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Untersuchungen über die Vergiftung durch Kleesäure: Edinburgh med. and chirurg. Journal, Vol. 19, No. 75, p. 163 ff.

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{"created":"2022-01-31T16:03:40.571609+00:00","id":"lit15883","links":{},"metadata":{"alternative":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie","contributors":[{"name":"Christison, R.","role":"author"},{"name":"W. Coindet","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Deutsches Archiv f\u00fcr die Physiologie 8: 513-556","fulltext":[{"file":"p0513.txt","language":"de","ocr_de":"XVII.\nIl, Christison\u2019s, ProfeiTors der gerichtlichen Medicin zu Edinburgh und W. Coin-pets, Arztes zu Genf, Unterfuchurigen \u00fcber die Vergiftung durch Kleef\u00e4ure. (Edinburgh med. and chirurg. Journal\u00bb Vol. 19. No. 75\u00bb p. -'*-63 ff.)\nDie Vergiftung durch Kleef\u00e4ure fordert wegen der Leichtigkeit zu Erreichung von verbrecherifchen Zwecken, die fie dar bietet, ihrer fcbleunigen Wirkung und T\u00f6dtl.iofakeit, und vorz\u00fcglich wegen der H\u00e4ufigkeit und Zunahme1) ihres Vorkommens, zugr\u00f6fserer Aufmerk-famkeit auf, als man ihr bisher gewidmet hat. Bis jetzt weife man \u00fcber ihre Wirkung nichts, als was fich aus einigen ungen\u00fcgenden Verfuchen von Thieren und einzelnen unvollkommnen oder abweichenden Beobachtungen an Menfchen abnehmen l\u00e4fst.\nAuf dem 1 eftlande hat man fich ihrer l\u00e4ngft als eines k\u00fchlenden Mittels und zur Verfertigung von Limonade bedient, da fie aber lehr faner ift, fo gefchah dies immer in geringer Menge, und fie er\u00eechien daher nie fch\u00e4dlich.\nDie erfte Anzeige ihrer giftigen Eigenfchaften gab Herr Royfton im Jahr 1814 *). Ein Frzuenzim-\n1) Die Herausgeber des Lend. med. Repofitory bemerken , tUfs von der Erfcheinung des lecksten Bandes die Fe a Werkes an in drittehalb Jahren neun F\u00fclle zu ihrer Kenntnifs kamen. Seit dem letzten M\u00e4rz Finden wir nicht weniger als f\u00fcnf itn Londner Courier, und, da unftreitig wohl mehrere andere nicht zu unferer Kenntnifs kamen, fo darf man annehmen, dafs in den letzten funk bis frehs Jahren kcin\u00e7 Vergiftung fo h\u00e4ufig, als' \u00abliefe 9 in England toi kam,\ni) Med. Repolit\u00bb Vol, \u00eef p,","page":513},{"file":"p0514.txt","language":"de","ocr_de":"mer nahm eine halbe Unze davon ftatt fchwefelfaurer Magnefia, und ftarb in vierzig Minuten nach t\u00fcrchter-lieber (^uaai.\nHerr Hume, der auf Herrn Royfton's Wunfch die Subftanz unterfuchre und wirklich f\u00fcr Kleef\u00e4ure erkannte, fuchte ihre giftigen Wirkungen durch die Annahme zu erkl\u00e4ren, dafs fie wegen ihrer gr\u00f6fsern Verwandtfchaft zum Kalke den phosphorlau reu Kalk in den Magenh\u00e4uten zerfetze *).\nGuyton- Morveau'1 2 3') erwies bald die Unrichtigkeit c\u00fcefer Annahme, indem bei der menfcblichen Temperatur die Kleef\u00e4ure keinen Einfluls auf phosphorfauren Kalk hat, und die Menge von diefern in den H\u00e4uten des Magens faft unmerklich ift. Hierzu kann man noch fetzen, dafs in dem erw\u00e4hnten Falle die Magenh\u00e4ute durchaus unver\u00e4ndert waren. Morveau j\u00e4ugnete fogar, dafs in dem Royfton'fchen Falle Kleef\u00e4ure angewandt worden ley.\nDa im Jahre 1815 ein \u00e4hnlicher Fall vorkam, wurde Herr Thom/on, einer der Herausgeber des Lond-ner med. Repofitory, zu Verfueben mit der Kleef\u00e4ure an Thieren veranJafst 3). Aus ihnen fchlofs er, dafs die Kleef\u00e4ure und die Magenh\u00e4ute einander gegenfeitig zerfetzen, dafs ein Theil davon in das Blut tritt, weil diefes an mehrern Stellen das Lackmus r\u00f6thete, dafs aber diefe Erfcheinung nicht die Todesurfache ift, fon-dern der Tod in der, fympathifch durch die Verletzung des Magens bewirkten, Hirn - und Herzverletzung begr\u00fcndet fey,\nIndefien ftellte er nur drei Verfuche an, die immer nur am Magen allein und mit concentrirter S\u00e4ure vor-\n1)\tIbid. Vol. I. 584.\n2)\tAnnal, de Chimie.\n3)\tMed. Repofit. Vol. III. p. 582*","page":514},{"file":"p0515.txt","language":"de","ocr_de":"515\ngenommen wurden, mithin nicht zahlreich genug und nicht hinl\u00e4nglich abge\u00e4ndert waren , \u00fcberdies nicht mit den obigen F\u00e4llen ftinimten, wo nie die H\u00e4ute des Ma* gens verletzt waren.\nIndeffen wurde feine Vermuthung durch einige fp\u00e4tere intereffante F\u00e4lle und noch mehr durch einige Verlache \u00fcber ihren Einflufs aui das Zellgewebe von Perey *) beit\u00e4tigt.\nZuletzt hat Orfila die Kleef\u00e4ure mit den Mineral-f\u00e4uren unter den reizenden Giften zufamrnengeftellt, und ihre Wirkung als blofs \u00e4tzend betrachtet l) 2 ).\nDie hier angezeigten offenbaren Widerfpr\u00fcche und einige andere, fp\u00e4ter vorkommende Urnft\u00e4nde veran-lafsten unsan der Richtigkeit der Anficht zu zweifeln und zu neuen Unterfuchungen, um den Gegenftand weiter aufzukl\u00e4ren, die wir theils wegen ihrer Abweichung von den fr\u00fcher vorhandenen, theils weil lie einige merkw\u00fcrdige und n\u00fctzliche Thalfachen \u00fcber die Wirkung der Gifte \u00fcberhaupt enthalten, theils weil fie die Widerfpr\u00fcche \u00fcber ihre Wirkung auf den menfch-lichen K\u00f6rper l\u00fclen, hier mittheilen.\nIm eilten Theile des Auffalzes werden wir die Verfuche \u00fcber die Wirkung der Kleef\u00e4ure angeben, im zweiten die Refultate derfelben auf Vergiftung am Men-fchen anwenden.\nErfter Th eil.\nMan nimmt an, dafs die Gifte auf dreifache Weife wirken.\ni) Einige wirken \u00f6rtlich, entweder, wie die verd\u00fcnnten Mineralf\u00e4uren und einige fcharfe Pflanzen, durch Reizung und Entz\u00fcndung des Gewebes, oder, wie\nl) Diff. inaug. Edinb. 1821.\ns') Tr. de Toxicologie. J8i8- Le\u00e7ons de m\u00e9d, l\u00e9gale ig:t.","page":515},{"file":"p0516.txt","language":"de","ocr_de":"516\n\u00aboncentrirte Mineralf\u00e4uren, fixe Alkalien, une! einige metallifche Salze, durch chemifche Zersetzung deffelben.\ns) Andere machen auf die Nervenzweige, worauf f'C wirken, einen eigenth\u00fcmlichen Eindruck, der zum Gehirn fortgepflanzt wird, Dahin geh\u00f6ren Alkohol, Blauf\u00e4ure, Tabak.\n3) Andere treten durch die Blut - unrf Saugadern in das Gef\u00e4fsfyftem, und wirken dann entweder auf das Blut felbft oder das Nervenfyftem, oder ein wichtiges Organ\u00bb Dahin geh\u00f6ren Morphium, Strychnium und einige andere vegetabilifche Alkalien.\nFerner wirken mehrere Gifte auf doppelte Weife: fo z.B. mehrere Metallverbiudungen \u00f6rtlich und allgemein durch die Einfaugung.\nNach dem Vorigen halten einige die Kleef\u00e4ure blofs f\u00fcr \u00e4tzend, andere f\u00fcr \u00e4tzend und fympathifch auf das Gehirn wirkend zugleich, Indeffen find in der That diele und manche mit ihnen verbundene Anfichten mehr oder weniger irrig,\nI. Es fragt lieh zuerft, ob diefe Subftanz wirklich ein Gift ift? Dies Jafst ficli durch die Unterfuchung be-ftimmen, ob fie allgemein im geraden Verh\u00e4ltnis zu ihrer Menge und dein Grade ihrer Concentration wirkt.\nDies auszumitteln, wurde eine halbe Unze Kleef\u00e4ure in doppelt fo viel Waffer bei 130\u00b0 F. durch eine Oeffnung in der Speifer\u00f6hrc in den Magen eines Rundes gefpritzt und durch ein Band darin erhalten, eine Methode, die bei allen folgenden Verliehen beobachtet wurde. In zwei Minuten trat heftiges W\u00fcrgen bis zur zw\u00f6lften Minute ein. Das Atlimen wurde voller und. h\u00e4ufiger, nach lech zehn und einer halben Minute kurz, und fetzte zuweilen einige Secunden aus. Zugleich liefs das Thier Jen Kopf linken, fahe febr dumm aus, behielt aber volles Bewufstfeyn, Endlich fiel es pl\u00f6tzlich auf die Seite, der K\u00f6rper wurde einige Secun-","page":516},{"file":"p0517.txt","language":"de","ocr_de":"51?\nden lang krampfhaft ausgeftreckt, und nach einigen Kr\u00e4mpfen erfolgte der Tod ein und zwanzig Minuten nach Anfang des Verfuchs. W\u00e4hrend der Krampfs f\u00fchlte man keinen Herzfchlag und logleich nach dem Tode, der auf den letzten folgte, war das Herz nicht contractai; die rechte H\u00e4lfte ftark von fchwarzcia Blute ausgedehnt, w\u00e4hrend die linke wenig und hell\u00ab rothes enthielt.\nDer Magen wurde nach vier Minuten ge\u00f6ffnet und ausgewaichen. Aeufserljch war er ger\u00f6thet. Er enthielt einige Unzen einer dicken, dunkelbraunen, \u00f6ligen Subftanz. Die innere Fl\u00e4che war mit nicht verdicktem Schleim bekleidet. Die Oberhaut war von der ganzen linken Gegend und der hintern Fl\u00e4che getrennt und bins an der vordem nur lole in einzelnen St\u00fccken, war aber auch hier br\u00fcchig und br\u00e4unlichgelb. Die hintere Fl\u00e4che war fehr gef\u00e4fsreich, und unter cler Zellhaut waren fclnvarze Streifen ergoffen. Die innere Haut der Speifer\u00f6hre unterhalb der Ligatur war runzlig, grau, aber feft.\nAlles \u00fcbrige war gefund.\nGerade fo verhielt es fich in vielen andern Verhieben, und die Verfchiedenheiten bezogen fich nur auf den Grad.\nDie Heftigkeit des Wiirgens Fand immer mit der Menge des Giftes in geradem Verh\u00e4kniffe, 1 ft es lehr heftig, fo h\u00f6rt es fchneiler auf, ift es m\u00fcder, fo dauert es bisweilen zwei Stunden, Immer ift dar ihier lehr unruhig, bis es auf die Seite f\u00e4llt. Dann ftirot es im Allgemeinen pl\u00f6tzlich und unmerklich. Nie erfolgte der Tod fo fchriell als im beichricbenen Falle.\nImmer fanden wir den Magen voll derfelben dunkeln Fl\u00fcffigkeit, offenbar Blut, durch die S\u00e4ure ver\u00e4ndert und vielleicht mit Galle vermifcht. Die innere","page":517},{"file":"p0518.txt","language":"de","ocr_de":"518\nH dut war immer dunkelroth, im Allgemeinen fchwarz-geftreift und mit k\u00f6rnigem Ext ravalai bezeichnet. Nie war lie lo itark als bei cliefem Verfuche zerire\u00fceii, bisweilen ganz feit und unverletzt. Immer waren der Grund am wenigften, die Magenm\u00fcndungen am mei-ften angegriffen. DieRunzeln waren am meiften verletzt, die Furchen oft gar nicht. Einmal war die Zotten-haut nahe an der Cardia erweicht, doch erftreckte fich diefer Zuftand nie weiter oder tiefer, wie Herr Thomson fand.