getragen werden. (Vergl. S. 50.)\nBeachtung mu\u00df man, besonders bei Hunden und Katzen, auch der Konsistenz der Nahrung zuwenden. Dieselbe soll nicht allzu d\u00fcnnbreiig","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"Die Ern\u00e4hrung beim Stoffwechselversuch.\n49\nsein. Wenn es der Versuchsplan gestattet, ist es empfehlenswert, den Tieren entweder t\u00e4glich oder in gewissen Zwischenr\u00e4umen (bei der Abgrenzung der verschiedenen Versuchsperioden) kleine Mengen Knochen zu verabreichen (vgl. S. 40). Abgesehen von den Knochen eignet sich zur Anregung des Appetits bei Hunden besonders Fleischextrakt, aber auch Zucker, falls das Tier an dessen Aufnahme gew\u00f6hnt ist. Schlecht schmeckende Substanzen werden leicht in Hackfleisch oder auch in Gelatinekapseln eingeh\u00fcllt verschluckt. Wenn das nicht angeht, gibt man sie durch die Schlundsonde und l\u00e4\u00dft wo m\u00f6glich unmittelbar nachher, um das Erbrechen zu verh\u00fcten, Fleisch oder andere wohlschmeckende Substanzen fressen.\nBesondere Sorgfalt ist der Vermeidung von Resten zuzuwenden. Die Konservenb\u00fcchsen m\u00fcssen aufs sorgf\u00e4ltigste ausgekratzt werden. Bleiben Reste zur\u00fcck, so gen\u00fcgt es in der Regel nicht, dieselben zur\u00fcckzuwiegen, vielmehr m\u00fcssen sie in Hinsicht auf die wichtigsten Bestandteile (Stickstoff und Brennwert) analysiert werden.\nDasselbe gilt vom Rauhf\u00fctter bei den Pflanzenfressern, da hier die Reste meist sehr erheblich von der durchschnittlichen Zusammensetzung des Futters abweichen. H\u00e4ufig gelingt es, solche Reste fein zerschnitten mit dem Futter des n\u00e4chsten Tages zur Aufnahme zu bringen.\nBei Hunden kommt Erbrechen nach hastiger Nahrungsaufnahme sehr h\u00e4ufig vor, und die Tiere fressen das Erbrochene, wenn es ihnen zug\u00e4nglich bleibt, meist verlustlos wieder auf. Wo daher Erbrechen zu bef\u00fcrchten ist, sollte man die Hunde einige Zeit nach der Nahrungsaufnahme au\u00dferhalb des Stoffwechselk\u00e4figs unter Beobachtung halten, damit nicht das Erbrochene durch die St\u00e4be des Stoffwechselk\u00e4figs hindurchf\u00e4llt.\nBei Versuchen an Fleischfressern ist es im allgemeinen \u00fcblich, die Tagesrationen in einer Mahlzeit zu geben. Das hat den Vorteil, da\u00df am Schlu\u00df der 24st\u00fcndigen Periode die Verdauung und die Ausscheidung der stickstoffhaltigen Produkte abgeschlossen ist. Bei Substanzen, welche den Darm st\u00e4rker reizen oder deren Volumen besonders gro\u00df ist, mu\u00df man aber die Tagesportionen auf mehrere Mahlzeiten verteilen.\nDer Begriff \u201eausreichende Ern\u00e4hrung\u201c endlich besagt nicht nur, da\u00df eine gen\u00fcgende Menge an Eiwei\u00df in der Nahrung vorhanden ist, da\u00df der Brennwert gen\u00fcgend ist, um die Ausgaben des Tieres zu decken, er verlangt auch, da\u00df in der Gesamtzusammensetzung die einzelnen Bestandteile der Nahrung derartig gemischt sind, wie es dem Wohlbefinden des Tieres entspricht. Es braucht wohl kaum erw\u00e4hnt zu werden, da\u00df uns die spezielle Fragestellung h\u00e4ufig zwingt, gerade von dieser Forderung Abstand zu nehmen.\nGanz besonders mu\u00df man sein Augenmerk in dieser Beziehung auch darauf richten, da\u00df dem betreffenden Versuchstier die Aschenbestandteile, deren es zur Ern\u00e4hrung bedarf, in gen\u00fcgendem Ma\u00dfe zugef\u00fchrt werden. Wir haben hierbei gar nicht die schweren Sch\u00e4digungen der Gesundheit im Auge, wie sie zum Beispiel von Aron1) an kalkarm ern\u00e4hrten jungen Hunden nachgewiesen sind. Hier sind Ursache und Wirkung so manifest,\n1) H. Aron und R. Sebauer, Untersuchungen \u00fcber die Bedeutung der Kalksalze f\u00fcr den wachsenden Organismus. Bioehem. Zeitschr. 1908, Bd. VIII, S. 1.\nTigerstedt, Handb. d. phys. Methodik I, 3.\t4","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nda\u00df sie einem sorgf\u00e4ltigen Experimentator kaum entgehen k\u00f6nnen. Viel wichtiger sind die geringeren St\u00f6rungen des Stoffwechsels, die auf mangelhafte oder unzweckm\u00e4\u00dfige Mineralzufuhr zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, wie Appetitlosigkeit und schlechte Resorption der Mahlung. Das Fleisch enth\u00e4lt nur minimale und f\u00fcr den Bedarf selbst eines erwachsenen Tieres nicht ausreichende Kalkmengen. Unter nat\u00fcrlichen Bedingungen verschafft sich der Hund das Fehlende durch den Genu\u00df von -Knochen. . Wenn wir die Stoffwechselperioden durch Knochenf\u00fctterungen abgrenzen, ist hierdurch dem Salzbed\u00fcrfnis des Tieres gen\u00fcgt. Wenn wir eine besonders aschenarme Nahrung, z. B. ausgekochtes Fleisch oder Fleischmehle verf\u00fcttern, empfiehlt es sich, eine Salzmischung von der ungef\u00e4hren Zusammensetzung der normalen Fleischasche unter Zuf\u00fcgung von etwas b'asisch kohlensaurem Kalk der t\u00e4glichen Nahrung zuzumischen. Es werden hierdurch manche Verdauungsst\u00f6rungen vermieden. Wir benutzen folgendes Rezept f\u00fcr die Zubereitung der Salzmischung, von der etwa eine Messerspitze t\u00e4glich verabreicht wird:\nP04K2H..............45%\nP04MgH..............20%\nCINa..........\u2022 \u2022 10%\nCaC03 . . ......... 24%\nFe203 ...............1%\n100%\nBesonders wichtig ist die Salzzufuhr auch bei den Herbivoren, deren Nahrung an Kalisalzen sehr reich, dagegen arm an Natronsalzen ist. Hier empfiehlt es sich, Kochsalz in Form von Lecksteinen zu verwenden.\nAu\u00dferordentlich erleichtert wird die Anstellung von Stoffwechselversuchen, wenn man von vornherein das zur Erhaltung des Tieres auf seinem Best\u00e4nde n\u00f6tige Futterquantum verwendet. In bezug auf den N-Gehalt des Futters ist ein gro\u00dfer, je nach den speziellen Bed\u00fcrfnissen des Versuches wechselnder Spielraum gestattet, wenn nur das Minimum von etwa 0,3 g N pro Kilo bei Hunden, 0,2 g bei Menschen, 0,1 g bei gro\u00dfen Herbivoren gewahrt bleibt. Der zur Erhaltung n\u00f6tige Energiebedarf variiert zwar nicht unerheblich je nach der Lebhaftigkeit des Tieres, er geht aber doch sehr ann\u00e4hernd der K\u00f6rperoberfl\u00e4che proportional, das hei\u00dft, er berechnet sich nicht aus dem K\u00f6rpergewicht, sondern aus dem Quadrat der 3. Wurzel dieses Gewichtes. Wenn wir das Gewicht des Tieres mit p bezeichnen, dann ist der Verbrauch eines beliebigen Tieres dividiert durch p2/3 im Zustande absoluter Ruhe nach den Refspirationsyersuchen von Zuntz und seinen Mitarbeitern =90\u2014100 Kal. Dieser Verbrauch erf\u00e4hrt nat\u00fcrlich eine Steigerung durch die Bewegungen des Tieres und durch die Verdauungsarbeit. F\u00fcr ein nicht zu eiwei\u00dfreiches Erhaltungsfutter k\u00f6nnen wir den wirklichen Verbrauch eines im K\u00e4fig bei behaglicher W\u00e4rme gehaltenen Hundes zu 120 Kal. f\u00fcr die der Oberfl\u00e4cheneinheit entsprechende Tiermasse veranschlagen. Wir k\u00f6nnen daher f\u00fcr ein beliebiges Tier vom Gewichte p den Erhaltungsverbrauch berechnen, indem wir p2/3 mit 120 multiplizieren. Wir verf\u00fcgen \u00fcber eine gen\u00fcgende Anzahl von Versuchen, welche die Richtigkeit dieser Rechnungsweise best\u00e4tigt haben.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"Die Ern\u00e4hrung heim Stoffwechselversuch.