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{"created":"2022-01-31T16:09:07.930682+00:00","id":"lit16148","links":{},"metadata":{"contributors":[{"name":"Du Bois-Reymond, Emil","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Berlin: Georg Reimer","fulltext":[{"file":"p0001.txt","language":"de","ocr_de":"Dritter Abschnitt,\nUntersuchung.\nAchtes Kapitel.\nVon dem Muskelstrome und seinen Bewegungserscheinungen am lebenden unversehrten Thiere,\n\u00a7\u2022 i-\nVon dem Strome der ruhenden Muskeln bei Gegenwart der Haut, den Hautungleichartigkeiten des Frosches und der Entwickelung des Muskelstromes scheinbar in Folge des\nEnth\u00e4utens.\nDie thierischen Theile, deren elektromotorische Th\u00e4tigkeit wir bisher untersucht haben, befanden sich zwar stets in einem dem des unversehrten Lebens noch am ehsten vergleichbaren Zustande. Wir haben gesehen, dafs die elektromotorische Th\u00e4tigkeit sogar abh\u00e4ngig ist von gewissen Ver\u00e4nderungen der thierischen Theile, welche ihre eigent\u00fcmlichen Lebens\u00e4ufserungen ausmachen, dafs sie mit dem Eintreten solcher Leichenver\u00e4nderungen verschwindet, wodurch diese Aeufserungen unm\u00f6glich gemacht werden (S. oben Abth. I. S. 159. 160. 284). 1 Es scheint demnach, als k\u00f6nne kein Zweifel dar\u00fcber obwalten, dafs die elektromotorische Th\u00e4tigkeit auch w\u00e4hrend des unversehrten Lebens selber im Thiere vorhanden sei. Nichtsdestoweniger hatte ich es, wie man sich erinnert, vorgezogen, mich oben Abth. I. S. 160, als uns die Abh\u00e4ngigkeit des Muskelstromes von dem Lebenszustande des\n* Unter \u00bbAbth. I.\u00ab ist in den rtickvveisenden Anf\u00fchrungen fortan stets die erste Abtheilung des zweiten Bandes dieses Werkes zu verstehen. S. oben S. ... bezieht sich auf vorliegende zweite Abtheilung desselben Bandes.\nII. 2.\n1","page":1},{"file":"p0002.txt","language":"de","ocr_de":"2\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. I. 1. Von dem Strom\nMuskels zuerst bekannt wurde, in der Art auszudr\u00fccken, dafs dadurch die Erscheinung als eine nur an dem lebendigen Gewebe m\u00f6gliche bezeichnet wurde; cs unentschieden lassend, ob sie eine ihm wesentlich angeh\u00f6rige, oder eine vielleicht nur unter bestimmten, durch den Versuch gesetzten Bedingungen daran auftretende sei. Die n\u00e4chste Folge wird zeigen, dafs diese Vorsicht nicht am Unrechten Orte war, insofern es wenigstens noch ausgedehnter und schwieriger Untersuchungen bedarf, um die Gegenwart der elektromotorischen Th\u00e4tigkeit, in der vollen Gr\u00f6fse, wie wir sie in unseren bisherigen Versuchen kennen gelernt haben, auch am lebenden unversehrten Thier aufser Zweifel zu stellen.\n1. Von dem Strom an den entbl\u00f6fsten Muskeln und Nerven\nlebender Thiere.\nDafs am lebenden Thiere biosgelegte Muskeln die n\u00e4mlichen Erscheinungen darbieten, als an dem get\u00f6dtcten Thiere oder nachdem sie vom Organismus getrennt sind, ist uns von fr\u00fcher her bewufst. Man erinnert sich, dafs bereits eine der ersten Mittheilungen Matteucci\u2019s \u00fcber den Froschstrom, vom November 1837, am lebenden Thier an-gestellte Versuche enth\u00e4lt, in denen die physiologische Wirkung dieses Stromes von den enth\u00e4uteten Beinen und den aus der aufgeschlitzten Flanke hervorgeholten Ischiadnerven gewonnen wurde. Der Strom sei am lebenden Thier schw\u00e4cher als am get\u00f6dteten, in stetem Abnehmen begriffen und verschwinde endlich ganz und gar. Werde nun der Frosch get\u00f6dtet und nach Galvani\u2019s Vorschrift zubereitet, so erhalte man starke Zuckungen unter den n\u00e4mlichen Umst\u00e4nden, wo sie am lebenden Thiere versagt hatten (S. oben Bd. I. S. 117. 118). Cima bemerkt, dafs das Ergebnifs dieser Versuchsweise meist nur ein sehr zweifelhaftes sei.1 Ein Jahr nach jener ersten Mittheilung giebt Matteucci an, dafs er auf die n\u00e4mliche Art die Multiplicatorwirkung des Stromes am lebenden Frosche beobachtet habe.\u201c Sp\u00e4ter hat Matteucci, um diese Wirkung am lebenden Thiere nachzuweisen, eine S\u00e4ule aus lebenden Fr\u00f6schen angewendet. Sie werden mit den Vorderpfoten auf sein Froschbrett genagelt (S. oben Bd. I. S. 229), so zugerichtet, dafs die Beine nur noch durch die Ischiadnerven mit dem Rumpfe zusammen-\n1 Antonio Cima, Saggio storico-critico e sperimentale sulle contrazioni gal-vaniche e sulle correnti elettro-fisiologiche. In Zantedeschi\u2019s Raccolta fisico-chimica italiana ec. 1848. vol. III. p. 467.*\u2014 S. die Bemerkungen \u00fcber diese Arbeit in den Nachtr\u00e4gen am Schl\u00fcsse des Werkes.\n' S. oben Bd. I. S. 119; \u2014 vergl. Essai etc. p. 76. 83*; \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 87.*","page":2},{"file":"p0003.txt","language":"de","ocr_de":"an den entbl\u00f6fsten Muskeln und Nerven lebender Thiere.\t3\nh\u00e4ngen, und die Nerven des einen immer mit dem Unterschenkel des n\u00e4chstfolgenden in Ber\u00fchrung gebracht. Die beiden Enden der S\u00e4ule stehen durch feuchte Fliefspapierstreifen mit den bekannten Endl\u00f6chern in Verbindung, die in das Brett gegraben, mit Wasser gef\u00fcllt sind, und die metallischen Multiplicatorenden enthalten. 1\nDiese Angaben beziehen sich auf Matteucci\u2019s angeblichen Froschstrom (courant propre), eine andere Reihe auf seinen sogenannten Muskelstrom (courant musculaire). Matteucci\u2019s Grundversuch f\u00fcr den Muskelstrom besteht bekanntlich darin, dafs er den Nerven des strompr\u00fcfenden Froschschenkels in der Muskelwunde eines lebenden oder frisch get\u00f6dteten Thieres umherschleift. Ebenso roh wird mit dem Mul-tiplicator verfahren: \u00bbJe blesse le muscle (?) de la poitrine ou de la \u00bbcuisse sur un animal vivant, apr\u00e8s avoir d\u00e9couvert la surface de ce \u00bbmuscle. Je touche alors dans le m\u00eame temps, avec les deux lames \u00bbdu galvanom\u00e8tre, l\u2019int\u00e9rieur de la blessure et la surface du muscle \u00bbbless\u00e9. J\u2019observe un courant qui est de 20\u00b0, 30\u00b0, 40\u00b0, etc., dirig\u00e9 \u00bbdans le muscle de l\u2019int\u00e9rieur \u00e0 la surface.\u00ab 2 Der Versuch wurde an Kaninchen, Hammeln und Tauben angestellt. Nach zwei- oder dreimaliger Wiederholung versagt die Ablenkung, oder kehrt sich auch wohl um. Matteucci selber ist mit diesem Verfahren nicht recht zufrieden und hat daher noch ein anderes am Frosch ersonnen. Fr\u00f6sche, welche mit den Vorderpfoten auf ein Brett genagelt sind, werden so zugerichtet, dafs dem einen der enth\u00e4uteten Beine nur der Oberschenkel, dem anderen nur der querdurchschnittene Oberschenkel bleibt, und so angeordnet, dafs der Stumpf des letzteren stets auf die Aufsenfl\u00e4che des ersteren am n\u00e4chstliegenden Frosche trifft. Eine solche S\u00e4ule aus vier Gliedern, die Endl\u00f6cher mit Wasser gef\u00fcllt, gab 12\u00b0 Ausschlag in der gew\u00f6hnlichen Richtung des Muskelstroms.3\nUm aber diesen Strom auch an lebenden warmbl\u00fctigen Thieren nicht unerwiesen zu lassen, hat Matteucci einen Weg eingeschlagen, der wenigstens seiner Absonderlichkeit halber unsere Aufmerksamkeit verdient. Er schneidet n\u00e4mlich lebendigen Tauben die Fl\u00fcgel halb fort\n1 Trait\u00e9 etc. p. 88.*\n3 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1842. t. II. p. 446;* \u2014 1843. t. III. p. 15;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Novembre 1842. 3. S\u00e9rie, t. VI. p. 331;* \u2014 Avril 1843. ibid. t. VII. p. 436;* \u2014 Annales des Sciences naturelles. 1843. 2. S\u00e9rie, t. XIX. Zoologie, p. 322;* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 65.* \u2014 S. oben Bd. I. S. 528. Bd. II. Abth. I. S. 146.*\n3 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1843. t. III. p. 16;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Avril 1843. 3. S\u00e9rie, t. VII. p. 436. 437;* \u2014 Annales des Sciences naturelles. 1843. 2. S\u00e9rie, t. XIX. Zoologie, p. 323;* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 65. 66.*\n1\u00b0","page":3},{"file":"p0004.txt","language":"de","ocr_de":"4\n3. Ab sehn, Kap. VIII. \u00a7. I. 1. Von dem Strom\n\u2014 \u00bbje coupe \u00e0 moiti\u00e9 les ailes d\u2019un pigeon\u00ab \u2014 wickelt ihnen eine leinene Rollbinde mehrmals um den Leib, so dafs sie, in die R\u00fcckenlage gebracht, unbeweglich darin verharren, und enth\u00e4utet beide Oberschenkel. Dann wird von dem Oberschenkel derselben Seite an allen Tauben mit einem Scheermesser ein St\u00fcck Muskelfleisch abgetragen, das nur enth\u00e4utete Bein je einer Taube mit der Muskelwunde der n\u00e4chst-liegenden in Ber\u00fchrung gebracht und beide Beine fest zusammengebunden. Die beiden Enden einer so zusammengesetzten f\u00fcnfgliederigen S\u00e4ule, d. h. der nur enth\u00e4utete Schenkel des einen Endgliedes und die Muskelwunde des anderen, werden mit Fliefspapier bedeckt, das mit destil-lirtem Wasser angefeuchtet ist, und das Papier mit den Platinenden des Multiplicators ber\u00fchrt; es erfolgen 15\u00b0 Ausschlag. Beim dritten Schliefsen betr\u00e4gt indessen die Ablenkung nur noch 6\u00b0. Sie hebt sich von Neuem, wenn das geronnene Blut von der Wunde entfernt wird. Nach einer Viertelstunde starb die eine Taube, und die anderen, sagt Matteucci, w\u00fcrden ihrem Beispiel schleunigst gefolgt sein, wenn er sich nicht beeilt h\u00e4tte, die Binde aufzutrennen. Dies r\u00fchrte sowohl von der beengten Athmung als dem Blutverlust her. Um dem letzteren Uebel-stande vorzubeugen, legte Matteucci die Wunde mehrere Tage vorher an und verband sie mit einem in Oel getr\u00e4nkten L\u00e4ppchen, unter welchem sich, nach drei bis vier Tagen, ein Schorf vorfand, der sich ohne betr\u00e4chtliche Blutung entfernen liefs. Eine S\u00e4ule aus vier solchen Tauben gab 25\u00b0, 15\u00b0, 7\u00b0 Ausschlag. Auch bei dieser Art des Versuches w\u00fcrden aber die Thiere bald erstickt sein, wenn Matteucci sie nicht aus ihren Banden befreit h\u00e4tte. Es wurden daher die Wunden angefrischt und erst nach mehreren Tagen dasselbe Ergebnifs nochmals beobachtet. 1 Cima hat den Versuch wiederholt. Sechs grofse Tauben gaben ihm eine Ablenkung von 36\u00b0, die nach 6' nur noch 15\u00b0 betrug, und nach anderen 10' ganz erlosch. 1 2 3\nEndlich w\u00fcrde hier noch zu gedenken sein des oben Bd. I. S. 524 Anm.3 bereits erw\u00e4hnten Versuches, durch den Matteucci sich bem\u00fchte, das Dasein des Muskelstromes am lebenden menschlichen K\u00f6rper selbst darzuthun. Er erhielt Zuckungen des strompr\u00fcfenden Froschschenkels, als er mit dem Nerven desselben auf passende Weise den\n1\tComptes rendus etc. 11 Mars 1844. t. XVIII. p. 443;* \u2014 L\u2019Institut. 1844. t. XII. No. 533. p. 90.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. S\u00e9rie. Juin 1844. t. XI. p. 403.* \u2014 Annales des Sciences naturelles. 1844. 3. S\u00e9rie, t. I. Zoologie, p. 191.* \u2014 Le\u00e7ons sur les Ph\u00e9nom\u00e8nes physiques des Corps vivants. Paris 1847. p. 187.*\n2\tSaggio storico-critico ec. Ivi, p. 482.*\n3\tVergl. Le\u00e7ons etc. p. 178.*","page":4},{"file":"p0005.txt","language":"de","ocr_de":"an den entbl\u00f6\u00dften Muskeln und Nerven lebender Thiere.\t5\nKreis schlofs zwischen dem Inneren einer Wunde, wodurch ein Muskel des Beines biosgelegt war, und der Oberfl\u00e4che (?).\nErfahrungen der Art, betreffend die Gegenwart des Muskelstroraes an biosgelegten Theilen lebender Thiere, habe auch ich in ziemlicher Anzahl gemacht. Die Mehrheit derselben wurde bei anderen Gelegenheiten nur beil\u00e4ufig gewonnen und ist im Laufe der vorigen Untersuchungen schon mitgetheilt worden. Mau entsinnt sich wohl, dafs wir die negative Schwankung des Muskelstromes beim Tetanisiren auf elektrischem Wege und durch Strychninvergiftung an dem Gastrokne-mius eines lebenden Frosches beobachteten, von dessen R\u00fcckenmark aus sich die Innervation noch ungehindert bis zum Muskel hin fortpflanzte (S. oben Abth. I. S. 55. 515 ff.). Entsprechende Versuche wurden mit dem Nervenstrome angestellt (S. ob\u00e9n Abth. I. S. 474. 475. 510. 605). Auch habe ich den Strom eines lebend enth\u00e4uteten Frosches untersucht und an Richtung und St\u00e4rke ganz \u00fcbereinstimmend gefunden mit dem Strom eines durch Gehirnersch\u00fctterung oder sonst auf irgend eine Weise get\u00f6dteten und enth\u00e4uteten Gesammtfrosches (S. oben Bd. I. S. 463 ff.).\nUnstreitig beweisen diese Versuche, dafs die elektromotorische Th\u00e4tigkeit auch bei noch bestehendem Zusammenh\u00e4nge mit dem seiner selbst m\u00e4chtigen Centralnervensysteme und zum Theil ungest\u00f6rtem Blutumlauf stattfinden k\u00f6nne. Es ist danach, in der That, von vorn herein gar kein Grund vorhanden, an der elektromotorischen Th\u00e4tigkeit im unversehrten lebenden K\u00f6rper zu zweifeln. Theoretisch l\u00e4fst sie sich, bei diesem Stande der Dinge, nun vollends (S. oben S. 1) als erwiesen betrachten, da nicht anzunehmen ist, dafs die blofse Gegenwart der Haut hier von irgend einer wesentlichen Bedeutung sei. Es w\u00fcrde aber nunmehr darauf ankommen, diese Schlufsfolge, so wahrscheinlich sie sich darstellt, auch durch unmittelbare thats\u00e4chliche Beweise zu erh\u00e4rten. Es mufs der Versuch gemacht werden, den Strom nicht nur an den nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen, sondern sogar am lebenden unversehrten Thiere selber nachzuweisen.\nMerkw\u00fcrdig genug finden wir uns auf diesem, doch so nat\u00fcrlich scheinenden Wege allein. Matteucci hat denselben nie betreten. In seinen zahllosen Abhandlungen \u00fcber den Frosch- und Muskelstrom kommt er nicht ein einzigesmal auf den doch so nahe liegenden Gedanken, statt den enth\u00e4uteten Frosch, einmal den nicht enth\u00e4uteten in den Kreis des Multiplicators zu bringen. Matteucci scheint diesen Versuch nicht f\u00fcr nothwendig gehalten zu haben, aber aus dem entgegengesetzten Grunde von dem, weshalb er uns fast \u00fcberfl\u00fcssig d\u00e4ucht. F\u00fcr Matteucci ist es von vorn herein eine ausgemachte","page":5},{"file":"p0006.txt","language":"de","ocr_de":"6\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. I. 1. Von dem Strom\nSache, dafs ira lebenden unversehrten Thier keine Spur des Muskcl-stromes zu finden sei. Seiner Meinung nach entsteht dieser Strom erst durch das Anlegen des leitenden Bogens an die Muskeln. In dein lebenden Thiere sollen die in dem Muskel hei seiner Ern\u00e4hrung entwickelten Elektricit\u00e4ten sich an denselben Punkten wieder vereinigen, an welchen sie frei wurden, gleichwie, nach der chemischen Hypothese von dem Urspr\u00fcnge des elektrischen Stromes, die Elektricit\u00e4ten, die sich beim Eintauchen eines St\u00fcckes Zink in verd\u00fcnnte S\u00e4ure entwickeln. Das Blut sei die saure Fl\u00fcssigkeit, die Muskelfaser das positive Metall; der H\u00fclle der Primitivmuskelb\u00fcndel wird die Rolle des negativen Metalles zugeschriehen, und nichtsdestoweniger angenommen, wie eben gesagt wurde, dafs erst bei Gegenwart eines k\u00fcnstlich hinzugetragenen Bogens ein Strom entstehe (S. oben Bd. I. S. 548. 683. 684. Bd. II. Abth. I. S. 102). Auch Cima huldigt diesen sinnlosen Meinungen, ja er geht so weit zu behaupten, es sei unm\u00f6glich, eine richtigere und weniger hypothetische Theorie des Muskelstromes zu geben. 1 *\nDie ausdr\u00fccklich geltend gemachte Einsicht, dafs im lebenden Thiere kein elektrischer Strom kreise, verhindert \u00fcbrigens Matteucci nicht, in den Aufschriften seiner Arbeiten, in den allgemeinen Redensarten \u00fcber ihre Bedeutung fortw\u00e4hrend im Munde zu f\u00fchren die \u00bbexistence du \u00bbcourant musculaire dans les animaux vivants ou r\u00e9cemment tu\u00e9s\u00ab3; oder z. B. im Trait\u00e9 etc., wo es doch p. 123 heifst: \u00bbLes r\u00e9sultats \u00bbauxquels nous sommes parvenus sont bien loin de prouver l\u2019existence \u00bbde l\u2019\u00e9lectricit\u00e9 libre dans les animaux vivants\u00ab3, sich p. 71. 72 zu fragen: \u00bbMais quelle est l\u2019intensit\u00e9 primitive du courant musculaire \u00bbdans les diff\u00e9rents animaux? Quelle est cette intensit\u00e9 dans l\u2019animal \u00bbvivant?... Nous exposerons, par la suite, les faits qui nous con-\u00bb duisent \u00e0 conclure que l\u2019intensit\u00e9 du courant musculaire dans l\u2019animal \u00bbvivant augmente avec son rang dans l\u2019\u00e9chelle.\u00ab 4 Nat\u00fcrlich; denn schwerlich w\u00fcrde es ihm gelungen sein, mit diesen Arbeiten so viel Aufsehen zu erregen, wenn es in die Augen gesprungen w\u00e4re, dafs es\n1 Saggio storico-critico ec. Ivi, p. 543.*\nJ Comptes rendus etc. 23 Janvier 1843. t. XVI. p. 197;* \u2014 L\u2019Institut. 1843. t. XI. No. 475. p. 86.* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Avril 1843. 3. S\u00e9rie, t. VII. p. 425;* \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1843. t. III. p. 5;* \u2014 Annales des Sciences naturelles. 1843. 2. S\u00e9rie, t. XIX. Zoologie, p. 313.\u2019 \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 51. 67.*\n* Vergl. Annales de Chimie et de Physique. Avril 1843. 3. S\u00e9rie, t. VII. p. 457*; \u2014 Annales des Sciences naturelles. 1843. 2. S\u00e9rie, t. XX. Zoologie, p. 89.\u2019\n4 Annales de Chimie et de Physique. Avril 1843.2. S\u00e9rie, t. VII. p. 440. 441 ;* \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1843. t. III. p. 20;* \u2014 Annales des Sciences naturelles. 1843. 2. S\u00e9rie, t. XIX. Zoologie, p. 326.*","page":6},{"file":"p0007.txt","language":"de","ocr_de":"an den entbl\u00f6fsten Muskeln und Nerven lebender Thiere.\t7\nsich darin, seiner eigenen Ueberzeugung nach, um nichts handele, als um eine lediglich von den Bedingungen des Versuches abh\u00e4ngige, mit den besonderen Lebenseigenschaften des Muskels in gar keiner Verbindung stehende Lcichenerscheinung.\n2. Vom elektromotorischen Verhalten des lebenden oder todten, \u00e4ufserlich unversehrten Frosches, wie auch seiner nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen.\nFolgendes sind nun die Ergebnisse der hier in Rede sichenden Untersuchung. T\u00f6dtet man einen Frosch, ohne seine Haut zu verletzen, gleichviel sonst in welcher Weise, also z. B. durch Gehirnersch\u00fctterung (S. oben Bd. I. S. 459) oder durch Gift, und legt ihn nach k\u00fcrzerer oder l\u00e4ngerer Zeit ohne ihn zu enth\u00e4uten in der oben Bd. I. S. 464 angegebenen Art auf die Zuleitungsgef\u00e4fse des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom1 auf, so erfolgt in den seltensten F\u00e4llen ein aufsteigender Ausschlag, wie man ihn erwarten sollte nach dem Erfolg desselben Versuches am enth\u00e4uteten Frosche. In der \u00fcberwiegenden Mehrzahl der F\u00e4lle ist vielmehr der Strom absteigend; er bel\u00e4uft sich auf etwa 40\u00b0 Ausschlag. In anderen F\u00e4llen ist die Wirkung unmerklich, in einigen wenigen erfolgt ein aufsteigender Strom. Endlich kommt es auch vor, dafs die Nadel zuerst in dem einen Sinne einen Stofs erh\u00e4lt, aber alsbald stillsteht, wiederkehrt und zuletzt einen Ausschlag in dem dem ersten entgegengesetzten Sinne beschreibt.\nNicht anders ist der Erfolg beim Auflegen des nicht enth\u00e4uteten GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates oder des Unterschenkels. Wegen des Zur\u00fcckziehens der Haut mufs man sie hei diesen Versuchen, wie bei Amputationen, h\u00f6her durchschneiden, als es n\u00f6thig scheint, wenn die Gliedmafsen wirklich damit bedeckt bleiben sollen; n\u00e4mlich bei dem GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parat durch einen Zirkelschnitt dicht unter den Armen, hei dem Unterschenkel dicht unter dem Becken.\nDas Ergebnifs des Versuches mit dem Gesammtfrosch bleibt dasselbe, wenn der Frosch lebend ist, wie zu erwarten war. Nat\u00fcrlich str\u00e4ubt er sich dabei heftig schon allein wegen der R\u00fcckenlage, die man ihm beim Auflegen ertheilen mufs, vollends wegen des Reizes der ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung am Kopf und den Schwimmh\u00e4uten. Diese f\u00e4rben sich alsbald dunkel rosenroth und sterben leicht sp\u00e4ter nebst den Zehen brandig ab. Um dies zu verh\u00fcten sowohl als um das Thier\n1 Der Mulliplicator f\u00fcr den Muskelstrom ist fortan stets gemeint, sobald nicht ausdr\u00fccklich erw\u00e4hnt ist, dafs der Mulliplicator f\u00fcr den Nerveustrom (S. oben Abth. I. S. 495) angewendet worden sei.","page":7},{"file":"p0008.txt","language":"de","ocr_de":"8\t3. Abschn. Kap. V11L \u00a7. 1. 2. Str\u00f6me des lebenden oder todten\nnicht unn\u00fctz Qualen auszusetzen, mufs man es sogleich nach dem Versuch in ein Gef\u00e4fs mit Wasser thun, in welchem es in den ersten Augenblicken wie rasend umherf\u00e4hrt.\nUm am unversehrten lebenden Frosch den Strom des GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates zu untersuchen, bediene ich mich der oben Bd. I. S. 453 beschriebenen, uns schon von fr\u00fcherher bekannten Vorrichtung zur Befestigung des lebenden Frosches in der ebendas. Fig. 24. Taf. 111 abgebildeten Gestalt, jedoch ohne die in der Figur sichtbaren Froschhautklemmen, die zu einem sp\u00e4ter anzustellenden Versuch geh\u00f6ren. Ich tauche n\u00e4mlich die F\u00fcfse, welche zwischen den beiden dazu bestimmten Forts\u00e4tzen unverr\u00fcckbar festgebunden sind, unmittelbar in das eine Zuleitungsgef\u00e4fs. Dies geschieht am bequemsten, indem der ganze Rahmen mit dem Frosche um die Axe zz' Fig. 22. Taf. IV ebendas, nach hinten geneigt wird. Die Fl\u00fcssigkeit des anderen Zuleitungsgef\u00e4fses setze ich mit dem R\u00fccken des Frosches in Verbindung durch einen ungef\u00e4hr 110mra langen, 15mm breiten und 10\"\"m dicken Bausch, dessen eines Ende in die Fl\u00fcssigkeit taucht, und dessen anderes Ende ich wie einen Sattel auf den Frosch auflege; wir wollen diesen Bausch Sattelbausch nennen. Er wird, im Verfolg dieser Untersuchungen, noch vielfach in Gebrauch gezogen werden. Der Sattelbausch kann zugleich, anstatt des Schliefsungsrohres, zum Abgleichen der Vorrichtung zwischen je zwei Versuchen dienen. Um ihn, triefend von Salzl\u00f6sung, frei in den Zuleitungsgef\u00e4fsen handhaben zu k\u00f6nnen, ist es hier ganz unerl\u00e4fs-lich, die Vorrichtung mit den oben Bd. I. S. 220 beschriebenen, Fig. 8. 9. 10. Taf. II ebendas, abgebildeten Sicherheitsplatten zu versehen.\nSchliefst man nun auf diese Art die unteren Extremit\u00e4ten des lebenden unversehrten Frosches zur Kette, so findet man ganz das N\u00e4mliche wie am nicht enth\u00e4uteten GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parat. Man erh\u00e4lt bald absteigende, bald keine, bald aufsteigende, bald doppelsinnige Wirkungen; die aufsteigenden nicht so h\u00e4ufig als die absteigenden; die Ausschl\u00e4ge k\u00f6nnen bis 90\u201c betragen.\nBeim ersten Anblick nehmen sich diese Erfolge freilich sehr trostlos aus. Wo ist in diesem regellosen Gewirr starker und schwacher, auf- und abfliefsender Str\u00f6me, welches keine andere Spur von Gesetz wahrnehmen l\u00e4fst, als ein gewisses unverkennbares Vorwiegen der absteigenden Richtung, wo ist da der stets die Nadel mit gleicher Heftigkeit an die positive Hemmung werfende Muskelstrom entfernterweise wiederzuerkennen? Indessen bei weiterem Fortschritt der Untersuchung gestaltet sich die Sache bald etwas g\u00fcnstiger. Es findet sich n\u00e4mlich, dafs alle diese bisher erw\u00e4hnten Wirkungen, gleichviel wie sie sich urspr\u00fcnglich darstellten, in kurzer Zeit einer Wirkung von ganz an-","page":8},{"file":"p0009.txt","language":"de","ocr_de":"nicht enth\u00e4uteten Frosches uncl seiner Gliedmafsen.\t9\nderer Beschaffenheit das Feld r\u00e4umen. Diese besteht in einem aufsteigenden Strome, der 10 \u2014 35\u00b0 Ausschlag geben kann. Es kehren sich also, im Verfolg des Versuches, die absteigenden Wirkungen um, die man von den nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen erw\u00e4hnterweise in den meisten F\u00e4llen erh\u00e4lt; oder es entsteht jene aufsteigende Wirkung nachtr\u00e4glich, wenn anfangs Gleichgewicht im Kreise herrschte; oder endlich es sinken auf das angegebene Mafs die weit st\u00e4rkeren aufsteigenden Wirkungen herab, die in seltenen F\u00e4llen beim ersten Schliefsen der Kette beobachtet werden. Bei Untersuchung des GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates am lebenden Thiere mittelst des Sattelbausches erleidet die schliefslich sich ergebende aufsteigende Wirkung weiter keine Ver\u00e4nderung mehr. Hingegen beim erschlagenen oder vergifteten \u00e4ufserlich aber unversehrten Frosch, dem GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parate, dem Unterschenkel ist merkw\u00fcrdigerweise jene Wirkung stundenlang in langsamem Wachsen begriffen, so dafs sie endlich eine sehr betr\u00e4chtliche Gr\u00f6fse, 60 \u2014 70\u00b0, erreicht.\nDiesen letzteren Umstand des fortdauernden Wachsens der schliefslich entstandenen aufsteigenden Wirkung der nicht enth\u00e4uteten Pr\u00e4parate wollen wir vor der Hand ganz aus dem Spiele lassen. Seine Ursache und Bedeutung, wird sp\u00e4ter klar werden, wenn wir auf einem ganz anderen Wege mit gereiftem\u2019 Einsicht darauf zur\u00fcckgef\u00fchrt werden1. Was aber jene aufsteigende Wirkung betrifft, so w\u00e4re es offenbar th\u00f6richt, wenn wir uns weigern wollten, darin den Muskelstrom zu erkennen, wie wir gewohnt sind, ihn an den enth\u00e4uteten Gliedmafsen zu beobachten. Sie erscheint freilich daf\u00fcr erstaunlich schwach; indessen werden sich daf\u00fcr ja wohl die Gr\u00fcnde finden lassen, und es bleibt uns unbenommen, die Natur der Wirkung als einerlei mit dem Muskelstrome, noch durch anderweitige Versuche festzustellen. Zun\u00e4chst handelt es sich hier darum, die ihrer Gr\u00f6fse und Richtung nach scheinbar so ganz regellosen Ausschl\u00e4ge zu erkl\u00e4ren, die das erste Schliefsen der nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen zur Kette begleiten und die Erscheinung des Muskelstromes, wenn jene Wirkung in der That einerlei mit ihm ist, anf\u00e4nglich verdecken.\n3. Von den Ungleichartigkeiten der Hautoberfl\u00e4che des\nFrosches.\nDie schnelle Verg\u00e4nglichkeit der letzterw\u00e4hnten Wirkungen scheint darauf zu deuten, dafs der Sitz ihrer Quelle am Froschk\u00f6rper ein sehr\n\u2019 S. unten \u00a7. II. 14.","page":9},{"file":"p0010.txt","language":"de","ocr_de":"10\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 1. 3. Von den Ungleichartigkeiten\noberfl\u00e4chlicher sei. Die unbest\u00e4ndige, im Allgemeinen aber doch vorzugsweise absteigende Richtung der Ausschl\u00e4ge macht dies noch wahrscheinlicher, da wir ja allen Grund haben anzunehmen, dafs unter der Haut die Gliedmafsen in aufsteigendem Sinne th\u00e4tig sind. Es ist ganz klar, wir haben es hier vor der Hand mit nichts zu thun, als mit Ungleichartigkeiten der Hautoberfl\u00e4che des Frosches.\nEs h\u00e4lt nicht schwer, hief\u00fcr einen entscheidenden Beweis zu liefern. Er liegt darin, dafs man ganz dieselben Wirkungen, ganz auf dieselbe Weise, auch an hlofsen ausgeschnittenen Hautst\u00fccken des Frosches beobachten kann. Man legt ein solches St\u00fcck mit der innern Fl\u00e4che auf eine Glastafel von beil\u00e4ufig 150\u201c\u201c L\u00e4nge und 50\u201c\u201c Breite, die man mittelst der wagerechten Klemme des allgemeinen Tr\u00e4gers in der H\u00f6he der oberen Fl\u00e4che der Zuleitungsb\u00e4usche aufstellt, und br\u00fcckt zwischen dieser oberen Fl\u00e4che und beliebigen Punkten des Hautst\u00fcckes mit Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkte vierseitig prismatische H\u00fclfsb\u00e4usche gleich denen, welche oben Abth. I. S. 511 beschrieben, Fig. 129. Taf. IV. abgcbildet sind. Alsdann erh\u00e4lt man Str\u00f6me von verschiedener St\u00e4rke, welche aber bis zu 70\u00b0 Ausschlag geben k\u00f6nnen und in deren Richtung sich beim ersten Anblick ebensowenig Gesetzlichkeit blicken l\u00e4fst als in der der Str\u00f6me, die wir von den nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen erhielten.\nDa man aber hier nach Belieben bald mit dem einen, bald mit dem anderen H\u00fclfsbausch die Schliefsung des Kreises vollziehen oder neue Stellen der Haut ber\u00fchren kann, so gelingt es bald, hinter das geheime Gesetz jener Wirkungen zu kommen. Es zeigt sich n\u00e4mlich, dafs sie ganz einfach beruhen auf der ungleichzeitigen Ber\u00fchrung der Froschhaut mit den B\u00e4uschen. Es geht n\u00e4mlich stets der Strom in die Froschhaut von dem Bausch aus, oder es verh\u00e4lt sich positiv stets der Bausch, der sie zuletzt ber\u00fchrt hat. Legt man beide B\u00e4usche m\u00f6glichst gleichzeitig auf, so bleibt die Nadel vergleichweise in Ruhe.\nEin dauernder Gegensatz beider Ber\u00fchrungsstellen kann begreiflich nicht die Folge der ungleichzeitigen Ber\u00fchrung sein. Es versteht sich somit von selber, dafs die Wirkungen nur vor\u00fcbergehender Art sind. Auch die heftigsten Ausschl\u00e4ge hinterlassen keine best\u00e4ndige Ablenkung. Wenn man den Kreis auch nur wenige Minuten dauernd geschlossen h\u00e4lt, findet man, bei Verbindung der beiden H\u00fclfsb\u00e4usche durch den Schliefsungsbausch, der in Bezug auf den Multiplicatorkreis eine Nebenleitung von verschwindendem Widerstande bildet, keine Spur von Ladungen vor.\nSoweit kommen diese Str\u00f6me wegen ungleichzeitiger Ber\u00fchrung der Froschhaut mit den B\u00e4uschen also ganz \u00fcberein mit deden durch","page":10},{"file":"p0011.txt","language":"de","ocr_de":"der Hautob erfl\u00e4che des Frosches.\n11\nungleichzeitige Benetzung von Metallen (S. oben Bd. I. S. 210). Allein hier l\u00e4fst sich die Wirkung beliebig oft erneuen, indem man die eine Elektrode wiederum der Luft und der Trocknifs aussetzt. Diese Wirkung beruht darauf, dafs die metallische Oberfl\u00e4che, je nachdem sie einget\u00fficht oder in der Luft befindlich ist, zwei verschiedene Zust\u00e4nde annimmt, aus deren einem in den anderen und zur\u00fcck sie beliebige Male \u00fcbergef\u00fchrt werden kann. Anders ist es mit den in Rede stehenden Str\u00f6men wegen ungleichzeitiger Ber\u00fchrung der Froschhaut mit den B\u00e4uschen. Es b\u00fcfst n\u00e4mlich die Froschhaut in dieser Ber\u00fchrung ihre Wirksamkeit sehr bald v\u00f6llig ein.\nSind zwei Hautstellen einige Minuten lang durch die B\u00e4usche zum Kreise geschlossen gehalten worden, wobei die Nadel des Multiplica-tors, wenn er sich im Kreise befindet, erw\u00e4hntermafsen auf Null kommt, so gelingt es nicht mehr, durch ungleichzeitige Ber\u00fchrung derselben Stellen mit den B\u00e4uschen einen Ausschlag zu erhalten. Aber bei Ber\u00fchrung einer dieser Stellen und einer frischen Stelle erh\u00e4lt man einen Ausschlag in der Haut von der frischen nach der anderen Stelle hin, wobei es nunmehr gleichg\u00fcltig ist, ob die Ber\u00fchrung gleichzeitig oder ungleichzeitig geschah, und wenn das Letztere, ob der Bausch an der frischen oder der Bausch an der alten Ber\u00fchrungsstelle sp\u00e4ter aufgelegt wurde. Um zwei Hautstellen in der Art unwirksam zu machen, dafs sie bei ungleichzeitiger Ber\u00fchrung keinen Strom mehr geben, und dafs sich jede von ihnen negativ gegen eine frische Hautstelle verh\u00e4lt, ist es aber nicht einmal n\u00f6thig, sie durch die B\u00e4usche zum Kreise zu schliefsen. Es gen\u00fcgt, ihnen die B\u00e4usche ungeschlossen einige Minuten hindurch anzulegen. Ja, bepinselt man einfach ein St\u00fcck Froschhaut mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung, so giebt es bei ungleichzeitiger Ber\u00fchrung mit den B\u00e4uschen keine Str\u00f6me mehr.\nDer n\u00e4chste Grund dieser Ausschl\u00e4ge wegen ungleichzeitiger Ber\u00fchrung ist sonach klar. Jede Ber\u00fchrungsstelle ist der Sitz einer elektromotorischen Kraft in der Richtung von dem Bausch in die Haut hinein. Allein die Ber\u00fchrung der Salzl\u00f6sung beeintr\u00e4chtigt zugleich die Ursache dieser elektrischen Triebkraft. Daher bei ungleichzeitigcr Ber\u00fchrung der Strom im Sinne der Triebkraft an der j\u00fcngsten Ber\u00fchrungsstelle, der so lange anh\u00e4lt, bis der Unterschied der Triebkr\u00e4fte an beiden Stellen unmerklich geworden ist.\nHier k\u00f6nnten wir, genau genommen, die Untersuchung der Hautungleichartigkeiten auf sich beruhen lassen. Wir wissen genug davon, um nunmehr unsere Forschungen \u00fcber den Muskelstrom ungest\u00f6rt durch dieselben fortsetzen zu k\u00f6nnen. Indessen wollen wir diese Anwendung der gewonnenen Einsicht noch etwas aufschieben und","page":11},{"file":"p0012.txt","language":"de","ocr_de":"12 o. Abschn, Kap. VIII. \u00a7. I. 3. Von den Ungleichartigkeiten\nwenigstens den Versuch machen, der entfernteren Ursache der in Rede stehenden Erscheinungen etwas n\u00e4her zu r\u00fccken.\nAlle Punkte der \u00e4ufseren Oberfl\u00e4che der Froschhaut, gleichviel z. B. ob dem R\u00fccken oder dem Bauch angeh\u00f6rig, verhalten sich in gleicher Weise. Hingegen die innere Fl\u00e4che der Haut zeigt edie Str\u00f6me wegen ungleichzeitiger Ber\u00fchrung nicht. Nur eine leise Spur davon nahm ich wahr, und zwar diese in umgekehrter Richtung von der der Str\u00f6me an der \u00e4ufseren Oberfl\u00e4che, n\u00e4mlich von dem zuerst ber\u00fchrten Punkte durch die Haut zum zuletzt ber\u00fchrten. Von der \u00e4ufseren Oberfl\u00e4che derselben Hautst\u00fccke, welche diese Erfolge gaben, erhielt ich beil\u00e4ufig sp\u00e4ter noch die heftigsten Wirkungen bei ungleichzeitiger Ber\u00fchrung, zum Zeichen, dafs die Unwirksamkeit der inneren Fl\u00e4che auf keiner T\u00e4uschung beruhte.\nBreitet man ein St\u00fcck Haut auf der Glastafel dergestalt aus, dafs die eine H\u00e4lfte gegen die andere verdreht ist, also die eine H\u00e4lfte innere, die andere \u00e4ufsere Hautoberfl\u00e4che zu Tage kehrt, und ber\u00fchrt man beide H\u00e4lften mit den B\u00e4uschen entweder gleichzeitig, oder so, dafs man den Bausch f\u00fcr die \u00e4ufsere Oberfl\u00e4che oder den \u00e4ufseren Bausch zuletzt auflegt, so erh\u00e4lt man einen ungemein heftigen Ausschlag stets in der Richtung von der \u00e4ufseren Ber\u00fchrungsstelle durch die Haut zur inneren Ber\u00fchrungsstelle. Der Strom verschwindet all-m\u00e4lig, obwohl er l\u00e4nger wahrnehmbar bleibt, als der zwischen zwei Stellen der \u00e4ufseren Oberfl\u00e4che. Dieser n\u00e4mlich mufs erw\u00e4hntermafsen bereits verschwinden, wenn der Unterschied der Triebkr\u00e4fte an beiden Stellen klein genug geworden ist, um am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom keinen merklichen Strom zu erzeugen; in dem gegenw\u00e4rtigen Fall dagegen, wo auf der einen Seite keine Triebkraft vorhanden ist, mufs der Strom so lange sichtbar bleiben, bis die einzelne Triebkraft so klein geworden ist, wie dort der Unterschied der beiden Kr\u00e4fte. Legt man den \u00e4ufseren Bausch zuerst auf, so erh\u00e4lt man gleichfalls einen Ausschlag in der vorgedachten Richtung, der aber um so schw\u00e4cher ist, je l\u00e4nger der Bausch bereits auflag. Hat man die \u00e4ufsere Hautfl\u00e4che vor der Ber\u00fchrung mit Kochsalzl\u00f6sung bepinselt, so erfolgt kein Ausschlag mehr. R\u00fcckt man den \u00e4ufseren Bausch von der Stelle, so zeigen sich heftige Ausschl\u00e4ge immer in der n\u00e4mlichen Richtung. R\u00fcckt man dagegen den inneren Bausch, so sind die Ausschl\u00e4ge unvergleichlich kleiner und haben die verkehrte Richtung, d. h. aus der Haut in den Bausch hinein.\nVersieht man die H\u00fclfsb\u00e4usche an den Stellen, mit denen sie die Froschhaut ber\u00fchren, noch mit anderen H\u00fclfsb\u00e4uschen von etwa 10mm Seite und 3mm Dicke, so hat man die Leichtigkeit, das elektromotorische","page":12},{"file":"p0013.txt","language":"de","ocr_de":"der Hautoberfl\u00e4che des Frosches.\n13\nVerhalten der Haut bei Ber\u00fchrung auch noch anderer Fl\u00fcssigkeiten als der Kochsalzl\u00f6sung zu pr\u00fcfen. Man braucht alsdann nur jene H\u00fclfs-b\u00e4usche zweiter Ordnung mit der betreffenden Fl\u00fcssigkeit zu tr\u00e4nken, und l\u00e4uft nicht mehr Gefahr, dabei die Zuleitungsb\u00e4usche selber zu verunreinigen. Diese Untersuchung mufs geeignet sein, uns in Betreff der entfernteren Ursache der in Rede stehenden Str\u00f6me, der Quelle n\u00e4mlich jener elektrischen Triebkraft aus dem Bausch in die Haut hinein, einige Fingerzeige zu verschaffen. Die erste Fl\u00fcssigkeit, die ich dergestalt versuchte, war Brunnenwasser.\nEs schien klar, dafs sich bei Anwendung desselben die Wirkungen wegen ungleichzeitiger Ber\u00fchrung nicht w\u00fcrden zeigen k\u00f6nnen, da ja die Froschhaut immer schon dauernd mit Wasser in Ber\u00fchrung gewesen ist. Diese Vermuthung wurde durch den Versuch best\u00e4tigt. Zwar blieb die Nadel, beim Schliefsen zweier irgendwelcher Stellen der Froschhaut zum Kreise, fast nie in Ruhe; stets erfolgten gr\u00f6fsere oder geringere Ausschl\u00e4ge. Allein diese Str\u00f6me unterschieden sich von den mit den Salzb\u00e4uschen erhaltenen dadurch, dafs ihre Richtung unabh\u00e4ngig war von der Ordnung, in der die B\u00e4usche aufgelegt wurden, und dafs sie auch bei noch so langer Schliefsung nicht merklich an St\u00e4rke verloren.\nNichtsdestoweniger schienen sie, mit den Str\u00f6men wegen ungleichzeitiger Ber\u00fchrung der Salzb\u00e4usche, einerlei Ursprungs zu sein. Stellt man n\u00e4mlich den oben beschriebenen Versuch an der inneren und \u00e4ufse-ren Hautoberfl\u00e4che mit Wasser- statt mit Salzb\u00e4uschen an, s\u00f6 erh\u00e4lt man, gleichviel in welcher Ordnung man die B\u00e4usche auflege, stets einen heftigen Ausschlag im n\u00e4mlichen Sinne als mit den Salzb\u00e4uschen, d. i. von der \u00e4ufseren Ber\u00fchrungsstelle durch die Haut zur inneren Ber\u00fchrungsstelle. Nach dem Ausschlage kommt aber die Nadel nicht, wie hei Anwendung der Salzb\u00e4usche, auf Null, sondern diesmal ist die Wirkung best\u00e4ndiger Art. Hat man aber vorher die \u00e4ufsere Hautfl\u00e4che mit Kochsalzl\u00f6sung bepinselt und hernach wieder mit Wasser abgesp\u00fclt, so findet man auch mit den Wasserb\u00e4uschen keinen merklichen Strom mehr nach der inneren Hautfl\u00e4che hin. Die Ber\u00fchrungsstelle des Wasserhausches mit der \u00e4ufseren Hautfl\u00e4che ist also gleich der des Salzbausches der Sitz einer Triebkraft in die Haut hinein; allein das Wasser vernichtet nicht, gleich der Salzl\u00f6sung, die Quelle dieser Kraft; daher der best\u00e4ndige Strom, der gleichwohl vermifst wird, wenn man seine Quelle vorher mit Kochsalzl\u00f6sung zerst\u00f6rt hat. So vernichtet auch die Kochsalzl\u00f6sung die best\u00e4ndige Wirksamkeit verschiedener Punkte der \u00e4ufseren Hautfl\u00e4che untereinander bei der nach-herigen Ber\u00fchrung mit Wasserb\u00e4uschen. Ber\u00fchrt man aber mit dem","page":13},{"file":"p0014.txt","language":"de","ocr_de":"14\t3. AbscTin. Kap. VIII. \u00a7. 1. 3. Von den Ungleichartiglc eiten\neinen Wasserbausch eine mit Kochsalzl\u00f6sung unwirksam gemachte Hautstelle, mit dem anderen eine frische Stelle, so erfolgt eine best\u00e4ndige Wirkung nicht anders als wenn statt der k\u00fcnstlich unwirksam gemachten Stelle die innere Hautfl\u00e4che ber\u00fchrt worden w\u00e4re. Man pr\u00fcfe mittelst der Wasserb\u00e4usche das Verhalten zweier Stellen der \u00e4ufseren Hautfl\u00e4che gegeneinander. Wir wollen diejenige die positive nennen, an welcher der Strom aus dem Bausch in die Haut geht. Legt man dann den einen Bausch dauernd einer unwirksam gemachten Stelle der \u00e4ufseren Hautfl\u00e4che oder der von Natur unwirksamen inneren Hautfl\u00e4che an, und den anderen Bausch abwechselnd einer von jenen beiden Stellen, so erh\u00e4lt man einen Ausschlag nach der unwirksamen Ber\u00fchrungsstelle hin, jedesmal d\u00e4fs man den Bausch von der negativen nach der positiven, einen Ausschlag in entgegengesetztem Sinne, jedesmal dafs man den Bausch von der positiven nach der negativen Stelle \u00fcbertr\u00e4gt. Die positive Hautstelle ist also in Verbindung mit der von Natur unwirksamen oder k\u00fcnstlich unwirksam gemachten die wirksamere. Umgekehrt, hat man zuerst das Verhalten zweier wirksamen gegen eine k\u00fcnstlich oder nat\u00fcrlich unwirksame Hautstelle beobachtet, so kann man sicher sein, beim Pr\u00fcfen jener beiden untereinander die wirksamere positiv gegen die andere zu finden.\nEs scheint demnach angemessen, sich zu denken, dafs die best\u00e4ndigen Wirkungen, die man zwischen verschiedenen Stellen der \u00e4ufseren Hautfl\u00e4che mittelst der Wasserb\u00e4usche beobachtet, nichts anderes sind, als der Ausdruck des Unterschiedes der Triebkr\u00e4fte, die an beiden Stellen best\u00e4ndig im Sinne aus dem Bausch in die Haut hinein wirken. Indem wir jetzt dazu \u00fcbergehen, eine Gesetzm\u00e4fsigkeit in der Richtung und St\u00e4rke der best\u00e4ndigen Str\u00f6me zu entdecken, die man zwischen verschiedenen Stellen der \u00e4ufseren Hautfl\u00e4che wahrnimmt, untersuchen wir daher eigentlich die verschiedene Gr\u00f6fse der Triebkr\u00e4fte, welche diese Stellen, heim Schliefsen zum Kreise mittelst der B\u00e4usche, in der Richtung aus dem Bausch in die Haut hinein, entwickeln.\nZuerst versuchte ich, ob zwischen der gr\u00fcnen und weifsen Gegend der \u00e4ufseren Hautfl\u00e4che, deren Gegensatz sich ja bereits im Eierstock vorgebildet findet, eine best\u00e4ndige Str\u00f6mungsrichtung sich kundgeben w\u00fcrde. Ich schnitt halb gr\u00fcne, halb weifse Hautringe quer um den Leib des Frosches aus, schnitt sie an der Begrenzung der beiden Farben auf, breitete sie auf der Glastafel aus und untersuchte sie mittelst der Wasserb\u00e4usche. Ich erhielt aber keine ganz sichere Ergebnisse. Der Strom ging bald in der Haut vom Weifs zum Gr\u00fcn, bald vom Gr\u00fcn zum Weifs. Merkw\u00fcrdigerweise aber schwankte die Str\u00f6mungsrichtung dergestalt weniger von einem Thier einer gleichzeitig","page":14},{"file":"p0015.txt","language":"de","ocr_de":"der Hautoberfl\u00e4che des Frosches.\n15\neingefangenen Froschsippschaft zum anderen, als von einer ganzen solchen Sippschaft zur anderen. Bei warmer Sommerwitterung gefangene Fr\u00f6sche zeigten die Richtung vom Weifs zum Gr\u00fcn; bei kalter Witterung in Haft gewesene, oder nach der ersten Ilerbstk\u00e4lte an einem warmen Septembertage frischgefangene die Richtung vom Gr\u00fcn zum Weifs, wenn auch nicht unbedingt best\u00e4ndig, doch \u00fcberwiegend oft. Es schien demnach, als wenn nicht individuelle Unterschiede, sondern mehr \u00e4ufsere Einfl\u00fcsse allgemeiner Art, zun\u00e4chst die Temperatur, jene Schwankungen bedingten. Doch will ich dar\u00fcber keine bestimmte Meinung ge\u00e4ufsert haben. Noch unregelm\u00e4fsiger stellten sich die Erscheinungen an Hautst\u00fccken heraus, die rings um die Oberschenkel oder die Unterschenkel ausgeschnitten waren. Namentlich am Unterschenkel gab sich, selbst an den Fr\u00f6schen, die best\u00e4ndig den Strom vom Bauch zum R\u00fccken darboten, keine Spur eines Gesetzes zu erkennen.\nDer Untersuchung, ob an der Froschhaut der L\u00e4nge nach elektromotorische Unterschiede in best\u00e4ndiger Anordnung vorhanden seien, mufste diejenige vorangehen, ob sich symmetrische K\u00f6rperstellen untereinander gleichartig verhalten. Dies ist nicht der Fall. Sondern als ich Wasserb\u00e4usche an symmetrische Stellen des R\u00fcckens, der Oberund Unterschenkel anlegte, fand ich Str\u00f6me vor, die zwar in jedem einzelnen Falle eine wohlausgepr\u00e4gte Richtung und best\u00e4ndige Gr\u00f6fse zeigten, jedoch beim Vergleich verschiedener Thiere, wie es auch nicht anders sein konnte, keine Gesetzm\u00e4fsigkeit blicken liefsen.\nDie Untersuchung der Froschhaut ihrer L\u00e4nge nach mufste somit so geschehen, dafs sie stets ihrer ganzen Breite nach mit den B\u00e4uschen ber\u00fchrt wurde. Ich schnitt den Fr\u00f6schen die ganze gr\u00fcne Hautgegend vom Nacken bis zu den Fufsgelenken aus, breitete sie auf der Glastafel aus, und legte ihr, dem Obigen gem\u00e4fs, Wasserb\u00e4usche von 30\"\"\" L\u00e4nge der ganzen Breite des Hautst\u00fcckes nach an. Wo ich auch die B\u00e4usche anbringen mochte, stets erhielt ich lebhafte Str\u00f6me, bald in der einen, bald in der anderen Richtung. Um das Gesetz dieser Str\u00f6me, wenn ein solches vorhanden sei, aufzudecken, verfuhr ich so, dafs ich zuerst einen Bausch am Nacken, den anderen am R\u00fccken anbrachte; sodann den Nackenbausch am Kreuz; nun den R\u00fcckenbausch an den Oberschenkeln; endlich den Kreuzbausch an den Unterschenkeln, und zuletzt wurden noch Unterschenkel und Nacken mit einander verbunden. Es zeigte sich nun im Allgemeinen, dafs die Str\u00f6me von der Gegend des Kreuzes nach aufw\u00e4rts und von ebenda nach abw\u00e4rts gerichtet waren. Manchmal war der R\u00fccken der positivste Punkt, wie es denn auch sonst an mancherlei Unregelm\u00e4fsig-keiten nicht fehlte. Durchaus best\u00e4ndig aber war die ansteigende","page":15},{"file":"p0016.txt","language":"de","ocr_de":"16\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 1. 2. Von den UngleichartigJceiten\nRichtung zwischen Nacken und R\u00fccken, wie auch die absteigende zwischen Nacken und Unterschenkeln. Diese letztere schien darauf zu deuten, dafs die gleiche oder gr\u00f6fsere St\u00e4rke der aufsteigenden Str\u00f6me, die man zwischen Kreuz und Nacken wahrnimmt, im Verh\u00e4ltnifs zu der St\u00e4rke der absteigenden Str\u00f6me zwischen Kreuz und Unterschenkeln, auf geringerem Widerstande bei kleinerer elektromotorischer Kraft beruht; denn hei gleicher oder gr\u00f6fserer elektromotorischer Kraft h\u00e4tte die Str\u00f6mung zwischen Nacken und Unterschenkeln beziehlich Null oder aufsteigend sein m\u00fcssen.\nWeiter habe ich diese Untersuchung im Einzelnen nicht gef\u00fchrt, deren Interesse mit der Erkenntnifs der allgemeinen hier obwaltenden Verh\u00e4ltnisse nachgerade ersch\u00f6pft war. Ich fuhr nun darin fort, die Erscheinungsweise der Hautstr\u00f6me bei Anwendung verschiedener Fl\u00fcssigkeiten statt der Kochsalzl\u00f6sung zu erforschen. Zuerst nahm ich die ges\u00e4ttigten L\u00f6sungen von Chlorammonium, Jodkalium, Alaun, schwefel-saurem Kupferoxyd; dann verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure und k\u00e4ufliche Salpeters\u00e4ure; endlich eine sehr concentrirte Kalihydratl\u00f6sung und Ammoniakfl\u00fcssigkeit.\nDas Ergebnifs war, dafs diese Fl\u00fcssigkeiten s\u00e4mmtlich eben solche Str\u00f6me wegen ungleichzeitiger Ber\u00fchrung gaben, wie die Kochsalzl\u00f6sung, und zwar s\u00e4mmtlich in derselben Richtung. Mit den Salzl\u00f6sungen hatten die Str\u00f6me auch nahezu dieselbe St\u00e4rke, mit den Alkalien kamen sie mir schw\u00e4cher, mit den S\u00e4uren st\u00e4rker vor. Die elektrische Triebkraft in den Ber\u00fchrungsstellen hat also in allen diesen F\u00e4llen einerlei Richtung, gleichviel ob die Fl\u00fcssigkeit, mit der der Bausch getr\u00e4nkt ist, eine stark elektropositive oder -negative Eigenschaft besitzt. Die Schl\u00fcsse, die sich hieraus in Betreff des eigentlichen Sitzes jener Triebkraft zu ergeben scheinen, wollen wir bis zu einer sp\u00e4teren Stelle versparen und zuerst den Thatbestand noch weiter aufnehmen.\nDie Str\u00f6me wegen ungleichzeitiger Ber\u00fchrung der Haut mit den Salzb\u00e4uschen scheinen den nackten Amphibien \u00fcberhaupt eigen zu sein. Wenigstens fand ich sie bei allen vor, deren ich zur Zeit des Ab-schliefsens \u00fcber diesen Punkt habhaft werden konnte; aufser beim Wasserfrosch (R. esculenta) n\u00e4mlich noch beim Grasfrosch (R. tem-poraria), dem Laubfrosch (Hyla arborea), der Feuerkr\u00f6te (Bombinator igneus), der gemeinen Kr\u00f6te (Bufo cinereus), und dem Erdmolch (Sa-lamandra maculata). Letzteren verdankte ich der G\u00fcte des Herrn C. Eckhard in Giessen. Am st\u00e4rksten waren die Str\u00f6me bei der Kr\u00f6te. Hingegen vermifste ich sie vollst\u00e4ndig bei den Fischen, wo ich sie bisher suchte, dem Aal (Muraena anguilla), dem Schley","page":16},{"file":"p0017.txt","language":"de","ocr_de":"der Hautoberfl\u00e4che des Frosches.\tJ7\n(Cyp.rinus Tinea), dem Hecht (Esox lucius), und dem Barsch (Perca fluviatilis).\nDies macht wahrscheinlich, dafs die elektromotorische Wirksamkeit der Haut in Verbindung stehe mit der den nackten Amphibien eigenth\u00fcmlichen Hautabsonderung, welche ja bei der Kr\u00f6te gleichfalls besonders ausgebildet ist. Legt man der \u00e4ufseren Hautfl\u00e4che des Frosches oder der Kr\u00f6te ein St\u00fcck rothes Lackmuspapier an, so findet man es nach einiger Zeit gebl\u00e4ut vor.1 Legt man aber auf eine harte Unterlage ein St\u00fcck Froschhaut, gleichviel von welcher Stelle, auch z. B. vom Bauch, mit der Aufsenfl\u00e4che nach oben, dar\u00fcber ein St\u00fcck blaues Lackmuspapier, endlich ein St\u00fcck starkes Spiegelglas, und prefst das Ganze heftig zusammen, so sieht man durch das Glas auf dem Lackmuspapier einzelne rothe Flecke entstehen, augenscheinlich von dem aus den Hautdr\u00fcsen ausgeprefsten Milchsaft herr\u00fchrend. Dieser Saft reagirt also sauer. Bei der Kr\u00f6te und dem Salamander bedarf es, um dasselbe wahrzunehmen, gar nicht erst dieses Kunstgriffes. Hier quillt der Milchsaft sogleich in hinreichender Menge, um die Untersuchung anzustellen, aus jedem Einschnitt in die Ohrdr\u00fcse hervor.\u2019\nZwischen der oben mit H\u00fclfe der Wasserb\u00e4usche bestimmten vergleichweisen Wirksamkeit verschiedener Stellen der Froschhaut und der Vertheilung des Dr\u00fcsenreichthums in der Haut l\u00e4fst sich zwar keine Beziehung erkennen. Walzt man aber ein St\u00fcck Froschhaut zwischen L\u00f6schpapier unter heftigem Druck aus, so dafs man die Hautdr\u00fcsenb\u00e4lge m\u00f6glichst von ihrem Inhalt entleert, so zeigt das Hautst\u00fcck bei der ungleichzeitigen Ber\u00fchrung mit den Salzb\u00e4uschen die Str\u00f6me nur\n1 Die innere Seite reagirt nat\u00fcrlich gleichfalls und zwar noch deutlicher alkalisch von der sie benetzenden Lymphe.\na Leroux hat bereits angegeben, dafs das Kr\u00f6tengift sauer sei. (Journal de M\u00e9decine, t. XL. (1817?) p. 75. [In Tieoemann\u2019s Physiologie des Menschen. Bd. I. Darmstadt 1830. S. 440\u2019]). \u2014 Ich weifs daher wirklich nicht, was ich zu John Davy\u2019s Behauptung sagen soll, der im September 1825 auf Corfu von dem Milchs\u00e4fte der Kr\u00f6te ausdr\u00fccklich schrieb: \u00bbIt is neither acid nor alkaline, judging from its not changing the colour of litmus and turmeric paper.* Philosophical Transactions etc. For the Year 1826. P. II. p. 127.* \u2014 Ich ergreife diese Gelegenheit, diejenigen, die sich mit Froschversuchen abgeben, vor den Wirkungen der in Rede stehenden Absonderung auf das Auge zu warnen. Es ist mir im Laufe meiner Untersuchungen dreimal begegnet, dafs mir, beim Durchschneiden einer dr\u00fcsenreichen Hautgegend mit der Scheere, ein Tr\u00f6pfchen jener Fl\u00fcssigkeit in\u2019s Auge spritzte. Es entstanden sofort alle Zeichen einer lebhaften Entz\u00fcndung der Bindehaut, und erst nach mehreren Stunden endete der Zufall mit der Abstofsung einer zusammenh\u00e4ngenden Schicht Epithelium. Es ist demnach rathsam, bei jedem Schnitt oder Stich durch die Froschhaut die Augen zu schliefsen oder das Gesicht abgewendet zu halten.\nII. 2.\n2","page":17},{"file":"p0018.txt","language":"de","ocr_de":"18\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 /. 3. Von den Ungleichartig^eiten\nnoch spurweise. Schabt man ferner die Epitheliumschicht, die Pigmentschicht und die darunter gelegene Schicht der flaschenf\u00f6rmigen Dr\u00fcsenb\u00e4lge bis auf das Derma fort,1 so sind die Str\u00f6me ebenfalls verschwunden.\nDiese Versuche scheinen der Ansicht, als finde eine Beziehung statt zwischen der elektromotorischen Wirksamkeit der Froschhaut und ihrer eigenth\u00fcmlichen Absonderung, einigermafsen das Wort zu reden. Und es k\u00f6nnte scheinen, als wenn durch die Entdeckung der alkalischen Reaction der Hautoberfl\u00e4che und der sauren Natur des Dr\u00fcseninhalts zur Erkl\u00e4rung jener Wirksamkeit vollends eine bequeme Handhabe geboten sei. Sucht man indessen die Erscheinungen genauer zu zergliedern, so sieht man bald, dafs hier noch ein v\u00f6lliges Dunkel herrscht, welches zu erhellen uns auch nicht gelingen wird.\nZun\u00e4chst ist nun zu ber\u00fccksichtigen das Ergebnifs der Versuche, in welchen die Ber\u00fchrungsstellen der B\u00e4usche, statt mit Kochsalzl\u00f6sung, mit S\u00e4uren und mit Alkalien getr\u00e4nkt waren. Aus diesen Versuchen scheint n\u00e4mlich unabweisbar zu folgen, dafs der Sitz der Triebkraft nicht die Oberfl\u00e4che der Froschhaut und ihre Ursache nicht die Ber\u00fchrung mit den die B\u00e4usche tr\u00e4nkenden Fl\u00fcssigkeiten sei. Denn w\u00e4re dies der Fall, so k\u00f6nnten nicht die Str\u00f6me bei Anwendung der S\u00e4uren und Alkalien einerlei Richtung haben. Es m\u00fcfste denn die Hautoberfl\u00e4che noch elektronegativer sein, als die S\u00e4uren, oder noch elektro-positiver als die Alkalien, was beides nicht ist; und es m\u00fcfste der Unterschied der Triebkr\u00e4fte bei Anwendung der S\u00e4uren und der Alkalien viel gr\u00f6fser sein, als er wirklich ist. Man ist also gezwungen, den Sitz der Triebkraft nicht an der Grenze der Fl\u00fcssigkeiten und der Haut, sondern in der Haut selber zu suchen. Die Fl\u00fcssigkeiten dienen, abgesehen davon, dafs sie den Kreis bilden helfen, blos dazu, der Triebkraft an der j\u00fcngeren Ber\u00fchrungsstelle die Oberhand und somit die M\u00f6glichkeit zur Erzeugung eines Stromes dadurch zu verschaffen, dafs sie durch ihre verderbliche Wirkung die Kraft an der \u00e4lteren Stelle zuerst schw\u00e4chen, endlich vernichten. Es ist keine Frage, dafs sie die Haut lebhaft angreifen; man erkennt dies deutlich an den mannigfachen Verf\u00e4rbungen in\u2019s Graue und Braune, denen die Haut an den Ber\u00fchrungsstellen all-m\u00e4lig unterliegt.