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Über Töne, welche durch einige Ohren nicht vernommen werden: Phil. Transact., 1820, p. 306

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{"created":"2022-01-31T16:59:10.679498+00:00","id":"lit15864","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Wollaston","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 8: 413-418","fulltext":[{"file":"p0413.txt","language":"de","ocr_de":"415\nXXVI.\nWollaston liber T\u00f6ne, welche durch einige Ohren nicht vernommen wer den. (Phil. Transact. 1820. p. 306.)\nIch habe beobachtet, dafs ein Ohr, welches im Allgemeinen als vollkommen angefehn werden konnte, o'och f\u00fcr folche T\u00f6ne unempf\u00e4nglich war, die fich an dem einen oder dem andern Ende der Tonleiter befinden, und deren Vernehmen oder nicht Vernehmen blofs von der Gr\u00f6fse und Zahl der Schwingungen, welche die Note bilden, durchaus nicht von der St\u00e4rke des Schalles abzuh\u00e4ngen fcheint.\nIn der That ift, wenn gleich gew\u00f6hnlich Taube \u00abIle T\u00f6ne unvollkommen vernehmen, doch der Grad der Undeutlichkeit verfchiederier T\u00f6ne nicht derfelbe. Hohe werden gew\u00f6hnlich beffer geh\u00f6rt als tiefe, und fie verliehen daher Weiber und Kinder meiftens beffer als M\u00e4nner, weshalb man auch h\u00e4ufig findet, dafs Per-fonen, die oft mit Tauben reden, h\u00f6her als gew\u00f6hnlich fprechen.\nAuch gefunde Ohren werden bisweilen f\u00fcr tiefe T\u00f6ne unempfindlich. Dies entdeckte ich zuf\u00e4llig, als ich mich bem\u00fchte, die Urfache der Taubheit eines Bekannten auszumitteln, indem ich auf verfchiedene Weife die Empfindlichkeit meiner eignen Ohren durch Verfchliefsung verminderte. Verfchliefst man Mund und Nafe, fo kann durch ftarkes Bem\u00fchen, vermitteln, der Erweiterung des Bruftkaftens zu athrnen, die Pauke fo entleert werden, dafs man den Druck der \u00e4ufsern Luft auf das Paukenfell fahr ftark empfindet. Bei diefer Spannung deffelben vom \u00e4ufsern Drucke nun h\u00f6rt man tiefe T\u00f6ne, nicht aber hohe, fo vollkommen als gew\u00f6hnlich.","page":413},{"file":"p0414.txt","language":"de","ocr_de":"Diefer Zuftand der Entleerung bleibt fogar bisweilen eine Zeitlang, ohne das fortgefetzte Streben einzuathmen, indem durch das pl\u00f6tzliche Aufh\u00f6ren defffilben der Weg vom Ohr zum Munde durch die, wie eine Klappe wirkende, biegfame Trompete verleb Soffen , und dadurch die R\u00fcckkehr der Luft in die Pauke verhindert wird. Er und das damit verkn\u00fcpfte unangenehme Gef\u00fchl werden indeffen durch die Schlingbewegungen fogleich aufgehoben, indem hierdurch die Trompete ge\u00f6ffnet wird, worauf dann die Luft eindringt und das Gleichgewicht zwifchen der \u00e4ufsern und innern Luft hergeftellt wird.\nBei den Veri'uchen, den Grad auszumitteln, auf welchen diefe Art von Taubheit gebracht werden kann, entstand die Schwierigkeit, hinl\u00e4nglich reine T\u00f6ne zu linden. Saiteninftrurnente find nicht wohl anwendbar, weil, wenn die T\u00f6ne nicht ganz frei von Beimifchung der hohem Saiten find, fehr leicht T\u00e4ufchung bei Sch\u00e4tzung der wirklich vernommenen Tiefe entftehen kann. F\u00fcr mich kann ich indeffen angeben, dafs mein Ohr f\u00fcr alle T\u00f6ne unter dem grofsen F. unempf\u00e4nglich wird. Weniger Ge\u00fcbte k\u00f6nnen die Pauke vielleicht nicht bis auf einen fo hohen Grad entleeren. Bis auf einen gewiffen Punkt ift der Verhieb nicht febwer. Der Erfolg ift fehr auffallend und kann mit der rnechanifchen Sonderung gr\u00f6fserer und kleinerer K\u00f6rper durch ein Sieb verglichen werden. Schl\u00e4gt man mit der Fingerfpitze auf einen Tilch, fo erklingt das Ganze mit einem tiefen, dumpfen Tone; geschieht dies mit dem Nagel, fo h\u00f6rt man zugleich einen hohen Ton , der durch fchneliere Schwingung der Theile im Umfange des ber\u00fchrten Punktes entfteht. lit nun die Pauke entleert, fo h\u00f6rt das Ohr nur dielen, nicht den tiefem Ton des ganzen Tifches. Eben fo vernimmt es nicht das tiefe Rumpeln einer Kutfche,","page":414},{"file":"p0415.txt","language":"de","ocr_de":"\u2022wohl aber nach vpe vor das Raffein einer Kette oder Io feil Schraube.