Open Access
{"created":"2022-01-31T14:18:06.114888+00:00","id":"lit15825","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Serres","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 8: 115-129","fulltext":[{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"115\nJig diefelben Refultate gegeben und ich kann, w\u00e4hrend ich fie fortfetze, gegenw\u00e4rtig feftfteilen, dafs die hintern Wurzeln der R\u00fcckenmarksnerven mit der Empfindlichkeit, die vordem mit der Beweglichkeit in einer engen Beziehung flehen.\nX.\nSerres Unierfticlmngen \u00fcber die organi-\nfchen Krankheiten des kleinen Gehirns.\n(Magendie Journ. de Phyiiol. T. II.\np. 172 und 249.)\nI, Ucber die Apoplexia cerehellofa, oder die acuta Entz\u00fcndung des kleinen Gehirns.\nIn einem vor einigen Jahren herausgegebenen Auffatze \u00fcber die Krankheiten des Gehirns bel'ch\u00e4ftigte ich mich mit der Aufl\u00f6fung des Problems, in einem gegebenen Falle von Apoplexie den Sitz der Krankheit durch die Symptome zu beftimmen.\nNach einer betr\u00e4chtlichen Anzahl von F\u00e4llen fetzte ich feit :\nx) dafs alle Apoplexieen ihren Sitz im Gehirn oder feinen H\u00e4uten haben;\n2)\tdie Apoplexieen ohne L\u00e4hmung vorz\u00fcglich die Hirnh\u00e4ute betreffen und Ergiefsungen bewirken, welche nach dem Grade der Reizung diefer H\u00e4ute variiren ;\n3)\tdafs dagegen die mit L\u00e4hmung verbundenen im Gehirn ihren Sitz haben, das, gleichviel, ob Ergie-fsung erfolgt oder nicht, in feinem Baue ver\u00e4ndert er-fcheint ;\nH %","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116\n4)\tVerfchiec\u00eeenheit des Sitzes mit Verfchieden-heit der L\u00e4hmungen zufammen f\u00e4llt;\n5)\tes endlich Schlagfl\u00fcffe giebt, die im kleinen Gehirn ihren Sitz haben, wenn gleich, meines Willens, niemand davon gehandelt hat.\nMit diefen befch\u00e4ftige ich mich im gegenw\u00e4rtigen Auffatze.\nErfte Beobachtung.\nEin Mann von zwei und dreifsig Jahren wurde im April 1814 in der Nacht in das H\u00f4tel-Dieu gebracht. Man hatte ihn auf dem Quai mit \u00f6ffentlichen M\u00e4dchen gefunden, deren eine erkl\u00e4rte, dafs er, nachdem er betr\u00e4chtlich getrunken, w\u00e4hrend der Begattung in den Zuftand verfallen war, worin er lieh befand.\nDas Geficht war fehr roth, Kopf und Hals heifs, der Puls fehr ftark und hatte neunzig Schl\u00e4ge in der Minute. Das Athmen war unterbrochen und langfarn, und gefchahe 9, 10, II Mal in der Minute. Er lag im tiefen Schlafe, ohne Spur von Bewufstfeyn. Von Zeit zu Zeit traten drei bis vier Minuten lange Bewe-gungen und krampfhafte Steifheit ein. Die Ruthe war erigirt und die W\u00e4rme der Gefchlechtstheile cou traftirte mit der K\u00e4lte der Gliedmaafsen. Nach zehn Stunden ftarb er, nachdem vergeblich dreifsig Blutigel an die Droffeladern und ein ftark\u00e8r Aderlafs am Fufs angewandt worden waren.\nDie Steifheit der Ruthe hatte vier Stunden vorher aufgeh\u00f6rt.\nDadieZeugungstheile noch im Tode fehr roth und gefchwolkn, die Eichel vorn mit Brandflecken befetzt war, fo wurde die durch den erw\u00e4hnten Zuftand ver-anlafste Vermuthung, dafs er eine Bereitung von Can-tharidea eingenommen haben m\u00f6chte, Ysdt\u00e4rkt, indef-","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"117\nfen gaben die deshalb mit den Magen - und Darm\u00df\u00fcffig-keiten angeftellten Verfuche kein befriedigendes Rein! tat.