\nNach unserem obigen Versuch, wo nach dem Abschaben der \u00e4ufsc-ren Hautlamelle Czermak\u2019s sich die innere zur Erzeugung der Str\u00f6me unf\u00e4hig bewies, mufs also jene der Sitz der Triebkraft sein. Aber\n* Ich setze hier den Bau der Froschhaut als bekannt voraus, wie er von Ascherson (Joh. M\u00fclier\u2019s Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie u. s. w. Jahrgang 1840. S. 15*) und von J. N. Czermak (Ebendas. Jahrgang 1849. S. 252*) beschrieben worden ist.","page":18},{"file":"p0019.txt","language":"de","ocr_de":"der Hautoberfl\u00e4che des Frosches.\n19\nweiter als bis zu diesem Schlufs bin ich nicht vorgedrungen. Ich vermag, auch mit H\u00fclfe der Kenntnifs der alkalischen Natur der Hautoberfl\u00e4che und der sauren Beschaffenheit des Dr\u00fcseninhalts, mir keine irgend l\u00e4fsliche Vorstellung zurechtzulegen \u00fcber den Ursprung jener Triebkraft und ihre schnelle Verg\u00e4nglichkeit unter dem Einflufs der Salzl\u00f6sungen, der S\u00e4uren und Alkalien.1 Was aber die Schwierigkeit, eine solche Vorstellung zu ersinnen, auf das H\u00f6chste treibt, ist die verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig ganz ungemeine Gr\u00f6fse, die man der fraglichen Triebkraft zuzuschreiben gen\u00f6thigt ist, wie aus folgenden Versuchen hervorgeht. Benetzt man einen dicken H\u00fclfs- oder Zwischenbausch zur einen H\u00e4lfte mit verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure, zur anderen mit verd\u00fcnnter Kalihydratl\u00f6sung, und ber\u00fchrt man die ungleichartigen H\u00e4lften des Bausches mit den Salzb\u00e4uschen, so erh\u00e4lt man, wegen der Kochsalzl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit, einen Strom in der Richtung von der S\u00e4ure zum Alkali in der Fl\u00fcssigkeit.\u2019 Der Ausschlag, den dieser Strom erzeugt, ist aber bei weitem nicht so stark, als der bei ungleichzeitiger Ber\u00fchrung der Froschhaut mit den Salzb\u00e4uschen in den meisten F\u00e4llen. Ja erst bei Anwendung der unverd\u00fcnnten k\u00e4uflichen Salpeters\u00e4ure und einer h\u00f6chst concentrirten Kalihydratl\u00f6sung schl\u00e4gt die Nadel an die Hemmung. Anschl\u00e4gen an die Hemmung findet aber fast regelm\u00e4fsig statt beim Anlegen sogar von Wasserb\u00e4uschen an zwei Hautstcllen, von denen die eine wirksam, die andere entweder k\u00fcnstlich unwirksam gemacht ist oder der inneren Hautfl\u00e4che angeh\u00f6rt. Nun ist es keine Frage, dafs der mit den ungleichartigen Fl\u00fcssigkeiten benetzte Bausch eine unvergleichlich gr\u00f6fsere Leitungsf\u00e4higkeit besessen habe, als die Froschhaut vollends mit den Wasserb\u00e4uschen. Die Froschhaut leitet gerade so schlecht, als es sich bei der Natur der sie durchdringenden thierischen Fl\u00fcssigkeiten erwarten l\u00e4fst. Ich nahm einst, zu einem andern Zwecke, ein St\u00fcck Schweinsblase, weichte es in Il\u00fchnereiweifs auf und schnitt daraus und aus Froschhaut zwei Streifen von gleicher L\u00e4nge und Breite. Die Streifen legte ich auf eine Glasplatte und liefs abwechselnd die Enden des einen und des anderen in zwei Gef\u00e4fse mit ges\u00e4ttigter schwefelsaurer Kupferoxydl\u00f6sung tauchen, in denen die Kupferelektroden einer GitovE\u2019schen Kette enthalten waren. In den Kreis schaltete ich die halbe L\u00e4nge des Museumsmultiplicators ein (S. oben Bd. I. S. 202), dessen Empfindlich-\n1 Fast wird man verleitet, sich hier jener vielbesprochenen Hypothese Thomas Young\u2019s zu erinnern, der sich dachte, dafs die Absonderungen unter dem Einflufs elektrischer Str\u00f6me ihre saure oder alkalische Beschaffenheit erhalten. (S. oben Bd. I. S. 26. 109. 487.)\n* Vergl. Fechner in PoggendorFf\u2019s Annalen u, s. w. 1839. Bd. XLVIII. S. 235.*\n2\u201d","page":19},{"file":"p0020.txt","language":"de","ocr_de":"20\t5. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 I. 3. Von den Ungleichartigleiten\nkeit mit H\u00fclfe eines MELLONi\u2019schen Berichtigungsstabes geh\u00f6rig herabgestimmt war. Der Widerstand des Streifens Blase und der des Streifens Froschhaut wurden fast genau gleich gefunden. Mit der Blase stellte sich die Nadel auf 19\u00b0.5, mit der Haut auf 19\u00b0.7 ein. Der Strom war v\u00f6llig best\u00e4ndig, und ich \u00fcberzeugte mich, indem ich mit H\u00fclfe einer Wippe abwechselnd die Kette und den Multiplicator in den Kreis der Kupferelektroden brachte, dafs, trotz der durch die Gr\u00f6fse des Gesammtwiderstandes bedingten Schw\u00e4che des Stromes, keine Ladungen sich entwickelten (Vergl. oben Abth. I. S. 149). Es folgt, dafs die Triebkraft, welche den fraglichen Str\u00f6men zu Grunde liegt, unvergleichlich gr\u00f6fser sein m\u00fcsse, als die in der Wechselwirkung der Salpeters\u00e4ure und der Kalihydratl\u00f6sung zwischen Kochsalz als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit hervortritt.\nEin Paar anderweitige Bemerkungen, die ich \u00fcber die fraglichen Str\u00f6me gemacht habe, tragen zur Aufkl\u00e4rung der hier obschwebenden Fragen nichts Wesentliches bei. Eine halbe Minute, eine ganze Minute, zwei Minuten lang fortgesetzter Aufenthalt in siedendem Wasser vermindert zwar die St\u00e4rke der Wirkungen, l\u00e4fst sie aber sonst unver\u00e4ndert. F\u00fcnf Minuten langes Kochen macht ihnen v\u00f6llig ein Ende. Bei diesem Versuch mufs man die Haut gegen ein Brettchen binden, weil sie sich sonst einrollt. Haut, die erst an der Luft, dann 48 Stunden \u00fcber Schwefels\u00e4ure getrocknet und dann wieder in Wasser aufgeweicht worden war, zeigte nur noch eine Spur der Wirkungen, aber im richtigen Sinne. Haut von einem faulenden Frosche zeigte keine Spur mehr davon. Hebt man lebende Fr\u00f6sche, deren Hautoberfl\u00e4che durch Benetzung mit Kochsalzl\u00f6sung unwirksam gemacht war, in Wasser auf, so findet man sie nach einiger Zeit wieder wirksam. Fr\u00f6sche, welche lange in der Gefangenschaft gefastet haben, geben ungleich schw\u00e4chere Hautstr\u00f6me, als frisch eingebrachte.\nDie hier in Rede stehenden elektromotorischen Wirkungen der Haut werden wohl im Spiel gewesen sein in den von Pfaff, Johannes M\u00f6ller und mir beobachteten F\u00e4llen, in denen die Zuckung ohne Metalle nur erfolgte, wenn die Stelle des Unterschenkels, gegen die der Nerv umgebeugt wurde, noch mit der Haut bekleidet war (S. oben Bd. I. S. 101. 102. 476). Ob die von Valentin beobachteten Ausschl\u00e4ge beim Anlegen metallischer Multiplicatorenden an verschiedene Punkte der Oberfl\u00e4che des Frosches hieher geh\u00f6ren, l\u00e4fst sich, bei der g\u00e4nzlichen Untauglichkeit seiner Versuchsweisen, nicht mit Bestimmtheit ermitteln (S. oben Bd. I. S. 129 ff.).\nNach dem hier Dargelegten ist\u2019 nun auch das oben Abth. I. S. 202 von den elektromotorischen Wirkungen der Haut Gesagte zu erg\u00e4nzen.","page":20},{"file":"p0021.txt","language":"de","ocr_de":"der Hautoberfl\u00e4che des Frosches-\n21\n4.\tErkl\u00e4rung, mit H\u00fclfe des jetzt erkannten Gesetzes der Hautungleichartigkeiten, des elektromotorischen Verhaltens des lebenden oder todten, \u00e4ufserlich unversehrten Frosches, wie auch\nseiner nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen.\nWir lassen nun die Hautungleichartigkeiten des Frosches auf sich beruhen, mit um so mehrerem Rechte, als es ja \u00fcberhaupt noch fraglich ist, in wie weit die dadurch bedingten Str\u00f6me unter unsere Begriffsbestimmung der physiologischen Elektricit\u00e4t geh\u00f6ren (S. oben Bd. I.\n5.\t4. 132. 133. 146). Wir besch\u00e4ftigen uns nicht mit der Hautabsonderung die nackten Amphibien; das aber, was wir behufs unserer eigentlichen Untersuchung von den Hautstr\u00f6men hier zu wissen brauchten, haben wir l\u00e4ngst in Erfahrung gebracht (S. oben S. 11).\nWir sind zu dem Ergebnifs gelangt, dafs man bei ungleichzeitigem Anlegen der Salzb\u00e4usche an die Hautoberfl\u00e4che des Frosches nirgends bestimmte Str\u00f6raungsrichtungen entdeckt. Die vorgebildeten Unterschiede der Triebkraft in die Haut hinein, die man mittelst der Wasserb\u00e4usche an den verschiedenen Stellen erkennt, verschwinden, bei Anwendung der Salzb\u00e4usche, alsbald gegen den Unterschied, der durch die vernichtende Einwirkung der L\u00f6sung auf das elektromotorische Verm\u00f6gen, zu Gunsten der Triebkraft an der j\u00fcngsten Ber\u00fchrungsstelle, erzeugt wird. Bei genau gleichzeitiger Ber\u00fchrung zwar m\u00fcfste man dieselben vorgebildeten Unterschiede, die die Wasserb\u00e4usche zeigen, auch mit den Salzb\u00e4uschen erkennen; allein so schnell scheint die Wirkung der Kochsalzl\u00f6sung vor sich zu geben, dafs, ehe der vorgebildete Unterschied der Triebkr\u00e4fte an beiden Stellen merklich hat auf die Nadel einwirken k\u00f6nnen, beide Triebkr\u00e4fte, und somit auch ihr Unterschied, zu einem ohnm\u00e4chtigen Bruchtheil ihrer urspr\u00fcnglichen Gr\u00f6fse herahgesunken sind.\nWie kam es nun aber dafs, diesen Thatsachen scheinbar zum Trotz, in unseren obigen Versuchen am lebenden oder todten, \u00e4ufserlich unversehrten Gesammtfrosche, am nicht enth\u00e4uteten GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parate oder Unterschenkel, oder endlich am GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parate des lebenden Frosches; dafs hier in den meisten F\u00e4llen absteigende, in einigen F\u00e4llen kaum merkliche, endlich in noch anderen, seltenen F\u00e4llen aufsteigende Str\u00f6me sich kundgaben? Folgendes ist die einfache L\u00f6sung dieses R\u00e4thsels.\nBei allen diesen Versuchen f\u00fchrt es die bequeme Handhabung der thierischen Theile auf den Zuleitungsgef\u00e4fsen ganz von selber herbei, dafs man die F\u00fcfse zuerst, den oberen Theil des Pr\u00e4parates aber zuletzt mit der Salzl\u00f6sung des entsprechenden Multiplicatorendes in","page":21},{"file":"p0022.txt","language":"de","ocr_de":"22 2. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. 1. 4. Erkl\u00e4rung des elektromotorischen\nBer\u00fchrung bringt. F\u00fcr den Gesammtfrosch, sowohl den lebenden als den todten und f\u00fcr das GALVANi\u2019sche Pr\u00e4parat ist oben Bd. I. S. 464. 466 sogar ausdr\u00fccklich die Vorschrift gegeben worden, zuerst die F\u00fcfse in das eine Zuleitungsgef\u00e4fs zu tauchen, und dann den Kopf oder das Becken r\u00fccklings in\u2019s andere Gef\u00e4fs zu \u00fcberbeugen. Was den Unterschenkel betrifft, so h\u00e4ngt die Haut des Oberschenkels, die man daran lassen soll (S. oben S. 7), bei wagerechter Haltung vom Knie niemals so tief herab, als am unteren Ende die Zehenspitzen reichen, so dafs, bei wagerechtem Herabsenken des Schenkels, die Zehen fr\u00fcher als die Oberschenkelhaut zur Ber\u00fchrung der Kochsalzl\u00f6sung kommen. Endlich bei der Untersuchung des GALVAm\u2019schen Pr\u00e4parates mittelst des Sattelbausches ist es weit bequemer, zuerst die F\u00fcfse durch Neigung des Rahmens nach hinten in das entsprechende Zuleitungsgef\u00e4fs zu tauchen, und dann erst dem Frosch den Sattelbausch aufzulegen, als die entgegengesetzte Ordnung zu befolgen. Daher in allen diesen F\u00e4llen die vorwiegend absteigenden Wirkungen. Aufsteigende Ausschl\u00e4ge wurden nur dann erhalten, wenn einmal zuf\u00e4llig das obere Ende des thierischen Theiles vor dem unteren eingetaucht wurde. Doppelsinnig aber fielen die Wirkungen dann aus, wenn, nachdem bereits durch ungleichzeitiges Eintauchen Schlufs der Kette erfolgt war, das erst benetzte Ende pl\u00f6tzlich durch tieferes Eintauchen in weiterer Ausdehnung benetzt wurde und dadurch die Rolle des letzteingetauchten \u00fcberkam. Endlich in den F\u00e4llen, wo die nicht enth\u00e4uteten thierischen Theile sich beim ersten Schliefsen zum Kreise stromlos verhielten, war zuf\u00e4llig das Eintauchen beider Enden nahe gleichzeitig geschehen; aber entweder war das obere Ende etwas sp\u00e4ter eingetaucht worden als das untere, oder es entstand trotz dem gleichzeitigen Eintauchen beider Enden oder gar dem sp\u00e4teren Eintauchen des unteren Endes, wegen vorgebildeter Unterschiede der Triebkr\u00e4fte an beiden Enden, eine Wirkung in absteigendem Sinne; diese Wirkung und der unter der Haut in aufsteigendem Sinne schwach th\u00e4tige Muskelstrom hoben einander an der Multiplicatornadel auf.\nDafs diese Erkl\u00e4rung der Erscheinungen wirklich die richtige sei, geht zweifellos daraus hervor, dafs man nunmehr, mit den aus dem Obigen sich ergebenden Regeln, in Stand gesetzt ist, die vermeintliche Gesetzlosigkeit der Erscheinungen zu beherrschen und diese nach Willk\u00fcr hervorzurufen. Man kann also z. B. ein nicht enth\u00e4utetes Gal-VANi\u2019sches Pr\u00e4parat nach Belieben aufsteigend oder absteigend wirken lassen, je nachdem man das Becken oder die F\u00fcfse zuerst eintaucht, oder es nahezu unwirksam erscheinen lassen, indem man das Becken nur einen Augenblick nach den F\u00fcfsen in das entsprechende Zuleitungs-","page":22},{"file":"p0023.txt","language":"de","ocr_de":"Verhallens des nicht enth\u00e4uteten Frosches und seiner Gliedmafsen. 23\nGef\u00e4fs versenkt. Taucht man einen nicht enth\u00e4uteten Frosch mit Leiden Beinen rittlings in die Zuleitungsgef\u00e4fse ein, so ist stets der Strom aufsteigend in dem zuletzt eingetauchten Beine. Taucht man das andere tiefer ein, so erscheint er aufsteigend in diesem. Taucht man beide Beine gleichzeitig ein, so ist der Strom Null u. s. f.\nNichts ist jetzt leichter, als nun sofort, ohne jede Tr\u00fcbung durch die Hautungleichartigkeiten, den Muskelstrom am nicht enth\u00e4uteten Thier, gleichviel ob lebend oder todt, und gleichviel ob ganz oder zerst\u00fcckt, in der Weise hervortreten zu lassen, wie es uns oben S. 8. 9 immer erst nach mehrfachem Tasten, und ohne zu wissen wie, gelang. Dazu ist nur noting, die Stellen der Hautoberfl\u00e4che des Frosches, von denen man den Muskelstrom ableiten will, zuvor mit Kochsalzl\u00f6sung zu bepinseln. Dadurch vernichtet man, wie uns jetzt bekannt ist, das elektromotorische Verm\u00f6gen der Haut, und die Wirkungen , die man. alsdann noch wahrnimmt, sind allein auf Rechnung der unter der unwirksamen Haut wirksamen Muskeln zu bringen. Bei den einzelnen, nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen kann man mit Vortheil auch so zu Werke gehen, dafs man sie auf die Zuleitungsgef\u00e4fse legt, w\u00e4hrend diese noch mit dem Schliefsungsrohr \u00fcberbr\u00fcckt sind. Der Widerstand des Schliefsungsrohres ist klein genug im Vergleich zu dem des Multiplicatorkreises, um keinem merklichen Bruchtheil der Hautstr\u00f6me den Eintritt in diesen Kreis zu gestatten. Hebt man nach einiger Zeit das Schliefsungsrohr ab, so findet man den Ausschlag im Sinne des Muskelstromes ungetr\u00fcbt vor.\n5. Von der Entwickelung^ des Muskelstromes nach dem\nEnth\u00e4uten.\nWir haben nunmehr, und unstreitig d\u00fcrfen wir dies als ein Ergebnis von der gr\u00f6fsten Bedeutung hervorheben, die Gewifsheit erlangt, dafs der Muskelstrom am lebenden oder todten, \u00e4ufscrlich unversehrten Frosche, wie auch an seinen nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen, wirklich bereits erkennbar sei, nur dafs seine St\u00e4rke eine geringere zu sein scheint, als an den enth\u00e4uteten Pr\u00e4paraten, mit denen wir uns bisher allein besch\u00e4ftigt hatten.1 Jetzt ist es an der Zeit, diesem letzteren\n1 S. bereits meinen \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab in Poggendoref\u2019s Annalen u. s. w. Januar 1843. Bd. LVIII. S. 2. \u00a7.3: \u00bbDas Spannung setzende elektromotorische Moment \u00bbist auch im nicht enth\u00e4uteten Frosch zugegen. Derselbe zeigt den Strom in der \u00bbn\u00e4mlichen Richtung, allein in viel geringerem Grade als der enth\u00e4utete...\u00ab S. 3. \u00a7. 4: \u00bbAuch der lebendige, ganz unversehrte Frosch zeigt den Strom in derselben \u00bbSt\u00e4rke, als der eben get\u00f6dtete nicht enth\u00e4utete, und immer in derselben Richtung.\u00ab","page":23},{"file":"p0024.txt","language":"de","ocr_de":"24\t<?. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. 1. 5. Von der Entnickelung\nUmstande, der gr\u00f6fseren Schw\u00e4che des Muskelstromes n\u00e4mlich bei Gegenwart der Haut, unser Augenmerk zuzuwenden. Es liegt nahe, den Grund dieses Verhaltens darin zu suchen, dafs nach allem Ermessen die Haut in Bezug auf den Multiplicatorkreis f\u00fcr den Muskelstrom eine schw\u00e4chende Nebenschliefsung abgeben mufs. Auch ist es leicht, enth\u00e4utete Gliedmafsen dadurch stromlos erscheinen zu lassen, dafs man sie gleichsam mit einer THEDEN\u2019schen Einwickelung aus einem schmalen, mit verd\u00fcnnter Kochsalzl\u00f6sung u. d. m. getr\u00e4nkten Bande umgiebt. * Doch scheint es, bei fernerer Erw\u00e4gung, und in R\u00fccksicht auf die schlechte Leitungsf\u00e4higkeit der Haut (S. oben S. 19. 20), kaum denkbar, dafs wirklich die Haut im Stande sein sollte, den Muskelstrom in dem Mafse durch Nebenschliefsung zu schw\u00e4chen. Es h\u00e4lt nun in der That nicht schwer, den Beweis zu f\u00fchren, dafs die Gegenwart der Haut das Hervortreten des Stromes noch in anderer Art verhindere, als indem sie eine Nebenschliefsung bildet. Dieser Beweis liegt darin, dafs, wenn man einem Unterschenkel odereinem GalVANi\u2019schen Pr\u00e4parate, nachdem man sie enth\u00e4utet und ihren Strom beobachtet hat, die Haut wieder \u00fcberzieht, der Strom meist sehr viel st\u00e4rker zu bleiben pflegt, als er vor dem Abziehen der Haut war.\nDieser merkw\u00fcrdige Versuch, einer der ersten, welche ich angestellt habe, findet sich gleichfalls bereits in meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab a. a. 0. S. 14. \u00a7. 38. Es wird wohl nicht leicht Einer, beim ersten Anblick, sich vor dem Kreise von Muthmafsungen zu bewahren wissen, in den ich selber damals durch diesen Versuch gelockt und f\u00fcr Jahre festgebannt wurde, bis mich eine sp\u00e4tere Wendung der Untersuchung daraus befreite. Wenn das Abziehen der Haut, das Freilegen der Oberfl\u00e4che der Muskeln den bis dahin nur schwach vorhandenen Strom pl\u00f6tzlich zu steigern im Stande ist; wenn die beiden einzigen Mittel, die wir, abgesehen von dem dunklen Erfolge bei der Zusammendr\u00fcckung (S. oben Abth. I. S. 139), bisher kennen gelernt haben, uin die elektromotorische Kraft der Muskeln zu vergr\u00f6fsern, eben ihr Freilegen und das lange Liegen der nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen an der Luft sind (S. oben S. 9); wenn am lebenden unversehrten Frosche hingegen dies letztere Mittel fehlschl\u00e4gt (S. oben ebendas.): welcher andere Schlufs bleibt scheinbar da \u00fcbrig, als dafs der Strom auf nichts beruht als auf einer oberfl\u00e4chlichen Wechselwirkung des Sauerstoffes der atmosph\u00e4rischen Luft mit den Muskeln, die entweder nur an den noch nicht todtenstarren Muskeln stattfinden kann,\n1 S. meinen \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs \u00ab a, a. 0. S. 14. \u00a7. 38. \u2014 Vergl. oben Bd. I, S. 688. Bd. IL Abth. I. S. 50. 551,","page":24},{"file":"p0025.txt","language":"de","ocr_de":"des Muskelstromes nach dem Enth\u00e4uten.\n25\noder, da man ja blafsgelbe Gesichtsmuskeln sich noch nach L\u00f6sung der Todtenstarre w\u00e4hrend der Zurichtung r\u00f6then sieht, wenigstens nur an noch nicht todtenstarren Muskeln einen elektromotorischen Gegensatz bewirken mag; einen Gegensatz, der im Zustande des unversehrten Lebens fortw\u00e4hrend durch die vegetative Th\u00e4tigkeit im Muskel verwischt und auf einer bestimmten Stufe niedergehalten w\u00fcrde. Dieselbe Annahme m\u00fcfste nat\u00fcrlich auch auf die Nerven ausgedehnt werden.\nBei n\u00e4herer Erw\u00e4gung freilich st\u00f6fst diese Annahme auf grofse Dunkelheiten. Erstlich ist es sehr schwer, sich vorzustellen, dafs durch eine solche Wechselwirkung sollte ein Gegensatz des L\u00e4ngsschnittes und des nat\u00fcrlichen sowohl als k\u00fcnstlichen Querschnittes stattfinden. An die Hypothese, die ich in Bezug hierauf in dem * vorl\u00e4ufigen Abrifs * aufgestellt hatte,1 ist jetzt, bei dem erweiterten Stande unserer Kennt-nifs, begreiflich nicht mehr zu denken. Ferner erinnert man sich, dafs die GiiERiCKE\u2019sche Leere, und die athembaren und nicht athembaren Gasatmosph\u00e4ren den Strom unver\u00e4ndert lassen (S. oben Abth. I. S. 187. 192). Drittens w\u00fcrden doch, bei der fraglichen Annahme, die Bewegungserscheinungen des Muskel- sowohl als des Nervenstromes vollst\u00e4ndig r\u00e4thselhaft bleiben. Legt man endlich ein nicht enth\u00e4utetes, im Oberschenkel abgeschnittenes Froschbein dergestalt auf die B\u00e4usche der Vorrichtung auf, dafs auf der einen Seite der k\u00fcnstliche Querschnitt, auf der anderen etwa das noch mit der Haut \u00fcberzogene Knie ber\u00fchrt, so erh\u00e4lt man einen Strom in der gesetzm\u00e4fsigen Richtung von solcher Heftigkeit, wie ihn das enth\u00e4utete GALVANi\u2019sche Pr\u00e4parat nur zu geben im Stande sein w\u00fcrde. Es m\u00fcfste also jedenfalls der Querschnitt sein, auf den die atmosph\u00e4rische Luft ver\u00e4ndernd einwirkte, um den elektromotorischen Gegensatz zu erzeugen; eine Folgerung von h\u00f6chster Unwahrscheinlichkeit, insofern der nat\u00fcrliche Querschnitt auch am enth\u00e4uteten Pr\u00e4parat ja noch stets durch einen sehnigen Ueberzug vor der Ber\u00fchrung der Luft gesch\u00fctzt ist.\nTrotz diesen und \u00e4hnlichen Gr\u00fcnden, welche gegen die erw\u00e4hnte Vorstellungsweise sprechen, habe ich mich, wie bemerkt, doch lange Zeit nicht von ihr losmachen k\u00f6nnen. Ich wufste jenes vermeintliche Experimenten crucis nicht anders zu erkl\u00e4ren, als auf diese Weise, und ich beugte mich seinem Gewichte grunds\u00e4tzlich um so williger, je mehr, den daraus entnommenen Folgerungen gegen\u00fcber, die Bedeutung der thierisch-elektrischen Str\u00f6me gef\u00e4hrdet schien. Der methodische Fortschritt der Untersuchung aber schien hier zun\u00e4chst abgeschnitten. Denn das Einzige, was vor der Hand zu thuu blieb, war die Unter-\n\u25a0 A. a. 0. S. 22. \u00a7. 58.","page":25},{"file":"p0026.txt","language":"de","ocr_de":"26\t<?. -dbschn, Kap. VIII. \u00a7\u2022 1. 5. Von der Entwickelung\nsuchung, welche Umst\u00e4nde die scheinbare Entwickelung des Stromes nach dem Abziehen der Haut beschleunigen oder verz\u00f6gern. Auf diese Umst\u00e4nde konnte aber deshalb nicht untersucht werden, weil die Entwickelung nach dem Abziehen ja mit reifsender Schnelligkeit, im Verlaufe weniger Secunden, vor sich zu gehen schien, so dafs nicht daran zu denken war, diesen Vorgang zum Gegenstand einer weiteren experimentellen Pr\u00fcfung zu machen.\nIn dieser Rathlosigkeit verharrte ich, bis ein gl\u00fccklicher Zufall von einer ganz anderen Seite der Untersuchung her mir dadurch zu H\u00fclfe kam, dafs er mich lehrte, jenen Entwickelungsvorgang scheinbar nach Willk\u00fcr zu verlangsamen. Das Mittel dazu fand ich in dem Einflufs dauernder Temperaturerniedrigung auf die Muskeln des Frosches. Der folgende Paragraph ist bestimmt, dem Leser diese neue Reihe von Thatsachen aus dem Gebiete der elektrischen Muskelphysik vorzuf\u00fchren, und dabei das R\u00e4thsel zu l\u00f6sen, das uns in diesem Paragraphen von der Natur aufgegeben ist.\n\u00a7. II.\nVon dem Einflufs dauernder Erk\u00e4ltung der Fr\u00f6sche auf den Muskelstrom, dem parelektronomisclien Zustande der Muskeln, der besonderen Anordnung der elektromotorischen Kr\u00e4fte am nat\u00fcrlichen Querschnitt des Muskels und der Ursache der scheinbar durch das Enth\u00e4uten bewirkten Verst\u00e4rkung des Muskelstromes.\nDie Forschungen dieses Paragraphen nehmen, wie am Schl\u00fcsse des vorigen angedeutet wurde, ihren Ausgang von der Beobachtung des Einflusses, den die dauernde Erk\u00e4ltung der Muskeln auf ihren Strom aus\u00fcbt. Es ist dieses Kreises von Erscheinungen bereits oben Abth. I. S. 171. 181 gedacht worden, als an dem Orte, wo wir uns mit dem Verhalten des Stromes verschiedenen physikalischen Einfl\u00fcssen gegen\u00fcber besch\u00e4ftigten. Es wurde damals nicht darauf eingegangen, einestheils weil wir uns dadurch zu weit von dem Ziel entfernt haben w\u00fcrden, das wir gerade im Auge hatten, anderentheils weil es uns noch an der Kenntnifs der Bez\u00fcge gebrach, welche dieser Untersuchung eine so hervorragende Wichtigkeit verleihen. Jetzt sind wir so weit","page":26},{"file":"p0027.txt","language":"de","ocr_de":"des Muskelstr omes nach dem Enth\u00e4uten.\n27\ngekommen, dafs wir uns dieser Untersuchung, sogar nicht l\u00e4nger ent-schlagen k\u00f6nnen, und wir beginnen sie demnach, indem wir zuv\u00f6rderst uns von dem unterrichten, was unsere Vorg\u00e4nger in diesem Gebiete bereits geleistet haben m\u00f6gen.\n1. Matteucci\u2019s und Cima\u2019s Angaben \u00fcber die Wirkung der K\u00e4lte auf den Muskelstrom.\nEinige h\u00f6chst abentheuerliche Behauptungen Matteucci\u2019s betreffend den Einflufs der K\u00e4lte auf den Froschstrom finden sich schon in seinen ersten Arbeiten \u00fcber diesen Gegenstand vor und sind oben Bd. I. S. 118. 124 ber\u00fccksichtigt worden, wo man von ihnen Kenntnifs nehmen kann. Einige Augenblicke langes Bedecken des Frosches mit einem St\u00fcck Eis solle ihn des Stromes berauben; dieser solle wiederkehren, wenn man dem Frosch Sauerstoff in die Lungen blase! Im Essai etc. p. 82 heifst es sodann: \u00bbNous avons trouv\u00e9 qu\u2019une grenouille vivante refroidie, \u00bbperd la facult\u00e9 de se contracter par son courant propre, et qu\u2019elle \u00bbla reprend lorsqu\u2019on la r\u00e9chauffe, pourvu qu\u2019on ne l\u2019ait pas refroidie \u00bbtrop longtemps. Je me suis assur\u00e9 que, toutes les fois qu\u2019on fait \u00bbperdre \u00e0 une grenouille la facult\u00e9 de se contracter par son courant, \u00bben la tenant dans la glace pendant quelques minutes, elle perd aussi \u00bbla facult\u00e9 de donner la d\u00e9viation au galvanom\u00e8tre. Ce n\u2019est donc\n\u00bbpas l\u2019activit\u00e9 nerveuse qui manque, c\u2019est vraiment le courant.......\u00ab\n(S. oben Bd. I. S. 121). Dies war nachmals einer der Beweise, die Matteucci sich die M\u00fche gab, f\u00fcr die Einerleiheit der Ursache der Zuckung ohne Metalle und der Multiplicatorablenkung durch den Frosch beizubringen (S. oben Bd. I. S. 478. Bd. II. Abth. I. S. 167).\nMatteucci\u2019s sp\u00e4tere Untersuchungen \u00fcber diesen Punkt sind wieder doppelt angestellt, d. h. sie beziehen sich wieder getrennt die einen auf den Froschstrom, die anderen auf den, in seiner Einbildung, davon verschiedenen Muskelstrom (Vergl. oben Abth. I. S. 167).\nI. Frosehstrom. An einem lebenden Frosche wird der Ischiadnerv blosgelegt, die Haut von den Beinen gezogen, und durch Zur\u00fcckbeugen des Nerven gegen die Muskeln die Zuckung ohne Metalle beobachtet; eben so die Multiplicatorablenkung, es wird nicht recht gesagt, auf welche Weise. Der Frosch wird mit Eis umgeben, und nach wenigen Minuten erh\u00e4lt man keine Zuckung mehr; auch die Ablenkung erscheint geringer. Wird der Frosch aus dem Eise genommen und in Wasser von 15\u201420\u00b0 C. gethan, so kehrt der Strom zur\u00fcck. Dies l\u00e4fst sich mehrmals an einem und demselben Thiere wiederholen. \u2014 Zwei S\u00e4ulen,","page":27},{"file":"p0028.txt","language":"de","ocr_de":"28\t3- Absclm. Kap. Till. \u00a7\u25a0 11. 1. Mattebcci\u2019s und Cima\u2019s Angaben\naus zehn Froschbeinen jede, deren eine aber Fr\u00f6schen angeh\u00f6rte, welche eine Stunde lang in Wasser von 2\u00b0 C. gehalten worden, gaben, einander entgegen, einen Differentialstrom von 15\u00b0. 1\nII. Muskelstrom. In einem Schreiben an v. Humboldt vom Januar 1843 sagt Matteucci: \u00bbJ\u2019ai trouv\u00e9, pour tous les animaux \u00bb\u00e0 sang chaud comme pour ceux \u00e0 sang froid, que le refroidisse-\u00bbment affaiblit consid\u00e9rablement, et quelquefois fait dispara\u00eetre, les \u00bbsignes du courant musculaire, et principalement pour les pre-\u00bbmiers.\u00ab a\nIm Trait\u00e9 etc. finden sich dar\u00fcber folgende Angaben. Fr\u00f6sche, welche in der k\u00e4lteren Jahreszeit lange einer niedrigen Temperatur ausgesetzt gewesen seien, g\u00e4ben einen viel schw\u00e4cheren Muskelstrom als sonst. So z. B. sank, im November 1842, das Thermometer zu Paris auf 0\u00b0 und darunter. Die Fr\u00f6sche, die Matteucci zu seinen Versuchen von der Fischhalle holen liefs, gaben fast gar keinen Muskelstrom mehr, w\u00e4hrend andere, die in einem warmen Zimmer im Pflanzengarten aufbewahrt worden waren, ihn wie gew\u00f6hnlich zeigten. Thue man Fr\u00f6sche in ein Gef\u00e4fs mit Wasser, umgebe dies mit Eis und bestreue das Eis mit Kochsalz, so werden die Thiere nach wenigen Minuten regungslos und scheintodt; sie sterben wirklich, wenn man sie in der K\u00e4lte lasse. Nach 15 \u2014 20' jedoch k\u00f6nne man sie noch retten, wenn man sie in lauwarmes Wasser bringe. Eine zehngliederige S\u00e4ule aus den querdurchschnittenen Oberschenkeln von Fr\u00f6schen, welche 30' lang in Wasser unter Null (\u00bbdans l\u2019eau froide au-dessous de z\u00e9ro\u00ab?!) gehalten worden waren, wurde einer anderen entgegengesetzt, die unter den gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden bereitet war. Es erfolgten 35\u201440\u00b0 Ausschlag im Sinne der letzteren. Einzeln gab diese 45\u00b0, die aus den erk\u00e4lteten Fr\u00f6schen nur 15 \u2014 16\u00b0. Habe die Erk\u00e4ltung nicht eine gewisse Zeit lang gedauert, so finde keine merkliche Schw\u00e4chung statt. Dasselbe Er-gebnifs fand Matteucci f\u00fcr Fischmuskeln best\u00e4tigt; eine viergliederige S\u00e4ule aus St\u00fccken eines Schleyes (tanche), der einige Zeit bei 0\u00b0 aufbewahrt worden, gab 5\u00b0 Ausschlag, eine S\u00e4ule aus eben so viel Gliedern von einem auf 12\u00b0C. gehaltenen Thier 12\u00b0. AufdenMuskel-strom warmbl\u00fctiger Thiere habe die Erk\u00e4ltung keinen merklichen Einflufs. Die Muskeln einer 30' in Luft von \u2014 2\u00b0 bis \u2014 3\u00b0 gehaltenen Taube wirkten nicht schw\u00e4cher als die einer nicht erk\u00e4lteten. Der obigen v\u00f6llig entgegengesetzten Angabe (\u00bbprin-\n1 Trait\u00e9 etc. p. 111. 112.*\n5 Comptes rendus etc. 23 Janvier 1843. t. XVI. p. 197;* \u2014- L\u2019Institut, t. XI. No. 475. P. 36.*","page":28},{"file":"p0029.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber den Einflufs der K\u00e4lte auf den MusJcelstrom.\n29\ncipalement pour les premiers \u00ab ) aus den Comptes rendus wird dabei nat\u00fcrlich nicht gedacht. Fr\u00f6sche, welche erst schnell erk\u00e4ltet worden, dann nach einigen Minuten Aufenthalt in der K\u00e4lte in Wasser von 15\u00b0 gebracht worden seien, sollen einen st\u00e4rkeren Muskelstrom geben als solche, die keiner Temperaturver\u00e4nderung ausgesetzt wurden, was wiederum im grellsten Widerspruch mit der Behauptung im Essai etc. steht, ohne dafs ein Wort gesagt w\u00fcrde, um diesen Widerspruch aufzukl\u00e4ren. Matte\u00fccci schliefst: \u00bbII faut donc que \u00bbl\u2019action du froid se prolonge sur les grenouilles pendant un temps \u00bbsuffisamment long, afin d\u2019affaiblir l\u2019intensit\u00e9 du courant musculaire. \u00bbCette action du froid est d\u2019autant moins grande que l\u2019animal appar-\u00bb tient \u00e0 un rang moins \u00e9lev\u00e9 dans l\u2019\u00e9chelle.\u00ab 1 Also nun f\u00e4llt Mat-teucci wieder in die erste Angabe der Comptes rendus zur\u00fcck; es sollen wieder die warmbl\u00fctigen Thiere st\u00e4rker die Wirkung der K\u00e4lte erfahren !\nVom November 1844 bis zum M\u00e4rz 1845 erhielt Matte\u00fccci zweimal w\u00f6chentlich Fr\u00f6sche aus einem Sumpf in der Umgegend von Pisa. Ein Theil dieser Fr\u00f6sche wurde stets in ein kleines Zimmer [von 16\u00b0 best\u00e4ndiger Temperatur gebracht und in einem Glase trocken aufbewahrt. Eine gleiche Anzahl wurde auf der Terrasse der meteorologischen Warte der zeitigen Lufttemperatur ausgesetzt, und vier Fr\u00f6sche ebendaselbst in eine Vorrichtung gebracht, welche die Sch\u00e4tzung der nach einer gewissen Zeit gebildeten Kohlens\u00e4uremenge zuliefs. Auf diese Weise suchte Matte\u00fccci, wovon nachmals die Rede sein wird, einen Zusammenhang zwischen der Temperatur, der Lebhaftigkeit des Athmungs-vorganges und der St\u00e4rke des Muskelstromes zu erkunden. Es wurde stets der Strom einer zwanziggliederigen S\u00e4ule aus halben Oberschenkeln gepr\u00fcft, welcher bei mittlerer Temperatur 90\u00b0 Ausschlag und ungef\u00e4hr 20\u00b0 best\u00e4ndige Ablenkung zu geben pflegte. In den k\u00e4ltesten Tagen des Winters (die Temperatur ist nicht angegeben) gab eine solche S\u00e4ule nur 32\u00b0 Ausschlag; dann, wie allm\u00e4lich die Witterung w\u00e4rmer wurde, 38\u00b0, 48\u00b0, 50\u00b0, 56\u00b0, 60\u00b0, 66\u00b0; zu Anfang 0\u00b0 best\u00e4ndige Ablenkung, jetzt 8\u201c. Endlich, als im M\u00e4rz die Schattenw\u00e4rme 15\u00b0C. erreichte, zeigte die S\u00e4ule 80\u00b0, 85\u00b0, 90\u00b0 Ausschlag. Durch Halten in w\u00e4rmerer Luft wird der Muskelstrom erk\u00e4lteter Fr\u00f6sche erh\u00f6ht. Nachdem die Fr\u00f6sche, aus denen eine S\u00e4ule der beschriebenen Art nur 32\u00b0 Ausschlag gab, zwei Tage lang warm gehalten worden waren, erfolgten\n1 Vgl. Annales de Chimie et de Physique. Avril 1843. 3.Serie. t.VII. p.442;*\u2014\u2022 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1843. t. III. p. 21;* \u2014 Annales des Sciences naturelles. 1843. 2. S\u00e9rie, t. XIX. Zoologie, p. 328;* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 73.*","page":29},{"file":"p0030.txt","language":"de","ocr_de":"30\t5. Abschi. Kap. VIII. \u00a7. II. 1. Matteucci\u2019s und Cima\u2019s Angaben\n38\u00b0 Ausschlag. Andere Fr\u00f6sche stiegen in gleicher Weise von 30\u00b0; 50\u00b0; 66\u00b0 beziehlich auf 48\u00b0; 64\u00b0; 85\u00b0. 1 2\nIn einer folgenden Abhandlung endlich bemerkt Matteucci, dafs die Wirkung der K\u00e4lte auf seinen sogenannten Froschstrom bedeutend gr\u00f6fser sei als auf den Muskelstrom. W\u00e4hrend im Fr\u00fchling und Sommer an sehr kr\u00e4ftigen Fr\u00f6schen der Froschstrom dem Muskelstrome gleichkomme oder gar ihn \u00fcbertreffea, habe er bei sehr kalter Witterung den crsteren Strom stets schw\u00e4cher als den letzteren gefunden. 3\nAuch Cima hat sich mit Versuchen der Art abgegeben. Er best\u00e4tigt, dafs der Einflufs der K\u00e4lte auf den Muskelstrom der kaltbl\u00fctigen Thiere gr\u00f6fser sei als auf den der warmbl\u00fctigen. Es geh\u00f6rt, nach ihm, eine gewisse Anzahl kalter Tage dazu, damit die Wirkung auf den Muskelstrom der Fr\u00f6sche sichtbar werde. Aber ein warmer Tag, welcher auf eine Reihe kalter Tage folge, reiche h\u00e4ufig hin, die Fr\u00f6sche in ihren gew\u00f6hnlichen Zustand zu versetzen.4 5 In Betreff des Umstandes, dafs der Einflufs der K\u00e4lte auf den sogenannten Froschstrom gr\u00f6fser sei, als auf den Muskelstrom, hat aber Cima sogar das Erstenrecht vor Matteucci. 5 Seine Abhandlung ist im December 1844 der Akademie zu Bologna eingereicht, Matteucci\u2019s Abhandlung in den Transactions ist gezeichnet vom 7. April 1845 (Vergl. oben Bd. I. S. 127. 128).6\n1\tPhilosophical Transactions etc. For the Year 1845, P. II. p. 290.* \u2014 Vergl. unten, \u00a7. v.\n2\tVergl. unten, No. 11.\n3\tPhilosophical Transactions etc. For the Year 1845. P. II. p. 298.*\n4\tSaggio storico-critico ec. Ivi, p.487.488.*\n5\tIvi, p. 509.*\n8 Cima sagt, ohne n\u00e4here literarische Belege mitzutheilen : \u00bbL\u2019azione del freddo \u00bbe della fredda stagione nella facolt\u00e0 della rana a presentarc le contrazioni galva-\u00bbniche\u00ab \u2014 d. h. die Zuckung ohne Metalle \u2014 \u00bbfu gib notala dal Galvani, dall\u2019 \u00bb Humboldt e da altri. Fu trovato da quesli fisici come le rane male si prestino \u00bballe sperienze nell\u2019 inverno. All\u2019 azione del freddo sopra la cagione delle contra-\u00bbzioni galvaniche \u00e8 senza dubbio dovuto il fatto osservato dall Valu e dall\u2019Hum-\u00bbboldt, che l\u2019acqua molto fredda e il ghiaccio non possono servire d\u2019arco condut-\u00bbtore per eccitarsi quelle contrazioni.\u00ab Ivi, p. 475.* \u2014 Die Stelle hei Valu, auf die sich Cima bezieht, heifst: \u00bbL\u2019exc\u00e8s du froid prive l\u2019eau m\u00eame de la propri\u00e9t\u00e9 \u00bbde conduire le fluide en question.\u00ab S. Richard Fowler, Experiments and Observations relative to the Influence lately discovered by M. Galvani, and commonly called animal Electricity. Edinburgh 1793. p. 22;* \u2014 Alexander Monro\u2019s und Richard Fowler\u2019s Abhandlung \u00fcber thierische Elektricil\u00e4t u. s. w. Leipzig 1796. S. 63;* \u2014 Reinhold\u2019s Geschichte des Galvanismus u. s. w. Leipzig 1803. S. 41.* Fowler l\u00e4ugnet a. a. O. die Richtigkeit der Behauptung Valli\u2019s mit Recht in soweit, als nicht das Wasser zu trocknem Eise gefriert; er scheint die \u00e4lteren Versuche \u00fcber die Leitungsf\u00e4higkeit des Eises nicht zu kennen, v. Humboldt\u2019s Ver-","page":30},{"file":"p0031.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Wirkung der K\u00e4lte auf den Muskelstrom.\n31\n2. Von der Art, die Fr\u00f6sche zu erk\u00e4lten, und von dem Einfl\u00fcsse\nder Erk\u00e4ltung auf das Allgemeinbefinden der Fr\u00f6sche.\nAls ich, im Sommer 1842, zuerst unternahm, Matteucci\u2019s Versuche \u00fcber den Einflufs der K\u00e4lte auf den Muskelstrom zu wiederholen, geschah dies allein auf Grund der Angaben im Essai etc. (S. oben S. 27). Ich nahm Gastroknemien vom Frosch und setzte sie bis 20' lang verschiedenen K\u00e4ltegraden von 0\" bis \u2014 20\u00b0 C. aus. Ich erhielt aber nur verneinende Ergebnisse. Entweder zeigte sich der Strom so gut wie unver\u00e4ndert, oder der Muskel ging todtenstarr, und alsdann auch unzusammenziehungsf\u00e4hig und stromlos, aus der K\u00e4lte hervor. Die Art, auf welche ich dabei verfuhr, ist bereits oben Abth. I. S. 180 (u) beschrieben; die daselbst dargelegten Erfahrungen sind n\u00e4mlich bei dieser Gelegenheit gewonnen. Bei der Ungewifsheit, in der ich somit blieb, liefs ich \u00fcbrigens die ganze Angelegenheit in meinem '\u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs * unerw\u00e4hnt.\nSp\u00e4ter, im Winter 1843 \u2014 1844, f\u00fchrte mich der Verfolg meiner Arbeiten von Neuem auf diesen Gegenstand zur\u00fcck. Matteucci hatte nunmehr die \u00bbquelques minutes\u00ab oder gar \u00bbquelques secondes\u00ab seiner ersten Behauptungen zu wenigstens 20 \u2014 30' ausgedehnt (S. oben S. 28). Ich bedurfte aber seiner Unterweisung nicht mehr; denn schon hatte ich selber die Erscheinung, ohne mein Hinzuthun, durch Witterungsverh\u00e4ltnisse bedingt nicht eben auf die angenehmste Art kennen gelernt, und zwar in viel gr\u00f6fserem Mafsstabe als sie Matteucci je begegnet zu sein scheint. Hr. Poggendorff erinnert sich vielleicht der Verlegenheit, in der ich mich, im October 1843, befand, als ich ihm den Froschstrom zeigen wollte und die Nadel, statt meiner Vorhersage\nsuche zeigen nur, dafs die K\u00e4lte die Zahl und St\u00e4rke der Herzschl\u00e4ge vermindert und ebenso die Leistungsf\u00e4higkeit der Nerven und Muskeln beeintr\u00e4chtigt, wenn man diese mittelst ungleichartiger Metalle pr\u00fcft (Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1797. Bd. II. S. 215 ff.). Ca-vallo sagt hingegen, \u00bbdie Kraft der Fr\u00f6sche werde nicht geschw\u00e4chet, wenn man \u00bbsie in Wasser, das zu frieren anfieng, get\u00f6dtet, oder, beym Pr\u00e4pariren, einige \u00bbStunden auf Eis gelegt hatte.\u00ab (Vollst\u00e4ndige Abhandlung der theoretischen und praktischen Lehre von der Elektricit\u00e4t u. s. w. Aus dem Englischen \u00fcbersetzt u. s. w. Leipzig 1797. Bd. II. S. 291.*) Wie dem auch sei, man sieht, dafs, wenn nicht Cima noch andere, mir unbekannte Quellen zu Gebote gestanden haben, es auf einer Begriffsverwirrung beruht, dafs er hier Valli\u2019s und v. Humbolot\u2019s Versuche anf\u00fchrt, da es sich in beiden F\u00e4llen gar nicht um Zuckungen durch den Froschstrom handelte, sondern um solche durch ungleichartige Metalle. Was die Stelle bei Galvani betrifft, auf die Cima anspielt, so habe ich sie, trotz aller M\u00fche, nicht ausfindig machen k\u00f6nnen.","page":31},{"file":"p0032.txt","language":"de","ocr_de":"32\n3. Ab sehn. Kap. Vlll. \u00a7. II. 2. Art der Erhaltung\ngem\u00e4fs an die Hemmung zu fliegen, beim Auflegen mehrerer Thiere nach einander unbewegt auf dem Nullpunkt verharrte. Dies war, wie ich selber damals zum ersten Mal erfuhr, die Schuld der K\u00e4lte, der die Fr\u00f6sche w\u00e4hrend des Lebens ausgesetzt gewesen waren.\nSeitdem habe ich, im Winter und Sommer, zu verschiedenen Zeiten eine grofse Anzahl von Versuchen \u00fcber diesen Gegenstand angestellt. Im Winter setzte ich die Fr\u00f6sche eine hinreichende Zeit lang in einem Garten bei meiner Wohnung in den Schnee und bedeckte sie mit einem gleichfalls mit Schnee angef\u00fcllten Gef\u00e4fse. Neben dem Ge-f\u00e4fse wurde ein RuxHERFOR\u00fc\u2019sches Minimumthermometer aufgestellt. Die M\u00f6glichkeit, diese Arbeiten aber auch in der warmen Jahreszeit fortsetzen zu k\u00f6nnen, verdankte ich gr\u00f6fstentheils der bekannten, stets bereitwilligen G\u00fcte des Herrn Professor Gurlt, welcher mir den Gebrauch des Eiskellers der hiesigen K\u00f6niglichen Thierarzneischule ver-stattete. Die Fr\u00f6sche befanden sich in einem weithalsigen Glase, das mit einem mehrfach durchbohrten Korke geschlossen war. Das Glas steckte ich in eine in das Eis ausgehauene H\u00f6hlung und deckte diese mit flachen Eisst\u00fccken zu.\nVon der L\u00e4nge der Zeit, w\u00e4hrend welcher die Einwirkung der K\u00e4lte dauern mufs, um die bald zu beschreibenden Ver\u00e4nderungen der elektromotorischen Th\u00e4tigkeit hervorzurufen, wird nachmals die Rede sein. Zun\u00e4chst m\u00f6gen hier nur noch, um das Bild der Versuche abzurunden, einige Bemerkungen Platz finden \u00fcber den Einflufs, den die fortgesetzte Erk\u00e4ltung auf das Allgemeinbefinden der Fr\u00f6sche \u00e4ufsert. Matteucci hat hier\u00fcber, wie \u00fcber fast alle Punkte dieses Gebietes, welche er ber\u00fchrt hat, die falschesten Vorstellungen mitgetheilt (S. oben S. 82). Nach seiner Beschreibung waren die Fr\u00f6sche nicht eingefroren; sie befanden sich nur in Wasser nahe dem Gefrierpunkte. Matteucci behauptet, dafs ein Aufenthalt darin von einer halben Stunde den Thieren t\u00f6dtlich werden k\u00f6nne. Ich habe aber Fr\u00f6sche im Sommer wochenlang im Gletscher des Eiskellers gelassen, und nicht den mindesten Nachtheil davon f\u00fcr ihr Befinden gesp\u00fcrt.\nFr\u00f6sche, welche lange genug einer dem Gefrierpunkt nahen Temperatur ausgesetzt gewesen sind, verfallen in folgenden Zustand. Sie ziehen die Beine dicht an den Leib, schliefsen die Augen, deren Pupille verengt erscheint, die Athembewegungen sind kaum bemerkbar, die Haut nimmt eine dunkelbraune F\u00e4rbung an. Reizt man sie auf, legt sie auf den R\u00fccken u. d. m., so bewegen sie sich langsam aber kr\u00e4ftig, etwa wie ein Mensch, der sich nach dem Schlafe reckt und dehnt. Eine Viertel- bis eine halbe Stunde in mittlerer Temperatur zugebracht, ist hinreichend, sie wieder v\u00f6llig zu ermuntern.","page":32},{"file":"p0033.txt","language":"de","ocr_de":"und Ein flufs der K\u00e4lte auf das Befinden der Fr\u00f6sche.\t33\nT\u00f6dtlich f\u00fcr die Fr\u00f6sche wird erst der Aufenthalt in einer Temperatur, bei der sie wirklich zu Eis gefrieren. Indessen kommen in dieser Hinsicht merkw\u00fcrdige Dinge vor. Es sind viele F\u00e4lle berichtet, in welchen nicht nur, im Widerspruch mit dem oben Abth. I. S. 180. 181 Gesagten, steif gefrorne Gliedmafscn nach dem Aufthauen noch zuckungsf\u00e4hig waren, sondern wo auch der Gesammtorganismus selber scheinbar unbesch\u00e4digt aus dem erstarrten Zustand hervorging. Ich selber habe Fr\u00f6sche noch wochenlang leben sehen, welche in einer Winternacht im Schnee des Gartens bei \u20148\u00b0 Minimum der Luft vergessen, dermafsen gefroren waren, dafs der Bauch zum Theil stein-hart anzuf\u00fchlen war und dabei von Eisst\u00fcckchen in seinem Inneren gleich Zinn schrie. Es scheint nicht unm\u00f6glich, dafs diese Abweichungen darauf beruhen, dafs die Fl\u00fcssigkeiten zwischen den Elementartheilen der Gewebe, z. B. in den Muskeln zwischen den Primitivbiin-deln, fr\u00fcher zu Eis erstarren als die in jenen Theilen selber. So kann, bei einer gewissen Temperatur, die freilich zwischen engen Grenzen eingeschlossen sein mag, eine Gliedmafse steif gefroren erscheinen, ohne dafs die Gewebe selber es sind, deren Organisation also noch ungef\u00e4hrdet aus einer solchen Temperatur hervorgehen kann.1\n1 Folgendes ist die wichtigste Literatur \u00fcber diesen Gegenstand, der methodisch fortgesetzter, genauerer Untersuchung wohl einmal werth ware.\nLister in Joh. Goedarties de Insectis, in Methodum redactus fccum Notularum Additione. Opera M. Lister etc. Londini 1685. p. 76.* \u2014 Dufay in Histoire de l\u2019Acade\u2019mie Royale des Sciences. Anne'e 1729. Paris 1731. 4\u00b0. p. 144.* \u2014 Reaumur, Me'moires pour servir \u00e0 l\u2019Histoire des Insectes, t. II. p. I. Amsterdam 1737. p. 178.* \u2014 Jean Beu d\u2019Antermony, Voyages depuis St. P\u00e9tersbourg en Russie, dans diverses contre'es de l\u2019Asie. Paris 1766. t. I. p. 319.* \u2014 Spallanzani, Opuscoli di Fisica animale e vegetabile. In Modena 1766. voll. p. 64\u2014100;* \u2014 vol. II. p. 92. 212;* \u2014 Opuscules de Physique animale et ve'ge'tale etc. Traduits par Senebier. Gen\u00e8ve 1777. t. I. p. 76 \u2014119;\u2019 \u2014 t. II. p. 198. 335;\u2019 \u2014 M\u00e9moires sur la Respiration, traduits par Senebier etc. Gen\u00e8ve 1803. p. 132. 150. 192.* \u2014 John Hunter, Philosophical Transactions etc. For the Year 1775. P. II. p. 446;* \u2014 For the Year 1778. P. I. p. 27. 37;* \u2014 Versuche \u00fcber das Blut, die Entz\u00fcndung und die Schufswunden u. s. w. (1794.) Uebersetzt von Hebenstreit. Leipzig 1797. Bd. I. S. 179.\u2019 \u2014 Bonnet in Opuscules de Physique animale et v\u00e9g\u00e9tale, par Mr. l\u2019Abb\u00e9 Spallanzani etc. Traduits par Senebier. Gen\u00e8ve 1777. t. II. p. 13;* \u2014 Oeuvres d\u2019Histoire naturelle et de Philosophie, t. VI. Neuch\u00e2tel 1779. p. 12. Note 2.* \u2014 Calbani, Osservazioni sulla Membrana del Timpano e nuove Ricerche sulla Elet-tricit\u00e0 animale ec. In Padova 1794. p. 125.* \u2014 v. Sierstohpff, Ueber einige In-sectenarten, welche den Fichten vorz\u00fcglich sch\u00e4dlich sind, und \u00fcber die Wurm-trocknifs der Fichtenw\u00e4lder des Harzes. Helmstedt 1794. S. 21.* \u2014 Anschel, Tha-natologia etc. Goettingae 1795. p. 21.* \u2014 v. Humboldt, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1797. Bd. II. S. 223. 224.* \u2014 Carlisle, Philosophical Transactions etc. For the Year 1805. P. I. p. 25.* \u2014 Kyber, II. a.\t3","page":33},{"file":"p0034.txt","language":"de","ocr_de":"34\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 3. Erste Darlegung\n3. Erste Darlegung des Einflusses der dauernden Erk\u00e4ltung der Fr\u00f6sche auf ihren Muskelstrom.\nWas sodann den Einflufs der dauernden Erk\u00e4ltung auf den Strom betrifft, so ist, was Cima und Matteucci dar\u00fcber berichten, im h\u00f6chsten Grade mangelhaft und oberfl\u00e4chlich, wie sich dies alsbald aus folgender Darstellung ergeben wird, welche selber doch noch weit entfernt ist, den wirklichen Thatbestand ahnen zu lassen.\nEs werde das GALVANi\u2019sche Pr\u00e4parat oder ein Bein eines erk\u00e4lteten Frosches, oder auch der enth\u00e4utete Gesammtfrosch selber, wie zu Anfang des ersten Kapitels dieses Abschnittes gelehrt wurde, auf die Zuleitungsgef\u00e4fse gebracht, so sieht man nicht, wie es sein sollte, die Nadel in aufsteigender Richtung an die Hemmung fliegen, sondern entweder einen mehr oder weniger starken absteigenden Strom sieht man erfolgen, oder die Nadel bleibt auf Null, oder es ist wenigstens nur eine schwache Spur des gesetzm\u00e4fsigen aufsteigenden Stromes vorhanden.\nin Germar\u2019s Magazin der Entomologie. 1. Jahrgang. Heft II. Halle 1815. S. 8.* \u2014 Pallas (MS), in Rudolphi\u2019s Grundrifs der Physiologie. Bd. I. Berlin 1821. S. 176.* \u2014 Verneur, Journal des Voyages, D\u00e9couvertes et Navigations modernes; ou Archives g\u00e9ographiques du XIXe Si\u00e8cle, etc. 1822. t. XVI. p. 130;* \u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. N\u00e7^. 69. (Bd. IV. No. 3.) Februar 1823. S. 37.* \u2014 Gaspard, in Ma-gendie\u2019s Journal de Physiologie exp\u00e9rimentale etc. t. II. 1822. p. 295;* \u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. No. 66. (Bd. III. No. 22.) Januar 1823. S. 337.* \u2014 Franklin, Journey to the Shores of the Polar Sea in the years 1819, 20, 21 and 22. London 1823. 4\u00b0. p. 248;* \u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. No. 99. (Bd. V. No. 11.) September 1823. S. 170.* \u2014 Jahresbericht der schwedischen Academie der Wissenschaften \u00fcber die Fortschritte der Naturgeschichte, Anatomie und Physiologie der Thiere und Pflanzen. Aus dem Schwedischen von Joh. M\u00fcller. 1824. Bonn 1826. S. 31.* \u2014 John Murray, Experimental Researches in natural History. London 1826. 12\u201c. p. 148.* \u2014 Stickney, in Kirby and Spence, An Introduction to Entomology etc. Vol. II. 5. Ed. London 1828. p. 448.* \u2014 Tiedemann, Physiologie des Menschen. Bd. I. Darmstadt 1830. S. 468.* \u2014 Lenz, Schlangenkunde. Gotha 1832. S. 56.* \u2014 Ratzeburg, die Forst-Insecten, oder Abbildung und Beschreibung der in den W\u00e4ldern Preu-fsens und der Nachbarstaaten als sch\u00e4dlich oder n\u00fctzlich bekannt gewordenen In-secten. Bd. I. Berlin 1837. 4\u201c. S. 148.* \u2014 Gaimard, Biblioth\u00e8que universelle de Gen\u00e8ve. Nouvelle S\u00e9rie. Mars 1840. t. XXVI. p. 207.* \u2014 K\u00fcrschner, Grundrifs der allgemeinen Physiologie. Herausgegeben von Rud. Wagner. Eisenach und Wien. 1843. S. 89.* \u2014 Barkow, der Winterschlaf nach seinen Erscheinungen im Thierreich u. s. w. Berlin 1846. Cap. VIII. S. 125 ff.* \u2014 Aug. Dum\u00e9ril, L\u2019Institut. 1850. t. XVIII. No. 848. p. 108.* \u2014 Paget, in Philosophical Transactions etc. For the Year 1850. P. I. p. 221;* \u2014- Philosophical Magazine etc. 3. Series, vol. XXXVI. p. 541.* \u2014 C. Eckhard, Ueber die Einwirkung der Temperaturen des Wassers auf die motorischen Nerven des Frosches. Heidelberg 1850. S. 23.*","page":34},{"file":"p0035.txt","language":"de","ocr_de":"des pareleJctronomischen Zustandes der Muskeln.\t35\nJetzt legt man, nachdem man, wenn Strom in der einen oder der anderen Richtung zugegen war, die Ladungen getilgt und die Nadel beruhigt hat, den Frosch zum zweitenmale wieder auf, und nun findet man, dafs er an aufsteigender Wirksamkeit zugenommen hat. Entweder n\u00e4mlich, wenn beim ersten Auflegen absteigender Strom erfolgt war, ist derselbe jetzt geringer, oder, wenn vorher die Nadel unbeweglich blieb, es ist jetzt eine Spur gesetzm\u00e4fsigen Stromes da, oder endlich, wenn diese bereits beim ersten Auflegen nicht vermifst wurde, findet man sie jetzt um ein Merkliches vergr\u00f6fsert.\nBeim dritten Auflegen hat das Pr\u00e4parat abermals an aufsteigender Wirksamkeit zugenommen, und so fort. Bei der f\u00fcnften Pr\u00fcfung erreicht der Strom jedoch h\u00e4ufig schon seinen oberen Grenzwerth. Um diesen beobachten zu k\u00f6nnen, darf man nat\u00fcrlich, falls nicht die Erk\u00e4ltung eine sehr heftige war, von dem Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom nur die halbe L\u00e4nge benutzen, und auch zu dieser mufs man oft noch eine Nebenschliefsung anbringen, damit die letzte Entwickelung des Stromes nicht in zu hohen Breiten der Theilung vor sich gehe. Nichtsdestoweniger bleibt der Grenzwerth unter demjenigen der Ausschl\u00e4ge, welche man von nicht erk\u00e4lteten Fr\u00f6schen erh\u00e4lt, und zwar ist er unter Umst\u00e4nden betr\u00e4chtlich kleiner.\nAuf dem Grenzwerthe angelangt, h\u00e4lt sich der Strom einige Zeit, d. h. man erh\u00e4lt Ausschl\u00e4ge die, unstreitig in Folge von allerhand Zuf\u00e4lligkeiten beim Auflegen, nur um wenige Grade bald in dem einen bald in dem anderen Sinne unterschieden sind; dann f\u00e4ngt der Strom allm\u00e4lig zu sinken an. Mit anderen Worten, die Erscheinungsweise des Stromes der erk\u00e4lteten Fr\u00f6sche schliefst sich von hier ab v\u00f6llig an die des Stromes der Fr\u00f6sche im Normalzust\u00e4nde.\nDies ist das elektromotorische Verhalten ganzer Gliedmafsen erk\u00e4lteter Fr\u00f6sche, wenn man sie wie gew\u00f6hnlich behandelt, ohne R\u00fccksicht zu nehmen auf gewisse Umst\u00e4nde, die wir sp\u00e4ter kennen lernen werden. Man kann aber die Erscheinung der allm\u00e4ligen Entwickelung des Stromes auch an einzelnen unverletzten Muskeln beobachten. Schneidet man einen Gastroknemius, einen Extensor cruris aus einem erk\u00e4lteten Frosche und legt ihn mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt auf die mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten B\u00e4usche auf, so erh\u00e4lt man mitunter einen Ausschlag in absteigendem Sinne, oft verharrt die Nadel unbewegt, meist ist schon eine Spur aufsteigenden Stromes vorhanden. Manchmal erh\u00e4lt man im ersten Augenblick einen absteigenden Ausschlag, aber gleich kehrt die Nadel um und beschreibt im positiven Quadranten einen gr\u00f6fseren Bogen als vorher im negativen. Nicht selten bekundet das Verh\u00e4ltnifs beider Ausschl\u00e4ge, be-\n3*","page":35},{"file":"p0036.txt","language":"de","ocr_de":"36\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 3. Erste Darlegung\nk\u00fcnden die negativen Ladungen, dafs eine Umkehr des Stromes zur positiven Richtung wirklich im ersten Auflegen stattgefunden habe. Anderemale bleibt die Nadel anf\u00e4nglich unbewegt stehen und entfernt sich dann erst langsam vom Nullpunkt im positiven Sinne. Bei \u00f6fterem Auflegen sieht man endlich, wie allm\u00e4lig der regelm\u00e4fsige aufsteigende Strom des Gastroknemius stufenweise in der n\u00e4mlichen Art hervortritt, wie dies so eben von den Gliedmafsen des Frosches geschildert wurde. Auch hier bleibt der st\u00e4rkste Ausschlag, welchen man erreicht, mehr oder weniger tief unter der gewohnten Wirkung eines Gastroknemius stehen. Verf\u00e4hrt man aber ebenso mit dem Gastroknemius eines GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates oder eines Gesammtfrosches an dem sich der Strom bereits vollst\u00e4ndig entwickelt hat, so findet man den Strom auch an dem einzelnen Gastroknemius oder Extensor cruris vollst\u00e4ndig entwickelt vor.