\n51\nDiese Berechnungsweise ergibt auch f\u00fcr den Menschen einigerma\u00dfen verwendbare Werte. Nat\u00fcrlich haben dieselben nur dann G\u00fcltigkeit, wenn irgendwie erhebliche k\u00f6rperliche Arbeit nicht geleistet wird, denn durch diesen Faktor wird ja der Stoffwechsel des Organismus enorm gesteigert. Diese Steigerung des Energieverbrauchs und die dadurch notwendige Erh\u00f6hung der Nahrungszufuhr ist in allen den F\u00e4llen leicht in Rechnung zu stellen, in denen die Versuchsobjekte sich abgesehen von der Zeit, in der sie me\u00dfbare Arbeit leisten, ruhig verhalten. Dies erreichen wir bei Tieren, indem wir dieselben w\u00e4hrend der Ruhestunden in verh\u00e4ltnism\u00e4\u00dfig engen Stoffwechselk\u00e4figen halten, und dadurch w\u00e4hrend dieser Zeit f\u00fcr eine geringe Regsamkeit des Tieres sorgen, w\u00e4hrend wir die Arbeit an einem der Apparate leisten lassen, die uns eine quantitative Messung derselben gestatten. Es ist daher z. B. bei derartigen Versuchen an Hunden vorzuziehen, die oben beschriebenen Stoffwechselk\u00e4fige aus Holz zu benutzen, in denen die Tiere au\u00dferhalb der Arbeitszeit sich meist sehr ruhig verhalten, da ihre Aufmerksamkeit durch Vorg\u00e4nge in ihrer Umgebung wenig erregt wird. Viel schwieriger sind diese Bedingungen bei den gro\u00dfen Herbivoren zu erf\u00fcllen, da eine Bel\u00e4stigung durch Insekten etc. und dadurch bedingte Unruhe und Abwehrbewegungen der Tiere nur schwer zu vermeiden ist. Doch gelingt dies, wenn man T\u00fcren und Fenster des Stalles sorgf\u00e4ltig geschlossen h\u00e4lt, die notwendige Ventilation durch Einsetzen von Gazerahnien in T\u00fcr-und Fenster\u00f6ffnungen bewirkt und reichlich Fliegenleim und \u00e4hnliche Hilfsmittel anwendet. Von zu beachtenden Momenten spielt ferner die . Temperatur eine gro\u00dfe Rolle, da bei zu niedriger Temperatur durch die chemische W\u00e4rmeregulation, bei zu hoher durch die physikalische eine Steigerung des Stoffwechsels bedingt wird. Die indifferente Temperatur liegt um so niedriger, je gr\u00f6\u00dfer das Tier ist. F\u00fcr Kaninchen und kleine Hunde liegt sie nach Rubner1) bei 30\u00b0 C., f\u00fcr Rinder2) und Pferde3) bei etwa 15\u00b0 C., f\u00fcr den Menschen h\u00e4ngt sie nat\u00fcrlich von der Art der Kleidung ab. Man benutzt zweckm\u00e4\u00dfig die in neuerer Zeit recht vollkommen von der Technik gelieferten Gas\u00f6fen mit Temperaturregulator zur Heizung des Versuchsraumes. Vollkommene Konstanz der Temperatur desselben erzielte Rubner, indem er die Tiere in sein Kalorimeter verbrachte.\nFerner wird sich die Gr\u00f6\u00dfe des Stoffwechsels abh\u00e4ngig erweisen von dem Temperament der Tierart sowohl wie des einzelnen Individuums. Es wird daher z. B., gleiche St\u00e4rke der St\u00f6rung vorairsgesetzt, die Steigerung erheblicher sein bei dem lebhaften Pferde als bei dem ruhigen Rinde. So fand sich bei einem Pferde, welches im Respirationskasten des Petten-koferschen Apparates von einigen Fliegen beunruhigt wurde, eine Steigerung des Stoffumsatzes um 10,8 \u00b0/0 des Normalwertes4). Noch schwerer ist es, beim Menschen den Mehrverbrauch zu sch\u00e4tzen, den die gew\u00f6hn-\n1)\tRubner, Gesetze des Energieverbrauchs bei der Ern\u00e4hrung. Leipzig u. Wien 1902 S. 315 ff.\n2)\tHenneberg und Stohmann, Neue Beitr\u00e4ge zur rationellen F\u00fctterung.\n3)\tZuntz und Hagemann, Stoffwechsel des Pferdes. Landwirtschaftliche Jahrb\u00fccher, Bd. XXVII, 1898, Erg\u00e4nzungsband III, S. 266.\n4)\tZuntz, Hagemann und Lehmann, Landwirtschaftl. Jahrb\u00fccher Vol. XXIII, S. 161.\n4*","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52\nW. C\u00e4spari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nliehe T\u00e4tigkeit bedingt. Nicht nur ist die Gesamtarbeitsleistung auch bei anscheinend sehr \u00e4hnlicher T\u00e4tigkeit eine sehr wechselnde, auch das Temperament des betreffenden Menschen spielt hier augenscheinlich eine ausschlaggebende Rolle *). Man kann demnach in derartigen F\u00e4llen eine Nahrungszufuhr, die die Bed\u00fcrfnisse der Versuchsperson deckt, von vornherein h\u00e4ufig nur schwer mit Sicherheit angeben. Dies ist ja einer der Gr\u00fcnde, weshalb eine Vorperiode unbedingt notwendig ist, in der man eine etwaige Korrektur der Nahrungszufuhr vornehmen kann. Zu reichliche oder zu geringe Nahrungszufuhr braucht nat\u00fcrlich nicht den Versuch illusorisch zu machen, immerhin erschwert sie h\u00e4ufig die Deutung der gewonnenen Versuchsresultate.\nMan hat, um die ungef\u00e4hre Gr\u00f6\u00dfe der schwer me\u00dfbaren Arbeit festzustellen, die Versuchsindividuen mit einem Schrittmesser versehen. Doch sind diese Instrumente sehrwechselnd in ihrer Empfindlichkeit. Auch ist ja der Mehrverbrauch f\u00fcr Stehen undBewegung der oberen Extremit\u00e4ten oft ein recht erheblicher. Man hat daher den Schrittmesser nur als unvollkommenes Hilfsmittel anzusehen.\nUm so genauer k\u00f6nnen wir bei Regelung der Nahrungszufuhr die Arbeit in Rechnung stellen, welche wir zu messen imstande sind. Als solche Arbeit eignet sich am besten das Gehen. Zur Absch\u00e4tzung des Verbrauches hierf\u00fcr kommen f\u00fcr den Menschen folgende Zahlen in Betracht:\nDie mechanische Arbeitseinheit, 1 mkg, erfordert unter g\u00fcnstigen Arbeitsbedingungen etwa 7,5\u20148 kal. Ein Mensch, der mit Kleidern 80 kg wiegt, w\u00fcrde also, wenn er auf bequemer Stra\u00dfe 100 m hoch steigt, au\u00dfer dem Verbrauch, welchen der zur\u00fcckgelegte Weg, falls er eben w\u00e4re, erfordern w\u00fcrde, noch 80x100x7,5 kal. = 60 Kal. an chemischer Energie brauchen.\nD er Gang auf horizontaler Stra\u00dfe erfordert, je nachdem das Individuum mehr oder weniger geschickt marschiert1 2), 500\u2014600 kal. pro Kilogramm und 1000 m. Ein Mensch von 80 kg Gewicht w\u00fcrde also f\u00fcr 1000 m etwa 80x0,55 \u2014 44 Kal. brauchen, oder bei 75 m Minutengeschwindigkeit in jeder Minute 3,3 Kal., das ist etwa das Zweieinhalbfache des Verbrauchs in absoluter Ruhe. Wenn die Stra\u00dfe 10 \u00b0/0 Steigung hat, ist die Gesamtsteigerung des Verbrauchs f\u00fcr 1000 m Weg 44 -j- 60 = 104 Kal., oder bei der vorher an-\n104 x 75\ngenommenen Geschwindigkeit \u2014Jqqq\u201c = 7,8 Kal. pro Minute, 468 Kal. pro\nStunde; dies ist etwa die Grenze dessen, was ein mittelkr\u00e4ftiger Mensch l\u00e4ngere Zeit leisten kann.\nMit wachsender Geschwindigkeit bis zu 100 m in der Minute w\u00e4chst der Verbrauch pro 1 kg und 1000 m Weg. um 2,4 kal. f\u00fcr 1 Meter Geschwindigkeitszuwachs; \u00fcber 100 m in noch st\u00e4rkerem Verh\u00e4ltnisse.\nEbenso wie f\u00fcr die Geharbeit besitzen wir durch die Untersuchungen von Leo Zuntz3 *) ausreichende Unterlagen zur Verwendung des Radfahrens zum Zwecke einer genau dosierbaren Stoffwechselsteigerung.\n1)\tVgl. Loewy u. Fr. M\u00fcller, Beitr\u00e4ge zum Stoff- und Energieumsatz des Menschen. Archiv f\u00fcr (Anat. u.) Physiol. 1901, S. 316.\n2)\tJedes mechanische Hindernis, jede Schmerzhaftigkeit im Bereich der Muskeln, Sehnen, Gelenke, andererseits leichte Koordinationsst\u00f6rungen (beginnende Tabes) erh\u00f6hen den Stoffverbrauch beim Gehen sehr erheblich.\n3)\tL. Zuntz, \u00dcber den Gaswechsel und Energieumsatz des Radfahrers. Verlag\nHirschwald, Berlin 1899.","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"Apparate zur Messung der Arbeitsleistung.\n53\nEs betr\u00e4gt hierbei f\u00fcr einen 70 kg wiegenden Menschen der st\u00fcndliche Mehrverbrauch gegen\u00fcber absoluter Euhe: bei 9 km Weg in der Stunde...............................183 Kal.\n313\nund 3 \u00b0!n\n\u201e\t..............................571 \u201e\nSteigung..............................316 _\nv 15 \u201e 22\n\u00e4 ?