\nIm Kopfe fand fich am grofsen Gehirn keine Spur von organifcher Umwandlung.\nDas vordere Vierhiigelpaar war leicht, das hintere viel ft\u00e4rker entz\u00fcndet, die Schenkel des kleinen Gehirns zu den Vierh\u00fcgeln weinroth, eben fo die fie bedeckenden Bl\u00e4tter des kleinen Gehirns und der obere Wurm. Diefe Theile enthielten drei bis vier kleine Ergiefsungen. Im Kerne des Schenkels des kleinen Gehirns zu den Vierh\u00fcgeln fand lieh eine anfehnlichere von der Gr\u00f6fse einer Flintenkugel. Etwas weniger ftark als der obere Wurm waren die H\u00e4lften des kleinen Gehirns ger\u00f6thet. Der Kern deffelben und feine Schenkel erfchienen fehr gereizt.\nNicht blofs ihres Sitzes, fondern der von Gail angenommenen engen Verbindung zwifchen dem kleinen Gehirn und den Zeugungstheilen wegen war diefe Beobachtung intereffant, und die Steifheit der Ruthe, fo wie die Entz\u00fcndung der Zeugungstheile fchienen von dem gereizten Zuftande des kleinen Gehirns abzuh\u00e4ngen.\nDa indeffen eine Thatfache zur Feftftellung diefes Satzes nicht hinreicht, unterfuchte ich die betr\u00e4chtliche Anzahl meiner fr\u00fcher gefammelten F\u00e4lle, und fand in der That zwei, wo Entz\u00fcndung des kleinen Gehirns mit deutlicher Erection und h\u00e4ufigem Saamer.ergufs w\u00e4hrend der Apoplexie verbunden gewefen waren.\nSeitdem find zu diefen drei F\u00e4llen neue gekommen, die nicht nur die Exiftenz der Apoplexia cerebel-lofa aufser Zweifel fetzen, fondern auch die Unterlchei-dung derfelben in den meiften F\u00e4llen von der der \u00fcbrigen Hirntheile m\u00f6glich zu machen fcheinen.","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118\nZweite Beobachtung,\nEin Barker, fanguinifcher Mann von f\u00fcnf und f\u00fcnfzig Jahren, der den Vergn\u00fcgungen der Liebe fehr ergeben war, brachte einen Theil des neunzehnten Apriis 1818 im Trinkhaufe zu. In der Nacht traten Schlaffucht, Gef\u00fchl von Schwere, vor\u00fcbergehende Erfch\u00fctterungen, Verluft des Bewufstfeyns, zum Theil auch Steifheit der Ruthe ein.\nAm zwanzigften Morgens kam er in das Hofpi-tai. Geficht roth und gefchwollen ; leichter Stupor, woraus er erweckt werden konnte; ein kurzes Ath-men, zuweilen feufzend, dreizehn, vierzehn Athem-Z\u00fcge in der Minute; Puls voll, ftark, h\u00e4ufig, achtzig Mal in der Minute; linke K\u00f6rperh\u00e4lfte, vorz\u00fcglich der Unterfchenkcl, gel\u00e4hmt; rechte convulfivifch bewegt.\nEs wurde ein Aderlafs an der rechten Droffel-ader, ein purgirendes Klyfticr, Graupen, Arnica zum Getr\u00e4nk, und der krampfftillende Trank ange-vvendet.\nNach dem Aderlafs kehrte das Eewufstfeyn zur\u00fcck und der Kranke fehlen verwundert; im Hofpital zu feyn.\nAm Abend fand ein Barker Anfall Statt, das Geficht war ftark ger\u00fcthet und gefchwollen, der Hals fehr heifs, das Athmen langfam, elf bis zw\u00f6lf Mal in der Minute; der Puls hart, h\u00e4ufiger als am Morgen , f\u00fcnf und achtzig bis vier und neunzig Mal in der Minute. Tiefe Schlaffucht, g\u00e4nzliche Unempfindlichkeit, fehr heftige Satyriafis, Gefchwulft und Rothe des Hodenfacks, Unbeweglichkeit der linken, convul-fivifche Bewegungen der rechten Seite. H\u00e4ufiger Saamenergufs am Ende des Anfalls.