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Anatomisch-physiologische Bemerkungen

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{"created":"2022-01-31T14:53:24.177197+00:00","id":"lit15819","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Rathke","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 8: 45-55","fulltext":[{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"45\nIV.\nAnatomifch - pliyllologifuhe Bemerkungen. Von Dr. Rathke.\nj) Lieber clen Bau der Blicken f\u00fcr die Syfiemcuiker. Es giebt einige Thiere, auf welche die allgemeiner\u00bb Merkmale der einzelnen Gruppen, in die man das Reich der Thiere abgetheilt hat, fo wenig paffen, dal's man he faft f\u00fcr Ueberhleibfel einer ausgeftorbe-nen, oder umgekehrt, als Anf\u00e4nge einer neuen fremdartigen Sch\u00f6pfung halten k\u00f6nnte. Sie find der Stein des Anftofses f\u00fcr die, welche glauben, dafs die Entwicklung der Thierwelt auf einer einzigen geraden Linie fortgehe; der Spieibail in den H\u00e4nden derer, weiche che Sch\u00f6pfung geh\u00f6rig in Reihe und Glied zu fteilen ftreben. Zu dielen Thieren nun d\u00fcrften ganz befonders die Pricken und Lampreten geh\u00f6ren.\nDie elftem habe ich feit drei Jahren mit rn\u00f6glich-fter Sorgfalt unterfucht. Was ich daran gefunden, wird binnen Kurzem den Anatomen ausf\u00fchrlich vorgelegt werden. Hier jedoch erlaube ich mir einige Abweichungen im Raue der Prickcn fchon vorl\u00e4ufig und in aphoriftifcher K\u00fcrze mitzutheilen und anzugeben, in wiefern diefelben von den Fifchen und Amphibien einerfeits ab weichen, aridrerfeits fich ihnen beide\u00ab zugleich wiederum anfchliefsen.\nUeber den Sch\u00e4delbau d\u00fcrfte ich hier wol kaum ein Wort anf\u00fchren, da ihn Spix und Cams (jener von der Lamprete) bekannt gemacht haben '). Diefes nur will ich erw\u00e4hnen, dafs er fich als den ft\u00e4rkften Widerl\u00e4cher der finnreichen Erkl\u00e4rung \u00fcber die Redeu-\nl) Carus in dem Lehrbuche der Zootomie, Spix in der Cep'na-logeneiis.","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\ntung der Sch\u00e4delknochen, welche uns Oken gegeben hat, zu zeigen fcheint, und dafs die einzelnen Tneile des Pricken- und Lampretenfchadels fich weder mit den einzelnen Scli\u00e4deltheilen der Fifche, noch mit denen der Amphibien bis dahin durchweg vergleichen lafl'en. Eine Vermittlung aber d\u00fcrften wir wohl kaum von der M yxine und dem unbenannt gelaffenen Gefch\u00f6pfe, das Home aus der Siidfee erhielt, und das fich an die My-xiae anzufchliefsen fcheint, erwarten.\nDie Befchreibung ties Bruftgerippes der Pricken, welche Dr. Schulze gegeben hat 1) ift faft durchweg unrichtig. Vielmehr ift diefer K\u00f6rpertheil ganz gleich dem der Lamprete, bei beiden aber weder dem Bruft-gerippe der Fifche, noch dem der Amphibien \u00e4hnlich. Eine dreifache Reihe tief gelegener Muskeln f\u00fcllt auf jeder Seite die Oeffnungen des gitterf\u00f6rmigen Bruft-gerippes aus, und bewirkt die feitliche Verengerung deffelben w\u00e4hrend der Athmung. Die Erweiterung aber ift lediglich die Wirkung der Elafticit\u00e4t, welche den Knorpeln des Bruftkaftens zukommt. Aus den vielen Merkw\u00fcrdigkeiten diefes Theiles hebe ich hier nur die heraus, tlafs fich bei keinem Wirbelthiere die obere und untere H\u00e4lfte fo durchaus \u00e4hnlich find, wie gerade an ihm.