\nHiernach fcheint die in grofser Menge und m\u00f6g-lichfter Concentration gegebene S\u00e4ure ftarke Ergiefsung in der Schleimhaut und in die H\u00f6hle des Magens, oft Trennung der Oberhaut und bisweilen Erweichung der Zottenhaut zu bewirken.\nHei der Unterfuchung der Wirkung \u00e4tzender Gifte ii't es wichtig, auszumitteln , wie weit die Ver\u00e4nderungen den chemifchen Proceffen oder der lebendigen Gegenwirkung zuzufchreiben find. Zu diefem Behuf mufs mail i) die Leichen\u00f6ffnung gleich nach dem Tode, und 2) Verfuche an \u00eeodten thierifchen Sub-itanzen anftellen.\nAus folgender Darftellung der vergleichenden Verfuche mit dem todten Magen werden fich diegrofsen Mifsverft\u00e4ndniffe ergeben , welche durch Venn en g un er beider Wirkungen entftanden.\nDer gelunde Magen eines Hundes wurde zwei Minuten lang in einer gef\u00e4ttigten Aufl\u00f6fung von X300 gehalten. Die Oberhaut hatte fich als ein einziger Lappen getrennt, war verdickt und gl\u00e4nzend grau, und verhielt fich ungef\u00e4hr wie ein lebender Magen bei dielen Verfuchen. Die Zottenhaut war durchfiehtig, breiig, die fer\u00f6fe Haut grau und runzlig. Nach f\u00fcnf Minuten war die ganze Zoltenhaut gallertartig.","page":518},{"file":"p0519.txt","language":"de","ocr_de":"519\nBei 500 Fahrenheit *) war in zwanzig-Stunden die Zottenhaut biais, gr\u00fcniieiiweii's und hing weniger feft an, war aber feit und unverletzt. Nach clri\u00eete-lialb Tagen war fie br\u00fcchig, ging leicht ab, und die \u00fcbrigen H\u00e4ute waren weich, angefchwollen une! durch-fichtig. Nach zw\u00f6lf Tagen konnten die ganzen H\u00e4ute mit den Fingern auseinandergezogen werden, und in dreifsig bildeten fie eine haibzerfiiefseude Malle, die lieh fait ganz in lauem Waller aufl\u00fcfte, bei 1300 Fahrenheit Flocken bildete, und nach dem Kochen mit Gerb-ftoff einen Niederfchlag bildete.\nDer menfchliche Magen fcliien hei einem andern Verfuche der Wirkung der S\u00e4ure etwas mehr YVider-ftand zu leihen.\nDie Mineralf\u00e4uren wirken ganz anders.\nSalpeterf\u00e4ure, mit zw\u00f6lfmal fo viel Waffer verd\u00fcnnt, macht die H\u00e4ute bald br\u00fcchig, dicht, gelb, ohne fie aufzul\u00f6fen ; Sckwefelf\u00e4ureafchfarben, erft runzlig, dann etwas weich. In vierzehn Tagen entlteht durch beide keine fernere Ver\u00e4nderung.\nUm auszumitteln, auf welche thierifche Subftanz die Kleel\u00e4ure zerlt\u00f6rend wirke, wurden Verfuche mit Eiweifs, Gallert und Faferi'ioff angeftellt, die in die Zufammenfetzung der Magenh\u00e4ute fo eingehen, dafs Eiweifs vorz\u00fcglich die Oberhaut, und vermuthlich die fer\u00f6fe Haut, Gallert das ganze fchleimige Coriutn und\nl) Alle chemifchen Werke feheinen die Aufloslicbkeit diefer Siiur* h\u00fcfcli zu beftiminen. Sie foil bei der Siedehitze 1 n dem-felben Gewicht, bei 6o\u00b0 in doppelt fo vie! W;ffer aufge-loft werden. Wir fanden bei 6o\u00b0 immer elfmal. fo viel Waffer nothwendig; doch nimmt die .'i\u00fcflog Lieh ke it mit der Temperatur fchleunig zu. Immer wandten wir nur reine Kleef dure an.","page":519},{"file":"p0520.txt","language":"de","ocr_de":"52U\neinen betr\u00e4chtlichen Theil des Zellgewebes, Faferftoff den gr\u00fclsern Theil der Muskelhaut bildet *).\nAus ihnen ergab fich, dafs concentrirte KJeeiaure Eiweils coagulirt, aufserd\u00ebm ohne Wirkung darauf ift. Dein reinen Faferftoff giebt fie. einen h\u00f6heren Grad von Elafiicit\u00e4t und Durchticlitigkeit, l\u00f6ft ihn aber nicht auf. Muskeln bleicht und fchiitzt fie vor F\u00e4ulnifs, ohne ihre \u00dfefchaffenheit befonders zu ver\u00e4ndern ; Gallert dagegen l\u00f6ft iie fehr fchnell auf.\nF\u00fcnf und zwanzig Gran Haufenblafe in eine halbe Unze temperirter Aufl\u00fcfung, die dreifsig Gran S\u00e4ure enthielt, gethari, fingen in zwei bis drei Minuten zu erweichen und atizufchwelien an, und waren in zw\u00f6lf bis lechzehn Stunden in eine einf\u00f6rmige gallertige Maffe verwandelt. Keines Waller bewirkte in dreifsig Stunden nur eins leichte Erweichung und Biegfamkeit, aber keine Aufl\u00fcfung, felbft keine ichlei* raige Balchaffenheit an der Oberfl\u00e4che.\nDiefer Procel\u2019s ift eine reine 'L\u00f6fung, Wo keiner der beiden K\u00f6rper feine charakteriftifchen Eigenfchaf-ten verliert; denn, auch bei Anwendung einer lehr geringen Menge Gallert behielt die Mifchuug doch die Neigung zum gallertigen Geftehen und bildete mit Gerbltoff einen Niederfchlag. Eben fo r\u00fcthete fie Lackmus, io gering auch die Menge der angewandten S\u00e4ure war.\nAus\nI) Diele Angaben r.inw\u00eech\u00ea\u00ee\u00e0en lick fehr von denen der neneften Chemiker3 die liant,, Zellgewebe, Schleimhaut und an\u00ab dere Gewebe muer dem gemeinfamesi Namen Membran begreifen, und .Ge vorz\u00fcglich Itir Gallert halten. Bichat hat fchon die Unrichtigkeit hiervon gezeigt. Doch iind fernere Unter fuchungen zu genauerer \u00dfeftimmung der Zu\u00bb fammenfeuung der verlchiedenen weichen Gewebe luitlug.","page":520},{"file":"p0521.txt","language":"de","ocr_de":"Aus dem Vorigen l\u00e4fst fich Folgendes fchliefsen.\nx) Concentrirte Kleef\u00e4ure macht die Oberhaut br\u00fcchig und ioft lie ab. Die \u00fcbrigen Magenh\u00e4ute l\u00f6ft fie auf, wirkt aber im Leben feiten \u00fcber die Schleimhaut hinaus, kommt daher durch ihre Wirkung mehr mit den reizenden Subftanzen \u00fcberein, indem fie Er-giefsung von Blut in das Gewebe und die H\u00f6hle des Magens, aber wenig chemifche Zerfetzung bewirkt.\n2)\tAuf den todten Magen wirkt fie dagegen fa fchnell, dafs, wenn die Unterfuchung nur nach einigen Minuten gefchieht, die ganze Lederhaut, ja die \u00fcbrigen H\u00e4ute aufgel\u00f6ft werden.\nSelbft die verd\u00fcnnte S\u00e4ure hat, wenn gleich lang-famer, diefelbe Wirkung.\nDaher fand Herr Tiiomfon fo viele Zerfreffung, indem er immer die Unterfuchung erft nach Verlauf der Zeit anftellte, wo die S\u00e4ure bedeutend auf die todten Gewebe wirken konnte.\n3)\tDie chemifche Wirkung der S\u00e4ure ift keine gegenleitige Zerfetzung derlelben und des Magens, fon-dern blofs eine reine L\u00f6fung, wobei die S\u00e4ure und die thierifchen Subftanzen der Gewebe unver\u00e4ndert bleiben.\nZun\u00e4chft wurde nun unterfucht, ob die fch\u00e4d-lichen Wirkungen der S\u00e4ure, wie die der reizenden Gifte \u00fcberhaupt, durch Verd\u00fcnnung gemindert oder aufgehoben w\u00fcrden.\nHierzu wurden einem, acht bis zehn Pfunde fchive-ren Hunde drei und dreifs\u00e4g Gran leite S\u00e4ure in fechs Ujrzen oder Geben und achtzig Theilen lauern Wafter gegeben. Nach zwei Minuten traten heftiges W\u00fcrgen, nach 8f Minute einige andere merkw\u00fcrdige Symptome ein, die fich von denen, welche die concentrirte S\u00e4ure hervorbringt, fehr unterschieden, aber bei der ver-M. d. Archiv. VIII. 3.\tM !n","page":521},{"file":"p0522.txt","language":"de","ocr_de":"d\u00fcnnten conftant find, und die wir nachher angeben werden. Nach dreifsig Minuten flarb er.\nDie heftige Wirkung einer fo kleinen Gabe war defto auffallender, da wir nach dem Tode nur eine hellgraue F\u00e4rbung der Magenoberhaut fanden.\nUm den \u00dcnterfchied zwilchen der Wirkung der eoncentrirten und verd\u00fcnnten S\u00e4ure rlefto deutlicher zu machen, wurde befchioffeu, die erftere fo zu geben, dafs man beide mit einander genau vergleichen k\u00f6nnte. Einem gleich grofsen und gleich alten Hunde wurde daher diefelbe Menge in zwei Theilen lauen Waffers gegeben. Nach lieben Minuten fing das W\u00fcrgen an, dauerte jL Stunde, wo die gew\u00f6hnlichen Symptome eintraten, bis am Ende der fechsten der Tod erfolgte.\nDer Magen verhielt (ich, wie oben im Allgemeinen f\u00fcr die concentrirte S\u00e4ure angegeben wurde.\nDiefer Verfuch wurde mehrmals mit dernfelben Erfolge wiederholt.\nHiernach t\u00f6dtet diefelbe Menge S\u00e4ure, ftark verd\u00fcnnt, ein Thier zehn bis zw\u00f6lfmal fcbnelier als irn eoncentrirten Zuftande, und mufs anders als wie ein blofses Reizmittel wirken.\nII. H\u00e4ngen diele Wirkungen von einem fympathi-fchen Eindr\u00fccke ab, der durch die Nerven vorn Magen zu entfernten Organen geleitet wird? Dies auszumit-teln, miiifen wir vorher einige Bemerkungen \u00fcber die fogenannte fympathifche Wirkung der Gifte machen.\nOhne Zweifel wird die Function von Organen in Folge des Leidens anderer Organe geh\u00f6rt, ungeachtet auf fie felbft keine Sch\u00e4dlichkeit einwirkt, allein bei Anwendung diefer Thatfache auf Vergiftung haben die Toxikologen allgemein f\u00e4lfchlich mit der getneinlarnen Benennung ,,fympathifcher Eindruck\u201c zwei v'erlchie-dene Dinge bezeichnet, n\u00e4mlich i) Sympathie mit der vorhandenen organifchen Verletzung eines prim\u00e4r afft-","page":522},{"file":"p0523.txt","language":"de","ocr_de":"cirten Theiles; 2} Sympathie mit einem prim\u00e4ren Eindruck von eigenthiimlieiier unbekannter Belohaffcnheit, der kein erkennbares Zeichen feines fr\u00fchem Vorbari* denfeyns zurfickl\u00e4fst.\nEin Beifpiel der erften Art giebt die Wirkung der in den Magen gebrachten concentrirten Mineralf\u00e4ureit. Hier erfolgt der Tod oft weit fr\u00fcher, als es durch Verletzung der Function diefes Organs m\u00f6glich ift. In der That aber find faft alle Verletzungen oder acute Leiden des Magens auf diefe Weife t\u00f6dtlich. Beifpiel\u00e8 geben die idiopathifche Galtritis, felbft mechanifche Verletzungen des Magens.\nDiefer Eindruck wird bisweilen \u00e4nfserft pl\u00f6tzlich herbeigef\u00fchrt: fo ift Zerreifsung des Magens oft augenblicklich t\u00f6dtlich. Weit allgemeiner aber, namentlich bei der Einwirkung von Mineralf\u00e4uren, entwickelt er fich erft nach einigen Stunden oder Tagen. In diefer Hin-ficht finden fielt viele Vcrfchiedenheiten, fo dafs bisweilen die fympathifche Leitung gar nicht eintritt und der Tod blofs von Erfch\u00f6pfung erfolgt '). Bei Giften hat man bisher wohl nicht angenommen, dafs lie fchleu-nig t\u00f6dtlich feyn k\u00f6nne.