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{"created":"2022-01-31T16:07:03.216935+00:00","id":"lit15790","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Jaeckel","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 7: 395-401","fulltext":[{"file":"p0395.txt","language":"de","ocr_de":"mit den Symbolen der Nacht, mit der K\u00e4lte, Dunkelheit , Ruhe, Reizlofigkeit und JEnthaltfamkeit oder der Antiphfogiftik. Die Schw\u00e4chekrankheiten dagegen bed\u00fcrfen zu ihrer DarfteJlung der Tagseinfl\u00fcffe oder der Phlogiftik. Die Antiphlogiftik fchafft aas unvollkommenem Schlaf wirklichen Schlaf, die Phlogiftik aus unvollkominnem Wachen, wirkliches Wachen,\nIV.\nEtwas zur W\u00fcrdigung der \u201ephyfiologifches* Unter Buchungen von Krim er,\u201c Leipzig 1820. Von Dr. Jaeckel, Prwatdo-ceriten zu Breslau.\nWenn ich Kunftrichter w\u00e4re, fo w\u00fcrde meine Tonleiter diefe fevn Gelinde und fchmeichelnd gegen dea (F\u00e4higkeiten verrathenden) Anf\u00e4nger, mit Bewunderung zweifelnd, mit Zweifel bewundernd gegen den Meifter; abfehreckend und pofitiv gegen St\u00fcmper, h\u00f6h-nifch gegen den Prahler, und fo bitter als m\u00f6glich gegen den Kahalenmacher.\nLejjitig im \u00e7rften an\u00eelquarifchen ;\u00a3riefe.\nOh die Tortur der Vivifectionen f\u00fcr alle R\u00e4thfel in der Naturforfcluing des thierifchen Lebens uns die befriedigende I.\u00f6fung erpreffen wird \u2014 ob auf folchera Wege das Verli\u00e4ltnifs apocrypbifcher Beobachtungen zu notorifchen Thatfachen nicht noch ung\u00fcnftjger, f\u00fcr die Combination hemmender werde, ob an die Stelle einer durchgreifenden Anficht, ein Deduciren aus einzelnen, lofe nur aneinanderh\u00e4ngenden Erld\u00e4rungsprincipien, und fomit ein Zerfallen der Wifienfchaft in mehrere, fich","page":395},{"file":"p0396.txt","language":"de","ocr_de":"wechfelfe\u00eetig susfchliefsende, und doch vergeblich nach Selbftft\u00e4ndigkeit ftrebende Sph\u00e4ren treten k\u00f6nnte; das mag die Gefchichte der Phyfiologie, die ohnehin von Anfang an noch gefchrieben werden foil, entfcheiden.\nBillig nimmt die Gegenwart alles, was die herr-fehend gewordene Richtung der Zeit giebt, in die Archive der Wiffeefchaft auf, nur fiir die Aechtheit und Vollft\u00e4ndigkeit der Beobachtung verlangt fie Gew\u00e4hr. K\u00f6nnen \u00e4ufsere Uraft\u00e4nde, wie in den meiften F\u00e4llen, diele nicht geben, fo wird es die Sache der Kritik, ihr von Innern Kennzeichen der Wahrheit entnommenes TJrtheil zu fubftituiren : ein Urtbeil, das um fo viel fch\u00e4rfer feyn mufs, als es gef\u00e4hrlicher ifta das Brandmahl der L\u00fcge an einer factifchen Behauptung \u00fcberfehen, als die Schw\u00e4che einer Hypotbefe verkannt zu haben.\nUnd dennoch werden es hoffentlich wenige Zeilen darthun, wie wenig, wie wohl fonft auch, fo befon-ri'ers in Hinficht des in der Ueberfchrift genannten Werk* alle bis jetzt laut gewordenen \u00fcrtheiie :) diel'er Forde-vung entfprochen haben : meine Lefer follen in wenig Z\u00fcgen ein Werk kennen lernen, an dem die grellfte Disharmonie feines Innern auf eine unerkl\u00e4rliche Weife bis jetzt unbemerkt geblieben ift, felbft ohnerachtet der zum Argwohn dr\u00e4ngenden Harmonie mit den Argumentationen eines allerdings achtuagswerthen, aber vielleicht doch zu thefenreichen Naturforfchers.