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Ueber Verkrüppelung des Thorax der Kinder durch das Einwickeln

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{"created":"2022-01-31T16:20:16.004298+00:00","id":"lit15820","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Fleischmann","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 8: 56-65","fulltext":[{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\nv.\nUeber Verkr\u00fcppelung des Thorax der Kinder durch da Einwickeln. Vom P. Fleischmann zu Erlangen.\nUebermaafs iteig-rt das Heilmittel zum Gift, fo wie die Wohl hatiglte mechanifche Einwirkung dadurch zum feirr\u00fcichlteu, zerfi\u00f6rendften Eingrilfe wird, um fo feindlicher, je weniger der K\u00f6rper noch Kraft befitzt, ihr entgegen zu wirken und feine Integrit\u00e4t gegen die* feine zu verteidigen. Denn leider wird der Menfch fchon in dem Augenblicke leiner Geburt, in den erben Momenten feines noch ganz fchwachen, die Aufsen-welt noch ungewohnten Lebens, in den ungleichen Kampf mit Verh\u00fcitniffen verletzt, welche den zarten, wi ierftandslofen K\u00f6rper deffelben mit tibergrofser Gewalt ergreifen, und das Streben des jungen Lebens befchr\u00e4nken, hemmen und vernichten. Mag Umvif-fenheit, Nachl\u00e4ffigkeit, oder b\u00f6sartiger Vorfatz diele Giftbecher reichen, oder diefe Gewalttaten ver\u00fcben, fie find gleich verderblich, und fordern alle die ern-fteft' ii R\u00fcgen der Orthop\u00e4die. Ich will nichts lagen von allen den mechanifchen Beeintr\u00e4chtigungen, als eben fo vielen Momenten des chronifchen oder acuten Erkrankens der Neugebornen, welchen z. B- fier Kopf des Kindes durch den Druck, tien manche Hebammen zur vermeintlichen Formung deffelben anbringen, erleidet, von der unzweckin\u00e4fsigen Bekleidung des Kopfs mit engen, dichten Hauben, vielleicht der Quelle mancher Hirmvafferfuchten, gewifs aber der meiften Kopf-ausfchl\u00e4gp und des ftumpfen Geh\u00f6res durch Abplattung fier Ohrmufchel; nichts von der nachtheiligen, wohl durch Verblutung t\u00f6dtlichen Zerreifsung des Zun-genb\u00e4ndchens, deren lieh Hebammen felbft noch jetzt zu Schulden kommen Jaflen, und vom Ausfaugen der","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"57\nBr\u00fcfte befonders neugeborner M\u00e4dchen; von unterlaf-fenen Unterbinden oder zu nahen Abfehneiden der Na-belfchnur; vom falfchen Tragen der Kinder, afs wodurch vielf\u00e4ltig der Grund zu Kr\u00fcmmungen des R\u00fcck-graths und der Fi'ilse gelegt wird; von dem ungeft\u00fc-men Wiegen derfelben auf unebenen Fufsboden und in fchlecht eingerichteten Wiegen u. f. w. Nur auf einen Gegenftand der phyfifcheti Kindererziehung will ich mich hier befchr\u00e4nken, auf den fchon io oft befproche-nen des Ein Wickel ns der Kinder. Es ift begreiflich, dafs ich hier nicht jene leichte, fanfte Umh\u00fcllung des K\u00f6rpers meine, deren Zweck es ift, den zarten kindlichen Leib gegen mancherlei nachtheilige \u00e4ufsere Ein-fltiffe, z. \u00df. K\u00e4lte, rauhe Luft, Druck, Quetfchung der Muskeln, mancherlei regelwidrige Lagen und Verbiegungen der Glieder zu fchiitzen; denn fo zul\u00e4ffig eine folche Behandlung ift, fo verdammlich ift jenes gewaltfame Einkerkern der Kinder, wo ihr ganzer K\u00f6rper mit ausgefireckten, dicht an einander liegenden