\n\u201e 15 \u201e\t\u201e\t\u201e Gegenwind von 10m Sekundengeschwindigkeit 601\t*\nDer Verbrauch f\u00fcr Steigarbeit ist pro Meterkilogramm bei den bisher diesbez\u00fcglich untersuchten Tierarten (Pferd und Hund) ann\u00e4hernd gleich dem beim Menschen gefundenen Werte. Uber die auf der Tretbahn gefundenen Werte f\u00fcr die Horizontalbewegung bei diesen Tieren cf. S. 62. Nur wo das Versuchsindividuum sich frei bewegen kann, ist diese einfache Messung der Arbeit m\u00f6glich, apparate erforderlich.\nIn allen anderen F\u00e4llen sind gewisse Hilfs-\nApparate zur Messung der Arbeitsleistung.\nDie Apparate, welche hier in Betracht kommen, kann man in zwei Gruppen sondern, von denen die erste f\u00fcr die Stoffwechsel-Physiologie von geringerer Bedeutung ist, da sie eine andauernde Arbeitsleistung, bei der die Hauptmasse der Muskulatur des K\u00f6rpers t\u00e4tig ist, nicht gestattet. Das sind die Kraftmesser in ihren verschiedenen Formen.\nVon diesen ist das Collinsche Dynamometer viel in Gebrauch. (Fig. 32.) Es besteht aus einer Feder, welche in die Hohlfl\u00e4che der Hand passen soll. Der von der Hand ausge\u00fcbte Druck wird auf ein Zeigerwerk \u00fcbertragen und kann dort abgelesen werden. In\t32.\ngleicherweise kann auch die Zugkraft zweier Finger Dynamometer naeh ColIin' messend registriert werden. Der Apparat gibt aber\nselbst bei derselben Person sehr wechselnde Resultate, weil er nicht stets in genau gleicher Weise in der Handfl\u00e4che liegt. Da\u00df er f\u00fcr verschiedene Personen nicht vergleichbare Werte liefert, ist klar. Ein Apparat, der f\u00fcr die Hand des einen pa\u00dft, kann z. B. von der Hand eines anderen nicht gen\u00fcgend fest umspannt werden, so da\u00df bei gleicher Anstrengung und Kraftentwicklung ganz ungleiche Werte resultieren. Auch werden manche Personen durch Schmerzhaftigkeit des Druckes verhindert, ihre volle Kraft zu entfalten. Es ist daher folgende Ver\u00e4nderung des Dynamometers als ein wesentlicher Fortschritt zu betrachten: Die Federn werden von Hebeln umfa\u00dft, welche in zwei Platten f\u00fcr das Mittelglied des Zeigefingers und die Kuppe des Daumens enden.\nNach anderem Prinzip ist das Dynamometer von Ch. Henry1) gebaut. (Fig. 33.) Bei diesem Apparat wird durch Druck auf einen mit Quecksilber gef\u00fcllten Gummiballon das Quecksilber in einem Steigrohr emporgetrieben. Dabei wird ein Schwimmer mit gehoben, der die Gr\u00f6\u00dfe der Kompression anzeigt. Der Apparat kann auch, wie Fig. 33 zeigt, zur graphischen Registrierung verwandt werden. Er ist insofern besser als die\n1) Henry, Sur la mesure de l\u2019\u00e9nergie disponible par un dynamom\u00e8tre totaliseur-enregistreur. C. r. de l\u2019Aoad. des sciences, 20 mars 1905.","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\noben besprochenen Dynamometer, als die gesamten Muskelgruppen der Hand dabei in einer Form bet\u00e4tigt werden, die den physiologischen Verh\u00e4ltnissen wohl entspricht, vorausgesetzt, da\u00df man den mit Quecksilber gef\u00fcllten Ballon der Gr\u00f6\u00dfe der Hand anpa\u00dft.\nAuch in anderer Hinsicht leistet er wesentlich mehr als die anderen Dynamometer. Er eignet sich weit besser als diese zum Studium von Fragen der Leistungsf\u00e4higkeit bei verschiedener Ern\u00e4hrung, der Erm\u00fcdung, Erholung, Arznei- und Giftwirkung usw. Er gestattet n\u00e4mlich in der abgebildeten Form eine Wiederholung der Kompression in beliebigem Tempo oder auch ein Andauern der Kompression bis zur Ersch\u00f6pfung (statische Arbeit).\nDer klassische Apparat zum Studium derartiger Fragen ist der Ergo graph von Mosso r), von dem zahlreiche Modifikationen benutzt werden. Als arbeitenden Muskel w\u00e4hlte Mosso den flexor digiti III. Der Arm wird auf einer Unterlage so fest fixiert, da\u00df die \u00fcbrigen Muskeln der Hand und des Unterarms den erm\u00fcdenden Beuger des Mittelfingers nicht ' unterst\u00fctzen k\u00f6nnen. (Fig. 34\u201436.)\nDies wird erreicht durch zwei Hohlschienen (Fig. 34 C und D), welche das Handgelenk von beiden Seiten umgreifen, und durch zwei Fingerh\u00fclsen (E, F), die den Zeigefinger und Ringfinger fixieren. Zur weiteren Sicherung der Lage des Armes dienen \u00e4hnliche unterhalb des Ellenbogens angebrachte Hohlschienen und bei einem neuen, von Zimmermann konstruierten Apparat au\u00dferdem noch ein Halter, welcher von hinten gegen die R\u00fcckseite des Oberarmes angedr\u00fcckt wird, so da\u00df der Vorderarm zwischen diesem Halter und den Zylindern, welche Ring- und Zeigefinger umfassen, vollkommen unverr\u00fcckbar festgehalten wird. Figur 36 zeigt das Wesentliche der von Zimmermann ausgef\u00fchrten Verbesserungen, wobei noch darauf hingewiesen sei, da\u00df d^e Fingerh\u00fclsen der L\u00e4nge und Gr\u00f6\u00dfe nach verstellbar sind. Die Kontraktionen des Mittelfingers werden entweder als einzelne Erhebungen auf einem langsam 4-otierenden Kymographion registriert oder auf einer besonderen Schreibplatte, welche bei jedem Hub um ein gleiches St\u00fcck vorw\u00e4rts geschoben wird. Auf diese Weise kommt die sogenannte Erm\u00fcdungskurve zustande, von der Figur 37 ein Beispiel ist. Um\nFig. 33.\nDynamometer nach Henry.\n1) Mosso, \u00dcber die Gesetze der Erm\u00fcdung. Archiv f. (Anat. u.) Physiol. 1890, S. 89 und : Die Erm\u00fcdung. Aus dem Italienischen \u00fcbersetzt von J. Glinzer, Leipzig 1892.","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"Apparate zur Messung der Arbeitsleistung.\n55\ndie Gesamtleistung des Fingers bis zur totalen Erm\u00fcdung zu summieren, bedient man sich auch eines Bandma\u00dfes, welches bei jeder Verk\u00fcrzung des\nMg. 34.\nFixations Vorrichtung f\u00fcr Arm und Finger beim Ergographen Mossos.\nFingers durch den Schreibschlitten mitgenommen wird, w\u00e4hrend dieser bei seiner R\u00fcckkehr in die Ruhelage am Band yorbeigleitet i).\nMg. 35.\nMossos Ergograph. Totalansicht.\nVon den anderen zahlreichen Modifikationen des vonMosso angegebenen Prinzips sei noch der Apparat von Dubois1 2) erw\u00e4hnt, bei welchem der Zeigefinger die Arbeit ausf\u00fchrt, und die \u00fcbrigen Finger dadurch festgelegt\n1)\tSchumburg, Deutsche milit\u00e4r\u00e4rztliche Zeitschrift 76 und Zeitschrift f\u00fcr di\u00e4tetische und physikalische Therapie 1899, Bd. II, Heft 3.\n2)\tSchnyder, Alkohol und Muskelarbeit. Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. 93.","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nW. Caspari und X. Zuntz, Stoffwechsel.\nsind, da\u00df sie einen Holzpflock umspannen (Fig. 38). Das Vorr\u00fccken der Schreibtafel (T) wird hier automatisch durch Eingreifen des Schalthebels x an der Zahnstange (Z) besorgt.\nSchon vor Mosso hatte Fick1) einen sehr brauchbaren Apparat zum Studium der Arbeitsleistung eines einzelnen menschlichen Muskels beschrieben. Der arbeitende Muskel ist in diesem Falle der abductor indicis, welcher gegen einen federnden Metallstab wirkt, dessen Biegung registriert wird.\nFick benutzte den Apparat haupts\u00e4chlich zur Bestimmung der absoluten Muskelkraft und zum Vergleich der Leistung bei willk\u00fcrlicher und durch elektrische Nervenreizung bewirkter Kontraktion. Der Apparat ist aber \u2018 nat\u00fcrlich auch f\u00fcr alle Zwecke brauchbar, f\u00fcr die der Mosso sehe Ergograph dient. Eine billige und zweckm\u00e4\u00dfige Modifikation, welche sowohl\nFig. 36.\nFixierungsVorrichtung des von Zimmermann modifizierten Mosso sehen Ergographen.\nisometrische wie isotonische Arbeit zu messen gestattet, wird von der Harvard-Apparatus-Company in Boston zum Preise von nur 1,5 Dollar geliefert. (Fig. 39.)\nDen \u00dcbergang vom Ergographen zu den Instrumenten, bei denen erhebliche Muskelarbeit geleistet wird, bildet der Arm Ergograph von Treves2).