\nDer erfte un\u00fcberwindliche Zweifel gegen des in der U eberfchrift genannten Verfaffers mit vieler Befchei-denheit verf\u00fcfste Behauptung: \u201efeine Verhielte feyen mit aller m\u00f6glichen Treue erz\u00e4hlt, und die Folgerungen nur nach mehrmaliger Pr\u00fcfung feftgefetzt worden,\u201c ergab heb dem Referenten fogleich aus den abweichen-\nU Man Tehe z. R. Salzburger Zeitung ig2i, No. IJ und 14. Ferner Litteraturzeitung 1821. No. 161.","page":396},{"file":"p0397.txt","language":"de","ocr_de":"den und ganz unglaublichen Angaben fiber die Temperatur der Thiere vor den Verfuchen. Nach dem achten Experiment des dritten AuHUtzes zeigte ein grofser Hund eine Temperatur von 104\u00b0 Fahrenh. in ieinem Maftdarm; im f\u00fcnfzehnten Experiment derfelbe\u00ab Rein# ein zehnt\u00e4giger Hund von ziemlicher Gr\u00f6ise 970; int fechzehnten Experiment ein vir-rzehm\u00e4giger 73^\u00b0; in\u00bb fiebzehnten Experiment fand der Verfallet' 8o\u00b0 kahrenh., im achtzehnten Experiment 250 Fahrenh., im neunten Verfuch des erften Auflatzes wird die Temperatur eines Hundes auf 23 0 Reautn. =r 83-4\u00b0 Fahrenh. angegeben.\nKeine von diefen Angaben der vor dem Beginnen des Experiments bei Tbieren einer und derfelben Species gefundenen Temperatur kann auf einem Schreiboder Druckfehler beruhen, weil an jede derfelben fiel* eine die angeblich beobachteten Ver\u00e4nderungen ausdr\u00fcckende Zahlenreihe fehr genau anichliefst. Dafs aber die Temperatur einer S\u00e4ugthiereart bei aller m\u00f6glichen Ver\u00e4nderung durch Alter, Gr\u00f6fse, \u00e4ui'sere Temperatur, erregte Angft des Thieres, in einer folchen Breite nicht variiren k\u00f6nne, (die Differenz der Extreme betr\u00e4gt bei Herrn Krimer 30^\u00b0 F.) dafs die rneiften gegebenen Beftimmitngen viel zu weit unter der f\u00fcr diefe Gattung fehr beftimmt gefundenen normalen Temperatur von look0 Fahrenh. (nach Braun) lind ; dar\u00fcber d\u00fcrfte unter allen, die Geh Physiologen nennen, wohl nur Herr Krimer Belehrung bed\u00fcrfen.\nlieber das zweckwidrige H\u00e4ufen experimenteller Eingriffe auf das n\u00e4mliche Thier, \u00fcber die den Autor fehr oft bei feinen Folgerungen verladende log il ehe Sch\u00e4rfe begebe ich mich jeder Ausheilung : eine Trias von Beifpielen, mit welcher unerh\u00f6rten DrcifUgkeit er Refultate ganz gegen den Buehftaben feiner eignen Verluche ausgesprochen hat, m\u00f6ge jeden, der das an","page":397},{"file":"p0398.txt","language":"de","ocr_de":"398\nBeobachtungen fcheinbar fo reiche Werk benutzen wollte, den Werth deffelben klar vor Augen legen, \u00a9ine Vergleichung, die Herr Krimer durch ein fuit be-it\u00e4ndigcs falfches Gitiren feiner Verbuche miihlam za machen gewufst hat.\nDie fiebzehnte Folgerung In der dritten Abhand-lung fagt : \u201eReizungen des Nervens (kein Druckfehler, fo wenig als Oxid, Mykrofkop und arteri\u00e4'Cj vermehren zwar die Empfindlichkeit desjenigen Theils\u00bb welchen fie verforgen, ft\u00f6ren aber zugleich feine Bewegungsf\u00e4higkeit, u Im dazu geh\u00f6rigen fechsten Ver-fuch erfahren wir dagegen nur, dafs bald nach der Verletzung der H\u00f6ft-und Schenkelnerven beider Seiten durch Stiche, wovon die der rechten Seite zuerl't ge-fchah, das Thier Stiche und Ou et Ich un gen auf der Hautoberfl\u00e4che diefes Schenkels weniger , als am linken zu empfinden fchien: dafs zwar, nach Vor\u00fcbergehn der unter