untern Gliedmaafsen und mit feitw\u00e4rts an den Rumpf angefchmiegten obern Extremit\u00e4ten in T\u00fccher einge-fchlagen und mit Kiffen und B\u00e4ndern feft umwickelt und zufammengefchn\u00fcrt wird. Man w\u00e4hne ja nicht, dafs diefer unvern\u00fcnftige Milsbrauch aus unfern heutigen Kinderltuben verbannt ley; er herrfcht noch jetzt nicht blofs in denen der niedrigem Volkskiaffe oder des Landvolks, fondera felbft in den Woebenzimmern mancher M\u00fctter, welche wohl die nachdr\u00fccklichen Abmahnungen der Aerzte von diefem graufamen Verfahren kennen, aber entweder aus Ehrfurcht gegen ein altes Herkommen, oder aus \u00fcbergrofser \u00e4ngl\u2019tlicher Mutterliebe diefem Vorurthcile nicht zu entfagen verm\u00f6gen. Und fo w\u00fcrgt dann oft die z\u00e4rtlichfte Mutter ihr Kind mit eigenen H\u00e4nden, und umfchlingt es, meinend fein Leben und Gedeihen zu fichent, mit den Fei-faln des Siechthums oder des Todes.","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\nZum Beleg diefer traurigen Erfolge zeichne ich hier zwei Bilder nach der Natur, welche die gewaltt\u00e4tigen und verderblichen Wirkungen des Eiuwickelns in den ft\u00e4rkften Zugen darftellen.\nErfte- Fall.\nOuioker, ein halbj\u00e4hriger Knabe, geftorben an der Auszehrung, war gefund geboren, ohne alle Verkr\u00fcppelung, ohne Hernien und ohne alle Anlage dazu. Das Kind wurde wie gew\u00f6hnlich gewickelt, d. h. ganz geitreckt mit an den Leib angeprefsten ohern Extremit\u00e4ten feft in ein flarkes Kiffen eingefchlageu, und die-Jer Uinfchlag mit einem derben breiten Bande, dem logenanuten Wickeiband, durch gedr\u00e4ngte, fich kreuzende Umg\u00e4nge befeftigt. Der fr\u00fcher gefunrle und gut gen\u00e4hrte S\u00e4ugling fing nach und nach an, den ieichten Athern zu verlieren, er fchnaufte (ichtbar mit Anftren-gung und iehr vermehrter Mitwirkung der Bauchmuskulatur bei der Refpiration. Die Eis- und Trinkluft nahmen ab, die Vegetation des Kindes fing an zu welken, Haut und Fleifch wurden fchlaff, es erfolgten \u00f6ftere Diarrh\u00f6en, und es bildete lieh nach und nach ein rechter und linker Leiftenbruch. In diefem Zu-fta rule fchlief das Kind endlich, ohne befonderes Schmerzgef\u00fchl zu \u00e4ufsern, ineift ganz ftille liegend und mit ganz gebogenen und an den Thorax feft angefchmieg-ten ohern Extremit\u00e4ten auf immer ein.\nBei der Unterfuchung des Leichnams ergab es lieh, dafs der fahr abgernagerle K\u00f6rper, welcher mit einer fchlaffen runzlichen Haut \u00fcberzogen war. zwei Barke Leiftenbr\u00fcche an fich trug, welche bereits, be-ionders der linke, den Hodenfack erreicht hatten. Der Bruftkaiten war von beiden Seiten der L\u00e4nge herab tief nach einw\u00e4rts gedr\u00fcckt, fo dafs das Bruftbein mit feinen Rjppeuknorpeln dadurch fehr ftaik nach vorw\u00e4rts","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"59\ngeprefst erfchien, und ein nach vorn ftark gew\u00f6lbtes, oben fchmaleres, nach unten breiteres Dreieck bildete. Der Eindruck fangt allm\u00e4hlich von der erften Rippe an und wird nach abw\u00e4rts bis zur elften immer ft\u00e4rker.