\nHimmelweit verschieden\tgestalten\tsich\tdie\tDinge, sobald k\u00fcnstlicher Querschnitt in\u2019s Spiel\tkommt.\tSchneidet\tman einem erk\u00e4lteten\nFrosche, dessen enth\u00e4utetes Galvani'scIics Pr\u00e4parat einen starken negativen Ausschlag geben w\u00fcrde, ein Bein im Oberschenkel ab, und legt es, wie oben S. 25, mit dem Gesammtquerschnitt des Oberschenkels einerseits, andererseits\tmit dem\tnoch\tmit\tder Haut bekleideten\nKnie auf die B\u00e4usche auf,\tso erh\u00e4lt\tman\tauf\tder Stelle einen Aus-\nschlag von gr\u00f6fsler Heftigkeit in dem gesetzm\u00e4fsigen Sinne. Ebenso von einem enth\u00e4uteten, querdurchschnittenen Oberschenkel, der auf der einen Seite mit dem Querschnitt, auf der anderen mit dem Kniestumpf aufgelegt wird, einer demi-cuisse in Matteucci\u2019s Weise (S. oben Bd. I. S. 529), und endlich von einzelnen querdurchschnittenen Muskeln, einem Adductor magnus oder Semimembranosus Cuv. Nur in seltenen F\u00e4llen gelingt es, auch hier eine Spur fernerer Stromentwickelung in der Art wahrzunehmen, dafs noch der zweite Ausschlag den ersten um eine geringe Gr\u00f6fse \u00fcbertrifft. Die absolute Gr\u00f6fse der Ausschl\u00e4ge erscheint aber freilich geringer als bei nicht erk\u00e4lteten Fr\u00f6schen.\nEs obwaltet demnach hier ein ebenso ausgesprochener als bemer-kenswerther Unterschied zwischen dem Verhalten des nat\u00fcrlichen und k\u00fcnstlichen Querschnittes. W\u00e4hrend der Strom zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und k\u00fcnstlichem Querschnitte stets schon v\u00f6llig oder nahe ganz entwickelt vorgefunden wird, zeigt der Strom zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt anfangs die umgekehrte Richtung, ist gleich Null oder wenigstens nur \u00e4ufserst klein, und erhebt sich erst im Laufe des Versuches allm\u00e4lig zu der Gr\u00f6fse, die ihm in Verh\u00e4ltnifs zum Strom zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitt und k\u00fcnstlichem Querschnitt,","page":36},{"file":"p0037.txt","language":"de","ocr_de":"des parelelctronomischen Zustandes der Muslteln.\n37\nVerm\u00f6ge der Anordnung der Muskelb\u00fcndelenden am nat\u00fcrlichen Querschnitt, zuzukommen scheint.\nIm Gegensatz zu dem Unterschiede, der sich demgem\u00e4fs zwischen den beiden Arten des Querschnittes kundgiebt, f\u00e4hrt zwischen dem nat\u00fcrlichen und k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnitte, hinsichtlich ihres elektromotorischen Verhaltens, die vollkommenste Uebereinstimmung zu herrschen fort. Gleich dem nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt, giebt der k\u00fcnstliche in Verbindung mit dem k\u00fcnstlichen Querschnitt sogleich den ganz entwickelten Strom, in Verbindung mit dem nat\u00fcrlichen Querschnitt die allm\u00e4lige Stromentwickelung. Man stellt den Versuch am Gastroknemius oder am Semimembranosus Cuv. an, und bedient sich dabei in hergebrachter Weise der gefensterten Glimmerbl\u00e4ttchen (S. oben Bd. I. S. 629. Bd. II. Abth. I. S. 200. 258).\nWas das Verhalten des Stromes erk\u00e4lteter Muskeln bei anderen Arten der Ableitung, z. B. von beiden sehnigen Enden, oder von verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes betrifft, so soll erst sp\u00e4ter davon die Rede sein.\nDer absteigende Ausschlag, den man von stark erk\u00e4lteten Pr\u00e4paraten beim ersten Auflegen mit nat\u00fcrlichem Querschnitt erh\u00e4lt, kann jetzt in der Bedeutung, die wir ihm zugeschrieben haben, verd\u00e4chtigt erscheinen. Da n\u00e4mlich, wie wir nun wissen, der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes der Entwickelung nicht bedarf, so k\u00f6nnte man vermuthen, der absteigende Ausschlag r\u00fchre her von dem k\u00fcnstlichen Querschnitt des Ileo-Coccygeus Dug. am Beckenende des Pr\u00e4parates; er gehe durch Null hindurch in die entgegengesetzte Richtung \u00fcber in dem Mafse, als nicht nur der Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes der verschiedenen Beinmuskeln sich entwickele, sondern auch die Wirksamkeit des k\u00fcnstlichen Querschnittes durch den Angriff der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit beeintr\u00e4chtigt werde.\nEs ist nicht unm\u00f6glich, dafs in dem Falle des GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates ein solches Widerspiel der Wirkungen beider Querschnitte, des nat\u00fcrlichen und des k\u00fcnstlichen, wirklich stattfinde, obschon doch zu bedenken ist, dafs die Salzl\u00f6sung f\u00fcr den Strom des querdurchschnittenen Ileo-Coccygeus in Bezug auf den Multiplicatorkreis wahrscheinlich eine viel zu gute Nebenschliefsung abgiebt, als dafs noch eine Spur von jenem Strom an der Nadel sichtbar werden k\u00f6nnte. Wie dem auch sei, es mufs jedenfalls noch einen anderen Grund f\u00fcr den absteigenden Ausschlag geben. Denn erstens habe ich dergleichen Ausschl\u00e4ge auch von GAUVANi\u2019schen Pr\u00e4paraten erhalten, deren Becken ich mit grofser Sorgfalt von jeder Spur verletzter Muskeln befreit hatte, welche also nirgends k\u00fcnstlichen Querschnitt darboten, der absteigend","page":37},{"file":"p0038.txt","language":"de","ocr_de":"38\n3. Abschn. Kap. VJ1I. \u00a7. 11. 3. \u00carste Darlegung\nh\u00e4tte wirken k\u00f6nnen (Vergl. oben Bd. I. S. 460). F\u00fcr\u2019s zweite zeigt es sich, wie oben bereits erw\u00e4hnt wurde, dafs der Gesammtfrosch, ja sogar ein einzelner Gastroknemius oder Extensor cruris, im stark erk\u00e4lteten Zustande gleichfalls einen absteigenden Ausschlag ertheilen. In einem Fall habe ich von einem Gastroknemius \u201470\u00b0 am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom erhalten; noch nach vier Stunden gab der Muskel \u2014 50\u00b0. Weder am Gesammtfrosch, der mit Nase und Fufsspitzcn, noch an den einzelnen Muskeln, die mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt aufgelegt werden, kann aber von der Verd\u00e4chtigung die Rede sein, der die absteigende Wirkung am GALVAm\u2019schen Pr\u00e4parat anfangs unterlag.\nNach dem Versuch am Gastroknemius und Extensor cruris kann es vielmehr, so scheint es, nicht l\u00e4nger zweifelhaft sein, dafs diese Wirkung in der That zu betrachten sei als eine negative, d. h. dafs sich die Muskeln stark erk\u00e4lteter Fr\u00f6sche in den ersten Augenblicken nach dem Enth\u00e4uten in negativ peripolarem Zustande befinden (S. oben Abth. I. S. 155. 156. 555). Die Folge wird lehren, in wiefern diese Meinung selber noch einer Berichtigung bedarf.\nDer negative Ausschlag ist um so gr\u00f6fser, die darauf folgenden Ausschl\u00e4ge bewegen sich um so l\u00e4nger im negativen Quadranten, und entfernen sich, wenn sie endlich den Nullpunkt \u00fcberschritten haben, von demselben im positiven Viertelkreise um so weniger, je niedriger die Temperatur war, der der Frosch dauernd ausgesetzt wurde. Es kann in solchen F\u00e4llen geschehen, dafs der erste negative Ausschlag dem gr\u00f6fsten positiven, den man bei \u00f6fterem Auflegen erh\u00e4lt, gleichkommt, ja ihn \u00fcbertrifft. Alsdann ist aber meist der Frosch wirklich gefroren gewesen. In der That, auch der nicht mehr zuckungsf\u00e4hige Muskel, wie er in unseren fr\u00fcheren Versuchen noch eine Spur von Strom \u00fcbrig hatte (S. oben Abth. I. S. 161), kann noch innerhalb der engen Grenzen einer solchen Spur Sitz einer Stroraentwickelung in der beschriebenen Art werden.\nOb auch die Nerven durch die Wirkung der K\u00e4lte in einen \u00e4hnlichen Zustand verfallen, wie die Muskeln, ist durch keinen unmittelbaren Versuch auszumachen, weil sich an den Nerven kein nat\u00fcrlicher Querschnitt zur Untersuchung darbietet (Vergl. oben Abth. I. S. 253). Was den k\u00fcnstlichen Querschnitt betrifft, so zeigen wohl die Nerven eine Schw\u00e4chung ihres Stromes durch lang anhaltende Einwirkung der K\u00e4lte, allein eine allm\u00e4lige Entwickelung des Stromes l\u00e4fst sich an ihnen so wenig als an den querdurchschnittenen Muskeln nachweisen.\nDen Zustand der Muskeln, in dem sie negativ wirken oder unwirksam erscheinen, will ich mit dem Namen des parelektronomischen","page":38},{"file":"p0039.txt","language":"de","ocr_de":"des parelektronomischen Zustandes der Muskeln.\n39\nZustandes1 bezeichnen, womit gemeint sein soll, dafs die elektrischen Kr\u00e4fte des Muskels darin eine von der gesetzm\u00e4fsigen abweichende Anordnung haben. Die Wahl dieses Namens wird sp\u00e4ter gerechtfertigt werden.\nNach dieser ersten Darlegung des Thatbestandes, welche von dem eigentlichen Wesen desselben aber, wie bemerkt, noch gar keine Vorstellung giebt, lassen wir die Untersuchung sogleich diejenige Wendung nehmen, wodurch den hier obschwebenden Versuchen eine so unerwartete Wichtigkeit f\u00fcr die ganze Lehre von den thierisch - elektrischen Str\u00f6men zu Theil wird.\n4. Die Entwickelung des Muskelstromes nach dem Enth\u00e4uten\nder Gliedmalsen r\u00fchrt nicht her von der Ber\u00fchrung der Muskeln mit der Luft.\nAm Schl\u00fcsse des ersten Paragraphen waren wir, nach Beseitigung der uns durch die Hautungleichartigkeiten entgegengestellten Hindernisse zu der vermeintlichen Einsicht gelangt, dafs der Muskelstrom und also wahrscheinlich auch der Nervenstrom im unversehrten thierischen K\u00f6rper nur in geringem Mafse vorhanden seien. Wir hatten, zu unserer nicht geringen Betroffenheit, erfahren m\u00fcssen, dafs der Muskelstrom, auf den unsere Versuche der Natur der Dinge nach allein Bezug hatten, sich in voller Kraft erst nach dem Enth\u00e4uten der thierischen Gliedmafsen einfinde. Wir konnten von dieser Erscheinung, beim besten Willen, keine andere Auslegung geben als die, dafs die Entwickelung des Stromes nach dem Enth\u00e4uten beruhe auf dem freigestellten Zutritt der Luft zu der Oberfl\u00e4che der Muskeln. Allerdings fehlte es bereits damals nicht an mehr oder minder triftigen Gr\u00fcnden gegen diese Vorstellungsweise. Nichtsdestoweniger sahen wir uns aufser Stande, dar\u00fcber ganz in\u2019s Klare zu gelangen, weil n\u00e4mlich die Entwickelung nach dem Enth\u00e4uten an den im nat\u00fcrlichen Zustande befindlichen Thieren mit so reifsender Schnelligkeit vor sich zu gehen schien, dafs nicht daran zu denken war, w\u00e4hrend ihrer Dauer Versuche \u00fcber die Umst\u00e4nde anzustellen, welche auf die Entwickelung des Stromes von Einflufs sein m\u00f6gen, und dadurch die Natur dieses Entwickelungsvorganges zu ermitteln.\nIn dieser Sachlage ist nun durch die Entdeckung des parelektronomischen Zustandes eine wesentliche Ver\u00e4nderung herbeigef\u00fchrt. Beil\u00e4ufig gesagt, entspringen bereits aus den bisher beschriebenen Erscheinungen dieses Zustandes f\u00fcr die fragliche Annahme un\u00fcberwindliche\nJlct\u00e7ayofios, gesetzwidrig.","page":39},{"file":"p0040.txt","language":"de","ocr_de":"40 3. Abschi. Kap. VIII. \u00a7. II, 4. Die Siromentnichelung nach dem\nSchwierigkeiten. Beim ersten Anblick k\u00f6nnte man wohl versucht sein, sich vorzustellen, dafs die K\u00e4lte die Entwickelung des Stromes verz\u00f6gere, indem sie die Oberfl\u00e4che der Muskeln unf\u00e4hig mache, die Ver\u00e4nderungen durch den Sauerstoff der Luft zu erleiden, auf denen die elektromotorischen Ungleichartigkeiten beruhen sollen. In dem Mafse, wie \u00fcber dem \u00f6fteren Auflegen, dem l\u00e4ngeren Aufliegen, das Pr\u00e4parat erw\u00e4rme, s\u00e4he man auch den Strom stufenweise st\u00e4rker und st\u00e4rker hervortreten. Allein was wird bei dieser Vorstellungsweise aus dem Unterschied in dem Verhalten des k\u00fcnstlichen und nat\u00fcrlichen Querschnittes? Was sollte die negative Wirkung stark erk\u00e4lteter Pr\u00e4parate zu bedeuten haben?\nIndessen diese Betrachtungen sind noch nicht der wesentliche Punkt, auf den hier gezielt wird. Dieser liegt vielmehr darin, dafs uns jetzt, durch die Erscheinungsweise des Stromes im parelektrono-mischen Zustande, eine Handhabe geboten wird zur n\u00e4heren Untersuchung der Entwickelung des Stromes nach dem Enth\u00e4uten, insofern wir n\u00e4mlich jetzt in Stand gesetzt sind, mit H\u00fclfe der K\u00e4lte diese Entwickelung scheinbar so zu verz\u00f6gern, dafs die dabei stattfindenden Umst\u00e4nde der Beherrschung f\u00e4hig und dem Versuch zug\u00e4nglich gemacht werden. Die Erforschung der Umst\u00e4nde, welche die Entwickelung des Stromes herbeif\u00fchren, sie hemmen oder beg\u00fcnstigen, kann nicht l\u00e4nger eine Unm\u00f6glichkeit sein, nun wir wissen, dafs ein parelektronomisches Pr\u00e4parat nach dem Enth\u00e4uten viele Minuten lang der Luft ausgesetzt bleiben kann, ohne dafs sich der Strom vollst\u00e4ndig entwickelt.\nFolgendes sind die Versuche, die wir anstellen m\u00fcssen, um jene zwar mifsliebige, aber noch immer nicht gen\u00fcgend widerlegte Hypothese auf einmal zu best\u00e4tigen oder zur\u00fcckzuweisen. Ist die Entwickelung des Stromes nach dem Enth\u00e4uten und beim Auflegen auf die Zu-leitungsgef\u00e4fse, sie geschehe schnell, wie am nicht erk\u00e4lteten, oder langsam, wie am erk\u00e4lteten Frosch, die Folge der freigegebenen Ber\u00fchrung der Muskeln mit dem Sauerstoff der Luft, so mufs ein erk\u00e4ltetes Pr\u00e4parat, unmittelbar nach dem Enth\u00e4uten in Kohlens\u00e4ure, in Wasserstoff, in Stickstoff, in die GuERicKE\u2019sche Leere, unter Quecksilber gebracht, nach beliebig langer Zeit stromlos daraus hervorgehen, hingegen in Sauerstoff und vielleicht in Stickstoffoxydul mufs es noch schneller als in der atmosph\u00e4rischen Luft selber seinen Strom erhalten.\nDiese Versuche wurden im Winter folgendermafsen ausgef\u00fchrt. Der hinreichend lange und tief erk\u00e4ltete Frosch wurde im Freien, unmittelbar auf dem Schnee, m\u00f6glichst schnell zugerichtet, und sein GALVAw\u2019sches Pr\u00e4parat in eine weithalsige Flasche mit doppelt durchbohrtem Korke gebracht. Durch jede Durchbohrung ging ein Glas-","page":40},{"file":"p0041.txt","language":"de","ocr_de":"Enth\u00e4uten beruht nicht auf dem Zutritt der Luft zu den Muskeln. 41\nrohr, welches mit einem Hahn versehen war. Das eine Glasrohr f\u00fchrte zu dem Gasbeh\u00e4lter mit der zu pr\u00fcfenden Gasart, das andere endete unter Wasser in einem benachbarten Cylinder, um durch den hier stattfindenden Blasengang \u00fcber den Fortschritt des Luftaustreibens unterrichtet zu sein (S. oben Abth. I. S. 185). Damit der Versuch m\u00f6glichst rein sei, wurde die Flasche schon vor Einbringen des Frosches mit Gas gef\u00fcllt. Bei Wasserstoff und Stickstoff war die Oeff-nung der Flasche w\u00e4hrend des Einbringens nach unten gekehrt. Nach dem Einbringen des Frosches wurde abermals Gas durch die Flasche getrieben; es wurden die H\u00e4hne geschlossen und die Flasche, vom Gasbeh\u00e4lter und dem Probecylinder zu bequemerer Handhabung getrennt, in mittlerer Temperatur so lange aufbewahrt als nothwendig schien um Stromentwickelung herbeizuf\u00fchren, wenn solche unter diesen Umst\u00e4nden \u00fcberhaupt stattfand.\nIch begann mit Kohlens\u00e4ure, Wasserstoff und Stickstoff, und fand, dem Anschein nach, die zu pr\u00fcfende Voraussicht genau best\u00e4tigt. Die GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parate erk\u00e4lteter Fr\u00f6sche gaben, nach einem Aufenthalte von 3 \u2014 4 Stunden in den nicht athembaren Gasarten bei mittlerer Temperatur, absteigende Ausschl\u00e4ge zum Zeichen, dafs auch noch nicht einmal ein Anfang von Stromentwickelung Platz gegriffen hatte.\nIch schritt nun dazu, die Entwickelung, wie ich mir vorstellte, auch durch den Aufenthalt in der GuERiCKE\u2019schen Leere zu verz\u00f6gern. Die Luftpumpe war die dem Leser schon bekannte von Oertling\u2019s Arbeit (S. oben Abth. I. S. 188. 288). Damit die Entleerung m\u00f6glichst schnell vor sich gehe, wurde die ohnehin kleine Glocke fast ganz mit einem gefirnifsten Holzklotz ausgef\u00fcllt, auf den das Pr\u00e4parat zu liegen kam. Ich pumpte bis auf die der zeitigen Temperatur entsprechende Spannkraft der Wasserd\u00e4mpfe; die Pumpe hielt w\u00e4hrend der Dauer der Versuche (3 \u20144 Stunden) so gut wie vollkommen dicht.\nEs fand keine Spur von Stromentwickelung statt, so dafs sich das Ergebnifs scheinbar auf\u2019s Beste dem der Versuche mit den nicht athembaren Gasarten anschlofs.\nJetzt kam, in der Verwirklichung des obigen Versuchsplans, die Reihe an das Quecksilber. Ich ging folgenderraafsen zu Werke. Auf den Grund eines 145mm hohen, llmm weiten Cylinderglases wurde Kitt ausgegossen, in den Kitt eine Oese aus Eisendraht eingeschmelzt, und durch die Oese eine Fadenschlinge gezogen. Die Schlinge wurde um die Fufsgelenke des GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates gelegt, das Pr\u00e4parat bis auf den Grund des Glases niedergezogen und mit Quecksilber \u00fcbergossen. Durch Befestigung des freien Endes der Schlinge konnte alsdann das Pr\u00e4parat unter dem Quecksilber niedergehalten werden.","page":41},{"file":"p0042.txt","language":"de","ocr_de":"42 3. Abschn. Kap. Till. \u00a7. 11. 4. Die Siromentmichelung nach dem\nDer erste Frosch, der auf diese Weise behandelt wurde, war unter den n\u00e4mlichen Umst\u00e4nden als die vorigen erk\u00e4ltet. Um so mehr erstaunte ich, als ich nach vierst\u00fcndiger Absperrung gleich heim ersten Auflegen + 65\" Ausschlag erhielt, und bei wiederholter Pr\u00fcfung fand, dafs der Strom v\u00f6llig entwickelt war. Ein zweiter Versuch gab ganz dasselbe Ergebnifs. Ein drittesmal wiederholte ich ihn mit ausgekochtem und dann bei Abschlufs der Luft auf 0\" erk\u00e4ltetem Quecksilber, aber mit keinem anderen Erfolg. Ja ich fand, dafs es, um den Strom zur Entwickelung zu bringen, gar nicht einer so langen Frist bedurfte, als ich sie angewendet hatte in der Meinung, ich w\u00fcrde zu beweisen haben, wie der Strom auch durch noch so langes Verweilen unter Quecksilber nicht zur Entfaltung gelange. Eine Stunde reichte v\u00f6llig aus bei Fr\u00f6schen, die 36 Stunden auf 0\u00b0 erk\u00e4ltet worden; 30 \u2014 45' brachten den Strom seiner Entwickelung wenigstens sehr nahe.\nDies Ergebnifs war nun freilich mit der zu pr\u00fcfenden Voraussetzung und auch scheinbar mit dem Erfolg der vorigen Versuche, in sofern er diese Voraussetzung zu best\u00e4tigen schien, in keiner Weise zu vereinbaren. Doch ergab sich daraus kein hinreichend deutlicher Wink in Betreff eines anderen hier zu betretenden Versuchsweges, um nicht den vorliegenden zuerst noch in seine \u00fcbrigen Consequenzen zu verfolgen. Ich beschlofs vielmehr, die fiir die fragliche Hypothese erwachsene neue Schwierigkeit vor der Hand bei Seite liegen zu lassen und mich jetzt noch mit der anderen H\u00e4lfte der Beweisf\u00fchrung abzugeben, n\u00e4mlich zu versuchen, ob in Sauerstoff oder Stickstoffoxydul der Strom wohl noch schneller als in der Luft zur Entwickelung gelange.\nIch stellte zuerst, nach der fr\u00fcher beschriebenen Methode, den Versuch mit Sauerstoff an. Kaum traute ich meinen Sinnen, als ich fand, dafs auch im Sauerstoff, so wenig als in der Kohlens\u00e4ure, dem Wasserstoff und dem Stickstoff, der Strom sich binnen vier Stunden im mindesten entwickele. Die Pr\u00e4parate gingen aus der Sauerstoffatmosph\u00e4re so stromlos hervor, als sie hineingebracht worden waren.\nJetzt fielen mir die Schuppen von den Augen. Ich erkannte zu sp\u00e4t, dafs ich auf einem ganz falschen Wege fortgeschritten war, ohne mich, wie ich gekonnt h\u00e4tte, Eingangs desselben zu vergewissern, ob es der richtige sei. Ich hatte vers\u00e4umt, mich zu \u00fcberzeugen, ob denn wirklich ein Pr\u00e4parat seinen Strom erhalte, welches man an der Luft ruhig liegen l\u00e4fst, ohne es auf die Zuleitungsgef\u00e4fse aufzulegen. Ich hatte nicht ber\u00fccksichtigt, dafs m\u00f6glicherweise in diesem Auflegen, statt in der freigegebenen Ber\u00fchrung mit der Luft, die Ursache der Entwickelung enthalten sein k\u00f6nne.","page":42},{"file":"p0043.txt","language":"de","ocr_de":"Enth\u00e4uten beruht nicht auf dem Zutritt der Luft tu den Musheln. 43\nOhne erst noch den Versuch mit dem Stickstoffoxydul anzustellen, der der Natur der Dinge nach nun kein Ergehnifs mehr liefern konnte, verfuhr ich jetzt, wie mit den Gasarten, mit der atmosph\u00e4rischen Luft, und mit dem n\u00e4mlichen unzweideutigen Erfolge. Der Strom eines Pr\u00e4parates, welches enth\u00e4utet beliebig lange Zeit der atmosph\u00e4rischen Luft ausgesetzt wird, ohne auf die Zuleitungs-gef\u00e4fse gebracht zu werden, entwickelt sich nicht. Es ist folglich nicht die Ber\u00fchrung mit dem Sauerstoff der atmosph\u00e4rischen Luft, nicht die oberfl\u00e4chliche Trocknifs u. d. m., worauf die Entwickelung des Stromes beruht. Alle Muthmafsungen der Art, die mich Jahre lang einem b\u00f6sen Traume gleich verfolgt hatten, da durch die Best\u00e4tigung derselben die Bedeutung meiner Untersuchungen g\u00e4nzlich in Frage gestellt gewesen w\u00e4re, alle diese Muthmafsungen fanden sich nun mit einem Schlage beseitigt. Das Auflegen des Pr\u00e4parates auf die Gef\u00e4fse ist es, welches den Strom zur Entwickelung bringt, da er erst anf\u00e4ngt, sich zu entwickeln, wenn man anf\u00e4ngt, ihn durch Auflegen auf seine Entwickelung zu pr\u00fcfen.1 Ein Ergebnifs welches, wenn auch noch selber reich an Dunkelheiten, mindestens schon das f\u00fcr sich hat, mit der Wirkung des Quecksilberbades auf die Stromentwickelung einiger-mafsen zu stimmen. Die beiden Vorg\u00e4nge, der des Auflegens auf die Zuleitungsgef\u00e4fse und der des Untertauchens unter Quecksilber, haben dem Anschein nach wenigstens das gemein, dafs in beiden ein leitender Bogen den thierischen Theilen angelegt wird. Freilich wird die Folge lehren, dafs dieser Anschein ein ganz tr\u00fcglicher gewesen sei, und dafs die Uebereinstimmung in dem Erfolg beider Behandlungsweisen in ganz etwas Anderem seinen Grund habe.\n5. Die Stromentwiekelung an den parelektronomischen Pr\u00e4paraten ist die Folge des zuf\u00e4lligen Benetzens derselben mit der Kochsalzl\u00f6sung der Zuleitungsgef\u00e4fse.\nWir schreiten nun dazu, die Bedingungen der Stromentwickelung n\u00e4her zu ergr\u00fcnden. Es scheint zuv\u00f6rderst, als k\u00f6nne das Auflegen auf die Zuleitungsgef\u00e4fse in keiner anderen Weise aufgefafst werden, denn als Schliefsen der Pr\u00e4parate zum Kreise. So einfach ist jedoch die Sache bei weitem nicht, wie wir sogleich finden werden, wenn wir einige Schlufsfolgen aus dieser Voraussetzung auf die Probe des Versuches stellen.\nMan findet zwar, dafs, wenn man das Pr\u00e4parat mit Becken und\n1 Zu dieser Einsicht gelangte ich im M\u00e4rz 1844.","page":43},{"file":"p0044.txt","language":"de","ocr_de":"44\t3. Abschn. Kap. Till. \u00a7. 11. 5. Die Stromentmclcelung beruht\nF\u00fcfsen auf zwei Gef\u00e4fsen mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung nach Art der Zuleilungsgef\u00e4fse ruhig liegen l\u00e4fst, die aber nicht zum Kreise geschlossen sind, der Strom sich nicht entwickelt. L\u00e4fst man aber das Pr\u00e4parat nach dem ersten Auflegen auf den Zuleitungsgef\u00e4fsen, die durch den Multiplicator zum Kreise geschlossen sind, ruhig liegen, so entwickelt der Strom sich auch nicht. Er f\u00e4ngt erst an sich zu entwickeln, wenn man das Pr\u00e4parat abwechselnd auf die Gefafse bringt und wieder davon entfernt.\nMan sollte nun meinen, das Schliefsen des Pr\u00e4parates zum Kreise allein sei nicht ausreichend, den Strom zu entwickeln, es geh\u00f6re dazu abwechselndes Oeffnen und Schliefsen des Kreises. Freilich m\u00fcfste man, in Erw\u00e4gung des Erfolgs des Quecksilberbades, noch die Annahme hinzuf\u00fcgen, dafs, bei sehr guter Leitungsf\u00e4higkeit des angelegten Bogens, diese Bedingung wegfalle.\nMan lege nun aber ein Pr\u00e4parat mit dem Becken in das eine Zu-leitungsgef\u00e4fs, Z, mit den F\u00fcfsen in ein Gef\u00e4fs G mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung, welches mit beiden Zuleitungsgef\u00e4fsen im Dreieck gestellt ist, und schliefse das Pr\u00e4parat h\u00e4ufig zum Kreise, ohne es von den Gef\u00e4fsen abzuheben, indem man zwischen dem Gefafse G und dem zweiten Zuleitungsgef\u00e4fse Z' einen mit Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkten, kurzen und dicken Bausch B wcchselsweise anbringt und entfernt. Die Platinplatten entladet man dabei durch Anbringen des Schliefsungsrohres zwischen beiden Zuleitungsgef\u00e4fsen. Man kann auch den Salzbausch ruhig liegen lassen, und in den Multiplicatorkreis ein Unterbrechungsrad einschalten, welches man beliebige Zeit hindurch in Bewegung erh\u00e4lt. Gleichviel wie man verfahre, es findet auf diese Art keine Spur von Stromentwickelung statt. Wenn z. B. bei diesem Verfahren das GALVAm\u2019sche Pr\u00e4parat einen negativen Ausschlag beim ersten Auflegen gab, sieht man wohl, im Verfolg des Versuches, die negative Wirkung kleiner werden. Man gewinnt jedoch leicht die Ueberzeugung, dafs diese Abnahme von nichts herr\u00fchrt, als von der verminderten Leistungsf\u00e4higkeit des Pr\u00e4parates, nicht aber von einer beginnenden Stromentwickelung. Denn wenn das Pr\u00e4parat beim ersten Auflegen einen positiven Ausschlag gab, so sicht man bei dem hier beschriebenen Verfahren den positiven Ausschlag gleichfalls abnehmen, w\u00e4hrend er doch, wenn Stromentwickelung stattf\u00e4nde, bis zu einer gewissen Grenze zunehmen miifste. Nimmt man aber ein einzigesmal das Pr\u00e4parat von den Gef\u00e4fsen herunter, legt es ein paar Augenblicke ruhig auf eine isolirende Unterlage hin, legt es wieder auf, so beginnt unbegreiflicherweise die Stromentwickelung mit gr\u00f6fserer oder geringerer Geschwindigkeit, d. h. man erh\u00e4lt nun im positiven Sinne wachsende","page":44},{"file":"p0045.txt","language":"de","ocr_de":"auf der Benetzung der Muskeln mit der Kochsalzl\u00f6sung. 45\nAusschl\u00e4ge, wenn man den Strom von Zeit zu Zeit mit H\u00fclfe des Bausches B zwischen dem Gef\u00e4fse G und dem zweiten Zuleitungsge-f\u00e4fse Z' bei Abwesenheit des Schliefsungsrohres zwischen Z und Z' pr\u00fcft.\nWiederum sollte man meinen, wenn das Schliefsen des Pr\u00e4parates zum Kreise die Ursache der Stromentwickelung enth\u00e4lt, m\u00fcfste diese Entwickelung abh\u00e4ngig sein vom Widerstande des hergestellten Kreises, so zwar, dafs, wenn der Strom sich durch wiederholtes Auflegen auf die durch einen schlechten Leiter zwischen G und Z' zum Kreise geschlossenen Gef\u00e4fse Z und G bis zu einem gewissen oberen Grenzwerth entwickelt h\u00e4tte, er sich noch einer weiteren Entwickelung f\u00e4hig zeigen m\u00fcfste, wenn man nun zwischen G und Z' einen besseren Leiter anbringt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ich brachte zwischen G und Z', an Stelle, des Salzbausches, ein zweimal rechtwinklig gebogenes sehr d\u00fcnnes Rohr mit destillirtem Wasser, ja mit Brennspiritus an (Vergl. oben Abth. I. S. 339). Um nicht die Gleichartigkeit der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit zu gef\u00e4hrden, wurden die M\u00fcndungen des Rohres mit Pfropfen aus Fliefspapier verschlossen, die mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkt waren. Die bedeutende Schw\u00e4chung, welche der bereits entwickelte Strom eines Pr\u00e4parates erlitt, wenn der Salzbausch zwischen G und Z' durch dies Rohr ersetzt wurde, bekundete hinl\u00e4nglich, dafs der Widerstand des Rohres neben dem eines Pr\u00e4parates im Kreise allerdings sehr in Betracht kam. Nichtsdestoweniger zeigte es sich, dafs, wenn ich bei Einschaltung des Widerstandrohres ein Pr\u00e4parat seinen Strom durch wiederholtes Auflegen auf Z und G entwickeln liefs, der Strom auch v\u00f6llig entwickelt erschien, wenn ich an Stelle des Rohres den unvergleichlich besser leitenden Salzbausch brachte. Es war die entfernte M\u00f6glichkeit vorhanden, dafs dies deshalb der Fall sei, weil das eine Bein dem anderen eine Nebenschliefsung darbot, welche schon allein vollst\u00e4ndig zur Entwickelung hinreichte. Ich wiederholte also die n\u00e4mlichen Versuche, statt mit dem GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parat, mit einem einzelnen Bein, allein mit keinem anderen Erfolg.\nDiese Wahrnehmung enthielt einen Wink, den ich nicht unben\u00fctzt vor\u00fcbergehen liefs. In der That, es hatte danach den Anschein, als sei der schliefsende Bogen zwischen den Gef\u00e4fsen f\u00fcr die Entwickelung des Stromes von keinerlei Bedeutung. Vielleicht also k\u00f6nnte sogar der Widerstand des Bogens unendlich sein, d. h. der Bogen ganz und gar fortbleiben, und der Strom w\u00fcrde sich dennoch entwickeln, wofern nur das Pr\u00e4parat wechselsweise aufgelegt und abgehoben w\u00fcrde. Denn ich hatte mich wohl \u00fcberzeugt, dafs bei offenen Gef\u00e4fsen der Strom sich nicht entwickele, wenn man das Pr\u00e4parat auf den Gef\u00e4fsen ruhig","page":45},{"file":"p0046.txt","language":"de","ocr_de":"46\t3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. 11. 5. Die Stromentniclcelung beruht\nliegen lasse; aber den Erfolg beim wechselweisen Auflegen und Abheben bei offenen Gefafsen hatte ich noch nicht gepr\u00fcft.\nDies that ich nun und fand wirklich, dafs, wenn ich bei offenen Gefafsen ein Pr\u00e4parat mehreremal auflegte, es abnahm und ruhig auf den Tisch hinlegte, wie ich es sonst that um w\u00e4hrenddem die Nadel zu beruhigen und die Ladungen zu tilgen, der Strom sich gerade so schnell und vollst\u00e4ndig entwickelte, als ob die Gef\u00e4fse geschlossen gewesen w\u00e4ren. Also in dieser blofsen Handhabung des Auflegens, des Abhebens und Hinwerfens auf eine isolirende Unterlage mufste noth-wendigerweise die Stromentwickelung begr\u00fcndet sein.\nVon hier aus war es nicht schwer, dem eigentlichen Kern der Erscheinung auf die Spur zu kommen. Dafs die mechanischen Wirkungen, die das Pr\u00e4parat bei jener Handhabung erfuhr, auf die Entwickelung von keinem Einflufs seien, war bald ausgemacht. Ich konnte das Pr\u00e4parat zwischen Wachstaffent oder Guttaperchaplatten quetschen und kneten, ohne Stromentwickelung herbeizuf\u00fchren. Es blieb, als m\u00f6glicher Grund f\u00fcr die Entwickelung, nur noch folgender Umstand \u00fcbrig. Ich bemerkte, dafs an den Stellen des Tisches oder der Porzellanfliesen (S. oben Bd. I. S. 460), wo ich, zwischen je zweimaligem Auflegen, das Pr\u00e4parat hingelegt hatte, ein mit blutiger Fl\u00fcssigkeit gemaltes Abbild der Gliedmafsen hinterblieb. Diese Fl\u00fcssigkeit war ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung, welche sich von den damit benetzten F\u00fcfsen und dem Becken her durch Haarr\u00f6hrchen-Anziehung zwischen dem Tisch und der feuchten Oberfl\u00e4che der Muskeln hingezogen hatte. Das wiederholte Auflegen, Abheben und ruhige Hinlegen des Pr\u00e4parates stellte also vermuthlich nichts anderes vor, als wiederholtes Benetzen des Pr\u00e4parates mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung in seiner ganzen Ausdehnung, vorz\u00fcglich aber an der R\u00fcckenfl\u00e4che, auf die ich es zu legen pflegte.\nHiemit war das Rechte getroffen, wie aus folgenden Versuchen hervorgeht. Ich tauchte das parelektronomische Pr\u00e4parat in Kochsalzl\u00f6sung und liefs es einige Zeit lang ruhig liegen. Als ich es auf seinen Strom pr\u00fcfte, fand ich ihn vollst\u00e4ndig entwickelt. Ich liefs es in der Kochsalzl\u00f6sung selber liegen; der Strom wurde in noch k\u00fcrzerer Zeit vollst\u00e4ndig entwickelt. Ich tauchte das Pr\u00e4parat in die L\u00f6sung, legte es auf Z und G auf, und pr\u00fcfte die Entwickelung des Stromes durch Schliefsen mit dem Salzbausch zwischen G und Z', w\u00e4hrend ich die Ladungen mittelst des Schliefsungsrohres zwischen Z und Z' tilgte. Der Strom entwickelte sich, gerade wie wenn das Pr\u00e4parat unabsichtlich durch Haarr\u00f6hrchen-Anziehung, w\u00e4hrend des ruhigen Lie-gens nach einmaligem Auflegen, mit Salzl\u00f6sung benetzt worden w\u00e4re.","page":46},{"file":"p0047.txt","language":"de","ocr_de":"auf der Benetzung der Muskeln mit der Kochsalzl\u00f6sung. 47\nIch taiichte nur die Unterschenkel in die Salzl\u00f6sung ein und sch\u00fctzte die Oberschenkel vor der Benetzung damit, der Strom schien bald v\u00f6llig entwickelt. Als ich jetzt aber auch noch die Oberschenkel eintauchte, zeigte sich\u2019s, dafs ihm noch der Antheil fehlte, der von diesen herr\u00fchrt; er ging nun noch merklich h\u00f6her.\nEs versteht sich \u00fcbrigens, dafs in allen diesen Versuchen die Kochsalzl\u00f6sung, abgesehen von der Wirkung, die sie auf die Entwickelung des Stromes aus\u00fcbt, in Bezug auf den Multiplicatorkreis als stromschw\u00e4chende Nebenschliefsung auftritt. Wenn der Strom eines damit benetzten Pr\u00e4parates v\u00f6llig entwickelt erscheint, und das Pr\u00e4parat wird mit Wasser abgesp\u00fchlt und getrocknet, nimmt die Multi-plicatorwirkung betr\u00e4chtlich an St\u00e4rke zu; ein Vorgang, der nicht mit einer ferneren Stromentwickelung verwechselt werden darf (S, oben Bd. I. S. 688).\nAuf der anderen Seite l\u00e4fst sich zeigen, dafs das Auflegen, Abheben und Ruhigliegenlassen den Strom nicht entwickelt, wenn man dabei vermeidet, dafs sich durch Haarr\u00f6hrchen-Anziehung das Pr\u00e4parat in weiterer Ausdehnung benetzt. Dies kann man auf verschiedene Art erreichen. Erstens, indem man das Pr\u00e4parat, statt es auf den Tisch zu legen, \u00fcber ausgespannte F\u00e4den wagrecht frei in der Luft ausbreitet. F\u00fcrs zweite, indem man es erst auf den Tisch legt, nachdem man Becken und F\u00fcfse mit der Spritzflasche von der Salzl\u00f6sung befreit und sorgsam abgetrocknet hat. Endlich drittens, indem man es mit der R\u00fcckenfl\u00e4che auf die gew\u00f6lbte Seite eines gleich einer Fafsdaube vor dem Feuer gebogenen Brettchens (eines St\u00fcckes Cigarrenkiste) von etwa 15mm Breite, 90\u201cm L\u00e4nge und 80\"\u201d\u201d Kr\u00fcmmungshalbmesser dergestalt bindet, dafs es die Enden des Brettchens mit Becken und F\u00fcfsen \u00fcberragt. Diese kann man alsdann eintauchen, und das Pr\u00e4parat mit den benetzten Endpunkten gleich einem Br\u00fcckenbogen auf den Tisch stellen, ohne dafs sich Salzl\u00f6sung seiner Oberfl\u00e4che entlang zieht. So kann man das Pr\u00e4parat beliebig oft auflegen, abheben und ruhig hinstellen, ohne dafs der Strom sich entwickelt. Man kann es auch mit dem Becken und den F\u00fcfsen als Br\u00fcckenbogen in eine flache Sch\u00fcssel mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung stellen; der Strom entwickelt sich nicht. Er entwickelt sich aber sofort, wenn man das Pr\u00e4parat, mit dem Bogen, an den es gebunden ist, auch nur einmal durch Kochsalzl\u00f6sung zieht.\nAus alledem geht mit Gewifsheit hervor, dafs es in der That das zuf\u00e4llige Benetzen mit Kochsalzl\u00f6sung bei der Handhabung des Auflegens, Abhebens, Ruhigliegenlassens war, wodurch der Strom zur Entwickelung kam. Dies macht die vorherigen r\u00e4thselhaften Ergebnisse nun mit einemmale verst\u00e4ndlich. Es wird klar, weshalb das einmalige","page":47},{"file":"p0048.txt","language":"de","ocr_de":"48\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 5. Die Stromenltvichelung beruht\nAuflegen und Liegenlassen auf den offenen sowohl als geschlossenen Hc. Gef\u00e4fsen oder auch das \u00f6ftere Zurakreiseschliefsen eines unverr\u00fcckt auflie-genden Pr\u00e4parates, den Strom unentwickelt lasse, denn es fehlt dabei die Gelegenheit zur Benetzung mit Kochsalzl\u00f6sung. Weshalb der Strom anfange sich zu entwickeln, sobald nur einmal das Pr\u00e4parat abgehoben und auf den Tisch hingelegt worden ist, denn dabei \u00fcberzieht es sich mit einer Schicht Kochsalzl\u00f6sung. Weshalb nichts ankomme auf den Widerstand des das Pr\u00e4parat zum Kreise schliefsenden Bogens, ja weshalb dieser Widerstand sogar unendlich, d. h. der Kreis ge\u00f6ffnet sein k\u00f6nne, unbeschadet der Stromentwickelung, denn gleichviel ob der Kreis zur Entwickelung beitrage oder nicht, was wir noch nicht wissen, jedenfalls reicht die Benetzung mit Kochsalzl\u00f6sung aus, die Entwickelung bald vollst\u00e4ndig herbeizuf\u00fchren.\nWas die Zeit betrifft, welche nothwendig ist, damit durch die Einwirkung der Kochsalzl\u00f6sung der Strom zur Entwickelung komme, so h\u00e4lt es schwer, eine genaue Angabe dar\u00fcber zu machen. Diese Zeit ist jedoch eingeschlossen zwischen etwa 1' und T.5, d. h., wenn man Pr\u00e4parate beziehlich diese Zeitr\u00e4ume hindurch in Kochsalzl\u00f6sung liegen l\u00e4fst, sie darauf mit Wasser absp\u00fchlt, pr\u00fcft, von Neuem in L\u00f6sung legt und nach einer gewissen Zeit abermals absp\u00fchlt und pr\u00fcft, so findet man in dem ersten Fall h\u00e4ufig, in dem zweiten Fall selten, dafs durch das zweite Eintauchen noch eine Verst\u00e4rkung des Stromes um einige Grade herbeigef\u00fchrt worden ist. Gr\u00f6fser wird die zur vollst\u00e4ndigen Entwickelung des Stromes nothwendige Zeit in dem Fall, wo das Pr\u00e4parat nicht in die L\u00f6sung getaucht, sondern nur der zuf\u00e4lligen Benetzung mit der L\u00f6sung beim wiederholten Auflegen preisgegeben wird. Alsdann findet man, wie bereits oben S. 35 angegeben wurde, dafs der Strom sich gemeiniglich bis zum f\u00fcnften Mal steigert, von da ab wiederum sinkt. Es kostet aber jede Pr\u00fcfung des Pr\u00e4parates auf die St\u00e4rke seines Stromes, wegen des noth-wendigen Beruhigens der Nadel und Abgleichens der Ladungen, 3\u20144' Zeit, so dafs der ganze Entwickelungsvorgang zu seiner Vollendung in dieser Art eine Viertelstunde bis 20' in Anspruch nimmt. Dies heifst aber im Grunde begreiflich nur so viel, als dafs sich im Durchschnitt bei f\u00fcnfmaligem Auflegen alle die Zuf\u00e4lligkeiten ereignet haben, welche nothwendig sind, um das Pr\u00e4parat an allen den Stellen, wo es f\u00fcr die Entwickelung des Stromes von Wichtigkeit ist, mit Kochsalzl\u00f6sung zu \u00fcberziehen. Daher denn auch, bei dieser Versuchsweise, die zur Entwickelung n\u00f6thige Zeit im Allgemeinen mit der L\u00e4nge der Zeitr\u00e4ume w\u00e4chst, die man zwischen den einzelnen Malen des Auflegens l\u00e4fst. Die Folge wird \u00fcbrigens lehren, dafs sich an die Kenntnifs der","page":48},{"file":"p0049.txt","language":"de","ocr_de":"auf der Benetzung der Muskeln mit der Kochsalzl\u00f6sung.\n49\nabsoluten Zeitdauer der Stromentwickelung durch die Kochsalzl\u00f6sung durchaus kein wesentliches Interesse kn\u00fcpft.\n6. Die Stromentwickelung an den parelektronomischen Muskeln in unseren Versuchen ist die Folge des Benetzens allein des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit der Kochsalzl\u00f6sung der Zuleitungs-gef\u00e4fse oder dem Hiihnereiweifs der Eiweifsh\u00e4utchen.\nWir wissen nun, dafs Untertauchen der parelektronomischen Glied-mafsen unter Quecksilber und Benetzen derselben mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung den Strom zur Entwickelung bringt, dafs er dagegen nicht hervortritt, wenn ein Pr\u00e4parat zwischen F\u00fcfsen und Becken noch so lange zum Kreise geschlossen bleibt. Das Quecksilber und die Kochsalzl\u00f6sung haben dem Anschein nach nur eine Eigenschaft gemein, auf die es hier ankommen kann, im Vergleich zu den thierischen Theilen gute Leiter zu sein. Es liegt folglich die Muthmafsung nahe, das Bedingende der Stromentwickelung beim Eintauchen in jene beiden Fl\u00fcssigkeiten liege darin, dafs eine gute Leitung unmittelbar zwischen nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt der oberfl\u00e4chlichen Muskeln des GALvANi\u2019schen Pr\u00e4parates hergestellt werde. Diese Muthmafsung wollen wir jetzt einer Pr\u00fcfung unterwerfen. Wir wenden uns, zu diesem Zweck, zur Untersuchung der Bedingungen der Stromentwickelung an einem einzelnen Muskel, dem Gastroknemius oder dem Extensor cruris, welche einen ausgedehnten nat\u00fcrlichen Querschnitt darbieten. Es scheint nun anfangs wirklich, als ob es gel\u00e4nge, mit H\u00fclfe dieser Muskeln die Richtigkeit der ausgesprochenen Vermuthung zu best\u00e4tigen.\nMan legt einen Gastroknemius mit seinem rothen Fleisch auf das Eiweifsh\u00e4utchen des einen Bausches, mit der Ausbreitung der Achillessehne auf das des anderen, und schliefst, neben dem Gastroknemius, zwischen beiden B\u00e4uschen mittelst des Schliefsungsbausches. Auf diese Weise ist die Kette zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt des Muskels dauernd und doppelt geschlossen, einmal durch den Multiplicatorkreis, f\u00fcr\u2019s zweite durch den Schliefsungsbausch. Der Schliefsungsbausch bildet aber in Bezug auf den Multiplicatorkreis eine so gute Neben-schliefsung, dafs selbst bei v\u00f6llig entwickeltem Strome die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom nur eine kaum merkliche Spur davon anzuzeigen vermag. Beim Entfernen des Muskels, w\u00e4hrend der Schliefsungsbausch liegen bleibt, geben sich gleichfalls nur ganz unmerkliche Ladungen der Platinenden des Multiplicators kund. Hebt man dagegen den Schliefsungsbausch ab, w\u00e4hrend der Muskel liegen bleibt, so bleibt dieser allein durch den Multiplicatorkreis zur Kette","page":49},{"file":"p0050.txt","language":"de","ocr_de":"50\t<?. Abschn, Kap. VIII. \u00a7. II. 6. Die Stromentmiclcelung beruht allein\ngeschlossen, und die Nadel beschreibt einen Ausschlag genau als ob man den Muskel bei vorher ganz ge\u00f6ffnetem Kreise eben auf die B\u00e4usche gelegt h\u00e4tte. Man vermag also, auf diese Art, durch blofses Abheben des Schliefsungsbausches von Zeit zu Zeit und ohne sonst irgend etwas an der Anordnung zu ver\u00e4ndern, den zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt dauernd geschlossenen Muskel auf die Entwickelung seines Stromes zu pr\u00fcfen. Dies ist weit vortheilhafter, als wenn man den Muskel anderweitig zum Kreise schl\u00f6sse und ihn zu jeder Pr\u00fcfung aus diesem Kreise auf die B\u00e4usche br\u00e4chte. Man w\u00fcrde dabei nicht sicher sein, ihm stets wieder dieselbe Lage zu ertheilen, und m\u00f6glicherweise k\u00f6nnte von irgend welchem Umstande beim wiederholten Auflegen, statt vom dauernden Aufenthalt im Kreise, die Entwickelung des Stromes herr\u00fchren.\nVerf\u00e4hrt man nun dergestalt mit einem parelektronomischen Muskel, so findet man, dafs sich sein positiver Strom im Verlauf des Auf-liegens bald vollst\u00e4ndig entwickelt, gerade wie wir dies oben S. 35 beobachtet haben, wo wir den Muskel wechselsweise abhohen und wiederum auflegten. Uebrigens dauert die Stromentwickelung am Gastro-knemius, der mit L\u00e4ngs- und Querschnitt auf den mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten B\u00e4uschen aufliegt, sehr viel l\u00e4nger als an einem Pr\u00e4parate, welches unter Kochsalzl\u00f6sung getaucht wird, wenn auch nicht gerade l\u00e4nger als an einem solchen, welches der zuf\u00e4lligen Benetzung beim wiederholten Auflegen preisgegeben wird (S. oben S. 48). Dieser letztere Umstand ist beil\u00e4ufig Schuld daran, dafs wir oben S. 35 nicht bemerken konnten, wie die Dauer der Entwickelung von der Art des Schlie-fsens zur Kette abh\u00e4ngig sei und folglich die Entwickelung nicht freiwillig nach dem Enth\u00e4uten der Gliedmafsen vor sich gehen k\u00f6nne, sondern irgendwie durch das Schliefscn derselben zur Kette bedingt sein m\u00fcsse.\nUebrigens versteht es sich von vorn herein, dafs auch ein einzelner Gastroknemius, den man 1'\u2014 1',5'in Kochsalzl\u00f6sung taucht, gleich einem ganzen Pr\u00e4parate mit v\u00f6llig entwickeltem Strome daraus hervorgeht. Dabei giebt sich aber ein fernerer Umstand zu erkennen, auf den wir gleichfalls oben S. 35 noch nicht aufmerksam werden konnten, und der von grofser Wichtigkeit zu werden verspricht. Entwickelt man n\u00e4mlich den Strom des einen Gastroknemius eines Frosches durch Auflegen auf die mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten B\u00e4usche, den Strom des anderen Gastroknemius desselben Frosches aber durch Eintauchen in Kochsalzl\u00f6sung, so findet man, dafs der Strom des letzteren den des ersteren an endlicher St\u00e4rke weit \u00fcbertrifft.\nJetzt wollen wir den parelektronomischen Muskel statt mit L\u00e4ngsund Querschnitt, auf andere Weise, z. B. mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes","page":50},{"file":"p0051.txt","language":"de","ocr_de":"auf Benetzung des nat. Querschnittes mit den Zuleitungsfl\u00fcssigheiten. 51\nallein, oder mit sehnigen Enden, in den Kreis bringen. Dabei wird also zugleich zur Erledigung kommen die oben S. 37 offen gebliebene Frage nach dem Verhalten erk\u00e4lteter Muskeln bei diesen Arten der Ableitung. Man n\u00e4here die B\u00e4usche einander, versehe die Eiweifsh\u00e4ut-chen in hergebrachter Weise mit Glimmerbl\u00e4ttchen die nur ihren Rand frei lassen, und br\u00fccke dar\u00fcber einen parelektronomischen Semimembranosus oder Adductor magnus Cuv. mit symmetrischen oder asymmetrischen Punkten des L\u00e4ngsschnittes. Es findet keine Entwickelung statt; d. h. bei asymmetrischen Punkten tritt der geh\u00f6rige Strom nicht hervor, bei symmetrischen findet man bei nachheriger Pr\u00fcfung den Strom zwischen L\u00e4ngsschnitt und nat\u00fcrlichem Querschnitt noch unentwickelt vor.\nMan bringe sodann zwischen den B\u00e4uschen die Spitze der dreieckigen Glasplatte Fig. 28. Taf. I. Fig. 40. Taf. IV. Bd. I. an, lege darauf einen parelektronomischen Gastroknemius, und lasse ihn diesmal die B\u00e4usche, die dabei nicht mit Eiweifsh\u00e4utchen \u00fcberzogen zu sein brauchen, statt, wie fr\u00fcher, mit L\u00e4ngs- und Querschnitt, nur mit sehnigen Enden ber\u00fchren. Es ist uns diese Art, den Strom des Gastroknemius abzuleiten, schon von fr\u00fcherher wohlbekannt (S. oben Bd. I. S. 495. 496. 515). Man erinnert sich, dafs der Gastroknemius, wenn er im vollen Besitze seines Stromes ist, dabei mit sehr grofser Kraft in aufsteigender Richtung wirkt. Nichtsdestoweniger zeigt sich in dieser Lage abermals das Schliefsen des Muskels zum Kreise auch bei noch so langer Dauer unf\u00e4hig, den Strom zu entwickeln. H\u00f6chstens eine leise Spur, im Bereiche von ein paar Graden, kommt in einigen F\u00e4llen nach stundenlanger Frist zum Vorschein. Dasselbe ist aber auch manchmal der Fall, wenn man den Muskel, ohne ihn auf irgend eine Art zur Kette zu schliefsen, auf nichtleitender Unterlage sich selbst \u00fcberl\u00e4fst.\nAlso beim Aufliegen des Muskels mit seinen sehnigen Enden entwickelt der Strom sich nicht, so wenig als beim Aufliegen mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein und so wenig als der Strom eines Galvani\u2019-schen Pr\u00e4parates, welches mit F\u00fcfsen und Becken auf den Zuleitungs-gef\u00e4fsen aufliegt. Es ist dies beil\u00e4ufig ein Fund von grofser praktischer Wichtigkeit f\u00fcr den Verfolg der Untersuchung. Denn wir sind dadurch in Stand gesetzt, die Entwickelungsstufe des Stromes des Gastroknemius zu bestimmen, und ihn auf einer gegebenen Stufe beliebig oft der Pr\u00fcfung zu unterwerfen, ohne Gefahr zu laufen, durch die Pr\u00fcfung selber den Stand der Entwickelung zu ver\u00e4ndern, wie dies, dem Obigen nach, unfehlbar der Fall sein w\u00fcrde, wenn wir den Muskel mit L\u00e4ngs- und Querschnitt auflegten. Es versteht sich hienach von selber, dafs fortan jedesmal, wo es sich um die Pr\u00fcfung eines par-\n4\u00b0","page":51},{"file":"p0052.txt","language":"de","ocr_de":"52 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 6. Die Stromenhviclcelung beruht allein\nelektronomischen Gastroknemius auf die Entwickelung seines Stromes handelt, der Muskel als mit sehnigen Enden aufgelegt zu denken ist.\nEs hat sich also, dem Anschein nach, vollst\u00e4ndig bew\u00e4hrt die zu Anfang hingestellte Verrauthung, es sei die unmittelbare Verbindung von L\u00e4ngs- und Querschnitt nothwendig, damit der Strom sich entwickele. Lassen wir indefs, durch diese scheinbare Ueber-einstimmung einiger Thatsachen, unsere Wachsamkeit nicht einschl\u00e4fern. Vergessen wir nie, dafs wir uns auf einem Gebiete bewegen, auf dem man, wenn der Ausdruck verg\u00f6nnt ist, nicht unterlassen darf sich zu vergewissern, ob auch wirklich ein Stein falle. Setzen wir unsere Meinung, es sei eine Verbindung von L\u00e4ngs- und Querschnitt in der bisher verwirklichten Art nothwendig, damit der Strom sich entwickele, auf die n\u00e4mliche Probe, vor der oben S. 45 unsere damalige Vorstellung nicht bestand, es gen\u00fcge, um Entwickelung herbeizuf\u00fchren, dafs das GALVANi\u2019sche Pr\u00e4parat \u00fcberhaupt zwischen beliebigen Punkten, z. B. Becken und F\u00fcfsen, zum Kreise geschlossen werde. Wir dachten uns damals, dafs, wenn dieses Schliefsen zum Kreise die Entwickelung bedinge, doch wahrscheinlich auch der Widerstand des Kreises dabei in Betracht komme, so zwar, dafs ein Pr\u00e4parat, dessen Strom f\u00fcr einen schlecht leitenden Kreis v\u00f6llig entwickelt erscheine, sich beim Anlegen eines besser leitenden Bogens noch einer ferneren Stromentwickelung f\u00e4hig zeigen w\u00fcrde. Diese Erwartung ward get\u00e4uscht. Wir fanden vielmehr eine v\u00f6llige Unabh\u00e4ngigkeit des schliefslich erreichten Entwickelungsgrades vom Widerstande des angelegten Bogens, und wurden so darauf gef\u00fchrt, dafs vielleicht dieser Bogen selber gar nichts m\u00f6ge mit der Entwickelung zu schaffen haben, eine Muthmafsung, die bald zur v\u00f6lligen Gewifsheit ward.\nHier jedoch k\u00f6nnte man meinen, in der geringeren Schnelligkeit und St\u00e4rke der Stromentwickelung beim Aufliegen des Muskels auf den mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten B\u00e4uschen im Vergleich zu der beim Eintauchen in Kochsalzl\u00f6sung, den Einflufs des gr\u00f6fseren Widerstandes des angelegten Bogens bereits unzweideutig zu erkennen. Um nun diesen Einflufs, wenn er wirklich vorhanden ist, unmittelbar nachzuweisen, lassen sich verschiedene Anordnungen treffen. Die einfachste ist folgende. Man legt auf eine Glasplatte nebeneinander zwei Zwischenb\u00e4usche. Gegen einander \u00fcber liegende Stellen der B\u00e4usche werden mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleidet, und mit dem Gastroknemius \u00fcberbr\u00fcckt. Zwischen beliebigen anderen Punkten der B\u00e4usche stellt man die schlechtleitende Verbindung her, sei\u2019s mit einem feuchten Faden, sei\u2019s mit einem Widerstandsrohre gleich dem oben S. 45 erw\u00e4hnten, dessen Fliefspapierstopfen man mit den B\u00e4uschen in Ber\u00fchrung bringt. Von Zeit zu Zeit pr\u00fcft man den Gastro-","page":52},{"file":"p0053.txt","language":"de","ocr_de":"auf Benetzung des nat. Querschnittes mit den Zulcitungsfl\u00fcssiglceiten. 53\nknemius auf die Entwickelung seines Stromes, indem man den Strom von den beiden sehnigen Enden ableitet. Ist der Strom scheinbar v\u00f6llig entwickelt, so bringt man an Stelle der schlechten Leitung zwischen den B\u00e4uschen eine beliebig gute Leitung an. Es findet aber dadurch keine merkliche Entwickelung mehr statt. Die entwickelnde Ursache scheint also auch hier von dem Widerstande des Bogens unabh\u00e4ngig zu sein, und die geringere Schnelligkeit und St\u00e4rke der Entwickelung beim Aufliegen auf den B\u00e4uschen im Vergleich zu der heim Eintauchen in Kochsalzl\u00f6sung mufs auf etwas anderem beruht haben, als auf einem Unterschiede der Widerst\u00e4nde der angelegten B\u00f6gen in beiden F\u00e4llen.\nVielleicht kann nun sogar der Widerstand unendlich grofs sein, ohne dafs die Entwickelung beeintr\u00e4chtigt wird, d. h. vielleicht brauchen die B\u00e4usche gar nicht zur Kette geschlossen zu sein (Vergl. oben S. 45). So zeigt es sich in der That. Es gen\u00fcgt, um nach einiger Zeit den Strom vollst\u00e4ndig entwickelt zu sehen, an L\u00e4ngs- und Querschnitt des Gastroknemius mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleidete B\u00e4usche zu bringen, die nicht unter sich zum Kreise geschlossen sind.\nJetzt mufste versucht werden, ob es vielleicht auch hinreichend sei, nur an L\u00e4ngsschnitt, oder nur an Querschnitt, einen mit einem Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten Bausch hinanzuschieben. Ich fand, dafs das Anlegen eines solchen Bausches an den L\u00e4ngsschnitt den Strom nicht viel st\u00e4rker entwickele, als wenn der Muskel sich selber \u00fcberlassen bleibt, d. h. nur spurweise; dafs hingegen der Strom zur Entwickelung gelangt, wenn ein mit dem Eiweifsh\u00e4utchen bekleideter Bausch die Ausbreitung der Achillessehne in \u2018 einiger Ausdehnung ber\u00fchrt. Endlich entfernte ich auch noch den Bausch und behielt nur das Eiweifsh\u00e4utchen bei, womit ich, statt des Bausches, den Rand einer der oben Bd. I. S. 460 erw\u00e4hnten Porzellanfliesen bekleidete. Legte ich den Gastroknemius mit seinem Kopfende auf irgend einen isolirenden K\u00f6rper, mit der Ausbreitung der Achillessehne auf jenes Eiweifsh\u00e4utchen, so fand Stromentwickelung statt, so gut wie in dem ersten Versuche dieser Nummer, wo die Kette zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt dauernd und doppelt durch vorz\u00fcgliche Leitungen geschlossen war.