\nNach yorgenommenem Aderlafs und Senfpllaftern auf den Waden war der Zuftand derfelbe.\nIn der Nacht r\u00f6chelte der Kranke.","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"1J9\nAm Morgen ries ein und zwanzigften war das Geficht violett, gefahrvollen, die Lippen und die Nafe kalt, das Athmen fehr feiten und kurz, der Puls klein, unregelm\u00e4fsig, fehr h\u00e4ufig, der Mund verzerrt, \"?die Gefchlechtstheile gefchwollen und fehr roth. Es erfolgte ein reichlicher Saamenergufc und um neun Uhr der Tod.\nBei Wegnahme des Sch\u00e4deldaches fiofs etwas fchwarzes Blut aus. Alle Blutleiter ftrotzten von fchwarzen Blutklumpen. Alle Gef\u00e4fse der Gef\u00e4fshaut waren angeichwollen. Das grofse Gehirn war normal, das kleine r\u00f6ther als gew\u00f6hnlich. Der obere Wurm wurde, zum Theil eingefchnitten, an der Luft fogleich lebhaft roth, als h\u00e4tte die weifse Subftanz in Blut gelegen. Im Waffer wurde Ge blaffer, allein nicht ganz weifs. Stellenweife feinen der Kern der Fortf\u00e4tze angegangen, doch fand Geh kein beh\u00e4nderer Herd. Der Wurm war von vorn nach hinten getheilt *). In der vierten H\u00f6hle fand fielt fchwarzes, dickes Blut, das bis in die Sylvifche Wafferleitung und die H\u00f6hle des verl\u00e4ngerten Markes gedrungen war.\nDas Blut kam aus der Mitte der rechten Halbkugel des kleinen Gehirns aus einer ungef\u00e4hr einen Zoll breiten, einen halben Zoll hohen und langen Stelle mit gefranztem Rande und nahm die Mitte des Rautenk\u00f6rpers ein. Die ganze weifse Subftanz war defto r\u00f6ther, je mehr man fich diefer Stelle n\u00e4herte. Die F\u00e4rbung bildete dem Ilerde concentrifche Kreife. Der Hirnknoten war gegen den Urfprung des f\u00fcnften Nerven entz\u00fcndet. Eben fo verhielten fich die Oliven, und der Anfang des R\u00fcckenmarkes. Dis Lunge, das\nj) lm Original keilt le prooeffus \u00e9tait divif\u00e9 ; f\u00fcllte es vielleicht heifsen muffen \u00e9tant, fo w\u00fcrde die Ueberfet\u00a3u\u00ab*S etwas anders lauten muffen.","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120\nrechte Herz und die Ilohlvenen (trotzten von Blut. \u2022Sie und alle \u00fcbrigen Theile waren normal.\nDritte Beobachtung.\nEin fechs uncl vierzigj\u00e4hriger Mann wurde den fiebz.ehnten Mai 1818 in das Hofpital mit allen Zeichen einer heftigen Apoplexie gebracht, ohne dafs man \u00fcber den vorangegangenen Zultand Nachricht erhalten konnte. Das Athmen war fehr unregelm\u00e4fsig. Aufser-dem fanden allgemeine convulfivifche Bewegungen Statt, w\u00e4hrend deren die Schlaffucht andauerte.\nNach einem Aderlafs am Arm, zwanzig Blutigeln an die Drolfeladern , einem purgirenden Klyftier, k\u00fchlenden und krampfftiilendcn Mitteln fand ein bedeutender Nachlals Statt.\nAm Abend trat: ein fehr heftiger Anfall ein, das Athmen wurde fehr kurz, ungleich, der Puls hart, itark, fehr h\u00e4ufig. Die Ruthe erigirte fich, die Zeu-gungstheile fchwollen an und wurden gefpannt, w\u00e4hlend der Nacht etfolgte ein reichlicher Saamenergufs, wie es fchien, am Ende des Anfalles.