\nDagegen hat man die fchlennige Vergiftung der zweiten \u00b0Art der fympathifchen Wirkung zugefchriu-ben, diefe aber nicht hinl\u00e4nglich von der erften unter -fchieden. Diefe Art ift in dem Mitleiden entfernter Organe an einem eigenth\u00fcmlichen, nui ois emphnct-anderj Nervenenden gemachten Eindr\u00fccke begr\u00fcndet, der mit keiner organilchen Ver\u00e4nderung, odet \u00fcbet haupl keinem fichtbaren Zeichen feiner Anweleuheit veibunden ift,\n/ Durch einen folchen Eindruck k\u00f6nnen die Nervenenden gel\u00e4hmt oder gereizt werden, ohne dafs das Ge*\njf) Tarira Ernpoif. par V acide nitrique.\nM ni 2","page":523},{"file":"p0524.txt","language":"de","ocr_de":"webe auf irgend eine Art ver\u00e4ndert wird. Beim Alkohol, Tabak, und befonders der Blauf\u00e4ure findet dies der allgemeinen Annahme nach Statt. Das Stattfinden diel'er Art Sympathie wurde von einem von uns in einem der Gefellfchaft k\u00fcrzlich vorgelefenen Auf-fatze gel\u00e4ugnet. Wir theilen zwar nicht die dort ge\u00e4ufserten Auiichten v\u00f6llig, indeffen wurden die angef\u00fchrten Argumente von gemeinfchaftlich angeftellten, und denen, die wir zu erz\u00e4hlen im Begriff find, \u00e4hnlichen Verhieben entlehnt.\nDie gegenw\u00e4rtige Unterfuchungunterft\u00fctzt \u00fcbrigens Herrn Coindel's Anfichtcn, fofern fie ans der Reihe der fympathifeh wirkenden Gifte eines entfernt, das fr\u00fcher eine ausgezeichnete Stelle einnahin.\nDie Mittheilung eines eignen, unmerkiiehen Eindruckes l\u00e4ngs der Nerven vom Magen aus zu entfernten Theilen wurde vorz\u00fcglich nach den Brodie'tchen Verfuchen 1 ) angenommen; in der That aber ift die einzige daf\u00fcr fpreebende Thatfache die a ufser or deutliche Schnelligkeit der Wirkung.\nEinige Gifte wirken angeblich im Augenblicke der Anwendung, und deshalb nicht durch den Umweg der Einf,Tilgung ; allein der Ausdruck Augenblick ilt f\u00fcr die Phyfiologie viel zu unbeftirnmt. Ueberdies findet wirklich ein mehr oder weniger bedeutender Zeilverluft Statt. Bei Giften, die nur durch das Blutfyftcm wirken, ift dies fehr deutlich. So z. B. fallen wir die Wirkung des Strychnins, wenn es in hinl\u00e4nglicher Menge, um zu t\u00f6dten, gegeben ward, in 30\", Magendie in 20\" anfangen, ein Zeitraum, der im ge Wohnlichen Sprachgebrauchs wohl ein Augenblick hei fsen kann Die augenblickliche Wirkung der Gifte,\nl) Phil, Transact. I?Ii","page":524},{"file":"p0525.txt","language":"de","ocr_de":"nach dem gew\u00f6hnlichen Ausdrucke, giebt keinen Grund f\u00fcr ihr fympathifches Wirken und gegen ihre Wirkung durch das Biutfyitem ab.\nDie Schriftftelier haben fich nicht erkl\u00e4rt, welche diefer fympathifchen Wirkungen lie der Kleef\u00e4ura zufchreiben. Sobald fie den Magen verletzt, mufs fie nach den oben dargeftellten allgemeinen Anfichten fynr-pathifch das ganze Syltem oder irgend ein entferntes Organ afficiren. Da fie aber nur im h\u00f6chft concen-trirten Zultande den Magen verletzt, i'o kann fie nur auf die zweite, oben angegebene Art fympathifch wirken.\nNun aber werden wir darthun, dafs zwar allerdings, wenn der Magen Hesorganifirt ift, eine bedeutende fympathifche Th\u00e4tigkeit eintritt, dies aber in den weit h\u00e4ufigem F\u00e4llen, wo der Magen nicht verletzt ift, gefchieht.\nDer erfte Verfuch mit der conccntrirten S\u00e4ure wurde an einem andern Fl uncle unter denfelben Um-i\u2019t\u00e4nden wiederholt, nur eine halbe Stunde vorher auf jeder Seite ein halber Zoll des zehnten und des fympathifchen Nerven weggenommen. Statt clafs das erfte Thier in zwei Minuten heftig zu w\u00fcrgen anfing und in ein und zwanzig Minuten ftarb, w\u00fcrgte diefes nie, wurde indeffen bald fehr unruhig, bekam in 40' fehr unregclm\u00e4fsiges Athmen, leichtes Zittern in den Bruftmuskeln und eine eigenthiimliche Stumpfheit. In drittehalb Stunden fing es zu fchwanken an, blieb aber v\u00f6llig bei fich und ftarb drei Stunden nachher.\nMehrmals wiederholt gab diefer Verfuch immer daffelbe Ilefultat.\n,/f Hiernach hemmt die Durchfchneidung der Nerven die Wirkung der concentrirten S\u00e4ure bedeutend.\nUm zu fehen, wie diele Operation bei Anwendung der verd\u00fcnnten S\u00e4ure wirkt, wurde in den Magen von zwei Barken Kaninchen eine Unze der S\u00e4ure in","page":525},{"file":"p0526.txt","language":"de","ocr_de":"526\nelf Theilen lauwarmen Waffers aufgel\u00f6ft, gefpritzt, in den? einen beide Nerven auf jeder Seite durchfchnitten, in dem andern nicht verletzt. Diefes fing in 8\u00a7' an lolmell zu athmen und den Kopf zur\u00fcck zu werfen und ftarb 13' nach dem Anf\u00e4nge, nachdem es 13' lang heftigen Opilthotonus gehabt hatte.\nBei dem erften wurde nach 1 o' das Athmen be-fchleunigt und der Kopf zuriickgeworfen, zugleich trat Opilthotonus und in der vierzehnten Minute der Tod ein.\nIn keinem war der Magen desorganifirt, nur der Kardiatheii in beulen biais, gelblichbraun und die Oberhaut etwas aufgelockert.\nBeide-Tbiere waren gleich alt und grofs*\nUnm\u00f6glich k\u00f6nnen zwei Verbuche trenauer \u00fcber-einkornmey, und es ergiebt lieh deutlich, dais, welcher Eindruck auch durch die Nerven vom Magen zum Gehirn geleitet werden m\u00f6ge, diefer weder mit den Symptomen noch mit dem r \u00dcbeln Erfolge in irgend einer Beziehung lieht.\nDie Beweiskraft derfelben wird nicht durch Zu-fiuchtnahme zu den Nervenanaftomofen vermindert, indem die Langfamkeit, womit die Empfindlichkeit nach Durchfchneidung des f\u00fcnften oder fiebenien Paares zu-riickkelut, und der Mediannerv den Zeigefinger verlieht, hinl\u00e4nglich be weift, dafs die Nebenafte nicht lo ichleunig in Th\u00e4tigkeit treten. Aufserdem haben die Verfuche innere G\u00fcltigkeit, denn 1) findet nach Durchlchneklung der Neuen kein Erbrechen Statt und 2) tritt nach Durchfchneidung der Nerven keine Mittheilung eia, wenn das Gift nicht eine Desorganisation, mithin einen Eindruck verurfacht, der durch die Nerven zum Gehirn geleitet werden mufs.\nNur bei betr\u00e4chtlicher \u00f6rtlicher Zerft\u00f6rung fcheint alfo die KJeeiiiureden Tod durch einen fympathil\u2019ch mit-getheilten Eindruck hervorzubringen, und fie unter-","page":526},{"file":"p0527.txt","language":"de","ocr_de":"icheidet fich daher in diefer Hinficht nicht von allen andern Agenden, die das Gewebe des Magens entz\u00fcnden oder zerft\u00f6ren,\n111. Da lehr allgemein die Wirkungen der Kleef\u00e4ure weder von einer Zerft\u00f6rung des Magens, noch einem lympathifchen Hirnleiden abh\u00e4ngen, l'o ift zu nnterfu-chen, ob fie durch Einfaugung auf entfernte Theile infiuirt. Diefe Unterfuchung l\u00e4fst lieh in zwei H\u00e4lften zerfallen.\nZuerft mufs bewiefen werden, dafs das Gift in den Kreislauf tritt.\n1)\tDies wird fohon dadurch wahrfcheinlich, dafs, gleich viel, auf welchen Theil es angewandt wird, den Magen, oder das Bauch- oder Bruftfell, das Zellgewebe, die Symptome denfelben allgemeinen Charakter haben. Zuf\u00e4llige Verfchiedenheiten r\u00fchren offenbar nur von dem Grade der Schnelligkeit der Einfau\u00ab gung her, indem das Gift auf mehrere Organe wirkt.\n2)\tFerner wirkt es ungef\u00e4hr im geraden Verh\u00e4lt-nifs zu der Einfaugungsth\u00e4tigkeit des aufnehmenden Theiles. Eine Gabe, die, auf das fer\u00f6fe Syftem angebracht, fchnell t\u00f6dtet, kann ohne Nachtheil auf den Magen einwirken.\nSechs Unzen einer, drei und dreifsig Gran enthaltenden Aufl\u00f6fung wurde in den Magen eines ausge-waebfenen Hundes von zwanzig Pfund gebracht. ln i 2' fing er zu w\u00fcrgen an, und dies geiebaha dreiviertel Stunden lauf. Darauf traten die ejgenth\u00fcmlichen Zu-falle ein. Nach vier Stunden waren diefe faft ver-fchwunden, und nach zwei Tagen war er geheilt.\n^ Ein anderer, gleich grofser Hund, dem diefelbe Gabe in die linke Pulsader gefpritzt wurde, bekam in zehn Minuten fehr heftige Zuf\u00e4lle und ftarb 2' nachher.\nAus-vielen Verfuchen mit demfer\u00f6fen, fchleimi-gen und Zellgewebe ergiebt lieh im Allgemeinen, dafs","page":527},{"file":"p0528.txt","language":"de","ocr_de":"528\ndas Bauchfell weniger 7ur Aufnahme geneigt ift, als das Bruftfell, vermuthlich, weil das Gift unter der letztem Bedingung fogleicli in den Lungenkreislauf tritt,\nDas Zellgewebe widcrfpricht der eben feftgefetzten Angabe.\nVier Unzen derfelben Autl\u00f6fung wurden unter die Haut der Bruft und des Unterleibes eines dreifsig Pfund i'chweren Hundes gebracht; die Symptome traten in 13' zwar ein, entwickelten lieh aber langfam, waren erft in zwei Stunden v\u00f6llig ausgebildet, und der Tod erfolgte erft zwifchen der vierten und fi,-listen Stunde. Dies fcheint der Anficht, dafs das Gift ein-gefogen wird, zu widerfprechen, da unter diefen lim-it\u00e4nden die Wirkung auf das Zellgewebe lehr fehnell eintritt; indeffen l\u00e4fst lieh zweierlei bemerken: x) bat *nan auf das Zellgewebe meiftens durch in kleinen Gaben wirkende Gifte eingewirkt, wogegen Klee lau rc in grofsen Gaben und fehr verd\u00fcnnt angewandt werden tnufs, fo dafs es, mit andern Giften oder mit fich felbft, wenn es auf eine fer\u00f6fe Haut angewendet wird, verglichen, kaum in hinreichender Menge gegeben werden kann, um fich \u00fcber eine verh\u00e4ltnjfsm\u00e4fsig grofse Oberfl\u00e4che auszubreiten; 2) hat man die Ein-faugungsf\u00e4higkeit des Zellgewebes nicht einmal f\u00fcr die in kleinen Gaben wirkende Gifte genau beftimmt, indem fie nicht auf das unverletzte Zellgewebe, fondern auf eine wunde Oberfl\u00e4che wirkten, wodurch lie fehnell in den Kreislauf gelangen konnten. Wir brachten immer ein R\u00f6hrchen drei Zoll lang unter der lofen Haut der Lenden oder Bruft ein. Herr Percy brachte es ltnrk erweitert in eine Wunde des Schenkels, und hier fand wohl deshalb keine Wirkung Statt, weil die S\u00e4ure kaum an das Zellgewebe gebracht ward, indie ge\u00f6ffneten Gef\u00e4fse aber nicht treten konnte, weil fie das Blut logleich zum Gerinnen bringt.","page":528},{"file":"p0529.txt","language":"de","ocr_de":"529\nWir fpritzten das fehl- verd\u00fcnnte Gift auch in die Venen von zvvanzigpf\u00fcndigen Hunden. Die eriten Antheile verurfachten vor\u00fcbergehendes fchweres Ath-rnen und Schw\u00e4che desPulfes, zuletzt aber, nachdem 8 Gr eingefpritzt waren, ftockte die Bewegung des Herzens und das Thier ftarb pl\u00f6tzlich nach 3 \u2014 4 tiefen, fchnellen Athemz\u00fcgen.