\nEs geht hieraus hervor, dafs diese Leitungen, in jenem Versuch und in den sp\u00e4teren, ganz \u00fcberfl\u00fcssig waren. Die blofse Gegenwart des Eiweifsh\u00e4utchens am nat\u00fcrlichen Querschnitt ist ausreichend, um den Strom zu entwickeln. Es ist also kein Wunder, dafs der Widerstand der Leitungen sich von gar keinem Einflufs auf die Entwickelung zeigte. Ebenso, l\u00e4fst sich jetzt schliefsen, war es wohl in allen Versuchen, in welchen wir die Entwickelung durch Benetzen mit Kochsalzl\u00f6sung herbeif\u00fchrten, ganz \u00fcberfl\u00fcssig, dafs sich die Benetzung","page":53},{"file":"p0054.txt","language":"de","ocr_de":"54\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 7 (i). Wie eine Fl\u00fcssigkeit\nauch auf den nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt erstreckte. Es kam gewifs auch hier nicht darauf an, dafs die L\u00f6sung eine gute Leitung zwischen den beiden ungleichartigen Fl\u00e4chen des Muskels herstellte. Es wird, um den Strom zu entwickeln, gen\u00fcgen, den nat\u00fcrlichen Querschnitt allein mit der L\u00f6sung zu benetzen, w\u00e4hrend das Benetzen des L\u00e4ngsschnittes sich auch hier vergleichweise ganz unwirksam erweisen wird.\nDies ist denn auch wirklich der Fall. Wenn man den Muskel mit der Ausbreitung der Achillessehne, statt gegen den mit einem Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten Rand einer Porzellanfliese, gegen den des Eiweifsh\u00e4utchens beraubten Salzbausch lehnt, tritt der Strom ungef\u00e4hr mit derselben Geschwindigkeit und ebenso stark hervor, als da wir den ganzen Muskel unter Kochsalzl\u00f6sung brachten. Verf\u00e4hrt man auf gleiche Weise mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein, so zeigt sich keine mit der fr\u00fcheren irgend vergleichbare Entwickelung.\n7. Die Stromentwickelung an den parelektronomischen Muskeln kann herbeigef\u00fchrt werden durch Benetzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit beliebigen chemisch wirksamen Fl\u00fcssigkeiten, gleichviel ob leitender oder nichtleitender Art.\n(i) Verfahren, verschiedene Fl\u00fcssigkeiten auf ihrVerm\u00f6gen zurEnt-wickelung des Stromes parelektronomischer Muskeln zu pr\u00fcfen.\nWir haben nunmehr drei Arten kennen gelernt, den Strom der parelektronomischen Muskeln zur Entwickelung zu bringen. Erstens durch l\u00e4ngeres Verweilen der Muskeln unter Quecksilber; zweitens durch Benetzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit H\u00fchnereiweifs und drittens durch Benetzen desselben mit Kochsalzl\u00f6sung. Lassen wir die erste Art der Entwickelung, diejenige n\u00e4mlich durch ein Quecksilberbad, vorl\u00e4ufig auf sich beruhen. Sie wird sich sp\u00e4ter auf ebenso \u00fcberraschende als befriedigende Weise, nur als eine unwesentliche Ab\u00e4nderung der beiden anderen Arten erweisen. Gehen wir lieber darauf aus, das allgemeine Prinzip zu finden, welches diesen letzteren zu Grunde liegen mag. Der Weg dazu wird sein, zu untersuchen, ob auch andere Fl\u00fcssigkeiten im Stande sind, den Strom zu entwickeln, als gerade Kochsalzl\u00f6sung und H\u00fchnereiweifs, und wenn dies, wie wir wohl annehmen d\u00fcrfen, der Fall ist, welche die gemeinsame Eigenschaft dieser Fl\u00fcssigkeiten, also die zur Entwickelung nothwendige und wesentliche sein mag.\nMan kann, bei der Pr\u00fcfung der Fl\u00fcssigkeiten auf ihre stromentwickelnde F\u00e4higkeit, auf verschiedene Art zu Werke gehen.\nMan kann erstlich den Muskel, nachdem man ihn zwischen seinen sehnigen Enden auf den Entwickelungszustand seines positiven Stromes","page":54},{"file":"p0055.txt","language":"de","ocr_de":"auf ihr Verm\u00f6gen zur Stromentwickelung zu pr\u00fcfen sei.\tgg\ngepr\u00fcft hat, in die Fl\u00fcssigkeit tauchen, ihn darin eine gen\u00fcgende Zeit verweilen lassen, und ihn, nachdem man ihn abgesp\u00fchlt hat, abermals zwischen seinen sehnigen Enden einer Pr\u00fcfung unterwerfen. Dabei gelangt man jedoch nie zur Sicherheit, dafs nicht an den sehnigen Enden Spuren der Fl\u00fcssigkeit haften geblieben sind, welche den Strom durch Ver\u00e4nderung des Widerstandes entsprechend ver\u00e4ndern, bei leitenden Fl\u00fcssigkeiten aber aufserdem noch elektromotorisch wirken k\u00f6nnen; der L\u00e4ngsschnitt wird ohne Noth ange\u00e4tzt; es ist schwer, den Muskel stets wieder in genau gleicher Art aufzulegen; endlich erlangt man eine Vorstellung von der Geschwindigkeit, mit der die verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten den Strom entwickeln, nur durch die schwierige und langwierige Bestimmung der Zeit, die die Muskeln darin verweilen m\u00fcssen, um den oberen Grenzwerth ihrer positiven Wirksamkeit zu erlangen;\nBesser ist schon das Verfahren, dem Querschnitt des Muskels kleine Fliefspapierb\u00e4usche anzulegen, welche mit der zu pr\u00fcfenden Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkt sind; wenigstens bleiben dabei L\u00e4ngsschnitt und und sehnige Enden von der entwickelnden Fl\u00fcssigkeit verschont.\nDiese beiden Verfahrungsarten sind es im Wesentlichen, die wir in unseren bisherigen Versuchen mit der Kochsalzl\u00f6sung und dem H\u00fchnereiweifs, durch zuf\u00e4llige Umst\u00e4nde geleitet, in Anwendung gebracht haben. Dabei hatten wir aber, bei dem ersten Verfahren, den g\u00fcnstigen Umstand f\u00fcr uns, dessen wir jetzt verlustig gehen, dafs die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit einerlei mit der war, die die feuchten Multiplicator-enden bildet, so dafs wir wenigstens keine St\u00f6rungen durch eine etwaige elektromotorische Wirksamkeit der entwickelnden Fl\u00fcssigkeit zu besorgen brauchten. Weit leichter in\u2019s Werk zu setzen und entscheidender in ihrem Erfolge als jene beiden ist nachstehende Versuchsweise, der wir daher auch fortan den Vorzug schenken werden.\nDer Muskel ruht mit seiner Tibialfl\u00e4che auf der dreieckigen Glastafel, kehrt die Ausbreitung der Achillessehne frei nach oben, und ber\u00fchrt die beiden B\u00e4usche mit seinen sehnigen Enden. Zwischen den R\u00e4ndern der Glasplatte und den B\u00e4uschen bleibt ein Zwischenraum von einigen Millimetern. W\u00e4hrend der Muskel dergestalt aufliegt und die Nadel auf Null verharrt oder sich im negativen Quadranten, oder auch bereits im positiven Viertel der Theilung in best\u00e4ndiger Ablenkung befindet, tr\u00e4gt man die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit auf den nat\u00fcrlichen Querschnitt des Muskels mit einem Haarpinsel oder einem Glasst\u00e4bchen auf. Der Erfolg zeigt sich entweder augenblicklich an der Nadel, oder man erkennt ihn bei langsamerer Entwickelung dadurch, dafs man zwischen den B\u00e4uschen neben dem Muskel mit dem","page":55},{"file":"p0056.txt","language":"de","ocr_de":"56\t3. -dbschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 11. 7 (u). Stromentwichelung durch\nSchliefsungsbausche schliefst, dann, nach getilgten Ladungen, den Bausch wieder abhebt (Vergl. oben S. 49. 50). Bei diesem Verfahren hat man keine der oben aufgez\u00e4hlten St\u00f6rungen von Seiten der Fl\u00fcssigkeiten zu f\u00fcrchten, da die sehnigen Enden davon frei bleiben. Der Muskel bleibt unverr\u00fcckt, mit Ausnahme h\u00f6chstens des Falles, dafs er durch die zu pr\u00fcfende Fl\u00fcssigkeit in Zuckung versetzt wird. Endlich aber hat man an der Lebhaftigkeit der Nadelbewegung, welche auf das erste Benetzen mit der Fl\u00fcssigkeit folgt, ein bequemes und innerhalb der Grenzen, auf die es hier ankomrat, hinreichend sicheres Merkmal f\u00fcr die Geschwindigkeit, mit der die Fl\u00fcssigkeit den Strom hervorruft.\n(n) Entwickelung des Stromes parelektronomischer Muskeln durch Benetzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit leitenden Fl\u00fcssigkeiten.\nIch habe auf diese Weise eine grofse Anzahl von Fl\u00fcssigkeiten auf ihre entwickelnde F\u00e4higkeit untersucht.\nIch begann mit den ges\u00e4ttigten L\u00f6sungen folgender Salze: schwefelsaures Kupfer- und schwefelsaures Zinkoxyd, salpetersaures Silberoxyd, essigsaures Natron, Chlorammonium, Quecksilberchlorid, Eisenchlorid, Jodkalium, Cyaneisenkalium, Schwefelwasserstoffammoniak.\nAlle diese L\u00f6sungen wirkten mehr oder weniger rasch entwickelnd. Bei den schneller entwickelnden L\u00f6sungen sieht man sogleich die Nadel sich ausschlagsweise bis auf -+-70 bis 80\u00b0 begeben, ja an die positive Hemmung schlagen; so wirken namentlich salpetersaures Silberoxyd, Jodkalium, Eisenchlorid, Cyaneisenkalium. Bei den minder rasch wirksamen L\u00f6sungen, mit Inbegriff der Kochsalzl\u00f6sung, geht die Nadel so langsam, dafs sie dabei in keine merkliche Schwingungen ger\u00e4th, auf +10 bis 15\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung. Bringt man jetzt den Schliefsungs-bausch neben dem Muskel auf die B\u00e4usche, so schl\u00e4gt sie an die negative Hemmung, und beim Abheben des Bausches nach getilgten Ladungen an die positive Hemmung.\nIch wendete mich nun zu den S\u00e4uren. Sowohl rauchende als die gemeine k\u00e4ufliche Salpeters\u00e4ure, Chlorwasserstoffs\u00e4ure, verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure, concentrirte Essigs\u00e4ure, Oxals\u00e4ure wirkten s\u00e4mmtlich sehr stark, d. h. die Nadel ging sogleich ausschlagsweise in sehr hohe Breiten des positiven Quadranten, ja an die Hemmung.\nVon alkalischen Fl\u00fcssigkeiten pr\u00fcfte ich eine sehr concentrirte Kalilauge und Ammoniakfl\u00fcssigkeit. Beide trieben sofort die Nadel an die positive Hemmung.\nEs versteht sich \u00fcbrigens, dafs die Fl\u00fcssigkeiten, gleich der Koch-","page":56},{"file":"p0057.txt","language":"de","ocr_de":"Benetzen des nat. Querschnittes mit leitenden Fl\u00fcssigkeiten. 57\nSalzl\u00f6sung, ebensogut entwickelnd wirken, wenn man L\u00e4ngs- und Querschnitt zugleich damit benetzt, nicht aber, wenn allein der L\u00e4ngsschnitt ihnen preisgegeben wird.\nSo versteht es sich auch, dafs die Fl\u00fcssigkeiten, neben ihrer stromentwickelnden Th\u00e4tigkeit, immer zugleich als Nebenschliefsung wirksam sind. Man erkennt dies leicht daran, dafs der Strom nach sorgf\u00e4ltiger Reinigung des Muskels merklich an St\u00e4rke zunimmt (Vergl. oben S. 47).\nWenn der Muskel, beim Benetzen mit den minder rasch entwickelnden Fl\u00fcssigkeiten, wie Kochsalzl\u00f6sung, Salmiakl\u00f6sung u. d. m., bereits etwas positiven Strom besitzt, so zeigt sich eine merkw\u00fcrdige Erscheinung. Man sieht n\u00e4mlich die Nadel zuerst einen kleinen negativen Vorschlag beschreiben und erst nachher den weit gr\u00f6fseren Ausschlag im entgegengesetzten Viertel der Theilung vollziehen, der von der Entwickelung des positiven Stromes herr\u00fchrt.\nDiese Erscheinung beruht zweifellos darauf, dafs die Fl\u00fcssigkeit sich eher geltend macht als Nebenschliefsung f\u00fcr den bereits vorhandenen Strom, als sie ferneren Strom zu entwickeln vermag. Damit stimmt wenigstens, dafs die schneller entwickelnden Fl\u00fcssigkeiten die Erscheinung nicht zeigen, und dafs sie ebensowenig bemerklich wird, wenn der Muskel, statt bereits positiven Strom, noch negativen Strom besitzt. Im letzteren Falle n\u00e4mlich mufs die Wirkung wegen der Nebenschliefsung einerlei Sinn haben mit der wegen der Stromentwickelung, d. h. die positive Richtung. Der negative Vorschlag ist ferner um so bedeutender, je reichlicher der Muskel mit der Fl\u00fcssigkeit benetzt wird, w\u00e4hrend es f\u00fcr die Entwickelung begreiflich eine Grenze giebt, jenseits welcher es gleichg\u00fcltig ist, ob noch mehr Fl\u00fcssigkeit hinzugetragen wird oder nicht.\nDer Vorschlag wegen Nebenschliefsung findet auch statt, wenn nur der Querschnitt benetzt wird, nicht aber, wenn nur den L\u00e4ngsschnitt. Leitet man den v\u00f6llig entwickelten Strom des Gastroknemius abwechselnd von den sehnigen Enden und von L\u00e4ngs- und Querschnitt ab, so findet man ihn im ersten Falle regelm\u00e4fsig st\u00e4rker als im zweiten. Unstreitig hat man sich zu denken, dafs in diesem letzteren die Masse selber des an den Querschnitt angelegten Bausches eine schw\u00e4chende Nebenschliefsung bildet in Bezug auf den Multiplicatorkreis, dessen eines Ende der Bausch vorstellt. Dafs aber das Anbringen eines Leiters an den Querschnitt allein hinreicht, eine solche Nebenschliefsung zu bilden, erkl\u00e4rt sich einigermafsen daraus, dafs der nat\u00fcrliche Querschnitt am Gastroknemius einen sehr spitzen Winkel mit der Richtung der Primitivmuskelb\u00fcndel macht, Zwar sind diese, wie","page":57},{"file":"p0058.txt","language":"de","ocr_de":"58\t\u2019?\u25a0 Abschn. Kap. Vlll. \u00a7\u25a0 II. 7 (n). StromentwicJcelung durch\nich sehe, l\u00e4ngs der Ausbreitung der Achillessehne unter demselben Winkel gegen ihre Axe, und unter seinem Complement gegen die Richtung ihrer Querstreifen, in einer Flucht schr\u00e4g abgeschnitten; ihre Enden \u00fcberragen einander nicht stufenf\u00f6rmig, und eine den Querschnitt benetzende Fl\u00fcssigkeit ist daher nicht etwa zu betrachten als angelegt an L\u00e4ngs- und Querschnitt aller einzelnen B\u00fcndel. Wohl aber kann man sich vorstellen, dafs in dem schr\u00e4gen Querschnitt jedes einzelnen B\u00fcndels die L\u00e4ngsreihen der elektromotorischen Molekeln einander stufenf\u00f6rmig \u00fcberragen, so dafs an L\u00e4ngs- und Querschnitt dieser Reihen die Nebenschliefsung angelegt sein w\u00fcrde.\nMan kann den negativen Ausschlag wegen der Nebenschliefsung nat\u00fcrlich auch beobachten, indem man den Strom zuerst mit H\u00fclfe einer bestimmten Fl\u00fcssigkeit entwickelt und dann den Querschnitt noch mit derselben Fl\u00fcssigkeit \u00fcberschwemmt. Es findet alsdann kein R\u00fcckkehren der Nadel in das positive Viertel der Theilung mehr statt, es sei denn, dafs das erste Benetzen zur vollst\u00e4ndigen Entwickelung nicht hingereicht habe. Entwickelt man aber zuerst mit einer bestimmten Fl\u00fcssigkeit, und tr\u00e4gt dann eine andere auf, so findet man, dafs gewisse Fl\u00fcssigkeiten noch verm\u00f6gen, da einen positiven Ausschlag hervorzulocken, wo bereits andere ihre volle Wirkung gethan zu haben scheinen, z. B. Salpeters\u00e4ure nach Kochsalzl\u00f6sung, salpetersaure Silberoxydl\u00f6sung nach Essigs\u00e4ure. Die verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten entwickeln also nicht allein nicht gleich schnell, sondern auch nicht gleich stark. Der obere Grenzwerth der positiven Wirksamkeit, den der Muskel durch die Einwirkung der Fl\u00fcssigkeit erreicht, ist bei der einen gr\u00f6fser als bei der anderen. Im Allgemeinen kann man sagen, dafs er um so gr\u00f6fser ist, je schneller, um so kleiner, je langsamer er erreicht wird. Doch giebt es auch namhafte Ausnahmen von dieser Regel; wenigstens in sofern, als eine Fl\u00fcssigkeit sehr viel schneller als eine andere entwickeln kann, ohne deshalb viel st\u00e4rker zu entwickeln; so Essigs\u00e4ure im Verh\u00e4ltnifs zu Kochsalzl\u00f6sung. Eine Rangordnung der verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten, in der jede folgende noch positiven Ausschlag giebt, wenn alle vorhergehende ihre volle Wirkung gethan haben, bin ich mitzutheilen f\u00fcr jetzt noch nicht im Stande. Noch weniger bin ich bereits im Besitze einer genaueren Rangordnung der Fl\u00fcssigkeiten nach der Schnelligkeit der durch sie bedingten Entwickelung, welche also, dem eben Gesagten gem\u00e4fs, im Allgemeinen die umgekehrte der erste-ren sein w\u00fcrde. Die Folge wird lehren, dafs sich das Aufstellen solcher Rangordnungen der M\u00fche nicht verlohnen w\u00fcrde.\nDer oben S. 51 von uns bemerkte Unterschied hinsichtlich der Schnelligkeit und St\u00e4rke zwischen der Entwickelung durch H\u00fchnerei-","page":58},{"file":"p0059.txt","language":"de","ocr_de":"Benelien des nat. Querschnittes mit leitenden Fl\u00fcssigkeiten. 59\nweifs und der durch Kochsalzl\u00f6sung stellt sich jetzt, wie man sieht, nur als ein besonderer Fall von der hier gemachten allgemeinen Wahrnehmung heraus. Die hier befolgte Methode zur Pr\u00fcfung der Fl\u00fcssigkeiten auf die vergleichweise St\u00e4rke der durch sie bedingten Entwickelung kann dazu dienen, jenen Unterschied noch deutlicher hervortreten zu lassen, als es uns fr\u00fcher durch die Vergleichung des Erfolgs an verschiedenen Muskeln m\u00f6glich war. Der durch H\u00fchnereiweifs vollst\u00e4ndig entwickelte Strom geht beim Benetzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit Kochsalzl\u00f6sung noch betr\u00e4chtlich h\u00f6her.\nWenn es aber fr\u00fcher stets geheifsen hat, unter gewissen Umst\u00e4nden habe sich der Strom vollst\u00e4ndig entwickelt, so bedarf diese Ausdrucksweise jetzt sichtlich einer n\u00e4heren Bestimmung. Der Strom schien uns, in jenen F\u00e4llen, vollst\u00e4ndig entwickelt nur darum, weil die Fl\u00fcssigkeit, womit der nat\u00fcrliche Querschnitt benetzt war, ihn gerade nicht h\u00f6her zu entwickeln vermochte. Eine andere Fl\u00fcssigkeit h\u00e4tte ihn wohl noch h\u00f6her getrieben; was aber den Strom wirklich vollst\u00e4ndig entwickeln sei, und welche Forderung eine Fl\u00fcssigkeit zu erf\u00fcllen habe, die dies leisten solle, davon wird an einer sp\u00e4teren Stelle die Rede sein, wenn wir in das Wesen des Entwickelungsvorganges erst etwas tiefer eingedrungen sind.\nDie bisher als entwickelnd aufgef\u00fchrten Fl\u00fcssigkeiten kommen \u00fcberein in verschiedenen Eigenschaften. Mit Ausnahme des H\u00fchnereiweifses sind sie erstens s\u00e4mmtlich f\u00e4hig, die organische Substanz lebhaft anzugreifen. Sie sind zweitens s\u00e4mmtlich Leiter des elektrischen Stromes, und zwar abermals mit Ausnahme des H\u00fchnereiweifses bessere als die thierischen Gebilde. Verm\u00f6ge ihrer doppelten Eigenschaft als Leiter aber und als chemisch wirksame Stoffe sind sie auch s\u00e4mmtlich im Stande, im Verein mit den thierischen Theilen Ketten aus mehreren Fl\u00fcssigkeiten darzustellen.\nMan k\u00f6nnte daher jetzt den Verdacht fassen, dafs der ganze Anschein der Stromentwickelung lediglich auf einer solchen Kettenbildung oder gar nur auf einer Widerstandsverminderung des sehnigen Ueber-zuges \u00fcber den nat\u00fcrlichen Querschnitt beruhe. Es ist leicht, diesen Verdacht schon allein mit H\u00fclfe des bisherigen Kreises von Thatsachen zu widerlegen.\nWie soll eine Kette aus mehreren Fl\u00fcssigkeiten hier zu Stande kommen, wenn nur ein Theil der Oberfl\u00e4che des mit sehnigen Enden aufliegenden Muskels, der nat\u00fcrliche Querschnitt, mit der entwickelnden Fl\u00fcssigkeit bestrichen wird, oder wenn, bei der Kochsalzl\u00f6sung als entwickelnder Fl\u00fcssigkeit, der ganze Muskel, mit Inbegriff der sehnigen Enden, in derselben Fl\u00fcssigkeit gebadet wird, womit die B\u00e4usche","page":59},{"file":"p0060.txt","language":"de","ocr_de":"60\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 7 (in). Stromentmcleelung durch\ngetr\u00e4nkt sind? Wie soll die Kettenbildung dagegen ausbleiben, wenn der L\u00e4ngsschnitt die gleiche Behandlung erf\u00e4hrt? Wie die Richtung des entstehenden Stromes von der chemischen Beschaffenheit der Fl\u00fcssigkeiten ganz unabh\u00e4ngig sein? Und so kann man denn auch einen faulenden Muskel, der mit sehnigen Enden zwischen den B\u00e4uschen stromlos aufliegt, mit Salpeters\u00e4ure, Chlorwasserstoffs\u00e4ure, Kalihydratl\u00f6sung, Ammoniakfl\u00fcssigkeit benetzen so viel man will: man erh\u00e4lt keine Spur von Entwickelung eines positiven Stromes, keine Nadelbewegung, so wenig als wenn man einen Tropfen S\u00e4ure auf einen metallischen Leiter bringt, der den Multiplicator zum Kreise schliefst.\nWas vollends die Verminderung des Widerstandes des sehnigen Ueberzuges betrifft, so haben wir ja im Gegentheil erst eben erfahren, dafs, wenn bereits positiver Strom gegenw\u00e4rtig ist, dem positiven Ausschlage wegen Stromentwickelung ein negativer Vorschlag vorhergeht. Daraus erhellt, dafs der sehnige Uebcrzug nicht als Widerstand, der auf dem Wege des Stromes liegt, sondern als Nebenschliefsung in die Anordnung eingeht; die Verminderung des Widerstandes dieser Nebenschliefsung hat Verminderung statt Vermehrung der Stromst\u00e4rke im Multiplicatorkreise zur Folge. Wenn ferner noch negativer Strom vorhanden ist, so ist die Wirkung des Benetzens mit den gut leitenden Fl\u00fcssigkeiten nicht die Verst\u00e4rkung des Stromes, sondern die Umkehr desselben in die positive Richtung.\n(m) Entwickelung des Stromes parelektronomischer Muskeln durch Benetzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit nicht leitenden Fl\u00fcssigkeiten.\nDoch die Betrachtungen dieser Art, so schlagend sie sind, k\u00f6nnen wir uns f\u00fcglich ganz ersparen. Suchen wir lieber, unserem Eingangs vorgezeichneten Plane gem\u00e4fs, durch Anwendung von Fl\u00fcssigkeiten, welche schlechte oder gar Nichtleiter des elektrischen Stromes sind, zu erkennen, ob die im Verh\u00e4ltnifs zu der der thierischen Theile mehr oder weniger grofse Leitungsf\u00e4higkeit der bisher gepr\u00fcften Fl\u00fcssigkeiten, ja ihre Leitungsf\u00e4higkeit \u00fcberhaupt, worauf zugleich ihre F\u00e4higkeit zur Kettenbildung beruht, eine zur Entwickelung wesentliche oder unwesentliche Eigenschaft gewesen sei.\nSchon haben wir, im H\u00fchnereiweifs, das Beispiel einer Fl\u00fcssigkeit, welche, ohne die Froschmuskeln erweislich an Leitungsf\u00e4higkeit zu \u00fcbertreffen, die Entwickelung des Stromes herbeizuf\u00fchren im Stande ist, freilich in ungleich l\u00e4ngerer Zeit und schw\u00e4cherem Grade, als die an Leitungsg\u00fcte \u00fcberlegenen sauren, salzigen und alkalischen Fl\u00fcssigkeiten. Dem H\u00fchnereiweifs \u00e4hnlich, nur noch tr\u00e4ger und schw\u00e4cher, wirken bei-","page":60},{"file":"p0061.txt","language":"de","ocr_de":"Benetzen des nat. Querschnittes mit nicht leitenden Fl\u00fcssigkeiten. 01\nl\u00e4ufig Brunnenwasser und destillirtcs Wasser, welche den thierischen Thei-len an Leitungsf\u00e4higkeit sogar unterlegen sind. Ja man kann den Widerstand des Wassers noch dadurch erh\u00f6hen, dafs man es mit Rohrzucker s\u00e4ttigt,1 und nicht nur wird die entwickelnde Kraft des Wassers dadurch nicht vermindert, sondern sogar merklich erh\u00f6ht. Da bei diesen Fl\u00fcssigkeiten die entwickelnde Wirkung nicht im ersten Augenblick hervortritt, wie bei den S\u00e4uren u. s. w., und da die Verunreinigung der sehnigen Enden mit den Fl\u00fcssigkeiten hier nichts zu sagen hat, so thut man wohl, anstatt den zwischen den B\u00e4uschen stromlos aufliegenden Gastroknemius damit zu betupfen, wie oben S. 55 empfohlen wurde, das andere Verfahren einzuschlagen, und den Muskel einfach eine hinreichende Zeit lang in den Fl\u00fcssigkeiten zu baden.\nSchon das Verhalten der ges\u00e4ttigten Rohrzuckerl\u00f6sung zeigt, dafs die geringere Wirksamkeit des Wassers nicht auf seiner geringeren Leitungsf\u00e4higkeit beruhen k\u00f6nne. Vollends erhellt dies aus folgenden Versuchen. N\u00e4mlich ich schritt nun endlich dazu, auch solche Fl\u00fcssigkeiten auf ihre stromentwickelnde F\u00e4higkeit zu pr\u00fcfen, welche Nichtleiter des elektrischen Stromes sind, und deren geringe Leitungsf\u00e4higkeit, wenn sich solche an ihnen kundgiebt, ihrem Gehalt an Wasser zuzuschreiben ist. Ich w\u00e4hlte Alkohol, Holzgeist, Essiggeist (Aceton), Schwcfel\u00e4ther, Essig\u00e4ther, Kreosot, Terpenthin\u00f6l, Mandel\u00f6l, Oliven\u00f6l. Vom Alkohol, dem Schwefel\u00e4ther, dem Terpenthin\u00f6l und den fetten Oelen ist es l\u00e4ngst bekannt, dafs sie nicht leiten (Vergl. oben Abth. I. S. 111). Von den \u00fcbrigen Fl\u00fcssigkeiten konnte, nach ihrer chemischen Natur, mit Hinblick auf Faraday\u2019s Lehre,a zwar mit \u00e4ufserster Wahrscheinlichkeit dasselbe angenommen werden; auch haben sich Holzgeist\u2019 und Kreosot* bereits in Versuchen Anderer als Nichtleiter erwiesen; doch unterliefs ich nicht, mich noch besonders davon durch folgendes immerhin rohe, aber f\u00fcr den Zweck hinl\u00e4ngliche Verfahren zu \u00fcberzeu-\n*\tUeber die geringe Leitungsf\u00e4higkeit von Honig und Sirup s. Volta bei Humphry Davy in Philosophical Transactions etc. For the Year 1829. P. I. p. 16;'\n\u2014\tBiblioth\u00e8que universelle etc. Ancienne S\u00e9rie. Sciences et Arts. t. XLI. p. 101;'\n\u2014\tAnnales de Chimie et de Physique. 1829. t. XLI. p. 440;' \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1829. Bd. XVI. S. 313.*\n\u2019 Experimental Researches in Electricity. Reprinted from the Philosophical Transactions, vol. I. London 1839. p. 201. Series VII. January 1834. No. 679;' \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. Bd. XXXIII. S. 309.'\n*\tUeber das Verhalten des Holzgeistes bei der Elektrolyse s. Arthur Con-\nnell in The Philosophical Magazine etc. 3. Series. 1841, vol. XVIII. p. 355;* \u2014 Archives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1841. t. I. p. 413.*\t'\n*\tReichenbach in Schweigger- Seidel\u2019s Neuem Jahrbuch der Chemie und Physik. 1832. Bd. VI. S. 310.'","page":61},{"file":"p0062.txt","language":"de","ocr_de":"62 3. Abschn.Kap. VIII. \u00a7. IL 7 (iv). Die slromentivickelnden Fl\u00fcssigkeiten\ngen. In den Kreis des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom brachte ich eine GROVE\u2019sche Kette der kleineren oben Bd. I. S. 446 beschriebenen Art und ein Paar Kupferelektroden von 10 Quadratcentimetern einander zugekehrter Oberfl\u00e4che. Zwischen die Elektroden legte ich ein mehrdoppeltes St\u00fcck Fliefspapier, welches mit der zu pr\u00fcfenden Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkt war. Zuerst, und um einen Vergleichspunkt zu gewinnen, tr\u00e4nkte ich es mit dem Alkohol, der zu den Versuchen gedient hatte. Obschon der Alkohol nahe absolut war (von 0.799 Dichte oder etwa 99 Procent dem Volum nach Alkoholgehalt), wurde die Nadel beim Schliefsen mit \u00e4ufserster Heftigkeit an die Hemmung geschleudert. Erst als ich nur die halbe Multiplicatorl\u00e4nge in den Kreis nahm und auch zu dieser noch eine Nebenschliefsung von verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig sehr geringem Widerstand anbrachte (die inducirende Rolle meines oben Abth. I. S. 393. Anm. 1 erw\u00e4hnten Magnetelektromotors, etwa 12m.6 eines 1\u201c\" dicken Kupferdrahtes), erhielt ich beim Schliefsen einen Ausschlag von brauchbarer Gr\u00f6fse, etwa 20\u00b0. Fliefspapier mit Holzgeist getr\u00e4nkt zwischen den Kupferelektroden gab einen eben so starken Ausschlag als Alkohol. Hingegen bei Tr\u00e4nkung des Fliefspapiers mit Essiggeist, Essig\u00e4ther und Kreosot ging die Nadel nur auf 2 \u2014 3\u00b0.\nAls ich aber mit diesen nichtleitenden Fl\u00fcssigkeiten den nat\u00fcrlichen Querschnitt bestrich, fand ich, dafs sie, mit Ausnahme der fetten Oele, s\u00e4mmtlich den Strom so gut entwickeln, wie die Salzl\u00f6sungen, die sauren und alkalischen Fl\u00fcssigkeiten. Kreosot wirkte am schnellsten und st\u00e4rksten; es trieb die Nadel sofort auf 70\u201480\u00b0. Die \u00fcbrigen Fl\u00fcssigkeiten brachten schw\u00e4chere positive Ausschl\u00e4ge hervor, den schw\u00e4chsten Schwefel\u00e4ther, allein bei erneuter Pr\u00fcfung des Muskels flog bei allen die Nadel an die positive Hemmung. Auch hier zeigte sich von zwei Fl\u00fcssigkeiten die eine noch entwickelnd, nachdem die andere bereits schien ihr Aeufserstes gethan zu haben; z. B. Alkohol nach Terpen-thin\u00f6l, Kreosot nach Alkohol.\nDie fetten Oele liefsen beim Bepinseln des Querschnittes keine Wirkung erkennen. Als aber die Muskeln einige Stunden lang darin gelegen hatten, blieb die Stromentwickelung nicht aus, obschon sie allerdings nur spurweise, im Bereich von h\u00f6chstens 15\u00b0, stattfand.\n(iv) Die leitenden und nicht leitenden stromentwickelnden Fl\u00fcssigkeiten kommen \u00fcberein darin, dafs sie die organische Substanz\nan greifen.\nNach diesen neuen Erfahrungen ist, wie man sieht, bei der Erscheinung der Stromentwickelung in keiner Art mehr zu denken an eine Kettenbildung oder an eine Verminderung des Widerstandes durch","page":62},{"file":"p0063.txt","language":"de","ocr_de":"sind s\u00e4mmtlich f\u00e4hig die organische Substanz anzugreifen.\n63\ndie fremde Fl\u00fcssigkeit. Auch bleibt hier, wie nat\u00fcrlich, wenn der Muskel bereits positiven Strom hat, der negative Vorschlag aus, der bei den gut leitenden und zugleich langsamer entwickelnden Fl\u00fcssigkeiten beobachtet wird und den wir also richtig dahin deuteten, dafs die Fl\u00fcssigkeit eher durch Nebenschliefsung als durch Stromentwickelung ihre Gegenwart geltend macht. Dafs es aber jetzt nicht umgekehrt die Vermehrung des Widerstandes des sehnigen Ueberzuges sein kann, welche den Anschein einer Stromentwickelung bedingt, er-giebt sich daraus, dafs bei noch bestehendem negativen Strome die Folge der Benetzung mit den nichtleitenden entwickelnden Fl\u00fcssigkeiten nicht Verst\u00e4rkung des Stromes, sondern Schw\u00e4chung bis Umkehr in die positive Richtung ist.\nUeberlegen wir uns aber, welche gemeinsame Eigenschaft wohl den entwickelnden Fl\u00fcssigkeiten aus beiden Klassen, den leitenden und den nichtleitenden, zukomme, auf der die entwickelnde F\u00e4higkeit beruhen m\u00f6ge, so bietet sich jetzt nur noch die eine dar, dafs sie alle mehr oder weniger f\u00e4hig sind, die organische Substanz anzugreifen, durch Gerinnen des Eiweifses und des Faserstoffes, durch Entziehen des Wassergehaltes u. s. f. Der Zuckerl\u00f6sung und dem H\u00fchnereiweifs wird wenigstens die letztere Art der Wirkung nicht abzusprechen sein; gepulverter Zucker ist \u00fcbrigens l\u00e4ngst den Wund\u00e4rzten als Aetzmittel bekannt. Das Brunnenwasser und das destillirte Wasser diffundiren sich mit den thierischen Fl\u00fcssigkeiten, worauf ihre der Erregbarkeit verderbliche Wirkung beruht (S. oben Abth. I. S. 183. Anm. 2). Beim Terpenthin\u00f6l ist zu bemerken, dafs, wenn es sich dem Anschein nach nicht merklich mit Wasser mischt, es doch sowohl in Dampfgestalt von den Lungen aus, als in Substanz vom Darmkanal und der Haut aus, die Nierenabsonderung beth\u00e4tigt und ver\u00e4ndert, dafs also auch hier die M\u00f6glichkeit vorhanden ist, dafs es durch den sehnigen Ueber-zug hindurch ver\u00e4ndernd auf den nat\u00fcrlichen Querschnitt wirke. Was endlich die fetten Oele anlangt, so erinnere ich an die merkw\u00fcrdigen chemischen Wirkungen, die bei ihrer Ber\u00fchrung mit mehreren thierischen Fl\u00fcssigkeiten, insbesondere Eiweifs und Blutwasser, Platz greifen, und zur Bildung von H\u00e4uten, der sogenannten Haptogenmembran, Anlafs geben.1\nEs hat demnach jetzt den Anschein, als liege in dem An\u00e4tzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes die Ursache der Stromentwickelung an den parelektronomischen Muskeln. Damit stimmt denn auch noch die Wahrnehmung, deren hier gedacht werden mag, dafs n\u00e4mlich Frosch-\n1 S. Asch\u00ebrson in Job. Mi'ller\u2019s Archiv u. \u00bb. w. Jahrgang 1840. S. 44.*","page":63},{"file":"p0064.txt","language":"de","ocr_de":"04\t5. Abschn, Kap. Vlll. \u00a7. 11. 8. Stromenlwickelung durch\nLi\u00e2t auch nach l\u00e4ngster Einwirkung so gut wie gar nicht entwickelt. In der That m\u00f6chte es nicht leicht eine Fl\u00fcssigkeit geben, deren Ber\u00fchrung f\u00fcr den nat\u00fcrlichen Querschnitt minder gefahrbringend w\u00e4re, als eben das Blut; es sei denn die Lymphe, welche im Zustande des unversehrten Lebens die in die Lymphr\u00e4urae gekehrten nat\u00fcrlichen Oberfl\u00e4chen der Muskeln besp\u00fchlt.\nDafs das An\u00e4tzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes im Stande sein solle, den positiven Strom an den Muskeln hervorzurufen, mag beim ersten Anblick v\u00f6llig unbegreiflich scheinen. Nichtsdestoweniger wird es uns gelingen, nicht allein aufser Zweifel zu setzen, dafs wirklich in dem An\u00e4tzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes der Grund der Stromentwickelung liege, sondern auch eine ganz klare Vorstellung von diesem Vorg\u00e4nge zu geben. Zuvor wollen wir jedoch unsere Aufmerksamkeit jener anderen Art der Stromcntwickelung zuwenden, welche wir oben S. 41. 42 bereits kennen lernten, und die mit der jetzt untersuchten so gar nichts gemein zu haben scheint, derjenigen n\u00e4mlich durch Untertauchen der Muskeln unter Quecksilber.\n8. Von der Stromentwickelung an den parelektronomischen Muskeln durch Anlegen von Metallen an ihren nat\u00fcrlichen\nQuerschnitt.\nMan erinnert sich aus der Versuchsreihe, durch die wir die Unabh\u00e4ngigkeit des Entwickelungsvorganges von dem Sauerstoff der Luft erwiesen, dafs, damals zu unserem gr\u00f6fsten Erstaunen, Untertauchen der parelektronomischen Gliedmafsen unter Quecksilber den Strom nach einiger Zeit hervorrief. Als es sp\u00e4ter bei oberfl\u00e4chlicher Kennt-nifs schien, als sei das Anlegen eines leitenden Bogens \u00fcberhaupt an die parelektronomischen Muskeln das Bedingende der Stromentwickelung, d\u00e4uchte uns auch jener Erfolg nicht mehr so fremdartig. Vielmehr erblickten wir eine vorl\u00e4ufige Best\u00e4tigung dieser neuen Vorstellungsweise in dem Umstande, dafs sie auch den Fall der Stromentwickelung durch das Quecksilberbad in sich befafste (S. oben S. 43).\nJetzt hat sich das Blatt wiederum gewendet. Wir wissen nun, dafs in allen jenen F\u00e4llen, wo wir dem Anlegen eines leitenden Bogens an die parelektronomischen Gliedmafsen die Stromentwickelung zuschrieben, dieser Bogen unn\u00fctz war. Die Stromentwickelung erfolgte schon allein in Folge des Angriffes des nat\u00fcrlichen Querschnittes der Muskeln entweder durch die Kochsalzl\u00f6sung der Zuleitungsgef\u00e4fse oder durch das H\u00fchnereiweifs des Eiweifsh\u00e4utchens, womit der die Ausbreitung der Achillessehne tragende Bausch bekleidet war. Eine Wirkung der","page":64},{"file":"p0065.txt","language":"de","ocr_de":"Anlegen von Metallen an den nat\u00fcrlichen Querschnitt.\t65\nArt nun, sollte man meinen, k\u00f6nne man der Ber\u00fchrung des Quecksilbers nicht beimessen.\nEs entsteht aber folgende Frage. Freilich reichte, in jenen Versuchen, das Benetzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit der L\u00f6sung und dem H\u00fchnereiweifs zur Stromentwickeluug aus, und machte den angelegten leitenden Bogen unn\u00fctz. Dies beweist aber nicht, dafs nicht in einem Falle, wo keine entwickelnde Fl\u00fcssigkeit den nat\u00fcrlichen Querschnitt benetzt, die Stromentwickelung, wiewohl langsamer, durch das blofse Anlegen eines leitenden Bogens an L\u00e4ngs- und Querschnitt bewirkt werden k\u00f6nne. W\u00e4re dies der Fall, so w\u00fcrde sich die Wirksamkeit des Quecksilberbades leicht ableiten lassen. Es kann \u00fcbrigens nicht schwer sein, mit H\u00fclfe des Versuches dar\u00fcber in\u2019s Reine zu kommen.\nIch begann damit, dafs ich einen parelektronomischen Gastrokne-mius, statt ihn unter das Quecksilber zu tauchen, nur mit dem nat\u00fcrlichen Querschnitt damit in Ber\u00fchrung brachte. Dazu liefs ich den Muskel mit seiner R\u00fcckenfl\u00e4che auf einem reinen Quecksilberspiegel schwimmen, hielt aber den nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt von dem Quecksilber getrennt, indem ich entweder zwischen beiden ein Glimmerbl\u00e4ttchen schwimmen liefs, oder indem ich an den Kopf des Muskels einen Faden band, an dem ich den Muskel so weit vom Quecksilber abheben konnte, dafs er es nur mit der Ausbreitung der Achillessehne ber\u00fchrte.\nIch fand aber, zu meiner nicht geringen Verwunderung, dafs auch auf diese Art nach Verlauf von ein bis zwei Stunden Stromentwickelung eintrat. Zwar schien sie oft schw\u00e4cher, als beim Untertauchen des Muskels unter Quecksilber, wobei auf dieselbe Art verfahren wird, wie beim Untertauchen eines ganzen Beines oder Gal-VANi\u2019schen Pr\u00e4parates, indem man die Schlinge um die Achillessehne, oberhalb des Sesamknorpels, anbringt (S. oben S. 41). Indessen ist zu beachten, dafs hei dem Schwimmen des Muskels mit seiner R\u00fcckenfl\u00e4che auf Quecksilber zu beiden Seiten immer ein Streifen sehniger Ausbreitung von der Ber\u00fchrung des Metalles frei bleibt, weil der Muskel nicht tief genug geht. Unstreitig beruht hierauf der etwaige Unterschied in der Entwickelung der untergetauchten und der nur mit nat\u00fcrlichem Querschnitt ber\u00fchrenden Muskeln, und nicht auf dem Umstande, dafs beim Untertauchen ein Bogen zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt hergestellt wird. Dies geht daraus hervor, dafs, wenn man einen Muskel mit seiner R\u00fcckenfl\u00e4che einfach auf Quecksilber schwimmen l\u00e4fst, ohne den nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt auf die eine oder die andere Art davon zu trennen, die Stromentwickelung an St\u00e4rke die II. 2.\t5","page":65},{"file":"p0066.txt","language":"de","ocr_de":"66\t3. Abschn, Kap. VIII. \u00a7. II. 8. StromentrvicJcelung durch\ndurch alleinige Ber\u00fchrung des Querschnittes nicht mehr merklich \u00fcbertrifft. Liefs ich den Muskel allein mit L\u00e4ngsschnitt das fl\u00fcssige Metall ber\u00fchren, so entwickelte der Strom sich nicht oder nur spurweise.\nMan sieht daher, dafs die Voraussetzung, als wirke das Quecksilberbad entwickelnd durch Herstellung einer vorz\u00fcglichen Leitung zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt, entschieden als gefallen zu betrachten ist. Es ist jedoch nicht n\u00f6thig, uns hier viel um neue Muthmafsungen der Art zu bem\u00fchen; eine auf der Hand liegende Ab\u00e4nderung der Versuchsweise wird uns den erw\u00fcnschten Aufschlufs ohne weiteres entgegentragen. Wir hatten die parelektronomischen Gliedmafsen unter Quecksilber getaucht, um sie von der Luft abzusperren. Jetzt wissen wir, dafs das Untertauchen zu der dabei stattfindenden Entwickelung ganz unn\u00f6thig war. Wir sind also auch gar nicht mehr gebunden an die Anwendung eines fl\u00fcssigen Metalles, des einen Quecksilbers. Sehen wir daher zu, wie sich die Erscheinung mit anderen Metallen gestalten m\u00f6ge.\nIch begann mit Platin. Parelektronomische Gastroknemien wurden theils nur mit der Ausbreitung der Achillessehne, thcils mit der ganzen R\u00fcckenfl\u00e4che auf frisch gegl\u00fchtes Platinblech gelegt und, vor der Trocknifs gesch\u00fctzt, viele Stunden lang beobachtet. Es gab sich keine Spur von Stromentwickelung kund.\nJetzt begab ich mich an das entgegengesetzte Ende der galvanischen Spannungsreihe der Metalle. Als ich den n\u00e4mlichen Versuch mit Zinkblech wiederholte, fand ich nach kurzer Zeit den Strom stark entwickelt. Das Zink war mit Sandpapier, nicht mit Schmirgelpapier und auch nicht mit der Feile vor dem Versuch blank gerieben. Gleich dem Zink, ja, wie mir schien, noch st\u00e4rker entwickelnd, verhielt sich frisch verquicktes Zink, welches sorgf\u00e4ltig von der Schwefels\u00e4ure befreit war, die zum Anquicken gedient hatte.\nHingegen gleich dem Platin in dem obigen Versuche verhielt sich auch frisch gegl\u00fchtes Dukatengoldblech und Silberblech. Doch liefs das letztere, in einigen F\u00e4llen, bereits Spuren von Entwickelung erkennen. Mit Sandpapier polirtes Kupfer- und Zinnblech und weiches Eisen endlich glichen in ihrer Entwickelungsf\u00e4higkeit ziemlich dem Quecksilber. In allen diesen F\u00e4llen erwies es sich \u00fcbrigens wieder so gut wie gleichg\u00fcltig, ob die Muskeln den Metallen mit ihrer R\u00fcckenfl\u00e4che entlang gelegt waren, oder ob sie sie nur mit der Ausbreitung der Achillessehne ber\u00fchrten. Ber\u00fchrte nur der L\u00e4ngsschnitt das Metall, so blieb, bei den entwickelnden Metallen, die Stroraenlwickelung aus, oder zeigte sich wenigstens nur spurweise.\nEs versteht sich, dafs man bei diesen Versuchen die gr\u00f6fste Ob-","page":66},{"file":"p0067.txt","language":"de","ocr_de":"Anlegen von Metallen an den nat\u00fcrlichen Querschnitt.\n67\nhut zu verwenden hat darauf, dafs nicht von der anf\u00e4nglichen Pr\u00fcfung der Muskeln auf den Entwickelungszustand ihres Stromes Salzl\u00f6sung an den sehnigen Enden haften bleibe und sich nachmals in den capil-laren Raum zwischen Muskel und Metall verbreite. Es w\u00fcrde dadurch das Ergebnifs der Versuche, welche ein verneinendes in Bezug auf Stromentwickelung liefern sollen, ein bejahendes werden; das bejahende Ergebnifs der Versuche aber, von denen ein solches erwartet wird, w\u00fcrde illusorisch sein.\nDiese Versuche k\u00f6nnen keinen Zweifel daran \u00fcbrig lassen, dafs die entwickelnde F\u00e4higkeit der Metalle Hand in Hand gehe mit ihrer elektropositiven Beschaffenheit. Was diese nun k\u00f6nne mit der Stromentwickelung an den parelektronomischen Muskeln zu schaffen haben, geht aus folgender Bemerkung hervor.\nAuf denjenigen Metallen, welche entwickelnd zu wirken verm\u00f6gen, bleibt nach mehrst\u00fcndigem Aufenthalte der Muskeln an dem Orte, wo diese lagen, ein Abbild davon mit einer Fl\u00fcssigkeit gezeichnet zur\u00fcck, die stellenweise das Lackmuspapier lebhaft r\u00f6thet, stellenweise es. lebhaft bl\u00e4ut. Vorz\u00fcglich ist dies der Fall beim Zink und dem verquickten Zinke, wo die Fl\u00fcssigkeit milchig aussieht. Nat\u00fcrlich ist auch die R\u00fcckenfl\u00e4che der Muskeln, welche auf den Metallen lag, mit derselben Fl\u00fcssigkeit bekleidet, und zeigt die n\u00e4mlichen Reactionen.\nDie zum Theil sauer, zum Theil alkalisch reagirende Fl\u00fcssigkeit kann von nichts herr\u00fchren, als von der Elektrolyse der in den thieri-schen S\u00e4ften enthaltenen Salze, welche durch irgendwelche Str\u00f6me herbeigef\u00fchrt worden ist. Diese Str\u00f6me m\u00fcssen aber noch von etwas anderem herstammen als von dem Muskel selber. Denn die Fl\u00fcssigkeit wird nicht minder erzeugt, wenn man auf eine Zinkplatte einen im parelektronomischen Zustande unwirksamen Muskel nur mit L\u00e4ngsschnitt auflegt, wobei keine Entwickelung stattfindet. Die Gegenwart jener Str\u00f6me erkl\u00e4rt sich aber, wenn man sich der Versuche J\u00e4ger\u2019s erinnert, durch welche dieser lehrte, die Ungleichartigkeit der Oberfl\u00e4che scheinbar gleichartiger Metalle nachzuweisen. Es ist dieser Versuche bereits oben Bd. I. S. 613 gedacht worden und wir selber haben sie daselbst nachgeahmt und best\u00e4tigt. Feuchte Reagenzpapiere werden \u00fcber die zu pr\u00fcfende Fl\u00e4che gebreitet; nach einiger Zeit findet man sie bedeckt mit Zeichnungen, welche die vergleichsweise elektropositive und -negative Natur der verschiedenen Punkte des Metalls anzeigen. Diese Versuche gelingen nur mit den positiveren Metallen, am besten mit dem Zink.\nIn dem Falle, wo der Muskel entweder noch negativen, oder schon positiven Strom besitzt, ist f\u00fcr die Entstehung solcher Str\u00f6me,\n5*","page":67},{"file":"p0068.txt","language":"de","ocr_de":"68\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 8. Stromenlmclcelmg durch\nwie wir hier ihrer bed\u00fcrfen, unstreitig noch ein fernerer Grund gegeben, und zwar nicht blos wenn der Muskel mit L\u00e4ngs- und Querschnitt aufliegt, sondern auch wenn nur der Querschnitt oder nur der L\u00e4ngsschnitt das Metall ber\u00fchren. Wenn diese Str\u00f6me auf den negativen Metallen nicht im Stande sind, die Str\u00f6me\u2018durch Ungleichartigkeit der metallischen Fl\u00e4che zu ersetzen, so liegt dies einestheils wohl an ihrer geringen urspr\u00fcnglichen St\u00e4rke, anderntheils an der gr\u00f6fseren Ladungsf\u00e4higkeit der negativen Metalle. Dafs aber die Positivit\u00e4t der Metalle mit der Stromcntwickelung wirklich nicht anders zusammenh\u00e4ngt, als insofern sie die Entstehung elektrischer Str\u00f6me beg\u00fcnstigt, l\u00e4fst sich leicht folgendcrmafsen darthun.\n1st n\u00e4mlich diese Voraussetzung richtig, so mufs sich die entwickelnde Kraft der positiven Metalle noch steigern lassen dadurch, dafs man die Ungleichartigkeit ihrer Oberfl\u00e4che k\u00fcnstlich erh\u00f6ht, trotzdem dafs es auf Kosten der Positivit\u00e4t des Ganzen geschieht. Wirklich ist dies der Fall. Von zwei Gastroknemien, die sich auf gleicher Stufe des parelektronomischen Zustandes befanden, legte ich den einen in eine mit Sandpapier polirte Rinne von Zinkblech, die sich an die R\u00fcckenfl\u00e4che und die beiden Seitenfl\u00e4chen des Muskels \u00fcberall an-schlofs, den anderen in ein Bett von Kupfer- und Zinkfeilsp\u00e4nen. Der Strom des letzteren zeigte sich hoch entwickelt zu einer Zeit, wo der des ersteren erst hervorzutreten begann. Ja sogar ein Gemenge von Kupfer- und Zinnfeilsp\u00e4nen zeigte sich schneller entwickelnd als die reine Zinkfl\u00e4che, obschon jeder der Gemengtheile negativer war, als das Zink.\nDie Muskeln, die in die Feilsp\u00e4ne gelegt wurden, zeigten beil\u00e4ufig ein merkw\u00fcrdiges Verhalten. Sie waren n\u00e4mlich unabl\u00e4ssig in kleinen Zuckungen ihrer einzelnen Theile begriffen, die ihre Kr\u00e4fte dergestalt aufrieben, dafs sie nach Verlauf von ein bis zwei Stunden nicht mehr vermochten, auf die st\u00e4rksten Schl\u00e4ge meiner Inductionsvorrichtungen zu antworten, zu einer Zeit, wo die zum Vergleich auf Zink gelegten Muskeln noch kaum eine Abnahme ihrer Leistungsf\u00e4higkeit erkennen liefsen.\nSo \u00fcberraschend sich diese Erscheinung auf den ersten Blick darstellt, so leicht erkl\u00e4rt sie sich bei n\u00e4herer Ueberlegung. Der Strom zwischen einem Kupfer- und einem Zinkspan, die sich an der Oberfl\u00e4che des Muskels ber\u00fchren, mufs, in dem Bezirk des Muskels zun\u00e4chst der gemeinschaftlichen Ber\u00fchrungsstelle, eine sehr ansehnliche St\u00e4rke erlangen, eine solche, die bei weitem hinreicht, bei raschen und ausgedehnten Schwankungen ihrer Gr\u00f6fse Zuckungen zu erregen.","page":68},{"file":"p0069.txt","language":"de","ocr_de":"Anlegen von Metallen an den nat\u00fcrlichen Querschnitt.\t69\nAber die erste Partialzuckung, die auf diese Weise zu Stande kommt, wird durch Ver\u00e4nderung der Lage der Sp\u00e4ne am Muskel und der Polarisation Anlafs zu neuen Partialzuckungen; diese verhindern abermals die Herstellung eines best\u00e4ndigen Zustandes s\u00e4mmtlicher Str\u00f6me, es entstehen von Neuem Schwankungen und dem entsprechend Partialzuckungen und so fort bis zum Tode des Muskels.\nDie Fl\u00fcssigkeit, die sich auf den positiveren Metallen durch Elektrolyse an der Ber\u00fchrungsstelle des Muskels bildet, ist im Stande, den Strom eines parelektronomischen Muskels zu entwickeln. Zwar ist die Menge dieser Fl\u00fcssigkeit zu gering, um sie gesondert aufzufangen und den nat\u00fcrlichen Querschnitt eines anderen Muskels damit zu benetzen. Allein der Versuch l\u00e4fst sich leicht in der Weise anstellen, dafs man den parelektronomischen Muskel ein bis zwei Stunden auf Muskeln lagert, welche ihrerseits ein paar Stunden auf Zink gebettet waren. Dabei mufs die R\u00fcckenfl\u00e4che des ersteren Muskels nat\u00fcrlich die Punkte der letzteren Muskeln ber\u00fchren, die sich, in Folge ihrer Ber\u00fchrung mit dem Zink, mit der Fl\u00fcssigkeit \u00fcberzogen haben, deren entwickelnde F\u00e4higkeit nachgewiesen werden soll. Die fortgesetzte Ber\u00fchrung der nat\u00fcrlichen Fl\u00e4chen von Muskeln in ihrem nat\u00fcrlichen Zustande l\u00e4fst begreiflich den Strom ganz unentwickelt.1 . Unter den in Rede stehenden Umst\u00e4nden aber tritt er bald gerade so hervor, als ob der Muskel wirklich auf Zink gebettet worden w\u00e4re.\nEs bieten sich nunmehr, f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Stromentwickelung durch Anlegen positiver Metalle an den nat\u00fcrlichen Querschnitt, zweierlei Wege dar. Man kann erstlich sagen, diese Art der Entwickelung komme mit der uns fr\u00fcher bekannt gewordenen durch An\u00e4tzen des Querschnittes in allen St\u00fccken \u00fcberein, nur dafs wir, anstatt die \u00e4tzende Fl\u00fcssigkeit mit dem Pinsel auf den Querschnitt aufzutragen, sie hier, umst\u00e4ndlicher und viel weniger sicher, erst durch Elektrolyse am Querschnitt sich h\u00e4tten bilden lassen. Man kann aber auch zweitens sagen, die Entwickelung durch die positiven Metalle sei bereits die Folge allein der Elektrolyse des nat\u00fcrlichen Querschnittes; die Elektrolyse ersetze hier den chemischen Angriff durch die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit in unseren fr\u00fcheren Versuchen, und die sich durch die Elektrolyse bildende Fl\u00fcssigkeit von \u00e4tzender Natur brauche demnach zur Entwickelung nichts mehr zu thun; sie k\u00f6nne nur vielleicht den Grad derselben bestimmen helfen, da es ja, wie wir jetzt wissen (S. oben S. 58), durch Umst\u00e4nde, die uns noch verborgen sind, bedingt, verschiedene Grade der Entwickelung giebt.\n* Vergl. unten, No. 9 (m).","page":69},{"file":"p0070.txt","language":"de","ocr_de":"70\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 8. Stromentwiclcelung durch\nDie Art, zwischen diesen beiden M\u00f6glichkeiten zu entscheiden, w\u00fcrde sichtlich sein, die Wirkung der Elektrolyse und die der ausgeschiedenen Zersetzungsstoffe im Versuch von einander zu trennen. Dies geht nun zwar f\u00fcr die letztere Wirkung von statten, wie wir so eben gesehen haben; die Wirkung der Elektrolyse hingegen l\u00e4fst sich leider nicht in gleicher Weise vereinzeln.\nEs ist n\u00e4mlich zu bemerken, dafs es, um allein eine oberfl\u00e4chliche Schicht des Muskels starken Str\u00f6men auszusetzen, ohne zugleich auf gr\u00f6fsere Tiefen verderblich einzuwirken, eben kein Mittel giebt als das, worauf wir hier durch Zufall gef\u00fchrt worden sind, n\u00e4mlich der betreffenden Gegend der Muskeloberfl\u00e4che kleine Elektrodenpaare dichtgedr\u00e4ngt anzulegen, wie die verschiedenen Punkte der ungleichartigen Metalloberfl\u00e4che sie gewissermafsen darstellen. Zwischen den einander zun\u00e4chst gelegenen positiven und negativen Gliedern dieser Elektrodenpaare kreisen alsdann wegen der K\u00fcrze der Bahnen verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig sehr starke Str\u00f6me, w\u00e4hrend in jeder gr\u00f6fseren Entfernung von der Muskeloberfl\u00e4che die Str\u00f6me nicht nur wegen der wachsenden L\u00e4nge der Bahnen sehr an St\u00e4rke verlieren, sondern sich auch einander vielfach beeintr\u00e4chtigen, ja aufhehen m\u00fcssen. Wollte man nun zwischen diese Elektrodenmos\u00e4ik, wenn der Ausdruck verg\u00f6nnt ist, und den nat\u00fcrlichen Querschnitt, um diesen vor der Einwirkung der Zersetzungsstoffe zu sch\u00fctzen und ihn der Elektrolyse allein preiszugeben, eine Schicht nicht entwickelnden feuchten Leiters, z. B. Froschblutes (S. oben S. 63. 64), anbringen, so versetzt man den Querschnitt in die Bedingungen, unter denen sich vorher die entferntere Schicht des Muskels befand, d. h. die ihn durchkreisenden Str\u00f6me sind bei weitem schw\u00e4cher und heben einander zum gr\u00f6fsten Theil auf. In der That verhindert denn auch die Einschaltung eines mit Blut getr\u00e4nkten mehrdoppelten Streifens Fliefspapier zwischen den nat\u00fcrlichen Querschnitt und das positive Metall die Stromentwickclung vollst\u00e4ndig, vielleicht nur deshalb, weil die Zersetzungsstoffe vom An\u00e4tzen des Querschnittes abgehalten werden, vielleicht aber auch, weil die unmittelbare Wirkung der Elektrolyse auf den Querschnitt dadurch aus den erw\u00e4hnten Gr\u00fcnden verloren geht. Und man sieht leicht, dafs es unter diesen Umst\u00e4nden zu nichts helfen w\u00fcrde, die Str\u00f6me dadurch zu verst\u00e4rken, dafs man sie, statt durch die ungleichartigen Punkte einer und derselben Metalloberfl\u00e4che, hervorbr\u00e4chte durch eine S\u00e4ule von beliebiger Kraft und sie dem nat\u00fcrlichen Querschnitt durch eine Elektrodenmos\u00e4ik zuf\u00fchrtc, welche der Querschnitt eines B\u00fcndels von einander isolirter Dr\u00e4hte w\u00e4re, von denen die H\u00e4lfte mit dem einen, die andere H\u00e4lfte mit dem anderen Ende der S\u00e4ule in Verbindung st\u00e4nde. Die Str\u00f6me","page":70},{"file":"p0071.txt","language":"de","ocr_de":"Anlegen von Metallen an den nat\u00fcrlichen Querschnitt.\t71\nw\u00fcrden in einiger Entfernung von den Elektroden einander nicht minder aufheben, wenn auch die etwa \u00fcbrig bleibenden Resultanten st\u00e4rker ausfielen; und da, je weiter man sich von den Elektroden entfernt, um so langsamer die St\u00e4rke der Str\u00f6me abnimmt, so w\u00fcrde sich die durch sie ver\u00fcbte verderbliche Elektrolyse nun nicht blos auf den Querschnitt beschr\u00e4nken, sondern auf eine gr\u00f6fsere Tiefe des Muskels erstrecken. Dafs aber bei allgemeiner Zerst\u00f6rung des Muskels durch Elektrolyse von einer Entwickelung des Muskelstromes nicht mehr die Rede sein k\u00f6nne, bedarf nicht des Beweises. K\u00e4me aber auch auf diese Weise Entwickelung des Stromes jener Muskeltheile zu Stande, welche etwa minder hart betroffen w\u00fcrden, so w\u00fcrde man doch nicht einmal sicher sein, dafs die Entwickelung von der Elektrolyse herstamme. Denn man erinnert sich von unserer Untersuchung \u00fcber die PELTiERSchcn Ladungen her (S. oben Bd. I. S. 379), dafs sich die thierischen Gewebe auf der Bahn des Stromes nicht ganz als feuchte Leiter verhalten, sondern dafs an ihren Grenzen, wie an denen metallischer Leiter, Ausscheidung der Zersetzungsstoffe stattfindet. Es wird also immer noch dem Bedenken Raum bleiben, ob nicht von den so ausgeschiedenen Zersetzungsstollen, statt von der Elektrolyse, die beobachtete Entwickelung herr\u00fchre.\nSetzt man Muskeln starken elektrischen Str\u00f6men auf die gew\u00f6hnliche Art dauernd aus, so dafs sie ihrer ganzen Masse nach zwischen beliebigen Punkten ihrer Oberfl\u00e4che in der einen oder anderen Richtung durchkreist werden, so ist nicht nur unfehlbar der ganze Muskel dem zerst\u00f6renden Einflufs der Elektrolyse preisgegeben, sondern es treten noch andere St\u00f6rungen hinzu, die bei der vorhin erwogenen Versuchsweise durch die Mannigfaltigkeit in der Richtung der \u00fcbrig bleibenden Stromresultanten wohl minder zu f\u00fcrchten gewesen w\u00e4ren, und wodurch hier die sichere Beobachtung einer stattfindenden Stromentwickelung erschwert wird, ja unm\u00f6glich gemacht werden kann. N\u00e4mlich die PELTiER*schen Ladungen selber verdecken jede andere Ver\u00e4nderung im elektromotorischen Zustande des Muskels, aufserdem aber kommt noch eine andere Erscheinung in Betracht, deren schon oben Abth. I. S. 331 im Vor\u00fcbergehen gedacht worden ist, von der aber erst weiter unten ausf\u00fchrlich die Rede sein soll.1 Mit dieser Versuchsweise ist demnach, beim jetzigen Stande unserer Kenntnisse, vollends nichts anzufangen.\nHingegen kann man mit schwachen Str\u00f6men eher auf die angegebene Weise verfahren, weil die letzterw\u00e4hnte' Erscheinung in der\n1 S. unten, \u00a7. iv.","page":71},{"file":"p0072.txt","language":"de","ocr_de":"72\t3. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7. II. 8. Stromenlmicleelung durch\nThat erst bei sehr bedeutender Stromdichte merklich wird, die Str\u00f6me wegen Ausgleichung der PELTiER\u2019schen Ladungen aber dann so geringf\u00fcgig sind, dafs durch sie hindurch Schwankungen des elektromotorischen Zustandes der Muskeln sich bemerklich machen k\u00f6nnen.\nDer Versuchsplan wird alsdann folgender. Man pr\u00fcft den Muskel zwischen sehnigen Enden auf die Entwickelung seines Stromes, und bringt ihn, der zu beantwortenden Frage entsprechend, auf die eine oder die andere Art dergestalt in die Kette, dafs er aufsteigend durchstr\u00f6mt wird. Hat er gen\u00fcgende Zeit in der Kette zugebracht, so pr\u00fcft man ihn abermals, und wird ihn alsdann, wegen der PELTiER\u2019schen Ladungen, stets absteigend wirksam finden. Allein sehr bald gleichen sich jene Ladungen ab; der Muskel n\u00e4hert sich mehr und mehr seinem urspr\u00fcnglichen Zustande positiver Wirksamkeit, und \u00fcberschreitet ihn vielleicht zuletzt mehr oder weniger. Erreicht oder \u00fcberschreitet er ihn, so kann man mit Bestimmtheit sagen, es habe Stromentwickelung stattgefunden, anfangs verdeckt durch die PELTiER\u2019schen Ladungen; denn wenn der Muskel ruhig sich selbst \u00fcberlassen geblieben w\u00e4re, w\u00fcrde er an elektromotorischer Kraft ja vielmehr verloren haben. Erreicht der Muskel seinen urspr\u00fcnglichen Grad positiver Wirksamkeit nicht wieder, so bleibt es ungewifs, ob sich an ihm Strom entwickelt habe oder nicht.\nIch setzte parelektronomische Gastroknemien mehrere Stunden lang dem Strom einer GRovE\u2019schen Kette der kleineren oben Bd. I. S. 446 beschriebenen Art zwischen Platinenden aus. Ber\u00fchrte der nat\u00fcrliche Querschnitt die positive Elektrode, so dafs er der Einwirkung der auf-gesammelten Anionen preisgegeben war, so fand Stromentwickelung statt. Ber\u00fchrte er sie nicht, sei\u2019s dafs die Achillessehne die Verbindung herstellte, sei\u2019s dafs ein mit Blut getr\u00e4nkter Fliefspapier-bausch den nat\u00fcrlichen Querschnitt vom Platin trennte, so blieb die Entwickelung aus. Im zweiten Falle gaben sich indessen einigemal Spuren davon zu erkennen. Es bleibt aber begreiflich ungewifs, ob sie herr\u00fchrten von den durch den Muskel aufgehaltenen Kationen, oder ob sie der unmittelbaren Einwirkung des Stromes ihren Ursprung verdankten, welche in diesem Falle wohl st\u00e4rker war, als beim Aufliegen mit sehnigen Enden.\nSomit ist hier vor der Hand nichts zu thun \u00fcbrig, als sich in Betreff der schwebenden Frage zu bescheiden. Gl\u00fccklicherweise erscheint sie nur als von untergeordneter Wichtigkeit. Es ist gleichviel, in welcher Art des Angriffes des nat\u00fcrlichen Querschnittes die wahre Ursach der Entwickelung durch die positiven Metalle liege; ob in der durch die Elektrolyse selber, oder erst in der durch die \u00e4tzende","page":72},{"file":"p0073.txt","language":"de","ocr_de":"Anlegen von Metallen an den nat\u00fcrlichen Querschnitt.\n73\nFl\u00fcssigkeit, welche das Erzeugnifs dieser Elektrolyse ist. Immer handelt es sich nun doch auch hier um nichts anderes mehr, als um einen Angriff des nat\u00fcrlichen Querschnittes, und der Widerspruch zwischen der Stromentwickelung durch das Quecksilberbad und der durch die \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeiten ist nunmehr als geschlichtet anzusehen.\n9. Von dem verschiedenen Verhalten des nat\u00fcrlichen und des k\u00fcnstlichen Querschnittes der Muskeln im parelektronomischen\nZustande.\n(i) Darlegung der hier zu entscheidenden Fragen.\nEhe wir weiter gehen, ist es jetzt noting, dafs wir einem Punkte von gr\u00f6fster Wichtigkeit, den wir so lange g\u00e4nzlich aufser Acht gelassen haben, unser Augenmerk zuwenden. Ich meine den bereits oben S. 36 im Allgemeinen erw\u00e4hnten Unterschied zwischen dem Verhalten des nat\u00fcrlichen und des k\u00fcnstlichen Querschnittes im parelektronomischen Zustande der Muskeln.\nIm Lauf unserer fr\u00fcheren Untersuchungen haben wir zwischen dem elektromotorischen Verhalten der beiden Arten des Querschnittes die vollkommenste Uebereinstimmung \u00fcberall gefunden. Von dem nat\u00fcrlichen Querschnitt haben wir jetzt erkannt, dafs sein positiver Strom im parelektronomischen Zustande der Muskeln nicht sogleich vorhanden ist. Dieser Querschnitt bedarf alsdann, um gesetzm\u00e4fsig elektromotorisch zu wirken, einer gewissen Vorbereitung. Er mufs zuvor einem chemischen Angriff auf die eine oder die andere Weise ausgesetzt gewesen sein. In dem Mafs, als dieser Angriff heftiger und rascher erfolgt, sieht man den positiven Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes schneller und st\u00e4rker hervortreten.\nVon alledem bietet nun, wie man sich erinnert, der k\u00fcnstliche Querschnitt, wenigstens bei der gangbaren Art der Pr\u00fcfung, keine sichere Spur dar. Nie findet man den k\u00fcnstlichen Querschnitt auch nur ann\u00e4hernd unwirksam, geschweige positiv gegen den L\u00e4ngsschnitt. Stets wird er gleich bei der ersten Pr\u00fcfung stark negativ gefunden, wenn auch nicht so stark als im nicht erk\u00e4lteten Zustande. Bei dieser Stufe der Wirksamkeit, auf der der k\u00fcnstliche Querschnitt sofort angetroffen wird, hat es aber sein Bewenden. Sein Strom entwickelt sich nicht weiter. H\u00f6chstens dafs es in sehr zahlreichen Versuchen ein paarmal vorkommt, dafs der zweite Ausschlag den ersten um ein paar Grade \u00fcbertrifft. Wer aber b\u00fcrgt daf\u00fcr, dafs dies nicht, statt von einer Stromentwickelung nach Art der am nat\u00fcrlichen Querschnitt, herr\u00fchre von irgendwelchem anderen Umstande, von einer zuf\u00e4lligen","page":73},{"file":"p0074.txt","language":"de","ocr_de":"74\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 II. 9 (i). Von dem verschiedenen Verhalten\nVerminderung des Widerstandes bei der zweiten Pr\u00fcfung, etwa durch Eindringen des Kochsalzes in die Eiweifsh\u00e4utchen, durch Hinwegdr\u00fccken einer Luftblase zwischen Bausch und Eiweifsh\u00e4utchen (S. oben Bd. I. S. 224), u. d. m.? Dazu kommt, dafs, wie wir erst jetzt zu ermessen im Stande sind, die Art der Pr\u00fcfung des k\u00fcnstlichen Querschnittes ganz geeignet sein w\u00fcrde, eine fernere Stromentwickelung daran erkennen zu lassen, wenn solche an ihm, nach Art der Entwickelung am nat\u00fcrlichen Querschnitt, \u00fcberhaupt noch stattzufinden verm\u00f6chte. Ohne durch einen sehnigen Ueberzug, gleich dem nat\u00fcrlichen Querschnitt, vor der unmittelbaren Ber\u00fchrung der Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten gesch\u00fctzt zu sein, kommt der k\u00fcnstliche Querschnitt gegen das Eiweifsh\u00e4utchen zu liegen, dessen Ber\u00fchrung, wie man sich erinnert, wohl im Stande war, den Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes zu entwickeln (S. oben S. 53). Man k\u00f6nnte sagen, dafs der Grad der Entwickelung, auf dem sich der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes, aus irgend welchen Gr\u00fcnden, alsdann schon befinde, denjenigen \u00fcbertreffe, den das H\u00fchnereiweifs herbeizuf\u00fchren vermag (Vergl. oben S. 58). Allein auch wenn man den k\u00fcnstlichen Querschnitt unmittelbar wider den vom Eiweifsh\u00e4utchen entbl\u00f6fsten Bausch lehnt, entwickelt sich sein Strom nicht h\u00f6her; so dafs sich dieser Strom also jedenfalls schon auf einer Stufe der Entwickelung jenseits der durch die Kochsalzl\u00f6sung hervorgerufenen befunden haben mufs.\nUnter diesen Umst\u00e4nden erscheint es unstreitig als das Nat\u00fcrlichste, sich vorzustellen, der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes bed\u00fcrfe gar keiner Entwickelung. Nur beirrt durch die Gewohnheit, uns die beiden Arten des Querschnittes \u00fcberall in vollkommener Uebereinstimmung zu denken, h\u00e4tten wir oben S. 36, nachdem wir die Entwickelung des Stromes des nat\u00fcrlichen Querschnittes erkannten, uns verleiten lassen zu dem Ausdruck, der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes finde sich stets bereits ganz oder nahe ganz entwickelt vor. Dies heifse voraussetzen, dafs die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes gegen den L\u00e4ngsschnitt einer Entwickelung \u00fcberhaupt bed\u00fcrfe, und dafs sie, ira unversehrten Muskel, so wenig vorhanden sei, als die des nat\u00fcrlichen Querschnittes vor dem Angriff durch eine \u00e4tzende Fl\u00fcssigkeit. F\u00fcr diese Voraussetzung aber liege kein wirklicher Grund vor; und wenn nicht das Gegentheil erwiesen werde, so sei aus dem gegenw\u00e4rtigen Thatbestand vielmehr zu folgern, dafs die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes innerhalb des unversehrten Muskels bereits gerade so vorhanden sei, wie wir sie bei der Pr\u00fcfung auf den B\u00e4uschen vorfinden.\nDie Folge wird lehren, dafs diese Vorstellungsweise in der That die richtige ist. Allein um zu dieser Ueberzeugung zu gelangen, sind","page":74},{"file":"p0075.txt","language":"de","ocr_de":"des nat. und deshiinstl.Querschnittes imparelehlr anomischen Zustande. 75\nnoch mehrfache Hindernisse aus dem Wege zu r\u00e4umen. Es ist zuv\u00f6rderst nicht zu verkennen, dafs eben die vollkommene Uebereinstimmung, die wir zwischen dem Verhalten beider Arten des Querschnittes stets gefunden haben, uns die Verpflichtung auferlegt, zu versuchen, ob sich der hier hervorgetretene Widerspruch nicht noch irgendwie in\u2019s Gleiche bringen lasse. Und bei einigem Nachdenken findet man bald einen Weg, auf dem dies dem Anschein nach wohl gelingen k\u00f6nnte.\nEs liegt n\u00e4mlich die Vermuthung nahe, dafs die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes zwar im unversehrten Muskel ihrer Entwickelungsstufe nach der des nat\u00fcrlichen Querschnittes wirklich stets genau entspreche. Beim Auflegen auf die B\u00e4usche aber erscheine der Strom deshalb stets bereits so hoch entwickelt, weil durch den blofsen Vorgang der Pr\u00fcfung oder gar der Herstellung des k\u00fcnstlichen Querschnittes die Bedingungen zur Entwickelung gegeben seien, so dafs der Strom sich im Nu entfalte, so schnell, als wenn der nat\u00fcrliche Querschnitt mit H\u00f6llensteinl\u00f6sung, Essigs\u00e4ure, Ammoniak oder Kreosot benetzt wird. Diese Vermuthung m\u00fcssen wir nun vor Allem bestrebt sein, durch passende Versuche, wenn es angeht, zu best\u00e4tigen oder zu widerlegen.\n(n) Die Pr\u00fcfung des k\u00fcnstlichen Querschnittes auf seinen Strom\ntr\u00e4gt nichts Merkliches hei zur Entwickelung desselben.\nWas zun\u00e4chst die Pr\u00fcfung des k\u00fcnstlichen Querschnittes aufseinen Strom betrifft, so ist Folgendes zu erw\u00e4gen. Wir haben oben bemerkt, dafs die Bedingungen, unter denen wir diese Pr\u00fcfung vornehmen, nach den den Erscheinungen am nat\u00fcrlichen Querschnitt entlehnten Begriffen, der Entwickelung durchaus g\u00fcnstige sind. Wir haben daraus, dafs der k\u00fcnstliche Querschnitt dennoch keine Entwickelung erkennen lasse, geschlossen, dafs er keine F\u00e4higkeit dazu besitze. Aber man kann diesen Erfolg noch aus einem anderen, gerade dem entgegengesetzten Gesichtspunkte beurtheilen. Man kann sich n\u00e4mlich denken, dafs die hohe Stufe der Entwickelung, auf der der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes angetroffen wird, eben daher r\u00fchrt, dafs er, ohne durch einen sehnigen Ueberzug gesch\u00fctzt zu sein, unmittelbar mit dem Eiweifsh\u00e4utchen in Ber\u00fchrung kommt. H\u00fchnereiweifs, wenn es keine Schicht Sehnengewebe erst zu durchdringen braucht, mag ja so schnell und stark entwickeln, wie sonst nur H\u00f6llcnsteinl\u00f6sung oder Kreosot.\nAllein der Versuch erweist sich dieser Annahme nicht g\u00fcnstig. W\u00e4re sie richtig, so m\u00fcfste sich doch in der Gr\u00f6fse des ersten Ausschlages, den man vom k\u00fcnstlichen Querschnitt erh\u00e4lt, ein Unterschied erkennen lassen, je nach der entwickelnden Kraft der angewendeten","page":75},{"file":"p0076.txt","language":"de","ocr_de":"76 Abschn. Kap. VIII. \u00a7. 11. 9 (n). Die Pr\u00fcfung des k\u00fcnstlichen\nZuleitungsfl\u00fcssigkeit, und wenn die Fl\u00fcssigkeit nur sehr langsam und schwach entwickelte, so m\u00fcfste sich eine Spur nachtr\u00e4glicher Entwickelung, sei\u2019s bei der zweiten, dritten... Pr\u00fcfung, sei\u2019s bei Anwendung einer st\u00e4rker entwickelnden Zuleitungsfl\u00fcssigkeit kundgeben.\nNichts von alledem ist der Fall. Der erste Ausschlag ist nicht st\u00e4rker, wenn man die B\u00e4usche mit doppelten Id\u00fclfsb\u00e4uschen versieht, von denen die der zweiten Ordnung (Vergl. oben S. 13) mit Salpeters\u00e4ure oder sonst einer stark entwickelnden, leitenden Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkt sind, und auf diese den parelektronoraischen Muskel, einen Adductor magnus oder Semimembranosus Cuv., mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und k\u00fcnstlichem Querschnitt ohne Eiweifsh\u00e4utchen bringt. Der Ausschlag ist, des vermehrten Widerstandes halber, zwar schw\u00e4cher, wenn man die gew\u00f6hnlichen Zuleitungsb\u00e4usche, statt mit Eiweifsh\u00e4utchen, mit einem mehrdoppelten Ueberzuge von Fliefspapier versieht, das mit Froschblut oder destillirtem Wasser, also mit Fl\u00fcssigkeiten getr\u00e4nkt ist, die vom nat\u00fcrlichen Querschnitt aus heziehlich gar nicht oder nur sehr langsam und schwach entwickeln (Vergl. oben S. 60. 63. 64). Allein man erh\u00e4lt keinen st\u00e4rkeren Ausschlag, wenn man entweder beim destillirten Wasser die Pr\u00fcfung nach einiger Zeit wiederholt, oder wenn man den Ueberzug auf Seiten des Querschnittes noch \u00fcber den auf Seiten des L\u00e4ngsschnittes deckt und den Querschnitt den entsprechenden Bausch unmittelbar ber\u00fchren l\u00e4fst, wobei, wie man sieht, der Widerstand des Kreises unver\u00e4ndert bleibt, der Querschnitt aber dem Angriff durch die Kochsalzl\u00f6sung biosgegeben wird. Bei immer l\u00e4nger fortgesetzter Pr\u00fcfung nimmt zwar die Wirkung an St\u00e4rke zu, augenscheinlich aber nur weil sich dem destillirten Wasser oder dem Blute der Ueberz\u00fcge Kochsalzl\u00f6sung aus den B\u00e4uschen beimischt.\nMan kann noch auf eine andere Art untersuchen, ob der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes, unabh\u00e4ngig von den gew\u00f6hnlich zu seiner Pr\u00fcfung angewendeten H\u00fclfsmitteln, und bereits vor dieser Pr\u00fcfung, die Entwickelungsstufe besitze, auf der er gefunden zu werden pflegt. Auf diese Art wird man gef\u00fchrt, indem man sucht, auf den k\u00fcnstlichen Querschnitt die vortheilhafte Gestalt der Pr\u00fcfung zu \u00fcbertragen, die wir oben S. 51 f\u00fcr den nat\u00fcrlichen Querschnitt entdeckten, und ihr im Verfolg der Untersuchung bereits so viel zu danken hatten. Wir fanden, dafs der Strom des parelektronomischen Gastroknemius sich nicht entwickele, wenn er, statt vom L\u00e4ngs- und Querschnitt unmittelbar, von den sehnigen Enden abgeleitet werde; und nun erst konnten wir in aller Sicherheit den Einflufs ermitteln, den gewisse Umst\u00e4nde auf die Entwickelung \u00e4ufsern, ohne Gefahr zu laufen, durch die Pr\u00fcfung selber den Stand der Entwickelung zu ver\u00e4ndern.","page":76},{"file":"p0077.txt","language":"de","ocr_de":"Querschnittes thut nichts zur Entwickelung seines Stromes.\nUm dasselbe am k\u00fcnstlichen Querschnitt zu erreichen, gen\u00fcgt es, den parelektronomischen Muskel mit zwei nicht symmetrischen Punkten des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes aufzulegen. Da man es alsdann mit den schwachen Str\u00f6men des L\u00e4ngsschnittes zu thun hat, so wendet man mit Vortheil den Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom an (S. oben Abth. I. S. 495).\nMan erh\u00e4lt stets bereits einen Ausschlag von 70 \u2014 90\u00b0 in der Richtung von dem dem elektromotorisch mittleren Querschnitte n\u00e4heren Punkte des L\u00e4ngsschnittes zu dem dem k\u00fcnstlichen Querschnitte n\u00e4heren Punkte durch den Multiplicatordraht. Also ohne dafs der Querschnitt mit einer entwickelnden Fl\u00fcssigkeit in Ber\u00fchrung gekommen w\u00e4re, findet man ihn doch nie unwirksam gegen den L\u00e4ngsschnitt, geschweige positiv. Es handelt sich aber darum, auszumachen, ob sich seine Negativit\u00e4t gleich der des nat\u00fcrlichen Querschnittes im parelektronomischen Zustande noch durch An\u00e4tzen steigern lasse.\nDie Pr\u00fcfung darf nicht etwa so vorgenommen werden, dafs man den Muskel von den B\u00e4uschen entfernt, um seinen k\u00fcnstlichen Querschnitt mit irgend einer entwickelnden Fl\u00fcssigkeit in Ber\u00fchrung zu bringen. Denn man w\u00fcrde auf keine Weise sicher sein, dafs man ihm, beim Wiederauflegen auf die B\u00e4usche, die genau gleiche Lage ertheilt habe. Es mufs vielmehr, w\u00e4hrend der Muskel unverr\u00fcckt aufliegt und die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung h\u00e4lt, die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit auf den Querschnitt gebracht, und ihre Wirkung aus der dann entstehenden Nadelbcwegung erschlossen werden. Wie man leicht erkennt, ist dies dasselbe Verfahren, dessen wir uns oben S. 55 bedient haben, um zu ermitteln, ob eine Fl\u00fcssigkeit entwickelnd wirke oder nicht. Hier bedienen wir uns umgekehrt einer Fl\u00fcssigkeit von bekanntem Entwickelungsverm\u00f6gen, um zu erfahren, ob der k\u00fcnstliche Querschnitt entwickelungsf\u00e4hig sei oder nicht.\nDamit die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit nicht dem Muskel entlang fliefse und die Eiweifsh\u00e4utchen verunreinige, mufs der damit zu benetzende Querschnitt von dem entsprechenden Bausch abgehoben und das Ende des Muskels mit H\u00fclfe eines St\u00fcckchens Thermometerrohrs (S. oben Bd. I. S. 500) oder gefirnifsten Korkes so gest\u00fctzt werden, dafs der Querschnitt in wagerechter Stellung frei nach oben sieht. Die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit mufs begreiflich m\u00f6glichst wirksam sein. Es ist ferner zweckm\u00e4fsig, wenn sie nicht mit zu grofser Kraft sich am Muskel auszubreiten strebt, und wenn sie \u00fcberdiefs ihren Verbreitungsbezirk durch irgend eine recht augenf\u00e4llige Ver\u00e4nderung der Muskelsubstanz kenntlich macht. Ich w\u00e4hlte zuerst die ges\u00e4ttigte salpetersaure Silberl\u00f6sung; sie entspricht dem Zweck sehr gut, insofern sie insbe-","page":77},{"file":"p0078.txt","language":"de","ocr_de":"78\t3. Abschn, Kap. VIII. \u00a7.11. 9 (n). Die Pr\u00fcfung des lt\u00fcnstlichen\nsondere jeden Punkt des Muskels, den sie ber\u00fchrt hat, mit einem weifsen Brandschorf bedeckt zur\u00fcckl\u00e4fst.\nBenetzt man den k\u00fcnstlichen Querschnitt eines mit verschiedenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes aufliegenden Semimembranosus oder Adductor magnus Cuv. mit der ges\u00e4ttigten H\u00f6llensteiul\u00f6sung, indem man sich h\u00fctet, dabei nicht die Gr\u00e4nze von L\u00e4ngs- und Querschnitt zu \u00fcberschreiten, so sieht man allerdings h\u00e4ufig einen positiven Ausschlag erfolgen. Allein er bel\u00e4uft sich stets nur auf wenige Grade, w\u00e4hrend der erste Ausschlag beim Auflegen des Muskels die Nadel des Multi-plicators f\u00fcr den Nervenstrom, wie gesagt, nicht selten bis an die Hemmung f\u00fchrt.\nUeberschreitet man, beim Benetzen des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes, ungeh\u00f6riger Weise die Grenze zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt, so bleibt manchmal die Nadel in Ruhe, oft sieht man sie, statt im positiven Sinne, im negativen Sinn ausschlagen. Diese negative Wirkung, die also die positive bald aufwiegt, bald sogar \u00fcberwiegt, beruht zweifellos darauf, dafs alsdann die H\u00f6llensteinl\u00f6sung eine Nebenschliefsung f\u00fcr den Strom in Bezug auf den Multiplicatorkreis abgieht.\nBenetzt man den k\u00fcnstlichen Querschnitt allein zu wiederholten Malen mit der L\u00f6sung, so erfolgt gleichwohl kein negativer Ausschlag. Am Gastroknemius war, wie man sich erinnert, das Verhalten ein anderes. Hier brachte das Benetzen allein des nat\u00fcrlichen Querschnittes bei bereits entwickeltem Strome einen negativen Ausschlag zuwege (S. oben S. 57. 58). Wir haben dies zu erkl\u00e4ren versucht durch die schr\u00e4ge Lage des nat\u00fcrlichen Querschnittes in Bezug auf die Faserrichtung. Wir dachten uns, dafs demgem\u00e4fs eine den Querschnitt \u00fcberziehende gute Leitung sich gleichsam angelegt finde an L\u00e4ngs- und Querschnitt der L\u00e4ngsreihen der elektromotorischen Molekeln, die in dem schr\u00e4gen Querschnitt der einzelnen B\u00fcndel einander stufenf\u00f6rmig \u00fcberragen. Ich versuchte daher, ob sich von schr\u00e4g angelegten k\u00fcnstlichen Querschnitten aus, beim wiederholten Benetzen ihrer allein mit H\u00f6llensteinl\u00f6sung, w\u00fcrde ein negativer Ausschlag erzielen lassen; und wirklich traf dies in einigen F\u00e4llen zu.\nUeber die Deutung dieser negativen Ausschl\u00e4ge kann also nicht wohl ein Zweifel sein. Was den positiven Ausschlag betrifft, den man beim Benetzen des Querschnittes allein erh\u00e4lt, so k\u00f6nnte man ebenso meinen, dieser Ausschlag sei unfehlbar zu betrachten als ein Anzeichen einer freilich in \u00e4ufserst engen Grenzen vor sich gehenden Stromentwickelung, welche, bei der gew\u00f6hnlichen Art der Pr\u00fcfung, der Beobachtung entzogen bleibe. Es w\u00e4re auf diese Art also erwiesen, dafs wirklich der k\u00fcnstliche Querschnitt stets noch einigermafsen entwicke-","page":78},{"file":"p0079.txt","language":"de","ocr_de":"Querschnittes thut nichts zur Entrcichelung seines Stromes.\t79\nlungsf\u00e4hig auf die B\u00e4usche gelange, und dafs folglich seine Negativit\u00e4t im unversehrten Muskel der Zurichtung nicht vollst\u00e4ndig vorbestehe, sondern gleich der des nat\u00fcrlichen Querschnittes allerdings auch einer Entwickelung bed\u00fcrfe. Bei n\u00e4herer Betrachtung findet sich indefs, dafs sich f\u00fcr jene positive Wirkung bei ihrer ausnehmenden Kleinheit noch zwei andere Deutungen angeben lassen, von denen die eine zwar leicht beseitigt werden kann, die andere aber nicht aus dem Wege zu r\u00e4umen ist, so dafs der Beweis f\u00fcr den auch nur theilweisen Ursprung der positiven Wirkung aus einer Stromentwickelung in Wahrheit weder gef\u00fchrt ist, noch \u00fcberhaupt gef\u00fchrt werden kann.\nZuerst n\u00e4mlich kann man Folgendes sagen. Oben Abth. I. S. 525 ist gezeigt worden, dafs, wenn ein peripolarer Erreger mit symmetrischen Punkten des L\u00e4ngsschnittes aufliegt, und man f\u00fcgt ihm an dem einen Querschnitt eine unwirksam leitende Verl\u00e4ngerung hinzu, eine Wirkung im Kreise sich kundgiebt im Sinne des Querschnittes, an dem das Hinzuf\u00fcgen geschah (Vergl. Taf. IV. Fig. 134). Es ist klar, dafs dieselbe Wirkung nicht ausbleiben w\u00fcrde, wenn der Erreger, statt mit symmetrischen, mit asymmetrischen Punkten des L\u00e4ngsschnittes aufl\u00e4ge. Es ist ferner klar, dafs an Stelle des mit Eiweifs getr\u00e4nkten Fadens in Fig. 134 auch nur ein Tr\u00f6pfchen einer gutleitenden Fl\u00fcssigkeit h\u00e4tte an dem Querschnitt angebracht werden k\u00f6nnen, indem die gute Leitungsf\u00e4higkeit der Fl\u00fcssigkeit die gr\u00f6fsere Ausdehnung des Eiweifsfadens ersetzte. Alsdann aber, sieht man, fallen die Bedingungen des Versuches mit denjenigen des uns jetzt vorliegenden merklich zusammen. Die positive Wirkung, die wir in diesem beobachtet haben, r\u00fchrt somit m\u00f6glicherweise von nichts her, als davon, dafs? wir, in dem Tropfen H\u00f6llensteinl\u00f6sung, an dem Querschnitt des Muskels eine Endableitung angebracht haben, entsprechend der Endl\u00fccke in den oben Bd. I. S. 649 ff. beschriebenen Versuchen an schematischen Kupferzinkvorrichtungen (Vergl. Fig. 67. Taf. VI. ebendas.).\nDiese Vermuthung ist leicht durch den Versuch zu pr\u00fcfen. Ist sie richtig, so mufs n\u00e4mlich die positive Wirkung ausbleiben, wenn wir die H\u00f6llensteinl\u00f6sung durch eine nichtleitende entwickelnde Fl\u00fcssigkeit, das Kreosot, ersetzen. Ist hingegen die positive Wirkung von der angegebenen Ursache ganz oder zum Theil unabh\u00e4ngig, so darf sie, auch mit dem Kreosot statt der H\u00f6llensteinl\u00f6sung, zu erscheinen fortfahren.\nDer Erfolg lehrt aber, dafs auch das Kreosot noch eine deutliche positive Wirkung giebt, wenn auch nicht so stark, als die H\u00f6llensteinl\u00f6sung. Von der negativen Wirkung beim Ueberschreiten der Grenze zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt ist beim Kreosot nichts mehr zu","page":79},{"file":"p0080.txt","language":"de","ocr_de":"80 3. \u00c2bschn. Kap. Till. \u00a7. II. 9 (ii). Die Pr\u00fcfung des k\u00fcnstlichen\nsp\u00fcren, wodurch also unsere Deutung dieser Erscheinung sich von Neuem best\u00e4tigt findet.\nBenetzt man den nat\u00fcrlichen Querschnitt parelektronomischer Gaslro-knemien, die mit sehnigen Enden aufliegen, in der oben S. 55 angegebenen Art das eine Mal mit H\u00f6llensteinl\u00f6sung, das andere Mal mit Kreosot, so erh\u00e4lt man im ersteren Falle meist einen st\u00e4rkeren Ausschlag als im letzteren. Es k\u00f6nnte somit den Anschein haben, als sei die vergleichweise St\u00e4rke der positiven Wirkungen, die beide Fl\u00fcssigkeiten in unserem jetzigen Versuche vom k\u00fcnstlichen Querschnitt aus hervorbringen, ein Beweis daf\u00fcr, dafs diese Wirkungen auf Stromentwickelung beruhen.\nAllein es ist nun zweitens Folgendes zu bedenken. Indem wir den k\u00fcnstlichen Querschnitt einem heftigen chemischen Angriff preisgeben, vernichten wir offenbar die elektromotorische Kraft einer mehr oder weniger m\u00e4chtigen Schicht von Muskelsubstanz, welche diesen Querschnitt ausmacht. Wir verk\u00fcrzen also gewissermafsen, durch An\u00e4tzen des Querschnittes, die Entfernung zwischen dem Querschnitt und dem zun\u00e4chst gelegenen Ableitungspunkte am L\u00e4ngsschnitt. Die Folge davon mufs abermals eine positive Wirkung sein, um so st\u00e4rker, je rascher die Zerst\u00f6rung der Grenzschicht vor sich ging, und je tiefer die \u00e4tzende Fl\u00fcssigkeit eindrang, d. h. je m\u00e4chtiger die aufser Wirksamkeit gesetzte Schicht in derselben Zeit ausf\u00e4llt; und um so st\u00e4rker ferner, je besser die \u00e4tzende Fl\u00fcssigkeit leitete, insofern durch ihren Widerstand auch der Widerstand der unwirksam zur\u00fcckbleibenden Schicht bestimmt wird, welche nunmehr, in Bezug auf den wirksam zur\u00fcckbleibenden Theil des Muskels, eine nach Mafsgabe ihrer Leitungsf\u00e4higkeit stromverst\u00e4rkende Endableitung in der eben erinnerten Art vorstellt.\nMan sieht daher, dafs man auch auf diese Weise, ohne zu einer hier vor sich gehenden Stromentwickelung seine Zuflucht zu nehmen, die positive Wirkung beim Benetzen des k\u00fcnstlichen Querschnittes mit Kreosot und ihre geringere St\u00e4rke im Vergleich zu der durch die H\u00f6llensteinl\u00f6sung wenigstens ungezwungen erkl\u00e4ren kann. Man m\u00f6chte nun vielleicht glauben, es lasse sich zwischen dieser Deutung der positiven Wirkung und derjenigen durch eine Stromentwickelung dadurch entscheiden, dafs man den Versuch an einem nicht erk\u00e4lteten Muskel anstellte, indem nach unseren bisherigen Vorstellungen am nicht erk\u00e4lteten Muskel ja \u00fcberhaupt keine Stromentwickelung stattfindet. Wenn also die positive Wirkung sich dennoch daran kundgebe, so k\u00f6nne diese Wirkung in der That nichts mit der Entwickelung zu schaffen haben. Dieser Versuchsplan beruht jedoch auf einer falschen Voraussetzung. Die","page":80},{"file":"p0081.txt","language":"de","ocr_de":"Querschnittes ihut nichts zur 'Entwickelung seines Stromes. $1\nFolge wird n\u00e4mlich lehren, dafs bei den verfeinerten H\u00fclfsmitteln zur Erkennung des parelektronomischen Zustandes, \u00fcber die wir jetzt gebieten, alle Muskeln zu jeder Zeit, auch wenn sie keiner Temperaturerniedrigung ausgesetzt waren, einen gewissen Grad des parelektronomischen Zustandes erkennen lassen. 1 Unter diesen Umst\u00e4nden hat es nichts zu bedeuten, dafs, wie es sich im Versuche zeigt, die positive Wirkung sich an nicht erk\u00e4lteten Muskeln wirklich gerade so gut wahrnehmen l\u00e4fst als an erk\u00e4lteten. Man k\u00f6nnte aber nun vielleicht noch hoffen, durch die verschiedene Gr\u00f6fse der positiven Wirkung, entsprechend den verschiedenen Stufen des parelektronomischen Zustandes, auf denen sich erk\u00e4ltete und nicht erk\u00e4ltete Muskeln befinden, die Natur jener Wirkung, als von der Stromentwickelung herr\u00fchrend, festzustellen. Allein an eine Vergleichung der Art ist in der That gar nicht zu denken, da die Gr\u00f6fse der positiven Wirkung von einer Menge anderer Umst\u00e4nde in nicht zu beherrschender Weise bestimmt wird.\nIch bevorworte \u00fcbrigens, dafs sich uns in der Folge a f\u00fcr die hier in Rede stehende positive Wirkung noch eine andere Deutung darbieten wird, welche abermals die Vorstellung ausschliefst, als sei diese positive Wirkung das Anzeichen einer Entwickelungsf\u00e4higkeit, die der k\u00fcnstliche Querschnitt aus dem Inneren des Muskels mit zur Pr\u00fcfung bringt.\nAus alle dem ergiebt sich, dafs sich eine Entwickelungsf\u00e4higkeit des k\u00fcnstlichen Querschnittes nicht mit Bestimmtheit nachweisen l\u00e4fst; dafs aber, selbst wenn jene positive Wirkung erwiesenermafsen auf nichts beruhte als auf Stromentwickelung, was nicht der Fall ist, die Entwickelungsf\u00e4higkeit, die der k\u00fcnstliche Querschnitt zur Pr\u00fcfung mitbringt, nur eine \u00e4ufserst geringe sein w\u00fcrde; dafs folglich die hohe Stufe der Entwickelung, auf der wir den Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes stets schon fanden, wenigstens nicht von der Art und Weise herr\u00fchrte, wie wir die Pr\u00fcfung dieses Stromes Vornahmen.\nLegt man einen Nerven, gleich den Muskeln in den vorigen Versuchen, mit asymmetrischen Punkten des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes auf (20\u201430\u00b0 Ausschlag am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom) und betupft man den k\u00fcnstlichen Querschnitt, der auf einem Glimmerbl\u00e4ttchen in gewohnter Weise ruht, mit Kreosot, so erfolgt ein positiver Ausschlag von etwa 2\u00b0. Ersetzt man das Kreosot durch H\u00f6llensteinl\u00f6sung, so ist der Ausschlag negativ wegen Nebenschliefsung, da es begreiflich nicht gelingt, den Querschnitt allein zu benetzen, und nicht die Grenze zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt mehr oder weniger zu \u00fcberschreiten\n* S. unten, No. 11.\n\u2019 S. unten, No. 10 (iv).\nII. 2.\n6","page":81},{"file":"p0082.txt","language":"de","ocr_de":"82 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II, 9 (in). Die Herstellung des Jc\u00fcnsllichen\n(S. oben S. /8). Schwerlich spielt dabei die negative Schwankung wegen der chemischen Erregung des Nerven eine irgend in Betracht kommende Rolle (Vergl. oben Abth. I. S. 520).\nWenn wir mit Sicherheit w\u00fcfsten, dafs die positive Wirkung in diesen Versuchen auf Entwickelung zu deuten sei, so w\u00fcrde ihr Erfolg sehr wichtig sein, da er die Beantwortung der Frage enthalten w\u00fcrde, die oben S. 38 aus Mangel eines nat\u00fcrlichen Querschnittes an den Nerven unerledigt blieb, ob n\u00e4mlich die Nerven den parelektronomischen Zustand mit den Muskeln theilen. Wie die Sachen stehen, ist jedoch der in Rede stehende Erfolg an den Nerven eben so bedeutungslos, weil eben so vieldeutig, als der entsprechende Erfolg an den Muskeln, und jene Frage somit bis auf weiteres noch als unerledigt zu betrachten.\n(\"') Di\u00ab Herstellung des k\u00fcnstlichen Querschnittes tr\u00e4gt nichts bei zur Entwickelung seiner Negativit\u00e4t.\nDer erste Theil der Vermuthung, durch die wir versuchten, den Widerspruch zwischen dem Verhalten beider Arten des Querschnittes im parelektronomischen Zustande zu erkl\u00e4ren, ist nunmehr als gefallen zu betrachten. Der k\u00fcnstliche Querschnitt kommt zur Pr\u00fcfung auf die B\u00e4usche zweifellos bereits nahe, wenn nicht v\u00f6llig, so negativ, als er sich bei der Pr\u00fcfung selber erweist. Die Bedingungen, unter denen wir die Pr\u00fcfung des Stromes vornehmen, tragen nichts bei zur Entwickelung seines Stromes. Soll also die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes \u00fcberhaupt einer Entwickelung bed\u00fcrftig sein; soll sie, statt bereits im unversehrten Muskel stets vorhanden zu sein, vielmehr unter allen Umst\u00e4nden gleichen Schritt halten mit der des nat\u00fcrlichen Querschnittes: so bleibt nichts anderes \u00fcbrig als es mufs die Entwickelung des Stromes des k\u00fcnstlichen Querschnittes in dem kurzen Zeitr\u00e4ume von seiner Herstellung bis zu seiner Pr\u00fcfung vor sich gehen, und es mufs in der Herstellung selber des k\u00fcnstlichen Querschnittes die Ursache dieser reifsend schnellen Entwickelung zu finden sein.\nDie einzige Art der Entwickelung, die wir bisher mit Sicherheit kennen gelernt haben, besteht in dem An\u00e4tzen des Querschnittes durch irgend welche chemisch wirksame Fl\u00fcssigkeit, gleichviel ob leitender oder nicht leitender Art. Wir wissen ferner, dafs die fortgesetzte Ber\u00fchrung positiver Metalle den Strom zu entwickeln vermag, sei\u2019s durch Elektrolyse des Querschnittes unmittelbar, sei\u2019s durch den Angriff seitens der Zersetzungsstoffe, die das Erzeugnifs derselben Elektrolyse sind. Etwas diesen Bedingungen Aehnliches m\u00fcssen wir also jetzt suchen in der Herstellung des k\u00fcnstlichen Querschnittes zu finden, wenn wir uns nicht in v\u00f6llig grundlose Muthmafsungen hinausbegeben wollen.","page":82},{"file":"p0083.txt","language":"de","ocr_de":"Querschnittes thut nichts tur Entwickelung seines Stromes. \u00a73\nMan k\u00f6nnte nun zuerst meinen, m\u00f6glicherweise liege in der Herstellung des k\u00fcnstlichen Querschnittes mittelst eines st\u00e4hlernen Schneidewerkzeuges der Grund der raschen Stromentwickelung. Zwar h\u00e4tten wir, heim nat\u00fcrlichen Querschnitt, auch die positivsten der gebr\u00e4uchlichen Metalle viel langsamer wirkend gefunden, so dafs es mehrerer Stunden bedurfte zu einer Entwickelung, wie sie hier in dem Bruch-theil einer Secunde stattfinden m\u00fcfste, w\u00e4hrend dessen die Klinge den Querschnitt ber\u00fchrt. Aber man k\u00f6nne ja nicht wissen, wie hoch der verz\u00f6gernde Einflufs des sehnigen Ueberzuges \u00fcber den nat\u00fcrlichen Querschnitt anzuschlagen sei.\nEs ist leicht, diese Vermuthung dadurch zu widerlegen, dafs man den k\u00fcnstlichen Querschnitt, statt mit einer st\u00e4hlernen Klinge, mittelst eines nicht metallischen Schneidewerkzeuges herstellt. Zuerst zerbifs ich einfach den Muskel; dabei wurde er aber zu sehr gequetscht. Dann verfertigten mir die Herren B\u00f6tticher und Halske ein Messer aus Obsidian, diesem alterth\u00fcmlichen Ersatzmittel des Eisens.1 Endlich fielen mir Messer aus B\u00fcffelhorn in die H\u00e4nde, die zum Sch\u00e4len der Fr\u00fcchte, zum Vorlegen der Butter und als Papiermesser dienen und dem Zweck vortrefflich entsprechen. Es gab sich aber kein merklicher Unterschied kund zwischen dem elektromotorischen Verhalten der mit solchen nicht metallischen Schneidewerkzeugen dargestellten Querschnitte und derjenigen, die wie gew\u00f6hnlich mit st\u00e4hlernen Klingen zugerichtet sind.\nGewifs trug schon die eben widerlegte Vermuthung das Gepr\u00e4ge der Unwahrscheinlichkeit in hohem Grade an sich, und eine Hypothese, die, um ihr Dasein zu fristen, zu solchen Vermuthungen ihre Zuflucht nehmen mufs, ist wohl schon als abgethan zu betrachten. Aber gehen wir weiter. Lassen wir uns nicht verdriefsen, auch noch der Frage zuvorzukommen, die jetzt hier allein \u00fcbrig bleibt, ob vielleicht der k\u00fcnstliche Querschnitt eine Fl\u00fcssigkeit von sich gebe, welche, gleich den von uns auf den nat\u00fcrlichen Querschnitt aufgetragenen Fl\u00fcssigkeiten, den Strom zu entwickeln verm\u00f6ge.\nDie Frage erscheint von vorn herein sinnlos. Denn wenn der k\u00fcnstliche Querschnitt eine solche Fl\u00fcssigkeit von sich g\u00e4be, m\u00fcfste diese Fl\u00fcssigkeit doch im Inneren des Muskels enthalten sein. Alsdann ist aber nicht einzusehen, weshalb sie nicht im unversehrten Muskel bereits ihre entwickelnde Wirkung \u00e4ufsern sollte, so dafs es weder der Herstellung des k\u00fcnstlichen Querschnittes bed\u00fcrfte, um ihn negativ zu machen, noch\n1 Vergl. V. Humboldt, Voyage aux R\u00e9gions \u00e9quinoxiales du nouveau Continent etc. 1.1. Paris 1816. p. 348.* \u2014 Silliman, The American Journal of Science and Arts. vol. XVI. July 1829. p. 161;* \u2014 Froriep\u2019s Notizen u. s. w. No. 554. (Bd. XXVI. No. 4.) November 1829, S. 52.*\n6'","page":83},{"file":"p0084.txt","language":"de","ocr_de":"84 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 9 (m). Die Herstellung des \u2019k\u00fcnstlichen\nauch der nat\u00fcrliche Querschnitt je positiv oder unwirksam erscheinen k\u00f6nnte. Indessen (vielleicht durch die Art der Polemik, die bisher nicht selten gegen meine Ergebnisse gef\u00fchrt worden ist) l\u00e4ngst gewohnt, auch scheinbar sinnlose Meinungen thats\u00e4chlich zu widerlegen, um die mir als richtig vorschwebende um so sicherer zu begr\u00fcnden, unterliefs ich nicht, auch hier noch das Aeufserste zu versuchen.\nIch ging dabei von folgender Voraussetzung aus. Wenn die vollst\u00e4ndige Entwickelung des Stromes des k\u00fcnstlichen Querschnittes noch vor seiner Pr\u00fcfung und sofort nach seiner Herstellung wirklich herr\u00fchrt von einer \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeit, die der k\u00fcnstliche Querschnitt von sich giebt, so mufs diese Fl\u00fcssigkeit auch im Stande sein, den Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes zu entwickeln. Ich lehnte also einen parelek-tronomischen Gastroknemius mit seinem nat\u00fcrlichen Querschnitt wider den Querschnitt eines frischen Oberschenkelstumpfes. Ich erwartete nicht anders, als dafs ich ihn nach mehreren Stunden auf derselben Stufe der Entwickelung, also, wegen des unausbleiblichen Sinkens der Kr\u00e4fte nach dem Tode, mit etwas geringerer Kraft wirksam finden w\u00fcrde; wie dies der Fall ist, wenn man den nat\u00fcrlichen Querschnitt des parelektrono-mischen Muskels auf den nat\u00fcrlichen Oberfl\u00e4chen anderer Muskeln ruhen l\u00e4fst (S. oben S. 69).\nWie grofs war meine Ueberraschung, als ich, statt dessen, den Strom des parelektronomischen Gastroknemius in zahlreichen Versuchen stets hoch entwickelt antraf. Nach einer halben Stunde gab ein Muskel, der urspr\u00fcnglich etwa +10\u00b0 zeigte, +70\u00b0 Ausschlag. Beim Anlegen des nat\u00fcrlichen Querschnittes an den k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnitt findet keine Entwickelung statt, die mit der vorigen irgend in Vergleich zu bringen w\u00e4re.\nUnm\u00f6glich konnte, nach den Erfahrungen der vorhergehenden Nummer, die Entwickelung durch Anlegen des nat\u00fcrlichen Querschnittes an den k\u00fcnstlichen daher r\u00fchren, dafs sich, wie es wohl in allen Versuchen der Fall war, der nat\u00fcrliche Querschnitt von dem Strome des querdurchschnittenen Muskels mehr oder weniger stark durchkreist fand. Es schien also in der That jetzt nichts anderes mehr \u00fcbrig als anzunehmen, dafs der k\u00fcnstliche Querschnitt eine entwickelnde Fl\u00fcssigkeit von sich gebe. Der Vorstellung, als bed\u00fcrfe der k\u00fcnstliche Querschnitt einer Entwickelung seiner Negativit\u00e4t, als hielte diese im parelektronomischen Zustande gleichen Schritt mit der des nat\u00fcrlichen Querschnittes, dieser Vorstellung w\u00e4re nun also wirklich einmal freies Spiel gegeben, insofern in jener Fl\u00fcssigkeit nunmehr eine Ursache vorl\u00e4ge, weshalb der k\u00fcnstliche Querschnitt sogleich nach der Herstellung negativ erscheint.","page":84},{"file":"p0085.txt","language":"de","ocr_de":"Querschnittes thut nichts zur Entwickelung seines Stromes, 85\nAllein jetzt treten die Bedenken in Kraft, die f\u00fcr diesen Fall bereits vorhin angedeutet wurden. Wenn der Muskel eine Fl\u00fcssigkeit enthielte, die, am k\u00fcnstlichen Querschnitt ergossen, durch den sehnigen Ueberzug des nat\u00fcrlichen Querschnittes eines zweiten Muskels hindurch den Strom dieses Muskels zu entwickeln verm\u00f6chte, wie in aller Welt, ich wiederhole es, soll man es begreifen, dafs diese Fl\u00fcssigkeit nicht bereits entwickelnd auftritt in dem damit getr\u00e4nkten Muskel selber, wo sie, um auf den nat\u00fcrlichen Querschnitt zu wirken, nicht einmal erst durch den sehnigen Ueberzug zu dringen braucht? Dazu kommt noch, dafs alle Fl\u00fcssigkeiten, die wir bisher als entwickelnd kennen gelernt haben, die Muskelsubstanz angreifen, und zwar um so st\u00e4rker, je st\u00e4rker sie entwickeln. Wir sind also umgekehrt zu dem Schlufs berechtigt, dafs eine stark entwickelnde Fl\u00fcssigkeit von sonst unbekannter Natur gleichfalls stark \u00e4tzender Beschaffenheit sein werde. Also wir sollen uns den Muskel ohne Schaden, vielmehr von Natur, getr\u00e4nkt vorstellen mit einer Fl\u00fcssigkeit, welche die Muskelsubstanz lebhaft angreift!\nEs entstand daher die Frage, ob sich die Gegenwart einer entwickelnden Fl\u00fcssigkeit am k\u00fcnstlichen Querschnitt nicht noch anders auffassen lasse, als in der angegebenen Art, die auf solche Abwege f\u00fchrt. Und dazu bietet sich ein leichtes Mittel dar, n\u00e4mlich anzunehmen, dafs jene Fl\u00fcssigkeit nicht im Inneren des Muskels vorbestehe, sondern sich erst am k\u00fcnstlichen Querschnitt in Folge seiner Herstellung und im Lauf der Zeit bilde. Nichts war leichter, als durch den Versuch hier\u00fcber in\u2019s Klare zu kommen.\nVon zwei parelektronomischen Gastroknemien lehnte ich den minder parelektronomischen A, der also urspr\u00fcnglich den gr\u00f6fseren positiven Ausschlag gab, mit seinem nat\u00fcrlichen Querschnitt gegen einen ganz frischen k\u00fcnstlichen Querschnitt, den anderen B gegen einen solchen, der schon seit l\u00e4ngerer Zeit hergestellt war. Als ich nach etwa einer Viertelstunde beide Muskeln abermals pr\u00fcfte, fand ich den Strom von A nur wenig in der Entwickelung vorgeschritten. Hingegen der von B war nach dieser kurzen Zeit bereits so hoch entwickelt, wie nur sonst nach l\u00e4ngster Frist der Strom eines Muskels, dessen nat\u00fcrlicher Querschnitt einem frischen k\u00fcnstlichen angelegt ist. Es hatte demnach selbstredend der urspr\u00fcnglich schw\u00e4chere Strom von B den von A weit hinter sich gelassen in der Entwickelung.\nEin alter k\u00fcnstlicher Querschnitt entwickelt also sehr viel st\u00e4rker als ein frischer, und es kann somit kein Zweifel sein, dafs die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit am k\u00fcnstlichen Querschnitt sich erst im Lauf der Zeit bilde. Die Ermittelung, was dies f\u00fcr eine Fl\u00fcssigkeit sei, w\u00fcrde uns zu weit vom Ziel unserer jetzigen Untersuchung ablenken.","page":85},{"file":"p0086.txt","language":"de","ocr_de":"86\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. 11. 9 (in). Die Herstellung des Jc\u00fcnstlichen\nDiese Untersuchung wird an einer sp\u00e4teren Stelle ihren Platz finden.1 Hier gen\u00fcge die Bemerkung, dafs die allm\u00e4lige Bildung einer Fl\u00fcssigkeit von \u00e4tzender, mithin entwickelnder Beschaffenheit am k\u00fcnstlichen Querschnitt der Muskeln sich in der That mit Leichtigkeit noch auf einem anderen Wege ergiebt als dem, welcher uns jetzt dazu gef\u00fchrt hat, eine solche Bildung anzunehmen. Die allm\u00e4lige Bildung der \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeit ist aber der Punkt, auf den es uns hier zun\u00e4chst allein ankommt. Sobald sie feststeht, kann die Fl\u00fcssigkeit, welche sie auch sei, unm\u00f6glich etwas zu schaffen haben mit der augenblicklich nach der Herstellung des k\u00fcnstlichen Querschnittes nachweisbaren Negativit\u00e4t desselben, und somit ist auch die letzte Zuflucht vereitelt f\u00fcr die Annahme, dafs diese Negativit\u00e4t im Inneren des parelektronomischen Muskels nicht stets in gleicher Weise vorbestehe, dafs sie vielmehr unter allen Umst\u00e4nden gleichen Schritt halte mit der Negativit\u00e4t des nat\u00fcrlichen Querschnittes. Es sei denn, dafs man sich schlechthin denken wolle, dafs der mechanische Eingriff, der mit der Herstellung des Muskels verbunden ist, in derselben Weise den r\u00e4thselhaften Entwickelungsvorgang mit sich f\u00fchrt, wie der chemische Angriff des nat\u00fcrlichen Querschnittes dies vermag.\nWir geben es unter diesen Umst\u00e4nden lieber auf, das gleiche Benehmen beider Arten des Querschnittes auch im parelektronomischen Zustande aufrecht erhalten zu sehen. Ein weiterer Grund daf\u00fcr wird sich, wenn es n\u00f6thig sein sollte, noch im Verfolg unserer Untersuchung ergeben. Es wird sich n\u00e4mlich zeigen, wie bei der Annahme, von der wir nun ausgehen, dafs die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes im unversehrten Muskel vorbestehe und sein Strom keiner Entwickelung bed\u00fcrfe, nicht nur fast alle bisher beobachteten Erscheinungen des parelektronomischen Zustandes sich mit der gr\u00f6fsten Einfachheit und Leichtigkeit erkl\u00e4ren lassen, sondern sogar die M\u00f6glichkeit gegeben ist, noch andere Erscheinungen desselben Zustandes mit Sicherheit im Voraus zu verk\u00fcndigen. Bei der anderen Annahme dagegen ist eine jede Erkl\u00e4rung der Erscheinungen, wie man sehen wird, nicht nur vor der Hand unm\u00f6glich, sondern die zu erkl\u00e4renden angeblichen Vorg\u00e4nge fallen auch g\u00e4nzlich aufserhalb des Gebietes aller Analogie. Freilich m\u00fcfsten wir uns in diesen Uebelstand unbedenklich ergeben, wenn die Ansicht, als deren Folge er erscheint, sonst irgendwie zu beweisen w\u00e4re. Dies ist jedoch, wie sich jetzt gezeigt hat, so wenig der Fall, dafs vielmehr die M\u00f6glichkeit dieser Ansicht nicht einmal dargethan ist. Unter diesen Umst\u00e4nden darf es allerdings als ein Grund mehr wider die in Rede\n1 S. unten, \u00a7. v.","page":86},{"file":"p0087.txt","language":"de","ocr_de":"Querschnittes thut nichts zur Entwichelung seines Stromes. 87\nstehende Ansicht und f\u00fcr die entgegengesetzte angesehen werden, welche das Vorbestehen der Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes ira unversehrten Muskel annimmt, wenn letztere, weit entfernt Schwierigkeiten zu bereiten, den Weg zur L\u00f6sung der vorliegenden Probleme vielmehr ganz von selbst f\u00fchrt. Diesen Weg wollen wir jetzt zu betreten versuchen.\n10. Physikalische Theorie des parelektronomischen Zustandes der Muskeln und der Stromentwickelung in demselben.\n(t) Theorie derStromesumkehr der aus peripolaren Gruppen dipolar elektromotorischer Molekeln zusammengesetzten Erreger.\nEs ist zun\u00e4chst unbedenklich klar, und wir haben dies schon im Vorigen h\u00e4ufig stillschweigend vorausgesetzt, dafs das Wesen des parelektronomischen Zustandes der Muskeln nicht zu suchen ist in der Schw\u00e4chung oder dem g\u00e4nzlichen Unterdr\u00fccktsein der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Muskelmolekeln, wie es beim ersten Anblick den Anschein haben konnte. Der k\u00fcnstliche Querschnitt hat seine Wirksamkeit nicht eingeb\u00fcfst; der nat\u00fcrliche zeigt sich gleichfalls, nur im umgekehrten Sinne, wirksam, wenn die Erk\u00e4ltung hinreichend tief und lang war; endlich von dem einzigen Mittel, welches wir bisher als stromentwickelnd kennen gelernt haben, dem An\u00e4tzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes durch beliebige, sogar nichtleitende Fl\u00fcssigkeiten, ist in keiner Art abzusehen, wie dadurch elektromotorische Kr\u00e4fte, welche fr\u00fcher fehlten, rege gemacht werden sollten.\nDies kann der gesuchte Schl\u00fcssel nicht sein. Es liegt vielmehr auf der Hand, die Kr\u00e4fte, welche bei der Stromentwickelung zu entstehen scheinen, werden in der That nur frei: sie waren bereits im Muskel vorhanden, nur durch andere, entgegengesetzt gerichtete Kr\u00e4fte ganz oder zum Theil aufgewogen, ja unter Umst\u00e4nden, auf den h\u00f6heren Stufen des parelektronomischen Zustandes, sogar \u00fcberwogen.\nZust\u00e4nde der Nerven und Muskeln, in denen sie unwirksam oder im umgekehrten Sinne von dem gew\u00f6hnlichen th\u00e4tig waren, haben wir schon fr\u00fcher kennen gelernt. Die zarteren unter den thierischen Erregern verfielen von selber in diese Zust\u00e4nde, in Folge der Bedingungen des Versuches; aber selbst die r\u00fcstigsten gelang es uns, mit H\u00fclfe gewisser Mifshandlungen, darin zu versetzen. Vergl. oben Abth. I. S. 550 ff. Hier haben wir bereits versucht, den Mechanismus des Ueberganges der Muskeln und Nerven aus ihrem gew\u00f6hnlichen Zustande durch einen Punkt der Unwirksamkeit hindurch in den Zustand zu erl\u00e4utern, wo sie, nach demselben Gesetze zwar, aber in entgegengesetztem Sinne wirksam sind.","page":87},{"file":"p0088.txt","language":"de","ocr_de":"88\t<?\u2022 Abschn. Kap. VIII. \u00a7. Il, 10 (i). Theorie\nZu diesem Behufe forderten wir zun\u00e4chst die Zusammensetzung der peripolar elektromotorischen Molekeln aus dipolaren Elementen. F\u00fcr die Nerven war uns diese Vorstellungsweise bereits eine gel\u00e4ufige, da wir, mit ihrer H\u00fclfe, uns im Stande gesehen hatten, von den Erscheinungen des elektrotonischen Zustandes so befriedigende Rechenschaft abzulegen (S. oben Abth. I. S. 320 ff.). Was die Muskeln betrifft, so schien einestheils die Uebertragung der n\u00e4mlichen Vorstellungsweise auch auf sie schon durch die Analogie gerechtfertigt. Anderenteils lag eine vorl\u00e4ufige Best\u00e4tigung dieser Ansicht in dein Umstande, dafs dann auch die Erscheinungen der Stromesumkehr bei den Muskeln sich ebenso.leicht erkl\u00e4ren liefsen als bei den Nerven. Endlich aber wurde auch noch darauf hingewiesen, dafs sp\u00e4tere Thatsachen sich mit Bestimmtheit in diesem Sinne aussprechen w\u00fcrden (Vergl. oben Bd. I. S. 683. Bd. II. Abth. I. S. 156. 331. 557).\nIst einmal die Natur der peripolaren Molekeln, als zusammengesetzt aus dipolaren Elementen zugegeben, so braucht man, zeigten wir sodann, um die Stromesumkehr zu erkl\u00e4ren, nur anzunehmen, entweder dafs alle dipolare Molekeln mit ihren Axen einen Winkel von 180\u00b0 beschreiben, oder dafs die beiden dipolaren Molekeln, die eine peripolare Gruppe bilden, sich ohne Winkelbewegung ihrer Axen auseinander begeben, und mit den Nachbarmolekeln sich zu einer neuen peripolaren Gruppe von entgegengesetztem Vorzeichen zusammenf\u00fcgen. Bei dieser zweiten Art der Stromesumkehr wird an beiden Querschnitten eine einfache Schicht dipolarer Molekeln frei, von der man sich noch zu denken hat, dafs sie auf irgend eine Weise aufser Wirksamkeit tritt.\nNoch eine dritte Hypothese bot sich uns dar zur Erkl\u00e4rung der Stromesumkehr der thierischen Erreger. Sie bestand in der Annahme, dafs der ganze Vorgang beruhe auf dem Unwirksamwerden der den Querschnitt begrenzenden \u00e4ufsersten Schicht dipolarer Molekeln. Alsdann f\u00e4nde sich der Muskel am Querschnitt begrenzt von einer Schicht dipolarer Molekeln, welche positive Pole nach Aufsen kehrten, w\u00e4hrend er im Uebrigen noch die positiv peripolare Anordnung besitzen w\u00fcrde. Die Folge m\u00fcfste sein, dafs der Muskel negativ wirkte.\nDiese Hypothese wird jetzt hier f\u00fcr uns von grofser Wichtigkeit und es ist daher angemessen, sie etwas n\u00e4her zu zergliedern.\nZu diesem Zweck ist zuerst zu erw\u00e4gen, dafs es f\u00fcr die elektromotorische Wirkung des Muskels bei regelm\u00e4fsiger positiv peripolarer Anordnung seiner dipolaren Molekeln ganz gleichg\u00fcltig ist, ob man sich in seinem Inneren die positiven Pole der dipolaren Molekeln, die zu zweien eine positiv peripolare Gruppe zusammensetzen, aneinanderstofsend denkt, oder sie sich durch unwirksamen Leiter getrennt vorstellt. In","page":88},{"file":"p0089.txt","language":"de","ocr_de":"der StromesumJeehr peripolarer Erreger.\n89\nFig. 107. A. Taf. III. Bd. II. sind die dipolaren Molekeln jeder Gruppe nur deshalb mit ihren positiven Polen aneinanderstofsend gezeichnet, damit man sich erinnere, dafs in Wirklichkeit allerdings eine engere Beziehung zwischen ihnen stattfindet, als zwischen den einander negative Pole zukehrenden Molekeln je zweier benachbarter Gruppen. Diese engere Beziehung spricht sich darin aus, dafs ein mechanisches Trennungsmittel stets nur zwischen zwei Gruppen, nicht zwischen die beiden Molekeln einer Gruppe trifft, daher der k\u00fcnstliche Querschnitt stets negativ erscheint (Vergl. oben Abth. I. S. 324). Hat man aber nur die elektrische Wirkung des als untrennbares Ganze aufgefafsten Syst\u00e8mes im Auge, so ist es, wie gesagt, gleichg\u00fcltig, ob man sich die Molekeln paarweise zu Gruppen vereint, oder s\u00e4mmtlich von einander durch gleiche Zwischenr\u00e4ume getrennt vorstelle.\nIm letzten Falle nun sieht man, kann man sich die Anordnung der Molekeln im positiv peripolaren Muskel auf zweierlei Art vergegenw\u00e4rtigen. Man kann entweder sagen, der Muskel besteht aus lauter positiv peripolaren Gruppen, indem man vom einen Ende zum anderen fortschreitend, je zwei Molekeln, die einander positive Pole zuwenden, als positiv peripolare Gruppen auffafst. Dies ist die nat\u00fcrlichere Betrachtungsweise, der wir uns bisher stets bedient haben, weil die besondere Beziehung der Molekeln zu einander, die dabei vorausgesetzt wird, in Wirklichkeit stattzufinden scheint. Man kann aber, elektrisch gesprochen, mit ganz demselben Rechte sagen, der Muskel besteht aus lauter negativ peripolaren Gruppen, an jedem seiner Endquerschnitte findet sich jedoch eine einfache Schicht dipolarer Molekeln, welche negative Pole nach Aufsen kehren.