\nBei Stoffwechselversuchen kommt es h\u00e4ufig darauf an, gr\u00f6\u00dfere Arbeitsmengen zu leisten. Unter vorwiegende!- Benutzung der oberen Extremit\u00e4ten geschieht dies am einfachsten durch Drehung eines gebremsten Bades. Derartige Einrichtungen werden h\u00e4ufig zu Heilzwecken als \u00dcbungsapparate verwandt. Hierbei sind nat\u00fcrlich nicht so genaue Messungen der geleisteten Arbeit erforderlich wie bei der L\u00f6sung physiologischer Aufgaben. Das einfachste Modell derartiger Apparate ist wohl der G\u00e4rtnersche Er-gostat. Derselbe stellt ein durch eine Kurbel drehbares Bremsrad dar; das Bad ist von einem Metallbande umgriffen, das mittels einer Beihe von Holzkl\u00f6tzen die n\u00f6tige Beibung besorgt; die Spannung dieses Bremsbandes wird durch ein auf einer Schiene verstellbares Gewicht geregelt. Die Schiene\n1) Fick, Myographiscke Versuche an lebenden Menschen. Pfl\u00fcgers Archiv Bd. 41, S. 176, 1887.\n21 Archives italiennes de biologie Bd. XXX, S. 1.\nFig. 37. Erm\u00fcdun gskurve.","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Apparate zur Messung der Arbeitsleistung.\n57\ntr\u00e4gt eine Teilung, welche die Arbeit pro Umdrehung direkt in Meterkilogrammen angibt; die Zahl der Umdrehungen wird durch einen Tourenz\u00e4hler registriert. Doch sind die Angaben des Instrumentes mit einem Fehler von\nPig. 38.\nErgo graph nach D nb o i s.\n25\u201430 % behaftet, und man mu\u00df zu physiologischen Zwecken den Apparat genau eichen f\u00fcr eine stets gleichbleibende Spannung des Bremsbandes und Schnelligkeit der Umdrehung. Die Eichung kann entweder durch Messung der die Kurbel drehenden Kraft mittels einer Federwage geschehen, oder genauer dadurch, da\u00df man auf der Achse des Bremsrades ein zweites Rad befestigt, um welches eine Schnur geschlungenist, die so lange mit Gewichten belastet wird, bis das in Bewegung befindliche Rad durch den Zug derselben in gleichm\u00e4\u00dfiger Geschwindigkeit erhalten wird. Dann ist die Arbeit einer Umdrehung in Meterkilogrammen gleich dem fallenden Gewicht (in Kilogramm) multipliziert mit dem von ihm Weg.\nDie gro\u00dfe Unsicherheit wird bei derartigen Apparaten dadurch bewirkt, da\u00df die Gr\u00f6\u00dfe der Reibung und damit der Arbeit je nach der Schmierung des Bremsbandes variiert. Sie wird geringer, wenn dieses sich im Laufe der Arbeit erw\u00e4rmt.\nPig. 39.\nErgograpli der Harvard-Apparatus-Company.\nbei einer Umdrehung des Rades zur\u00fcckgelegten","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nDie M\u00e4ngel des G\u00e4rtnerschen Apparates sind zuerst von Fick x) \u00fcberwunden worden. Sein Apparat ist im wesentlichen folgender (Fig. 40):\nEin eisernes Rad R von etwa 16 cm Halbmesser und einem Kranz von 6 cm Breite kann mittels einer auf seiner Achse A stehenden Kurbel mit beiden H\u00e4nden bequem gedreht werden.. Um den Kranz des Rades ist ein Gurt G mit der bei S angedeuteten Schnalle umgeschnallt.\nIn eine Ose 0 am frei herabh\u00e4ngenden Ende des Gurtes ist eine Feder F eingeh\u00e4ngt, deren anderes Ende mittels eines Hakens H am Sockel der Maschine befestigt ist. Wenn das Rad in der Richtung des Pfeiles gedreht wird, nimmt die Reibung den Gurt mit, wodurch die Spiralfeder gedehnt\nwird, bis ihre Spannung der Reibung Gleichgewicht h\u00e4lt. Die Spannung der Feder in Kilogramm ausgedr\u00fcckt gibt multipliziert mit dem Wege (in Metern), welchen irgend ein Punkt am Radkranze zur\u00fccklegt, die geleistete Arbeit in Meterkilogramm.\nMan kann einen mit 0 durch einen Hebel verbundenen Zeichenstift auf einen von der Achse A bewegten Papierstreif das Diagramm der Arbeit schreiben lassen.\nDer Apparat wurde von Tigerstedt bei Versuchen in seiner Respirationskammer benutzt.\nSp\u00e4ter hat Zuntz1 2) einen Apparat konstruiert, bei welchem automatisch daf\u00fcr gesorgt wird, da\u00df die Reibung des Bremsbandes konstant bleibt. Zur Bremsung dient ein das Rad umgebendes Metallband, welches sich in zwei horizontale Eisenbarren fortsetzt.\nFig. 40.\tDiese k\u00f6nnen durch eine Schraube s (Fig.41)\nDynamometer nach Fick. H. Haken, an mehr oder weniger einander gen\u00e4hert, und Detaung FamvhFaaasnSB\u201canSd\u2019\tdadurch die Spannung des Bremsbandes ge-\nArbeit mi\u00dft.\t\u00e4ndert werden. Das Ende der Eisenbarren\ntr\u00e4gt eine Wagschale, welche mit Gewichten beliebig belastet werden kann. Wenn man dann die Schraube s so einstellt, da\u00df das Gewicht bei der Umdrehung in horizontaler Stellung schwebend gehalten wird, so h\u00e4lt die Arbeit des Drehens dem Zuge des Gewichtes genau das Gleichgewicht. Die bei einer Umdrehung geleistete Arbeit ist also gleich dem Zuge des Gewichtes inklusive Wagschale und den dieselbe tragenden Eisemteilen, multipliziert mit dem Wege, welchen dieses Gewicht zur\u00fccklegen w\u00fcrde, wenn es die Umdrehung mitmachte. Nennen wir den Abstand der Wagschale von der Drehungsachse a, das ziehende Gewicht inklusive dem Moment der Eisenteile p, so ist die Arbeit einer Umdrehung = 2 a p jt.\nDas Moment der Eisenteile, welches vom Mechaniker auf dem Instru-\n1)\tEin zu physiologischen Untersuchungen verwendbares Dynamometer. Pfl\u00fcgers\nArchiv, Bd. 50, S. 189.\t-\t'\n2)\tArchiv f\u00fcr (Anat. und) Physiol. 1899, Suppl.. S. 39.","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Apparate zur Messung- der Arbeitsleistung.\n59\nmente angegeben wird, l\u00e4\u00dft sich leicht konti\u2019ollieren, indem man an der Aufh\u00e4ngestelle der Wagschale eine Federwage anbringt und mit Hilfe dieser bei vollkommen entspannter Schraube s den Zug dieser Masse in Grammen bestimmt. Betrage nun dieser Zug 1,8 kg, und sei au\u00dferdem ein Gewicht von 3 kg auf die Wagschale aufgelegt, so w\u00fcrde p = 4,8kg sein. Wenn dann der Abstand des Aufh\u00e4ngepunktes der Wagschale von der Achse 0,5 m betr\u00fcge, so w\u00e4re die Gesamtarbeit einer Umdrehung 2x0,5x 4,8x3,14 = 15,07 mkg.\nUm die, wie vorher erw\u00e4hnt, unvermeidli chen Ungleichheiten der Reibung des Bremsbandes zu beseitigen, dient eine Vorrichtung, welche dieses st\u00e4rker spannt, sobald das Gewicht unter die Horizontale sinkt, und es entspannt, wenn es \u00fcber dieselbe steigt. Zu diesem Zwecke sind die beiden das Bremsband spannenden Eisenbarren nahe der Wagschale durch ein Wattsches Parallelogramm verbunden und werden durch eine an dieses Parallelogramm angreifende Eisenstange r gespreizt, wenn die Wagschale sinkt, und zusammengedr\u00fcckt, wenn sie steigt.\nDa die Barren ihren Drehpunkt in der Schraube s haben, wird das Bremsband im entgegengesetzten Sinne verschoben, d. h., es wird st\u00e4rker gespannt, wenn die Schale f\u00e4llt, und entspannt, wenn sie steigt,).\nEine sehr primitive, aber auch vielfach angewandte Art der Arbeit mit den oberen Extremit\u00e4ten besteht in Hebung von Gewichten, gew\u00f6hnlich in der Art ausgef\u00fchrt, da\u00df man an dem einen Ende eines \u00fcber eine Rolle laufenden Seiles ein Gewicht anbringt, am anderen Ende zieht. So einfach die Art der Berechnung der geleisteten Arbeit zu sein scheint, so unsicher ist sie in Wirklichkeit. Wenn man das gehobene Gewicht langsam sinken l\u00e4\u00dft, so wird auch w\u00e4hrend des Sinkens eine erhebliche Muskelarbeit durch Halten des Gewichtes ausgef\u00fchrt. Ferner wird beim Heben des Gewichtes ein schwer zu bemessender Anteil desselben durch die Schwere des Annes, eventuell auch eines Teiles des Rumpfes \u00e4quilibriert. Die wirklich geleistete Arbeit kann also sehr viel geringer sein als das Produkt aus Gewicht und Hubh\u00f6he.