\nAm folgenden Tage waren die apoplektifchen Symptome betr\u00e4chtlicher. Die Kr\u00e4mpfe hatten nach-geJaffen , das Athmen war immer noch kurz uncl ungleich, der Puls lebhaft, h\u00e4ufig und aller lieben bis acht Minuten ausfetzend. Die Schl\u00e4frigkeit war fehr tief, die Pupille eng und wenig beweglich, die Glieder gefpannt und fteif. Die Unempfindlichkeit wurde allgemein.\nDie Satyriafis war verfchwunden, auch die Geichlech t st hei le fehr roth, gefchwollen und heifs.\nAm Abend um elf Uhr ftarb der Kranke.\nBei der Section fand man den Kopf, vorztig-ich an den Ohren, violett. Die W\u00e4rme hatte fich noch lieben uncl Zwanzig Stunden nach dem Tode er-","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"liallen. Die Gliedmaafsen waren fteif und geftrecRt, die Gefchlechtstheile gefchwollen, der Hodenfack zum Theil braun gefleckt.\nDas kleine Gehirn war zu grofs, fehr roth und zwifchen den Furchen der obern Fl\u00e4che fanden fleh einige Blulstropfen. Die ganze Markfubftanz war lebhaft roth. Im Innern fanden lieh drei kleinere Herde, der eine, nach hinten, in einiger Entfernung vom obern Wurm gelegene war ungleich und enthielt einige Blutklumpen. Der zweite lag nach vorn und der Mittellinie n\u00e4her, war doppelt l'o grofs, gleichfalls ungleich und mit einem Blutklumpen angef\u00fcllt. Der dritte lag vorn und oben. Aufserdem war die ganze Subftanz des obern Wurmfortfatzes Stellen weife eingerillen, die Vierbiigel, zumal die hintern, und der Fortfatz zum kleineu Gehirn entz\u00fcndet.\nDie Lungen und das rechte Herz ftrotzten von fchwarzem geronnenem Blute.\nVierte Beobachtung.\nEin Mann von zwei und f\u00fcnfzig Jahren ftarb faft in clem Augenblicke feiner Ankunft in die Piti\u00e9 am f\u00fcnften M\u00e4rz 1813. Das Gefleht und die Augen waren fehr roth. Die Gliedmaafsen waren kalt, mit einem klebrigen Schweifs bedeckt, das Schlingen fchwer, der Puls ftark. Es fand fleh v\u00f6llige Bewufstlofigkeit und Unempfindlichkeit und unwillkiihrlicher Stuhlgang. Die rechten Gliedmaafsen waren gel\u00e4hmt, auch die linke Antlitzh\u00e4lfte krampfhaft zufammengezogen. Die Ruthe war beft\u00e4ndig gefchwollen, bisweilen v\u00f6llig fteif, die Eichel zum Fheil dem Anfchein nach brandig. Der Kranke lag immer auf dem R\u00fccken, den Kopf ftark nach hinten \u00fcber geworfen.\nIm linken geftreiften K\u00f6rper war in der L\u00e4nge von wenigftens drei, und der Breite eines Zolles frifches","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122\nBlut ergoffen s die W\u00e4nde diefer H\u00f6hle waren erweicht, die darunter liegende Hirnfubftanz wie eingefpritzt. Oben und an den Seiten fanden fich mehrere gelbliche harte Stellen, wahre Narben des Gehirns, das fehr blutrach war.\nIm kleinen Gehirn, zumal dem obern Wurme, fanden fich viele Ergiefsungen von der Gr\u00f6fse eines Hanfkorns., hinten an der rechten H\u00e4lfte des kleinen Gehirns eine Blutung von der Gr\u00f6fse einer Flintenkugel.\nF\u00fcnfte Beobachtung.\nBei einer ausBicetre zu den Vorlefungen gebrachten Leiche fand fich ungeheure Anfchwellung der Rutha mit Degeneration des kleinen Gehirns.