\nAn clen beiden feitlichou Theikn des Thorax nach hinten zu, wo die Bruft in den R\u00f6cken fibergeht, hebt lieh die Seitenvertiefung der rechten und linken Seite wieder heraus, und iit hier begr\u00e4nzt durch einen der L\u00e4nge nach herahgehenderi ftumpfen Winkel, welchen der kn\u00f6cherne Tbei! der Rippen bildet, die an diefer Steile nach einw\u00e4rts und r\u00fcckw\u00e4rts gebogen lind. Von diefem Winkel an nimmt dann der \u00fcbrige Theil der Rippen feine Richtung ganz gerade gegen das R\u00fcck-grarh. Dadurch mangelt dem ganzen R\u00fccken alle W\u00f6lbung, und er fteilt eine ganz platte Fl\u00e4che dar. Die L\u00e4nge der bei len Seiteneindr\u00fccke des Thorax ent-fprieht p\u00fcnktlich der L\u00e4nge der Oberarme, wenn man lie an den Bruftkaften anlegt, und der breite untere Theil diefer Seiterieindriicke wird ganz genau von den im Ellenbogengelenk gebogenen Extremit\u00e4ten ausgef\u00fcllt, wenn n\u00e4mlich der \u00fcberarm an der Seite des Thorax an liegt, und der Unterarm jenem entgegen nach aufw\u00e4rts liegt. Der untere Rand des Brufikaftens zu beiden Seiten, welcher vom untern Bruftbein* ende nach links und rechts in die Hypochondrien lieh erltreckt, lteht fahr ftark nach vor- und aufw\u00e4rts. Der Unterleib ilt grofs, fehr aufgetrieben, gefpannt und nach vorw\u00e4rts gedr\u00e4ngt.\nDie Zergliederung lieferte folgende Erfcheinun\u00ab gen. Die l\u00e4mmtlichen Rippen beider Seiten lind, die letzte auf jeder Seite abgerechnet, von dem hintern Ende ihrer Rippenknorpel an bis gegen ihre hintere ft\u00e4rkfte Beugung, von vorn und leitw\u00e4rts nach ein\u00bb oder r\u00fcckw\u00e4rts und gegen einander fo eingedr\u00fcckt, dals die innern oder hintern Fl\u00e4chen derlelben convex,","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\ndie \u00e4ufsern oder vordem aber coneav find. Der Eindruck osier die Einbiegung ift an den obern fchrnaler, an den folgenden wird er allm\u00e4hlich breiter, fo dafs die ganze Einbiegung aller Rippen ein Dreieck bildet, lias feine Spitze nach aufw\u00e4rts, feine Rails nach abw\u00e4rts richtet. Dadurch ift die Brufth\u00fchle von beiden Seiten verengert. Die Rippenknorpel nebl\u2019t dem \u00dfruft-beine find der ganzen L\u00e4nge herab itark nach vorw\u00e4rts hervorgetrieben, fo, dafs das \u00dfruftbein gleichfam einen Sattel mit den eingedr\u00fcckten Rippen bildet. Die beiden Schltiffelbeine befchreibeu eine lehr ftarke Sf\u00f6rmige Kr\u00fcmmung, und machen eine normalwidrige nach aufw\u00e4rts ftark convexe, nach abw\u00e4rts ftark concave Beugung- von ihrer Mitte bis an ihr hinteres Ende. Der ganze Bruftkorb erfcheint, von vorn und von den Seiten angefehen, nach vorn fehr fpitzig und icharf, an den Seiten concav, gegen den Mittelpunkt feines Quer-durchmeffers zufammengefchoben. Diefen feitlichen Eindruck begr\u00e4nzen l\u00e4ngs dem Thorax auf jeder Seite zwei ftumpfe Winkel, ein vorderer und ein hinterer. Der erftere wird vom hintern Ende der Rippenknorpel und vom vordem der Rippen, der letztere durch die hintern linden der Eindr\u00fccke der Rippen felbft gebildet. Von diefem hintern Winkel an geht der \u00fcbrige Theil der Rippen in faft ganz gerader Richtung an das R\u00fcckgrath. An den Knochen des Bruftkaftens felbft zeigte fich keine Weichheit, (ie waren dem Alter ange-meffen ernfiftent. Die feitlich nach ein - oder r\u00fcckw\u00e4rts gerichtete Convexit\u00e4t der f\u00e4mmtlichen Rippen hat auf jeder Seite eine merkliche L\u00e4ngenfurche in die Lungen