\n0 Das Zuntzsche Bremsergometer ist durch den Mechaniker G. Voigt Berlin SW. Neuenburgerstr. 12 erh\u00e4ltlich.\nFig. 41.\nBrems ergo meter nach Zuntz.","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\nW. Cas pari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nRichtigere Resultate, erh\u00e4lt man jedenfalls, wenn man Gewichte, etwa in Form von Hanteln, aus freier Hand hebt, und das Senken der Gewichte durch einen Gehilfen besorgen l\u00e4\u00dft.\nF\u00fcr die Berechnung der Leistungsf\u00e4higkeit des menschlichen K\u00f6rpers haben die Ingenieure mehrfach die Arbeit an der Ramme benutzt, bei der bekanntlich der Rammklotz durch eine Anzahl Menschen, die im Takt arbeiten, gehoben und dann freigelassen wird. Wo es gilt, f\u00fcr Stoffwechsel-versuche gro\u00dfe Arbeitsleistungen von gut bekanntem Werte auszuf\u00fchren, ist diese Methode recht empfehlenswert.\nWie beim Rammen, wird auch beim Rudern die Arbeit der Arme durch die des Rumpfes, und besonders beim Rudern auf Rollsitz auch in erheblichem Ma\u00dfe durch die Beinmuskulatur unterst\u00fctzt. W\u00e4hrend aber bei der Rammarbeit die Arbeitsgr\u00f6\u00dfe selbst eine scharf pr\u00e4zisierte ist, besitzen wir beim Rudern keine M\u00f6glichkeit, die Arbeitsleistung auch nur einigerma\u00dfen genau in mechanischem Ma\u00dfe auszuwerten.\nDies gilt, wenn auch nicht in gleichem Umfange, f\u00fcr jene gymnastischen Apparate, in welchen der Widerstand des Wassers durch gespannte Federn ersetzt wird.\nDer weitaus vollkommenste Apparat zur Leistung mannigfacher, genau dosierbarer und me\u00dfbarer Arbeit mit den oberen Extremit\u00e4ten ist der von Johansson1) angegebene Arbeitsapparat, mit Hilfe dessen er und seine Sch\u00fcler zahlreiche Untersuchungen \u00fcber den Einflu\u00df statischer und mechanischer Arbeit der oberen Extremit\u00e4ten auf den Stoffwechsel ausgef\u00fchrt haben. Wegen der Einzelheiten der Konstruktion des in Figur 42 dargestellten Apparates mu\u00df auf die Originalarbeit verwiesen werden. Hier wollen wir nur erw\u00e4hnen, da\u00df der Apparat die weitgehendsten Variationen in bezug auf Hubh\u00f6he und Gr\u00f6\u00dfe des zu hebenden Gewichtes gestattet, da\u00df er ferner es erm\u00f6glicht, ausschlie\u00dfliche Hebung und ausschlie\u00dfliche Senkung des Gewichtes durch den Experimentator zu bewirken, w\u00e4hrend die Maschine die entgegengesetzte Wirkung selbstt\u00e4tig leistet. Auch die Geschwindigkeit der Arbeitsleistung wird bei dem Apparat aufs genaueste kontrolliert. Ebenso erm\u00f6glicht derselbe, Gewichte eine beliebig lange Zeit durch Muskelkraft in der Schwebe zu halten. (Statische Arbeit.)\nDie \u00e4ltesten Einrichtungen zur Messung der Arbeit der unteren Extremit\u00e4ten bei Versuchen, welche eine freie Ortsver\u00e4nderung nicht gestatten, schlie\u00dfen sich an die Tretr\u00e4der an, die fr\u00fcher zur Bewegung von Maschinen benutzt wurden. Solche Tretr\u00e4der sind vielfach gebraucht worden, so von Hirn2) in seinen Untersuchungen \u00fcber die W\u00e4rmeproduktion des arbeitenden Menschen, und von Voit3). Chauveau4) hat nicht wie Hirn das Tretrad\n1)\tJohansson, Skand. Archiv f\u00fcr Physiologie 1901, Bd. XI, S. 273 und Hygiaea,\nStockholm 1898, S. 1.\t'\n2)\tRecherches exp\u00e9rimentales sur l\u2019\u00e9quivalent de la chaleur. Kolmar 1858.\n3)\tVoit, Untersuchungen \u00fcber den Einflu\u00df des Kochsalzes, des Kaffees und der Muskelbewegung auf den Stoffwechsel. M\u00fcnchen 1860.\n4)\tChauveau, Le prolongement, chez le sujet aliment\u00e9 du processus de d\u00e9pense \u00e9nerg\u00e9tique de l\u2019\u00e9tat d\u2019inanition, d\u2019apr\u00e8s les \u00e9changes respiratoires pendant le travail. Cinquantenaire de la soci\u00e9t\u00e9 de Biologie. Paris 1899.","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Apparate zur Messung der Arbeitsleistung.\n61\nin den Respirationsapparat eingebaut, vielmehr das vollkommen verschlie\u00dfbare Rad selbst, in dessen Innern das Tier lief, als Atemkammer benutzt, und durch die Achse ventiliert. Eine solche Methode d\u00fcrfte auch jetzt noch vorteilhaft verwendbar sein. Es ist nur n\u00f6tig, da\u00df der Durchmesser des Rades im Verh\u00e4ltnis zur Gr\u00f6\u00dfe des Tieres recht erheblich sei, da sonst\nD\nFig. 42.\nArbeitsapparat nach Johansson.\ndas Tier nicht notwendig die volle Arbeit, welche dem Begehen der ganzen Peripherie des Rades entspricht, leistet.\nDiese Ungenauigkeit in der Messung der Arbeit wird vermieden durch die in neuerer Zeit gebr\u00e4uchliche Tretbahn, bei der das Tier oder der Mensch auf der oberen Fl\u00e4che einer durch passende R\u00e4der in Spannung gehaltenen und angetriebenen Ellipse sich bewegt. Mit Hilfe einer solchen","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nTretbahn lassen sich die verschiedenen Bewegungen ohne Ortsver\u00e4nderung ausf\u00fchren und ihrer Gr\u00f6\u00dfe nach bestimmen. Der Antrieb der Tretbahn kann durch das Tier selbst hervorgerufen oder einer Maschine \u00fcberlassen werden. Ferner sind .die vollkommeneren Tretbahnen so eingerichtet, da\u00df man ihnen eine beliebige Neigung gegen den Horizont geben kann. Nur wenn die Bahn durch einen Motor getrieben wird, ist freie Bewegung des Tieres in horizontaler Richtung oder bergab m\u00f6glich. Der Gang auf einer durch einen Motor bewegten, horizontal gestellten Tretbahn ist nicht wesentlich verschieden in bezug auf die aufzuwendende Muskelarbeit von der freien Bewegung auf horizontaler Strecke. Der Energieverbrauch betr\u00e4gt bei derartiger Horizontalarbeit f\u00fcr einen Menschen mittlerer Gr\u00f6\u00dfe wie beim freien Gang auf ebener Stra\u00dfe 0,55 Kal; pro Kilogramm und 1000 Meter, f\u00fcr Pferde von etwa 450kg Gewicht wurde er vonZuntz und Hagemann zu 0,336 Kal. bei 78 m Minutengeschwindigkeit bestimmt. Er w\u00e4chst zwischen 78\u201498 m um 0,0035 kal. pro Meter Geschwindigkeit.\nBeim Hunde ist der Verbrauch f\u00fcr den horizontalen Gang je nach der K\u00f6rpergr\u00f6\u00dfe sehr verschieden1). Er verh\u00e4lt sich fast proportional der K\u00f6rperoberfl\u00e4che und betr\u00e4gt dividiert durch p2/3 (vgl: S. 50.) pro 1 m Weg rund 4 kal. Wir werden daher bei einem Hunde von 14,2 kg Gewicht f\u00fcr 1000 m horizontalen Weges einen Verbrauch zu rechnen haben von 14,22/sxl000x4kal.=23,5Kal., was allerdings gegen\u00fcber dem Tagesverbrauch eines solchen Hundes bei mittlerer Kost und Ruhe (14,2 2/3x 120 = 704 Kal.) wenig in Betracht kommt. Nur wenn ein Hund gr\u00f6\u00dfere Strecken bergauf steigt oder st\u00e4rkere Arbeit durch Zug leistet, wobei jedes Meterkilogramm 7\u20148 kal. erfordert, spielt die Arbeit eine erhebliche Rolle.\nDie Tretbahnen sind in verschiedenen Laboratorien der Gr\u00f6\u00dfe der zu benutzenden Tiere entsprechend verwendet worden. Fig. 43 gibt die von Zuntz und Lehmann2) beschriebene Tretbahn f\u00fcr gr\u00f6\u00dfere Tiere. Die Bahn wird durch einen auf der Zeichnung nicht sichtbaren Motor bewegt. R ist das Triebrad, an welchem der Riemen des Motors angreift, E das Zahnrad, das die Glieder der Tretbahn fa\u00dft. Durch das Stellrad H kann mit Hilfe der Zahnstange K die Neigung der Bahn ge\u00e4ndert werden.\nSoll Zugarbeit gemessen werden, so spannt man die Tiere an den Haken P an. Von dort l\u00e4uft das Drahtseil Q \u00fcber die Rolle T und tr\u00e4gt die den Zug messenden Gewichte X und U. U ist in Fl\u00fcssigkeit getaucht, um die Unregelm\u00e4\u00dfigkeit des Zuges durch D\u00e4mpfung zu mildern. Eine an der Achse des Rades R befindliche Bremse mu\u00df so reguliert werden, da\u00df die Gewichte X und U in der Schwebe bleiben. Dann ist die Zugarbeit gleich dem Produkt aus dem Gewichte und dem Wege, der an einem der Achse des Rades R aufgesteckten Tourenz\u00e4hler abgelesen wird.