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{"created":"2022-01-31T16:08:48.928361+00:00","id":"lit15794","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Plagge, M. W.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 7: 429-435","fulltext":[{"file":"p0429.txt","language":"de","ocr_de":"k\u00fcming und Verk\u00fcmmerung der Aefte und Zweite der carotis cerebralis vorhanden feyn. Da in diefen F\u00e4llen h\u00e4ufig zugleich auch die Sch\u00e4delknochen in ihrer Entwicklung zur\u00fcck find, fo tnufs diele Erlcheinung ebenfalls in einer Verk\u00fcrzung der Verzweigung der Arterien namentlich der carotis externa und der arteriae menin-geae insbeforidere gefucht werden. Ich habe bei dielen Bemerkungen mich zwar immer des Ausdrucks bedient, dafs die Urfache der unvoilkommnen Gehirnentwicklung in einer Verk\u00fcmmerung der carotis cerebralis zu. fliehen fey, aber nur um mich verft\u00e4ndlich und kurz auszudr\u00fccken, indem ich nicht der Meinung bin, dafs ein fol-ches Caufalverh\u00e4ltnifs Statt finde, fon lern vielmehr \u00fcberzeugt bin, dafs die Verk\u00fcmmerung des Gehirns und der Gehirnfchlagader ein gleichzeit ig Stattfindendes Ereignifs fey, die eine die andere nicht bedinge, fondera dafs durch eine harmonia praefrabilita bei dem erften Entw\u00fcrfe des Organismus beide M\u00e4ngel zugleich gefetzt feyen.\nvin.\nUeber die Urinfecretion der Hamblafe. Von M. W. Plagge.\nSchon feit den \u00e4lteften Zeiten war man dar\u00fcber in Zweifel, ob der Urin blofs das Product der Secretions-th\u00e4tigkeit der Nieren fey oder nicht. Diejenigen, welche dies l\u00e4ugneten, nahmen geheime Wege an, wodurch das Getr\u00e4nk unmittelbar aus dem Magen und Darmkanal zur Harnblafe gelange und fo den Urin bilde. Man hatte eine Ahndung der Wahrheit, allein die Wahrheit feibft blieb dem Geilte noch verh\u00fcllt.","page":429},{"file":"p0430.txt","language":"de","ocr_de":"430\nDiefer n\u00e4her zu kommen oder fi\u00e9 wo m\u00f6glich art das Licht zu ziehen, dazu m\u00f6gen diefe Andeutungen dienen, da eine wiffenfchaftlicbe Er\u00f6rterung diefes ge\u00ab wifs nicht unwichtigen phvfiologifchen Gegenftandes meine \u00e4ufsern Verh\u00e4ltniffe mir nicht zu geben geftatten.\nWenn es gleich als v\u00f6llig erwiefen anzufehen ift, da\u00df durchaus keine geheimen li ege Statt finden, auf welchen der Urin zur Blafe gelange, fo ift damit \u00bboch keinesweges bewiefen, dafs der Urin, den wir in der Blafe finden, das alleinige Product der Secre-tionsth\u00e4tigkeit der Nieren, und die Blafe blofs der Be* h\u00e4lter des Urins ley, wie die jetzt allgemein angenommene Meinung ift. Im Gegentheil glaube ich, aus Wichtigen, fogleich n\u00e4her zu entwickelnden Beweggr\u00fcnden , annehmen zu d\u00fcrfen, da\u00df der Urin, fo wie wir ihn in der Blafe finden, das Product fowohl der Me-renth\u00fctigkeit, als auch der Secretionsth\u00fctigkeit der. Har nb Ulfe fey, und dafs das Blutgef\u00fcfsfyftem der Weg fev, auf welchem der abzufondernde Stoff beiden Secretion ioi galten, den Nieren n\u00e4mlich und der Harn-blafe, zu gef\u00fchrt werde.