\nSechste Beobachtung.\nBei einem Manne von ungef\u00e4hr f\u00fcnfzig Jahren, der mit allen Zuf\u00e4llen von Apoplexie, aufserdem einer betr\u00e4chtlichen Erection der Ruthe geftorben war, Hoffen beim Oeffnen des Kopfes ungef\u00e4hr drei Unzen Blut aus. Die Gefafshaut war fehr blutreich, eben fo die graue Subftanz des Gehirns, fonft diefe Theile gefund ; dagegen in der Mitte des obern Wurms eine, nach beiden Seiten lieh erftreckende srofse.\nO\t'\nmit einem Blutklumpen angef\u00fcllte H\u00f6hle. Die Fort-f\u00e4tze des kleinen Gehirns zu den Vierh\u00fcgeln waren fehr roth, die vierte Hirnh\u00f6hle enthielt Blut. Die Lunge ftrotzte von Blut.\nSiebente Beobachtung.\nEin zwei und vierzigj\u00e4hriger T\u00f6pfer von Barker Conftitution, mit kurzem, fehr breitem H\u00e4lfe, ftark ausgebildetem Geficht, Barker Effer und Trinker, in der Liebe ausfehweifend, litt gew\u00f6hnlich an H\u00e4morrhoiden, die feit zwei Monaten ausgeblieben waren. '","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"123\nIm Januar 1819 bekam er einen Tripper, w\u00e4hrend dem er, der Erectionen halber, Blutigel und Halbb\u00e4der nehmen mufste. Kaum geheilt, kehrte er zu feinen alten Gewohnheiten zur\u00fcck. Nachdem er vom achtzehnten bis neunzehnten Januar die Nacht in einem fchlechten Haufe zugebracht hatte, entwich er am Morgen, der Vorw\u00fcrfe wegen und wurde am Abend ohne Bewnfstfevn mit gefchwollenem und rothein Ge-ficht und Spuren ausgebrochner Speifen und Getr\u00e4nke zur\u00fcckgebracht. Vergebens verfuchte man durch Ipecacuanha .Erbrechen zu bewirken. W\u00e4hrend des ganzen Tages war die Ruthe erigirt, roth und es fand eine ftarke Saaraenergiefsung Statt. Die Haut war Keifs, das Athmen kurz und langfarn, der Puls voll, Kart, h\u00e4ufig, die Pupille zufammengezogen, die Glied-anaafsen fchienen fchmerzhaft.\nAderlafs an der Droffelader, ableitende Mittel an die untern Gliedmaafsen, eiskalte Compreffen an die Schamtheile, k\u00fchle Getr\u00e4nke und zwanzig Blutigel an die H \u00e4morrhoidalgef\u00e4fse erleichterten das Athmen und beruhigten den Puls: auch feinen der Kranke zur Be-fmnune zu kommen. Die Schamtheile waren noch\n\u00d6\nroth lind g.efchwollen, doch die Ruthe nicht erigirt.\nAm Abend kam ein Barker Anfall, mit harken Erectionen der Ruthe. Dieter verfchwand nach Auflegen von Eis, kehrte aber in der Nacht mit neuer St\u00e4rke zur\u00fcck. Das Athmen wurde r\u00f6chelnd.\nAm ein und zwanzigften Vormittags erfolgte der Tod, nachdem die Erection am Morgen verfchwunden war.\nBei der Section fand fielt ein fehr ftarker Hinter-liauptsftachel, die Halsmuskeln fehr dick, die Blutleiter und Gef\u00e4fse der Hirnh\u00e4ute voll Blut, vorz\u00fcglich diePreffe des Herophilus, im Adergeflecht einige B\u00e4lge. Das kleine Gehirn war vorn ftelienweife zer-","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"riffen , und enthielt in beiden Hemifph\u00e4ren eine H\u00f6hle, die gegen acht Linien breit war, aber nicht bis in die vierte Hirnh\u00f6hle drang.\nIn ihrem Umfange war die Markfubftanz ftark ger\u00f6thet. Die Lunge, das rechte Herz und die Lungenvenen ftrotzten von Blut. Magen und Anfang des D\u00fcnndarms waren entz\u00fcndet, die Harnblafe voll Harn, die angefchwollnen Genitalien gegen den Hodenfack bl\u00e4ulich gefleckt, die Ruthe ftrotzte von Blut.