Open Access
{"created":"2022-01-31T16:08:14.510717+00:00","id":"lit15762","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Meckel. J. F.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 7: 85-90","fulltext":[{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"in mit F\u00fc\u00dfen verfehene uM fu\u00df lofe oder in Sauria und Gphidia nach der gew\u00f6hnlichen Brongnianifchen Be-ftimmung den Principien der nat\u00fcrlichen Gruppirung g\u00e4nzlich entgegen ift, und nur als ein fchlechter Noth-hehelf gelten kann.\nXVII.\nlieber das Harnen des F\u00f6tus. Nachtrag zu No. i. diefes Heftes. Von J. F. M e c k e l.\n(Hierzu Tafel IT.)\nSeit dem Abdrucke des erften Auffatzes, worin ich es wahrfcheinlich zu machen fuchte, dafs der F\u00f6tus wirklich harne, wurde meine Aufmerkfamkeit zuf\u00e4llig auf einige Pr\u00e4parate meiner Sammlung gerichtet, welche diefe Meinung zu beft\u00e4tigen fcheinen.\nDas erfte ift eine fehrgrofse getrocknete Harnblafe \u2022eines achtmonatlichen F\u00f6tus, der mit, durch fie, fehr ftark ausgedehntem Unterleibe geboren wurde.\nSie befteht aus zwei Abfchnitten, von denen der hintere breiter, aber etwas niedriger als der vordere ift. Ihre gr\u00f6fste Breite betr\u00e4gt hinten f\u00fcnf, vorn drei Tarifer Zoll, die H\u00f6he dort drei, hier vier und einen halben, ihre ganze L\u00e4nge von vorn nach hinten fechs Zoll drei Linien, wovon drei Zoll auf den hintern, drei Zoll drei Linien auf den vordem Abfchnitt kommen, ihr gr\u00f6fster Umfang um ihre Mitte 17 Zoll.\nDer vordere Theil erfcheint nicht blofs \u00e4ufserlich auf den hintern aufgefetzt, fondern zwilchen beiden findet fich an jeder Seite ein fenkrechter, vier Linien hoher Vorfprung, der oben in einen queren, fie verbindenden, \u00fcbergeht, fo dafs alfo an diefer Stelle der vordere von dem hintern Theile etwas abgefchn\u00fcrt ift,","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\nwenn gleich die Oeffnung zwilchen beiden vier Zoll breit und beinahe drei Zoll hoch ift. Unten fehlt in der Breite von drei Zollen jede Spur eines folchea Vori'prungs.\nUngeachtet die Blafe getrocknet ift, fieht man doch deutlich, dafs die W\u00e4nde bedeutend verdickt waren.\nAu beiden Abfchnitten finden fich, vorz\u00fcglich im obern Theile ihres Umfangs, deutliche Muskelfafern.\nLinks, oben und vorn bemerkt man am hintern Abfchnitte ein, einen Zoll breites, neun Linien langes, drei Linien hohes Divertikel, an dem die Muskelfafern fehlen.\nEine, durch die Ruthe von der Blafe aus gebrachte Sonde zeigt, dafs diefe v\u00f6llig offen ift.\nLinks und oben befindet fich am hintern Abfchnitte ein drei Zoll langer, aufgeblafener, oben zugebundner, vier Linien weiter, d\u00fcnner Gang, unftreitig der linke Harnleiter, der fich in, die Blafe \u00f6ffnet; anderthalb Zoll Weit von ihm ein zweiter, eben l\u2019o langer, gleichfalls unterbundner, bis zur Weite eines Zolles ausgedehnter, unftreitig der rechte Harnleiter, der gleichfalls in die Blafe einmtindet.\nLeider fehlen aufserdem alle \u00fcbrigen Organe und alle weitern Notizen; indeffen fcheint es kaum einem Zweifel unterworfen, dafs die Blafe durch Harn ausgedehnt war. Die Harnr\u00f6hre ift zwar offen, und allein w\u00fcrde diefer Fall nichts f\u00fcr die erw\u00e4hnte Meinung beweifen, wohl aber hat er in Verbindung mit den oben bekannt gemachten, in diefer Hinficht Werth, und auf jeden Fall ift die ungeheure Ausdehnung der Blafe, die felbft faftdie dreifache Grofse der gew\u00f6hnlichen eines Erwachten en hat, merkw\u00fcrdig.