\nDie Athemwerkzeuge find ganz fo, wie die uns von der Lamprete bekannten. Sonderbar genug liegt jeder Kiemenfack in einer eigends ihm angeh\u00f6rigen H\u00f6hle, die, wie jede der beiden fei\u00fcichen Lungenh\u00f6hlen der S\u00e4ugthiere, von einem h\u00e4utigen Sacke, der fich endlich ebenfalls \u00fcber die Kieme felbft her\u00fcber zu Lhlagen \"cheint, gebildet wird. Indem aber die \u00dfruftfellf\u00e4cke fich immer je zwei an einander legen, entliehen auf\nl) Diefes Archiv, Ed. IV.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"47\njeder Seite fechs fenkrecht ftehencfe Scheidew\u00e4nde, n\u00e4mlich zwifchen zwei der Kiemen immer einer. Ein-geathmet wird das Waffe r durch die \u00e4ufsern Kiemenl\u00f6cher, niemals aber durch den Mund, ausgeathmet ebenfalls durch jene L\u00f6cher, und nur in ieltnen F\u00e4llen ein Theil deffelben durch das mit mehrern Muskeln verfehene, und dureh diefe nach Willkiihr zu fchliefsende und zu \u00f6ffnende vordere Ende des Bronchus. Zeigte lieh uns die Einathmung, fo wie ich angegeben habe, nicht durch die Beobachtung an lebenden Thieren, fo mufste lie fchon aus pbyfikalifchen Gefetzeri wahrfclieinlich feyn. *) Betrachten wir \u00fcbrigens den Bau der A them Werkzeugs im Zufammen-hantre, fo h\u00e4lt er das Mittel zwifchen dem der Fifch-\n\u00fc\nkiemen und dem des Athemapparates der \u00fcbrigen drei h\u00f6hern Thierklaffen.\nDer Verdauungsweg der Pricken fleht dem \u00e4ufsern Baue nach auf einer noch fehr niedern Stufe, indem die einzelnen St\u00fccke deffelben, der Mund-, Mittel und Afterdarm, noch wenig von einander zu unter-fcheideu find. Alle drei bilden eine einfache K\u00f6bre, die nur in ihrer Mitte etwas ft\u00e4rker, als an den vordem Stellen, ausgeweitet ift. Wie \u00fcbrigens auch bei andern Thieren, wo lieh der Darm noch auf einer niedern Stufe befindet, lieh zuerft der Mund- und Mitteldarm durch verfchiedenen innern und \u00e4ufsern Bau von einander unterfcheiden, der Afterdann aber nur bei viel h\u00f6herer Ausbildung fich kenntlich macht, (wor\u00fcber ich in einer Abhandlung \u00fcber den Darmkanal der Fifche bald das N\u00e4here mittheilen werde), fo hat auch bei den Pricken fich nur erft der Munddarm vom Mitteldarm gefchieden, der Afterdarm aber durch be-\n0 Man vergleiche hiermit den Auffatz von Snjanus in der Ifis, (.Jahrgang iSsi. \u00dfd. 2.)","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\nfondere Bildung fich noch gar nicht hervorgehoben. Was nun den Munddarm anbelangt, fo hat er auch nicht die mindefte Aehnlichkeit mit dem, der von mir unterfuchtcn betr\u00e4chtlichen Menge der Fifche. Der Schlundkopf befteht nicht aus einem Ringmu.skel, fon-dern, wie bei viel h\u00f6heren Thieren, aus etlichen Muskellagen, die von einer l\u00e4ngsgehenden Aponeurofe oben entlpringen, zum Theil fich