\nIn einem Concert verliert man hierdurch alle tie* fen Tune, und h\u00f6rt die hohen weit deutlicher als gew\u00f6hnlich.\nReim elften Verfuche empfindet man fehr leicht den iinfsern Druck auf das .Paukenfell, allein nicht leicht ift es, ichnell genug das liinathmungsltreben zu beendigen, um die Trompete zu verfchliefsen, und dadurch die Entleerung beharren zu laffen, oder lange das Verfchlucken des Speichels auszufetzen, wodurch der Verfuch fogleich beendigt ift.\nAuel\u00bb \u00e4ulserer Druck bringt, z. B. unter der Taucherglocke, diefe betr\u00e4chtliche Spannung hervor. Das Walter dr\u00fcckt fo ftark auf die eingelchlofiene Luft, dafs die Trompete verfchloffen wird, und diefe Spannung wird im Verh\u00e4ltnis zum Herabfteigen f\u00fcr Perfo-nen fehr befchwerlich, welche das Mittel zur Abh\u00fclfe nicht kennen. Die, welche daran gew\u00f6hnt find, \u00f6ffnen unftreitig die Trompete durch Schlingen oder leichtes G\u00e4hnen in dem Augenblicke, wo die Glocke das Waffer ber\u00fchrt.\nH\u00fcchft wahrfcheinlich entfteht auch bei diefer k\u00fcnftlichen Spannung Taubheit f\u00fcr tiefe T\u00f6ne.\nDas get mule Ohr itn nat\u00fcrlichen Zuftande fcheint keine fcharfe Gr\u00e4nze f\u00fcr das Unterfcheiden tiefer T\u00f6ne zu haben. Horcht man auf die Schalllchwingungen, fo wie lie allm\u00e4hlich langfamer werden, fo kann man ungewifs feyn, bei welchem Ton die F\u00e4higkeit, einen mulikalifchen Eindruck zu machen, aufh\u00f6rt, indelfen nimmt jedes gefunde Ohr eine fchwingende Bewegung wahr, his lie ein blofses Zittern wird.\nWenn man nun fein Augenmerk auf die entgegengefetzte Seite der Tonleiter richtet, und mit einer Beihe allm\u00e4hlich h\u00f6her werdender Pfeifen das Geh\u00f6r einer","page":415},{"file":"p0416.txt","language":"de","ocr_de":"415\neinigermafsen betr\u00e4chtlichen Menge von Menfchen pr\u00fcft, fo findet man felbft innerhalb derGr\u00e4nze der T\u00f6ne, die, in der Mufik hervorgebracht werden, eine auffallende Verfchiedenheit zwilchen der H\u00f6rkraft verfchiedener Perfonen, die \u00fcbrigens vollkommen gut h\u00f6ren, und es ergiebt fich, dafs das menfchliche Ohr f\u00fcr hohe T\u00f6ne fehr befchr\u00e4nkt ift, und im Allgemeinen nicht viel weiter als die gew\u00f6hnlichen T\u00f6ne reicht.\nDiele Art partieller Taubheit bemerkte ich vor einigen Jahren zuerft bei einem Bekannten , indem ich fand , dafs er f\u00fcr den T\u00f6n einer kleinen Pfeife unempf\u00e4nglich war, die fich weit innerhalb der Gr\u00e4nzen meiner eignen und anderer Ohren befand. Bei n\u00e4herer IJnterfuchung fand fich, dafs er nicht h\u00f6her als vier Octaven \u00fcber dem \u00eb h\u00f6rte.\nAuch diefe Note h\u00f6rte er unvollkommen, die n\u00e4ehfte aber gar nicht. Aufserdem h\u00f6rte er fehr gut und namentlich mufikalifch.\nDabei erinnerte ich mich an eine nahe Verwandte, die, fo wie wahrfcheinlich auch ihre Schwefter, fo deutlich fie auch gew\u00f6hnliche T\u00f6ne h\u00f6rte, nie das Zirpen der Feldgrillen zu h\u00f6ren im Stande gewefen war.\nIm n\u00e4chften Falle erftreckte fich die Taubheit wahrfcheinlich noch ein bis zwei Noten niedriger als Jm erften Falle. Ein Mann n\u00e4mlich hatte nie das Zwit-j'chern des Sperlings geh\u00f6rt. Dies ift der h\u00f6chfte Grad diefer Taubheit, und, wie ich glaube, fehr feiten. Selbft die Taubheit f\u00fcr das Zirpen der Haus-grylle, das noch einige Noten h\u00f6her ift, kommt nicht gew\u00f6hnlich vor. Nicht feiten erfcheint nach meiner Erfahrung die Unf\u00e4higkeit, das Kreifchen der Fledermaus zu h\u00f6ren. Das Zirpen der Feldgryllen fcheint mir hoher als das der Fledermaus zu feyn, und n\u00e4hert fich daher vermuthlich der Gr\u00e4nze mehrerer Ohren, indem nach meinen Erfahrungen im Allgemeinen das menfchliche Ohr nur einige Noten h\u00f6her reicht.","page":416},{"file":"p0417.txt","language":"de","ocr_de":"41?