\nNach einigen Schriftftellern r\u00fchrt die K\u00fcrze des Halfes bei einigen Apoplektifchen von Mangel eines Halswirbels her. Indeflen wurde dies weder von Honet, noch Wepfer, noch Morgagni angenommen, weil diefe Abweichung feiten ift, und die neuern Pathologen erw\u00e4hnen fogar diefer Anordnung nicht, die wir in-deffen feit einigen Jahren viermal gefunden haben. Auch hier fand lie fielt, indem der fiebente Halswirbel der erfte R\u00fcckenwirbel war. Aufserdem fanden fleh zw\u00f6lf R\u00fcckenwirbel und f\u00fcnf Lendenwirbel. Dia Rippen des fiebenten Halswirbels reichten hier bis z\u00fcrn Bruftbein.\nDas kleine Gehirn und die Wirbelpulsadern und ihre Zweige waren zu grofs. Wahrfcheinlich bedingte der Zuftand der Gef\u00e4fse den des Organs.\nAuf jeden Fall fleht man, clafs ein Halswirbelmangel und die hierdurch bewirkte K\u00fcrze und Ann\u00e4herung des Herzens an das Gehirn eine entfernte Uriache des Schlagfluffes abgeben kann\nI) Offenbar aber nicht in einem Falle wie diefer, wo der Mangel des fiebenten Halswirbels, wie fich aus allem er-giebt, nur fcheinbar, mithin die Entfernung des Gehirns vom Herzen dadurch nicht vermindert war.\nM.","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"125\nAchte Beobachtung.\nApoplexia, cerebelloja, ohne Steifheit der Ruthe.\nEin f\u00fcnfzigj\u00e4hriger, feit feiner Jugend melancholi-fcher Mann, litt feit zehn Jahren am Schwindel, weshalb er ein Fontanell trug. Aufserdem brauchte er alle zwei Monate einen Aderlafs um einen, vom clrei-Isigften bis vierzigften Jahre Statt gefundenen Hamor-rhoidalflufs zu erfetzen. Hierdurch erhielt er fich bis zum zw\u00f6lften Auguft I\u00df2i gelund, wo er fich ftark erhitzte, und in der Sonne etwa zwei Stunden lang fchlief. Beim Erwachen f\u00fchlte er fich bet\u00e4ubt, den rechten Fufs fehr fchwer.\nIn der Nacht ftand er auf, fiel mit dem Kopfe gegen eine Kommode und wurde bewufstlos aufgehoben. Er befand fich in einer tiefen Bet\u00e4ubung und F\u00fchllofigkeit. Nach Genufs von Meliffewaffer und Lindenbl\u00fcten erbrach er viel graue Materie, doch ohne Erfolg. Eben fo wenig leiftete ein Aderlafs am Arm am dreizehnten. In der Nacht ftarb er, nachdem be-ft\u00e4ndig L\u00e4hmung der rechten Seite Statt gefunden hatte.\nDas grofse Gehirn war durchaus normal; dagegen fand fich in der linken H\u00e4lfte des kleinen unten eine, ungef\u00e4hr eine halbe Unze Blut enthaltende H\u00f6hle, die nicht bis in die vierte Hirnh\u00f6hle, \u00fcberhaupt nicht nach aufsen drang. Die Markfubftanz war im Umfange von zwei Linien entz\u00fcndet, i'onft normal, die Guf\u00e4tse ausgedehnt.\nLunge und rechtes Herz ftrotzten von fchwar-zem, dickem, geronnenem Blute.\nNie hatten Erectionen Slatt gefunden ; der Kranke hatte immer regelm\u00e4fsig gelebt. H\u00e4ngt nun vielleicht die Abwefenheit der Erection in diel\u2019em Falle von dem Sitze der Krankheit ab? Ich glaube es, doch find noch fernere Beobachtungen erforderlich.","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"m\nNeunte Beobachtung.