den Stichen felbft eingetretenen Zuckungen, die Bewegungsf\u00e4lligkeit geliLten hatte, aber doch nach vierzig Stunden, wo fchon alle Empfindlichkeit regen jeden Reiz erlofchen war, noch fo weit beh\u00e4nd, dafs das Thier die Schenkel anziehen konnte. Dazwi-fchen kommt die auffallende Angabe, dafs nach Verlauf der erften vier und zwanzig Stunden \u201edaffelbe die angebrachten Reize weit weniger, als vorher empfand\u201c (aber wie ftark denn eigentlich ?) und feine Schenkel durchaus nicht bewegen konnte. \u201c Selbltwiderfpruchs genug; doch lange noch nicht fo grofs als i\u00df dem Folgenden.\nDiefechs und zwanzigfte Folgerung deffelben Auf-fatzes enth\u00e4lt w\u00f6rtlich die Behauptung ; \u201e Bei Thieren, welche man nach durchfchnittenem Vaguspaar mit den durchgelchnittenen Nerven in den Kreis einer Voltai-fohen S\u00e4ule bringt und Jie (?!) daun t\u00f6dtet, findet man nach dam Tode weder eine Ausfchwitzung in den Lun-","page":398},{"file":"p0399.txt","language":"de","ocr_de":"gen, noch unver\u00e4nderte Speife in dem Magen.\u00ab Der dabei citirte achte Verlach kann durchaus nicht hi eh er geh\u00f6ren, da er die Geschichte einer Vergiftung, und keine Operation am pneumogaftriichen Nervenpaar enth\u00e4lt, dagegen fcheinen bei No. 4. und 5. diejenigen zu feyn, auf die der Verf. fufst. Man h\u00f6re das Wefent-liche beider.\nFierier Verfunh. Ein Thier, das nenn Stunden auf die angegebene Art unter der Wirkung der galvanifchen S\u00e4ule gewefen war, zeigte bei der Leichen\u00f6ffnung ein eiterartiges und z\u00e4hes Exfudat in den Bronchien, das der Verf. jedoch unter dem Mikrofkop deutlich von Eiter unterfchied : im Magen fand er fait noch unver\u00e4nderte Speifen.\nF\u00fcnfter Verfielt. Ein auf \u00e4hnliche Art behandeltes Thier wies genau diefelhe Erfcheinung in den Lungen nach, der Magen enthielt ebenfalls weniger verdaute Speifen, die Gegend des Pf\u00f6rtners ausgenommen, in der fie fait ganz verdaut erfchienen.\nDafs es leicht war, diefe als Reffe der Verdauung vor dem Verfuch, zur\u00fcckgehalten durch das auf Durch-fchneidung des Vaguspaars eintretende Erl\u00f6fchen der Muskelth\u00e4tigkeit des Magens, befonders an dem Zu\u00bb ftande des \u00fcbrigen Mageninhalts zu erkennen, ift kaum n\u00f6thig zu erw\u00e4hnen. Wir k\u00f6nnen nur ausruren : wenn die felig find, die glauben und nicht fehen, wie ieli-wird Herr Krimer feyn miifien, der da glaubt und \u00d6e-hauptet, wovon er das Gegentheil f0 klar gefehen hat.\nZur Vollendung des Be weites, dafs Herr Dr Kr>~ mer wirklich ein litter\u00e4rifcher Fal.chm\u00fcnzer ift, \u2019noch ein Beifpiel aus der n\u00e4mlichen Reihe von Folgerung Die vier und dreifsigfte derfelben, pag. 173. la tu et : \u00bb\u00a3\\ach der Hinwegnahme einzelner H\u00e4lften des grofsea Gehirns (mit Vermeidung aller Verletzungen des kleinen Gehirns) wird die W\u00e4rme des Thier es um einig\u00ab","page":399},{"file":"p0400.txt","language":"de","ocr_de":"Grade erh\u00f6het, welche (?!) aber nach einigen Minute\u00bb wieder finkt. \u201c Verwiefen ift dabei auf den iechzehnten Veriuch, der aber im Gegentherl nur von einem unmittelbaren Sinken der Temperatur nach Hinwegnahme des ganzen grofsen Gehirns fpricht, ein begreiflicher Weife nicht zur Beglaubigung der entgegengefetzten Wirkung, die der Verf. nach Himveguabme einer Hemil'ph\u00e4re beobachtet haben will, lehr f\u00f6rderliches Refultat:- in dem fiebzehnten Verhiebe hingegen bemerkte Herr Krimer wirklich eine vor\u00fcbergehende Temperaturerh\u00f6hung nach .der Exftirpation der linke\u00bb Hemil'ph\u00e4re, wobei aber die Vermeidung aller Verletzungen des kleinen Gehirns, auf die die Folgerung ein Gewicht legt, nur infofern Statt finden konnte, als das kleine Gehirn bereits hinvveggeriommen war.