\nJe unmittelbarer ali'o die Kleef\u00e4ure in das Blut gebracht wird, defto ft\u00e4rker und fchneller wirkt fie, woraus man faft nothwendig fchliefsen mufs, dafs fie durch den Kreislauf wirkt.\nDie hier gemachten Bemerkungen beft\u00e4tigen einigermafsen die vorher von einem von uns gegebene Erkl\u00e4rung der Verfchiedenheit der Wirkung der Gifte auf verichiedne Gewebe.\nEinige Thatfachen fcheinen allerdings zu beweifen, dafs eine blofse Verfchiedenheit dar Schnelligkeit der Einfaugung nicht zu Erkl\u00e4rung der grofsen Verfchiedenheit der St\u00e4rke der Wirkung von verfchiednen or-ganifchen Giften hinreicht, die nur durch den Kreislauf wirken. Auch ift es nicht unwahrfchein\u00fcch, dafs diefe Gifte zum Theil durch die complicirten Proceife zerfetzt werden, welche in manchen Geweben Statt finden, auf welche fie einwirken. Die Verfchiedenheit, welche zwilchen der Wirkung der Kleef\u00e4ure auf den Magen, die Pleura und die Venen Statt findet, ift offenbar zu grofs, um blofs von der Verfchiedenheit der Schnelligkeit der Einfaugung abzuh\u00e4ngen.\n3) Dafs fie durch Einfaugung wirkt, ergiebt fich auch aus dem mit gleicher Schnelligkeit erfolgenden ./Eintritt der Symptome, wenn fie auf einen, blofs durch die Gef\u00e4fse mit dem K\u00f6rper zul'ammenh\u00e4ngendcn Theil angebracht werden.\nVon zwei gleich grofsen und alten Hunden wurde bei dem einen ein St\u00fcck des Darms an beiden Enden","page":529},{"file":"p0530.txt","language":"de","ocr_de":"530\ndurch F\u00e4den gefiebert, und eine Unze Aufl\u00f6fung, die 45 Gr. S\u00e4ure enthielt, eingefpritzt. Bei demandera gefchahe dailelbe, aufserdern aber wurde das unter-buriclne Darmft\u00fcck abgefchnitten, und nur durch vier Puls - und Blutadern in Verbindung gelaffen. Der eri'te erbrach lieh in 19', In 1 St. und ig' erfchienerr die beftimmteru Zeichen, und zwilchen der \u00e7ten und Ifiten Stunde Itarb er. Der zweite ling um die aafte Minute zu w\u00fcrgen an, die Symptome traten um die 33Its ein, und zwilchen der jten und 5!eti Stunde ftarb er. Die gr\u00f6bere Schnelligkeit des Todes des zweiten hing vermulhlirh von der grobem L\u00e4nge des einge-fchloifenen Darmft\u00fcckes ab.\n4) Daffelbe wird auch durch andre Verfuche, vorz\u00fcglich mit dem lerofen Gewebe, erwiefen.\nSo konnte bei einem Hunde, der 75' nach der Injection einer kalten, gelattigten Aufl\u00f6fung unter die Haut der Kruft und des Bauches ftarb, keine merkliche Fliiffigkeit gefammelt werden.\nIn einem andern Falle, wo zwei Drachmen einer Aufl\u00f6fung, die 22-- Gr. enthielten, in die Bauchh\u00f6hle einer Katze gefpritzt wurden, und nach !4' den Tod verurfachten, wurde gleich nach dem Tode kaum eine Unze faurer Fliiffigkeit gefunden.\nIn die rechte Brufth\u00f6hle eines grofsen Hundes wurden drei Drachmen in 7 Theil\u00e9n Waller gefpritzt. Er ftarb in 5 Minuten, und in der rechten Brufth\u00f6hle fanden lieh nur eine Unze, 4*- Drachmen in der linken, und fehr wenig Fliiffigkeit im Herzbeutel.\nAlle r\u00f6theten das Lackmus ftark. Die Anwefen-heit der S\u00e4ure in der linken Brufth\u00f6hle und dem Herzbeutel rfiln te unftreitig von Durchlchwitzung im Leben her, da das Thier augenblicklich nach dem Tode un-terfucht wurde. Bei einem andern Verfuche fanden wir diefelben Erfcheinungen, eben 10 bei Anwendung","page":530},{"file":"p0531.txt","language":"de","ocr_de":"551\nvon Alkohol, nur wurden in diefen F\u00e4llen die Thierc erit am folgenden Tage ge\u00f6ffnet. Nie fanden wir dabei die Fl\u00fcl'figkeit in andern ler\u00f6fen H\u00f6hlen, und ja dem vorftehenden Falle war das Gift fo ftark, dafs es auf dem Wege durch den Kreislauf das Blut coagulirt haben w\u00fcrde.\nNach diefen Thatfachen wirkt \u00e4!fo uaftreitig die Ivleef\u00e4ure meijtens durch Ein/au\u00bbin:g.\nZun\u00e4chft war auszumitteln, oh fie in den kreifen-den Fl\u00fcffigkeiten gefunden werden kann, und wie fia auf diefelben wirkt?\nZuerft wurd\u00e9n die verfchiednen Beftandtheile des Blutes f\u00fcr fich, dann das eben gelaffene, hierauf das circulirende Venenblut in older Hinficht unterjocht.\ni) Von den einzelnen Befiandtheilen wirkt fie fait nur auf die K\u00fcgelchen.\nSchon die Unwirkfamkeit auf das Eiweifs l\u00e4fst erwarten, dais fie auf das Serum geringe Wirkung \u00e4ufsern werde. Sie neutralifirt nur das freie Alkali und zer-fezt die in geringer Menge vorhandnen Salze. Allm\u00e4hlich zu I Drachm. Serum von Blut, das Stunde vorher von einem, an einer leichten Lungenentz\u00fcndung leidenden Manne genommen worden war, gefetzt, bewirkte fie einen leichten Niederichlag, Gr. reichte zur Neutralii'ation des freien Alkali hin und falzfaurer Kalk \\vi\u00a3s in der Mifchung leicht Kleef\u00e4ure nach.\nFaferftoff Sch\u00fctzt fie nur vor Faulnils. Ein kleines St\u00fcck Muskel bewahren wir feit go Tagen in einer kalten gefattigten Aufi\u00f6fung ohne andre Ver\u00e4nderung, als dafs er etwas weiiser und feiler geworden ift, auf.","page":531},{"file":"p0532.txt","language":"de","ocr_de":"532\nBlutfaferftoff verhielt lieh auf diefelbe Weife.\nAuf den F\u00e4rbeftoff findet eine clieniifche Wirkung Statt, nur iit das Wei'en derfelben fchwer auszumitteln, da man ihn nicht rein und unver\u00e4ndert von dem Serum trennen kann. Nach Brande loft fie die mit Serum verbundnen K\u00fcgelchen auf. Wir fallen, dais fie, con-centrirt, die Aufl\u00f6fung, wie die Mineralf\u00e4uren, in einen feften, fchwarzen , einf\u00f6rmigen Kuchen umwandelt.\n2)\tDie Wirkung der Kleef\u00e4ure auf das eben aus denOef\u00e4fsen gelaffene, mithin noch lebende Blut variirt nach der Menge derfelben. Eine halbe Drachme in 11 Xheilen lauen Wallers, verwandelten zwei Drachmen eben gelaffenes Menfchenblut in wenig Stunden in ein feftes, fchwarzes, einf\u00f6rmiges Gerinnfel, wie das aus Serum und F\u00e4rbeftoff allein erhaltne. Nur 1 \u2014 5 Gran in 60 Theilen lauen Waffers giebt derfelben Menge Blut eine br\u00e4unliche Farbe, verhindert die Gerinnung und zum Theil lelbft die Trennung des Serums. Selbft i Gr, kann man in der filtrirten Fl\u00f6ffigkeit durch ftarken Niederfchlag auf Zufatz von falzfaurem lvalk entdecken.\nDurch die Coagulation des Blutes ftillt die Kleef\u00e4ure leicht Blutungen.\n3)\tUm die Wirkung derfelben auf das noch krei\u00ab fende Blut auszumitteln, wurde das Blut der Hohlvene und der rechten Herzh\u00e4lfte aus einem, 30\" nach der Einfpritzung von 8 Gran in die Schenkelvene geftorb-neu Hunde genau unterfucht. Es r\u00f6thete das Lackmus nicht, und in dem filirirten Serum brachte der falzfaure Kalk nicht den geringften Niederfchlag hervor. Bei mehreren Fhieren, welche durch Einbringung des Giftes in Magen, Darm, Pleura, Bauchfell geftorben waren, konnten wir gleichfalls felbft in den n\u00e4chften Gef\u00e4fsen","page":532},{"file":"p0533.txt","language":"de","ocr_de":"553\nkeine Spur von Kleef\u00e4ure finden *). Eben fo wenia fand es fich in dem Cliylus des Bruftgangs, der Galle, dem Harn, dem Schaum der Lungenzelien und der Feuchtigkeit der fer\u00f6ien H\u00e4ute.\nNach Thomfon und Perey r\u00f6thete dagegen oft das Blut aus den Darmvenen, den Lungen und dem Herzen das Lackmus, wenn Kleef\u00e4ure in den Magen oder Mal't-darm gebracht worden war; ir.del'fen haben wir alls Theile fo oft und fo genau durchfucht, dafs wir hier eine T\u00e4ufchung vermuthen , welche durch die R\u00f6the veran-lafst wurde, die das Lackmus bisweilen von dem F\u00e4rbe-ftoff des Blutes annimmt, die man aber immer leicht durch Auswafchen entfernen kann.\nDa, nach dem Vorigen, die S\u00e4ure fich nicht mit den K\u00fcgelchen vereinigen konnte, ohne zugleich im Serum zu finden zu feyn, fo haben wir die K\u00fcgelchen nicht auf lie untert'ucht. Aufserdem fanden wir nie in dem Blute von dadurch vergifteten Thieren irgend eine fichtbare, ihr zuzulchreibende Ver\u00e4nderung.\nO\nDiefe Erfcheinung ift defto auffallender, da die S\u00e4ure\n1)\tnach dem Vorigen fo beftimmt eingefogen wird, und\n2)\tfo leicht im frilchgelalfenen Blute zu entdecken ift. Bekanntlich ift der falzfaure Kalk ein \u00e4ufserft feines Reagens und wir haben ausgemittelt, dafs feine Wirkung durch die Anwefenheit der itn Serum enthaltenen Subftanzen nicht vermindert wird. Eine feiir kleine Quantit\u00e4t wird wegen ihrer Verbindung mit dem im Serum enthaltnen Kalke allerdings nicht entdeckt. dies erkl\u00e4rt aber den Verluft der grofsen eingefpritzten Menge nicht.\n1) Bei Einbringung in den Magen findet man zwar wohl S\u00e4ure in dem geronnenen Blute der Magenbautgefifse, allein hieher gelangte fie unftrenig vorz\u00fcglich nach dem Tode.","page":533},{"file":"p0534.txt","language":"de","ocr_de":"Wahrfcheinlich wird alfo die S\u00e4ure durch einen lebendigen Procefs zerfetzt, und es entftehen mit den Stoffen des Blutes Verbindungen, die keine S\u00e4ure enthalten. Schwerlich findet diele Zerfetzung in den M\u00fcndungen der Saugadern Statt, da fie eben i'o fchnell und volift\u00e4ndig eintritt, wenn die S\u00e4ure in eine grofse Vene gefpritzt wird. Eben i'o wenig geht lie wohl in den Blutgef\u00e4fsen durch fie oder durch das Blut vor; denn in den Gef\u00e4fsen (die keine Haargef\u00e4l\u2019se find) kennen wir keine folche Kr\u00e4fte und das Blut befilzt fie nicht, indem fie fonft das eben gelaffene \u00e4ufsern w\u00fcrde. Am wahrfcheinlichl\u2019ten geht lie dagegen in den Lungen vor.\nWir w\u00fcnicliten zu verfuchen, ob Thiere, denen man Kleef\u00e4ure beigebracht hat, in der Lungenausd\u00fcn-itung Spuren einer lolchen Zerfetzung zeigen , wurden aber davon durch die Abrede eines von uns in fein Vaterland abgehalten. Indeffen wird durch die vur-ftehenden Bemerkungen wahrfcheinlioh, dafs durch die Lungen die S\u00e4ure zerfetzt wird, und ihre Grundftoffe mit den Beltandtheilen des Blutes eigne Zufammenfetzungen bilden, wodurch die Vergiftung entfteht.