\nDiese Anschauungsweise wollen wir jetzt f\u00fcr einen Augenblick benutzen. Offenbar k\u00f6nnen wir, auf sie fufsend, folgcndermafsen weiter schliefsen. Man denke sich jene beiden Grenzschichten dipolarer Molekeln hinweg. Es bleibt, nach unserer Voraussetzung, ein vollst\u00e4ndiges System negativ peripolarer Gruppen zur\u00fcck, welches negativ wirken mufs. Aber indem wir auf dies System dieselben Schlufsfolgen anwenden, die wir so eben auf das positiv peripolare anwendeten, gelangen wir zu der Einsicht, dafs wir uns statt des negativ peripolaren Systems auch ein positiv peripolares denken k\u00f6nnen, an jedem Eudquerschnitte versehen mit einer Grenzschicht dipolarer Molekeln, welche aber diesmal positive Pole nach Aufsen kehren.\nEs ist somit klar, was bewiesen werden sollte; n\u00e4mlich dafs die Wirkungsrichtung des Muskels schon allein dadurch vom Positiven in\u2019s Negative verkehrt werden kann, dafs an jedem Endquerschnitt die \u00e4ufserste Schicht dipolarer Molekeln unwirksam wird, so dafs der","page":89},{"file":"p0090.txt","language":"de","ocr_de":"90\n3 Abschn. Kap. Till. \u00a7. 11. 10 (i). Theorie\nQuerschnitt \u00fcberzogen zur\u00fcckbleibt mit einer einfachen Schicht dipolarer Molekeln, die positive Pole nach Aufsen kehren.\nNat\u00fcrlich hat es keine Schwierigkeit, auf demselben Wege auch die mannigfaltigen Zwischenstufen zwischen der positiven und negativen Grenzwirkung und dem Zustande der Unwirksamkeit, wie auch diesen Zustand selber abzuleiten. Dazu bedarf es nur der Voraussetzung, dafs die \u00e4ufserste Schicht dipolarer Molekeln, die negative Pole nach Aufsen gekehrt h\u00e4lt, nicht am ganzen Querschnitt vernichtet ist, sondern nur in einer gewissen Ausdehnung desselben. Ist ungef\u00e4hr die H\u00e4lfte des Querschnittes von der Ver\u00e4nderung betroffen, so mufs der Muskel unwirksam erscheinen. Ist ein gr\u00f6fserer Bruchtheil seiner Ausdehnung davon ergriffen, so mufs er bereits negativ wirken. Ist endlich nur ein kleinerer Bruchtheil als die H\u00e4lfte dergestalt ver\u00e4ndert, so mufs der Muskel noch positiv wirksam sein, aber scheinbar mit geringerer Kraft. Es ist dabei gleichg\u00fcltig, ob man sich denkt, d\u00e4fs der nat\u00fcrliche Querschnitt jedes einzelnen Primitivmuskelb\u00fcndels diese Unterschiede darbietet, oder ob man sie dem Gesammtqucrschnitt des Muskels zuschreibt, so zwar, dafs sie den nat\u00fcrlichen Querschnitt ganzer Gruppen von Primitivmuskelb\u00fcndeln betreffen.\nEs versteht sich \u00fcbrigens von selbst, dafs nicht gerade eine Vernichtung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der \u00e4ufsersten Schicht dipolarer Molekeln nothwendig ist, um den Muskel negativ wirksam zu machen. Es wird ausreichen, dafs die Molekeln der Schicht mit ihren Axen solche Lagen im Raume einnehmen, dafs ihre Gesammtwirkung gleich Null werde; dafs also z. B. diese Axen alle m\u00f6glichen Lagen im Raume einnehmen, oder sich s\u00e4mmtlich in eine der Fl\u00e4che des Querschnittes gleichlaufende Fl\u00e4che begeben, oder endlich ihre gleichnamigen Enden in gleicher Anzahl ins Freie und nach dem Muskel zu kehren. In allen diesen F\u00e4llen wird der Muskel negativ wirken, oder er wird sich, wenn die Ver\u00e4nderungen nur einen Bruchtheil der Ausdehnung des Querschnittes betroffen haben, auf einer Zwischenstufe zwischen der negativen und der positiven Grenzwirkung befinden, welche durch die Gr\u00f6fse jenes Bruchtheiles bestimmt wird.\nEndlich anstatt sich zu denken, dafs die \u00e4ufserste Schicht dipolarer Molekeln am Querschnitte dergestalt ganz oder zum Theil unwirksam wird, kann man sich, mit gleichem Erfolg in elektromotorischer Beziehung, nat\u00fcrlich auch vorstellen, dafs am Querschnitt eine einfache Schicht dipolarer Molekeln hinzukomme, welche positive Pole nach Aufsen kehren. Auch von dieser Ver\u00e4nderung des Querschnittes kann man sich denken, dafs sie sich \u00fcber seine ganze Ausdehnung, oder nur \u00fcber einen Bruchtheil derselben erstrecke. Je gr\u00f6fser der Bruchtheil ist, um so mehr","page":90},{"file":"p0091.txt","language":"de","ocr_de":"der Stromemmhehr peripolarer Erreger.\n91\nn\u00e4hert sich der Muskel der negativen Grenzwirkung. Auf dem \u00fcbrigen Querschnitt braucht die Schicht nicht zu fehlen, nur m\u00fcssen ihre Molekeln daselbst so angeordnet sein, dafs die Gesammtwirkung nach Aufsen Null ist, wie dies so eben er\u00f6rtert worden ist.\nIch brauche kaum zu sagen, dafs, wenn hier stets von einer einfachen Schicht dipolarer Molekeln die Rede war, dies nicht deshalb geschah, weil nur eine solche die in Rede stehenden Wirkungen hervorzubringen im Stande ist, sondern im Gegentheil deshalb, weil bereits eine solche dazu hinreicht, und dies somit die einfachste Annahme ist, die hier irgend gemacht werden kann. Man kann sich aber, elektromotorisch mit wesentlich demselben Erfolge, die negativ wirkende Grenzschicht auch nicht einfach, sondern aus mehreren dipolaren Molekeln \u00fcbereinander bestehend, vorstellen. Alsdann wird jedoch der negative Strom st\u00e4rker ausfallen, als der gesetzm\u00e4fsige positive. Oder man kann sich auch an die Stelle der einfachen Schicht positive Pole nach Aufsen kehrender dipolarer Molekeln eine einfache oder mehrfache Schicht von negativ peripolaren Gruppen dipolarer Molekeln denken. In dem Fall der einfachen Schicht wird der Muskel schw\u00e4cher, in dem der mehrfachen Schicht bei einer gewissen Dicke derselben zuletzt fast eben so stark negativ wirken, als der regelm\u00e4fsig angeordnete Muskel positiv.\n(ii) Versuche zur Best\u00e4tigung der vorigen Theorie.\nBei der Wichtigkeit, welche diese S\u00e4tze erw\u00e4hntermafsen hier f\u00fcr uns zu gewinnen bestimmt sind, wollen wir es nicht bei der blofsen theoretischen Er\u00f6rterung derselben bewenden lassen, wie einleuchtend auch das Dargelegte erscheinen m\u00f6ge. Wir wollen vielmehr die Ergebnisse der Betrachtung noch dadurch zu befestigen suchen, dafs wir sie in Wirklichkeit an einer schematischen Kupferzinkvorrichtung nachwei-sen, wie wir dies im dritten Kapitel zu thun gelernt haben.\nDas oben Bd. I. Taf. VI. Fig. 74. 75 abgebildete, ebendas. S. 672 ff. beschriebene Schema kann hiezu nicht angewendet werden. Eine Zerlegung seiner peripolaren Molekeln in dipolare l\u00e4fst n\u00e4mlich erstens dies Schema nicht zu. Hingegen kann man allerdings die positiv peripolaren Molekeln daran leicht in negativ peripolare Molekeln verwandeln, indem man sie um 90\u00ae um ihre Cylinderaxe dreht.1 Trotzdem l\u00e4fst sich f\u00fcr\u2019s\n1 Positiv peripolare Molekeln zwar, wie sie Bd. I. Taf. VI. Fig. 72, Bd. II. Taf III. Fig. 107 A. dargestellt sind, lassen sich nicht in negativ peripolare verwandeln dadurch, dafs man ihre von Pol zu Pol gehende Axe gegen die des Muskels um einen rechten Winkel neigt, was der Viertelumdrehung der Molekeln unseres Schema\u2019s um ihre Cylinderaxe entsprechen w\u00fcrde (Vergl. oben Bd. I. S. 673). Vielmehr ist, um an den wirklichen Molekeln eine solche Verwandlung zu bewirken,","page":91},{"file":"p0092.txt","language":"de","ocr_de":"92\t3. Ahschn. Kap. Till. \u00a7. 11. 10 (n). Versuche zur Theorie\nzweite die Vorrichtung hier doch nicht einmal anwenden, um zu zeigen, wie die Wirksamkeit des Muskels sich allm\u00e4lig in\u2019s Negative verkehren mufs, wenn am Querschnitt eine immer dickere Lage negativ peripolarer Molekeln angebracht wird. Denn die negative Grenzwirkung, die sich am Schema dadurch erreichen I\u00e4fst, ist der Zustand der Unwirksamkeit. Dies beruht darauf, dafs bei jener Anordnung der Querschnitt daran v\u00f6llig dieselbe Beschaffenheit erlangt, als der L\u00e4ngsschnitt, w\u00e4hrend unsere obigen Betrachtungen voraussetzten, dafs durch die Verwandlung der den Querschnitt begrenzenden positiv peripolaren Gruppen in negativ peripolare, die elektrische Beschaffenheit des Querschnittes um eben so viel, nur im anderen Sinne, von der des L\u00e4ngsschnittes abweichend gemacht werde, als sie vor der Verwandlung davon abwich. Ein Mehreres \u00fcber diesen Punkt s. am Schl\u00fcsse dieser Nummer unter (iv).\nJener Zustand der Unwirksamkeit \u00fcbrigens, als negative Grenzwirkung bei Umwandlung der positiv peripolaren Molekeln am Querschnitt in negativ peripolare, I\u00e4fst sich leicht beobachten, und zwar tritt er schon bei nur einer Lage negativ peripolarer Molekeln ein, weil der Unterschied der Entfernung der beiden \u00e4ufsersten Molekelschichten von der Ableitungsplatte im Schema ein vergleichweise viel betr\u00e4chtlicherer ist, als wir im Muskel voraussetzen. Es versteht sich indefs, dafs man eine vollst\u00e4ndige Abwesenheit jeder Wirkung, wenigstens bei ungeschw\u00e4chter Kraft des Erregers, nie zu sehen bekommt. Die Unwirksamkeit des Schema\u2019s giebt sich vielmehr zu erkennen darin, dafs man bald schwache positive, bald eben so schwache negative Ausschl\u00e4ge erh\u00e4lt. Je nach der eigenth\u00fcmlichen Kraft der negativ peripolaren Grenzschicht und der darunter gelegenen positiv peripolaren Schicht, wie sie durch den verschiedenen Zustand der metallischen Oberfl\u00e4chen im Augenblick des Eintauchens bedingt wird, hat bald die eine und bald die andere Wirkungsrichtung die Oberhand. Giebt man aber, in der \u00e4ufsersten Molekelschicht, nur der zweiten, vierten, sechsten Molekel die negative Stellung, indem man der ersten, dritten, f\u00fcnften die positive I\u00e4fst, oder umgekehrt, so wirkt die Vorrichtung nach wie vor positiv peripolar, und so stark, als ob die abwechselnd positiv und negativ wirkenden Molekeln gar nicht vorhanden w\u00e4ren. Dieser letzte Erfolg kann demnach, insofern es einer solchen \u00fcberhaupt bedarf, als Best\u00e4tigung des Grundsatzes gelten, dafs die Grenzschicht der Molekeln nicht\neine innere Lageverwechselung ihrer elektropositiven und negativen Bestandtheile erforderlich. Diese Abweichung unseres Schema\u2019s von der Wirklichkeit beruht, wie man leicht bemerkt, darauf, dafs es nur auf eine Elektricit\u00e4tsbewegung nach zwei Ausmessungen eingerichtet ist.","page":92},{"file":"p0093.txt","language":"de","ocr_de":"der Stromeswnkehr 'peripolarer Erreger.\n93\nals wirksam in Betracht kommt, wenn die Molekeln darin solche Stellungen haben, dafs die Gesammtwirkung gleich Null ist.\nUm die obigen Betrachtungen durch Versuche geh\u00f6rig erl\u00e4utern z\u00fc k\u00f6nnen, liefs ich eine Vorrichtung, in der Art der eben erw\u00e4hnten, anfertigen, an der aber die Molekeln, statt peripolare, einfach dipolare Beschaffenheit hahen. Abermals liefs ich (Vergl. oben Bd. I. S. 672) R\u00f6hren aus Kupferblech von 11\u201c\"' Durchmesser im Metall ziehen, diesmal aber dem Mantel derselben entlang nur einen Zinkstreifen von solcher Breite aufl\u00f6then, dafs der Umfang der R\u00f6hren dadurch in zwei gleich breite Streifen von Zink und Kupfer getheilt war. Die R\u00f6hren wurden, senkrecht auf ihre Axe, in lauter 12\u201dm.5 lange St\u00fccke zerschnitten, das Zink amalgamirt, das Kupfer inwendig gefirnifst und die Elemente, diesmal nur 60 an der Zahl, mit ihren kreisf\u00f6rmigen R\u00e4ndern in sechs Reihen, welche etwa lmm Abstand zwischen sich liefsen, auf ein Brettchen von 126mm L\u00e4nge und 82m\u201c Breite folgendermafsen aufgekittet. Ihre elektromotorischen Axen, d. h. die die Mittellinie des Zink- und des Kupferstreifens verbindenden Durchmesser, liefen s\u00e4mmt-lich einander und den langen Seiten des Brettchens parallel. S\u00e4mmt-liche Molekeln einer Reihe kehrten einem und demselben Ende der Vorrichtung abwechselnd Zink und Kupfer zu. Die den Querschnitt an der kurzen Seite des Brettchens begrenzenden Molekeln wendeten Kupfer in\u2019s Freie. Endlich ber\u00fchrten sich s\u00e4mmtliche einander zugewendete Zinkseiten je zweier der L\u00e4nge nach benachbarter Molekeln, die eine positiv peripolare Gruppe vorstellten, w\u00e4hrend ein Zwischenraum von etwa lmm die einander zugewendeten Kupferseiten je zweier der L\u00e4nge nach benachbarter Molekeln trennte, welche zwei verschiedenen positiv peripolaren Gruppen angeh\u00f6rten. In jeder Reihe befanden sich also f\u00fcnf vollst\u00e4ndige, aus dipolaren Molekeln zusammengesetzte positiv peripolare Gruppen. Man hat sich diese Vorrichtung aus dem Schema Fig. 107 A. Taf. III. dieses Bandes auf die n\u00e4mliche Art entstanden zu denken, wie die in Fig. 74. 75. Taf. VI. Bd. I. abgebildete, oben Bd. I. S. 672. 673 beschriebene \u00e4ltere Vorrichtung aus dem Schema Fig. 71. Taf. VI. Bd. I. (S. oben Bd. I. a. a. 0.) In Fig. 143 A. findet sich ein St\u00fcck der neuen Vorrichtung im Grundrifs von unten gesehen in eben der Weise dargestellt, wie dies, f\u00fcr die \u00e4ltere Vorrichtung, in der eben angef\u00fchrten Fig. 75. Taf. VI. des ersten Bandes geschehen ist.\nDie elektromotorische Pr\u00fcfung der neuen Vorrichtung wurde in dem n\u00e4mlichen Troge und mit den n\u00e4mlichen Ableitungsplatten vorgenommen, als die der \u00e4lteren Vorrichtung. Es zeigte sich zun\u00e4chst, woran wohl von vorn herein kein Zweifel war, dafs sich die neue Vorrichtung der \u00e4lteren, und somit den Muskeln und Nerven, elektromotorisch in allen","page":93},{"file":"p0094.txt","language":"de","ocr_de":"94\t3. Abschn. Kap. Till. \u00a7. II. 10 (u). Versuche zw Theorie\nSt\u00fccken gleich verhielt. Zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt herrschten starke Str\u00f6me in der Richtung vom ersteren zum letzteren in dem Bogen; zwischen asymmetrisch gelegenen Punkten des L\u00e4ngsschnittes allein Str\u00f6me in der Richtung von dem der Mitte des L\u00e4ngsschnittes n\u00e4heren Punkte zu dem der Mitte des Querschnittes n\u00e4heren. Bei diesem Versuche war die L\u00e4nge des Troges durch eine auf die hohe Kante gestellte, an seinen Boden und seine W\u00e4nde angekittete Querleiste bis auf nur etwas mehr als 126\u201c\u201c verk\u00fcrzt, um die Verh\u00e4ltnisse den am Muskel obwaltenden \u00e4hnlicher zu machen, d. h. um zu bewirken, dafs bei Abwesenheit des Bogens kein Gesammtstrom am L\u00e4ngsschnitt herrsche (Vergl. oben Bd. I. S. 640 ff. 659. 674). Die Str\u00f6me wuchsen an St\u00e4rke, wie die ableitenden Platten, bei best\u00e4ndigem Abstande von einander, von der Mitte des L\u00e4ngsschnittes nach dem Querschnitt- hin verschoben wurden. Ueher das Gesetz dieses Wachsthums liefs sich hier so wenig wie an der \u00e4lteren Vorrichtung etwas Sicheres ausmachen (S. oben Bd. I. S. 675). Das Gesetz der Ver\u00e4nderung der Stromst\u00e4rke mit der Spannweite des ableitenden Bogens fand sich hier wie dort bew\u00e4hrt (S. ebendas.).\nNunmehr schritt ich zu den eigentlich hier beabsichtigten Versuchen, welche zum Zweck haben die thats\u00e4chliche Begr\u00fcndung dessen, was oben von dem Einflufs des Zustandes der den Querschnitt begrenzenden Molekelschicht auf die elektromotorischen Leistungen des Muskels gesagt worden ist.\nZu diesem Behuf war folgende Einrichtung getroffen. An jedem Ende des Brettchens der neuen Vorrichtung konnte mittelst Zapfen (S. Fig. 143B) eine Leiste von gleicher Dicke mit dem Brettchen, gleicher L\u00e4nge mit seiner Breite, und von 13\u201d\u201c Breite angesetzt werden. Auf diese Leisten waren sechs dipolare Molekeln von gleicher Beschaffenheit mit denen der Vorrichtung dergestalt aufgekittet, dafs, wenn die Leisten an das Brettchen angesetzt waren, die elektromotorischen Axen (S, oben) der Molekeln in der Verl\u00e4ngerung der Axen der sechs Molekelreihen des Brettchens lagen. Dabei kehrten die Molekeln auf den Leisten ihre positiven Pole in\u2019s Freie, ihre negativen Pole aber den negativen Polen der Grenzschicht des Brettchens zu. Zwischen den negativen Polen der Molekeln auf den Leisten und denen der Molekeln der Grenzschicht auf dem Brettchen blieb ein Zwischenraum von etwa 1\u201d\u201c, wie zwischen den negativen Polen je zweier der L\u00e4nge nach benachbarten peripolaren Gruppen der Vorrichtung. Vergl. die Figur. Man sieht, die positive Pole in\u2019s Freie kehrenden Molekelreihen auf den Leisten verwandeln, wenn man von dem Unterschiede der Abst\u00e4nde zwischen den positiven und zwischen den negativen Polen je zweier der L\u00e4nge nach benach-","page":94},{"file":"p0095.txt","language":"de","ocr_de":"der Stromesumkehr peripolarer Erreger.\n95\nbarter dipolaren Molekeln absieht (Vcrgl. oben S. 89), die fr\u00fcher positiv peripolare Anordnung in die negativ peripolare.\nln der\tThat, taucht\tman nun\tdie Vorrichtung in den Trog vor\nden an seiner langen und\tseiner kurzen Seite\taufgestellten Ableitungs-\nplatten ein, so erh\u00e4lt man einen Strom zwar von merklich gleicher St\u00e4rke wie vorhin, aber von entgegengesetzter Richtung. Ganz wie wir es erwartet haben, und wie es auch nicht anders sein kann, verh\u00e4lt sich der an sich neutrale L\u00e4ngsschnitt nunmehr statt positiv gegen den negativen, negativ gegen den positiven Querschnitt. Sobald man die Leisten mit ihrer gesetzwidrig angeordneten Molekelreihe wieder entfernt, tritt\tauch das alte\tVerhalten\tzwischen\tL\u00e4ngs- und Querschnitt\nwieder ein.\tJa man kann\tauch nur\tan einem\tEnde des Brettchens die\nzugeh\u00f6rige Leiste anbringen, das andere davon freilassen, so dafs nur ein Querschnitt mit der gesetzwidrig angeordneten Schicht bekleidet erscheint. Alsdann verh\u00e4lt sich der L\u00e4ngsschnitt positiv gegen den von der Schicht freien, negativ gegen den damit \u00fcberzogenen Querschnitt, so dafs der Strom im Multiplicator entgegengesetzte Bahnen einschl\u00e4gt, je nachdem man der an der kurzen Seite des Troges befindlichen Ableitungsplatte den einen oder den anderen Querschnitt zukehrt. Bei dieser Anordnung ist aber begreiflich der st\u00e4rkste zu erhaltende Strom keinesweges der zwischen dem neutralen L\u00e4ngsschnitt und dem negativen oder positiven Querschnitt, sondern der zwischen den beiden ungleichartigen Querschnitten selber, zwischen denen sonst, bei regelm\u00e4fsi-ger positiv oder negativ peripolarer Anordnung, gar kein Strom herrscht, und \u00fcbertrifft dieser Strom an St\u00e4rke den sonst st\u00e4rksten bei regel-m\u00e4fsiger Anordnung theoretisch um das Doppelte.\nJetzt w\u00fcrde es sich darum handeln, auf diese Weise auch noch die Mittelstufen der elektromotorischen Wirksamkeit des Muskels zwischen der positiven und der negativen Grenzwirkung nachzuahmen, d. h. diejenige Beschaffenheit des Muskels, bei der er entweder ganz unwirksam erscheint, oder nur schwach positiv oder negativ wirksam ist. Das Mittel dazu w\u00fcrde, unseren obigen Erl\u00e4uterungen gem\u00e4fs, einfach darin bestehen, den urspr\u00fcnglich negativen Querschnitt des Muskels nur zum Theil mit dipolaren, positive Pole nach Aufsen kehrenden Molekeln zu bekleiden. Dies ist leicht gemacht. Man braucht dazu aus der Molekelreihe auf den Leisten nur so viel Elemente fortzubrechen, als der jedesmalige Zweck des Versuches erheischt.\nDas Ergebnifs dieser Pr\u00fcfung ist aber kein ganz befriedigendes, insofern es nicht gelingt, die theoretische Voraussicht im Versuch reinlich darzustellen. Man st\u00f6fst auf nicht zu bew\u00e4ltigende St\u00f6rungen von Seiten verschiedener Umst\u00e4nde. Nichtsdestoweniger ist der Erfolg der","page":95},{"file":"p0096.txt","language":"de","ocr_de":"96\t& Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. 11. 10 (h). Versuche zur Theorie\nArt, dafs an der Richtigkeit der in Rede stehenden Grunds\u00e4tze kein Zweifel obwalten kann.\nWenn man nach und nach die Zahl der gesetzwidrig gestellten Elemente auf den Leisten vermindert, m\u00fcfste man, so verlangt es die Theorie, den negativen Strom abnehmen sehen, bei nur noch drei Molekeln auf jeder Leiste m\u00fcfste er verschwinden, bei immer weiter verminderter Anzahl mit ver\u00e4ndertem Zeichen wiederkehren und dabei wiederum an St\u00e4rke wachsen, bis er endlich, mit Abbruch der letzten Molekel, den positiven Grenzwerth erreichte, entsprechend dem negativen, von dem er ausgegangen war.\nIn Wirklichkeit nun wird dieser Verlauf nie beobachtet. Nur ein Zug davon bleibt regelm\u00e4fsig zur\u00fcck. Er besteht darin, dafs mit jeder Molekel, die man von der Leiste abbricht, die Vorrichtung in der That an negativer Wirksamkeit einb\u00fcfst, an positiver gewinnt.\nAllein erstens gelingt es nie, die Vorrichtung wirklich stromlos zu sehen, es bleibt immer eine mehr oder weniger starke Wirkung im einen oder anderen Sinne zur\u00fcck.\nF\u00fcr\u2019s zweite findet sich dies, in Abwesenheit eines wahrhaften Nullpunktes, daf\u00fcr eintretende Minimum der Wirksamkeit im einen oder dem anderen Sinne verschoben, so zwar dafs bald bereits mit dem Abbrechen nur einer, oder wenigstens zweier Molekeln die Vorrichtung positiv wirkt, bald das Gegentheil eintritt; d. h. sie wirkt noch schwach negativ, auch wenn die Leisten nur noch zwei oder gar nur eine gesetzwidrig angeordnete Molekel tragen. Nicht selten zeigt, von den beiden Enden der Vorrichtung, das eine das erste, das andere das zweite beschriebene Verhalten.\nDies ist aber noch nicht Alles. Es kommt n\u00e4mlich auch vor, dafs man, wenn die Leisten nur noch mit wenig Elementen besetzt sind, doppelsinnige Ausschl\u00e4ge erh\u00e4lt. Z. B. bei drei Molekeln sind die Ausschl\u00e4ge beim Eintauchen der Vorrichtung noch entschieden negativ, aber die Ausschl\u00e4ge der Ladungen beim Entfernen des Elektromotors sind bereits entweder auffallend klein, oder gar verkehrt, d. h. sie haben im Multiplicatorkreis die Richtung des negativen Stromes der Vorrichtung. Bricht man dann noch eine oder zwei Molekeln fort, so erh\u00e4lt man beim Eintauchen zwar noch einen kleinen negativen Ausschlag, allein auf dem Fufse gefolgt von einem weit gr\u00f6fseren positiven R\u00fcckschwung, so dafs man sieht, der Strom hat sich wenige Augenblicke nach dem Eintauchen umgekehrt, was \u00fcberdies durch die verkehrten Ladungen best\u00e4tigt wird.\nVon einem Theile dieser Unregelm\u00e4fsigkeiten h\u00e4lt es nicht schwer, sich Rechenschaft zu geben. Eine Verschiebung des Nullpunktes der","page":96},{"file":"p0097.txt","language":"de","ocr_de":"der SlromesuniJtehr peripolarer Erreger.\n97\nWirksamkeit der Vorrichtung in dem Sinne, dafs die Vorrichtung noch negativ wirkt, wenn gleich von den Leisten bereits die H\u00e4lfte oder mehr als die H\u00e4lfte der gesetzwidrig angeordneten Elemente entfernt ist, h\u00e4tten wir im Grunde voraussehen k\u00f6nnen. Denn die Verh\u00e4ltnisse unserer Vorrichtung sind von denen, die wir bei unserer theoretischen Er\u00f6rterung vorausgesetzt haben, insofern verschieden, als in der ersteren der Unterschied der Entfernung der beiden \u00e4ufsersten Molekelreihen von den Ableitungsplatten ein vergleichweise viel betr\u00e4chtlicherer ist, als wir annehmen, dafs er im Muskel sei. Es kann also, an der Vorrichtung, die Wirkung der Molekelreihe auf der Leiste die Wirkung der Grenzschicht noch aufwiegen, ja \u00fcberwiegen, auch wenn die Anzahl der Molekeln in der ersteren eine kleinere geworden ist als die H\u00e4lfte. Demgem\u00e4fs m\u00fcfste auch die negative Wirkung der Vorrichtung bei Gegenwart der Leisten die positive bei Abwesenheit der Leisten \u00fcbertreffen.\nEs scheint jedoch, als ob der Eiuflufs dieses Umstandes nur verschwindend sei gegen den der zuf\u00e4lligen Ungleichheiten in der urspr\u00fcnglichen Kraft und Polarisationsf\u00e4higkeit der Kupferzinkelemente. Denn bald \u00fcbertrifft, bei vollz\u00e4hliger Molekelreihe auf den Leisten, die negative Wirkung in der That die positive nach Entfernung der Leisten, bald ist das Umgekehrte der Fall, und so ist denn auch erw\u00e4hnter-mafsen h\u00e4ufig der Nullpunkt der Wirksamkeit in dem entgegengesetzten Sinne von dem verschoben, den man nach der ebenangestellten Betrachtung, betreffend die gr\u00f6fsere N\u00e4he der gesetzwidrig angeordneten Molekeln, erwarten sollte. Dafs aber der Grund dieser Abweichung wirklich der oben angegebene sei, erhellt aus Folgendem. Es m\u00f6gen die den L\u00e4ngsschnitt vorstellenden langen Seiten der rechteckigen Vorrichtung L, Llt die den Querschnitt vorstellenden kurzen Seiten Q, Ql heifsen. Leitet man den Strom abwechselnd von \u00a3, Q, von iL, Qlt von i,, Q und von Lt, (?, ab, bei sonst m\u00f6glichst unver\u00e4nderter Stellung der Vorrichtung und der Ableitungsplatten im Troge, so m\u00fcfste die St\u00e4rke des Stromes stets die n\u00e4mliche sein. Keinesweges ist jedoch dies der Fall. Sondern man findet, zwischen den Stromst\u00e4rken bei den vier Ableitungsarten, die auffallendsten Unterschiede vor, welche also durchaus von nichts herr\u00fchren k\u00f6nnen als von der verschiedenen Kraft der Kupferzinkelemente und ihrer verschiedenen Neigung, Ladungen anzunehmen. In Uebereinstimmung damit zeigt es sich, dafs, wenn z. B. zwei gesetzwidrig gestellte Molekeln auf der Leiste am Querschnitt Q die Oberhand behaupten \u00fcber die darunter gelegene Grenzschicht, am Querschnitt Ql hingegen das Umgekehrte beobachtet wird, alsdann auch meistens der Querschnitt Qt gegen einen bestimmten L\u00e4ngsschnitt L II. 2.\t7","page":97},{"file":"p0098.txt","language":"de","ocr_de":"98\t3. Abschn. Kap. VU/. \u00a7. 11. 10 (n). Versuche zur Theorie\noder Z, st\u00e4rker negativ gefunden wird als der Querschnitt Q gegen denselben L\u00e4ngsschnitt.\nWas die doppelsinnigen Wirkungen betrifft, so bin ich aufser Stande, etwas Gen\u00fcgendes zu ihrer Erkl\u00e4rung beizubringen. Augenscheinlich k\u00f6nnen sie auf nichts anderem beruhen, als darauf dafs die Wirkung der gesetzwidrig gestellten Molekeln schneller sinkt, als die der darunter gelegenen Grenzschicht. Sie sind um so r\u00e4tselhafter, als sie nicht in gleicher Weise beobachtet werden, wenn man die Leisten mit ihren Zink nach Aufsen kehrenden Molekeln entfernt, und aus den Kupfer nach Aufsen kehrenden Grenzschichten eine Molekel nach der anderen entfernt.\nIndessen zeigt dieser Umstand nur um so klarer, wie es sich hier um irgend eine Verwickelung von Seiten der Ladungen handle, welche mit den zu erweisenden Grunds\u00e4tzen nichts zu schaffen hat, und die wir somit unbesorgt auf sich beruhen lassen k\u00f6nnen. Sie r\u00fchrt von denselben zuf\u00e4lligen Eigenschaften unserer Vorrichtungen her, die uns schon fr\u00fcher bei so manchen Gelegenheiten st\u00f6rend in den Weg getreten sind (S. oben Bd. I. S. 600 ff.). Diese Eigenschaften sind die der unbest\u00e4ndigen Ketten \u00fcberhaupt. Die daraus entspringenden St\u00f6rungen m\u00fcfsten wegfallen, wenn es gel\u00e4nge, schematische Vorrichtungen nach dem Vorbilde der thierischen Erreger hervorzubringen, an welchen die elektromotorischen Molekeln, statt durch Ketten von unbest\u00e4ndiger, durch solche von best\u00e4ndiger Kraft nachgeahmt w\u00e4ren. Ich halte dies f\u00fcr wohl ausf\u00fchrbar, wenn man an die Stelle der selbstth\u00e4tigen Elemente, wie wir sie bisher angewendet haben, Elektrodenpaare best\u00e4ndiger Ketten setzte, und die Fl\u00fcssigkeit im Troge im Verh\u00e4ltnifs zur Natur der Elektroden dabei so w\u00e4hlte, dafs keine Ladung der Elektroden m\u00f6glich w\u00e4re. Auch die Ableitungsplatten k\u00f6nnten alsdann von Ladungen freigehalten werden, indem man sie aus demselben Metalle n\u00e4hme, als die Elektroden. Die Ausf\u00fchrung einer solchen Vorrichtung behalte ich mir auf eine sp\u00e4tere Zeit vor.\nF\u00fcr jetzt betrachten wir die oben dargelegten Ansichten \u00fcber die Umkehrungserscheinungen der thierisch - elektrischen Str\u00f6me und die Zwischenstufen dieser Erscheinungen f\u00fcr gleich bewiesen in der Theorie und Erfahrung, und werden nun, mit ihrer H\u00fclfe, dazu schreiten, das Wesen des parelektronomischen Zustandes mit einigem Verst\u00e4ndnifs zu durchdringen.","page":98},{"file":"p0099.txt","language":"de","ocr_de":"der SlromesumJcehr peripolarer Erreger.\n99\n(in) Anwendung der obigen Grunds\u00e4tze auf die Theorie des par-elektronomischen Zustandes der Muskeln.\nDie eben ausf\u00fchrlich er\u00f6rterte dritte Hypothese, wodurch es gelingt, sich Rechenschaft zu geben von dem Unwirksamwerden oder der Umkehr der Str\u00f6mungsrichtung der peripolaren Erreger, wiesen wir oben Abth. I. S. 556 von der Hand aus dem Grunde, dafs sie erstlich nicht stimmte mit der Wirkungsart der Ursachen, die die Stromesumkehr herbeif\u00fchrten und mehr die ganze Masse der thierischen Erreger als den Querschnitt allein zu treffen geeignet schienen; f\u00fcr\u2019s zweite, weil wir auch im Stande waren, den Beweis zu f\u00fchren, dafs wirklich eine Lage\u00e4nderung der Molekeln durch die ganze Masse des Muskels oder Nerven die Stromesumkehr begleiten m\u00fcsse. Denn wo man an einem Nerven, einem Muskel, der in Folge der oben ebendas, beschriebenen Behandlungsarten negativ wirkt, einen Querschnitt anlegt, man findet ihn positiv, w\u00e4hrend er sonst negativ gefunden wird. Es m\u00fcssen also, durch die ganze Masse des Muskels oder Nerven, die dipolaren Molekeln in Gestalt negativ peripolarer Gruppen zu einander in solche Beziehung gerathen sein, dafs ein durch den Muskel oder Nerven gef\u00fchrter Schnitt nicht mehr wie sonst stets zwischen die einander zugekehrten negativen Pole, sondern nur noch zwischen die positiven Pole je zweier dipolaren Molekeln fallen k\u00f6nne.\nHier nun ist die Sachlage eine ganz verschiedene. Wir finden den nat\u00fcrlichen Querschnitt unwirksam oder gar positiv gegen den L\u00e4ngsschnitt, dagegen den k\u00fcnstlichen Querschnitt stets, wie gew\u00f6hnlich, negativ. Es ist also diesmal keine solche Lage\u00e4nderung der Molekeln durch die ganze Masse des Muskels vor sich gegangen, sie sind noch zu positiv peripolaren Gruppen zusammengef\u00fcgt und schon daraus kann geschlossen werden, dafs der nat\u00fcrliche Querschnitt im parelektronomi-schen Zustande nothwendig der Sitz von elektromotorischen Kr\u00e4ften sein m\u00fcsse, die denen des \u00fcbrigen Muskels entgegenwirken, ihnen die Wage halten, ja sie zu \u00fcberwiegen verm\u00f6gen. Wir sehen aufserdem den nat\u00fcrlichen Querschnitt in diesen Versuchen eine ganz besondere Rolle spielen, zwar nicht insofern als die Ursache, welche den par-elektronomischen Zustand herheif\u00fchrt, hier mehr wie dort geeignet schiene, den nat\u00fcrlichen Querschnitt vorzugsweise zu ber\u00fchren, wohl aber insofern als das einzige uns mit Sicherheit bekannt gewordene Mittel, die Negativit\u00e4t des nat\u00fcrlichen Querschnittes zu entwickeln, darin besteht, ihn mit \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeiten anzugreifen.\nEs tritt demnach hier, im Gegensatz zu den Erscheinungen der freiwilligen Stromesumkehr und der nach Mifshandlungen, die Noth-","page":99},{"file":"p0100.txt","language":"de","ocr_de":"100\t3. Abschi. Kap. Till. \u00a7\u25a0 11. 10 (m). Physikalische Theorie\nWendigkeit ein, jene dritte Hypothese in Anwendung zu ziehen. Wir stellen uns vor, dafs im Inneren des Muskels \u00fcberall die positiv peripolare Anordnung herrscht, so dafs jeder k\u00fcnstliche Querschnitt nur negative Pole positiv peripolarer Gruppen dipolar elektromotorischer Molekeln darbietet. Der nat\u00fcrliche Querschnitt des Muskels dagegen ist bekleidet mit einer beliebig d\u00fcnnen, immerhin einfachen Schicht dipolarer Molekeln oder auch einer mehrfachen Schicht peripolarer Gruppen, die positive Pole nach Aufsen wenden. Je nachdem diese Schicht den nat\u00fcrlichen Querschnitt stetig \u00fcberzieht, oder stellenweise die darunter gelegenen negativen Pole der ersten Schicht positiv peripolarer Gruppen freil\u00e4fst, ist der Muskel mehr oder weniger stark negativ wirksam, oder unwirksam, oder mehr oder weniger stark positiv wirksam. In einem dieser drei Zust\u00e4nde linden wir den Muskel vor. Was wird n\u00f6thig sein, um ihn sogleich mit aller Kraft seiner elektromotorischen Molekeln positiv wirksam erscheinen zu lassen? Nichts weiter, wie in die Augen springt, als seinen nat\u00fcrlichen Querschnitt auf irgend eine Art von jener Schicht zu befreien, welche ihn weniger negativ, neutral oder gar positiv gegen den L\u00e4ngsschnitt erscheinen l\u00e4fst, und dadurch der negativen Wirksamkeit der darunter gelegenen Schicht positiv peripolarer Gruppen freie Bahn zu machen.\nEs wird gleichg\u00fcltig sein, auf welche Art die Schicht beseitigt, wird. Es kann dies z. B. einfach auf mechanischem Wege geschehen. Das also w\u00e4re nun endlich die wahre Bedeutung des Umstandes, dafs der k\u00fcnstliche Querschnitt stets bereits wirksam gefunden wird. Es l\u00e4fst sich jedoch dem Versuche noch eine lehrreichere Form ertheilen. Spannt man n\u00e4mlich einen parelektronomischen Gastroknemius, dem man sein oberes und unteres Knochenst\u00fcck gelassen hat * in der bekannten Weise in der kleinen Streckvorrichtung aus (S. oben Abth. I. S. 67), und legt die B\u00e4usche an die Knochenst\u00fccke an, so erh\u00e4lt man nat\u00fcrlich dieselben Wirkungen, als ob der Muskel mit sehnigen Enden aufgelegt w\u00e4re, n\u00e4mlich je nach der Stufe des parelektronomischen Zustandes, auf der der Muskel verharrt, einen mehr oder weniger starken negativen, gar keinen oder einen schwachen positiven Ausschlag und die entsprechenden best\u00e4ndigen Ablenkungen. Sobald man aber, w\u00e4hrend der best\u00e4ndigen Ablenkung der Nadel, mit einem Scalpel! die Ausbreitung der Achillessehne zum Theil fortschneidet, so dafs ein schr\u00e4ger k\u00fcnstlicher Querschnitt entsteht, erfolgt ein starker positiver Ausschlag. Man kann auch, um den Verdacht auf eine elektromotorische Wirkung von Seiten der Klinge zu entfernen, die sehnige Ausbreitung, so gut es eben gehn will, mittelst einer Glasscherbe abschaben. Der Erfolg bleibt derselbe, obschon der Ausschlag aus leicht ersichtlichen Gr\u00fcnden nicht","page":100},{"file":"p0101.txt","language":"de","ocr_de":"des parelehtronomischen Zustandes der Mushein.\t101\ndie n\u00e4mliche Heftigkeit zeigt. Sch\u00e4lt man mittelst einer kleinen Cooper\u2019-schen Scheere die Ausbreitung vor dem Auflegen auf allen Punkten ab, was sehr leicht von Statten geht, so wirft der Gastroknemius die Nadel sofort an die Hemmung.\nHier also, w\u00fcrde man sich zu denken haben, tritt der positive Strom defshalb sofort mit aller Kraft hervor, weil die den nat\u00fcrlichen Querschnitt zum Theil bekleidende Schicht positiv nach Aufsen wirkender Molekeln mitsammt dem sehnigen Ueberzuge pl\u00f6tzlich entfernt wird. Es ist v\u00f6llig der n\u00e4mliche Vorgang, als der an dem Molecularschema, wenn man eine der Leisten entfernt, die die gesetzwidrig angeordneten Molekelreihen tragen. Ist dies aber richtig, so mufs man sichtlich das N\u00e4mliche leisten k\u00f6nnen, indem man die Schicht zwar nicht entfernt, aber doch ihrer elektromotorischen Wirksamkeit beraubt.\nDie Muskelsubstanz ihrer elektromotorischen Wirksamkeit zu be-* rauben, dazu haben wir verschiedene Mittel in H\u00e4nden. Eines dieser Mittel besteht z. B. darin, die Muskelsubstanz mit Stoffen in Ber\u00fchrung zu bringen, welche dieselbe chemisch angreifen (S. oben Abth. I. S. 183). Das also w\u00e4re nunmehr das Geheimnifs jenes r\u00e4thselhaften Stromentwickelungsvorganges immer nach dem n\u00e4mlichen Gesetze, immer in der n\u00e4mlichen Richtung, unter dem Einfl\u00fcsse der chemisch und physikalisch verschiedenst gearteten Fl\u00fcssigkeiten, mit denen der nat\u00fcrliche Querschnitt benetzt wurde. Die einzige gemeinsame Eigenschaft, die jene Fl\u00fcssigkeiten erkennen liefsen, war die, dafs sie Aetzmittel seien; und eben als Aetzmittel waren sie hier wirksam. Sie dienten gewisser-mafsen, auf chemischem Wege k\u00fcnstliche Querschnitte herzustellen. Sie zerst\u00f6rten die gesetzwidrige Wirksamkeit der den nat\u00fcrlichen Querschnitt bekleidenden Schicht, wodurch die gesetzliche Th\u00e4tigkeit des Muskels gel\u00e4hmt, ja \u00fcberw\u00e4ltigt erschien; der positive Strom konnte nunmehr an\u2019s Licht treten.\nDaraus erkl\u00e4ren sich denn zun\u00e4chst verschiedene Umst\u00e4nde, die uns in der Wirksamkeit der entwickelnden Fl\u00fcssigkeiten aufgefallen sind. Von den Fl\u00fcssigkeiten wirken die einen rascher, die anderen langsamer, um den ihnen zukommenden positiven Grenzwerth der Stromst\u00e4rke herbeizuf\u00fchren (S. oben S. 58). S\u00e4uren und Alkalien wirken im Allgemeinen schneller als die Salzl\u00f6sungen und die mit Wasser schwer mischbaren Fl\u00fcssigkeiten nicht leitender Natur, Kreosot, Schwefelaether, Essig-aether, Terpenthinoel. Augenscheinlich beruht dies auf den bekannten Gesetzen der Diffusion tropfbarer Fl\u00fcssigkeiten durch thierische Gewebe. Der obere Grenzwerth aber, der bei jeder Fl\u00fcssigkeit erreicht wird, bei der einen gr\u00f6fser, bei der anderen kleiner ausf\u00e4llt (S. oben ebendas.), beruht unstreitig darauf, dafs zwar die \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkei-","page":101},{"file":"p0102.txt","language":"de","ocr_de":"102\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 II. 10 (m). Physikalische Theorie\nten s\u00e4mmtlich die elektromotorische Kraft der Muskelsubstanz schnell ausnehmend verringern, einen gr\u00f6fseren oder geringeren Theil derselben aber doch k\u00fcrzere oder l\u00e4ngere Zeit hindurch noch bestehen lassen.\nJetzt erst sind wir im Stande zu ermessen, was wir oben S. 59 noch nicht zu beurtheilen wufsten, was den Strom vollst\u00e4ndig entwickeln heifse. Als vollst\u00e4ndig entwickelt w\u00fcrde der Strom nur dann zu betrachten sein, wenn die elektromotorischen Kr\u00e4fte der parelektro-nomischen Schicht g\u00e4nzlich vernichtet w\u00e4ren, und zugleich die aufser Th\u00e4tigkeit gesetzte Schicht auch isolirend gemacht w\u00e4re, um sie ihrer Wirkung als Nebenschliefsung zu berauben. Alsdann w\u00fcrde der Strom die gr\u00f6fste der eigenth\u00fcmlichen Kraft des Muskels entsprechende St\u00e4rke erreicht haben, dieselbe, die er bei der mechanischen Entfernung der parelektronomischen Schicht erhalten h\u00e4tte. Erst von einer Fl\u00fcssigkeit, welche diesen Forderungen entspr\u00e4che, w\u00fcrde man mit Recht sagen k\u00f6nnen, dafs sie den Strom vollst\u00e4ndig entwickele.\nDie geringe Spur von Entwickelung die bisweilen wahrgenommen wird, wenn der Muskel ruhig sich selber an der Luft \u00fcberlassen bleibt (S. oben S. 51), ist wohl dem Umstande zuzuschreiben, dafs der \u00e4ufsere Umfang des Muskels, wozu auch der nat\u00fcrliche Querschnitt geh\u00f6rt, durch die Trocknifs eine verderbliche Wirkung erf\u00e4hrt, vor der das Innere des Muskels gesch\u00fctzt ist. In Folge dieser Wirkung b\u00fcfst der nat\u00fcrliche Querschnitt etwas von seiner Kraft ein, und der positive Strom des unversehrten Muskelinneren gewinnt etwas an Uebergewicht. Die Schw\u00e4chung, die der Strom durch den oberfl\u00e4chlichen Angriff des L\u00e4ngsschnittes erleidet, kommt gegen dieses gewonnene Uebergewicht hier eben so wenig in Betracht, als wenn der ganze Muskel oder die ganze Gliedmafse in eine \u00e4tzende Fl\u00fcssigkeit getaucht wird, wie es anfangs in unsern Versuchen der Fall war.\nDie spurweise Entwickelung die sich oft einstellt, wenn man versucht die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit oder Metallfl\u00e4che nur den L\u00e4ngsschnitt ber\u00fchren zu lassen (S. oben S. 53. 54. 66), kann aufser auf dem eben erw\u00e4hnten Umstand auch noch beruhen auf der \u2019 Schwierigkeit, die \u00e4ufserlich so verwischte Grenze zwischen L\u00e4ngsschnitt und nat\u00fcrlichem Querschnitt in Wirklichkeit einzuhalten. Zwar ist es richtig, dafs man \u00fcberdies dabei an den der Faserrichtung nicht parallelen Grenzen des Verbreitungsbezirks der \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeit k\u00fcnstliche Querschnitte chemisch anlegt bis zu der Tiefe bis zu welcher die Fl\u00fcssigkeit in den Muskel eindringt. Von diesen k\u00fcnstlichen Querschnitten k\u00f6nnte man versucht sein, den spurweise hervortretenden Strom abh\u00e4ngig zu machen. Allein es m\u00f6chte doch schwer zu verstehen sein, weshalb die Richtung dieses Stromes stets die positive sei, oder weshalb stets von den","page":102},{"file":"p0103.txt","language":"de","ocr_de":"des parelelclronomischen Zustandes der Muslceln.\n103\nbeiden k\u00fcnstlichen Querschnitten eines und desselben Primitivmuskelb\u00fcndels, die man chemisch hergestellt hat, der obere, aufsteigend wirksame, allein zur Geltung kommen sollte.\nLeicht zu erkl\u00e4ren ist jetzt auch der Umstand, der beim ersten Anblick so h\u00f6chst r\u00e4thselhaft erscheinen mufste, dafs der Ausschlag, den man von einem parelektronomischen Muskel erh\u00e4lt, wenn man den Muskel zugleich vor Entwickelung seines Stromes sch\u00fctzt, allm\u00e4lig im Sinken begriffen erscheint, w\u00e4hrend man doch sogleich noch sehr viel heftigere Wirkungen hervorlocken kann, sobald man den Muskel entwickelnden Einfl\u00fcssen preisgiebt (S. oben S. 44). Denn in jenem ersten Ausschlage giebt sich allein der Unterschied der Kr\u00e4fte kund, mit denen der Muskel positiv und mit denen er negativ zu wirken bestrebt ist. Sinken im Lauf des Versuches diese Kr\u00e4fte in gleichem Mafse, so ist es klar mufs auch ihr Unterschied in demselben Mafse sinken. Dies verhindert aber nicht, dafs wenn nun die am nat\u00fcrlichen Querschnitt hausenden Kr\u00e4fte, mit denen der Muskel negativ zu wirken trachtete, auf die eine oder die andere Weise aufser Wirksamkeit gesetzt werden, die Wirkung der allein \u00fcbrig bleibenden positiven Kr\u00e4fte sehr viel gr\u00f6fser ausfalle, als vorher die Wirkung des Unterschiedes zwischen ihnen und den negativen Kr\u00e4ften, wenn auch nicht mehr so grofs, als wenn man gleich zu Anfang des Versuches, ehe noch das Sinken des Unterschiedes beobachtet worden war, den positiven Kr\u00e4ften durch Vernichtung der negativen Kr\u00e4fte freie Bahn gemacht h\u00e4tte.\nDafs der st\u00e4rkste positive Ausschlag, den man von parelektronomischen Gliedmafsen'nach der Entwickelung ihres Stromes erh\u00e4lt, an absoluter Gr\u00f6fse zuweilen unter dem ersten negativen Ausschlag bleibt, den sie gegeben haben (S. oben S. 38), l\u00e4fst sich von unserer Theorie aus auf verschiedene Art erkl\u00e4ren. Erstlich kann diese Erscheinung einfach darauf beruhen, dafs mittlerweile die elektromotorische Kraft des ganzen Muskels gesunken ist. F\u00fcr\u2019s zweite habe ich diese Erscheinung beobachtet zur Zeit, wo ich allein durch die zuf\u00e4llige Benetzung des Pr\u00e4parates mit der Kochsalzl\u00f6sung der Zuleitungsgef\u00e4fse die Entwickelung blindlings herbeif\u00fchrte. Der positive Strom w\u00fcrde vielleicht den negativen \u00fcbertroffen haben, wenn ich sofort nach dem ersten Auflegen entweder den k\u00fcnstlichen Querschnitt mechanisch hergestellt oder den nat\u00fcrlichen Querschnitt mit einer st\u00e4rker entwickelnden Fl\u00fcssigkeit benetzt h\u00e4tte. In der That ist mir, seitdem ich im Besitz dieser vollkommnercn Verfahrungsarten bin, jener Fall nicht wieder zu Gesicht gekommen. Endlich drittens ist es mit unserer Theorie durchaus nicht unvertr\u00e4glich, dafs wirklich der negative Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes den positiven sogar des mechanisch dargestell-","page":103},{"file":"p0104.txt","language":"de","ocr_de":"104\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. 11. 10 (m). Physikalische Theorie\nten k\u00fcnstlichen Querschnittes an St\u00e4rke \u00fcbertreffe. Es ist dazu keines-weges n\u00f6thig, dafs die gesetzwidrig angeordneten Molekeln am nat\u00fcrlichen Querschnitt die im Inneren des Muskels an elektromotorischer Kraft \u00fcbertreffen, eine Annahme, die wir nat\u00fcrlich nicht gern machen w\u00fcrden. Vielmehr gen\u00fcgt es zu jenem Zweck, dafs sich am Querschnitt nicht eine einfache, sondern eine mehrfache Schicht dipolarer Molekeln von gleicher Kraft mit denen im Muskel befinde, die aber s\u00e4mmtlich positive Pole nach Aufsen kehren.\nSo ist demnach unsere Theorie im Stande, von allen bisher beobachteten Erscheinungen des parelektronomischen Zustandes Rechenschaft zu geben. Aber versprochenermafsen leistet diese Theorie noch mehr, es lassen sich aus ihr auch neue noch nicht beobachtete Erscheinungen im Voraus mit Sicherheit ableiten.\nAufser der chemischen An\u00e4tzung sind wir noch im Besitz eines anderen, schnell und nach Bed\u00fcrfnifs \u00f6rtlich wirkenden Mittels, der elektromotorischen Th\u00e4tigkeit der Muskelmolekeln ein Ende zu machen. Dies Mittel ist die Temperaturerh\u00f6hung (S. oben Abth. I. S. 178). Ist also unsere Theorie richtig, so mufs es gelingen, durch eine oberfl\u00e4chliche Verbrennung oder Verbr\u00fchung des nat\u00fcrlichen Querschnittes den positiven Strom des Muskels gerade so gut zu entwickeln, als durch das An\u00e4tzen mittelst einer chemisch wirksamen Fl\u00fcssigkeit.\nWirklich ist dies der Fall. Man spanne den parelektronomischen Gastroknemius, wie oben S. 100, in der kleinen Streckvorrichtung aus. Im geeigneten Augenblick, wenn die Nadel zur Ruhe gekommen ist, bringe man eine heifse Messerklinge, oder um dem Verdacht vorzubeugen, der aus der metallischen Ber\u00fchrung entspringen k\u00f6nnte, eine heifse Porzellanscherbe an die Ausbreitung der Achillessehne an. Man thut am besten, die Scherbe vorher gl\u00fchend zu machen, und sie so lange an einem anderen Muskel auf ihre Wirkung zu pr\u00fcfen, bis man findet, dafs der sehnige Ueberzug \u00fcber den nat\u00fcrlichen Querschnitt sich nicht mehr unter ihr br\u00e4unt und rissig wird. Denn alsdann w\u00fcrde k\u00fcnstlicher Querschnitt zu Tage gelegt, und man k\u00f6nnte sagen, der Versuch falle zur\u00fcck in den, wo wir den k\u00fcnstlichen Querschnitt durch Absch\u00e4len des sehnigen Ueberzuges mechanisch entbl\u00f6fsten. Die Sehne mufs eben nur unter der heifsen Scherbe etwas einschrumpfen und ihren Perlglanz verlieren. Stets fliegt die Nadel sofort an die positive Hemmung.\nMan kann auch, statt ihn mit der heifsen Scherbe zu ber\u00fchren, einen Tropfen heifsen Oeles mit einem Glasstab auf den nat\u00fcrlichen Querschnitt bringen. Nat\u00fcrlich mufs man den Glasstab dabei in und mit dem Oele erhitzen, damit das Oel heifs auf den k\u00fcnstlichen Quer-","page":104},{"file":"p0105.txt","language":"de","ocr_de":"des parelelitronomischcn Zustandes der Musitein.\n105\nschnitt gelange. Oliven\u00f6l von 200\u00b0 C. gab an stromlosen Muskeln einen positiven Ausschlag von etwa 15\"; Oel von 270\u00b0 C. aber trieb die Nadel im ersten Ausschlag auf 70\u00b0.\nEndlich kann man noch einfacher verfahren, indem man den Muskel nur einen Augenblick lang in heifses Wasser taucht. Die Streckvorrichtung ist alsdann nicht n\u00f6thig, da der Muskel nicht unverr\u00fcckt zwischen den B\u00e4uschen bleiben soll. Freilich wird dabei, mit dem Querschnitt, auch der L\u00e4ngsschnitt oberfl\u00e4chlich verbr\u00fcht. Der dadurch bedingte Kraftverlust kommt aber nicht in Betracht neben der Entwickelung des Stromes, und man hat daf\u00fcr den Vortheil, einigermafsen die Grenze der Temperatur bestimmen zu k\u00f6nnen, welche erreicht sein mufs, damit eine namhafte Wirkung stattfinde.\nTaucht man einen parelektronomischen Gastroknemius, der, zwischen seinen sehnigen Enden gepr\u00fcft, die Nadel fast auf Null liefs, oder gar negativ ablenkte, nur einen Augenblick lang in siedendes Wasser, so bleibt er dauernd verk\u00fcrzt, weil die verbr\u00fchte Schicht an der Oberfl\u00e4che in zusammengezogenem Zustande erstarrt. Sein Inneres aber bleibt unverletzt, und der Muskel demgem\u00e4fs zuckungsf\u00e4hig. Pr\u00fcft man ihn abermals auf seinen Strom zwischen sehnigen Enden, so wirft er die Nadel an die positive Hemmung, obschon, wenn man die Ausbreitung der Achillessehne absch\u00e4lt, noch immer eine Verst\u00e4rkung des Stromes erfolgt. Anschl\u00e4gen an die Hemmung in Folge des heifsen Wasserbades tritt auch noch ein, wenn die Temperatur des Bades 75 \u2014 80\" C. betr\u00e4gt. Hier aber findet in der Wirkung der erh\u00f6hten Temperatur, der man den nat\u00fcrlichen Querschnitt aussetzt, insofern ein auffallender Sprung statt, als ebensolanges Verweilen des Muskels in Wasser von 65\u201470\" den Strom nur zu einem sehr kleinen Theil entwickelt, also z. B. von einem Muskel, der stromlos erschien, einen Ausschlag von nur 30\u201c hervorlockt. F\u00e4hrt man aber nur einmal mit demselben Muskel in Wasser von 75\u201480\", so wirft er die Nadel an die Hemmung.\nDa der Muskel, in jedem einzelnen Versuche, vor dem Eintauchen stets die n\u00e4mliche Temperatur besafs (etwa + 10\" C.), so kann dieser Sprung auf nichts anderem beruhen als auf der Nothwendigkeit eines gewissen Temperaturgrades zur raschen Vernichtung der gesetzwidrig angeordneten elektromotorischen Kr\u00e4fte am nat\u00fcrlichen Querschnitt, und es ist unm\u00f6glich dabei nicht zu bemerken das auffallende Zusammentreffen der Grenztemperatur, in Folge deren noch der Muskel die Nadel an die Hemmung wirft, mit derjenigen bei welcher das Eiweifs gerinnt. Die Folge wird \u00fcbrigens lehren, dafs hier nicht zu denken ist an eine specifische Wirkung der Temperaturerh\u00f6hung auf Aufhebung des durch Temperaturerniedrigung herbeigef\u00fchrten parelektronomischen Zustandes.","page":105},{"file":"p0106.txt","language":"de","ocr_de":"106\t3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. II. 10 (in). Physikalische Theorie\nIst unsere Theorie richtig so ist ferner klar, geht der Entwickelungszustand des Stromes des einen Querschnittes den anderen Querschnitt nichts an. Bisher haben wir uns die Muskeln immer so vorgestellt, als seien die elektromotorischen Molekeln \u00fcberall in ihrem Inneren nach gleichem Gesetz und folglich an ihren Endquerschnitten symmetrisch zur Mitte angeordnet. Im parelektronomischen Zustande ist offenbar daf\u00fcr keine Nothwendigkeit mehr vorhanden. Urspr\u00fcnglich zwar sind ge-wifs auch dann die elektromotorischen Molekeln symmetrisch angeordnet. Aber nichts kann uns verhindern, falls, wie gesagt, unsere Theorie sich ferner bew\u00e4hrt, den einen Querschnitt positiv oder neutral zu lassen, statt negativ, wie er sein sollte, dem anderen Querschnitt hingegen auf die eine oder die andere Art, mechanisch, chemisch, kaustisch seine gesetzliche Negativit\u00e4t zu ertheilen. Alsdann werden also die beiden Querschnitte, anstatt sich gleichartig zu verhalten, miteinander ungleichartig sein, ja, falls der unentwickelt gebliebene sich positiv gegen den L\u00e4ngsschnitt verh\u00e4lt, ungleichartiger als jeder von ihnen mit dem L\u00e4ngsschnitt, gerade wie wir dies an unserer schematischen Vorrichtung oben S. 95 beobachtet haben, wenn nur der eine Querschnitt derselben mit einer gesetzwidrig angeordneten Molekelreihe versehen war.\nAuch diese Folgerung nun ist es leicht durch den Versuch zu bewahrheiten. Um jenes Verhalten der Muskeln zu beobachten, kann man sich nicht wohl des Gastroknemius bedienen, an dessen oberem Ende der nat\u00fcrliche Querschnitt innerhalb des Muskelfleisches vergraben ist. Es giebt aber am Oberschenkel des Frosches drei Muskeln, die sich trefflich dazu eignen. Es sind dies der Biceps und die beiden leicht trennbaren K\u00f6pfe der Semitendinosus Cuv. (S. oben Bd. I. S. 497). Alle drei lassen sich mit sehnigen Enden dergestalt auflegen, dafs an beiden Enden der nat\u00fcrliche Querschnitt s\u00e4mmtlicher oder wenigstens der meisten Primitivmuskelb\u00fcndel in der n\u00e4mlichen Art frei von der Ber\u00fchrung mit den B\u00e4uschen bleibt, wie die Ausbreitung der Achillessehne am Gastroknemius, der grofsen Strecksehne des Unterschenkels am Triceps Cuv. Diese Muskeln sind n\u00e4mlich langgestreckten Cylindern mit parallelen sehr schr\u00e4g angelegten Grundfl\u00e4chen zu vergleichen. Die Grundfl\u00e4chen sind die nat\u00fcrlichen Querschnitte. An dem von der Mitte des Muskels abgewandten Ende der grofsen Axe der Ellipse, welche die Grundfl\u00e4chen darstellen, sind die Sehnen befestigt, deren Ausbreitung die Grundfl\u00e4chen \u00fcberzieht und die Enden der Primitivmuskelb\u00fcndel an sich aufnimmt. Da beide Enden der Muskeln ziemlich symmetrisch gebaut sind, m\u00fcfsten sie, bei gleichem Entwickelungszustande ihres Stromes, sich einander im Grunde das Gleichgewicht halten. Indessen wiegt immer das eine oder das andere Ende mehr oder weniger vor.","page":106},{"file":"p0107.txt","language":"de","ocr_de":"des parelelUronomischen Zustandes der Musheln.\t107\nBepinselt man die untere Sehnenausbreitung eines jener Muskeln, w\u00e4hrend er im parelektronomischen Zustand aufliegt, mit einer entwickelnden Fl\u00fcssigkeit, salpetersaurer Silberoxydl\u00f6sung oder Kreosot, so entsteht ein Ausschlag in aufsteigender Richtung. L\u00e4fst man die Nadel zur Ruhe kommen und bepinselt sogleich oder beliebig lange Zeit darauf die obere Sehnenausbreitung mit der entwickelnden Fl\u00fcssigkeit, so erfolgt ein Ausschlag in der entgegengesetzten, der absteigenden Richtung. Anstatt den ersten Querschnitt auf chemischem Wege negativ zu machen, kann man auch den Muskel quer durchschneiden. Auch dabei bleibt der andere Querschnitt ruhig in seinem Zustande unentwickelter Negativit\u00e4t und der Muskel befindet sich somit v\u00f6llig in der Verfassung wie oben S. 95 unser Muskelschema, wenn es nur an dem einen Querschnitt eine Leiste mit gesetzwidrig gestellten Molekeln trug.\nNach alledem wird wohl nicht leicht Jemand noch bezweifeln wollen, dafs wir wirklich mit unserer Theorie das Rechte getroffen haben. Nun wird man, mit Hinblick auf das Dasein einer gesetzwidrig angeordneten Schicht elektromotorischer Muskelmolekeln am nat\u00fcrlichen Querschnitt, den Namen gerechtfertigt finden, mit dem ich den in Rede stehenden Zustand der Muskeln belegt habe (Vergl. oben S. 38. 39).\nJetzt ist man im Stande den Vorbehalt zu w\u00fcrdigen, mit dem oben S. 38, als wir das positive Verhalten des nat\u00fcrlichen Querschnittes stark erk\u00e4lteter Muskeln erkannt hatten, gesagt wurde, es bef\u00e4nden sich diese Muskeln im negativ peripolaren Zustande. Dieser Vorbehalt bezog sich, wie man sieht, auf die Lagerungsweise der Molekeln im Inneren des Muskels. In beiden Zust\u00e4nden, dem hoch ausgebildetcn parelektronomischen sowohl als dem negativ peripolaren, verh\u00e4lt sich der nat\u00fcrliche Querschnitt positiv, statt, wie er sollte, negativ gegen den L\u00e4ngsschnitt. Aber im negativ peripolaren Zustande thut dies auch jeder k\u00fcnstliche Querschnitt, im parelektronomischen Zustande thut es der nat\u00fcrliche Querschnitt allein.