\nDas zweiten Falles habe ich fchon fr\u00fcher *) erw\u00e4hnt, Ich bilde ihn hier feiner Merkw\u00fcrdigkeit we-\ni) IIiil's Archiv. Ed. p. S. 437 ff.","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"gen, ab, und bemerke nur noch zu der fr\u00fcher gegebenen Befchreibung: i) dafs dieftarke ausgedehnte B]afe mit. Harn und einer h\u00f6chft unbedeutenden Menge von Kindspech angefiUJt; 2) die hintere Harnr\u00f6hren\u00f6ffnung viel enger als gew\u00f6hnlich, und 3) die Harnr\u00f6hre in der Mitte ihrer L\u00e4nge faft ganz verfchlofi'en ift.\nDie Verdickung und fehr grofse Weite der Harn-blafe, die ftarke Ausdehnung des Ilarnftranges, wodurch diefe Beobachtung auffallend mit der von Sandi-Jort 1 ) \u00fcbereinkommt, verbunden mit der Harnr\u00f6hrenverengerung fprechen offenbar auf diefelbe Weife als der oben von mir befchriebene Fall f\u00fcr die Meinung, dafs der F\u00f6tus harne.\nDiefe wird zwar, nachdem fie fr\u00fcher von meh-rern Anatomen und Phyfiologen, namentlich Deufing, Aranzi, Themelius, vorgetragen wurde, jetzt fehr allgemein nicht getheilt, indeffen habe ich fchon oben bemerkt, dafs alle gegen fie angef\u00fchrten Gr\u00fcnde fieh\u00fcch-ftens dann treffen, wenn man annimmt, dafs das Frucht-waffer blofs die angegebene Quelle habe.\nAuf die Annahme, dafs der F\u00f6tus harne, gr\u00fcndet fich die Anficht, dafs die Harnblafenfpalte von einer regelwidrigen Verfchliefsung der Harnr\u00f6hre herr\u00fchre. Aufser Duncan, deffen ich in diefer Hinficht fchon fr\u00fcher 2 ) gedachte, hat fie fchon vor ihm Ofiander 5) vorgstragen, indem er di\u00ae verfchiedenen Arten und Grade der Zeugungstheile und namentlich der Harnblafc aus \u00e4ufsern und innern Urfachen ableitet, und in Bezug auf die letztem ausdr\u00fccklich fagt :\n*) S. oben S. 14.\n2)\tOben S. I\u00ab.\n3)\tNeue Denkw\u00fcrdigkeiten f\u00fcr Amte und Geburtskeifer, Th, 3.\nS. a\u00ab|,","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\n\u201eVon Innen aber kann eine Anfammlung vieles Urins in der Blafe und Harnr\u00f6hre und eine Verfiopfung oder Verwachjung der M\u00fcndung der Harnr\u00f6hre zu einem Zerreifsen und Abfondern derfelben Anlafs geben. Bei mehreren Fr\u00fcchten m\u00e4nnlichen Gefchlechts von drei bis vier Monaten habe ich gefehen, dafs die M\u00fcndung der Vorhaut mit einem Schleimpfr\u00f6pfchen verj'topft war.\u201c\nOffenbar fchliefst diefe Anficht die Vorftellung eines im regelm\u00e4fsigen Zuftande beim F\u00f6tus Statt findenden Harnabfluffes ein.\nZwar fte\u00e4it diefe mit 0gander's fp\u00e4terer Annahme, der zu Folge nur die Gef\u00e4fse der Aderhaut als Quelle des Fruchtwaffers angegeben werden *), und die Frucht weder fchwitzt noch harnt, mithin die Vorftellung des Entftehens des Fruchtwaffers aus Schweifs und Harn und der vermeintliche Nutzen des K\u00e4fefirnifs, fie darre-gen zu fch\u00f6tzen, ertr\u00e4umt ift *), im Widerfpruche, in-deffen folgt daraus fchon infofern nicht, dafs die fr\u00fchere Meinung die falfche fey, als gevvifs nicht feiten eine fr\u00fchere richtige Meinung fp\u00e4ter gegen eine weniger wahre vertaufcht wird.\nWenn \u00fcbrigens die Meinung Von O\u00dfander und Duncan auf die oben 5) angegebene Weife einen Theil ihrer Umvahrfcheinlichkeit verliert, fofern wirklich Hindcrniffe des Harnabfluffes wenigftens bedeutende Erweiterung des Harnfyfterns zur Folge hatten, fo ift ihr doch der erfte der hier erz\u00e4hlten F\u00e4lle nicht g\u00fcnftig, indem die Blafe hier fo ungeheuer als m\u00f6glich ausgedehnt war, ohne dafs Zerreiisung eintrat.\n1)\tHandbuch der Entbiudungskunft, Bd. I. S. 624,\n2)\tEhend. S. 631.