\nAuf jeden Fall \u00f6ffnen diefe Vermuthungen den Toxikologen ein ganz neues Feld zuUnterfuchungen, welchen Antheil die Lungen an der Zerfetzung von \u00e4hnlichen and mit dem Blute vermochten Giften haben?\nD ie Organe, auf welche die Kleef\u00e4ure wirkt, ergeben fich aus den Symptomen und dem Zustande der Theile nach dem Tode.\nDie Symptome variiren nach der Menge und dem Grade der Concentration, etwas auch nach den Orga-","page":534},{"file":"p0535.txt","language":"de","ocr_de":"535\nneu auf welche das Gift angebracht wird, und nach der Art des Thieres.\nAin deutiichften find lie, wenn das Gift erft nach einer bis mehreren Stunden t\u00f6dtete.\nWird zu diefern Behuf eine kleine Gabe in den Speifekanal oder (las Bauchfeil eines Hundes gefpritzt, i\u2019o tritt bald W\u00fcrgen ein.\nDas erl'te fichtbare Zeichen der Wirkung aber ift eine bleibende Steifheit der Hinterfiifse, IN jeder h\u00e4ngen des Kopfes, Schw\u00e4che, vermehrte H\u00e4ufigkeit des Pul-fes, ein eigner d\u00fcitrer, kummervoller Blick. Zugleich tritt beim Einathmen ein leichter, pl\u00f6tzlicher AnCtofs ein, indem lieh die Athmungsmuskeln vor der v\u00f6lligen Ausdehnung des \u00dfruftkaftens zufammenziehen. Allm\u00e4hlich vereinigen fieh dergleichen Zufammenziehun-gen fo, dafs Anf\u00e4lle von kurzem, belchJeunigtem Ath\u00bb men, mit freien Zwifchenr\u00e4umen eintreten.\nDie Steifheit der Hinterfiifse nimmt zu; fie werden unempfindlich, und oft tritt L\u00e4hmung an die Steile der Kr\u00e4mpfe. Der Kopf wird bisweilen zur\u00fcckgewor. fen, das Thier geht fteif und nimmt, aus Unf\u00e4higkeit, die Bewegungen zu beftimmen, fonderbare Stellungen an. Sp\u00e4ter werden die Bewegungen der Athmungsmuskeln immer mehr befchr\u00e4nkt und zuletzt ift gegen das Ende des Anfalles das Athmen durcli den heftigen Krampf fait ganz unterdr\u00fcckt. Dabei find gew\u00f6hnlich Kopf, Schwanz und h\u00fclse geltreckt, und bisweilen tritt ein heftiger Opifthotonus ein. In den Zwii-fchenr\u00e4umen iift das Athmen befchleunigt, der Puls fchwach und fchnell. In einem Falle fchlug das Herz \u201c\u201c fehr i\u2019tark, fo dafs man es einige Fufs weit horte. Die Unempfindlichkeit erftreckt lieh erft \u00fcber die Vorderf\u00fcfste, zuletzt auch \u00fcber den Kopf. Zugleich wird das Athmen weniger h\u00e4ufig, die Paroxvsmen werden undeutlicher und huren zuletzt auf. Dutch Schl\u00e4ge auf den K\u00fccken","page":535},{"file":"p0536.txt","language":"de","ocr_de":"und die Gliedmaafsen k\u00f6nnen fie indeffen anfangs hervorgebracht werden, zuletzt wird das Thier komat\u00f6s und der ganze K\u00f6rper erfchlafft. Der HerzfchJag ilt kaum f\u00fchlbar, das Athmen kurz, unregelm\u00e4fsig, langfam und immer undeutlicher, bis das Leben ohne Aufruhr er-lifcht,\nKei einer fl\u00e4rkeru Gabe kommen die Krampfzuf\u00e4lle fr\u00fch und heftig, die Zwilch en r\u00e4ume find nur Re-miffionen und der Tod erfolgt in einem Anf\u00e4lle vor dem Eintritte der Unempfindlichkeit. Die Wirkung hat dann viel Aehnlichkeit mit der des Bruciums und Strychnins, unterfcheidet fich aber von ihnen, fofern fie lieh auch auf das Herz erftreckt.\nHier tritt der Tod in 3 \u2014 4 \u2014-5 Minuten ein.\nWird dagegen die Gabe lehr verkleinert, fo erholt fich das Thier gew\u00f6hnlich, nachdem Steifheit der Hin-terh.iise, viel Abgefchlagenheit, Hinf\u00e4lligkeit des ganzen K\u00f6rpers, Schl\u00e4frigkeit, ohne Unempfindlichkeit und Kr\u00e4mpfe Statt gefunden hat. In folchen F\u00e4llen erfolgt kaum Entz\u00fcndung, ungeachtet der \u00f6rtlichen, reizenden Kraft des Gilts, denn in zwei Hunden, deren einer fich von einen Scrupe), der andre von 33 Gran erholte, war der Magen normal. Dies ift vorz\u00fcglich in dem verd\u00fcnntenZuftande der S\u00e4ure begr\u00fcndet; denn, wird fie concentr\u00e2t gegeben, fo folgt eine eigne, blofs auf die unmittelbar angegriffnen Theile begr\u00fcnzte Entz\u00fcndung, wenn fie auch entfernt oder zerfr\u00f6rt wird.\nAehnlichc Ab\u00e4nderungen h\u00e4ngen von dem Grade der Verd\u00fcnnung ab, indem Vermehrung derfelben faft wie Verft\u00e4rkung der Gabe wirkt.\nIn Bezug auf die Gewebe, fo tritt vor den Krampfzuf\u00e4llen kein Erbrechen ein, wenn das Gift in die Pleura oder das Zellgewebe gefpritzt wird, die Krampfzuf\u00e4lle fanden wir bei Anbringung in die fer\u00fcfen H\u00e4ute dagegen am lkukften.\nDie","page":536},{"file":"p0537.txt","language":"de","ocr_de":"537\nDie von der Befchaffenheit der Thiere abh\u00e4ngigen Verfcliiedenheiten betreffend, fo werden Katzen fehnelJer als kleinere Kaninchen dadurch get\u00f6dtet und die Krampfanf\u00e4lle find oft nicht deutlich. Eei Kaninchen ift der Opifthotonus immer fehr heftig. Bei Einbringung von l Drachme in 12 Theilen VValfer in den Magen werden Stamm undGJiedmaafseri fo fehneli und ftark geh reckt, dafs der ganze K\u00f6rper fich oft 2 Fuis hoch hebt.\nUnterfucht man das Thier fogleich nach dem Tode , fo findet man weder im Gehirn, noch dem Bauchfelle, noch dem Darmkanal bemerkenswerthe Erfchei-nungen.\nW enn der Tod nicht fehr fehneli erfolgte, find die Lungen immer an der Oberfl\u00e4che mit gl\u00e4nzenden Scharlachflecken bedeckt, und bisweilen zeigen fie diefe Farbe in ihrem ganzen Parenchyma. Jn den Lungenzeilen und ihrem Zellgewebe findet man keine Ergiefsunrp.\nWo der Tod vor dem Zuftande der Unempfindlichkeit eintrat, ift das Herz 2 \u2014 3 Minuten nach dem Tode weder zufammengezogen noch reizbar, die rechts H\u00e4lfte ausgedehnt, ihr Blut dunkel, das der linken hellroth. Bei langfam eintretendem Tode, wo vorher Coma Statt findet, fchl\u00e4gt das Ilerz, wenn gleich fchwach, noch etwas nach dem Aufh\u00f6ren des Athmens, und dann ift das Blut in beiden Gef\u00e4fsft\u00e4mmen gleich dunkel.\nWo der Zuftand der Unempfindlichkeit kurz ift, und das Herz kaum die Hemmung des Athmens \u00fcberlebt, ift das Blut der linken H\u00e4lfte dunkler als gew\u00f6ha-\u2014Tich, indel'fen doch weit heller als in der rechten.\nNach den angegebnen Symptomen und Leichenbefunden find 1) das R\u00fcckenmark; 2') das Gehirn j 3) das Herz; 4) die Lungen vorzugsweife, afficirt.\nM. d. Archiv. VU1. 3.\tN n","page":537},{"file":"p0538.txt","language":"de","ocr_de":"53S\nDie Ordnung der Symptome fcheint auch anzu-deuten, dafs zuerft das R\u00fcckenmark und Gehirn, erft fecund\u00e4r von dem Nervenfyftem aus das Herz und die Lungen leiden.\nSo entfteht zuerft Krampf und bisweilen L\u00e4hmung der Hinterf\u00fcfse, dann, wie der Krampf der Athmungs-muskeln beweift, derlelbe Zuftand im Stamme, hierauf Unempfindlichkeit, alfo Anfang des Hirnleidens. Mit diefer werden die Functionen von Herz und Lunge gefr\u00f6rt, indem die Herzfehl\u00e4ge fchnell und fchwach werden, und die gehemmte Lungenth\u00e4tigkeit einen unvollkomm nen Erftickungszuftand hervorbrinut.\nDiele beiden Functionen werden unter verfchied-nen Bedingungen verfchiedenilich afficirt. Bei einer kleinen Gabe leidet das Herz weniger, die Zeichen von Hirnleiden find vollft\u00e4ndig entwickelt, es tritt Coma ein und das Thier ftirbt langfam afphyktilch. Dies lehren die Symptome, die Dauer der Contractilit\u00e4t des Herzens nach dem Tode, und die Anf\u00fcllung des Arte rienfyftems mit fchwarzem Blute.\nEine ft\u00e4rkere Gabe bewirkt pl\u00f6tzliche Vernichtung der Herzth\u00e4tigkeit vorn Nervencentrurn aus, ehe die Symptome von Coma und Afphyxie fielt entwickeln, denn hier zieht fich das Herz nach dem Tode nicht zu-fammen und das Blut der linken H\u00e4lfte ift hell. Liefe fecund\u00fcre Affection des Herzens wird durch den Um-ftand beft\u00e4tigt, dafs gerade diefelben Erfcheiuungen Vorkommen, wenn das Nervenfyftem nicht durclrEin-faugung, fondern durch Sympathie mit Itarker Ver-letzung des Magens kr\u00e4ftig gereizt worden ift. In die-fem Falle verliert das Herz auch leine Contractilit\u00e4t, fobald das Thier ftirbt, und leine linke H\u00e4lfte enth\u00e4lt hellrothes Blut.\nBei vergleichenden Verhielten mit andern Pilari-zenf\u00e4uren, namentlich der Citronen- und Weinfteiu-","page":538},{"file":"p0539.txt","language":"de","ocr_de":"539\nf\u00e4ure, fanden wir, dafs eine Drachme in ia Anthei-len Waffer aufgel\u00f6it nicht die geringfte Wirkung hur\u00bb vorbrachte.\nSchl \u00fc ff e.\n1)\tConcentrirte Kleef\u00e4ure in grofsen Gaben eingebracht, reizt oder zerfrifst den Wagen, indem fie die Gallert feiner H\u00e4ute aufl\u00f6ft und der Tod erfoDt\n\u00f6\ndurch fympathifche Affection des Nervenfyftems.\n2)\tVerd\u00fcnnt wirkt fie weder durch Reizung des Magens, noch durch Sympathie, fondern durch Einfaugung auf entfernte Organe.\n3)\tWird \u00fce gleich eingefogen, fo kann he auch in den Fl\u00fcffigkeiten nicht entdeckt werden, vermut h-lich, weil lie fich in den Lungen zerfetzt und ihre Elemente fich mit dem Blute verbinden.\n4)\tSic ift ein unmittelbares Sedans.\nSie wirkt prim\u00e4r auf Gehirn und R\u00fcckenmark, fecund\u00e4r auf Herz und Lungen.\nDie unmittelbare Todesurfache ift bald L\u00e4hmung des Herzens, bald Erftickung, bald beides zugleich.\nZweiter Th eil.\nl/T e r g ift u n g am M e n ftc h e n.\nWir betrachten hier 1) die Zufalle; 2) die krankhaften Ver\u00e4nderungen der 1heile; 3) die Behandlung; 4) die Beziehung zur gerichtlichen Arzneikunde, welche fich aus der Anwendung unlrer Verlache auf die Vergiftung beim Menfchen ergeben.\nI. Wegen der Unvollkommenheit der Darftellung der bisher bekannten F\u00e4lle weifs man wenig von den Zuf\u00e4llen; doch kann man fie immer zujammenftellen,\nN n 2","page":539},{"file":"p0540.txt","language":"de","ocr_de":"540\nda dies noch nicht gefchehen ift, und die Widerfpr\u00fcche fich durch Beriickfichtigunff der Verfuche an Thieren zum Theil lofen Jaffen.\nEli F\u00e4lle find bis jetzt in unfern Journalen verzeichnet1).\nHiervon find drei blofs Notizen (2. 3. 4.) und bei \u00efuehrern fehlt die Darftellung der Symptome, da das Gift zu fchnell t\u00f6dtete.\nImmer wurde es zuf\u00e4llig genommen und f\u00fcr fchvvefell\u00e4ure Magnefia gehalten , wurde daher vorher immer, doch ohne Angabe der St\u00e4rke der Auflofung, verd\u00fcnnt.