decken und fchr\u00e4g nach unten und hinten herablaufen. Die L\u00e4nge der Speifer\u00f6hre ift wegen des eigent\u00fcmlichen Baues der Bruft gr\u00f6fser, als bei irgend einem Fifche ; ein Magen aber hat eben fo wenig, wie bei den Karpfen , Peitzgern und einigen andern Fifchen, fich vom Munddarme ausgebildet. Abweichend von Allem, was wir \u00fcber den Dann der Thiere wiffen, ift der Faltenwurf der Darm-fchleimhaut bei den Pricken, Zarte L\u00e4ngsfalten gehen fchraubenf\u00f6rmig in mehreren links gewendeten Windungen von der Speifer\u00f6hre bis zu der Klappe, welche diefe von dem \u00fcbrigen Darmtheile abgr\u00e4nzt, herab ; in diefem aber viele und etwas h\u00f6here Falten in einer einzigen Windung, ohne alle Unterbrechung, vom Anf\u00e4nge bis zu dem Ende deffelben. Unter dielen letztem zeichnet fich eine Falte durch H\u00f6he und Dicke befonders aus, und in ihr \u2014 wer h\u00e4tte es erwartet! \u2014 verlaufen die Arterien- und Venenft\u00e4mme des Darmes wie in einem Ilaltangsbande, auftatt dafs bei andern Thieren diele Gef\u00e4fse auf dem Darme, oder in einem Gekr\u00f6fe, das bei den Pricken g\u00e4nzlich fehlt, geborgen lind.\nWas die Speicheldr\u00fcfen anbelangt, fo ift die trichterf\u00f6rmige Lippe faft durchaus als folche zu betrachten, und die grofse Zahl der Windungen bildet einen einfachen Kranz, der ander Kiemenfl\u00e4che der Lippe faft ganz herumgeht. Zwei andere grofse halbmondf\u00f6rmige und gleichfalls feink\u00f6rnige Speicheldr\u00fcfen, die\nIch on","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"49\nfchon Home als folche bei der Lamprete erkannt bat, liegen zu den Seiten des Kopfes und m\u00fcnden entweder auf der Zunge felbft, oder doch dicht bei der-felben, denn ganz beftimmt habe ich mich hiervon nicht unterrichten k\u00f6nnen. So wie nun bei den Fi-fchen, wo Speicheldriifen am Kopfe Vorkommen, das Pankreas fehlt, vennifstman auch bei Lien Pricken daffelbe, denn die kleine Dr\u00fcfe dicht hinter der Gr\u00e4nzkJappe am Anf\u00e4nge des Mitteldarms ift wegen ihrer Lage, fern von der M\u00fcndung der Gallemvege und oben an der R\u00fcckenfeite des Darmes, wohl nicht als folches anzu-fehen !\nDie Nieren, welche Home f\u00fcr die Hoden hielt, haben gar keine Aehnlichkeit mit denen der Gr\u00e4nn-fifche, wohl aber zum Tlieil mit denen der Knorpei-fil'che und denen der Batrachier. Den Nieren der letztem n\u00e4hern fie fich infofern, als von ihnen eine fchmale Verl\u00e4ngerung, fo wie bei den Urodelen . nach vorn abgeht und fich weit nach vorn hinauf erftreckt. l)iefe Verl\u00e4ngerung aber ift bei den Pricken nur eine dichte Gallerte, angef\u00fcllt mit feink\u00f6rnigem, feftem Fette. Den Nieren tier Knorpelfifcbe, wenjgl'tens denen des Si\u00f6res, kommen die Nieren der Pricken darin gleich, tlafs an ihrem \u00e4ufsern Rande ein langer, weiter und h\u00e4utiger Gang, der Harnleiter, verl\u00e4uft. Beide Harnleiter verbinden fich hinter den Nieren, und enden fich in eine Warze, die in der Kioak liegt. Uebrigens be-ftehen die Nieren aus lauter kleinen, faft pinfeif\u00f6rmig zufammengereihten Quergef\u00e4fsen, die durch Schleim-gewehe vereinigt find und in den Harnleiter unter rechten Winkeln \u00fcbergehen. Nach Unterbindungen f\u00fcllten fich die Harnleiter lebender Pricken in einigen Stunden bis fait zumZerplatzen mit einer etwas dicklichen, weingelben und durchfichtigen Fl\u00fcffigkeit an, die wohl Niemand f\u00fcr den Saamen gehalten h\u00e4tte. Ohnehin wur-M. d. Archiv. FUI. l.