\n3)\tS. 16.","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"Er fpricht dann eben fo fehr gegen die von Bonn *) und Brugmans l) * 3) vorgetragne, die mit diefer infofern \u00fcbereinkommt, als fie gleichfalls den Grund des Uebels in einer Anh\u00e4ufung von Feuchtigkeit in der -Harnblafe fucht, wodurch Auffaugung und Zerft\u00f6rung ihrer vordem Wand und der Schambeinfuge bewirkt Werde , und fich von ihr nur infofern unterfcheidet, als fie die Veranlaffung zu diefer Anh\u00e4ufung nicht in ein mechanifches Hindernifs der Ausfcheidung, fon-dern eine zu reichliche Harnabfonderung fetzt. Man kann fogar fagen, dafs fie noch mehr gegen diefe Meinung fpricht als gegen die Duncan'fche, weil dem Anfchein nach kein Hindernifs f\u00fcr den Harnabflufs vorhanden, und dennoch die Blafe ohne Zerreifsung, \u25a0im h\u00f6chften Grade wafferf\u00fcchtig ausgedehnt war.\nDie Meinung von Bonn wird dem Anfchein nach \"f\u00fcr Manchen vielleicht durch das bisweilen vorkommende Zufanunentreffen der Harnblafenfpalte mit Waf-ferfucht und Spalte der Wirbelf\u00e4ule belt\u00e4tigt, wovon ich mehrere, von Litbre, RevuJat, De/phini beobachteten F\u00e4lle fchon fr\u00fcher zufammengeftellt habe 3), und \u00abinen \u00e4hnlichen, fehr merkw\u00fcrdigen, bei einer andern Gelegenheit zu befchreibenden feitdem erhielt. Walter befchreibt gl\u00ebichfalls ein Skelet, das f\u00fcr jene Anficht zu fprerhen 'fcheinen kann, indem mit weiter Entfernung der Schambeine von einander zugleich die vier untern Lendenwirbel gefpalten, und was vielleicht Folge des durch diefe Abweichung der Knochen bezeichneten krankhaften Zuftandes des K\u00fcckenmarkes war, das Heiligbein f< hief von der rechten zur linken Seite gerichtet, das linke Seitenwandbein und die ganzen lin-\nl) IM) er eine feit ne Refchaffenheit der Harnblafe u. f. w. Ans dem Holland. 1 -{p. Und het aangeboren \u00dflaasgebieek etc. An fterdam IS lg. p. lg ff.\n\u00ef) Van Alaunen de abforptione folidorum. L. B. 1754, p. 57 ff*\n\u00eej Pathol. Anat. Bd. 1. S. 7?6.","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"9\u00ae\n\nken untern Gliedmaafsen kleiner und cliinner als die rechten waren '). Indeffen be weift dieferUmftand fch\u00f6n deshalb wenig, weil eine \u00e4hnliche Zufammenfetzung mit andern Abweichungen vorkommt.\nSo fahe Superville die Harnblafenfpalte mit voll-kommner Acephalie verbunden \u2019).\nDupuytren fand zugleich die Hoden noch im Unterleibe, nur eine Nabelpulsader, einen Krummdarmanhang, Mangel der mittlern Zwerchfellfehne, deren Stelle die Leber einnahm, Hafenfeharte und Wolfsrachen *).\nSaxtorph fahe Verwachiung mehrerer Zehen damit verbunden i) * 3 4 5).\nIn einem von Walter befchriebenen Falle waren in demfelben K\u00f6rper Hafenfeharte und Wolfsrachen, aufserd.em an jeder Hand fechs Finger zugegen *).\nHieraus ergiebt fich alfo nur, dafs die Mifsbil-dung der Blafe gern mit andern, namentlich mit Hem-mungsbiidungen zufammengefetzt vorkommt.\nGefetzt, fie feibft w\u00e4re keine, fo w\u00fcrde fie doch, wenn die Dutican\u00eeche Annahme richtig ift, Folge einer Hemmungsbildung, der Harnr\u00f6hrenverfchliefsung, feyn, und dadurch, aber auch nur auf diefe Weife, d. h. fo-fern in Folge des regelwidrigen Beftehens eines fr\u00fcher regelm\u00e4fsigen Zuftandes, dort der Verfchliefsung der Harnr\u00f6hre, hier der zu reichlichen Wafferbildung, eine anf\u00e4nglich verfchloffene H\u00f6hle zerriffen, und in eine Platte verwandelt wurde, mit der Wirbelfpalte Aehn-lichkeit erhalten.\ni) Mnf. anat. 1S05. p. 276.\ns) Phil. Transact. N. 456. p. 903.\n3)\tBullet, de la fac. de m\u00e9dec. I. Anne\u00e9. p.\n4)\tGefammelte Schriften. Bd. 1. S. 31s.\n5)\tMufeum anatomicum. Igc\u00e7. p. 125,","page":90}],"identifier":"lit15762","issued":"1822","language":"de","pages":"85-90","startpages":"85","title":"Ueber das Harnen des F\u00f6tus: Nachtrag zu No. 1 dieses Heftes","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:08:14.510722+00:00"}