\nDie Menge variirte von 3 Drachmen \u2014 2 Unzen. Allgemein wurde es fr\u00fch, bei leerem Magen eingenommen.\nFaft kein Gift wirkt fo fchnell und ficher. Unter den angef\u00fchrten und mehrern andern F\u00e4llen aus den Zeitungen kamen die Kranken nur in zweien davon. Drei lebten einige Stunden, die \u00fcbrigen nicht eine, und einer, der 6 Drachmen nahm, ftarb in 15 Minuten. Der Londner Courier vom ifteu Febr. 1823 erw\u00e4hnt eines Falles, wo der Tod fogar fchon in 10 Minuten erfolgt zu feyn fchien.\nDie Schleunigkeit des Todes hing vorz\u00fcglich von der Menge und der L\u00e4nge der Zeit ab, weiche das Gift im Magen verweilte.\nImmer tritt fogleich brennende Hitze im Magen, bisweilen auch im Schlunde ein. Sogleich oder in\nl) Med. Rep. I. 58a. \u2014- 2) London Courier, M\u00e4rz 1822, \u2014 3 und 4) Edin. Med. and Surg. Journ. XIII. 249. \u2014 5) Dublin Hosp. Rep. 11. \u2014 6) Med. Renos. XII. 18. \u2014 7) Do. III. 3Ro. \u2014 8) Do. XI. 20. \u2014 qj Percy, Diss. In,mg. Edinb. 1821. p. II. \u2014 io) Med. Repos. VI. 4?4- \u2014 II) Edin. Med. and Surg. Journ. XIV. 607.","page":540},{"file":"p0541.txt","language":"de","ocr_de":"541\nwenig Minuten erfolgt allgemein heftiges Erbrechen und dauert bis f aft zum Tode; indeffen fehlte es in zwei F\u00e4llen (7. 8-) und in einem (10O war es fehr gering. Alle diele drei ftarben in -- Stunde. So fchnell das Erbrechen auch eintreten mag, fo wenig verb\u00fcrgt es einen gl\u00fccklichen Ausgang. Eine Frau, die 2 Unzen ver-fchluckte, ftarb nach 20 Minuten, ungeachtet fie fielt fogleich erbrach. Die Aufl\u00f6fung war hier fehr concentrirt, da die S\u00e4ure in drei Theilen Waffer aufge-l\u00f6ft war.\nDie ausgeworfene Subftanz vvar dunkel, in zwei F\u00e4llen blutig, wie wir es auch bei Tbieren fanden.\nDer TocI erfolgte gew\u00f6hnlich zu fchnell, als dafs Gaftritis eintreten konnte. Ueberhaupt fcheint diefe nicht leicht zu folgen, denn eine Frau, die genas, zeigte, ungeachtet fie durch Reizmittel behandelt wurde, kaum Spuren von Entz\u00fcndung und war am folgenden Tage ganz gefund. In dem andern Genefungsfalle waren 3 \u2014 4 Tage lang leichte Entz\u00fcndungsfymptome vorhanden, doch fand lieh hier\u00fcber keine Gewifsheit, da der Kranke am 7 ten Tage von einem fchleichenden Fieber ergriffen wurde und 2 Wochen nach dem Zuf\u00e4lle ftarb.\nDia Abwcfenheit der Entz\u00fcndung nach einer fol-chen Reizung l\u00e4fst fielt fchwer erkl\u00e4ren , kommt aber mit den Refuitaten unferer Verfuche \u00fcberein.\nDie Ged\u00e4rme leiden feiten fehr.\nEinigemal fanden fich Schmerzen im obern Theile des Unterleibes, nur zweimal Kr\u00e4mpfe und Durchfall ( i. 9.). Die zwei, welche hergeftellt wurden, litten eher an Verftopfung.\nImmer war cler Kreislauf fehr deprimirt, der Puls immer nicht zu f\u00fchlen, felbft in den beiden, die gerettet wurden, war dies einige Stunden lang der Fail.","page":541},{"file":"p0542.txt","language":"de","ocr_de":"Dabei ift t\u00f6dtliche K\u00e4lte, kalter Schweifs, bisweilen blaue Farbe der N\u00e4gel und Finger vorhanden.\nMeiftens fanden lieh Zeichen von St\u00f6rung des Nervenfyftems. Die beiden Geretteten klagten fehr \u00fcber Taubheit und Kriebeln der Gliedmaafsen, lange nachdem die heftigen Symptome aufgeh\u00f6rt hatten, zwei andre wurden vor dem Tode unempfindlich, und vier litten kurz vor oder im Tode an Kr\u00e4mpfen.\n11. Die Leichen\u00f6ffnungen lind fowohl fehr mangelhaft als widerfprechend. Indeffen lallen fielt viele anfeheinende Widerfpriiche durch Ber\u00fccklichtigur.g der Umit\u00e4nde vereinigen, unter welchen das Gift wirkte, und bei gr\u00fci'serer Genauigkeit in den Angaben und . Ausdr\u00fccken w\u00fcrde dies vielleicht f\u00fcr alle m\u00f6glich i\u2019eyn.\nBisweilen dringt ein r\u00f6thlicher Schaum aus Mund und Nai\u2019e. In einem Falle fand lieh 10 Stunden nach dem Tode ein allgemeines Emphyfem (8). Aufs er\u00ab* dem wurde nur in einem Falle (i) der \u00e4uf.sere Zuftand erw\u00e4hnt, und hier foil er normal und ohne Ekcbymofe gewefen feyn.\nDas Gehirn wurde nur feiten unterfuchtr Einmal waren die Gef\u00e4fse angefchwollen, ein andermal fand (ich etwas Ergiefsung unter der Spinnwebenhaut, was vielleicht nicht mit der Krankheit zufammenhing.\nDer Zuftand des Herzens, der Lungen und des Blutes wurde nie erw\u00e4hnt.\nMagen und Darmkanal follen in drei F\u00e4llen \u00e4ufserlich entz\u00fcndet gewefen feyn (r. 8. 9J i allein da die Angabe nicht genau ift, kann inan um fo weniger darauf bauen, als in einigen foraf\u00e4ltig unterfuchten F\u00e4llen fielt keine Entz\u00fcndung fand. BeiThieren fanden wir dies nie, felbit wenn der Tod erft nach 5 Stunden","page":542},{"file":"p0543.txt","language":"de","ocr_de":"erfolgte, und die inneren H\u00e4ute deutlich entz\u00fcndet waren.\nGew\u00f6hnlich enth\u00e4lt der Magen eine, bisweilen dicke und z\u00e4he, gew\u00f6hnlich dunkle, kaffeefatzartige Fliif\u00dfgkeit, die dann wohl aus durch das Gift ver\u00e4ndertem extravafirten Blute befteht, wie wir es oft bei Thieren fanden.\nWie Geh nach dem, was wir \u00fcber die verfchiednen Folgen von ftarker oder fchwacher S\u00e4ure, fr\u00fcher oder fp\u00e4ter Unterfuchung fagten, erwarten l\u00e4fst, ift der Zu-i'tand der Magenh\u00e4ute fehr verfchieden. Bei einem, 30' nach X Unze S\u00e4ure geftorbnen M\u00e4dchen (3) war der Darmkanal ganz normal, ungeachtet fie kaum gebrochen hatte. Wahrfcheinlich war die S\u00e4ure fchwach und die Unterfuchung gefchahe bald. Dagegen ging bei einem M\u00e4dchen, die 15' nach dem Ver-fchlucken von 6 Drachmen ftarb, die innere Haut der Speifer\u00f6hre leicht ab, die Magenrunzeln waren breiig und leicht abzuwifchen, die \u00fcbrigen H\u00e4ute weich, {teilenweife durchl\u00f6chert, fo dafs der Mageninhalt ausgetreten war und die Milz angegriffen hatte. Dies erkl\u00e4rt fich leicht: das M\u00e4dchen hatte nicht gebrochen, und die Oeffnung gefchahe am dritten Tage.\nOft fahe man grofsen Gef\u00e4fsreichthum, bisweilen Verdickung der Schleimhaut, rothe und braune Flecken auf ihr, geronnenes Blut in ihren Gef\u00e4fsen, oft war fie br\u00fcchig und leicht zu trennen, einmal fchwamm iie in Flocken in dem Mageninhalt,\nBrand und F\u00e4ulnifs der H\u00e4ute fanden wohl kaum, ungeachtet es hie und da angegeben wird, Statt, und die Zerft\u00f6rung der Schleimhaut war vielleicht eine, durch Anwefenheit einer feften SchleiinfchiGht, verur-fachte T\u00e4ufchung.","page":543},{"file":"p0544.txt","language":"de","ocr_de":"in. Ungeachtet diefe Vergiftung gew\u00f6hnlich tout lieh ift, ehe der Arzt aerufen wird, ift doch we-der die chemifche Wirkung, noch die Einfaugung fo fchleunig, da Is nicht die fchnelle Anwendung gewiffer Mittel H\u00fclfe fchaffen k\u00f6nnte.\nDas erfte Gefch\u00e4ft bei Vergiftung ift immer Entfernung des Giftes aus dem Magen ; doch ift es bei der Kleef\u00e4 ure felbft gef\u00e4hrlich, hiezu gew\u00f6hnliche Mittel an-\u25a0zuwenden. Denn i) in Bezug auf Brechmittel tritt das Erbrechen von felbft fo fchnell und heftig ein, dafs fie un-n\u00f6thig und nicht einmal beizubringen find, auch das Gift vor ihrer Anwendung fchon feine Wirkungen hervoi gebracht hat. Verd\u00fcnnung, die fonft fo vorteilhaft \u00dfe-huis des Erbrechens bei Vergiftung angewandt wird, vermehrt, wie wir feilen, die Einfaugung der Kleef\u00e4ure, io dafs lie nur bei vorhandner Gewilsheit, dais \u00dfe Erbrechen bewirken werde, angewandt werden kann. Die neulich vorgefcblagne Methode, fliiflige Gifl\u00e9 durch eine R\u00f6hre und Spritze aus dem Magen zu pumpen, w\u00e4re wohl anzuwenden, wenn nicht die Schnelligkeit der W irknng der Kleef\u00e4ure ein leichter zu erhaltendes Mittel, ein Gegengift, forderte.\nGegengifte \u00e4ndern entweder die Natur der Gifte ab, ehe iie zu wirken anfangen, oder fi\u00e7 n\u00ee\u00eendern oder zerft\u00fcren ihre Kr\u00e4fte durch eine Gegenwirkung auf den K\u00f6rper.\nMittel erfterer Art, die man f\u00fcr die Kleef\u00e4ure vorgelchlagen hat, find die Alkalien, Kalk und Magnolia.\ni) Gegen die Alkalien Behufs c'er Neutralifation faurer Gifte ift immer der Umftand ein wefentlicher Einwurf, dafs Ile nicht in grofsen Gaben gereicht werden k\u00f6nnen, ohne die Speifer\u00f6bre oder den Magen zu verletzen. So war in einem Falle (11) der Wundarzt gen\u00f6thigt, von dem Gebrauch des Ammoniums der","page":544},{"file":"p0545.txt","language":"de","ocr_de":"545\nSchmerzen im Schlunde wegen abzuftehen. lieber* dies find die Alkalien hier durchaus verwerflich, weil nach Erfahrungen die kleefauren Alkalien, wenn fie gleich den Magen nicht angreifen, doch durch Ein-faugung wenig fehw\u00e4cher als die S\u00e4ure wirken.\nSo t\u00fcdteten 30 Gr. Kleeiaure, die in 24 Theilen Waffer aufgel\u00f6lt und genau mit Pottafche neutralifirt waren, ein junges Kaninchen in 17 Minuten; 65 Gran auf \u00e4hnliche Weife aufgel\u00fcft und gef\u00e4ttigt, eine junge Katze in 30'; zwei Drachmen, genau neutralifirt uncU in 16 Theilen Waffer aufgel\u00f6lt einen ausgewachfenen, 16 Pfund febweren Hund.\nDas kleefaure Ammonium wirkt gleich heftig; 90 Gr., die ungef\u00e4hr 60 Gr. S\u00e4ure enthalten, wurden in 16 Theilen lauen Wallers aufgel\u00fcft und in den Magen einer Katze gefpritzt. In 5-J Minute fingen die gew\u00f6hnlichen Symptome an und in 9' war fie todt.\nDie Symptome find unter diefen Umft\u00e4nden die-felben als bei der Anwendung der verd\u00fcnnten S\u00e4ure. Mit Ausnahme der Kaninchen ift der Opifthotonus fei- -ten deutlich. Alle Thiere wurden bald fehr fchwind-lich und ftarben in einem Zuftande von Unempfindlichkeit. Der Magen feinen einige Minuten nach dem Tode bisweilen ganz gefund, bisweilen hatte er eine fchwache, nicht durch Gef\u00e4fse veranlafste Purpurfarbe. Das Blut der linken Herzh\u00e4lfte war hellroth.\nDie Wirkfamkeit diefer Salze ftimmt mit dem fehr allgemeinen, aber bis jetzt von den Toxikologen nicht her\u00fcckficbtigtem Gefetze \u00fcberein, dafs die Kraft eines durch Einfaugung wirkenden Giftes durch feine cliemifchen Verbindungen vermindert, aber weder zer-ft\u00f6rt noch ver\u00e4ndert wird.