\tD","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\nden die Verfuche ganz aufser der Laichzeit, n\u00e4mlich im Spatherbite, unternommen.\nDer Bau der Ejerft\u00f6cke ift bekannt, und beil\u00e4ufig gefagt, \u00e4hnlich dem der Lachfe, des Aales und der Sir sne. Die Eier fallen daher, wenn fie lieh gel\u00f6fet haben, in die Bauchh\u00f6hle, aus der fie dann durch eine einfache Oeffnung in die Kloake ausgehen. Die Hoden find, fo viel ich bis dahin habe ausmitteln k\u00f6nnen, der \u00e4ufsern Form nach, \u00e4hnlich den Eierft\u00f6cken, und beheben aus lauter kleinen K\u00fcgelchen, wie die Hoden der Salamander, anftatt dafs die Hoden der uns bekannten Fifche, mit wenigen Ausnahmen, aus lauter einzelnen R\u00f6hrchen zufannnengefetzt find. Der Saame dringt h\u00f6chft wahrscheinlich ebenfalls in den freien Raum der Bauchh\u00f6hle. Zur Laichzeit habe ich mir zwar noch niemals Pricken verfchaffen k\u00f6nnen, um das Angef\u00fchrte noch n\u00e4her zu erforl'chen, jedoch habe ich im Herbfte und Winter bei einigen Exemplaren die Gefchlechtstbeile nur mit gelben Eiern, welche die Gr\u00f6fse eines Hirfekornes hatten, gef\u00fcllt angetroffen, bei andern aber, und eben fo grofsen Exemplaren nur mit weifsen, etwas ins R\u00f6thliche fpielenden, ungemein kleinen K\u00fcgelchen, obfehon die Pricken zu einer und derfei-ben Jahreszeit laichen f\u00fcllen. T\u00e4ufche ich mich, was ich nicht f\u00fcrchten will, in Betreff deffen, was ich bis jetzt noch f\u00fcr den Hoden halte, fo lebe ich, nachdem ich ein Paar hundert Pricken ge\u00f6ffnet habe, keinen andern Ausweg, als anzunehmen, dafs diele Filiere fo wie einige der niedrigften Gefeh\u00f6pfe, nur allein weiblichen Gefchlechts find, und durch eigne Kraft als eigentlich rein weibliche Wefen dennoch fruchtbare Eier erzeugen k\u00f6nnen. Wie dem aber auch fey, fo viel wenigstens ift gewifs, dafs die Petromyzen nicht Her-mophroditen find.","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"51\nDer Gefclileclitstheil, indem er faCt durch die ganze Bauchh\u00f6hle geht, ift enge angeheftet an ein fon-derbares Gebilde, dus dicht unter dem R\u00fcckgrathe liegt, und von Home f\u00fcr die Nieren gehalten worden ift. Es ftellt aber diefe.s Gebilde einen , durch die ganze Bauchh\u00f6hle gehenden, weiten, vorn und hinten etwas fpitz geendeten Schlauch dar, deffen Inneres von einer nicht zahlbaren Menge fihr\u00fcfer und fich unter ein-ander mannichfaltig kreuzender und verbindender F\u00e4den und Bl\u00e4ttchen ungef\u00fcllt ift. L\u00e4fst man eine Pricke fich verbluten, fo ift es zufammengefallen und kaum mehr bemerkbar, ftirbt fie aller unverletzt ab, fo ift es prall