\nEs ist also mittels dieser Tretbahn die Messung jeder Gangart des\n1)\tVergl. B. Slowtzoff, \u00dcber die Beziehungen zwischen K\u00f6rpergr\u00f6\u00dfe und Stoffverbrauch der Hunde bei Ruhe und Arbeit. Pfl\u00fcgers Archiv Bd. 95, S. 158, 1903 und N. Zuntz, Einflu\u00df der Geschwindigkeit, der K\u00f6rpertemperatur und der \u00dcbung auf den Stoffverbrauch bei Ruhe und Muskelarbeit. Ebenda S. 192.\n2)\tHinsichtlich genauerer Beschreibung cf. Zuntz-Lelimann, Der Stoffwechsel\ndes Pferdes. Landwirtschaft!. Jahrb\u00fccher 1889, S. 1.","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"Apparate zur Messung der Arbeitsleistung.\n63\nbelasteten. und unbelasteten Tieres, sowie der Zugarbeit m\u00f6glich. Man mu\u00df bei ihrer Benutzung darauf achten, da\u00df die Tiere nicht etwa mit Hilfe eines Halsbandes oder Z\u00fcgels, an dem sie befestigt sind, sich ziehen lassen. In diesem Falle leisten sie erheblich weniger Arbeit, als der Apparat anzeigt.\nAnPferden sind zahlreiche Arbeitsversuche mit Hilfe des auch in der landwirtschaftlichen Praxis viel benutzten G\u00f6pels angestellt worden. Die genaue Berechnung der Arbeit ist hierbei durch den schr\u00e4gen Zug des Pferdes erschwert. Bei dem von Emil Wolff1) in Hohenheim benutzten Bremsg\u00f6pel befand sich in der Achse des Apparates ein System gegeneinander reibender Eisenplatten, durch deren verschiedene Lagerung der beim Zuge des Pferdes zu \u00fcberwindende Widerstand in weiten Grenzen ver\u00e4ndert werden konnte. Der Zug selbst wurde dadurch gemessen, da\u00df das Pferd nicht direkt am G\u00f6pelbalken angespannt wurde, vielmehr an einem mit der G\u00f6pelstange verbundenen Winkelhebel, an dessen anderem Arme\n1) Grundlagen f\u00fcr die rationelle F\u00fctterung des Pferdes. Berlin, Paul Parey 1885.\nFig. 48.\nTretbatm nach Zuntz-Lelimann.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nein Gewicht hing, das durch den Pferdezug gerade in der Schwebe gehalten wurde. Solange dieses Gewicht in der Schwebe blieb, war der Zug des Pferdes ihm gleich. Praktisch erwies sich diese Me\u00dfmethode als wenig genau. Besonders unsicher bleibt dabei der Anteil der Arbeit, welcher f\u00fcr die Ortsbewegung des Tieres aufzuwenden ist. Kellner1) hat diesen Anteil durch eine Berechnung aus den Lagever\u00e4nderungen der einzelnen Glieder des Tieres beim-Gehen festzustellen gesucht. Grandeau und Leclerc2) ermittelten den Stoffverbrauch eines hinter dem ziehenden Tier leer gehen-\nFig. 44.\nArbeitsmesser nach Atwater-Benedict. E. Elektromagnet. K. Kupfers eh eibe.\nden Tieres zur Absch\u00e4tzung dieses Anteils der Arbeit. Dieselben Forscher haben an Stelle des von Wolff verwandten Zugmessers einen sehr ingeni\u00f6s anisgedachten Registrierapparat angewandt, welcher wesentlich genauere Resultate lieferte, aber doch die Unsicherheiten, welche aus dem schiefen Zug des Tieres und der mangelhaften Absch\u00e4tzung des Aufwandes f\u00fcr die freie Bewegung resultierten, nicht beseitigen konnte. Auf alle F\u00e4lle ist die Tretbahn ein sehr viel genauerer Me\u00dfapparat f\u00fcr tierische Arbeit, und sie hat vor allem den Vorzug, da\u00df sie nicht nur Zugarbeit, sondern auch jede andere Form derselben auszuwerten gestattet.\n1)\tLandwirtschaft!. Jahrb\u00fccher Bd. 9, S. 658, 1880.\n2)\tAnnales de la science agronomique I. Bd., S. 464, 1889.","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Apparate zur Messung der Arbeitsleistung.\n65\nBei den ausgedehnten Untersuchungen von Atwater und Benedict, die sp\u00e4ter von Benedict unter Mitarbeit von Carpenter fortgesetzt wurden*), diente ein station\u00e4res gebremstes Zweirad als Arbeitsmaschine. Den Bau des Apparates zeigt Fig. 44. Die in \u00fcblicher Weise von den Pedalen mit Hilfe einer Kette angetriebene Hinterachse des Zweirades tr\u00e4gt eine Kupferscheibe k, die sich in einem Holzrahmen bewegt. An diesem Holzrahmen ist ein Elektromagnet E angebracht, durch dessen Drahtwindungen Str\u00f6me von abstufbarer St\u00e4rke hindurchgeschickt werden k\u00f6nnen. Der Elektromagnet induziert in der rotierenden Scheibe Str\u00f6me, welche eine hemmende Wirkung auf die Rotation aus\u00fcben, die um so st\u00e4rker ausf\u00e4llt, je st\u00e4rker der Magnetismus und je schneller die Umdrehung ist. Durch\nFig. 45.\nErgometer f\u00fcr die unteren Extremit\u00e4ten.\nEichung im Respirationskalorimeter wird f\u00fcr die verschiedenen Geschwindigkeiten und f\u00fcr die verschiedenen St\u00e4rken des Stromes in der Magnetspule die W\u00e4rmeentwicklung bestimmt, so da\u00df man die Arbeit, die der das Zweirad antreibende Mensch leistet, direkt in Kalorien ausdr\u00fcckeu kann. Indem man diese W\u00e4rme mit der gesamten bei einem Arbeitsversuch vom Kalorimeter angezeigten W\u00e4rme vergleicht, ergibt sich der Nutzeffekt der Arbeit.\nDas Prinzip des Zuntzschen Bremsergometers ist von dem Mechaniker Voigt auch f\u00fcr die Arbeit der unteren Extremit\u00e4ten verwandt worden. Gebrauch und Anordnung des Apparates ergibt sich wohl zur Gen\u00fcge aus beifolgender Abbildung. (Fig. 45.) Zu wissenschaftlichen Arbeiten hat derselbe bisher unseres Wissens noch nicht gedient.\n1) Benedict und Carpenter, The influence of muscular and mental work on metabolism. Washington 1909, S. 13.\nTigerstedt, Handb. d. phys. Meth. I, 3.\n5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\nW. Caspari und K Zuntz, Stoffwechsel.\nK\u00f6rperw\u00e4gungen und Perspiration.\nWenn auch die Resultate der K\u00f6rperw\u00e4gungen nicht immer eindeutig sind und die \u00c4nderungen des Gewichtes viel h\u00e4ufiger durch solche des Wassergehaltes des K\u00f6rpers als der Menge seiner festen Bestandteile bedingt werden, sind doch regelm\u00e4\u00dfige. W\u00e4gungen bei Stoffwechselversuchen nicht zu entbehren. Sie lassen sichere Schl\u00fcsse in bezug auf die gen\u00fcgende, eventuell \u00fcbersch\u00fcssige Nahrungszufuhr zu, wenn man die Bedingungen, welche den Wassergehalt des K\u00f6rpers beeinflussen, gen\u00fcgend ber\u00fccksichtigt. Wenn bei \u00fcbersch\u00fcssiger Ern\u00e4hrung ein Fettansatz stattfindet, so wird dadurch der Wassergehalt des fettfrei gedachten Gewebes nicht wesentlich ge\u00e4ndert. Dagegen, bedingt eine \u00c4nderung im Glykogengehalt der Organe auch erhebliche \u00c4nderungen in ihrem Wassergehalt, da das Glykogen nur in gequollenem Zustande mit seinem drei- bis vierfachen Gewicht Wasser zur Anlagerung kommt. Weiter hat der Salzgehalt des K\u00f6rpers erheblichen Einflu\u00df, indem \u00fcbersch\u00fcssige Salzmengen erhebliche Ansammlungen von Wasser zur Folge haben, da die Salze stets soweit verd\u00fcnnt werden, da\u00df der normale osmotische Druck im K\u00f6rper gewahrt bleibt. Die Wirkungen \u00fcbersch\u00fcssiger Salzzufuhr sind ebenso wie die abnorm reichlichen Trinkens nur vor\u00fcbergehende, da gesunde Nieren innerhalb von etwrn 24 Stunden den \u00dcberschu\u00df aus dem K\u00f6rper schaffen.\nAus dem Gesagten geht schon hervor, da\u00df eine bestimmte \u00c4nderung des K\u00f6rpergewichtes durch sehr verschieden gro\u00dfe Differenzen zwischen Energiezufuhr und Energiebedarf herbeigef\u00fchrt werden kann. Wenn die Gewichts\u00e4nderung ausschlie\u00dflich durch Fett bedingt ist, so bedeutet 1 g einen Unterschied in der Energiezufuhr von etwa 9 Kal., bei \u00c4nderungen des Glykogengehaltes dem Gesagten zufolge nur etwa 1 Kal. \u00c4hnlich gering ist die N\u00e4hrstoffmenge, die bei der Gewichts\u00e4nderung durch Ansatz oder Abgabe stickstoffhaltiger Substanz (K\u00f6rperfleisch) in Betracht kommt. 