\nApoplexia cerebellofa, die ihren Sitz im Zu pf~ dien des kleine n Gehirns hatt e.\nBei einem ftarken Manne, \u00fcber deffen Krankheit ich nichts erfahren konnte, war das Z\u00e4pfchen zerft\u00f6rt, und das Blut in die vierte H\u00f6hle ergoifen, die Zeu-gungstheile hark entwickelt, aber nicht gelchwollen.\nBeil\u00e4ufig bemerke ich, dafs lieh das Z\u00e4pfchen nur beim Menfchen, felbft nicht den Affen, Seehunden und Cetaceen findet.\nZehnte Beobachtung.\nApoplexia c er eb ell of a b e i m W e ibe.\nEine einzige meiner Beobachtungen macht es nicht unwahrfcheinlich, dafs diefer Zuftand beim Weibe mit Tendenz zur Nymphomanie verbunden ift.\nEine Perfon von drei und dreifsig Jahren, die fich von ihrer friiheften Jugend allen Ausfehweifungen ergeben , erft im zwanzigften Jahre ihre Regeln bekommen, vom neun und zwanzigften Jahre an, weil ihr der Beifchlaf nicht gen\u00fcgte, mit Wuth onanirt hatte, wurde pl\u00f6tzlich bl\u00f6dfinnig, nachdem ihr vergeblich der Kitzler, in der Hoffnung, fie dadurch von ihrer ero-tifchen Wuth zu heilen, gebrannt worden war. Sie ftarb an der Schwindlucht.\nDer obere und untere Wurm des kleinen Gehirns waren verh\u00e4rtet. Stellenweife fanden fich erbfengrol\u2019se Gefchw\u00fcre mit harten, gelblichen R\u00e4ndern, die mit einer dicken Haut bekleidet waren und gelbliches Serum enthielten. Das kleine Gehirn vor dem obern Wurme war erweicht, gelblich weifs. Im Umfange des Wurms war es hart und entz\u00fcndet, die Pulsadern ausgedehnt.","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Daffelhe galt f\u00fcr alle Aefte der Beckc-npulsader im hohen Grade. Ich nehme um fo mehr einen Zu-fammenhang zwilchen dielen beiden Zuft\u00e4nden an, als ich bei etwa fechzig Leichen von Schwindf\u00fcchtigen, deren Gefchleclitstheile bekanntlich ftark entwickelt find, dieielbe Befchaffenheit der letztem Gef\u00e4lse fand, wenn gleich das kleine Gehirn bei ihnen nichts ungew\u00f6hnliches darbot.\nElfte Beobachtung.\nChronifche Hirnentz\u00fcndung bei einem Affen,\nBei einem, im November 1821 geftorbenen Pavian fand ich den mittlern Theil des obern Wurmes und den innern der rechten Hernifph\u00e4re des kleinen Gehirns gelblich, weich und breiig. Er war lungenfiichtig geftorben, hatte keine L\u00e4hmung gehabt, war aber einige Monate vor feinem Tode traurig, ftill und ohne Appetit gewefen.\nZw\u00f6lfte Beobachtung.\nApoplexia c er eb ell of a beim TH eibs.\nEine drei und f\u00fcnfzigj\u00e4hrige fanguinifche Frau,! deren Vater am Schlagflufs geftorben war, hatte immer eine gute Gefundbeit genoifen, wurde aber pl\u00f6tzlich im Bette todt gefunden. Im Sch\u00e4del fand lieh ein ungeheures , dem Anfchein nach aus der vierten Ilirn-h\u00f6hle kommendes Blutextravafat, wodurch das kleine Gehirn fo zerriffen war, dafs es eine Hohle bildete, deren W\u00e4nde nur drei Linien Dicke hatten, und die einen Blutklumpen von der Gr\u00f6lse eines H\u00fchnereies enthielt. Das linke Herz hatte zolldicke W\u00e4nde und die Aortaklappen waren etwas verkn\u00f6chert.","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\nDreizehnte Beobachtung.\nApoplexia, cerebellofa, beim Jf'eihe mit Hirn h \u00e0 hie n lu a ff e rj u c ht.