mit fchwarzein Verienblute angef\u00fcllt, und deshalb von mir ein Blutbeh\u00e4lter genannt worden. In diei'ein Beh\u00e4lter nun ergiefst fich zuletzt alles Blut der Nieren und des Gefchlechtstheiles, fo wie \u00fcberdies noch ein TT heil des Durmolutes. Der Venenftamm des Darms n\u00e4mlich geht mit dem vordem Ende in die Leber, mit dem hintern, fait eben fo weiten in den befchrie-benen Beh\u00e4lter. Aus diefem aber f\u00fchrt eine groise Menge ganz feiner Locher in die beiden hintern Hohlvenen, denen er ganz dicht aufgewachfen ift.\nDa dis Milz fehlt, fo ift es m\u00f6glich, dafs jenes Gebilde die Stelle derfeiben einigermafsen erfetzt, wof\u00fcr \u00fcbrigens der Umftand fpricht, dafs die Leber der Pricken lehr klein ift: Leber aber und Milz ihrer formellen Bildung nach in einem Antagonismus zu liehen fcheinen.\nDrei grofse Venenft\u00e4mme f\u00fchren, wie bei den Fifchen, fo auch bei der Pricke, das Blut des Kopfes und der Brui't dem Herzen zu. Von dielen aber liegen die zwei obern, aifo die vordem Hohlvenen, fonder bat genug, nicht unter den rippenartigen Querfort-f\u00e4tzen des R\u00fcckgrathes, fondern \u00fcber denfelben , und zvvai da, vvo diele von dem R\u00fcckgrathe abgehen.\nD 2","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"53\nBeide Venen fiiefsen endlich mit den zwei hintern Hohlvenen zu einem einzigen Trichter zufammen, der fich, an der rechten Seite der Speifer\u00fchre herabgehend, in die einfache Vorkammer des Herzens einm\u00fcndet. Nicht aber, wie bei den Fifchen, verbindet fich jener trichterf\u00f6rmige Venenanhang mit der Lebervene, ehe er ins Herz eingeht, fondera die Lebervene endet fich getrennt, und nachdem lie fich in der knorpligen Herz-kapfel feibft mit der untern grofsen Bruftvene verbunden hat, in die Vorkammer, jedoch liegen auf der Bjn-nenfi\u00e4che diefer die M\u00fcndungen jenes Hohlvenentrichters und die Lebervene dicht neben einander.\nDie Vorkammer felbft ift faft noch einmal io grofs als die Herzkammer, und fo muskul\u00f6s und dickwandig, wie man es niemals bei einem Fifche bemerkt hat.\nAus dem Herzen geht die Kiemenfchlagader nicht, wie bei den Gr\u00e4tenfifchen, unter der Geftalt einer Zwiebel, fondera, wie bei den Knorpelfifchen, alsein kurzer Cylinder aus.\nDas Gehirn und R\u00fcckenmark find im Allgemeinen von Cams, das Ohr von Weber, die Nafe von Bojanus richtig und hinl\u00e4nglich f\u00fcr jetzt bcfchrieben worden. Ich enthalte mich daher \u00fcber diefe Gebilde hier einer jeden Bemerkung, da ich an diefem Orte nur ganz aufs Allgemeine gehende Andeutungen geben wollte. Nur \u00fcber die Zunge und das Auge will ich lchliefsJich noch erw\u00e4hnen, dafs die erltere durch eine Menge Knorpel unterft\u00fctzt und durch viele Muskeln regiert wird, und dafs fie felber, wie bei keinem bekannten YVirbelihiere fonft weiter, aus drei Lappen befiehl, von denen die zwei ob\u00e9ra durch Muskeln gegenfeitig einander gen\u00e4hert und von einander entfernt werden k\u00f6nnen. ln alle Lappen vertheilt fich ein barker Alt des Trigeminus, fo dafs es wahrfcheiniich wird, dafs der Ge-fchmack der Pricken ziemlich vollkommen ift. Uebri-","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"crens aber fcheint die Zunge \u00e4hnlichermnfsen, wie bei den Schlangen , auch als Taftorgan zu dienen.