1 g Eiwei\u00df entspricht etwa 5,5 Kal. Da das Fleisch aber mit wenigstens seinem vierfachen Gewicht an Wasser angesetzt wird, gen\u00fcgt schon 1,1 Kal. f\u00fcr eine Gewichts\u00e4nderung um 1 g. Man wird einigerma\u00dfen beurteilen k\u00f6nnen, welchem Energiewert die beobachtete Gewichts\u00e4nderung entspricht, wenn man darauf achtet, ob im Kohlehydratgehalt der Nahrung erhebliche Schwankungen eingetreten sind. Gibt man z. B. nach einer kohlehydratarmen Kost eine stark kohlehydratreiche Nahrung, so wird Glykogen angelagert werden. Der Glykogenansatz bedingt aber auch zugleich eine erhebliche Anreicherung an Wasser, so da\u00df das K\u00f6rpergewicht weit erheblicher zunimmt, als dem Ansatz an trockner Organsubstanz entspricht. Umgekehrt sinkt bei \u00dcbergang zu kohlehydratarmer Kost (z. B. bei Entfettungskuren) das K\u00f6rpergewicht anfangs sehr erheblich, weil Glykogen und finit ihm sein mehrfaches Gewicht an Wasser zu Verlust geht.\nMan mu\u00df ferner ber\u00fccksichtigen, da\u00df angestrengte Muskelt\u00e4tigkeit einen sehr starken Verbrauch der Kohlehydrate zur Folge hat, der bei ausreichender Ern\u00e4hrung erst innerhalb 48 Stunden wieder ganz ersetzt wird, und da\u00df \u00fcbersch\u00fcssige Nahrung bei \u00e4lteren Individuen vorwiegend in Form von Fett, bei j\u00fcngeren und Rekonvaleszenten nach gr\u00f6\u00dferen Stoffeinbu\u00dfen zu einem gro\u00dfen Teil in Forife von Eiwei\u00df (Fleisch), also mit einer viel gr\u00f6\u00dferen Gewichtszunahme apgesetzt wird.","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"K\u00f6rperw\u00e4gungen und Perspiration.\n67\nWenn wir regelm\u00e4\u00dfige K\u00f6rperw\u00e4gungen verbinden mit genauer Feststellung des Gewichtes s\u00e4mtlicher fester und fl\u00fcssiger Einnahmen und Ausgaben, so haben wir die Daten f\u00fcr die insensible Perspiration. Dieselbe kommt bekanntlich im wesentlichen durch Verdampfen von Wasser zustande. Kur einen kleinen Anteil am Gewichtsverlust hat das meist vorhandene \u00dcbergewicht der Kohlens\u00e4ureausscheidung in der Atemluft \u00fcber die Sauerstoffaufnahme.\nDer insensible Wasserverlust wird teils durch die Atmung, teils durch die Hautt\u00e4tigkeit vermittelt. Da die Haut an sich wenig durchg\u00e4ngig f\u00fcr Wasser ist, h\u00e4ngt die Wasserabgabe derselben haupts\u00e4chlich von der T\u00e4tigkeit der Schwei\u00dfdr\u00fcsen ab. Deren Sekret ist aber nicht reines Wasser, enth\u00e4lt vielmehr nicht unerhebliche Mengen von Harnstoff und anderen stickstoffhaltigen Produkten sowie Salzen, beim Pferde auch geringe Mengen von Eiwei\u00df. Es beeinflu\u00dft daher die Hautt\u00e4tigkeit die Bilanz des Stickstoffs und der Mineralstoffe. Beim Menschen finden wir den Stickstoffgehalt des Schwei\u00dfes wechselnd zwischen 0,14 und 0,57 g N pro Kilogramm Schwei\u00dfwasser. Da bei Anstrengungen im Sommer leicht 3 1 Schwei\u00df zur Abscheidung kommen, kann es nicht wundernehmen, da\u00df Werte bis zu 1,5 g N pro Tag im Hautsekret gefunden worden sind. Der Hautoberfl\u00e4che entsprechend gr\u00f6\u00dfere Mengen kommen bei Pferden in Betracht, w\u00e4hrend bei Fleischfressern der Schwei\u00df eine so untergeordnete Rolle spielt, da\u00df man ihn nicht zu ber\u00fccksichtigen braucht. Zur genauen Bestimmung des Stickstoffverlustes durch die Haut bedient man sich am besten der von Pfl\u00fcger und Argutinsky *) angegebenen Anordnungen. Nach gr\u00fcndlicher Abwaschung des K\u00f6rpers wird gut hygroskopisches, aufs sorgf\u00e4ltigste ausgewaschenes Unterzeug angelegt, und bei starkem Schwitzen dar\u00fcber noch ein ebenfalls waschbarer und vor dem Versuch ausgewaschener Anzug. Nach Beendigung der Versuchszeit wird der ganze K\u00f6rper mit zweckm\u00e4\u00dfig etwas anges\u00e4uertem warmem Wasser abgewaschen, die Kleidung und das zum Abwischen des Schwei\u00dfes benutzte Taschentuch in wiederholt erneutem, ebenfalls schwach anges\u00e4uertem Wasser so lange ausgewaschen, bis das letzte Wasser keine merklichen Mengen Stickstoff oder Chlor enth\u00e4lt. Die vereinigten Waschw\u00e4sser werden nach Zusatz einiger Tropfen S\u00e4ure auf ein kleines Volumen eingedampft und analysiert.\nSolange die Ern\u00e4hrung und Lebensweise eines Menschen eine gleichm\u00e4\u00dfige ist, darf man wohl annehmen, da\u00df auch der Prozentgehalt des Schwei\u00dfes an Stickstoff und Salzen ann\u00e4hernd derselbe bleibt. Wo es nicht auf h\u00f6chste Genauigkeit ankommt, kann man die st\u00e4ndige direkte Bestimmung der Ausscheidungen ersparen, wenn man den Anteil des Schwei\u00dfes an der insensiblen Perspiration berechnet und den in einigen F\u00e4llen bestimmten Prozentgehalt des Schwei\u00dfes der weiteren Berechnung zugrunde legt.\nUm den Anteil des Schwei\u00dfes an der insensiblen Perspiration festzustellen, haben wir uns folgender Rechnung bedient1 2).\nDa die Exspirationsluft f\u00fcr 37\u00b0 mit Wasserdampf ges\u00e4ttigt ist, enth\u00e4lt sie im Liter 43,95 mg. Wasser. Wenn wir nun die Feuchtigkeit der einge-\n1)\tDie Stickstoffausscheidung- durch den Schwei\u00df. Pfl\u00fcgers Archiv Bd. 46, S. 594.\n2)\tZuntz, Loewy, M\u00fcller, Caspari, H\u00f6henklima und Bergwanderungen, Bong & Co., Berlin 1906, S. 378ff.","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\nW. Caspari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\natmeten Luft kennen, so ergibt die Differenz des Wasserdampfgehaltes der Exspirationsluft und Inspirationsluft den Wasserverlust des K\u00f6rpers auf dem Wege der Atmung f\u00fcr jeden Liter ausgeatmeter Luft. Um nun die gesamte Wasserdampfabgabe durch die Lungen pro Tag festzustellen, m\u00fcssen wir die w\u00e4hrend des Tages ausgeatmete Luftmenge kennen. Hierzu dient uns die Kenntnis des respiratorischen Stoffwechsels der Versuchsperson, aus dem wir zu ersehen irpstande sind, wieviel Sauerstoff von der Person aufgenommen und wieviel Kohlens\u00e4ure exspiriert wurde.\nWo \"dies Material nicht vorhanden ist, k\u00f6nnen wir die Gr\u00f6\u00dfe der t\u00e4glichen Sauerstoffaufnahme , und .Kohlens\u00e4ureausscheidung aus der Nahrungsaufnahme berechnen, und zwar am einfachsten bei Konstanz des K\u00f6rpergewichts und der Stickstoff-Bilanz, wenn also die aufgenommene Nahrung gleich dem Ums\u00e4tze im K\u00f6rper ist. Denn wir wissen, da\u00df dann auf je 1 g umgesetzten Stickstoff ein Verbrauch von 5,8 1 02, eine Bildung von 4,6 1 C02 und 27 Kal. kommt, da\u00df 1 g Fett (in Gestalt von Butter) zur Oxydation 1,994 1 02 braucht, 1,401 1 C02 und 9,23 Kal. liefert, ebenso 1 g Kohle-hvdrate (St\u00e4rke) 0,812 1 02 braucht, das gleiche Volumen C02 und 4,1 Kal. liefert, 1 g Alkohol 1,43 1 02, 0,953 1 C02 und 6,93 Kal.\nAus diesen Daten l\u00e4\u00dft sich dann mit Leichtigkeit bei einer analysierten Nahrung ermitteln, wieviel Liter Sauerstoff am Tage aufgenommen und wieviel Liter Kohlens\u00e4ure ausgeschieden worden sind. Die weitere Berechnung wird wohl am besten an einem Beispiel klar, welches wir der oben zitierten Stelle entnehmen.\nEs betrug dort in einem Versuche die Gesamtaufnahme des Tages an 02 548,6 1, die C02-Ausscheidung 441,3 1. Aus den Respirationsversuchen ging hervor, da\u00df bei der Versuchsperson auf 1 1 aufgenommenen Sauerstoffs 211 Lungenventilation kamen, also auf 5481 115081 Atemluft. Die eingeatmete Luft des betreffenden Tages zeigte eine durchschnittliche Temperatur von 22\u00b0 und eine relative Feuchtigkeit von 63%. 