\nDamit man jedoch nicht glaube, diefer eine Auf\u00bb fatz fey invita Minerva gefchneben, mir noch ein\u00ae Probe von Beobachtungsforgfalt und phyfiologifchec Einficht aus des erw\u00e4hnten Werks elfter Abhandlung \u201e\u00fcber die Harnabfonderung.\u201c ln einer Reihe von Experimenten fallen fich da, laut den Folgerungen, Ver\u00e4nderungen der fpecififchen Schwere des Urins, gleichlaufend mit andern, ergeben haben,, aber der Verf. bietet in den meiften diefer Verlache nur eine Zahl, entweder den Ausdruck der fpecififchen Schwere vor, oder im Experiment, dem Leier, der gerne feibft mitrechnen m\u00f6chte, zur Vergleichung dar, auch f\u00e4llt es dem Verf. wohl hie und da erft bei eien Folgerungen ein, die ver\u00e4nderte fpecifilche Schwere beobachtet zu haben. Ihm fcheint fein jedem Phyfiker l\u00e4cherliches Raifonnement zu gen\u00fcgen, dafs ein Harn, der Spuren des Blutferums in feiner Mifchung zeigt, verm\u00f6ge die-fes Beitandtheils fchwerer werden muffe. Da das Serum des Bluts bei Hunden nach John Davy 1,023 fpe-eififches Gewicht hat, der Urin aber fo leiciit vom\nVerf.","page":400},{"file":"p0401.txt","language":"de","ocr_de":"401\nVerf. in keinem Verfuche vorgefunden wurde, und auch wirklich nicht ift, fo ift der Fall ganz der, als wenn man das fpecififche Gewicht: des Wallers durch Zumifchung von Alkohol vergr\u00f6fsern wollte.\nDafs Herr Kriiner endlich fich \u00fcberreden konnte, eine Ligatur fey binnen drei Tagen vollkommen aufge-l\u00f6ft worden, (Experim. z. p. 8 ) dafs er im Stande war, feinen Harn von vier zu vier Minuten zu unter-fuchen, was felbft mit Beih\u00fclfe des Katheters fehr un-wahrfcheinlich ift, dafs es ihm gelang, Wefpen und Hummeln zu treuen Trabanten bei feinen Verfuchen mit der Schwimmhaut der Fr\u00f6fche unter dem Mikrofkop zu machen, das alles f\u00fchre ich nur als Beweis an, wie auch das Auffallende von unferer heutigen Kritik tiber-fehen wird.\nIch breche ab, da ich eine wiffenfchaftliche Dis-cuffion \u00fcber einige von Herrn Kriiner gemifshandelte Gegenft\u00e4nde mir f\u00fcr eine andere Gelegenheit Vorbehalte. Dafs keine perf\u00f6nliche Animofit\u00e4t mir die Sprache der Indignation, in der mein obiges Urtheil aus-gefprochen ift, weder gab, noch auch nur fch\u00e4rfte, hoffe ich felbft die nicht erft verfichern zu d\u00fcrfen, die fchon andere Meinungen \u00fcber den Werth des in Rede flehenden Werks ausgefprochen haben. M\u00f6ge die Kritik unferer fo zahlreichen Rec\u00e8nfions\u00eenftitute k\u00fcnftig beffer daf\u00fcr forgen, dafs nicht aller Schlamm als lautere Wahrheit durch ihr durchl\u00f6chertes Fiitrum gehe!\nM. d. Archiv. VII 3t.","page":401}],"identifier":"lit15790","issued":"1822","language":"de","pages":"395-401","startpages":"395","title":"Etwas zur W\u00fcrdigung der \"physiologischen Untersuchungen von Krimer,\" Leipzig 1820","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:07:03.216940+00:00"}