eingedr\u00fcckt und dadurch den vordem Theil der Lungen mehr nach vorw\u00e4rts gedr\u00e4ngt, und den untern nach abw\u00e4rts, auch das Herz ift herabgedr\u00e4ngt, indem feine Spitze weit \u00fcber den fiebenten Rippenknorpel hinabragt. Der knorplige Rand, welcher von","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"61\nden Knorpeln der falfchen Rippen gebildet wird, er-fcheint nach Ablohmg der allgemeinen Decken nach vor - und aufw\u00e4rts umgebogen. Das Zwerchfell ift, befonders auf der linken Seite ftark herabgedr\u00fcckt, und verh\u00e4lt lieh fait wie ein Zwerchfell w\u00e4hrend der Einathmung.\nDie Unterleibseingeweide, hie und da an den d\u00fcnnen und dicken D\u00e4rmen eine leichte Entz\u00fcndung und eine widernat\u00fcrliche Vergr\u00f6fserung der Gekr\u00f6sdriilen abgerechnet, lind nat\u00fcrlich. Der Darmkanal ift von Luft aufgetrieben, und l'o wie die \u00fcbrigen Unterleibs-contenta ltark nach abw\u00e4rts geprefst. Die beiden Hernien find innere und beftehen aus dem vom Bauchfell gebildeten Bruchfack und St\u00fccken vom d\u00fcnnen Darm.\nZweiter Fall.\nEin anderthalbj\u00e4hriger gut gen\u00e4hrter Knabe, welcher noch an der Mutterbruit lag und immer noch gewickelt wurde, litt fchon feit einem halben Jahre an einem fchleimigen Aithma und einer L\u00e4hmung der untern Extremit\u00e4ten, konnte nicht i\u2019tehen , nicht gehen, und hatte beides in feinem Leben noch nie gethan. Erzog die Schenkel beft\u00e4ndig mit gebogenen Knien ganz gegen den Unterleib an und hatte ein nach r\u00fcckw\u00e4rts gebogenes R\u00fcckgrath. Auf der rechten Seite trug er eine bedeutende Scrotalhernie. Die beiden Seiten der Bruft waren eben J'\u00fc wie im vorigen Falle, nur noch ft\u00e4rker eingedr\u00fcckt, und die dreieckige concave Im-preffion der f\u00e4mmtlichen Rippen noch tiefer und umf\u00e4nglicher. Das \u00dfruftbein nebl't leinen Rippenknorpeln war fo convex nach vorn getrieben, dal's erfteres l\u00e4ngft feiner Mitte ftumpffpitzig erhaben verl\u00e4uft. Der Knorpelrand der falfchen Rippen ift nach vor- und aufw\u00e4rts umgebogen. Der Unterleib ift ungew\u00f6hnlich breit. Die beiden obern Extremit\u00e4ten, welche im","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62\nEllenbogen gebogen find, fo, dafs der Unterarm gegen rteu Oberarm auliteigt, paffen genau m die Eindr\u00fccke am riiorax, in welchen fie auch beftandig liegen. Durch diefe lange gebogene Lage waren die tllen-bogengelenke auch un\u00e4cht ankvlofirt.\nOb dieler Knabe noch lebe oder geftorben fey, ift mir unbekannt.\nIn dielen Leiden F\u00e4llen find die fo bedeutende Verkr\u00fcppelung des Thorax, die Ausweichung des Darmkanals aus feiner nat\u00fcrlichen Lage und die \u00fcbrigen bemerkten krankhaften Erfcheinunpen offenbare Erzeugniffe des zweckwidrigen Einwickelns und der Verabf\u00e4umung der geh\u00f6rigen und n\u00f6thigen Aufficht w\u00e4hrend des Wartens der Kinder. Durch das Ejri-wickeln, wobei den Kindern zugleich die beiden Arme dicht an den Leib angelegt, und fo durch die Kiffen und die Wickelb\u00e4nder angeprefst werden, wurden vorz\u00fcglich die Oberarme feft an den Seitenthe.il des Thorax angedrfickt. Die Unterarme l\u00fcften ficn immer nach und nach durch die \u00dfeftrebungen des Kindes, lieh dem l\u00e4ftigen Zwang