\nim Auge fehlt die Cboroidaldriife g\u00e4nzlich. Die Aderhaut ift durchweg kohllchwarz gef\u00e4rbt, fcheint durch die d\u00fcnne Sclerotica fchwarz hindurch, und ]\u00e4ffst fiel) nicht in einzelne Lagen zertheilen. Die Retina endlich ift ungemein dick, und nirgends mit einem Einfchnitte, wie doch bei mehrern Fifchen, ver-fehen.\n2) Angeborne [\u00e4nderbare Mi\u00dfbildung eines menfeh-licken Auges. Eine Abhandlung von dem Profeffor v. Walther, in deffen und Gr\u00e4fes bekanntem Journale, beriiekfiebtigend die Krankheiten des Ciliarner-venfyftems, machte mich aufmerkfam auf eine Frau, deren Iris im linken Auge lieh in einer fonder baren Geftalt zeigt, die mit einer L\u00e4hmung der Sehkraft ver-gefe]llchaftet ift. Die Iris namentlich bildet einen halben Mond, geht nur um den oben) Theil und die Seiten des Auges herum, verfchwindet aber, in kurze H\u00f6rner auslaufend, nach unten zu noch an c!en Seiten des Aiures, fo dafs hinter dem untern Theile der Horn-haut keine Spur der Iris zu fehen ift. Der obere, Theil, alfo die Mitte der halbmondf\u00f6rmigen Iris, ift ungef\u00e4hr noch ein halb Mal fo hreit, als daffelbe Gebilde an derfelben Stelle im rechten Auge, fo dafs die Pupille ganz nach unten ger\u00fcckt ift. Diefe \u00fcbrigens ift viel gr\u00fcfser als die naturgem\u00e4\u00dfe Pupille des rechten Auges. Fenier hat, eben wegen der fonderbaren Stellung und Lage der Pupille, die Arhfe des kranken Auges ftets eine andere Richtung als die des gefunden.\nDer innere Rand der graulich gef\u00e4rbten Iris fpielt, wie im gefunden , fo auch im kranken Auge, ins Gelbliche; jedoch hat fic'n in (liefern die gelbliche Farbe auch in das rechte Horn hineingezogen. Die fehlerhaft ge-","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\nbildete Iris ift f\u00fcr Liebt und Dunkel noch febr empfindlich, verengert und erweitert lieh ftark und fehnell.\nHinter dem Ausfchnitt der Iris fehlt auch der Ciliark\u00f6rper g\u00e4nzlich. Die Linie ift, jedoch nur kaum merklich, getr\u00fcbt, und i'teht am paffenden Orte.\nObichon nun der Bau des befchriebenen Auges, der mechanifchen und phyfifchen Befehafienheit nach zu urtheileu, nicht hinderlich zu fevn feheint, um Gegen-ft\u00e4nde noch recht deutlich zu erkennen, fo ilt die Sehkraft doch fo fehr gefchw\u00e4cht, rlafs mittelft jenes Auges die Umriffe von K\u00f6rpern felbft nicht einigermafsen genau, Farben aber gar nicht unterfebieden werden k\u00f6nnen.