\n2) KleefaurerKalk veranlafste nach Herrn Tliomfun in der Gabe von 2 Drachmen beiThieren keinen Nachtheil, und Kalk befeitigte die fchon eingetretenen \u00dcbeln","page":545},{"file":"p0546.txt","language":"de","ocr_de":"546\nZuf\u00e4lle und ftellte die Thicre her. So gab er einer Katze 20 Gr. S\u00e4ure in 9 Theilen Walfer und, nachdem che Symptome eingetreten waren, etwas Kalk-waifer. In 10 Minuten wurde fie ruhig und bald darauf war fie hergeltellt.1)\nDies wurde auf den Menfchen angewandt und in der That das Mittel (6.) mit Erfolg gegeben.\nUnftreilig ift dies in der Unaufl\u00f6slichkeit des klee-fauren Kalkes begr\u00fcndet.\nAus dcmfelben Grunde nahm man auch die Wirk-famkeit der kleefauren Magnefia an, da ihr kleeiaurer Kalk Io wenig aufl\u00f6slich ift, dal's 1 Unze kochendes Waffer, die man darauf erkalten l\u00e4fst, nur ungef\u00e4hr einen Gran aufnimmt.\nUm dies zu pr\u00fcfen und zugleich auszumitteln, bis wann das Gegengift mit Nutzen angewandt werden k\u00f6nne, wurden in den Magen eines jungen, 24 Pfund fchweren Bundes 2 Drachmen S\u00e4ure in 10 Theilen lauen VVaffers auf ge! oft, gefprilzt und durch ein Band um die Speife-r\u00f6hre zur\u00fcckgehalten. Von der 4ten Minute an traten h\u00e4ufige Bem\u00fchungen zum Erbrechen ein. Um die 1 ite*, w\u00e4hrend des 4ten Anfalls, wurden 3 Drachmen Magnefia in Waffer eingebracht. Nach 10 Minuten* h\u00f6rte das W\u00fcrgen auf, und 3 Stunden lang liefs er nur den Kopf h\u00e4ngen und war bet\u00e4ubt. Nach 25 Stunden war er fch wacher und fehr matt. Jetzt wurde er erw\u00fcrgt und fo gl eich ge\u00f6ffnet. Au einigen Stellen fehlte die Oberhaut des Magens , an andern war die ganze Zottenhaut dick und hart, aber f derfelben waren gefund. Die. verletzte \u00d6beril\u00e4che roch eiterartig, allein Eiter war nicht zu entdecken. Offenbar war Entz\u00fcndung vorhanden , doch waren die Theile vennuthlich nur gereizt,\nMed. tepof. Vol. III,","page":546},{"file":"p0547.txt","language":"de","ocr_de":"547\nnicht angefreffen. Wahrfeheinlich war vor der Anwendung der Magnefia die Wirkung ftark genug, um den Tod zu veranlaffen. Auf jeden Fall ift wohl die Magnefia nach Ablauf der elften Minuten ohne Erfolg,\nUebrigens wurde lie beim Menfchen mit Nutzen angewandt. In dem Falle, wo nachher der Tod durch ein Nervenfieber eintrat, wurde fie gegeben und bewirkte fogleich Nachlais der brennenden Schmerzen,\nSie icheint das hefte Gegengift und dem kohlen-lauren Kalk lelbft wegen der ftarken und pl\u00f6tzlichen Gasentwicklung, die diefer bewirkt, vorzuziehen, wenn diefer gleich, weil er leichter zur Hand ift, wohl \u00f6fter angewandt werden wird.\nVon der zweiten Klaffe von Gegengiften, die durch Gegenwirkung auf das Syftem die Energie des Giftes zerft\u00f6ren, wiflen wir jetzt, dafs fie fait gar nicht exi-ftirt, und namentlich belitzen wir kein folches Mittel gegen die Kleef\u00e4ure.\nDoch k\u00f6nnen wir hierunter einige Mittel begreifen, die zwar keine voiikommnen Gegengifte find, aber doch die Symptome minderten oder entfernten. Im Ganzen l\u00e4fst fich wegen der Schw\u00e4che des Pultes und der geringen Neigung zur Entz\u00fcndung die kr\u00e4ftige Anwendung von Reizmitteln empfehlen. Auch wurden diefc in den beiden gl\u00fccklich geendigten F\u00e4llen angewandt, indem nach dem Gebrauche von Kalk oder Magnefia kleine Dofen von Opium gegeben wurden, worauf das Erbrechen bald nachliefs. In dem einen Falle thaten hierauf \u00dfrantwein, in dem andern Reibungen und warme B\u00e4hungen gute Dienfte.\nAn die Stelle der letztem w\u00fcrde wohl das warme Bad am beften zu fetzen feyn.\nWegen der Grinse der Gefahr find auch wohl noch kr\u00e4ftigere und fl\u00fcchtigere Reizmittel zu empfehlen.","page":547},{"file":"p0548.txt","language":"de","ocr_de":"548\nIV. In Bezug auf die gerichtliche Medicin bietet die Kleef\u00e4ure einige intereffante Betrachtungspunkte dar.\nUie bisher bekannt ge wo r du en F\u00e4lle waren alle Zuf\u00e4llig, indem die Kleef\u00e4ure Statt der fchwefelfau-ren Magnefia genommen wurde, und kamen vorz\u00fcglich in London durch die Nachl\u00e4ffigkeit der Apotheker vor.\nIn Edinburgh wird zwar die Kleef\u00e4ure auch verkauft, doch kam noch kein Fall vor; eben fo wenig in Paris, wo indeffen auch die Veranlaffung wegen der feltneren Anwendung der fchwefelfauren Magnefia geringer ift.\nIn Preufsen wird zwar viel fchwefelfaure Magnefia angewandt, doch \u00ef\u00eft die Vergiftung durch Kleef\u00e4ure, nach Herrn Wagner\u2019s Zeugniffe , auch hier unbekannt.\nIndeffen kam einer der bekannt gewordenen F\u00e4lle in Deutl'chland vor. (9.)\nMan hat mehrere Vorkehrungen getroffen, um dergleichen Mifsgriffe zu verh\u00fcten. Nach einigen follen die Apotheker \u00fcberhaupt diele S\u00e4ure nicht verkaufen, nach andern immer aufgel\u00f6ft halten, nach andern feilte jedem P\u00e4ckchen Bitterfalz eine Streife Lakrnuspapier beigegeben werden. Andre glauben, dafs keine Gefahr entliehen w\u00fcrde, wenn das Gift immer den Namen \u201evon \u00e4tzendem Gemifch von Zucker und Salpeter\u201c f\u00fchrte. Erw\u00e4gt man aber die Art, wie die gefchehenen Mifsgriffe vorfielen , fo mufs man zugeben, dafs keine Vorlichtsmaafsregel von Nutzen ieyn werde, bis das Gift allgemeiner bekannt ift. So verkaufte ein Apo-thekerbur'fclie au einen Mann zwei P\u00e4ckchen Kleef\u00e4ure, ungeachtet fie mit \u201eKleef\u00e4ure \u2014 Gift\u201c bezeichnet waren, ; und der Herr f\u00fchrte als Ent-fchuldigungsgrurid an, dafs der Burfche nicht lefen","page":548},{"file":"p0549.txt","language":"de","ocr_de":"549\nk\u00f6nne *). Ein Mann und eine Frau fanden ein Pack\u00bb chen auf der Strafse, dafs fie f\u00fcr Bitterfalz hielten, die Frau nahm cs am folgenden Morgen ein, weil fie gerade ein Laxiermittcl brauchte 2).\nDie grol'se Wirkfamkeit und die Schwierigkeit der Entdeckung erweckt die fehr gegr\u00fcndete Furcht, dafs, ungeachtet bisher die Vergiftungen durchKleef\u00e4ure nur zuf\u00e4llig gewefen find, man fie doch bald abfichtiich an wenden werde.\nDer Arzt wird auf die Anwendung: i) aus den Symptomen, a) dem Leichenbefunde;\n3) der chemifchen Unterfuchung des Inhalts des Magens und Darmkanals, der Magenh\u00e4ute, der ausgebrochnen Subftanzen und verd\u00e4chtiger Speifen fchliefsen.\n1) So weit die Symptome bis jetzt bekannt find, k\u00f6nnen fie im Allgemeinen h\u00f6chftens den Verdacht einer Vergiftung \u00fcberhaupt erwecken. Bisweilen aber k\u00f6nnen lie vielleicht gr\u00f6fsere Sicherheit gew\u00e4hren. Brennende Hitze im Magen nach dem Genuls einer Arznei, heftiges, fchneJl zunehmendes Erbrechen, Pulslofigkeit, Kr\u00e4mpfe, Gef\u00fchllofigkeit, der Tod binnen einer Stunde bezeichnen keine von felbft entgehende Krankheit, und zufammen kein andres Gift als die Kleef\u00e4ure.\nAllein von allen diefen Symptomen fehlt eines bisweilen, und wenn alle vorhanden find, fo geben die Leichen\u00f6ffnung und die chemifche Unterfuchung noch gewiffere Auffchl\u00fcffe,\nl) London Courier. M\u00e4rr 1S32, 3) Med. \u00dfepof. VI.","page":549},{"file":"p0550.txt","language":"de","ocr_de":"550\n2) Die Refultate der Leichen\u00f6ffnung k\u00f6nnen, forera fie den Magen angehen, in Bezug auf ihre Beweiskraft in vier Klaffen gebracht werden,\na)\tAllgemeine oder theihveil'e Abfonderung der Oberhaut, gallertige Umwandlung und Durchfichtigkeit der Schleimhaut oder anderer H\u00e4ute, Gerinnung des Blutes in den Gef\u00e4fsen.\nEin folcher Zu [fand kann wohl die Todesurfache bezeichnen; da man aber unter dielen Umft\u00e4nden auch die S\u00e4ure immer entdecken kann, fo mufs immer darnach gefacht werden,\nb)\tTheilweife Abl\u00f6fung der Oberhaut, blofs verdickte, br\u00fcchige, lofe, gelbbraune Flecken derl'elben, Deutlichkeit ihrer Poren, w\u00e4hrend die andern H\u00e4ute normal find. ^\nHieraus kann man auf Vergiftung, und namentlich durch Kleef\u00e4urc, fchliefsen, da andre Gifte fchwer-lich diefelbe Befchaffenheit hervorbringen w\u00fcrden.\nc)\tBlofs erhabne und begr\u00e4nzte, br\u00e4unliche oder kirfchrothe, oder fcharlachfarbne Flecken, die lieh nur unter cliefer letzten Bedingung auf Gef\u00e4fse beziehen, aber ohne andre Ver\u00e4nderung, auf der Oberhaut.\nDiefer Zuftand beweift an und f\u00fcr lieh nichts, kann aber in Verbindung mit andern zu moralifchen oder phyfifchen Beweifen benutzt werden.\nd)\tDer Magen ift gefund, aber leicht ger\u00f6thet. Dies beweift nat\u00fcrlich nichts Beltimmtes, giebt aber auch keinen Gegenbeweis ab, ein in manchen F\u00e4llen wichtiger und gew\u00f6hnlich nicht geh\u00f6rig beachteter Punkt.\nNach unfern Verfuchen an Thieren und den Beobachtungen an Menfchen J\u00e4fst fich aus keinem andern Theile des Darmkanals ein Beweis entlehnen. Indeffen kann das Gift bisweilen in geringer Menge im Z w\u00f6lffingerdarm Vorkommen.","page":550},{"file":"p0551.txt","language":"de","ocr_de":"551\nDer Zuftancl des Herzens und der Lungen mufs auch bemerkt werden. Eine glanzende Scharlachfarbe der Lungen, die entweder gleichm\u00e4fsjg verbreitet oder nur ftellenweife vorhanden ilt, und die Anwefenheit von hellrothem Blute im linken Herzen find Bedingungen, die zwar nicht immer vorhanden und eben i'o wenig v\u00f6llig beweifend find, aber doch, zumal bei geringer Verletzung des Magens, zu H\u00fclfe genommen werden k\u00f6nnen.\n3) Die chemifche Analyfe gieht den beften Beweis ab.\nBeiin h\u00f6chften Grade der Verletzung des Magens findet man die S\u00e4ure in feinem Gev/ebe in Menge, lehr wahrfcheinlich in feinem Inhalt, gewifs in den ausge-brochnen Subftanzen.\nlft nur die Oberhaut desorganifirt, fo findet fich die S\u00e4ure nicht immer und beft\u00e4ndig nur in geringer Menge in den H\u00e4uten, felbft vielleicht nicht im Mageninhalt, in Menge aber in den zuerft ausgebrochnen Subftanzen.