\nMan sieht ferner, dafs der Vorgang der Stromentwickelung im parelektronomischen Zustande nicht, wie es auf den ersten Blick den Anschein haben konnte, eine neue Bewegungserscheinung des Muskelstromes darstellt (Vergl. oben Bd. I. S. 581. Bd. II. Abth. I. S. 127. 142. 155). In der That geht dabei im Muskel so wenig eine Ver\u00e4nderung seiner elektrischen Kr\u00e4fte vor sich, als wenn man den Muskelstrom in einem Kreise durch eine andere elektromotorische Kraft aufgewogen h\u00e4tte, und nun diese wiederum schneller oder langsamer entfernte. Da es sich aber hier um keine Bewegungserscheinung handelt, so verliert der oben S. 38 bemerkte Umstand sein Auffallendes, dafs auch der nicht mehr zuckungsf\u00e4hige Muskel innerhalb gewisser Grenzen noch der Sitz einer Stromentwickelung werden k\u00f6nne.","page":107},{"file":"p0108.txt","language":"de","ocr_de":"108\t3. Abschn. Kap. VW. \u00a7. 11. 10 (m). Physikalische Theorie\nMan sieht endlich, dafs es in Wahrheit gar keinen Sinn hatte und daher ganz vergeblich war, in den Nerven nach den Spuren eines par-elektronomischen Zustandes und einer Stromentwickelung wie in den Muskeln zu suchen (S. oben S. 38. 82). Denn der Sitz dieses Zustandes und des Vorganges, auf dem die Stromentwickelung beruht, ist einzig und allein der nat\u00fcrliche Querschnitt. Es gebricht aber den Nerven an einem solchen, der zur Untersuchung geeignet w\u00e4re.\nDie gesetzwidrig angeordnete Molekelschicht am nat\u00fcrlichen Querschnitt, welche positive Pole nach Aufsen kehrt, wollen wir fortan schlechthin als parelektronomische bezeichnen.\nEs wird wohl nicht Einer das Verlangen tragen, dafs diese Schicht mit dem Messer mechanisch isolirt, und dadurch ihr Dasein unmittelbarer, als bisher, nachgewiesen werde. Indessen l\u00e4fst sich doch ein Versuch anstellen, der fast dasselbe leistet. Es gelingt n\u00e4mlich l\u00e9icht, mit H\u00fclfe einer kleinen CooPER\u2019schen Scheere, von Innen her das Muskelfleisch des Gastroknemius dergestalt von der Ausbreitung der Achillessehne abzutragen, dafs diese Ausbreitung nur noch gleichsam mit den Stoppeln der als Halme gedachten, darin eingepflanzten Muskelb\u00fcndel bedeckt zur\u00fcckbleibt. Hier hat man nun, nach unserer Theorie, die parelektronomische Schicht, von Aufsen mit der Sehnenhaut, von Innen nur noch mit einer d\u00fcnnen Schicht nicht dazugeh\u00f6riger Muskelsubstanz \u00fcberzogen. Bringt man den so zugerichteten sehnigen Ueberzug eines parelektronomischen Gastroknemius zwischen die mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten B\u00e4usche, so dafs der eine Bausch die innere, der andere die \u00e4ufsere Fl\u00e4che des Ueberzuges ber\u00fchrt, so erfolgt ein heftiger Strom im Multiplicatorkreise in der Richtung von aufsen nach innen, ganz wie unsere Theorie es verlangt. Der Ausschlag kann st\u00e4rker werden selbst als der, den man von kr\u00e4ftigen mit k\u00fcnstlichem Querschnitt aufgelegten Oberschenkelmuskeln erh\u00e4lt, nicht allein wegen der Positivit\u00e4t des nat\u00fcrlichen Querschnittes im Fall der Gastroknemius negativ wirksam war (Vergl. oben S. 95. 106), sondern auch bei nur stromloser Beschaffenheit desselben, also neutralem nat\u00fcrlichen Querschnitt, wegen des verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig so geringen Widerstandes des Kreises bei dieser Anordnung.\nUebrigens versteht es sich von selbst, dafs die elektromotorische Wirkung eines dergestalt isolirten Ueberzuges sehr verg\u00e4nglich ist. Denn die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes ist, wie wir von fr\u00fcherher wissen (S. oben Abth. I. S. 557), in raschem Sinken begriffen, hingegen die des nat\u00fcrlichen Querschnittes entwickelt sich durch das H\u00fchner-eiweifs des Eiweifsh\u00e4utchens (S. oben S. 53). Beide Querschnitte eilen demgem\u00e4fs der Gleichartigkeit entgegen, und wie wir in der Folge","page":108},{"file":"p0109.txt","language":"de","ocr_de":"des parelehronomischen Zustandes der Muslceln.\t109\nsehen werden, wird unter anderen Umst\u00e4nden dieser Punkt nicht allein erreicht, sondern sogar \u00fcberschritten. Allein hier ist die Masse des Muskelfleisches im Vergleich zur Oberfl\u00e4che, von deren s\u00e4mmtlichen Punkten verderbliche Einfl\u00fcsse sie erreichen, so gering, dafs ganz abgesehen von jenem Widerspiel elektromotorischer Kr\u00e4fte, die Wirksamkeit der Anordnung bald v\u00f6llig zu Grunde geht.\nIch habe diesen Versuch noch folgendermafsen weiter auszubeuten versucht. Ich brachte in den Multiplicatorkreis einen schr\u00e4g durchschnittenen Semimembranosus Cuv., so dafs auf der einen Seite L\u00e4ngsschnitt, auf der anderen Seite die scharfe Kante zwischen L\u00e4ngsschnitt und dem schr\u00e4gen k\u00fcnstlichen Querschnitt ber\u00fchrte. Dieser Querschnitt hatte also im Kreise ungef\u00e4hr die n\u00e4mliche Anordnung, als der nat\u00fcrliche Querschnitt des Gastroknemius, und man erh\u00e4lt demgem\u00e4fs einen starken Muskelstrom, der in den Muskel zu dem schr\u00e4g abgeschnittenen Ende einkehrt. Wir haben diese Anordnung schon bei einer fr\u00fcheren Gelegenheit einmal benutzt (S. oben S. 78). Ich hoffte nun, dafs, wenn ich den schr\u00e4gen k\u00fcnstlichen Querschnitt mit dem auf die eben beschriebene Art dargestellten sehnigen Ueberzuge eines parelektronomi-schen Gastroknemius bekleidete, der Muskel dadurch gewissermafsen k\u00fcnstlich parelektronomisch gemacht sein w\u00fcrde. Es mufste also beim Auflegen des sehnigen Ueberzuges ein negativer Ausschlag erfolgen, heim Entfernen oder beim Benetzen desselben mit einer entwickelnden Fl\u00fcssigkeit ein positiver Ausschlag. Ferner erwartete ich, dafs, wenn ich den sehnigen Ueberzug dem schr\u00e4gen k\u00fcnstlichen Querschnitt mit der Innenfl\u00e4che nach aufsen, also verkehrt, anlegte, ein positiver Ausschlag erfolgen w\u00fcrde, beim Entfernen aber ein negativer. Bei dieser Anordnung mufstcn n\u00e4mlich die Kr\u00e4fte der parelektronomischen Schicht, statt sich von denen des Muskels ahzuziehen, vielmehr dazu hinzuf\u00fcgen.\nIndessen gelangte ich nicht zum Ziele. Ich beobachtete zwar mehrmals die erwarteten Wirkungen, aber fast ebensooft blieben sie aus oder hatten die entgegengesetzte Richtung. Nicht besser gl\u00fcckte der Versuch in einer anderen, wie ich meinte einfacheren Form, die ich ihm noch ertheilte. Sie bestand darin dafs ich, wie oben S. 100, einen Gastroknemius im Multiplicatorkreise ausspannte, einen Lappen aus seinem sehnigen Ueberzuge ausschnitt, und die Wirkungen beobachtete, welche erfolgten, wenn ich den Lappen entweder m\u00f6glichst genau in seine urspr\u00fcngliche Lage zur\u00fcckbrachte, oder ihn umwendete, so dafs seine Aufsenseite nach innen zu liegen kam. Es ergab sich aber dabei der grofse Uebelstand, dafs der von dem Muskel im ausgedehnten Zustande getrennte Lappen seine Gestalt und Gr\u00f6fse v\u00f6llig ver\u00e4nderte, so dafs er nicht mehr auf die Wunde pafste.","page":109},{"file":"p0110.txt","language":"de","ocr_de":"HO 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 II. 10 (in). Physikalische Theorie\nEs w\u00e4re ungerecht, aus dem Mifslingen dieser schwierigen Versuche einen Schlufs ziehen zu wollen gegen unsere sonst so wohl bew\u00e4hrte Theorie des parelektronomischeu Zustandes. Es lassen sich f\u00fcr jenes Mifslingen andere Gr\u00fcnde genug angeben. Der sehnige Ueberzug rollt sich ein; er bildet zugleich Nebenschliefsung; seine Kraft ist zu verg\u00e4nglich; der k\u00fcnstliche Querschnitt daran besitzt nicht denselben Grad der Negativit\u00e4t mit dem des Muskels, theils weil er unter der Zurichtung mehr oder weniger gelitten hat als jener, theils weil die Ebene des Querschnittes nicht an beiden denselben Winkel mit der Richtung der Fasern macht. Alles dies vereinigt sich, um, bald in dem einen, bald in dem anderen Sinne, dem theoretisch vorausgesehenen Erfolge in den Weg zu treten.\nIch habe nat\u00fcrlich nicht unterlassen, mit dem Mikroskop nachzusehen, ob das an die Sehnenausbreitung stofsende Ende der Primitivmuskelb\u00fcndel , mit dessen Anblick ich wohl vertraut bin, im parelektro-nomischen Zustande eine Ver\u00e4nderung darbieten w\u00fcrde.\nMan stellt diese Untersuchung am besten an, indem man sich zuerst auf die Abth. I. S. 97 beschriebene Art einen k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnitt verschafft, der die sehnige Ausbreitung der L\u00e4nge nach h\u00e4lftet. Von dem an die sehnige Ausbreitung stofsenden Rande eines solchen L\u00e4ngsschnittes ist es leicht, mittelst einer feinen CooPER\u2019schen Scheere d\u00fcnne Muskelscheiben abzuschneiden, die zwischen zwei k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnitten eingeschlossen und an einem Theil ihres Umfanges, wie eine Brodschnitte mit der Rinde, mit dem sehnigen Ueberzug versehen sind. K\u00f6lliker hat bereits ein solches Pr\u00e4parat aus dem Gastroknemius des Menschen abgebildet. 1 Dafs die Querstreifen in seiner Zeichnung nicht senkrecht auf die Axe der Primitivb\u00fcndel verlaufen, ist wohl nur ein Versehen des Holzschneiders. Auffallend aber ist mir, dafs K\u00f6lliker die Muskelb\u00fcndel abgerundet spitz und einander stufenf\u00f6rmig \u00fcberragend an der sehnigen Ausbreitung enden l\u00e4fst. An den Muskeln des Frosches sehe ich sie, wie ich dies oben S. 58 bereits beschrieben habe und nachtr\u00e4glich in Fig. 144 Taf. V. aus dem Triceps Cuv. bei 180maliger Vergr\u00f6fserung darstelle, vielmehr in einer Flucht scharf abgeschnitten. Ich gestehe indessen gern, dafs es mir nicht gelungen ist, mir von dem Verhalten beim Menschen ein klares Bild zu verschaffen, wo also K\u00f6lliker im Recht sein mag.\nWas nun die hier gestellte Frage betrifft, so hat es mir bisher noch nicht gelingen wollen, an den Enden der Primitivmuskelb\u00fcndel eine Ver\u00e4nderung, z. B. ihrer Querstreifung, wahrzunehmen, die ich\n1 Mikroskopische Anatomie u. s. w. Leipzig 1850. Bd. II. S. 219. Fig. 63 A.'","page":110},{"file":"p0111.txt","language":"de","ocr_de":"des parelehtronomischen Zustandes der Muskeln.\n111\nh\u00e4tte auf den parelektronomischen Zustand beziehen k\u00f6nnen. Jedenfalls k\u00f6nnte eine sich kundgebende Ver\u00e4nderung der Art nur eine gradweise sein, da, wie bereits erw\u00e4hnt wurde (S. oben S. 81) und wie die n\u00e4chste Folge darthun wird, die Muskeln sich stets und unter allen Umst\u00e4nden auf einer gewissen Stufe des parelektronomischen Zustandes befinden.\nAuf diesem Wege wird sich eine n\u00e4here Kcnntnifs der parelektronomischen Schicht wohl nicht leicht erwerben lassen. Leider ist uns aber auch fast jeder andere Weg hiezu verschlossen. Es fehlt nicht nur noch an jeder thats\u00e4chlichen Grundlage, um zu entscheiden zwischen den verschiedenen M\u00f6glichkeiten, die oben S. 91 hinsichtlich ihres Baues erkannt wurden, sondern es ist auch nicht abzusehen, wie eine solche Grundlage je solle erworben werden. Ein nicht unwichtiger Wink w\u00fcrde sich allenfalls der Thatsache entnehmen lassen, die aber selbst nicht hinreichend feststeht, dafs die negative Wirkung vor der Entwickelung die positive nach der Entwickelung an Gr\u00f6fse \u00fcbertreffen kann. Dies w\u00fcrde, wie schon oben S. 103 bemerkt wurde, dahin zu deuten sein, dafs die parelektronomische Schicht in solchem Falle aus einem mehrfachen Ueberzuge dipolarer Molekeln besteht, die s\u00e4mmt-lich positive Pole nach Aufsen kehren. Ein anderer Wink w\u00fcrde aus der verschiedenen Zeit folgen, die zwei Muskeln, auf verschiedenen Stufen des parelektronomischen Zustandes, vielleicht brauchen, um durch dieselbe Fl\u00fcssigkeit bis zum Grenzwerthe der Entwickelung gebracht zu werden, den diese Fl\u00fcssigkeit herbeizuf\u00fchren vermag. F\u00e4nde man, dafs der mehr parelektronomische Muskel hiezu mehr Zeit braucht als der minder parelektronomische, so w\u00fcrde man einigermafsen berechtigt sein zu dem Schl\u00fcsse, dafs die parelektronomische Schicht, je h\u00f6her sie entwickelt ist, Um so dicker wird. Denn nur auf eine gr\u00f6fsere Tiefe, in welche die entwickelnde Fl\u00fcssigkeit cindringen mufs, liefse sich die Verz\u00f6gerung des Eintretens der Grenzwirkung deuten.\nIch habe dies folgendermafsen in\u2019s Werk zu setzen versucht. Ich nahm zwei Gastroknemien, von denen der eine stark negativ, der andere noch ziemlich kr\u00e4ftig positiv wirkte. Diese Muskeln tauchte ich gleiche Zeiten hindurch in Kochsalzl\u00f6sung, wusch sie und trocknete sie in \u00fcbereinstimmender Weise, pr\u00fcfte sie auf ihren Strom, wiederholte dieselbe Operation von Anfang an noch einmal und sah zu, ob vielleicht durch das zweite Soolbad der mehr parelektronomische Gastro-knemius noch an positivem Strome gewonnen h\u00e4tte, w\u00e4hrend der minder parelektronomische bereits durch das erste Soolbad seinen vollen Strom, soweit die Kochsalzl\u00f6sung ihn zu entwickeln vermag, erhalten haben sollte. Einmal habe ich diesen Erfolg wirklich beobachtet. Aus","page":111},{"file":"p0112.txt","language":"de","ocr_de":"112 3. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7. II. 10 (iv). Bemerkungen zur Theorie\nGr\u00fcnden aber, die sich sp\u00e4ter ergeben werden, habe ich diesen Versuch, dessen Schwierigkeiten ohnedies sehr grofs sind, noch nicht oft genug wiederholen k\u00f6nnen, um bereits ein bestimmtes Urtheil zu f\u00e4llen.\n(iv) Schlufsbemerkungen zur Theorie des parelektronomischen Zustandes der Muskeln.\nSchwerlich m\u00f6chte es endlich jetzt noch n\u00f6thig sein, zur\u00fcckzukommen auf die Widerlegung jener Ansicht vom parelektronomischen Zustande, die wir in der vorigen Nummer (9) bek\u00e4mpften, und wonach auch in diesem Zustande die elektromotorische Beschaffenheit des k\u00fcnstlichen Querschnittes stets gleichen Schritt halten w\u00fcrde mit der des nat\u00fcrlichen. Indessen ist das Vorbestehen der Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes im Muskel ein Punkt von zu grofsem Belang, um zu seiner Feststellung nicht auch das Ueberfl\u00fcssige zu thun.\nA. a. 0. wurde gezeigt, dafs weder bei der Pr\u00fcfung, noch bei der Herstellung des k\u00fcnstlichen Querschnittes dieser erweisbar von irgend einem entwickelnden Einflufs betroffen werde, dafs es folglich gar keinen Grund gebe zu der Annahme, dafs er nicht bereits im unversehrten Muskelinneren seine volle Negativit\u00e4t besitze. Schliefslich wurde hingewiesen auf die Unm\u00f6glichkeit sich bei dieser Annahme eine irgend l\u00e4fsliche Vorstellung zurechtzulegen von den Erscheinungen des par-elektronoraischen Zustandes, im Gegens\u00e4tze zu der Leichtigkeit und Einfachheit, womit dies von Statten ginge bei der entgegenstehenden Ansicht, welche die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes als im Muskelinneren vorgebildet annimmt. Ueber diese Einfachheit und Leichtigkeit zu urtheilen ist der Leser jetzt in Stand gesetzt. Es w\u00fcrde \u00fcbrig bleiben, ihm ein Bild von jenen Schwierigkeiten zu entwerfen.\nSetzen wir also f\u00fcr einen Augenblick eine stete Uebereinstimmung im elektromotorischen Verhalten des k\u00fcnstlichen und des nat\u00fcrlichen Querschnittes auch im parelektronomischen Zustande wieder voraus, wie wir dies oben S. 74. 75 bereits thaten. Da stark erk\u00e4ltete Muskeln negativ wirken, so ist es klar, dafs man bei dieser Vorstellung so wenig als bei irgend einer anderen, die man noch erfinden wollte, eine Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Molekeln im parelektronomischen Zustande, sondern nur eine verschiedene Anordnung derselben voraussetzen kann (Vergl. oben S. 87). Man ist also geradesweges gezwungen zu der Annahme, auf die sich, wie so eben (S. 107) erinnert wurde, der oben S. 38 ausgesprochene Vorbehalt bezog. An dem im par-elektronomisch negativ wirksamen Muskel m\u00fcfste sich die negativ peri-polare Anordnung auf die ganze Masse des Mulkels erstrecken. Am unwirksamen Muskel f\u00e4nde sich die positiv und die negativ peripolare","page":112},{"file":"p0113.txt","language":"de","ocr_de":"des parelektronomischen Zustandes der Muskeln.\tJ[3\nAnordnung in gleichem Mafse vertheilt vor, so dafs jeder k\u00fcnstliche Querschnitt gleichviel positive Pole negativ peripolarer, und negative Pole positiv peripolarer Gruppen enthielte, und so fort f\u00fcr die \u00fcbrigen schw\u00e4cher negativ oder bereits positiv wirksamen Zust\u00e4nde des Muskels.\nUm nun den Entwickelungsvorgang des Stromes zu erkl\u00e4ren, m\u00fcfste man sich vorstellen, dafs eine jede Verletzung des nat\u00fcrlichen Querschnittes, sei sie mechanisch, chemisch oder kaustisch, die unregel-m\u00e4fsige Anordnung der elektromotorischen Muskelmolekeln in eine regel-m\u00e4fsig wirkende zu verwandeln verm\u00f6ge. Die Verletzung m\u00fcfste also entweder durch die ganze Masse des Muskels hindurch die positiv peripolare Anordnung zuwege bringen, oder, da sich dies nicht wohl vertr\u00e4gt mit der von uns nachgewiesenen Unabh\u00e4ngigkeit der Entwickelungszust\u00e4nde beider Querschnitte von einander, es m\u00fcfste die Verletzung die dipolaren Molekeln in ihrer Nachbarschaft zwingen, in ein- oder mehrfacher Schicht negative Pole nach Aufsen zu kehren oder zu einer mehrfachen Schicht positiv peripolarer Gruppen sich zu vereinigen.\nMan wird gestehen, dafs dies viel verlangt ist, und ich glaube, dafs es eben nur der Schilderung dieser Sachlage bedarf, um die Wage f\u00fcr die andere Theorie nochmals und ohne weitere Anrufung ausschla-gen zu machen. Sollte es ja einen Punkt geben, woran sich die Vorstellung von der Nothwendigkeit einer Stromentwickelung auch am k\u00fcnstlichen Querschnitt noch klammern k\u00f6nnte, und \u00fcber den man w\u00fcnschen d\u00fcrfte, noch klarere Auskunft zu erhalten, so w\u00e4re es vielleicht jener leichte positive Ausschlag, der sich kundgiebt, wenn querdurchschnittene Muskeln oder Nerven mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes aufgelegt sind und der k\u00fcnstliche Querschnitt mit einer nichtleitenden starkentwickelnden Fl\u00fcssigkeit benetzt wird. Oben S. 80. 81 waren wir hinsichtlich dieses Umstandes dabei stehen geblieben, dafs er m\u00f6glicherweise herr\u00fchre von der Verk\u00fcrzung des Abstandes zwischen dem Endquerschnitt und dem n\u00e4chsten Ableitungspunkte am L\u00e4ngsschnitt, indem durch das An\u00e4tzen eine mehr oder minder dicke Schicht am Querschnitt aufser Th\u00e4tigkeit gesetzt werde. Jetzt aber l\u00e4fst sich vielleicht, und zwar wiederum auf Grund unserer Theorie des pareleklronomischen Zustandes, eine weit bessere Erkl\u00e4rung nicht an die Stelle jener, sondern ihr zur Seite setzen.\nMan erinnert sich von vielen fr\u00fcheren Gelegenheiten her der Wahrnehmung, dafs der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes der Muskeln und Nerven in den ersten Augenblicken nach der Herstellung in raschem Sinken begri\u00fcen ist, und sich sofort wieder zur fr\u00fcheren St\u00e4rke erhebt, wenn der Querschnitt angefrischt wird (Vergl. oben Abth. I. S. 557).\nII. 2.\t8","page":113},{"file":"p0114.txt","language":"de","ocr_de":"114 3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. II. 10 (iv). Bemerkungen zur Theorie\nOben Bd. I. S. 714 hatten wir dies Wogen der Kraft des k\u00fcnstlichen Querschnittes vorl\u00e4ufig so erkl\u00e4rt, dafs eine Schicht desselben durch Absterben schnell ihre elektromotorischen Eigenschaften einb\u00fcfse, und nun die Wirksamkeit des thierischen Erregers erstlich als eingeschalteter Widerstand, zweitens aber dadurch beeintr\u00e4chtige, dafs sie seine wirksame Ausdehnung verk\u00fcrze. Oben Abth. I. S. 556. 557 hatten wir sodann die Erscheinung schon anders aufzufassen vermocht, in einer Art, welche der jetzt darzulegenden bereits ganz nahe verwandt ist. Wir deuteten n\u00e4mlich an, dafs die \u00e4ufscrste Schicht dipolarer Molekeln, welche, mit der darunter gelegenen in positiv peripolarer Verbindung begriffen, negative Pole nach Aufsen kehrt, vielleicht theil-weise unwirksam werde in Folge der verderblichen Einfl\u00fcsse der Herstellung und Pr\u00fcfung des Querschnittes. Dies w\u00fcrde nat\u00fcrlich eine Schw\u00e4chung des positiven Stromes nach sich ziehen, der durch Anfrischen des Querschnittes abgeholfen werden k\u00f6nnte.\nMit demselben Erfolge und mehr Wahrscheinlichkeit kann man sich die Schw\u00e4chung des positiven Stromes jedoch bedingt vorstellen dadurch, dafs in Folge der Mifshandlung der Muskel- oder Nervensub-stanz, welche an den k\u00fcnstlichen Querschnitt st\u00f6fst, die dipolaren Molekeln zum Theil die negativ peripolare Anordnung angenommen haben, wie wir dies an Nerven und Muskeln ja noch sonst vielfach beobachtet haben. Die Erkl\u00e4rung der Hebung des Stromes durch Anfrischen des k\u00fcnstlichen Querschnittes bleibt dabei die n\u00e4mliche wie vorher.\nMan sieht nun aber, dafs der Vorgang, den wir hier voraussetzen, physikalisch ganz der n\u00e4mliche ist, als der an einem parelektronomi-schen Muskel, an dem der nat\u00fcrliche Querschnitt, der Sitz gesetzwidrig angeordneter Kr\u00e4fte, auf mechanischem Wege entfernt wird. Der k\u00fcnstliche Querschnitt \u00fcberzieht sich in Folge der Mifshandlung mit einer Art von parelektronomischer Schicht, die seinen Strom durch ihr Widerspiel schw\u00e4cht. Wir sch\u00e4len sie ab, und auf Augenblicke, bis zur Neubildung der k\u00fcnstlichen parelektronomischen Schicht, erlangt der Strom wieder seine fr\u00fchere St\u00e4rke, entsprechend dem Grenzwerth der positiven Wirksamkeit des Muskels oder Nerven.\nEs ist aber klar, dafs wir, wenn diese Lehre richtig ist, eine Hebung des Stromes auch werden bewirken k\u00f6nnen dadurch, dafs wir den k\u00fcnstlichen Querschnitt an\u00e4tzen, gerade wie wir den Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes zur Entwickelung brachten durch Benetzen des sehnigen Ueberzuges mit einem Aetzraittel. So ist also die positive Wirkung, die man beim An\u00e4tzen des k\u00fcnstlichen Querschnittes eines mit Punkten des L\u00e4ngsschnittes aufliegenden Muskels oder Nerven erh\u00e4lt, leicht und ungezwungen zu erkl\u00e4ren. Die gr\u00f6fsere Wirksamkeit","page":114},{"file":"p0115.txt","language":"de","ocr_de":"des parelelctronomischen Zustandes der MusJieln.\n115\nder salpetersauren Silberoxydl\u00f6sung in Vergleich zum Kreosot bei diesem Versuch (S. oben S. 80) stimmt v\u00f6llig auch mit dieser Erkl\u00e4rung. Es ist demnach ira Versuch wirklich eine Entwickelungsf\u00e4higkeit der Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes vorhanden, aber nicht in dem Sinne als sei diese Negativit\u00e4t nicht im Inneren des Muskels vorgebildet; sondern die Entwickelungsf\u00e4higkeit selber dieser Negativit\u00e4t ist nicht darin vorgebildet, sie ist es, die erst der k\u00fcnstlichen Entwickelung in jenem Sinne bedarf.\nBeil\u00e4ufig gesagt, gelingt denn auch die Hebung des Stromes des k\u00fcnstlichen Querschnittes der Muskeln mit H\u00fclfe der Verbrennung des Querschnittes durch eine heifse Scherbe oder einen Tropfen heifsen Oeles, ebenso gut wie durch chemisches An\u00e4tzen oder mechanisches Anfrischen (Vergl. oben S. 104). Die Wirksamkeit aber sowohl des An\u00e4tzens als der Verbrennung steht auch hier immer der des mechanischen Anfrischens nach, gerade wie das An\u00e4tzen und Verbrennen des nat\u00fcrlichen Querschnittes den Strom nicht so hoch zu entwickeln vermag als die mechanische Darstellung eines k\u00fcnstlichen Querschnittes, wodurch \u00fcberall der Grenzwerth der positiven Wirksamkeit herbeigef\u00fchrt wird.\nAn den Nerven habe ich diesen Versuch zwar auch angestellt, und mit dem n\u00e4mlichen Erfolge, n\u00e4mlich eines positiven Ausschlages im Augenblicke des Benetzens des k\u00fcnstlichen Querschnittes mit einem Tropfen heifsen Oeles. Allein ich wage nicht, diesen Erfolg f\u00fcr gleichbedeutend auszugeben mit dem unter denselben Umst\u00e4nden am Muskel beobachteten. Denn der Nerv schrumpft im Augenblick der Ber\u00fchrung mit dem Oel so heftig zusammen, dafs sein Querschnitt sich dabei bedeutend dem n\u00e4chsten Ableitungspunkte am L\u00e4ngsschnitt n\u00e4hert, was gleichfalls eine positive Wirkung nach sich ziehen mufs. Bei Anwendung der heifsen Scherbe vollends ist diese Wirkung so bedeutend, dafs der Versuch unausf\u00fchrbar gemacht wird, indem der Nerv sich vom Bausch abhebt und aufserdem noch an der Scherbe anklebt. Da aber die Entfernung des k\u00fcnstlichen Querschnittes von dem n\u00e4chsten Ableitungspunkte bei diesem Versuch so gering wie m\u00f6glich sein mufs, so geht es nicht an, den Nerven, wie wir sonst zu thun pflegen (Vergl. Abth. I. S. 53. Taf. III. Fig. 110 A. Taf. IV. Fig. 129. 130), zwischen der von der Hitze betroffenen Stelle und dem Bausch auf einem Korksteg mittelst Insectennadeln festzustecken.\nSomit hat sich also unsere Theorie der elektromotorischen Erscheinungen der Muskeln abermals siegreich bew\u00e4hrt auch gegen\u00fcber diesem neuen, beim ersten Anblick so un\u00fcberwindlich r\u00e4thselhaften Complex von Erscheinungen, dem parelektronomischen Zustande und der Stromentwickelung darin. Es gehen aber hieraus, f\u00fcr jene Theorie\n8\u201c","page":115},{"file":"p0116.txt","language":"de","ocr_de":"116 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 10 (iv). Bemerkungen zur Theorie\nselber, nunmehr einige Folgerungen hervor, die wir nicht unbemerkt lassen d\u00fcrfen.\nDiese Folgerungen laufen auf nichts geringeres hinaus, als darauf, die Anordnung der elektrischen Kr\u00e4fte im Muskel etwas n\u00e4her zu bestimmen., als cs bisher geschehen konnte. Sie kn\u00fcpfen an die Unm\u00f6glichkeit an, in der wir uns oben S. 91. 92 befanden haben, die Erscheinungen des parelektronomischen Zustandes nachzuahmen mit H\u00fclfe des ira ersten Bande schliefslich festgestellten Muskelschema\u2019s nach der Mo-lecularhypothese. Dies Unternehmen scheiterte daran, dafs, bei Umkehr aller Zeichen in der den Querschnitt begrenzenden Schicht peripolarer Gruppen, der Querschnitt mit dem L\u00e4ngsschnitt gleichartig wurde. Es konnte folglich niemals, wie an den stark parelektronomischen Muskeln, eine negative Wirkung von dem Schema erzielt werden, sondern h\u00f6chstens wurde die Vorrichtung unwirksam. Der Grund dieses Verhaltens ist der, dafs der L\u00e4ngs- und Querschnitt an unserem Schema, bis auf die Verwechselung aller Zeichen, einerlei Bau darbieten. Der L\u00e4ngsschnitt kehrt eine \u00fcberwiegende Zink-, der Querschnitt eine im gleichen Mafs \u00fcberwiegende Kupferfl\u00e4che in\u2019s Freie. Der erstere besitzt wirklich positive, der Querschnitt negative Spannung.\nIn den Muskeln kann die Anordnung, wie man jetzt erkennt, nicht dieselbe sein. Sie mufs der Art sein, dafs der Querschnitt, durch eine blofsc Ver\u00e4nderung seiner Oberfl\u00e4che, ebenso stark positiv erscheinen k\u00f6nne gegen den L\u00e4ngsschnitt, als er vorher negativ war. Soll folglich durch eine blofse Verwechselung der Zeichen, ohne sonstige Ver\u00e4nderung des Baues, der Querschnitt seine elektrische Beschaffenheit gegen den L\u00e4ngsschnitt umkehren k\u00f6nnen, so mufs der L\u00e4ngsschnitt ganz neutral sein, und der elektrische Gegensatz zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt dadurch zu Stande kommen, dafs der Querschnitt negative oder positive Spannung besitzt.\nWir sind folglich gezwungen, das Bild, welches wir uns im ersten Bande von der Anordnung der elektrischen Kr\u00e4fte ira Muskel gemacht hatten, etwas zu ver\u00e4ndern. Das damals zu Stande gebrachte Muskelschema nach der Molecularhypothese ist nicht l\u00e4nger stichhaltig. Der S. 671. 672. 680 daselbst aufgestellte Grundsatz: dafs die elektromotorischen Muskelelemente sonst ganz beliebig beschaffen sein k\u00f6nnten, wofern sie nur zwei negative Polar- und eine positive Aequatorialzone besitzen, dieser Grundsatz mufs eine Einschr\u00e4nkung erleiden. Die Elemente m\u00fcssen vielmehr so gebaut sein, dafs sie am L\u00e4ngsschnitt eine im Ganzen genommen neutrale, am Querschnitt hingegen eine mit beliebiger elektrischer Spannung ausger\u00fcstete Begrenzung bei ihrer Zusammenf\u00fcgung darstellcn.\n*","page":116},{"file":"p0117.txt","language":"de","ocr_de":"des pareleJctronomischen Zustandes der Muskeln,\n117\nDie Folge wird, wie schon mehrmals angedeutet wurde, keinen Zweifel dar\u00fcber lassen, dafs die peripolaren elektromotorischen Muskelmolekeln, gleich denen der Nerven, in dipolare Molekeln zerfallbar sind (Vergl. oben S. 88). Versucht man nun aber dipolare Molekeln peripolar zusammenzuf\u00fcgen dergestalt, dafs sie der eben hingestellten Bedingung Gen\u00fcge leisten, so wird man unausweichlich gef\u00fchrt auf die Fig. 107 A. Taf. III. dieses Bandes abgebildete Lagerungsweise. Dieser Lagerungsweise haben wir oben Abth. I. S. 323, als es sich zuerst darum handelte, peripolare Gruppen aus dipolaren Molekeln aufzuhauen, nur deshalb den Vorzug geschenkt, weil sie die einfachste ist, die sich ersinnen l\u00e4fst. Sonst anerkannten wir daselbst noch die M\u00f6glichkeit unendlich vieler verschiedener Lagerungsweisen der dipolaren Molekeln im Nerven, die alle in gleicher Art dem Grunds\u00e4tze der peripolaren Anordnung gen\u00fcgten, einen positiven Aequator und zwei negative Polarzonen darzubieten.\nJetzt zeigt es sich aber, dafs jene Art und Weise der Lagerung nicht allein den Vorzug besitzt, die einfachste zu sein, wie aus dipolaren Molekeln peripolare Gruppen entstehen, sondern dafs sich auch wenigstens f\u00fcr die Muskeln bestimmte Gr\u00fcnde angeben lassen, weshalb diese, und keine andere Lagerungsweise der Molekeln in Wirklichkeit stattfinden k\u00f6nne. Somit stellen wir also das oben S. 93 beschriebene, Fig. 143. Taf. V. abgebildete Muskelschema nunmehr als das einzig g\u00fcltige hin, welches sich denn auch im Stande gezeigt hat, alle Erscheinungen des parelektronomischen Zustandes mit soviel Treue wiederzugeben, als die Natur der Dinge eben gestattet\u00e9.\n11. Von den Umst\u00e4nden, welche von Einflufs sind auf die Bildung und R\u00fcckbildung der parelektronomischen Schicht.\nUeber das Wesen des parelektronomischen Zustandes sind wir nunmehr in\u2019s Reine gekommen. Wir haben in Erfahrung gebracht, dafs die Erscheinungen dieses Zustandes beruhen auf der Gegenwart einer Schicht gesetzwidrig angeordneter elektromotorischer Molekeln am nat\u00fcrlichen Querschnitt, welche, indem sie positive Pole in gr\u00f6fserer oder geringerer Anzahl nach Aufsen kehren, den negativen Polen der darunter gelegenen positiv peripolaren Gruppen bald st\u00e4rker, bald schw\u00e4cher entgegen wirken. Durch Zerst\u00f6rung dieser Schicht auf irgend welche Art sind wir im Stande, den gewohnten Gegensatz zwischen L\u00e4ngs- und Querschnitt rein hervortreten zu lassen.\nJetzt w\u00fcrde es an der Zeit sein, den Bedingungen etwas n\u00e4her nachzuforschen, welche der Bildung und R\u00fcckbildung der parelektro-","page":117},{"file":"p0118.txt","language":"de","ocr_de":"118 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IL 11 (i). Die pareleletronomische Schicht\nnomischen Schicht vorstehen. Dies wird n\u00e4mlich der Weg sein, der, wenn es uns gelingt darauf vorzudringen, uns \u00fcber die physiologische Bedeutung des parelektronomischen Zustandes, wonach wir jetzt zu streben haben, am ehsten Aufschlufs verschaffen mufs. Ich habe indefs in dieser Untersuchung erst sehr geringe Fortschritte gemacht, theils, weil ich noch nicht Zeit gefunden habe, mich zusammenh\u00e4ngend damit zu besch\u00e4ftigen, theils wegen der unerwarteten Schwierigkeiten, auf die ich dabei gestofsen bin. Abgesehen von einer wichtigen Grundthatsache, die ich sogleich darlegen werde, habe ich somit hier nur wenig mehr mitzutheilen als die Fragen selber, die zu beantworten sein w\u00fcrden, und die Er\u00f6rterung der dabei anzuwendenden Methoden.\n(i) AlleMuskeln allerThiere befinden sich stets auf einer mehr oder\nweniger hohen Stufe des parelektronomischen Zustandes.\nDie Vorstellung, die wir uns bis jetzt von dem parelektronomischen Zustande gemacht haben, ist die, dafs es ein abnormer, durch die K\u00e4lte herbeigef\u00fchrter Zustand der Muskeln sei. Diese Vorstellung ist falsch. Zwar nicht in sofern, als es auch andere Einfl\u00fcsse giebt, welche jenen Zustand zur Folge haben; denn, wenn es wirklich dergleichen giebt, was uns nachzuweisen nicht gelingen wird, so stehen sie der K\u00e4lte an Wirksamkeit wenigstens unvergleichlich nach. Jene Vorstellung war aber falsch in sofern, als, wie ich jetzt zeigen werde, der parelektronomische Zustand gar kein besonderer, abnormer Zustand der Muskeln ist, vielmehr nur in der Steigerung eines Verhaltens besteht, welches allen Muskeln aller Thiere fortw\u00e4hrend zukommt. In der That, alle Muskeln aller Thiere befinden sich fortw\u00e4hrend auf einer mehr oder weniger hohen Stufe des parelektronomischen Zustandes, ohne dafs irgend eine in die Sinne fallende Ursach auf sie eingewirkt h\u00e4tte.\nWas zuerst die Muskeln des Frosches betrifft, so hat man, auch ohne irgend k\u00fcnstlichere Versuchsweisen zu H\u00fclfe zu nehmen, h\u00e4ufig Gelegenheit zu Beobachtungen, in denen sich dies ausspricht. Also z. B. die gr\u00f6fsere St\u00e4rke des vom k\u00fcnstlichen Querschnitt gewonnenen Muskelstromes im Vergleich zu dem vom nat\u00fcrlichen Querschnitt gewonnenen ist oft augenf\u00e4llig. Auch kommt es vor, wenn man Gastroknemien nicht erk\u00e4lteter Fr\u00f6sche, die bei mittlerer Temperatur gefangen und aufbewahrt sind, mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt auf die B\u00e4usche bringt, dafs sich die Nadel ungemein langsam vom Nullpunkt entfernt, aber dann schneller und schneller der Hemmung zueilt. Eine Beschleunigung der Bewegung der Nadel bis zu dem Punkte des zeitigen Gleichgewichtes zwischen Strom- und Erdkraft mufs freilich auch bei best\u00e4ndigem, ja bei abnehmendem Strome stattfinden. Allein die hier","page":118},{"file":"p0119.txt","language":"de","ocr_de":"ist stets an allen Muskeln aller Thiere vorhanden.\n119\nbeschriebene Art der Beschleunigung erfolgt doch nach einem zu abweichenden Gesetze, um von einem ge\u00fcbten Auge mit jener nat\u00fcrlichen verwechselt zu werden. Ohnehin kommt sie niemals vor, wenn die Muskeln, statt mit nat\u00fcrlichem, mit k\u00fcnstlichem Querschnitt oder mit sehnigen Enden aufgelegt worden. Sie kann demnach ihren Grund kaum in etwas anderem haben, als in einem Anschwellen des Stromes in den ersten Augenblicken nach dem Auflegen, welches seinerseits von nichts herr\u00fchrt, als von dem Angriff des nat\u00fcrlichen Querschnittes durch die Fl\u00fcssigkeit der feuchten Multiplicatorenden, Eiweifs oder Kochsalzl\u00f6sung. Endlich wenn man einmal die Empfindlichkeit des Multiplicators durch Anwendung nur der halben L\u00e4nge und Vorlegen einer Neben-schliefsung hinl\u00e4nglich m\u00e4fsigt, damit die Ausschl\u00e4ge nicht mehr in zu hohe Breiten der Theilung reichen, geschweige die Nadel an die Hemmung f\u00fchren, so ist es ganz gew\u00f6hnlich, dafs man mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs-und Querschnitt aufgelegte Gastroknemien bei der zweiten, dritten... Pr\u00fcfung einen st\u00e4rkeren Ausschlag geben sieht als bei der ersten, obschon die Fr\u00f6sche weder der K\u00e4lte noch sonst irgend welchem besonderen Einflufs ausgesetzt waren.\nWir sind aber, durch die Ergebnisse der vorigen Untersuchungen, in Stand gesetzt, diesen Beobachtungen eine viel sicherere Gestalt zu verleihen. Dazu ist nur noting, einen Muskel, der auf parelektronomi-schen Zustand gepr\u00fcft werden soll, mit sehnigen Enden aufzulegen, die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung zur Ruhe kommen zu lassen, und den nat\u00fcrlichen Querschnitt des Muskels alsdann mit einer nicht leitenden kr\u00e4ftig entwickelnden Fl\u00fcssigkeit, am besten Kreosot, zu benetzen. Findet kein positiver Ausschlag statt, so war kein parelektronomischer Zustand vorhanden; im anderen Falle war dergleichen da (Vergl. oben S. 77).\nIch habe, seitdem ich im Besitz dieses Verfahrens bin, die Gastroknemien unz\u00e4hliger Fr\u00f6sche unter den g\u00fcnstigsten Umst\u00e4nden in dieser Weise untersucht. Um ganz sicher zu sein, dafs die Fr\u00f6sche von dem Augenblick des Fanges an bis zu dem der Pr\u00fcfung durchaus keinem besonderen Einflufs ausgesetzt gewesen seien, begab ich mich selber einmal im Sommer oberhalb der Stadt an die Spree, liefs die Fr\u00f6sche vor meinen Augen fangen, was durch Greifen mit den H\u00e4nden geschah, trug sie von Stralow behutsam bis zum Stadtthor und fuhr damit nach meiner Wohnung, wo ihre Gastroknemien im Mittel kaum zwei Stunden nach dem Fang den Kreis meines Multiplicators schlossen. Die Lufttemperatur im Schatten betrug zur Zeit des Fanges etwa 23\u00b0 C., die der Spree 21\u00b0. Es konnte also hier von Erk\u00e4ltung nicht die Rede sein. Nichtsdestoweniger erhielt ich beim Benetzen des nat\u00fcrlichen Querschnit-","page":119},{"file":"p0120.txt","language":"de","ocr_de":"120 3. Abschn. Kap. Till. \u00a7\u25a0 11. 11 (t). Die parelehtronomische Schicht\ntes mit Kreosot, nachdem die Nadel zur Ruhe gekommen war, stets einen mehr oder minder heftigen positiven Ausschlag, zum unwider-sprechlichen Beweise, dafs parelektronomischer Zustand in gr\u00f6fserem oder geringerem Mafse vorhanden war.\nMan k\u00f6nnte sich nun mit Befremden der Angabe Matteucci\u2019s erinnern, wonach der Froschstrom im Fr\u00fchling und Sommer an kr\u00e4ftigen Fr\u00f6schen den Muskelstrom an St\u00e4rke \u00fcbertreffen, und erst die K\u00e4lte letzterem das Uebergewicht verschaffen soll (S. oben S. 30). Indessen eine n\u00e4here Betrachtung der Versuche, worauf diese Behauptung sich gr\u00fcndet, l\u00e4fst sie als ebenso unzuverl\u00e4ssig erkennen, als die meisten anderen Aussagen ihres Urhebers.\nBereits im Jahr 1842 schneidet Matteucci Froschbeine im Oberschenkel quer durch, und setzt daraus S\u00e4ulen zusammen, indem er den Oberschenkelstumpf des einen Beines an die Fufswurzel des n\u00e4chstfolgenden stofsen l\u00e4fst. In solchen S\u00e4ulen wirken sich, seiner damaligen Vorstellung nach, der allgemeine, hier absteigende Muskelstrom (courant musculaire) und der im Unterschenkel entspringende aufsteigende Froschstrom (courant propre) entgegen. Der Strom ist aufsteigend, folglich sei der Froschstrom st\u00e4rker als der Muskelstrom.1 Cima best\u00e4tigt dies Ergebnis und sagt, dafs es abh\u00e4nge \u00bbdal contatto piu perfetto che esiste \u00bbtra il parenchima del muscolo e il tendine, che tra la superficie interna \u00bbscoperta del muscolo e i conduttori liquidi o solidi di cui ci serviamo \u00bbper istabilire il circuito. \u00ab 3 Cima \u00fcbersieht dabei, dafs in einem Kreise, in dem elektromotorische Kr\u00e4fte einander entgegenwirken, das Zeichen der Resultante unabh\u00e4ngig vom Widerstande ist, weil dieser s\u00e4mmt-liche Componenten in gleichem Mafse schw\u00e4cht (Vergl. oben Bd. I. S. 243. 244).\nObschon nun dergestalt Matteucci und Cima die gr\u00f6fsere St\u00e4rke des Froschstromes im Vergleich zum Muskelstrom unter gewissen Umst\u00e4nden behaupten, berichten sowohl Cima als Matteucci3 zugleich, dafs der aufsteigende Strom von Unterschenkeln sehr an St\u00e4rke zunehme, wenn man den Gastroknemien die Ausbreitung der Achillessehne absch\u00e4le. Matteucci legt diese Thatsache dahin aus, dafs alsdann der Froschstrom und der allgemeine Muskelstrom sich in den Unterschenkeln sum-miren (S. oben Bd. I. S. 529). Cima sieht wenigstens die Thorheit\n\u25a0 S. oben Bd. I. S. 529. 530. 531 (6). - Trait\u00e9 etc. p. 116. PI. II. Fig. 22.* In der Figur sind sich die beiden Pfeile, die die Richtung des Stromes angeben, entgegen gerichtet. Dem Texte nach ist der abw\u00e4rts gerichtete Pfeil umzutchren.\n2\tSaggio storico- critico ec. Ivi, p. 509. 551.*\n3\tArchives de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9. 1842. t. II. p. 431. 440;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Novembre 1842. 3. S\u00e9rie, t. VI. p. 318. 324;* \u2014 Trait\u00e9 etc. p. 105.108.*","page":120},{"file":"p0121.txt","language":"de","ocr_de":"ist stets an allen Musiein aller Thiere vorhanden.\tJ21\ndieser Vorstellungsweise ein. Er h\u00e4lt die Str\u00f6me, die man vor und nach dem Absch\u00e4len der Sehne erh\u00e4lt, f\u00fcr einerlei. Um aber die Verst\u00e4rkung durch das Absch\u00e4len zu erkl\u00e4ren, nimmt Cima diesmal seine Zuflucht \u00bballa pi\u00f9 perfetta communicazione che puo stabilirsi tra i di-\u00bbversi elementi della pila, allorch'e i muscoli suddetti sono privi della \u00bbloro parte tendinosa.\u00ab 1 Es f\u00e4llt ihm dabei nicht auf, dafs er anderw\u00e4rts (S. oben) gerade die entgegengesetzte Thatsache behauptet und sie mit H\u00fclfe gerade der entgegengesetzten Annahme erkl\u00e4rt hat.\nBis zum Jahr 1845 hat Matteucci auf seiner Aussage beharrt, dafs der Froschstrom den Muskelstrom an St\u00e4rke \u00fcbertreffe (S. oben S. 30). In seinen Le\u00e7ons sur les Ph\u00e9nom\u00e8nes physiques des Corps vivants (Paris 1847) aber heifst es p. 271\u00b0 pl\u00f6tzlich: \u00bbII est d\u00e9sormais \u00bbhors de doute, d\u2019apr\u00e8s mes derni\u00e8res exp\u00e9riences, qu\u2019\u00e0 nombre \u00e9gal \u00bbd\u2019\u00e9l\u00e9ments, pris sur les m\u00eames grenouilles, le courant musculaire est \u00bbplus \u00e9nergique que le courant propre.... Ce n\u2019est qu\u2019avec des gre-\u00bbnouilles tr\u00e8s-vivaces, en coupant la cuisse tr\u00e8s-haut, et en ne laissant \u00bbqu\u2019une petite partie de la superficie de l\u2019int\u00e9rieur du muscle \u00e0 d\u00e9cou-\u00bbvert, que l\u2019on ne trouve aucun signe de courant diff\u00e9rentiel, ou bien \u00bbqu\u2019il existe dans le sens du courant propre. Tel fut le fait dont je \u00bbm\u2019aper\u00e7us dans mes premi\u00e8res exp\u00e9riences, et que je m\u2019explique main-\u00bb tenant d\u2019une mani\u00e8re plus satisfaisante apr\u00e8s mes derniers travaux, en \u00bbr\u00e9fl\u00e9chissant qu\u2019en laissant la cuisse presque enti\u00e8re, on a deux \u00e9l\u00e9ments, \u00bbc\u2019est-\u00e0-dire les muscles de la jambe et ceux de la cuisse qui donnent \u00bbun courant dirig\u00e9 dans le m\u00eame sens, tandis que l\u2019\u00e9l\u00e9ment musculaire \u00bbqui fournit celui en sens contraire est unique.\u00ab\nUnter diesen Umst\u00e4nden versteht es sich von selbst, dafs die fr\u00fchere Behauptung Matteucci\u2019s und Cima\u2019s, als \u00fcbertreffe der Froschstrom an St\u00e4rke den Muskelstrom, oder, in unsere Sprache \u00fcbersetzt, der nat\u00fcrliche Querschnitt an Negativit\u00e4t den k\u00fcnstlichen Querschnitt, im Grunde keine Ber\u00fccksichtigung mehr verdienen w\u00fcrde, und dafs, wenn wir auf Matteucci\u2019s und Cima\u2019s Angaben hier \u00fcberhaupt eingehen wollen, wir uns lediglich zu halten h\u00e4tten an den Versuch, in welchem der Strom einer S\u00e4ule aus Unterschenkeln dadurch verst\u00e4rkt wurde, dafs man die Ausbreitung der Achillessehne absch\u00e4lte. Dieser Versuch ist sichtlich einerlei mit dem von uns oben S. 100 an einem einzelnen Gastroknemius angestellten, und cs erkl\u00e4rt sich die wahrgenommene Verst\u00e4rkung eben nur unter der Voraussetzung, dafs die Muskeln sich auf einer mehr oder weniger hohen Stufe des parelektronomischen Zustandes befanden. Aber es h\u00e4lt sogar nicht schwer, Matteucci und Cima zu H\u00fclfe zu kommen,\n* Ivi, p. 471. 503.*","page":121},{"file":"p0122.txt","language":"de","ocr_de":"122 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 II. 11 (i). Die parelektronomische Schicht\nund sie aus dem Widerspruch zu befreien, den Matteucci wohl f\u00fchlt, jedoch ihn nicht gen\u00fcgend aufzukl\u00e4ren vermag.\nLegt man n\u00e4mlich einen querdurchschnittenen Gastroknemius einerseits mit dem k\u00fcnstlichen Querschnitt, andererseits mit der Ausbreitung der Achillessehne auf die mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten B\u00e4usche auf, so erh\u00e4lt man stets zuerst einen Ausschlag in absteigender Richtung. Die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes \u00fcberwiegt also die des nat\u00fcrlichen, was als der normale Zustand zu betrachten ist. Nach l\u00e4ngerer oder k\u00fcrzerer Zeit aber, je nachdem der Muskel mehr oder weniger parelektronomisch ist, sieht man die Nadel durch den Nullpunkt zur\u00fcckkehren, der Strom wird aufsteigend, und der nat\u00fcrliche Querschnitt hat die Oberhand erhalten. Nat\u00fcrlich r\u00fchrt dies nur zum Theil davon her, dafs durch das Eiweifs des Eiweifsh\u00e4utchens die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes erh\u00f6ht worden ist; nicht etwa weil Eiweifs nur schwach entwickelt und weil der nat\u00fcrliche Querschnitt schr\u00e4g, statt, wie der k\u00fcnstliche, senkrecht gegen die Richtung der Fasern angelegt ist, sondern wesentlich, weil die Entwickelung der Negativit\u00e4t des nat\u00fcrlichen Querschnittes durch die \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeiten ja nur darauf beruht, dafs ein k\u00fcnstlicher Querschnitt chemisch hergestellt wird, folglich die Negativit\u00e4t des k\u00fcnstlichen Querschnittes auch f\u00fcr die des nat\u00fcrlichen die nicht zu \u00fcberschreitende Grenze abgiebt (Vergl. oben S. 100 ff.). Das Unterliegen des k\u00fcnstlichen Querschnittes unter den nat\u00fcrlichen r\u00fchrt also vielmehr von der stets von selbst eintretenden Schw\u00e4chung des ersteren her, die wir jetzt durch Bildung einer k\u00fcnstlichen parelektronomischen Schicht erkl\u00e4ren (S. oben S. 114). Der that-s\u00e4chliche Beweis liegt darin, dafs sobald man den k\u00fcnstlichen Querschnitt anfrischt, er wieder auf einige Zeit die Oberhand gewinnt, um sie bald darauf wieder dem nat\u00fcrlichen Querschnitt zu \u00fcberlassen. Die Wirksamkeit des mechanisch angelegten k\u00fcnstlichen Querschnittes in Ber\u00fchrung mit H\u00fchnereiweifs sinkt also schneller als die des durch dasselbe Eiweifs angegriffenen nat\u00fcrlichen Querschnittes.\nWie sich dies Verh\u00e4ltnifs stelle bei Entwickelung des Stromes des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit anderen, z. B. den stark \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeiten, bin ich noch nicht im Stande zu sagen. Man sieht aber, dafs die hier dargelegten Thatsachen wohl geeignet sind, zu erkl\u00e4ren, wie Matteucci und Cima haben k\u00f6nnen verleitet werden zu ihrer Behauptung, dafs der Froschstrom den Muskelstrom an St\u00e4rke \u00fcbertreffe. W\u00e4hrend des Aufbaues der S\u00e4ule aus Froschbeinen mit halbdurchschnittenen Oberschenkeln hatte der k\u00fcnstliche Querschnitt reichlich die Zeit, dermafsen an Wirksamkeit zu verlieren, dafs der ihm entgegenwirkende nat\u00fcrliche Querschnitt ihn an Negativit\u00e4t \u00fcbertraf; um so mehr, als es","page":122},{"file":"p0123.txt","language":"de","ocr_de":"ist stets an allen Muskeln aller Thiere vorhanden.\tJ23\ndiesem in Ber\u00fchrung mit k\u00fcnstlichem Querschnitte nicht an einer Ursache gebrach, die seinen Strom, wenn er etwa darniederlag, zu heben vermochte (S. oben S. 84).\nDenselben Erfolg, als an den Froschmuskeln, habe ich an denen des Hechtes wahrgenommen, freilich minder rein in doppelter Beziehung, erstlich insofern, als ich nicht verb\u00fcrgen kann, dafs nicht die Thiere, bis sie in meine Hand gelangten, Einfl\u00fcssen ausgesetzt gewesen seien, die den parelektronomischen Zustand herbeif\u00fchren k\u00f6nnen; f\u00fcr\u2019s zweite auch wegen der Schwierigkeit, an dem Muskelk\u00f6rper der Fische zu diesen Versuchen geeignete, mit freien Sehnenspiegeln bekleidete nat\u00fcrliche Querschnitte darzustellen. Ich erreichte zuletzt meinen Zweck an gewissen Muskeln, die sich mit l\u00e4ngeren, bandartigen Sehnen an die Hinterhauptsschuppe heften. Nat\u00fcrlich war am anderen Ende des Muskels die Bloslegung k\u00fcnstlichen Querschnittes nicht zu vermeiden; die Muskeln befanden sich also in der Verfassung wie oben S. 106 die quer durchschnittenen K\u00f6pfe des Semitendinosus oder der ebenso behandelte Biceps Cuv. vom Oberschenkel des Frosches. Der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes hielt die Nadel in best\u00e4ndiger Ablenkung. Wurde nun der kleine Sehnenspiegel am anderen Ende des Muskels mit Kreosot bestrichen, so erfolgte stets ein gr\u00f6fserer oder geringerer Ausschlag in seinem Sinne, zum Beweise, dafs parelektronomischer Zustand vorhanden war.\nViel entscheidender aber, als durch die dargelegten Thatsachen, l\u00e4fst sich durch Versuche an den Muskeln warmbl\u00fctiger Thiere die Meinung widerlegen, in der wir bisher verharrten, als sei der parelektro-nomische Zustand eine alleinige, besondere Wirkung der K\u00e4lte. Denn die Muskeln der warmbl\u00fctigen Thiere sind sicherer, als es f\u00fcr die der kaltbl\u00fctigen Thiere je auszumachen ist, einer best\u00e4ndig erh\u00f6hten Temperatur ausgesetzt gewesen. Ich bediente mich zu diesen Versuchen des Soleus des Kaninchens und des Gastroknemius externus der Taube. Diese Muskeln haben ohngef\u00e4hr den n\u00e4mlichen Bau wie die oben S. 106 beschriebenen Muskeln aus dem Oberschenkel des Frosches. Nur dafs der senkrechte Querschnitt des Cylinders mit schr\u00e4gen Grundfl\u00e4chen, dem die Muskeln gleichen, diesmal keinen Kreis, sondern eine langgestreckte Ellipse vorstellt, deren grofser Axe die schr\u00e4gen Grundfl\u00e4chen parallel liegen, welche auch deshalb hier Ellipsen von geringerer Excen-tricit\u00e4t gleichen. Die Muskeln bieten also an beiden Enden ausgedehnte nat\u00fcrliche Querschnitte, mit Sehnenspiegeln \u00fcberzogen, dar, deren wir uns zum Theil auch schon fr\u00fcher bedient haben, um die schwachen Str\u00f6me des Querschnittes am nat\u00fcrlichen Querschnitt nachzuweisen (Vergl. oben Bd. I. S. 509. Taf. IV. Fig. 39).","page":123},{"file":"p0124.txt","language":"de","ocr_de":"124 3. Absehn. Kap. Vlll. \u00a7. 11. 11 (i). Die parelektronomische Schicht\nLegt man einen solchen Muskel so warm wie m\u00f6glich mit sehnigen Enden auf, wobei die Nadel stets in Schwankungen ger\u00e4th, l\u00e4fst die Nadel zur Ruhe kommen, und bestreicht dann den einen oder den anderen Sehnenspiegel mit Kreosot, so findet ein Ausschlag statt in der Richtung von diesem Sehnenspicgel nach dem anderen Ende des Muskels. Bestreicht man dann auch noch den anderen Sehnenspiegel, so erfolgt der Ausschlag in der der ersten entgegengesetzten Richtung. Der Versuch ist also, in seinen Bedingungen wie in seinem Ergebnifs, v\u00f6llig einerlei mit dem oben S. 106 am Biceps und den beiden K\u00f6pfen des Semitendinosus Cuv. vom Oberschenkel des Frosches angestellten, und es kann demnach kein Zweifel dar\u00fcber bleiben, dafs auch die Muskeln der S\u00e4ugethiere und V\u00f6gel fortw\u00e4hrend auf einer gewissen Stufe des parelektronomischen Zustandes gefunden werden.\nAus alledem geht mit Bestimmtheit hervor, dafs, wenn wirklich einmal der Fall einer g\u00e4nzlichen Abwesenheit der parelektronomischen Schicht am nat\u00fcrlichen Querschnitt Vorkommen sollte, dieser Fall doch nur zu betrachten sein w\u00fcrde als ein ungew\u00f6hnlicher Grenzfall, in welchem ein sonst mehr oder weniger ausgepr\u00e4gtes Verhalten verschwindend geworden w\u00e4re. Es ist klar, die Erk\u00e4ltung thut nichts zur Sache, als dafs sie eine schon im gew\u00f6hnlichen Zustande vorhandene Eigen-th\u00fcmlichkeit in der Anordnung der elektromotorischen Kr\u00e4fte am nat\u00fcrlichen Querschnitt steigert. Sie erzeugt diese Eigenth\u00fcmlichkeit nicht, die wir somit vielmehr gen\u00f6thigt sind, von jetzt ab als einen regel-m\u00e4fsigen Zug in das Bild der elektromotorischen Th\u00e4tigkeit der ruhenden Muskeln aufzunehmen.\nDafs uns dieser Zug bei unsern fr\u00fcheren Versuchen entgangen war, liegt an mehreren Umst\u00e4nden. Erstlich legten wir die Gastroknemien selten mit sehnigen Enden, meist mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt auf, so dafs ihr Strom durch das Eiweifs der Eiweifsh\u00e4utchen sogleich h\u00f6her entwickelt werden konnte. F\u00fcr\u2019s zweite kamen wir selten in den Fall, die Wirkung des nat\u00fcrlichen und des k\u00fcnstlichen Querschnittes miteinander zu vergleichen. Oder wenn es geschah und der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes sich als der st\u00e4rkere erwies, so stand uns der Ausweg offen, den wir oben Bd. I. S. 504 auch wirklich ergriffen, dafs n\u00e4mlich die Neigung beider Querschnitte gegen den L\u00e4ngsschnitt eine verschiedene, g\u00fcnstiger beim k\u00fcnstlichen als beim nat\u00fcrlichen sei. Drittens endlich ist jener Zug f\u00fcr gew\u00f6hnlich in der That zu schwach ausgepr\u00e4gt, um, bei Beobachtung des Stromes des nat\u00fcrlichen Querschnittes allein, und bei unterlassenem Vergleich mit dem Strome des k\u00fcnstlichen Querschnittes, die Aufmerksamkeit ernstlich und nachhaltig auf sich zu lenken inmitten der tausend sonstigen","page":124},{"file":"p0125.txt","language":"de","ocr_de":"ist stets an allen Muslceln aller Thiere vorhanden.\n125\nUnregelm\u00e4fsigkeiten, die man bei den thierisch - elektrischen Versuchen zu bek\u00e4mpfen hat. Dazu mufste erst der h\u00f6here Grad des parelektro-nomischen Zustandes in die Augen gefallen sein, wie er durch den Einflufs dauernder Erk\u00e4ltung herbeigef\u00fchrt wird.\nEin wie grofser Fortschritt aber in der neuen Vorstellung begr\u00fcndet sei, die wir uns fortan von der Anordnung der elektromotorischen Kr\u00e4fte in den unversehrten Muskeln machen, brauche ich wohl nicht erst zu bemerken. Ohnehin wird man bald Gelegenheit haben, die Bedeutsamkeit dieses Fortschrittes daran zu ermessen, dafs so manche Eigenth\u00fcmlichkeit in der elektrischen Wirkungsweise der Muskeln und der thierischen Gliedmafsen, die uns so lange unerkl\u00e4rlich blieb, nun pl\u00f6tzlich leicht verst\u00e4ndlich erscheint.