\nDie Gr\u00fcnde, welche mich zu diefer Annahme be-frimmen, find nun folgende:\ni) Zeigt uns die vergleichende Anatomie, dafs in den untern Thierklaffen die Harnblafe eher zum Auftritt k\u00f6mmt als die Nieren oder diefen \u00e4hnliche Organe. W\u00e4re nun die Blale blolser Beh\u00e4lter des Urins, fo w\u00fcrde diefes Factum durchaus unerkl\u00e4rt da Itehen. *\nMan wird mir hier zwar einwenden, dafs diefe bei den niedern Thieren ohne eigentliche Nieren vor-kornmendu, Blafe keine Harnblale fey , londern ein den Nieren analoges Organ, allein man wird dennoch nicht abl\u00e4ugnen wollen, dafs das nur eine gezwungene Erkl\u00e4rung des Factums fey, geltiitzt auf die Anficht, dafs die Nieren allein das Secretions\u00f6rgan des Urins feyen.","page":430},{"file":"p0431.txt","language":"de","ocr_de":"Wenn alfo bei den niedern Thieren der Harnblafe eine offenbare F\u00e4higkeit, Urin abzufondern, zuk\u00f6mmt, fo find wir nicht berechtigt, ih.r diele F\u00e4higkeit bei den hohem Thieren, bei denen zu ihr noch die Nieren hin-zugekommen find, abzuft reiten. Es ilt daflelbe Ver-h\u00e4ltnifs zwifchen der Harnbiale und den Nieren, in R\u00fccklicht auf die Ur'mfecretion wie zwilchen der conjunctiva und der glandula lacrymalis in R\u00fccklicht der Thr\u00e4nenabfonderung.\n2)\tZeigt die allm\u00e4hliche Entwicklung des Harnfy-ftems in den Individuen h\u00f6herer Bildung, dafs die tiarri-bl\u00ab je \u00fcberall das Erft gebildete, die Nieren das Nach-gebildete find, welches darauf hindeutet, dafs die Harnbiale nicht fo unwefentlich fey, wie man wohl zu denken pflegt.\n3)\tDie Analogie., welche zwifchen der Schleim-haut der Bla/'e und der \u00e4ufsern Haut, fo wie die faft v\u00f6llige Identit\u00e4t, welche zwifchen erfterer und der Schleimhaut des Darmkanals und der Lungen Statt findet, fprechen auf eine unzweideutige Art f\u00fcr die Annahme, dafs fo wie an der \u00e4ufsern Haut und an der Schleimhaut des.Darmkanals und der Lungen, fo auch an der Schleimhaut der Harnbiale eine w\u00e4fsrige Secretion Statt finde. Was n\u00e4mlich bei der Haut die Aus-d\u00fcnftungsmaterie und der Schweifs, was bei der Schleimhaut des Darmkanals der Magen - und Darmfalt und bei den Lungen der Alhemdunft ift, daflelbe ilt der Urin, feinem w\u00e4fsrigen Theile nach, bei der Schleimhaut der Blafe.\nMannigfache, oft wiederholte Verfluche, fo wie pathologifche Beobachtungen haben uns gezeigt, dafs wir auch dann noch brin in der Harnblafe antreffen, wenn dahirt aus den Nieren keiner p elan sen konnte. Ohne mich auf meine eigenen, deshalb angelteilten Verflache zu beziehe\u00ab, will ich hier nur einige \u00e4ltere Ver-","page":431},{"file":"p0432.txt","language":"de","ocr_de":"433\nfuche und Beobachtungen ins Ged\u00e4cbtfiifs zurilckrufen, welche diefen Satz hinl\u00e4nglich bet\u00e4tigen werden, n\u00e4mlich die von Morgan 1 ), einem Ungenannten in den Phil. Transactions s), Kmtzenfiein 3), Brunning 4), Thilow *), Tabarratii 6), HorJ't 7) u. a. mehr.\nDa man diefes Factum nicht mit der gew\u00f6hnlichen Anficht reimen konnte, fo nahm rnan bei der Erkl\u00e4rung deifelben zu geheimen Wegen, zu retrograder Bewegung der Lymphe, zu vicariirender krankhafter Tlnitigkeit der Blafe u.f. w. feine Zuflucht, da doch diefes Factum feine volle ungek\u00fcnftelte Erkl\u00e4rung in der normalen Secretionsth\u00e4tigkeit der Flarnblafe findet, die nat\u00fcrlich auch nach der Unterbindung der Ureteren, oder nachdem die Organifation der Niere zerft\u00f6rt war, noch fortfuhr, Harn abzufondern, wenn gleich von mehr w\u00e4lferiger Befchaffenheit als der aus Nieren - und Blafenhani gemilchte normale Urin.