\nDa nun nach der Auslage der jetzt mehr als vierzigj\u00e4hrigen Frau, fo wie nach den Bet\u00e4tigungen ihrer Anverwandten, die auch von dem Nichtfachkenner fchon auf den erften Anblick wahrnehmbare kranke Bildung des Auges, und mit diefer auch die Schw\u00e4che der Sehkraft in Bezug auf die Erkenntnifs der K\u00f6rper-umriffe und der Farben fchon von der friiheften Kindheit an ganz fo, wie gegenw\u00e4rtig, fich h\u00e4tten zu erkennen gegeben, fo gewinnt, wie ich glaube, durch diefe Mittheilung des Herrn v. Walther''s Anficht eine \u00dfeft\u00e4-tigung, dafs Schw\u00e4che des Gefichts \u00f6fterer, als man es gedacht hat, von fehlerhaften Bildungen und Krankheiten des Ciliarnervenfyftems abh\u00e4ngen. Da fs aber die in dem befchriebenen Falle h\u00f6chft geringe Triibun der Linfe nicht fo fehr h\u00f6rend auf die Sehkraft einwirken konnte, als ich es bemerkte, fchemt mehr als wahrfcheinlich zu feyn. Ohnehin mochte jene Tr\u00fcbung erft unl\u00e4ngft entftanJen feyn.\nDafs \u00fcbrigens die Netzhaut f\u00fcr die Einwirkung des gew\u00f6hnlichen ungef\u00e4rbten Lichtes in dem befchriebenen Auge mehr, als in der Regel bei andern Men-fchen empfindlich war, ergab fich aus dem Umftande, dafs, als ich die Frau bei ganz umw\u00f6lkten Himmel ge-","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"opn die Sonne fehen lie fs, fie \u00fcber Stechen und unangenehme Empfindungen in dem kranken Auge klagte, rliefeshahi verfchiofs und behauptete, dafs jene fchmerz* hafte Empfindung feit Gedenken jedesmal eintrete, lobai! fie ins Licht feite, weshalb fie auch, wenn die Sonn* hell leinene, heim Gehen \u00fcber die Strafse, das Auge zu verfchliefsen gen\u00f6thigt w\u00e4re.\n3) Veber die Verdauung der Galle. Als ich vor einiger Zeit eine Meerfehihikr\u00f6te zergliederte, die auf einem hollandifchen Schiffe Ichon feit f\u00fcnf und zwanzig Wochen hatte hungern mOffen, fand ich die Gallen-blafe nicht nur ganz ungew\u00f6hnlich ftark von dicker, z\u00e4her und dunkler Galle aufgetrieben, (eine Erfchei-nung, die auch von Andern bei ausgehungerten Thie-ren bemerkt worden ift) fondern auch den ganzen langen D\u00fcnndarm mit Galle angef\u00fcllt, die ja weiter gegen den Dickdarm, immer mehr die dunkelgr\u00fcne Farbe in Gelb ver\u00e4nderte. Im Dickdarm endlich fah ich, ftatt jener S\u00fcffigen Galle, mehrere grofse Klumpen von einer feiten Materie, die gelblich - weifs gef\u00e4rbt war, und eine \u00dfefchaffenheit wie Wachs oder lehr dichtes Fett hatte. Diefe Materie nun war nichts anders, als der eine Beftandtheil der Galle, der fogenannte Gailenltoff, freilich in einer etwas andern Form, als ihn S\u00e4uren aus der Galle niederfchiagen.\nAufserdetn, dafs diefe Beobachtung uns einen fernem Beweis f\u00fcr die vorz\u00fcglich ftarke Verdauungskraft des Dickdarmes, fo wie \u00fcberhaupt f\u00fcr die ftarke Ab-fonderung der Galle beim Entbehren der Nahrungsmittel, und f\u00fcr die Wiederaufnahme derfelben in die Mafie der Safte abgiebt, liefert ne vielleicht eine Aufkl\u00e4rung \u00fcber die Gefch chte, weiche uni\u00e4ngl\u2019t der Herr Doctor Kunzmann in Horn's Archiv \u00fcber den Abgang von Fett durch die Stuhlausleerung eines kranken Mannes mit* getheiit hat.","page":55}],"identifier":"lit15819","issued":"1823","language":"de","pages":"45-55","startpages":"45","title":"Anatomisch-physiologische Bemerkungen","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:53:24.177202+00:00"}

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