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{"created":"2022-01-31T16:14:46.137426+00:00","id":"lit15856","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Earle, H.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 8: 346-351","fulltext":[{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"546\n\nXVIII.\nII. Earle \u00fcber die Herftellung eines Kanals an die Stelle der zerft\u00f6rten Harnr\u00f6hre. (Phil. Ti 'ansact. 1821. p. 300.)\nUnter-allen Befchwerden des menfchlichen K\u00f6rpers erzeugt vielleicht keine mehr k\u00f6rperliches und geiftiges Leiden als die verfchiedenen Krankheiten der m\u00e4nnlichen Harnr\u00f6hre, indem das Organ theils nach kurzen ruhigen Zwilchenr\u00e4umen in Th\u00e4ligkeit tritt, theils das Gemiith des Kranken fortw\u00e4hrend durch die Furcht vor dem eintretenden Schmerze und der Verminderung der Begattungsf\u00e4higkeit niedergedr\u00fcckt wird. Daher ift der folgende Fall, das Refultat einer neuen Operation unter fclnvierigen Umft\u00e4nden, nicht un-intereffant.\nJ. VV.. ein Matrofe, fiel im M\u00e4rz 1813 mit einem Schenkel auf jede Seite des Bootes, wobei der Schnabel die Harnr\u00f6hre fo lehr im Mittelfleifch verletzte, dafs der Katheter anderthalb Monate lang eingebracht werden mufste. Von da an harnte er mit mehr oder weniger Befchwerde bis im Mai 1819\u00bb wo pl\u00f6tzlich Harnverhaltung, und fogleich betr\u00e4chtlicher Ergufs in das Zellgewebe eintrat. Ehe H\u00fclfe kam, war durch den Brand die Haut des Mittel Sei fches und \u00fcber i\u00b0 der Harnr\u00f6hre zerft\u00f6rt. Hiedurch wurde zwar der Hodenfack gerettet, allein die Verfuche, die Haut \u00fcber einen Katheter zu vereinigen, waren vergeblich.\nIm Auguft 1819 fand ich an der Stelle der Harnr\u00f6hre eine grofse Narbe, \u00fcber und unter welcher die Harnr\u00f6hre aufh\u00f6rte und wieder anfing. Aus dern obern Ende Hofs Harn und Saamen aus, das untere, vorz\u00fcglich der hinter dem Hodenfacke weggehende Theil def-felben, war betr\u00e4chtlich verh\u00e4rtet und zufammengezo-gen. Auf der rechten Seite war die Haut weniger","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"zerfr\u00f6rt, fodafsein, \u00fcber die Narbe gebrachter Katheter durch Ziehen, der Haut von diefer Seite nach der linken zur H\u00e4lfte bedeckt werden konnte. Diefen Um-ftand benutzte ich und liefs zuv\u00f6rderft, w\u00e4hrend d\u00eet vordere Theil der Harnr\u00f6hre durch Bougies erweitert wurde, den Kranken im Bett bleiben, die Knie \u00fcber einem Kiffen zufammenbinden, und durch ein Bruchband die Haut von der rechten gegen die linke Seite gedr\u00fcckt erhalten.\nNach einigen Wochen, als der vordere Theil der Harnr\u00f6hre einen m\u00e4fsigen Katheter aufnahm, wurde die Operation gemacht.\nDa die glatte, vernarbte Oberfl\u00e4che gegen den Harnreiz unempf\u00e4nglich geworden war, fo befchlofs ich, fie zur Bildung eines Kanals zu benutzen, und durch fie, wo m\u00f6glich, die beiden Theiie der Harnr\u00f6hre zu verbinden. Indem mehrere Wochen feit der Heilung vergangen waren, hatte fie alles Zufammen-ziehungsverm\u00f6gen verloren, und wahrfcheinlich war daher ein, aus folchen Theilen gebildeter Weg keiner weitern Verengerung unterworfen.\nDagegen fanden fich aber zwei grofse Schwierigkeiten ; denn i) war die Narbe, welche abgefondert werden f\u00fcllte, kein urfpr\u00fcnglich gebildeter Theil, mithin fchw\u00e4cher bedeckt und gef\u00e4fs\u00e4rmer; 2) war es nicht m\u00f6glich, f\u00fcr irgend einen Heilungsprocefs die Theiie einige Stunden lang v\u00f6llig ruhig zu erhalten. Dazu kam noch 3) die Kraft, womit der Harn ausgetrieben wurde, und leine Sch\u00e4rfe.