\nWenn nicht bei allen Veri'uchen, welche mit der Unterbindung der Ureteren gemacht wurden, eine bedeutende Quantit\u00e4t Urin in der Blafe gefunden wurde, io lag das ohne Zweifel daran, dafs die Blafe wegen des nach Er\u00f6ffnung der Bauchh\u00f6hle auf der \u00e4ufsern Bla-fenwand Statt findenden Druckes der athmofph\u00e4rifchen Luft den abgefonderten Urin in kleinen Portionen aus-\ngetrie-\nl) Phil, principles o\u00a3 medicine. London 1725. p. 194.\n4) For the year 1670. No. 65. 67.\n4) Theorie fiuxus diabetici. Halae 1746. p. 12.\n4.) Diff. de iinyultn, exp. 15.\n\u00c7 j Anatom, pathol. Abhandl. von den Nieren, welche keine Harnleiter hatten u.f. w. Erfurt 1793. 0. 6.\nObferv medicae. Luec. 1763. p. 27.\n7) Huf eland\u2019s t*ad Himlfs Journal der praktischen Heilkunde\niSia. St, ia. p. 6*.","page":432},{"file":"p0433.txt","language":"de","ocr_de":"gelrieben hatte, oder dafs durch die Reizung, welche die in die Bauchh\u00f6hle eingetretene Luft an der Biafe hervorbrachte, die innere Secretion unterdr\u00fcckt wurde. Eben fo wenig widerfprechen meiner Anficht die von A. H. L. Wejtrurnb angefteilten Verfuche l), nach welchen in dem Urin der Biafe keine Spur der Rhabarber oder der Blauf\u00e4ure zu finden war, wenn man vorher die Ureteren unterband; denn diefe Verfuche bewei-fen nur, wenn fie fich \u00fcberhaupt oft wiederholt und modificirt beft\u00e4tigen, dafs jene dem Blute fremdartige Stoffe allein durch die Secreiionsth\u00e4tigkeit der Nieren , nicht aber durch die Secretionsth\u00e4tigkeit der Biafe aus der Blutmaffe wiederum ausgefchieden werden k\u00f6nnen, wie andere Mittel nur durch die Hautausdiinftung aus dem circulirenden Blute entfernt werden k\u00f6nnen, und dadurch eben zu fpecififch wirkenden Diaphoreticis werden. Keinesweges aber folgt aus diefen Verbuchen, dafs \u00fcberhaupt keine Urinfecretion in der Biafe Statt finde.\nAuch die pathologifche Beobachtung, dafs man bei der angebornen Inverfio veficae urinariae keine Urinfecretion an der Oberfl\u00e4che der Schleimhaut der Biafe wahrnehme, ftreitet nicht gegen meine anfgeftellte Anficht, indem diefer widernat\u00fcrliche Zuftand der Biafe ihr nicht erlaubt, ihre normale Function auszu\u00fcben. Im Gegentheil beft\u00e4tigt. diefe pathologifche Bildung meine Anficht, indem der fichtbar aus den Ureteren heraustr\u00f6pfelnde Urin einen weit fl\u00e4rkern Geruch und eine weit gef\u00e4ttigtere Farbe hat, als der gew\u00f6hnliche Harn, da er doch, der gew\u00f6hnlichen Anficht gem\u00e4fs,\nl) S. Gow. ejus pkyiiologica de phaenemenis, quae ad vias fie dictas lotii clandsftma\u00ab demonfwandas referur.tur. Gof-> tingae 181?.\nM. d. ALrekiv. VH, 3,\tE \u00ab","page":433},{"file":"p0434.txt","language":"de","ocr_de":"434\nnach welcher felbft noch die w\u00e4fsrigen Theile des Nierenharns in der Blafe abforbirt werden foJlen, eher d\u00fcnner und bl\u00e4ffer als der gew\u00f6hnliche Urin i'eyn m\u00fcfste.