11 Luft bei 22\u00b0 mit Wasserdampf ges\u00e4ttigt enth\u00e4lt 19,32 mg Wasserdampf; 63% dieser Menge = 12,17 mg Wasser waren in 1 1 eingeatmeter Luft vorhanden.\nDemgem\u00e4\u00df entzieht jedes Liter Atemluft dem K\u00f6rper 43,95\u201412,17 = 31,78 mg Wasserdampf und die in 24 Stunden geatmeten 11508 1 Luft:\n11508x31,78 mg................................................ 366 g\nAu\u00dfer durch Wasserdampfabgabe hat der K\u00f6rper durch Kohlens\u00e4ureausscheidung und Sauerstoffaufnahme an Gewicht verloren:\nDie ausgeatmeten 441,3 1 Kohlens\u00e4ure\nwiegen ... 1.................... 441,3x1,966 g=\t867,6 g\nDie eingeatmeten 548,6 1 Sauerstoff\nwiegen................................ 548,6x1,43 g =\t784,5 g\nDifferenz = 83,1 g\nDer gesamte Gewichtsverlust durch die Lungen betr\u00e4gt also 83,1 -j- 366 = 449,1 g Die gesamte Perspiration, d. h. der Gewichtsverlust des K\u00f6rpers durch die unsichtbaren Ausscheidungen betrug nun an diesem Tage 1879 g. Da der Verlust durcjh die Lungen 449,1 g oder rund 450 g betr\u00e4gt, sind durch die Haut verdunstet.......................\n1429 g","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Konservierung von Harn und Kot.\n69\nDer Gewichtsverlust des K\u00f6rpers berechnete sich wie folgt: K\u00f6rperw\u00e4gung\tam\t10.\tVIII. morgens\t6 Uhr\t.\t60670\tg\n\u201e\t\u201e\t11.\tVIII.\t\u201e\t6\t\u201e\t60290\t\u201e\nGewichtsabnahme.............................. 380 \u201e\nAufnahme von fester und fl\u00fcssiger Nahrung .\t2436 \u201e\nSumma\t2816\tg\nGewicht von\tHarn\tund Kot................ 937\t\u201e\nK\u00f6rpergewichtsverlust (Perspiration) wie oben 1879 \u201e\nDiese Berechnung des Anteils des Schwei\u00dfes an der insensiblen Perspiration gibt uns die M\u00f6glichkeit, bei der Stickstoff-Bilanz den Schwei\u00dfverlust wenigstens einigerma\u00dfen mit in Rechnung zu stellen, und so gar zu gro\u00dfe Fehler zu vermeiden.\nIn bezug auf W\u00e4gungen sei nur kurz erw\u00e4hnt, da\u00df zur Abwiegung von Speisen am besten kleine Balkenwagen gew\u00e4hlt werden, welche eine Genauigkeit der W\u00e4gung bis zu 0,1 g gestatten. Bei den Mengen des Futters der gro\u00dfen Herbivoren wird sich nat\u00fcrlich die Verwendung einer Dezimalwage nicht vermeiden lassen. Auch f\u00fcr die K\u00f6rperw\u00e4gungen empfiehlt es sich, wenn irgend ang\u00e4ngig, Balkenwagen zu verwenden, etwa in Form der auf Rennpl\u00e4tzen \u00fcblichen Jockey wagen. Die Firma Garvens, Hannover, liefert derartige Wagen von ziemlicher Exaktheit.\nEine besonders weitgehende Genauigkeit f\u00fcr W\u00e4gungen des Menschen bietet die Wage von Warren Lombard1). Dies ist dadurch erreicht, da\u00df die Schneide des Wagebalkens nicht ihrer ganzen L\u00e4nge nach fest aufliegt, sondern an beiden Enden auf Lagern ruht, die ihrerseits in der zur Richtung der Schneide des Wagebalkens senkrechten Ebene beweglich sind. Die feinsten Ausschl\u00e4ge werden durch eine Feder gemessen und auf einem rotierenden Zylinder registriert. Lombard bringt auf seiner Wage die Gewichts\u00e4nderungen, welche einem einzigen Atemzug entsprechen, zur Darstellung.\nKonservierung von Harn und Kot.\nIn den meisten Versuchen wird man darauf angewiesen sein, die Exkrete des Organismus zu konservieren, da man nur selten in der Lage sein wird, sogleich eine vollst\u00e4ndige Analyse des Materials vorzunehmen.\nBei der Konservierung des Harnes kommt es darauf an, Substanzen zu w\u00e4hlen, welche den beabsichtigten Gang der sp\u00e4teren Analyse nicht st\u00f6ren. Man wird demzufolge unter Umst\u00e4nden einen Zusatz vermeiden, welcher wie das sonst sehr gut konservierende Fluornatrium, Mineralbestandteile in den Harn hineinbringt, oder wie Sublimat selbst im Harn Ver\u00e4nderungen zu erleiden scheint, oder wie z. B. Natriumsulfit einige Bestandteile des Harns zur Ausf\u00fcllung bringt. In erster Linie wird es bei der Bedeutung, die f\u00fcr die heutige Methode des Stoffwechselversuches der Bestimmung des Brennwertes der Substanzen zukommt, darauf ankommen, eine gut konservierende Substanz zu w\u00e4hlen, welche den Brennwert nicht ver\u00e4ndert, bezw. bei der Vorbereitung zur kalorimetrischen Bestimmung ent-\n1) Warren P. Lombard, A Method of recording changes in body weight, which occur within short intervals of time. The journal of the American medical association, 1906, Bd. 47 S. 1790.","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\nW. Cas pari und N. Zuntz, Stoffwechsel.\nfernt wird. Als eine derartige Substanz hat sich nach den Versuchen von Cronheim1) das Thymol ergeben, welches wir denn auch stets zur Konservierung des Harns benutzen. Am besten verwendet man es in alkoholischer L\u00f6sung. Da die L\u00f6slichkeit des Thymol in Alkohol eine au\u00dferordentlich gro\u00dfe ist, so gen\u00fcgen schon wenige Tropfen der L\u00f6sung, um gro\u00dfe Quantit\u00e4ten von Harn ausreichend zu konservieren. Wo man jedoch den Zusatz des Alkohol vermeiden will, kann man auch Thymol in Substanz verwenden.. Wir hatten stets befriedigende Ergebnisse, wenn die Substanz aufs feinste gepulvert verwandt wurde. Den so konservierten Harn bewahrt man in gut, am besten nach Art von Bierflaschen mit B\u00fcgelverschlu\u00df verschlossenen Flaschen auf. Auf diese Weise hat sich selbst Ham, der uns aus den Tropengegenden Afrikas zugesandt wurde, monatelang tadellos gehalten.\nSehr viel schwieriger ist die Konservierung des Kotes. Hach den Untersuchungen von Zaitschek2) l\u00e4\u00dft sich beim Trocknen ein mehr oder weniger erheblicher Verlust an Stickstoff \u00fcberhaupt nicht vermeiden. Man tut daher am besten, die Stickstoffbestimmungen, falls dies m\u00f6glich ist, am frischen Kot vorzunehmen.\nF\u00fcr die Bestimmung des Fettes, Brennwerts etc. mu\u00df der Kot dann allerdings getrocknet werden. Um nach M\u00f6glichkeit Verluste zu vermeiden, trocknen wir ihn in einem Vakuumapparat. Dieser ist heizbar, und zwar mit Wasser von beliebiger Temperatur oder mit Dampf. Wir benutzen zum Trocknen Temperaturen von 60\u201470\u00b0. Die Heizrohre sind so angeordnet da\u00df die Substanz nicht nur von unten, sondern auch von oben her erw\u00e4rmt wird. Etwaiger Verlust an Ammoniak kann durch Einbringen einer Schale mit Schwefels\u00e4ure und Untersuchung derselben, sowie des in einer Vorlage kondensierten Wasserdampfs bestimmt werden.\nDer getrocknete Kot l\u00e4\u00dft sich in fest verschlossenen Pulverflaschen ohne weiteres aufbewahren. \u2022\nIst man gen\u00f6tigt, den Kot in frischem Zustande zu konservieren, so verwendet man nach unserer Erfahrung am besten eine Mischung von Alkohol und Chloroform, welche auch den \u00fcblen Geruch h\u00f6chst wohlt\u00e4tig beeinflu\u00dft. Der Kot wird dann am besten sogleich in die zur Aufbewahrung dienenden Blechb\u00fcchsen entleert. Hierzu benutzten wir luftdicht verschlie\u00dfbare Konservenb\u00fcchsen, deren Deckel durch Klammern fest gegen einen Gummiring gepre\u00dft wird.\n1)\tKonservierung- von Harn f\u00fcr analytische und kalorimetrische Zwecke. Archiv f. (Anat. u.) Physiol. 1902, S. 262.\n2)\tZur Methodik der Bestimmung des Stickstoff- und Eiwei\u00dfgehaltes der Faeces. Pfl\u00fcgers Archiv 1903, Bd. 98, S. 595.","page":70}],"identifier":"lit15618","issued":"1911","language":"de","pages":"1-70","startpages":"1","title":"Stoffwechsel","type":"Book Section","volume":"1"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:14:27.716114+00:00"}