\nAlles dies erwogen, wurde indeffen ein i j\" langes, und iy\" breites Hautftiick auf der linken Seite der Narbe weggenommen, und die hier lurch gebildete Vertiefung beftimmt, das auf der andern Seite loszutrennende Hautftiick aufzunehmen. Hierauf machte ich nach oben und unten einen Einfchnitt quer \u00fcber das","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348\nMittelfleifch, wodurch die fchwieligen R\u00e4nder der Harnr\u00f6hre weggenommen wurden. Dann trennte ich ein St\u00fcck Haut auf der rechten Seite des MiUelHei-fches von i-|\" L\u00e4nge von Breite los, indem ich zwilchen der blofegelegten Oberfl\u00e4che einen glatten Raum von etwas mehr als einem Zolle \u00fcbrig lid's, der zur Bildung einer Bekleidung des neuen Kanals be-ftimmt war. Nun wurde die Haut auf der rechten Seite weggenommen, \u00fcber einen Katheter gelchiagen, und mit der gegen\u00fcber liegenden Vertiefung in Ber\u00fchrung gebracht.\nDer losgetrennte Narbenlheil blutete wenig, und der Rand fahe, ehe er an die Rinne gelegt werden konnte, fo blauroth aus, dafs man f\u00fcrchtete, er w\u00fcrde abfterben. Durch zwei F\u00e4den wurde er in der geh\u00f6rigen Lage erhalten, und der Verband durch einige Streifen Heftpflafter und eine Binde vervoilit\u00fcndigt.\nAm Lage nachher war etwas Harn neben dem Katheter vorbeigelaufen, und am dritten, wo der Verband weggenommen werden mufste, fand lieh, dafs das enlbl\u00f6fste Fleifch brandig geworden, aber dar\u00fcber und darunter eine hinl\u00e4ngliche Vereinigung Statt gefunden hatte, um einen, an der einen Seite offnen Kanal zu bilden, der hinl\u00e4nglich weit war, um den ganzen Katheter zu fallen.\nBei diefem guten Erfolge lieft ich die beiden, von den Bedeckungen entbl\u00f6fsten Oberfl\u00e4chen heilen, da aber die Narbe fleh auf der rechten Seite zufammen zog, fo wurde dadurch der neugebildete Kanal auf diele Seite gezerrt, und die darin befindliche Oeffnung vergr\u00f6fsert. Deshalb wurde, bis jede Zufammenzie-hung aufgeh\u00f6rt haben w\u00fcrde, alles lieh fei bit \u00fcberlaffen. IJeb gens war durch die Operation fo viel gewonnen, dafs, wenn der Katheter eingebracht, und der Finger auf die linke Seite gedr\u00fcckt wurde, kein Harn aus-","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"349\nflots, und. ohne H\u00fclfe des ; Katheters etwas durch dis Bu\u00eelie {lofs. Da der Mann jetzt zu \"kr\u00e4nkeln anfing, Jb wurden einige Monate lang einigemal die R\u00e4nder des Kanals ftark wund gemacht, um dadurch Vereinigung zu bewirken. Dies wurde aber immer durch die harke Wucherung der Hautbildung von innen rach arisen verhindert, weiche miftreitig von der beft\u00e4ndigen Feuchtigkeit. harr\u00fchrte, die befonders viel zur Hautbiidung beitr\u00e4gt.\nIm Sommer 1820 war der Mann von feiner Krankheit , einem allgemeinen Hautleiden fo weit herge-ftellt, dafs eine zweite Operalion unternommen werden konnte. Hierzu wendete ich Haut von der, der er-iten entgegengefetzten Seite an. Auf der rechten Seite wurde eine tiefe Rinne gemacht, die Oberfl\u00e4che in einigem Umfange von Haut entbl\u00f6fst, von der linken Seite ein betr\u00e4chtliches Hautftiick losgetrennt, und hier felblt bis zum Oberfchenkel gegangen, um gefunde Haut zu erhalten. Dabei wurde keine Ligatur durch cas getrennte St\u00fcck angelegt, fondera die alte Zapfenrath von der \u00e4ufsern Schnittfl\u00e4che aus angewandt. Zwei Streifen Heft pik ft er wurden zwifchen die B\u00e4nder und den Hautlappen angebracht, und der Katheter dreimal in vier und zwanzig Stunden eingef\u00fchrt, nicht heft\u00e4ndig in der Blafe gelaffen, weil hierbei etwas Harn vorbei gefloffen war.\nHierbei vervollft\u00e4ndigten fleh des Kanals, und nur oben blieb eine kleine Qeffnung. Ungeachtet angewandter Scarificationen wurde die Verfchliefsung derfelben durch zu ftarke Hautbildung fortw\u00e4hrend verhindert. Diefe wurde indeffen durch eine dritte, kleinere Operation vollft\u00e4ndig bewirkt, indem anfangs nur eine Oeffnung von der Weite einer Borfte \u00fcbrig blieb, die aber auch v\u00f6llig verheilte, fo dafs jetzt","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"(M\u00e4rz i\u00a72t) der Mann den Harn in vollem Strome\naustreibt.