\nDoch l\u00e4fst fich diefe H\u00f6he fehr fchwer beftimmen, Das Gefchrei des Sperlings variirt in Hinficht auf feine H\u00f6h\u00ae etwas, im Allgemeinen aber fcheint es ungef\u00e4hr vier Oetaven \u00fcber das \u00eb zu reichen.\nDer Ton der Fledermaus ift gewifs noch um eins volle Octave h\u00f6her, und das Gefchrei mancher Infekten reicht wohl noch eine Octave weiter, indem es T\u00f6ne giebt, die beftimmt h\u00f6her als eine kleine Pfeife von L\u00e4nge reichen, die nicht viel unter fechs Oetaven \u00fcber dem \u00eb feyn kann. Da aber diefe Pfeife den h\u00f6chften, nur h\u00f6rbaren Ton giebt, kann ich nicht beftimmen, wie weit die angef\u00fchrte Note fie an Feinheit tibertrifft, und ich kenne die Exiftenz von diefer nur durch einige junge Bekannte, die ein Zirpen h\u00f6rten, wenn ich es nicht vernahm. Vermuthlich war es eine, aber von den gew\u00f6hnlichen verfchiedene Grvlle, indem ich das Zirpen von diefer oft geh\u00f6rt habe.\nNach vielen Unterfuchungen glaube ich annehmen zu k\u00f6nnen, dafs man pl\u00f6tzlich eine h\u00f6here Note gar nicht zu h\u00f6ren im Stande ift, ungeachtet man die vorhergehende fehr deutlich h\u00f6rt. Diefer Umftand fetzt fehr inErftaunen, und ein Verfiich an mehrern Per-fonen mit mehrern kleinen Pfeifchen wird dadurch fehr beluftigend.\nUngeachtet ich an Perfonen unter zwanzig Jahren noch keine Gr\u00e4nze f\u00fcr hohe T\u00f6ne finden konnte, fo glaube ich doch nach mehrern Nachrichten, dafs auch die j\u00fcngften Ohren diefe Art von Unempfindlichkeit befitzen.\nDer Raum f\u00fcr das menfchliche Geh\u00f6r, der fich zwifchen den tiefften T\u00f6nen der Orgel und den h\u00f6chften, welche Infekten hervorbringen, findet, begreift \u00fcber neun Oetaven, und alle diefe T\u00f6ne werden durch die mei-ften Ohren vernommen , ungeachtet die Schwingungen einer Note am hohen Ende 6 \u2014 700 Mal h\u00e4ufiger als die find, welche den tiefiten h\u00f6rbaren Ton erzeugen.","page":417},{"file":"p0418.txt","language":"de","ocr_de":"418\nDa die Befchaffenheit der Atmofph\u00e4re durchaus' nicht die Exlftenz von Schwingungen verhindert, die ohne Vergleich zahlreicher als die, deren wir uns be-wufst werden,find, foift es fehr m\u00f6glich, dafs beiThieren wie die Gryllen, die H\u00f6rkraft ungef\u00e4hr da anf\u00e4ngt, wo die unfrige aufh\u00f6rt, und fie noch feinere, uns gar nicht vernehmbare T\u00f6ne h\u00f6ren. Andere Infekten mag es geben, welche durchaus gar nicht mit uns diefelben T\u00f6ne h\u00f6ren, fondern Io feine hervorbringen und vernehmen, dafs man fagen kann, fie beiitzen einen von dem unfern ganz verfchiedenen Sinn, der mit ihm nur durch fein Medium \u00fcbereinkommt, m\u00f6glicherweife aber durch die langl\u00e4mern, f\u00fcr uns wahrnehmbaren Schwingungen gar nicht afiicirt wird.\nXXVII.\nSavart \u00fcber die Schwingungen der Membranen. (Bull, de la foc. philom. 1822. ?. 90.)\nDie Theorie der Schwingungen gefpannter Membranen ift im Allgemeinen fehr dunkel; doch vergleicht man fie gew\u00f6hnlich mit den Saitenfchwingungen. So wie, wenn zwei Saiten fich in einer gewiffen Spannung befinden, die andere von felbft in Bewegung ger\u00e4th, wenn mau die eine fchwingen J\u00e4fst, und fich felbft in mehrere Ablchnitte theilt, um Tone hervorzubringen, welche mit denen der erftern in Beziehung flehen, fo fahe man einen gewiffen Grad von Spannung als noth-wendige Bedingung an, damit eine Membran durch einen andern fchallenden K\u00f6rper zu Schwingungen ver-anlafst w\u00fcrde.","page":418}],"identifier":"lit15864","issued":"1823","language":"de","pages":"413-418","startpages":"413","title":"\u00dcber T\u00f6ne, welche durch einige Ohren nicht vernommen werden: Phil. Transact., 1820, p. 306","type":"Journal Article","volume":"8"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:59:10.679503+00:00"}

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