\nEine zwei und vierzigj\u00e4hrige Frau kam am fieben und zwanzigften M\u00e4rz 1822 mit tiefem Kopffchmerz der rechten Seite, der drei Monate gedauert hatte, und Schw\u00e4che der untern Gliedmaafsen, die fie erft feit vierzehn Tagen am Gehen hinderte, in das Hofpital. Sie war wohlgen\u00e4hrt, v\u00f6llig bei Beiinnung, auch \u00fcbrigens geiund.\nDie Empfindlichkeit war normal, der linke Arm etwas fchw\u00e4cher als der rechte.\nAbleitende Mittel minderten den Kopffchmerz und erleichterten die Bewegung etwas, doch nicht dauernd, denn nach vier Wochen nahm der Schmerz zu, und traten Schwindel und beft\u00e4ndige Schl\u00e4frigkeit hinzu, der linke Mundwinkel hing herab und die \u00dfacken-muskeln derfelben Seite waren gel\u00e4hmt. Das Gehen war ohne Unterft\u00fctzung unm\u00f6glich. Dies bellerte fich auf drei Wochen durch einen ftarken Aderlafs am Fufs und leichte Purgirmittel, allein jetzt verfchlim-inerte fich alles, und dielelben Mittel brachten einigemal nur auf wenig Tage Befferung hervor.\nUm den zehnten Mai waren die untern Gliedmaafsen v\u00f6llig gel\u00e4hmt, auch die obern, zumal die linken , h\u00f6chft fchwach, doch der Appetit und die Gei-ftesth\u00e4tigkeit gut.\nAm zwanzigften wurde wegen einer hartn\u00e4ckiger Verftopfung Kalomel, nach und nach bis zur Dofe von zw\u00f6lf Gran, gegeben. Die Veiitoplung wurde durch ftarke Salivation und ihre Zuf\u00e4lle erfetzt, die leichten Purgirmitteln, Fufsb\u00e4dern und lindernden Gurgel w\u00e4ffern wichen.\nAm","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"129\nAm f\u00fcnfzehnten Juni v\u00f6llige Bewufstlofwkeit und L\u00e4hmung des linken Amis, am fechs und zwanzigften der Tod.\nDie Leiche war wenig abgemagert, die Farbe der Haut normal.\nAus der harten Hirnhaut Hoffen vvenjgftens fechs Unzen gelblicher, d\u00fcnner Fliifligkeit, und viel fand fich davon an der Sch\u00e4delgrundfl\u00e4che. An der inncrn Seite des rechten Mittellappens fand fich eine Oeffnung, die zur Seitenh\u00f6hle f\u00fchrte, der Weg jener Flei\u00dfigkeit. Die Membranen, Oberfl\u00e4che und Subftanz des Gehirns waren normal. Die linke H\u00f6hle enthielt zwei Unzen Fliifligkeit.\nDie untere Fl\u00e4che des kleinen Gehirns deutete durch bl\u00e4uliche Farbe einen Blutergufs im Innern def-felben an, welcher auch in der That anfehnlich, zwi-fchen Gef\u00e4fshaut und Spinnewebenhaut gefunden wurde. Er ftammte aus einer zerft\u00f6rten Stelle im kleinen Gehirn, die in der Grundfl\u00e4che der rechten H\u00e4lfte lag. Die Zerftorung hielt 7\"' iin Durchmeffer, anderthalb Linien in der Tiefe, und nahm den hintern Theil des Wurmes ein.\nN\u00e4chftens werde ich Thatfachen liefern, woraus fleh die beim Veitstanz, der L\u00e4hmung des Herzens, der Iiungen und des Anfangs des Darmkanals aflicirten Stellen des Gehirns ergeben.\nM, d. udixhio. T ill. I.\n1","page":129}],"identifier":"lit15825","issued":"1823","language":"de","pages":"115-129","startpages":"115","title":"Untersuchungen \u00fcber die organischen Krankheiten des kleinen Gehirns: Magendie Journ. de Physiol., T. II, p. 172 u. 249","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:18:06.114893+00:00"}