\nDer vorliegende Fall ift wohl der einzige, wobei ein fo betr\u00e4chtliches St\u00fcck Harnr\u00f6hre hergeftellt wurde. In Coopers zwei \u00e4hnlichen Fallen 1 ) wurden nur kleine Oeffnungen in der Harnr\u00f6hre verfchJoffen, und in dem, welcher mit dem meinigen am meiften \u00fcberein\u00bb k\u00f6mmt, wurde die wunde Oberfl\u00e4che der Haut gegen die Harnr\u00f6hre gewandt, w\u00e4hrend ich ein m\u00f6glichit zufammengezogenes Narbenft\u00fcck an wandte.\nNeu ift die Thatfache, dafs aus einer Hautnarbe ein Kanal gebildet werden kann, der alle Functionen einer gefunden Harnr\u00f6hre ver\u00dfeht, ohne fich fp\u00e4terhin zu verengen. Auch ift er f\u00fcr die Musculo\u00dft\u00e4t der Ha rnr\u00f6hre wichtig. Der Kranke hat feitdem mehrmals den \u00dfeil\u2019chlaf vollzogen , und dabei den Saamen mit ge\u00bb wohnter Kraft ausgeftofsen, ungeachtet faft der ganze Saamenfchneller verloren ging, und fich jetzt zwilchen den beiden Harnr\u00fchrenftiicken ein \u00fcber i\" langes Hautft\u00fcck befindet. Zuerft ward wohl der Saame mj; einiger Gewalt in die Harnr\u00f6hre geworfen, und hier durch die krampfhaften Zufammenziehungen des After-liebers und anderer benachbarten Muskeln fortgefto\u00bb fsen, allein diefer ganze Impuls gebt wahrfcheinlich in der Hautftrecke verloren. Entweder wird diefer slfo durch die von Bauer nachgewiefene Muskelfchicht oder durch die Elafticit\u00e4t der Harnr\u00f6hrenhaut erfetzt, Diefer Fall fpricht mehr f\u00fcr die Musculo\u00dft\u00e4t, da die Hjgefonderte Fl\u00fcf\u00dfgkeit nicht hinreicht, um den Kanal bedeutend auszudehnen, was zur Erweckung der eiaftifchen Tb\u00e4tigkeit noth wendig ift. Der, durch Bauer nachgewiefene gewundene Verlauf der Muskel-\nij Surgical effaya. V ol. s,","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"351\nfafern fcheint cine vorg\u00e4ngige Streckung zu erfordern, und gerade dies wird durch die bei der Begattung Statt findende Anfcliwellung des Zellk\u00f6rpers bewirkt.\nDiele Erkl\u00e4rung wird auch durch das vollfc\u00fcndige Ausftofsen des Saamens beft\u00e4tigt, welche fchwerlich durch blofse Elafticit\u00e4t erreicht werden w\u00fcrde.\nAuch in praktifcher Hinficht ift der Fall'wichtig, fofern er den Grund zur Heilung h\u00f6chft trauriger Stric-turen mit Fifteln und Hautverderbnifs im Mittelfieifch legen kann, zumal da gerade der im Mittelfieifch befindliche Tfieil der Harnr\u00f6hre ihr gew\u00f6hnlicher und einziger Sitz ift. Wegnahme deffelben und der kranken Haut w\u00fcrde daher wahrscheinlich fehr lieilfam, und felbft Bildung eines neuen Kanals nach der hier befolgten Methode m\u00f6glich leyn. Auch ohne diefen gl\u00fccklichen Erfolg w\u00fcrde aber die Lage des Kranken offenbar durch Bildung einer einzigen Oeffnung an der Steile mehrerer G\u00e4nge verbeffert werden. Dazu kommt, dafs die Operatica keine lebensnothwendigen Theile intereffirt.\nXIX.\nG a i M ARD, Wundarzt auf der Urania', \u00fcber den \u00dfradypus. (Journ. de Phylique. T. 94- p. 389.)\nXJnfer Aufenthalt in Brafilien hat uns zwei A\u00ef\u2019s von verfchiedenen Gefchlechtern verfchafft.\nDerm\u00e4nnliche ift der fogenannte A\u00ef mit verbranntem R\u00fccken. Seine Ruthe fpringt ziemlich ftark hervor, die Eichelift deutlich und wie durch eine Vorhaut bedeckt. Die \u00fcbrigen 1 heile des Zeugungsapparates liegen in der","page":351}],"identifier":"lit15856","issued":"1823","language":"de","pages":"346-351","startpages":"346","title":"\u00dcber die Herstellung eines Kanals an die Stelle der zerst\u00f6rten Harnr\u00f6hre: Phil. Transact., 1821, p. 300","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:14:46.137431+00:00"}