\nlit der Magen felbft nicht roth oder braun, wo dann die S\u00e4ure fchon verd\u00fcnnt oder neutralifirt fevn m\u00fcfste, fo enthalten die H\u00e4ute, vielleicht auch der Inhalt, keine S\u00e4ure, felbft wenn kein Erbrechen Statt fand, war dies aber fr\u00fcher der Fall, fo kommt fie in den ausgeworfenen Subftanzen vor.\nDurch die chemifche Analyfe wird fie alfo immer in den zuerft ausgebrochnen Subftanzen, bisweilen aber weder im Inhalte, noch den H\u00e4uten des Magens auszu-mittein feyn , und in manchen F\u00e4llen wird, felbft wenn kein Erbrechen Statt fand, die S\u00e4ure nicht in den Magenh\u00e4uten Vorkommen , weil fie v\u00f6llig aufgefaugt wurde. Hiezu wird erfordert, dafs fie fehr verd\u00fcnnt, oder vielmehr neutralifirt, die Gabe gering war, und der Kranke die Vergiftung mehrere Stunden \u00fcberlebte.","page":551},{"file":"p0552.txt","language":"de","ocr_de":"Die Thatfache, dafs ein Gift tSelten kann, oline dafs Erbrechen Statt gefunden h\u00e4tte, und man es nach dem Tode im Magen entdecken konnte, kommt gewifs nicht fo leiten vor.\nIm Morninp Chronicle vom gten Januar, findet fleh die Leichen\u00f6ffnung eines jungen Mannes, der an einem Abende feinen Kameraden zu fich rief, und ihm fagte, dafs er Laudanum genommen habe, f\u00f6rmlich Abfchied nahm und am Tage darauf ftarb. Der Wundarzt konnte kein Laudanum im Magen entdecken und erkl\u00e4rte, dafs es den Tod nicht verurfacht haben k\u00f6nne; indeffen war die Zeit, w\u00e4hrend welcher der Menfch noch lebte, zur Auffaugung des Giftes vollkommen hinreichend. Wenige Tage vorher hatte in der That einer von uns einen v\u00f6llig \u00e4hnlichen Vorfall beobachtet, wo nach fiarken moralifchen und \u00e4rztlichen Gr\u00fcnden ohne Zweifel der Tod durch Laudanum bewirkt war, ungeachtet fich keines im Magen fand, weil die Perfon nicht lehr viel genommen und noch 6\u20147 Stunden gelebt hatte.\nIn Bezug auf die Kleef\u00e4ure mufs man befonders bemerken, dais die Schwierigkeit oder Unm\u00f6glichkeit der Entdeckung vorz\u00fcglich da eintritt, wo auch andre Beweismittel am meiften fehlen, namentlich, wo die S\u00e4ure vorher fehr verd\u00fcnnt oder neutralifirt worden war, indem fich dann keine krankhafte Ver\u00e4nderung findet, und der Kranke nicht weifs, dafs er etwas Sch\u00e4dliches einnahm. Kleef\u00e4ure erweckt fogleich beim Genufs einen Verdacht, die alkalifchen Verbindungen aber haben einen Schwachen, falzigen, wenig bittern, gar nicht unangenehmen Gefchmack, fo dafs man fich ihrer leicht ftatt gemeinen Salzes zur W\u00fcrze bedienen kann.\nUm verd\u00e4chtige Subftanzen zu unterfuchen, bediene man fich folgender Methode.\nDer","page":552},{"file":"p0553.txt","language":"de","ocr_de":"553\nDer Magen wird reit reinem Waffer ausgewafchen, und wenn er desoi gamin t ilt, zur Unterfuckung aufgehoben.\nDas Ausgewafchene, der Inhalt, die ausgebrocbne Subftanz, die desorganifirten TheiJe und die verd\u00e4chtigen Speifen werden abgefondert gekocht, und, wen\u00ab es nothwendig ift, etwas Waffer zugefetzt. Wenn Kalk oder Magnefia angewandt werden , i'o wird der R\u00fcck-ftand auf dem Fiitrum (mit Ausnahme des von den Magenh\u00e4uten Kommenden) zur Unterfuchung aufgehoben. Die fdtrirte Fliiffigkeidj wird erit mit Lackmuspapier, dann mit faizfaurem Kalk, lehwefelfaurem Kupfer und falpeterfaurem Silber gepr\u00fcft.\ni) Die Fl\u00f6f\u00dfgkeit wird, wenn dies n\u00f6thig ift, durch oxygenirte Salzf\u00e4ure enti\u00e4rbt. Salzfaurer Kalk bewirkt in einer, Kleef\u00e4ure oder ein kleei'aures Salz enthaltenden Findigkeit einen unaufl\u00f6slichen Nieder-fchlag von kleefaurem Kalk. Dies thut er aber mit allen kohlen-, fchwefel-, phosphor-, weinitein- und citronenlauren Salzen und ihren S\u00e4uren, die Koh-lenf\u00e4ure ausgenommen. Durch folgende Methode un-terfcheidet man fie von dielen. Die Salpeterf\u00e4ure nimmt den fchwefelfauren IvaiK nicht auf, aber wenige Tropfen von ihr l\u00fcfen den kleelauren Kalk auf. Die Salzf\u00e4ure l\u00f6ft den ldeefmiren Kalk nur in grofser Menge auf, w\u00e4hrend 2\u20143 Iropfen den kohlentauren, phosphorfauren, weinftein - und citronenlauren aufnehmen.\n2) Ein zweiter Antheil der Fl\u00f6f\u00dfgkeit wird durch oxvgenirte Salzf\u00e4ure entf\u00e4rbt.\nSchwefeifaures Kupfer fehl agi Kleef\u00e4ure bl\u00e4ulich-weifs, die kleefauren Salze hellblau nieder.\nDies ift ein fehr zartes Pr\u00fcfungsminel, zumal, wenn freie Kleef\u00e4ure vorher mit Pottafiih\u00f4 gefattigt worden ift, und zugleich ift es fehr n\u00fctzlich, weil das PI. d. A.rshio. f HL 3.\tDo","page":553},{"file":"p0554.txt","language":"de","ocr_de":"fchwefelfaure Kupfer nicht auf Fl\u00fcffigkeiten einwirkt, die Schwefel-, Salz-, Salpeter-, Weinitein- und Citro-nenl\u00e4ure oder ihre gew\u00f6hnlichen Salze enthalten. Dagegen fchl\u00e4gt es die kchlenfauren Salze und die freie oder verb\u00fcndue Phosp'norf\u00e4ure nieder. Das kleefaure Kupfer l\u00e4fst fich indeffen leicht, entdecken, weil es in Salzl'\u00e4ure aufl\u00f6slich il\u2019t, wogegen wenig Tropfen diefer S\u00e4ure den phosphorfauren Kalk aufnehmen.\n3) Salpeterfaures Silber bewirkt einen fchweren, weifsen Niederfchlag mit Kleefaure, noch mehr mit kleefauren Salden, der, getrocknet und \u00fcber einein Lichte erw\u00e4rmt, am Rande braun wird, dann pl\u00f6tzlich fchwach knallt und als weifser Rauch verfchwindet. Ift er unrein, fo verbrennt er wie Schiefspulver, und ift er in zu geringer Menge vorhanden, um gelammelt zu werden, fo verbrennt das Filtrirpapier, als w\u00e4re es in falpeterfaure Pottafche getaucht. Dies ift eine lehr charakteriftifche und empfindliche Probe.\nVon einem Viertelsgran Ivleei\u00e4ure, in 4000 Theilen Waffer aufgel\u00f6ft, himmelten wir genug Pulver, um das Verknallen zweimal zu zeigen. Der Nieder-\nO\nfchlag allein ift nicht zuverl\u00e4ffig, da er auch mit Saiz-f\u00e4ure, Phosphor-, Citronen-, Weinfteinf\u00e4ure und den Alkalien Statt findet. Bei der Probe mit dem Verknallen k\u00f6nnte h\u00f6chltens Verwechslung mit der VVein-ftein- und Citronenf\u00e4ure Statt finden. Das weinitein -und citronenf\u00e4ure Silber hat Eigenl\u2019chaften, welche das falpeterfaure Silber zu einem der beiten Mittel machen, fie von einander und der Kleef\u00e4uro zu unterfcheiden. Das falpeterfaure Silber wird in der Hitze braun, fcli\u00e4umt auf, verbrennt dann langfam, ft\u00f6fst weifse D\u00e4mpfe aus, und l\u00e4fst eine Menge alehgrauer, br\u00f6cklicher Mafia von eigenth\u00fcmiieher Faferung zur\u00fcck. Weinfteinfau-res Silber wir\u00ab ! braun und fch\u00e4urnt wie das citronenf\u00e4ure, ft\u00f6fst weifse D\u00e4mpfe ohne Verbrennung aus, und l\u00e4fst","page":554},{"file":"p0555.txt","language":"de","ocr_de":"eine afchfarbne, trauben\u00e4hnliche, \u00e4ufserJich mit Silber bekleidete Maffe zur\u00fcck.\nWurde Magnefia oder Ivalk als Gegengift gegeben, fo kann die kleefaure Magnefia oder Kalk als Pulver mit dem Mageninhalt oder den ausgebroehnen Subftan-zen vermengt feyn. Dann muls das Pulver von dem, w\u00e4hrend des vorangegangnen Prcceffes auf dem Filtrum zur\u00fcckgebliebnen durch Auslaugung gefcbieden werden. Magnefia erfordert nur Kochen des Pulvers in Waffer \u25a0w\u00e4hrend einiger Minuten, und dann Pr\u00fcfung der fil-trirten Fl\u00fcffigkeit nach den drei befchriebnen Methoden, indem die kleefaure Magnefia aufl\u00f6slich genug ift, um felbft mit i Unze Wafler eine Lofung zu geben, woran alle vorbemerkten Kennzeichen auszumitteln find. Ivalk erfordert 15 Minuten lange Kochung des Pulvers mit halb fo viel reiner unvollkommner kohlenfaurer Pott-afche, die in 20\u2014 30 Theilen Waffer aufgel\u00f6ft ift. Dann findet eine gegenfeitige Austaufchung Statt, und die Fl\u00fcffigkeit enth\u00e4lt Kleefaure und kohlenfaure Pott-afche. Wendet man die Pr\u00fcfungsmittel auf diefe Li>-fung an, fo mufs das freie Alkali vorher mit Salzf\u00e4ure gef\u00e4ttigt werden , wenn falzfaurer Kalk oder fchvvefel-faures Kupfer angewandt werden foil t, mit Salpeter-f\u00e4ure, ehe man das falpeterfaure Silber an wendet. Irn letztem Falle mufs fo wenig als m\u00f6glich \u00fcberfl\u00fcffig\u00ab S\u00e4ure vorhanden feyn, weil kleefaures Silber lieh in Salpeterf\u00e4ure aufl\u00f6ft.\nDiefe Pr\u00fcfungsmittel werden felir wenig durch die Anwefenheit folcher thierifchen Subftanzen infiuirt, die fielt in der verd\u00e4chtigen Fl\u00fcffigkeit nach dem Kochen und Fiitriren finden k\u00f6nnen. Der Hauplbeftandtheil, der Vorkommen kann, ift Gallert. Sie allein wird weder durch faizf\u00e4uren Kalk, noch fchwefeifaures Kupfer, noch faJpeterlauresSilber pr\u00e4cipitirt, afficirt auch die beiden eriten Pr\u00fcfungsmittel nicht, und h\u00f6rt nur,\nOll 2","page":555},{"file":"p0556.txt","language":"de","ocr_de":"5 56\nwenn fie in grofser Menge vorhanden ift, die Wirkung des l\u00e4lpeteri\u00e4uren Silbers. In diefem, oder einem andern , nicht bemerkten Falle mufs die Kleef\u00e4ure mit falzfaurem Kalk pr\u00e4cipitirt, und der unaufl\u00f6sliche ltlee-faure Kalk mit kohlenfaurer Pottafche, wie oben angegeben wurde, gekocht werden. Bei dunkler F\u00e4rbung der verd\u00e4chtigen Fl\u00fcl\u00dfgkeit wird diele Methode immer paffen, denn He kann vor Anwendung des ialpe-terfaureo Silbers nicht mit oxvgenirter Salzf\u00e4ure entf\u00e4rbt werden, da diefe mit dielen Salzen einen reichlichen Niederfchlag bildet.\nUngeachtet diefe Methoden zufammengefetzt fchei-ren m\u00f6gen, fo ift doch ihre Anwendung durch ge\u00fcbte H\u00e4nde leicht, und die Gewifsheit, die fie gew\u00e4hren, ift, wenn fie gleich nur von den Eigenfebaften geringer Mengen von Pr\u00e4cipitaten entlehnt ift, eben fo vollkommen, als wenn die S\u00e4ure im concreten Zuftande dargeftellt w\u00e4re, indem fie auch fo durch die angef\u00fchrte Methode am heften erkannt werden w\u00fcrde.","page":556}],"identifier":"lit15883","issued":"1823","language":"de","pages":"513-556","startpages":"513","title":"Untersuchungen \u00fcber die Vergiftung durch Klees\u00e4ure: Edinburgh med. and chirurg. 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