\nWenn ich nun hier aufftelle, dafs nicht blofs die Nieren, fondern auch die Blafe den Urin abfondere, fo will ich damit keinesweges behaupten, dafs das w\u00e4ffe-rige Secretum, welches die Blafe liefere, in feinem quantitativen und qualitativen Verh\u00e4ltniffe ganz gleich fey mit dem Secreto der Nieren, fondern ich behaupte blofs, dafs der Urin, fo wie er excernirt wird, nicht biofs das Product der Nieren fey, fondern auch zugleich der Blafe. H\u00f6chft wahrfcheinlich ift das Secretum der blafe weit mehr w\u00e4fferiger Art, und das Secretum der Nieren weit reichlicher mit den eigenth\u00fcm-lichen Harnftoffen verfehen, allein darum wird man der Blafe doch wohl nicht die Urinfecretion abftreiten wollen, da der Urin als Excretum \u00fcberhaupt der Maffe nach vorzugsweife aus w\u00e4flerigen Theilen befteht. Um nun n\u00e4her zu beftimmen, welche eigent\u00fcmliche Harn\u00ab ftoffe von den Nieren, und welche von der Blafe ab-geibndert werden, dazu geh\u00f6ren viele mit der gr\u00f6ls-ten Genauigkeit und Umlicht angeftellte Verfuche, zu welchen ich, wegen des hohen In ter effes f\u00fcr Phyfiolo-gie und ganz vorz\u00fcglich f\u00fcr Pathologie, die Phyiiolo-gen und Chemiker im Namen der Wiffenlchaft dringend auffordere, da meine Verh\u00e4ltniffe mir nicht geftatten, dergleichen Verfuche anzufteiien.\nWerfen wir nun noch einen Blick auf unfere auf-geftellte Anficht zur\u00fcck, fo werden wir gewahr, dafs durch lie manches erhelit wird, was bis jetzt im Dunkeln lag; es fey genug, hier nur auf einiges hmzu-deut n\nDie gro\u00dfe Menge von arteriellen, Blutgef\u00e4\u00dfen,\nWelche zur Blafe gehen, fteht in keinem Verh\u00e4itni\u00dc#","page":434},{"file":"p0435.txt","language":"de","ocr_de":"zu ihr als blofsem Beh\u00e4lter des Urins, fie bekommen aber eine fehr wichtige Bedeutung, wenn wir bedenken, da!s fie der Schleimhaut der Blafe das Material zuf\u00fchren, aus welchem diefe einen T\u00fceil des Urins ablondert.\nEs erkl\u00e4rt ferner meine Anficht das bekannte Factum, dafs der Urin der V\u00f6gel, denen die Blafe abgeht, eine fo dickliche Confiitenz hat, da derfelbe nicht durch das w\u00e4tTerige Secret um' der Blafe verd\u00fcnnt il't.\nAuch das phyfiologifche Ph\u00e4nomen, dafs der 17/in, des Frauenzimmers w\u00e4jjeriger ift als der des Mannes, ftimmt vollkommen mit der aufgeftellten Anficht \u00fcberein, indem beim Weibe in der Bildung des Harnfy-ftems die Harnblafe relativ mehr die Nieren als beim Manne \u00fcberwiegt.\nDie zahlreichen Erl\u00e4uterungen, welche das patlii-fche Lebensverh\u00e4ltnifs daraus zu foh\u00f6pfen vermag, Jaffe ich hier unber\u00fchrt, als nicht zun\u00e4chft hierher geh\u00f6rend.\nIX.\nCuvier\u2019s Bericht \u00fcber J. V. Audouin\u2019a anatomifclie Unterfuchungen \u00fcber den Thorax der Gliederthiere \u00fcberhaupt und der Infekten insbefondere. (Aus den Annal, g\u00e9n. des fcienc. phyf. Tom. VII. p. 182.)\nD ie Herren Lac\u00e9p\u00e8de, D\u00fcin\u00e9ril und ich haben den Auftrag erhalten, der Akademie einen Bericht \u00fcber ein betr\u00e4chtliches Werk von Herrn \u00c4udoitin abzuftat-ten, welches die vergleichende Anatomie der harten Tlieile der Infekten z\u00fcrn Gegenftaude hat,\nEe a","page":435}],"identifier":"lit15794","issued":"1822","language":"de","pages":"429-435","startpages":"429","title":"\u00dcber die Urinsecretion der Harnblase","type":"Journal Article","volume":"7"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:08:48.928367+00:00"}