zu entziehen, und zogen ficb, durch die allm\u00e4hliche Nachgiebigkeit des Wickelkiffens und Bandes gegen den Oberarm an. Der l'o gebogene und durch d.e Einwicklung feit an den Bruitkalien anliegende Arm mufste nach und nach auf die noch bieg-lanien nachgiebigen Hippen wirken, und fie trotz der geeeuftrebenden llelpiration allm\u00e4hlich nach ein-oder r\u00fcckw\u00e4rts dr\u00fccken. Der ieitliche Tlieii der Rippenbogen und des ganzen Thorax ift der Punkt, welcher bei dieler allm\u00e4hlichen Gewaltuus\u00fcbung nothwendig nachgeben und nach einw\u00e4rts weichen inufs, w\u00e4hrend der hintere Theil der Rippen durch feine l't\u00e4rkere W\u00f6lbung mehr F\u00e4lligkeit behauptet und YVideritaml leihet,","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"63\nund die nachgiebigen Rippenknorpel nebft ihrem Bruft-beine, the\u00fcs durch die feitiiche Einbiegung felbit, theils durch die Wirkung der eben dadurch mehr nach vorw\u00e4rts gedr\u00e4ngten Lungen, nach vorn hervorgetrieben werden mOffen. So entitehen aifo gleichfam zwei fe\u00dfe Punkte, der vordere am Eiuftbein durch die ungehinderte, und auf diefen Punkt hin vermehrte Wirkung der Lungen, und der hintere, am hintern gew\u00f6lbten Ende der Rippen. Die zwilchen beiden innen liegende Fl\u00e4che ift die am wenigften unterft\u00fctzte, wel\u00ab ciie mithin der von aufsen nach einw\u00e4rts prellenden Gewalt am eheften weicht. isicht minder nothwendige Folge des leiten und langen Anlieg ns der Arme am Thorax ilt die ltarke Biegung der Schl\u00f6ffe]beine, n\u00e4mlich leicht erkl\u00e4rbar wird lie dadurch, dal's durch die Verkleinerung der feitlichen Durchmeffer der Br ult, die \u00fcber diele Fl\u00e4chen hingefpannten Schl\u00fcllelbeine in ihren Enden einander gen\u00e4hert, mithin die zwilchen beiden inne gelegenen K\u00f6rper diefer Knoclien in einen ftarken Rogen gelpar.nt werden, und nun die fanfte Wellenlinie der letztem, wie fie iin Normalzuftande belteht, lieh in eine itark Sformig gekr\u00fcmmte-Bogenlinie umbilden nrufs.\nDie herabgedr\u00e4ngte Lage des Herzens und des Zwerchiells hat ihren Grund in der Verengerung der\n\u00f6\tD\nBrulth\u00f6hie und der dadurch veranlagten unvollkommenen Respiration. Der Rippentheil des Zwerchiells wird durch die feitiiche Preffung der Riepen unbewec-licher, und der mittlere kann durch die HerabprelTung des Herzens und der Lungen lieh nicht geh\u00f6rig mehr lieben. Das herabgedr\u00fcckte Zwerchfell prefste noth-wendig auf die IJnterle.bscoritenta und bewirkte die Hernien, was um l'o mehr diefer Prelle zuzul'chreiben ih , als die Br\u00fcche innere lind.","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"64\nKann uns nach fo \u00fcberzeugenden Beweifen noch ein Zweifel \u00fcber den Nachtheil folcher Einwickkmg der Kinder \u00fcbrig bleiben? ln der That, und w\u00e4ren obige Beispiele auch nur die einzigen, io lprechen he fo laut, fo liegt der Zufammenhang zwilchen Uriache und Wirkung in ihnen fo nahe und offen vor, dals fehon fie uns zur dringendften Warnung dienen miifs-ten. Man beruhige lieh nicht mit dem Gedanken, dafs diefe Sitte fehon fo alt ley, und mithin keineswegs fo gef\u00e4hrlich feyn k\u00f6nne, dafs ichon fo unz\u00e4hlige Kinder ohne allen Nachtheil darnach behandelt wurden, und noch behandelt werden; und lal'fe fich nicht zu dem Schluffe verleiten, dafs, wo das Verfahren zu fchaden fcheine, weniger daffelbe an fich, als durch die Concurrenz anderweitiger Momente fch\u00e4dlich werde. Allerdings ift es wahr, dafs oft zwar die Kraft der Individuen den feindlichen Eingriff befiegt und K\u00f6rperform und Gefundheit, wenigftens ohne unmittelbare oder tiefe Spuren der Beeintr\u00e4chtigung aus diefem Kerker der Mode, der Unwiflenheit oder eines gewiffen Fanatismus hervorgehen. Aber wer mag im Voraus berechnen den individuellen Grad der Empf\u00e4nglichkeit und Gegenwirkfamkeit, d. i. wie weit der einzelne Organismus ohne Verluft feiner Integrit\u00e4t belchr\u00e4nkt, und dem Drange \u00e4ufserer Verh\u00e4ltniffe ausgeletzt werden d\u00fcrfe? Und geletzt auch, die Wirkungen dr\u00fccken fielt nicht immer fogleich, und unmittelbar, oder in auffallenden Ver\u00e4nderungen in der formellen und vegetativen Seite des K\u00f6rpers aus, wer b\u00fcrgt daf\u00fcr, dafs dadurch im Innern des Organismus Verftimmungen angeregt, Anlagen zum Erkranken gebildet, und die fr\u00fchem Keime zu fp\u00e4terhin hervortretenden Krankheiten gelegt werden? Es mag fogar feyn, dafs manche auf diefem Wege zugezogene Verkr\u00fcppelungen in der Folgezeit des Lebens wieder veswifcht und ausgetilgt\nwer-","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"65\nwerden, allein wer vermag das vorher zu beftimmen, und welcher Wahnfinn w\u00e4re es, auf diefe M\u00f6glichkeit hin das Verderbliche zu wagen? Wer d\u00fcrfte es wagen, fogar auf die Erfahrung hin, dafs bisweilen fo ver-wahrlofste Individuen fortleben, und bei bleibender Formabnormit\u00e4t ein hohes Alter erreichen? Denn fo habe ich felbl't einen jungen Mann von einigen zwanzig Jahren gekannt, an defl'en Thorax ganz der oben be-fchriebene Bau, jene h\u00f6here W\u00f6lbung des \u00dfruftbeins, jene beiden Seitenvertiefungen mit ihren vordem und hintern Winkeln und jener ftark convexe Bogen des Schliiffelbeins noch deutlich ausgezeichnet beh\u00e4nden, der zwar im Ganzen fich wohlbefand, doch fogJeich bei etwas rafcher Bewegung an \u00dfruftbeengung litt, keine dicht anfchliefsenden lvleidungsftiicke vertragen konnte, und fich in einer mit dem Oberk\u00f6rper \u00fcberh\u00e4ngenden Stellung am beften befand.\nVI.\nEiniges \u00fcber den Gang der Ausbildung der Luftr\u00f6hre. Von Fleischmann.\nUeber die Structur und Verrichtung der Luftr\u00f6hre liegen von Malpighi's Zeiten bis aut Simmerring und Reifs eij en die zahlreichften Unterfuchungen vor, durch welche wir endlich zu einer beftimmten Kennt-nifs ihrer formellen Verfaifung und functioneilen Bedeutung gelangt find. Allein ein Moment, was bei fo vielen andern Organen ber\u00fcckfichtiget worden ift, hat man bis jetzt, fo viel ich weifs, bei diefem ganz vernachl\u00e4fligt. Man hat n\u00e4mlich die Art und Weife, wie dieles zum Leben fo nothwendige Werkzeug fich anf\u00e4ngt zu bilden und zu entwickeln, noch nicht zu M. d. Archiv. V7IL I.\tE","page":65}],"identifier":"lit15820","issued":"1823","language":"de","pages":"56-65","startpages":"56","title":"Ueber Verkr\u00fcppelung des Thorax der Kinder durch das Einwickeln","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:20:16.004304+00:00"}

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