\nVon einem parelektronomischen Zustande kann jetzt, wie man sieht, nicht f\u00fcglich l\u00e4nger die Rede sein. Doch wollen wir fortfahren, mit diesem Namen, der Bequemlichkeit halber, den Zustand ausgesprochener Stromlosigkeit oder gar negativer Wirksamkeit der Muskeln, in Folge der ver\u00e4nderten Anordnung der elektromotorischen Kr\u00e4fte am nat\u00fcrlichen. Querschnitt, zu bezeichnen. Genau genommen, sieht man, d\u00fcrften wir nur noch sprechen von einer parelektronomischen Schicht, und an die Stelle der Frage, welche Bedingungen die Entstehung dieser Schicht zur Folge haben, ist jetzt die zu setzen, welche Bedingungen die stets in gr\u00f6fserem oder geringerem Grade bereits vorhandene Schicht weiter auszubilden verm\u00f6gen.\nLeider ist der Stand dieser Frage dadurch aber noch in anderer Beziehung ver\u00e4ndert. Aus dem Umstand n\u00e4mlich, dafs die parelektro-nomische Schicht mehr oder weniger ausgebildet sich stets bereits an allen Muskeln vorfindet, gehen f\u00fcr die Beantwortung jener Frage eben die oben S. 118 bereits angek\u00fcndigten Schwierigkeiten hervor.\n(u) Er\u00f6rterung der Verfahrungsarten, um kleine Ver\u00e4nderungen im Zustande der parelektronomischen Schicht nachzuweisen.\nH\u00e4tten wir gefunden, dafs die Muskeln, ohne dafs sie bestimmten Einfl\u00fcssen ausgesetzt gewesen seien, keine Spur des vermeintlichen parelektronomischen Zustandes verrathen, so w\u00e4re nichts leichter gewesen, als diesen Zustand, nacli seiner Entstehung durch solche Einfl\u00fcsse, an den Muskeln nachzuweisen. Wir h\u00e4tten dazu nur n\u00f6thig gehabt, die Muskeln mit sehnigen Enden aufzulegen, die Nadel zur Ruhe kommen zu lassen und den nat\u00fcrlichen Querschnitt mit Kreosot zu benetzen. Das Eintreten oder Ausbleiben eines positiven Ausschlages h\u00e4tte uns alsdann leicht benachrichtigt, ob der zu erforschende Einflufs beziehlich","page":125},{"file":"p0126.txt","language":"de","ocr_de":"126\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. 11. 11 (\u00bb). Verfahren um Meine\nira Stande sei oder nicht, die parelektronomische Schicht am nat\u00fcrlichen Querschnitt zu entwickeln.\nJetzt aber, wo wir wissen, dafs bei dieser Versuchsweise unter allen Umst\u00e4nden ein positiver Ausschlag erfolgt, ist damit augenscheinlich nichts mehr anzufangen. Es wird nun zwar immer leicht sein, zu unterscheiden, ob die unversehrten Muskeln durch einen Einflufs, der sie betroffen hat, scheinbar unwirksam oder gar negativ wirksam werden, w\u00e4hrend sie mit k\u00fcnstlichem Querschnitt noch kr\u00e4ftig positiv wirken, und in diesem Falle wird \u00fcber die Wirksamkeit des Einflusses zur Ausbildung der parelektronomischen Schicht kein Zweifel bleiben. Handelt es sich aber um das Erkennen schw\u00e4cherer Einwirkungen, kleiner Ver\u00e4nderungen in dem Zustande der parelektronomischen Schicht, so nimmt der Versuch eine viel verwickeltere Gestalt an.\nDie erste Schwierigkeit r\u00fchrt daher, dafs die positive Wirksamkeit der unversehrten Muskeln, auch wenn sie gar keinem besonderen Einflufs ausgesetzt waren, einem aufserordentlichen Wechsel unterworfen ist. Man findet, auch in der g\u00fcnstigsten Jahreszeit, Gastroknemien, die mit sehnigen Enden aufgelegt nur 30\u00b0 Ausschlag geben, neben solchen, die ohne Weiteres die Nadel an die Hemmung werfen. Ja die beiden Gastroknemien eines und desselben Frosches k\u00f6nnen dergestalt von einander unterschieden sein. Nun sind einestheils gar manche Einfl\u00fcsse, deren Wirksamkeit auf die Ausbildung der parelektronomischen Schicht man wohl erforschen m\u00f6chte, der Art, dafs sie nicht auf einzelne Muskeln angewendet werden k\u00f6nnen. Andererseits wissen wir \u00fcberhaupt noch nicht, ob an einzelnen Muskeln eine Ver\u00e4nderung der parelektronomischen Schicht noch vor sich gehen k\u00f6nne. Man kann folglich hier nicht etwa so verfahren, dafs man erst den einzelnen Muskel auf den Zustand seines nat\u00fcrlichen Querschnittes pr\u00fcft, ihn alsdann dem Einflufs unterwirft, und ihn abermals pr\u00fcft um zu sehen, in wie weit der Zustand seines nat\u00fcrlichen Querschnittes sich ge\u00e4ndert hat. Es bleibt vielmehr nichts \u00fcbrig, als vorl\u00e4ufig die Anzahl von Gastroknemien zu bestimmen, bei der sich die Schwankungen der positiven Wirksamkeit dergestalt ausgleichen, dafs die mittlere Wirkung dieselbe ist, und alle Versuche mit einer solchen Anzahl von Gastroknemien anzustellen. Hier also w\u00fcrde es wirklich einmal am Orte sein, sich ganzer S\u00e4ulen aus Muskeln zu bedienen, wie Matteucci es th\u00f6richterweise \u00fcberall zu thun pflegt. Freilich unterwirft man sich dadurch zugleich allen den Nachtheilen, die oben Bd. I. S. 233 von uns an diesem Verfahren ger\u00fcgt worden sind.\nDas ist aber noch nicht Alles. Sondern fiir\u2019s zweite sind die Einfl\u00fcsse, deren Wirkung hier zu erforschen sein w\u00fcrde, wohl ohne Aus-","page":126},{"file":"p0127.txt","language":"de","ocr_de":"Ver\u00e4nderungen der pareleletronomischen Schicht nachzumeisen. 127\nn\u00e4hme der Art, dafs auch die elektromotorische Wirksamkeit der Muskeln \u00fcberhaupt darunter leiden kann, wie dies denn auch bei der K\u00e4lte der Fall ist (S. oben S. 36). Es sei m der Unterschied der Spannungen, den der Muskel den Enden des Multiplicatorkreises ertheilen und dadurch positiv wirken w\u00fcrde, wenn die parelektronomische Schicht unwirksamer feuchter Leiter w\u00e4re; \u2014 p derjenige, den diese Schicht denselben Enden ertheilen und dadurch negativ wirken w\u00fcrde, wenn umgekehrt der ganze \u00fcbrige Muskel unwirksamer feuchter Leiter w\u00e4re; m \u2014 p folglich die Kraft, mit der der nat\u00fcrliche Querschnitt positiv wirksam ist. Es ist, ohne bestimmte Gr\u00fcnde, nicht anders anzunehmen, als dafs, wenn irgend ein Einflufs den Muskel trifft, mit m auch p sich stets in gleichem Mafse ver\u00e4ndern wird. Die Wirksamkeit des nat\u00fcrlichen Querschnittes kann folglich nicht nur dadurch vermindert erscheinen, dafs p gewachsen ist, sondern auch dadurch, dafs m \u2014 p in Wirklichkeit mit einem gemeinsamen Factor n < 1 multipli-cirt wurde (Vergl. oben S. 103), und es handelt sich darum, im Versuch auszumachen, ob das erstere, oder wenigstens beides zugleich, oder ob nur das letztere die Ursache der etwa beobachteten Wirkungsabnahme des Stromes des nat\u00fcrlichen Querschnittes gewesen sei.\nDer Weg dazu w\u00fcrde sein, zu untersuchen, ob sich das Verh\u00e4lt-nifs der Wirkung des nat\u00fcrlichen Querschnittes z. B. des Gastroknemius, zu der des k\u00fcnstlichen Querschnittes z. B. des Adductor magnus Cuv. nach dem Einfl\u00fcsse gleich geblieben sei, oder, da man cs nicht vor dem Einfl\u00fcsse beobachten kann, ob es das n\u00e4mliche sei in den Muskeln einer Gruppe von Thieren, die dem Einflufs ausgesetzt waren und in denen einer Gruppe von solchen, die dies nicht waren. In diesen w\u00fcrde jenes Verh\u00e4ltnifs sein\nin jenen\nm \u2014 p m '\n(m \u2014 p') nm\nMan eliminirt also auf diese Weise im Versuch den unbekannten Co\u00ebffi-cienten n, der die allgemeine Verminderung der Kraft des Muskels bezeichnet. Ist das bezeichuete Verh\u00e4ltnifs durch den Einflufs kleiner geworden, so ist p gewachsen zu p', die parelektronomische Schicht ist durch den Einflufs weiter ausgebildet worden. Man k\u00f6nnte auch statt dessen vergleichen die Werthe\nnm , n (m -\u2014 und \u2014\u2014 m\nP).\nsie m\u00fcssen gleich sein, wenn pr kleiner sein, wenn p' >p.\nm \u2014 p\np, hingegen mufs der zweite Werth","page":127},{"file":"p0128.txt","language":"de","ocr_de":"128\t& Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. 11. 11 (n). Verfahren um Meine\nIn dieser Einfachheit ist jedoch die Pr\u00fcfung unausf\u00fchrbar. Denn als ungef\u00e4hres Mafs der Gr\u00f6fsen m, m \u2014 p, u. s. f., haben wir nichts, als die Ausschl\u00e4ge am Multiplicator. Je gr\u00f6fser die Ausschl\u00e4ge sind, um so gr\u00f6fseren Unterschieden der Stromst\u00e4rke entsprechen gleiche Unterschiede der Ausschl\u00e4ge. Es werden also die Ausschl\u00e4ge a, b, c, d, die zu n(m \u2014 p'), m \u2014 p, nm und m geh\u00f6ren, schon ganz von selbst in dem Verh\u00e4ltnifs stehen, dafs\nb a\t,\t. \u201e a c\n\u2014r > \u2014 oder dais ~r < \u2014, de\tbd\nohne dafs ein solches Verh\u00e4ltnifs f\u00fcr die Stromst\u00e4rken stattfinde, oder ohne dafs p zu p' gewachsen sei.\nIndessen giebt es einen Kunstgriff, mit dessen H\u00fclfe sich diesem Uebelstande begegnen l\u00e4fst, und der hier um so mehr am Platze ist, als die dazu n\u00f6thige Anordnung des Versuches auch noch durch einen anderen Umstand geboten wird. Er besteht darin, bei der Beobachtung von m und nm die Empfindlichkeit des Multiplicators durch eine vorgelegte Nebenschliefsung zu m\u00e4fsigen, so dafs die Ausschl\u00e4ge a, b und c, d ihre Rollen vertauschen, insofern als a, b die gr\u00f6fseren, c, d die kleineren werden. Die M\u00e4fsigung der Empfindlichkeit des Multiplicators \u00fcberhaupt ist, wie gesagt, nothwendig aus demselben Grunde, aus dem wir sie schon h\u00e4ufig angewendet haben, n\u00e4mlich um zu verhindern, dafs die Ausschl\u00e4ge bei k\u00fcnstlichem Querschnitt die Nadel an die Hemmung oder auch nur in so hohe Breiten der Theilung f\u00fchren, dafs dem Unterschiede der Stromst\u00e4rken kein merklicher Unterschied der Ausschl\u00e4ge mehr entspricht. Allein indem man die Empfindlichkeit bei Beobachtung des Stromes des k\u00fcnstlichen Querschnittes so weit m\u00e4fsigt, als oben gesagt worden ist, bewirkt man zugleich, dafs, so lange p unver\u00e4ndert bleibt,\nso dafs, wenn auch nur Gleichheit dieser Ungleichheiten, vollends, wenn das entgegengesetzte Verhalten beobachtet wird, mit Sicherheit geschlossen werden kann, dafs p zu p' gewachsen sei.\nAuf dem Papiere also l\u00e4fst sich, wie man sieht, diese Untersuchung gl\u00fccklich zu Ende f\u00fchren. Ich brauche aber wohl kaum zu sagen mit wie grofsen Schwierigkeiten sie bei ihrer Ausf\u00fchrung zu k\u00e4mpfen hat.\nObenan steht dabei die grofse Unsicherheit in der Beobachtung der Wirkungsgr\u00f6fse des k\u00fcnstlichen Querschnittes, welche so sehr abh\u00e4ngig ist von der seit der Zurichtung verflossenen Zeit (Vergl. oben S. 113). Diesen \u00fcebelstand haben wir wohl oben Bd. I. S. 697. 698. 704. 709 an den Muskeln, Bd. II. Abth. I. S. 266 an den Nerven zu besiegen ge-","page":128},{"file":"p0129.txt","language":"de","ocr_de":"Ver\u00e4nderungen der parelelctronomischen Schicht nachzuweisen. J29\nwufst, als es sich einfach darum handelte, die Wirkungsgr\u00f6fsen zweier k\u00fcnstlichen Querschnitte, sei\u2019s von verschiedener Ausdehnung, sei\u2019s Muskeln oder Nerven von verschiedener L\u00e4nge angeh\u00f6rig, mit einander zu vergleichen. Aber die Kunstgriffe, deren wir uns damals bedienten, h\u00f6ren auf anwendbar zu sein, wenn sie gleichzeitig an zehn bis zwanzig Muskeln in\u2019s Werk gesetzt werden sollen.\nMan k\u00f6nnte daran denken, den k\u00fcnstlichen Querschnitt, statt auf mechanischem, auf einem der neuen Wege herzustellen, die wir nunmehr kennen gelernt haben. An das Verbrennen des nat\u00fcrlichen Querschnittes (S. oben S. 104) wird man hier wohl nicht im Ernst erinnern wollen. Aber das An\u00e4tzen m\u00f6chte eher mit Gleichm\u00e4fsigkeit ausf\u00fchrbar scheinen. Indessen habe ich mich \u00fcberzeugt, dafs diese Versuchsweise ebensowenig zum Ziele f\u00fchrt.\nIch tauchte die Gastroknemien eines und desselben Frosches, nach v\u00f6llig \u00fcbereinstimmender Zurichtung beider, zusammen in Kochsalzl\u00f6sung, liefs sie etwas \u00fcber die Zeit darin verweilen, die zur positiven Grenzwirkung dieser L\u00f6sung n\u00f6thig ist (Vergl. oben S. 48. 59) und wusch sie ebenso zusammen in Wasser aus. Allein ich erhielt von solchen Gastroknemien bei Ableitung des Stromes von ihren sehnigen Enden niemals gleich starke Ausschl\u00e4ge. Es kamen Unterschiede vor wie 16\u00b0 und 26\u00b0; 31\u201c und 43\u00b0 u. s. f. Nicht besser gelang es mit Essigs\u00e4ure. Auch kann dies nicht wohl anders sein. Man erw\u00e4ge nur, von wieviel Zuf\u00e4lligkeiten es abh\u00e4ngt, bis zu welcher Tiefe die \u00e4tzende Fl\u00fcssigkeit in den Muskel dringt, mit welcher Heftigkeit sie ihn angreift, endlich welche Leitungsf\u00e4higkeit sie der unwirksam gemachten Schicht mittheilt, die als Nebenschliefsung f\u00fcr den Muskelstrom in Bezug auf den Multiplicatorkreis zur\u00fcckbleibt (Vergl. oben S. 57. 58. 78. 80).\nDie St\u00e4rke des Stromes des k\u00fcnstlichen Querschnittes sinkt nach einer gewissen Zeit sehr viel langsamer, als in den ersten Augenblicken, wahrscheinlich um so langsamer, je l\u00e4nger nach der Zurichtung, so dafs unter der Voraussetzung der Congruenz der Curven, welche jenes Sinken in der Zeit vorstellen, die Unterschiede zwischen den Stromst\u00e4rken verschiedener kurz nach einander zugerichteter Muskeln zuletzt verschwindend werden k\u00f6nnen. Auch hierauf liefse sich die Hoffnung gr\u00fcnden, brauchbare Bestimmungen der vergleichweiscn Wirkungsgr\u00f6fse zweier Muskelgruppen mit k\u00fcnstlichem Querschnitt zu erlangen.\nAllein auch so gelangt man nicht zum Ziele, zum Beweise, dafs eben, aus hundert zuf\u00e4lligen Ursachen, die Curven nicht der Voraussetzung gem\u00e4fs congruent sind ; und nun ist noch zu erw\u00e4gen die endlose Weitl\u00e4ufigkeit jedes einzelnen Versuches bei diesem Verfahren, w\u00e4hrend jeder Versuch verloren ist, bei dem sich nicht zwischen den vier II. 2.\t9","page":129},{"file":"p0130.txt","language":"de","ocr_de":"130\t5. Abschn. Kap. Till. \u00a7. II. 11 (m). Von dem Einfl\u00fcsse\nAusschl\u00e4gen a, b, c, d das Verh\u00e4ltnifs herstellt, welches oben als noth-wendig erkannt wurde, damit der Versuch beweisend sei; und dies zwar in einem Gebiete, wo es zun\u00e4chst noch an jedem Anhaltspunkt gebricht, um mit Sicherheit fruchtbare Versuchswege einzuschlagen.\nV\u00f6llig dieselben Hindernisse treten \u00fcbrigens, wie man sieht, der L\u00f6sung der anderen Aufgabe entgegen, eine R\u00fcckbildung der parelek-tronomischen Schicht nachzuweisen, und m\u00fcssen auf die n\u00e4mliche Art bek\u00e4mpft werden. Unter diesen Umst\u00e4nden wird man es mir verzeihen, wenn ich, wie oben S. 118 bereits bevorwortet wurde, \u00fcber die hier zu stellenden Fragen noch fast so gut wie keine Auskunft zu ertheilen vermag.\n(m) N\u00e4here Untersuchung des Einflusses der Temperatur auf den Zustand der par elektro nomis ch en Schicht.\nZuv\u00f6rderst h\u00e4tten wir uns n\u00e4her zu erkundigen nach der Wirkungsweise niedriger Temperaturen zur Ausbildung der parelektronomischen Schicht, und unter anderen die oben S. 32 unbeantwortet gelassene Frage zu erledigen nach der L\u00e4nge der Zeit, welche nothwendig ist, damit die K\u00e4lte ihre Wirkung \u00e4ufsere.\nUm nun hier systematisch zu Werke zu gehen, m\u00fcfsten wir offenbar suchen, eine Tabelle mit doppeltem Eingang zu entwerfen, in deren einem Kopf sich die Temperaturen, in dem anderen die Zeiten, und in den entsprechenden F\u00e4chern die mittleren Wirkungsgr\u00f6fsen angegeben f\u00e4nden, die man von Muskeln von Fr\u00f6schen erh\u00e4lt, welche die gegebene Zeit in der gegebenen Temperatur zugebracht haben.\nMan sieht, dafs die erste Bedingung, um eine solche Tabelle auszuf\u00fcllen , die sein w\u00fcrde, dafs man sich im Besitze der Mittel bef\u00e4nde, um sich beliebige Zeit lang eine beliebige Temperatur zu verschaffen. Viele Stunden lang best\u00e4ndige Temperaturen zu erhalten, ist, wie man weifs, unter allen Umst\u00e4nden eine mifsliche Aufgabe, vornehmlich aber, wenn es sich, wie hier, um niedrige Temperaturen handelt. Man ist durchaus, im Winter wie im Sommer, auf Froslmischungen angewiesen, die im gr\u00f6fsten Mafsstab ausgef\u00fchrt werden m\u00fcssen. Wie m\u00fchsam, zeitraubend und kostspielig solche Versuche vorz\u00fcglich im Sommer ausfallen, wo sie ohne einen Eiskeller gar nicht durchzuf\u00fchren sind, bedarf nicht der Erw\u00e4hnung; im Winter aber ist es wiederum fast unm\u00f6glich, dafs die Fr\u00f6sche nicht bereits niedrigen Temperaturen ausgesetzt gewesen sind. Gesetzt aber auch, man bef\u00e4nde sich bereits im Besitz aller dieser Versuchsmittel, so findet man sich nicht nur zun\u00e4chst zur\u00fcckgeworfen auf alle die Schwierigkeiten, von denen oben die Rede war, sondern es kommt aller Wahrscheinlichkeit nach noch eine fernere","page":130},{"file":"p0131.txt","language":"de","ocr_de":"der Temperatur auf die parelelctronomische Schicht.\n131\nVerwickelung von Seiten der Thiere selber hinzu. Abgesehen n\u00e4mlich von den sonstigen Schwankungen in dem Zustande der parelektrono-mischen Schicht, wodurch eben jene Schwierigkeiten bedingt werden, scheint es auch noch, dafs die Temperatur, der die Fr\u00f6sche vor dem Versuch ausgesetzt waren, einen Einflufs aus\u00fcbt auf ihre Empf\u00e4nglichkeit f\u00fcr den Einflufs der niedrigen Temperatur, der sic im Versuch ausgesetzt werden sollen.\nIch bekenne mich daher aufser Stande, eine Tabelle, wie die verlangte, auch nur im kleinsten Bruchst\u00fcck mitzutheilen. Freilich w\u00e4ren die darin verzeichneten Wirkungsgr\u00f6fsen in Ausschl\u00e4gen meines Multiplicators ausgedr\u00fcckt gewesen, und somit an sich ohne Werth; allein aus ihrer Vergleichung h\u00e4tten sich doch unmittelbar m\u00fcssen entnehmen lassen die Grundz\u00fcge des Gesetzes, wonach jene Wirkungsgr\u00f6fsen von Zeit und Temperatur abh\u00e4ngen. Wie die Sachen stehen, beschr\u00e4nkt sich, was ich hier darzulegen habe, leider auf folgendes.\nUm Fr\u00f6sche mit Sicherheit in den Zustand zu versetzen, dafs ihre Gastroknemien an meinem Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom unwirksam, oder nur noch schwach positiv wirksam erscheinen, mufs man sie mindestens 24 Stunden der Temperatur des schmelzenden Eises aussetzen. Ist aber einmal dieser Zustand eingetreten, so geschieht weiter keine Ver\u00e4nderung mehr, die parelektronomische Schicht bildet sich nicht ferner aus, auch nach wochenlangem Aufenthalt in jener Temperatur tritt keine negative Wirksamkeit der Muskeln ein. Damit dies der Fall sei, m\u00fcssen die Fr\u00f6sche einer Temperatur von mehreren Graden unter Null ausgesetzt gewesen sein. Es ist aber alsdann kein so langer Aufenthalt in der K\u00e4lte mehr nothwendig, wie bei der Temperatur des schmelzenden Eises; wenige Stunden, ja eine Stunde oder noch weniger, reichen aus, und es giebt f\u00fcr die Dauer des Aufenthaltes sogar eine bestimmte Grenze, die nicht \u00fcberschritten werden darf, widrigenfalls man die Muskeln statt negativ wirksam, v\u00f6llig und f\u00fcr immer, auch mit k\u00fcnstlichem Querschnitt, unwirksam aus der K\u00e4lte hervorgehen sieht, die sie n\u00e4mlich alsdann get\u00f6dtet hat.\nSo weit scheint die Sache klar, und man w\u00fcrde scheinbar ganz einfach daraus zu schliefsen haben, dafs nicht jede Temperaturerniedrigung, beliebige Zeit lang fortgesetzt, im Stande sei, eine beliebige Ausbildungsstufe der parelektronomischen Schicht hervorzurufen, sondern dafs jeder solchen Temperaturerniedrigung nur eine bestimmte mittlere Grenzwirkung zustehe, welche um so h\u00f6her liege und zugleich in um so k\u00fcrzerer Zeit herbeigef\u00fchrt werde, je niedriger die Temperatur. Diese Vorstellung von dem Gesetz der Einwirkung der K\u00e4lte auf die Ausbildung der parelektronomischen Schicht w\u00fcrde v\u00f6llig damit stimmen,\n9\u00b0","page":131},{"file":"p0132.txt","language":"de","ocr_de":"132\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 11 (in). Von dem Einfl\u00fcsse\ndafs, wie wir nun wissen, die verschiedenen elektromotorischen Erscheinungsweisen der erk\u00e4lteten Muskeln eben nur Abstufungen eines sonst gleichbedeutenden Verhaltens sind; und es w\u00fcrde der Nullpunkt der elektromotorischen Wirksamkeit zuf\u00e4lligerweise auch gerade die Grenzwirkung sein, welche die auf unseren Thermometern mit Null bezeich-nete Temperatur des schmelzenden Eises hervorbringt.\nDoch w\u00e4re es m\u00f6glich, dafs diese Vorstellung, aus allzubeschr\u00e4nkten Erfahrungen erschlossen, auch nicht die richtige w\u00e4re. Es scheint n\u00e4mlich, dafs, um die Muskeln negativ wirksam zu machen, ganz besondere Umst\u00e4nde n\u00f6tliig sind, die ich noch nicht habe ergr\u00fcnden k\u00f6nnen. Die nat\u00fcrlichen Bedingungen, unter denen mir der Zustand der negativen Wirksamkeit zuerst aufstiefs, bestanden darin, dafs die Fr\u00f6sche eine Winternacht im Schnee des Gartens zugebracht hatten, w\u00e4hrend der das Minimumthermometer im Schnee auf \u2014 5 bis \u2014 8\u00b0 C. sank (Vergl. oben S. 32). Ich suchte diese Bedingungen k\u00fcnstlich nachzuahmen, indem ich die Fr\u00f6sche in einem wasserdicht verschlossenen Glase in Frostmischungen brachte. Es zeigte sich sehr bald, dafs die Fr\u00f6sche damals im Schnee unm\u00f6glich lange hatten k\u00f6nnen dem Minimum der Temperatur ausgesetzt gewesen sein, welches das Thermometer anzeigte; denn stets fand ich ihre Muskeln v\u00f6llig todt, wenn ich die Fr\u00f6sche mehrere Stunden in einer Temperatur unter \u2014 5\u00b0 liefs. Ich ver\u00e4nderte nun in zahlreichen Versuchen nach Kr\u00e4ften die Dauer des Versuches und die Temperatur, aber ohne zu einer sicheren Vorschrift zu gelangen, um die Muskeln negativ wirksam zu machen. Am besten schien mir noch ein Aufenthalt von 40' in einer Temperatur von \u2014 7\u00b0 zu wirken. Aber bald fand ich die Muskeln ganz todt, bald noch lebend, aber, statt negativ wirksam, unwirksam, und nur stets in seltenen F\u00e4llen negativ wirksam, dabei bald noch zuckungsf\u00e4hig, bald zuckungsunf\u00e4hig (Vergl. oben S. 38). Oft war von den beiden Gastroknemien eines und desselben Frosches der eine unwirksam, der andere negativ wirksam (Vergl. oben S. 126). Die negativ wirksamen Muskeln bieten auch, wenn ich mich nicht irre, meist eine besondere Beschaffenheit dar; sie sind n\u00e4mlich hochroth gef\u00e4rbt und voll kleiner Bluterg\u00fcsse, die ihnen ein gesprenkeltes Ansehen geben. Fast stets scheinen sie gefroren, doch sind sie es dabei in Wahrheit nicht immer, denn sie zucken h\u00e4ufig noch nach dem Aufthauen und wirken stark elektromotorisch. Alsdann befinden sie sich wahrscheinlich in dem r\u00e4thselhaften oben S. 33 erw\u00e4hnten Zustande, \u00fcber den man wohl vor allen Dingen erst im Klaren sein m\u00fcfste, ehe man hoffen k\u00f6nnte, sich der hier in Rede stehenden Erscheinungen v\u00f6llig zu bemeistern.\nEs sind nunmehr hier zwei F\u00e4lle m\u00f6glich. Tragen wir die nega-","page":132},{"file":"p0133.txt","language":"de","ocr_de":"der Temperatur auf die parelehtronomiiche Schicht.\tJ33\ntiven Kr\u00e4fte der parelektronomischen Schicht (S. oben S. 127) als Ordi-natcn auf die Temperatur als Abscisse auf, so kann die grofse Schwierigkeit, den Zustand der negativen Wirksamkeit im Versuch nach Willk\u00fcr herbeizuf\u00fchren, darauf beruhen, dafs die Curve bis zu der Temperatur von etwa \u20145\u00b0 sehr langsam, dann pl\u00f6tzlich sehr schnell aufsteigt, und dafs gleich darauf wegen des Erfrierens der Muskeln die elektromotorische Wirksamkeit \u00fcberhaupt ein Ende nimmt. Diese Annahme w\u00fcrde sich nicht aus dem Kreise der oben bezeichneten, einfachsten Vorstellung \u00fcber das Gesetz entfernen, wonach die Ausbildung der parelektronomischen Schicht von der Temperatur abh\u00e4ngt. Der andere denkbare Fall ist der, dafs, obschon auch der negativ wirksame Zustand der Muskeln auf einer h\u00f6heren Ausbildung der parelektronomischen Schicht beruht und sich von dem der Unwirksamkeit nur gradweise unterscheidet, trotz dieser Continuit\u00e4t der Wirkungen doch keine gleiche Conti-nuit\u00e4t der Ursachen stattfindet, sondern dafs irgend ein unbekannter und zuf\u00e4lliger Umstand hinzutreten mufs, damit die Muskeln die negativ wirksame Beschaffenheit annehmen. Sp\u00e4tere Untersuchungen werden zwischen diesen beiden M\u00f6glichkeiten zu entscheiden haben. Wie dem auch sei, die Schwierigkeit, auf die ich hier gestofsen bin, die negativ wirksame Beschaffenheit nicht nach Willk\u00fcr beliebig oft hervorrufen zu k\u00f6nnen, sondern sie stets nur als seltenes Geschenk aus der Hand des Zufalls entgegenzunehraen, ist Schuld daran, dafs ich zahlreiche wichtige Fragen habe unerledigt lassen m\u00fcssen, deren Beantwortung an die genaue Erforschung negativ wirksamer Muskeln gebunden war. (Vergl. oben S. 111. 112; und auf der folgenden Seite.)\nDa die Wirkung der K\u00e4lte zur Ausbildung der parelektronomischen Schicht feststeht, so wird man sich ihrer bedienen k\u00f6nnen, um zu untersuchen, ob unter bestimmten Umst\u00e4nden eine Ausbildung der parelektronomischen Schicht stattfinde oder nicht. Der erste Punkt der Art, der zu erledigen sein w\u00fcrde, w\u00e4re die Frage, ob auch noch au einzelnen Muskeln, die man, dem Blutumlauf und dem Einflufs des Nerven-systemes entzogen, in die K\u00e4lte bringt, eine weitere Ausbildung der parelektronomischen Schicht vor sich gehe. Denn es ist dem Leser wohl nicht entgangen, dafs die parelektronomischen Muskeln, von denen bisher die Rede war, stets im lebenden Thiere selber die Wirkung der K\u00e4lte erfahren hatten.\nDer Versuch kann auf doppelte Weise angestellt werden. Beide Methoden gehen darauf hinaus, den schw\u00e4chenden Einflufs, den die K\u00e4lte auf die elektromotorische Kraft der Muskeln \u00fcberhaupt aus\u00fcht, aus dem Ergebnifs des Versuches zu verbannen. Die eine Methode besteht darin, die Muskeln so stark zu erk\u00e4lten, dafs, w\u00e4ren sie im leben-","page":133},{"file":"p0134.txt","language":"de","ocr_de":"134\t& Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7. II. 11 (m). Von dem Einfl\u00fcsse\nden Thiere, man zu erwarten haben w\u00fcrde, sie negativ wirksam werden zu sehen. Gel\u00e4nge es dann auch hier, diesen Erfolg zu beobachten, so w\u00fcrde dies den Beweis liefern, dafs die parelektronomische Schicht sich noch an einzelnen Muskeln weiter auszubilden vermag. Denn es ist klar, dafs durch keine Schw\u00e4chung der elektromotorischen Kraft des Muskels im Allgemeinen eine Umkehr des Stromes des nat\u00fcrlichen Querschnittes zu Stande kommen kann. Die andere Methode bestimmt zuerst die Stromst\u00e4rke des nat\u00fcrlichen Querschnittes des Gastroknemius und die des k\u00fcnstlichen Querschnittes, etwa des Adductor magnus, erk\u00e4ltet dann den Gastroknemius nebst dem \u00fcbrigen GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parat 24 Stunden auf 0\u00b0 und bestimmt abermals dieselben Stromst\u00e4rken, die des k\u00fcnstlichen Querschnittes diesmal mit H\u00fclfe des Adductor magnus des anderen Beines. Bei Bestimmung der Stromst\u00e4rke des k\u00fcnstlichen Querschnittes \u00eemufs die Empfindlichkeit des Multiplicators so weit geschw\u00e4cht werden, dafs die Ausschl\u00e4ge kleiner sind, als die durch den Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes erzeugten (S. oben S. 128). F\u00e4llt der Unterschied der Ausschl\u00e4ge durch den Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes vor und nach der Erk\u00e4ltung nicht kleiner oder gr\u00f6fser aus als der Unterschied der Ausschl\u00e4ge durch den Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes, so ist auch hier der Beweis gef\u00fchrt, dafs die parelektronomische Schicht sich noch an einem einzelnen Muskel h\u00f6her zu entwickeln verm\u00f6ge.\nIch habe bis zur Zeit, wo ich diese Untersuchung f\u00fcr den Druck abschliefsen mufste, leider nicht Zeit gehabt, das zweite Verfahren in\u2019s Werk zu setzen. Das erste hingegen habe ich h\u00e4ufig verwirklicht, jedoch niemals negative Ausschl\u00e4ge von den Gastroknemien erhalten, die ich die verschiedensten Zeiten hindurch den verschiedensten Temperaturen unter Null aussetzte. Stets fand ich entweder den Strom fast unver\u00e4ndert, oder die Muskeln gingen erfroren, und dann todten-starr, zuckungsunf\u00e4hig und stromlos aus der K\u00e4lte hervor (Vergl. oben Abth. I. S. 180. 181. Abth. II. S. 30). Nichtsdestoweniger m\u00f6chte ich deshalb noch nicht die M\u00f6glichkeit l\u00e4ugnen, dafs sich die parelektronomische Schicht an einzelnen Muskeln weiter ausbilde. Denn auch an lebenden Fr\u00f6schen, wo doch zweifellos eine solche Ausbildung noch vor sich geht, gelingt es ja nur \u00e4ufserst schwer, und unter bisher noch unerfafsbaren Bedingungen, die Muskeln durch Erk\u00e4ltung negativ wirksam zu machen. Ich mufs mich also in Betreff der wichtigen, hier gestellten Frage vor der Hand bescheiden.\nDies ist aber zugleich der Grund, weshalb ich noch keine Versuche \u00fcber die Ausbildung der parelektronomischen Schicht durch die K\u00e4lte an warmbl\u00fctigen Thieren angestellt habe. Denn lebende warm-","page":134},{"file":"p0135.txt","language":"de","ocr_de":"der Temperatur auf die parelehtronomische Schicht.\t13g\nblutige erwachsene Tliierc kann man dadurch, dafs man sie dauernd einer niedrigen Temperatur aussetzt, nur wenig und nur oberfl\u00e4chlich erk\u00e4lten. Um ihre Muskeln also hinreichend tiefen Temperaturen auszusetzen, mufs man die warmbl\u00fctigen Thiere entweder erst t\u00f6dten, oder man mufs sie erfrieren lassen. Ehe folglich die Frage entschieden ist, ob an den Muskeln, auch nachdem sie des Blutumlaufes und des Einflusses des Nervensystemes beraubt sind, noch eine Ausbildung der par-elektronomischen Schicht m\u00f6glich ist, kann nicht f\u00fcglich die Untersuchung \u00fcber den Einflufs der K\u00e4lte auf den Muskelstrom der warmbl\u00fctigen Thiere ihren Anfang nehmen.\nWas Matteucci\u2019s und Cima\u2019s Versuche dar\u00fcber betrifft, die sich oben S. 28 ff. angef\u00fchrt finden, so sind sie ganz ohne Bedeutung. Sic beziehen sich allein auf den Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes, den sogenannten \u00bbMuskelstrom\u00ab beider Schriftsteller. Bei Mattedcci ist nicht klug daraus zu werden, ob die schw\u00e4chende Wirkung der K\u00e4lte auf diesen Strom st\u00e4rker sein solle bei den warmbl\u00fctigen, oder bei den kaltbl\u00fctigen Thieren. Denn es findet sich abwechselnd das Eine und das Andere angegeben. Cima entscheidet sich f\u00fcr das letztere. Allein er selber deutet bereits an, wie die Muskeln eines der K\u00e4lte ausgesetzten lebenden warmbl\u00fctigen Thieres ja keinesweges die Temperatur des Mittels annehmen, wie also die scheinbar geringere Einwirkung der K\u00e4lte, statt von einer geringeren Empf\u00e4nglichkeit der Muskeln daf\u00fcr, einfach davon herr\u00fchren k\u00f6nne, dafs in der That die Muskeln einer geringeren K\u00e4lte ausgesetzt werden.\nFolgendes ist ein interessanter Bezug, den die Untersuchung in der Folge hier zu nehmen haben wird. Der oben S. 32 geschilderte Zustand der Fr\u00f6sche, in den sie durch die dauernde Erk\u00e4ltung auf eine dem Gefrierpunkte nahe Temperatur versetzt werden, ist, wie man leicht erkennt, kein anderer als der des Winterschlafes. Man vergleiche die Schilderung des Winterschlafes der Fr\u00f6sche bei Barkow. 1 Es ist daher wohl keine Frage, dafs man fortan die h\u00f6here Ausbildung der parelektronomischen Schicht als ein neues Attribut des Winterschlafes der kaltbl\u00fctigen Thiere aufzuz\u00e4hlen haben wird. Wahrscheinlich aber werden die warmbl\u00fctigen Winterschl\u00e4fer dieselbe Erscheinung wahrnehmen lassen, da ja bei diesen bekanntermafsen die Eigenw\u00e4rme in so aufserordentlich viel h\u00f6herem Grade von der Temperatur des Mittels abh\u00e4ngt, als bei den \u00fcbrigen warmbl\u00fctigen Thieren.\nDen Einflufs der Temperatur auf den Zustand der parelektrono-\n1 Der Winterschlaf nach seinen Erscheinungen im Thierreiche u. s. w. Berlin 1846. S. 125. *","page":135},{"file":"p0136.txt","language":"de","ocr_de":"136\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 11 (in), Von clem Einfl\u00fcsse\nmischen Schicht anlangend, bietet sich nun noch die wichtige Frage dar, ob Erh\u00f6hung der Temperatur R\u00fcckbildung der parelektronomischen Schicht zur Folge habe, wie Temperaturerniedrigung eine weitere Ausbildung dieser Schicht.\nBeim ersten Anblick scheint es freilich, als wenn dem kaum anders sein k\u00f6nne. Im Winter gehen die Muskeln der Fr\u00f6sche durch den Zustand der Stromlosigkeit bei nat\u00fcrlichem Querschnitt hindurch, im Fr\u00fchling und Sommer werden sie oft wieder mit nat\u00fcrlichem Querschnitt stark positiv wirksam gefunden. Auch berichtet Cima, dafs, w\u00e4hrend ein paar kalte Tage dazu geh\u00f6ren, damit die Wirkung der K\u00e4lte auf den Strom sichtbar werde, ein warmer Tag h\u00e4ufig hinreiche, die Fr\u00f6sche in ihren gew\u00f6hnlichen Zustand zu versetzen (S. oben S. 30).\nSollte aber wirklich die W\u00e4rme an und f\u00fcr sich einen r\u00fcckbildenden Einflufs auf die parelektronomische Schicht aus\u00fcben, so m\u00fcfste ich auf alle F\u00e4lle Cima\u2019s Zeitbestimmung umkehren, und im Gegenthcil aus-sagen, dafs die weitere Ausbildung der Schicht durch die K\u00e4lte viel schneller von Statten gehe, als ihre R\u00fcckbildung durch die W\u00e4rme. Denn in der Gefangenschaft habe ich den Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes auch in der l\u00e4ngsten Zeit und bei hoher Sommerw\u00e4rme sich nie recht deutlich erholen sehen, w\u00e4hrend ein Aufenthalt von 24 Stunden in der Temperatur des schmelzenden Eises erw\u00e4hntermafsen (S. oben S. 131) hinreicht, um die Muskeln der Fr\u00f6sche an meinem Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom nahe stromlos erscheinen zu machen.\nEs ist mir aber \u00fcberhaupt nicht gelungen, im Versuch nachzuweisen, dafs die W\u00e4rme an und f\u00fcr sich einen solchen Einflufs auf die parelektronomische Schicht \u00e4ufsere, wie Matte\u00fccci und Cima angeben. Wenn Matte\u00fccci erz\u00e4hlt, dafs man einen erk\u00e4lteten Frosch nur wieder in lauwarmes Wasser zu bringen brauche, um seine Muskeln in den gew\u00f6hnlichen Zustand zu versetzen (S. oben S. 27), so ist in der That nicht zu begreifen, wie er zu dieser Behauptung hat kommen k\u00f6nnen. Es ist wohl zu beklagen, dafs diese Behauptung einmal wieder v\u00f6llig aus der Luft gegriffen ist. Denn durch ein so sicheres und so leicht anwendbares Mittel, wie nach Matte\u00fccci die Erw\u00e4rmung es darbieten w\u00fcrde, um den parelektronomischen Zustand verschwinden zu machen, w\u00fcrden viele Untersuchungen \u00fcber diesen Zustand ebensosehr erleichtert werden, als sie in Wirklichkeit erschwert sind durch die Un-gewifsheit, in der man sich stets dar\u00fcber befindet, in welchem Mafse dieser Zustand bereits vorhanden ist (Vergl. oben S. 125. 126).\nIch habe Fr\u00f6sche, die im Winter in einer Temperatur nahe dem Schmelzpunkte- gelebt hatten, 24 Stunden lang einer Temperatur von + 24 bis +27\u00b0C. ausgesetzt. Ich fand ihre Muskeln gerade so par-","page":136},{"file":"p0137.txt","language":"de","ocr_de":"der Temperatur auf die pareleJclr anomische Schicht. 137\nelektronomisch als die anderer Fr\u00f6sche, welche nicht erw\u00e4rmt worden waren. Ein erk\u00e4lteter Frosch wurde in ein Glas mit wenig Wasser gesetzt, und das Wasser im Lauf einer halben Stunde von etwa 12\u00b0 auf 30\u00b0, in der folgenden halben Stunde auf 37\u00b0 erw\u00e4rmt. Der Frosch fiel auf den R\u00fccken, seine Athemz\u00fcge waren unz\u00e4hlbar, seine Pupille erweitert. Die Muskeln aber zeigten sich parelektronomisch wie gew\u00f6hnlich. Ein anderer Frosch war durch die K\u00e4lte scheintodt geworden. In Wasser von 45\u00b0 aufgethaut geriethen seine Muskeln \u00fcber und \u00fcber in flimmerndes Zucken. Auf ihren Strom gepr\u00fcft erwiesen sie sich stark parelektronomisch.\nEhen so wirkungslos fand ich das Erw\u00e4rmen einzelner Muskeln. Dies geschah im Dampfbade, da das warme Wasser, bei l\u00e4ngerem Eintauchen der Muskeln, Entwickelung des Stromes herbeigef\u00fchrt haben w\u00fcrde (S. oben S. 60. 61). Auf dem Grund einer ger\u00e4umigen Vorlage befand sich etwas Wasser, und wurde mittelst der BERZEUus\u2019schen Lampe best\u00e4ndig auf der verlangten Temperatur erhalten. Durch den Kork in der einen Tubulatur ragte ein Thermometer mit seiner Kugel in den Dampfraum \u00fcber dem Wasser hinein. Durch den Kork in der anderen senkrecht gestellten Tubulatur ging ein Draht, dessen unteres Ende zu einem Haken umgebogen war. An den Haken wurde der zu erw\u00e4rmende Gastroknemius, nachdem sein Strom gepr\u00fcft worden war, mittelst einer um die Achillessehne gelegten Fadenschlinge so aufgeh\u00e4ngt, dafs er dicht neben der Thermometerkugel schwebte, sein Kopf aber die Oberfl\u00e4che des Wassers nicht erreichte. In dieser Weise erw\u00e4rmte ich die Muskeln drei Stunden auf 30\u00b0, eine Stunde auf 35\u00b0, 40' auf 40\u00b0, ohne den geringsten Erfolg. Steigert man, bei gleichen Temperaturen , die Dauer des Dampfbades oder bei gleichen Dauern seine Temperatur, so gehen die Lebenseigenschaften der Muskeln sehr bald zu Grunde (Vergl. oben Abth. I. S. 178). Taucht man aber den Muskel nur wenige Augenblicke in heifse Wasserd\u00e4mpfe, so bleibt die verderbliche Wirkung an der Oberfl\u00e4che, nur die parelektronomische Schicht wird davon betroffen, nebst einer d\u00fcnnen gleichg\u00fcltigen Schicht am nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt (S. oben S. 105), und die Folge ist Entwickelung des Stromes. Der Versuch f\u00e4llt zur\u00fcck in den bereits oben ebendas, beschriebenen, wo wir die Muskeln einen Augenblick lang in heifses Wasser tauchten.\nMan sieht aber jetzt, wie bereits ebendas, erw\u00e4hnt wurde, dafs nicht daran zu denken ist, die sich hier kundgebende Entwickelung des Stromes von einer specifischen Einwirkung abzuleiten, welche die W\u00e4rme, im Gegensatz zur K\u00e4lte, auf die R\u00fcckbildung der parelektro-nomischcn Schicht ausiibcn w\u00fcrde. Vielmehr bleibt es ganz zweifelhaft,","page":137},{"file":"p0138.txt","language":"de","ocr_de":"138 3. Abschn. Kap, VIII. \u00a7\u25a0 11, 11 (iv). Versuche um die physiologische\nob die W\u00e4rme an und f\u00fcr sich eine solche Wirkung \u00fcberall aus\u00fcbe. Ausgemacht scheint vor der Hand, durch die Thatsache sowohl der j\u00e4hrlichen Oscillation als der im Sommer bei kalter Witterung eintretenden vor\u00fcbergehenden Senkungen des Stromes des nat\u00fcrlichen Querschnittes, nur dies Eine, dafs die W\u00e4rme f\u00fcr die R\u00fcckbildung der Schicht eine unerl\u00e4fsliche Bedingung abgiebt. Damit aber die R\u00fcckbildung wirklich stattfinde, m\u00fcssen sichtlich noch andere Bedingungen hinzutreten, die in der. Gefangenschaft der Fr\u00f6sche f\u00fcr gew\u00f6hnlich nicht erf\u00fcllt sind. Als solche kann man sich f\u00fcglich nur zwei denken, die eine hier in Betracht kommende Wirkung zu \u00e4ufsern verm\u00f6gen, der Gebrauch der Muskeln n\u00e4mlich und die Ern\u00e4hrung. Ich bin nicht im Stande, etwas Bestimmtes beizubringen \u00fcber den Antheil, den jeder dieser Factorcn an dem Vorg\u00e4nge der R\u00fcckbildung haben mag. Indessen wird eine baldige Folge lehren, dafs heftige und andauernde Zuckungen einzelner Muskeln an dem Zustande der Schicht an diesen Muskeln nichts \u00e4ndern, ja dafs die Schicht \u00fcberhaupt an dem Molecularvorgang der Zusammenziehung keinen Antheil hat. 1 Es w\u00fcrde also schliefslich sich als das wahrscheinlichste hei der jetzigen Sachlage ergeben, dafs es die normale Ern\u00e4hrung der Fr\u00f6sche hei der normalen Temperatur ist, welche die R\u00fcckbildung der Schicht vermittelt. Augenscheinlich aber mufs es aufser-dem noch einen anderen Umstand geben, der mitbestimmend auf den Zustand des nat\u00fcrlichen Querschnittes einwirkt, und zwar der Art, dafs er geeignet sei, von den beiden gleichnamigen Muskeln desselben Frosches den einen mehr, den anderen weniger zu treffen. Welcher Umstand dies sei, liegt, auch nur zu muthmafsen, f\u00fcr jetzt noch v\u00f6llig aufserhalh des Bereiches meiner Einsichten.\n(iv) Pr\u00fcfung des Einflusses einiger anderen Umst\u00e4nde auf den Ein-flufs der parelektronomischen Schicht.\nWie dem auch sei, es konnte nunmehr hier folgendermafsen weiter geschlossen werden. Zur R\u00fcckbildung der Schicht geh\u00f6ren unter andern W\u00e4rme und Ern\u00e4hrung; zu ihrer weiteren Ausbildung gen\u00fcgt, wie wir bereits wissen, Entziehung der W\u00e4rme allein. Vielleicht gen\u00fcgt aber auch dazu, hei unver\u00e4nderter Temperatur des Mittels, Entziehung der Nahrung allein. In der That m\u00fcfste ich mich sehr irren, oder ich habe die parelektronomische Schicht an Muskeln von Fr\u00f6schen, die im Sommer lange Zeit bei mir in der Gefangenschaft gehungert hatten, sich weiter ausbilden sehen, ohne dafs sie der K\u00e4lte ausgesetzt worden waren. Vielleicht lassen sich alsdann die h\u00f6heren Stufen des parelek-\n1 S. unten, No. 12 (i. u).","page":138},{"file":"p0139.txt","language":"de","ocr_de":"Bedeutung der pareleletronomischen Schicht zu ermitteln. 139\ntronomischen Zustandes durch beliebige Einfl\u00fcsse hervorrufen, welche geeignet sind, den Ern\u00e4hrungsvorgang in den Muskeln zu beeintr\u00e4chtigen, Darauf w\u00fcrde alsdann weiter fortzubauen sein, um zu einer Vorstellung von der physiologischen Bedeutung der parelektronomischen Schicht in ihren verschiedenen Zust\u00e4nden zu gelangen.\nHier w\u00fcrde der Ort sein, um einiger Versuche Cima\u2019s und Matteucci\u2019s zu gedenken. Cima nahm f\u00fcnf r\u00fcstigen Fr\u00f6schen Herz und Lungen aus und liefs sie so zwei Stunden lang leben. Dann untersuchte er den Strom einer S\u00e4ule aus den zehn Unterschenkeln und einer anderen aus den zehn querdurchschnittenen Oberschenkeln dieser Fr\u00f6sche. Die erstere S\u00e4ule, an der also der nat\u00fcrliche Querschnitt th\u00e4tig war, gab kaum 3\u201c Ausschlag, die andere, mit k\u00fcnstlichem Querschnitt wirksame, 10\u00b0. Nach einer Viertelstunde versagte die erste jedes Anzeichen von Strom, die zweite gab 9\u00b0 Ausschlag. In einem anderen Versuch betrug der sogenannte Froschstrom 7\u00b0, der Muskelstrom 9\u00b0. Nach Matteucci \u00fcbertreffe aber sonst bei diesen Anordnungen der Froschstrom den Muskelstrom an St\u00e4rke und Dauer. Man m\u00fcsse also schliefsen, dafs, gleich der K\u00e4lte, die Abwesenheit der Athmung und des Kreislaufes in h\u00f6herem Mafse schw\u00e4chend auf den Froschstrom (den Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes) als auf den Muskelstrom (den Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes) einwirke.1 Im folgenden Jahre berichtete Matteucci dasselbe, wie von der K\u00e4lte, so auch von dem Erstickungstode und dem durch Verblutung (S. oben Abth. I. S. 176. Abth. II. S. 30).\nVon den sch\u00e4dlichen Einfl\u00fcssen, die hier angewendet wurden, l\u00e4fst sich offenbar annehmen, dafs sie den Ern\u00e4hrungsvorgang in den Muskeln beeintr\u00e4chtigen. Wir k\u00f6nnten folglich das Ergebnifs der Versuche Cima\u2019s und Matteucci\u2019s als vorl\u00e4ufige Best\u00e4tigung unserer obigen Muth-mafsung ansehen. Denn dies Ergebnifs, in unsere Sprache \u00fcbersetzt, w\u00fcrde heifsen, dafs die parelektronomische Schicht durch die sch\u00e4dlichen Einfl\u00fcsse weiter ausgebildet worden sei.\nIndessen hat Matteucci, wie man sich erinnert (S. oben S. 121), seine Behauptung, dafs der Froschstrom den Muskelstrom bei diesen Anordnungen an St\u00e4rke \u00fcbertreffe, sp\u00e4ter dergestalt eingeschr\u00e4nkt, dafs diese Einschr\u00e4nkung einer Zur\u00fccknahme gleich kommt. Dadurch hat er aber offenbar zugleich der jetzt in Rede stehenden Behauptung den Boden unter den F\u00fcfsen fortgezogen, wonach der Froschstrom st\u00e4rker als der Muskelstrom die Wirkung jener sch\u00e4dlichen Einfl\u00fcsse erfahren solle. Unter diesen Umst\u00e4nden ist auf seine und Cima\u2019s fr\u00fchere Versuche nichts mehr zu geben. Das Uebergewicht des Stromes des\n1 Saggio storico - critico ec. p. 473. \u00a7.39. p. 508. 509. \u00a7.25.26.*","page":139},{"file":"p0140.txt","language":"de","ocr_de":"140 3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. 11. 11 (iv). Versuche um die physiologische\nk\u00fcnstlichen Querschnittes \u00fcber den des nat\u00fcrlichen kann in diesen Versuchen ebensogut beruht haben auf der Gegenwart der gew\u00f6hnlichen parelektronomischen Schicht, vielleicht durch Temperaturerniedrigung zuf\u00e4llig etwas h\u00f6her entwickelt, als auf dem Einfl\u00fcsse der Verblutung oder der unterdr\u00fcckten Athmung.\nAuf folgende Weise habe ich die Untersuchung in Angriff genommen , ob wirklich durch jede Beeintr\u00e4chtigung des Ern\u00e4hrungsvorganges in den Muskeln die parelektronomische Schicht h\u00f6her entwickelt werde. Ich besafs einen grofsen Vorrath von Fr\u00f6schen, die seit ihrem Fange, der an Einem Tage statlgefunden hatte, unter gleichen Bedingungen gelebt hatten. Sechs von diesen Fr\u00f6schen schnitt ich ihre zw\u00f6lf Gastroknemien aus, bildete aus den sechs rechten und aus den sechs linken zwei S\u00e4ulen, \u2022 und verglich die elektromotorischen Kr\u00e4fte dieser S\u00e4ulen, indem ich sie erst zusammen, als zw\u00f6lfgliederige S\u00e4ule, in einer Richtung wirken, hernach sich einander entgegenwirken liefs. Leider befand sich an diesen Fr\u00f6schen die parelektronomische Schicht bereits auf einem hohen Grade der Ausbildung, so dafs ich, bei dem ungeheuren Widerstande der zw\u00f6lf Muskeln, mich gen\u00f6thigt sah, den Multi-plicator f\u00fcr den Nervenstrom anzuwenden. Dessen Nadel wurde durch die gemeinsame Wirkung der beiden S\u00e4ulen noch eben gegen die Hemmung gef\u00fchrt. Dagegen wenn beide S\u00e4ulen einander entgegenwirkten, entstand ein Ausschlag von nur 4 \u2014 6\u00b0. Diesen Versuch wiederholte ich noch dreimal an drei anderen Halbdutzenden von Fr\u00f6schen. So gewann ich die Ueberzeugung, dafs die Zahl von sechs Muskeln bereits so ziemlich ausreicht, um die Unterschiede sich ausgleichen zu machen, die zwischen dem Entwickelungszustande der parelektronomischen Schicht an den beiden Gastroknemien eines und desselben Frosches zu bestehen pflegen (S. oben S. 126). Nun nahm ich abermals zw\u00f6lf Fr\u00f6sche derselben Sippschaft, zerschnitt sechs davon den rechten Ischiadicus in der Kniekehle, und unterband den sechs \u00fcbrigen die Gef\u00e4fsst\u00e4mme ebendaselbst. Dies ist, um den Ern\u00e4hrungsvorgang im Muskel zu beeintr\u00e4chtigen, ohne Zweifel der Weg, der am sichersten und gleichm\u00e4fsigsten zum Ziele f\u00fchrt. Der Lymphraum des Unterschenkels blieb dabei un-er\u00f6ffnet, um den nat\u00fcrlichen Querschnitt vor dem Eindringen entwickelnder Fl\u00fcssigkeit zu sch\u00fctzen. Die Hautwunde wurde durch eine Naht geschlossen. In diesem Zustande bewahrte ich die Fr\u00f6sche dreimal vierundzwanzig Stunden in der gew\u00f6hnlichen Weise (auf dem nassen, oben Bd. I. S. 458 beschriebenen Wege) auf. Mit den Gastroknemien dieser Fr\u00f6sche verfuhr ich nun wie vorhin mit denen der unverletzten. Es gab sich aber gar kein Unterschied zwischen ihrem Verhalten und dem jener zu erkennen. Die S\u00e4ule aus den Gastroknemien mit durch-","page":140},{"file":"p0141.txt","language":"de","ocr_de":"Bedeutung der pareleldr anomischen Schicht zu ermitteln. '\t141\nschnittenen Nerven oder unterbundenen Gef\u00e4fsen im Verein mit der aus den Gastroknemien der gesunden Seite warf die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom noch eben an die Hemmung, bei Entgegensetzung der S\u00e4ulen entstand ein Ausschlag von 4\u20146\u00b0, und zwar hatte sogar die S\u00e4ule aus den Gastroknemien mit durchschnittenen Nerven oder unterbundenen Gef\u00e4fsen das kleine Uebergewicht. Eine weitere Ausbildung der parelektronomischen Schicht hatte unter diesen Umst\u00e4nden also ganz gewifs nicht stattgefunden. Eher w\u00e4re sogar das Ergebnifs zu deuten gewesen auf eine R\u00fcckbildung der Schicht, insofern zu vermuthen steht, dafs der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes unter dem Einfl\u00fcsse der Nervendurchschneidung und der Gef\u00e4fsunterbindung eine Schw\u00e4chung erleidet. Doch habe ich eine solche Schw\u00e4chung nach dieser Frist noch nicht nachzuweisen vermocht. Wenn sie vorhanden ist, f\u00e4llt sie jedenfalls innerhalb der hier allerdings sehr weiten Grenzen der Beobachtungsfehler (S. oben S. 128. 129).\nSomit scheint es also, als ob, hinsichtlich der physiologischen Bedeutung der parelektronomischen Schicht, auf diesem Wege kein Aufschlufs zu erlangen w\u00e4re. Die Verm\u00fcthung, dafs die Ausbildung der parelektronomischen Schiebt die Folge einer jeden Beeintr\u00e4chtigung des Ern\u00e4hrungsvorganges des Muskels sein werde, hat sich nicht best\u00e4tigt gefunden. Es sei denn, dafs vielleicht die Frist von dreimal vierundzwanzig Stunden noch nicht lang genug gewesen, um merkliche Erscheinungen hervortreten zu lassen; oder auch dafs die auf diesem Wege zu erreichende Ausbildung der parelektronomischen Schicht eine Grenze habe, welche in den von mir zu den obigen Versuchen angewendeten Muskeln bereits \u00fcberschritten war in Folge anderer auf die Ausbildung der Schicht gerichteter Einfl\u00fcsse. Jedenfalls w\u00fcrde alsdann doch die K\u00e4lte an St\u00e4rke der Wirkung aufserordentlich die Nervendurchschneidung und die Unterbindung der Gef\u00e4fse \u00fcbertreffen.\nAuch von der Schwefelwasserstoffvergiftung berichtet Matteucci, wie von der K\u00e4lte, _ dem Erstickungstode, der Verblutung (S. oben S. 30. 138), dafs sie auf den Froschstrom einen st\u00e4rkeren Einflufs aus\u00fcbe als auf den Muskelstrom, d. h., nach unserer Redeweise, dafs sie die Ausbildung der parelektronomischen Schicht bef\u00f6rdere. Ich habe nunmehr (Vergl. oben Abth. I. S. 174) auch einen solchen Versuch angestellt, ohne jedoch auf irgend eine auffallende Erscheinung zu stofsen, wodurch ich aufgefordert worden w\u00e4re, l\u00e4nger bei dem Gegenst\u00e4nde zu verweilen. Ich brachte sechs Fr\u00f6sche unter eine mit Wasser abgesperrte Glocke. Das Gasentbindungsrohr m\u00fcndete unter der Oberfl\u00e4che des Wassers in der Glocke, ein anderes Rohr verband den Luftraum der Glocke mit der freien Luft. Als das Gas zu str\u00f6men anfing, wurde","page":141},{"file":"p0142.txt","language":"de","ocr_de":"142 3. Abschn. Kap. VIH. \u00a7. II. 12 (i). Von dem eleletromotorischen\nalso zuerst das Sperrwasser mit Schwefelwasserstoff geschw\u00e4ngert, und dann die Luft aus der Glocke durch das Gas verdr\u00e4ngt. Nach wenigen Minuten begannen die Fr\u00f6sche \u00e4ngstlich umherzuspringen. Nach abermals wenigen Minuten waren sie dermafsen bet\u00e4ubt, dafs sie bei ihren Spr\u00fcngen auf den R\u00fccken fielen. Einige sperrten das Maul weit auf. Endlich nach zehn Minuten waren alle todt. Das Blut war schwarz gef\u00e4rbt, alle blutreichen Organe schwarzblau. Doch antworteten die Muskeln noch auf den Reiz des unmittelbar daran gelegten Zinkplatinbogens (S. oben Bd. I. S. 445), und die GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parate \u2022wirkten nicht nur nicht schw\u00e4cher, sondern im Mittel sogar um ein Namhaftes st\u00e4rker als die von sechs Fr\u00f6schen derselben Sippschaft, die nicht vergiftet worden waren. Den Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes habe ich nicht gepr\u00fcft. Sollte aber dieser Strom wirklich, wie Mat-teucci es angiebt, durch die Schwefelwasserstoffvergiftung in ganz besonderem Mafse beeintr\u00e4chtigt werden, so w\u00fcrde aus dem obigen Er-gebnifs um so mehr zu schliefsen sein, dafs die parelektronomische Schicht durch diese Todesart nicht h\u00f6her entwickelt wird.\nVon vielen und wichtigeren Aufgaben bedr\u00e4ngt, habe ich hier diese Untersuchung auf sich beruhen lassen, in der sich nicht nur, wie man gesehen hat, die gew\u00f6hnlichen Schwierigkeiten der thierisch-elektrischen Versuche in\u2019s Ungemeine steigern, sondern auch noch der Fall eintritt, dafs es, hinsichtlich des nunmehr einzuschlagenden Weges, vor der Hand an jedem Fingerzeig gebricht. Je mangelhafter ich aber an dieser Stelle den Stand der Dinge zur\u00fccklassen mufs, um so dringender empfehle ich sie denjenigen, die sich mit der Fortf\u00fchrung meiner Arbeiten befassen wollen, zum Angriffspunkte ihrer Forschungen. Es kann nicht ausbleiben, dafs mit ungeteilten Kr\u00e4ften auf diesen Punkt gerichtete nachhaltige Bestrebungen eine reiche Erndte wichtiger Ergebnisse zu Tage f\u00f6rdern.\n12. Von dem elektromotorischen Verhalten der Muskeln im par-elektronomischen Zustande bei der Zusammenziehung und von der elektromotorischen Nachwirkung des Tetanus.\n(i) Von der Erscheinungsweise der negativen Schwankung bei der Zusammenziehung an den Muskeln im parelektronomischen\nZustande.\nIch habe nat\u00fcrlich nicht vers\u00e4umt, mich zu unterrichten, wie die negative Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung sich im parelektronomischen Zustande der Muskeln gestalten w\u00fcrde. Bei dem Stande unserer Kenntnisse und Vorrichtungen bietet der Versuch","page":142},{"file":"p0143.txt","language":"de","ocr_de":"Verhalten parelektronomischer Muskeln im Tetanus.\t143\nkeine weiteren Schwierigkeiten dar. Es handelt sich offenbar nur darum, den Strom des Gastroknemius von seinen sehnigen Enden abzuleiten, ohne dafs bei der Zusammenziehung die Kette ge\u00f6ffnet werde. Dies l\u00e4fst sich leicht mit H\u00fclfe der kleinen Streckvorrichtung bewerkstelligen (S. oben Abth. I. S. 67. 77. 86. 130. 607. Taf. I. Fig. 86. 87), in welcher der Muskel so ausgespannt werden kann, dafs seine beiden sehnigen Enden den Zuleitungsb\u00e4uschen zug\u00e4nglich bleiben.\nDie urspr\u00fcngliche, a. a. 0. gegebene Vorschrift hiezu lautet, dem Muskel das obere und untere Knochenst\u00fcck zu lassen, an welche er sich heftet, und seine Sehnen durch die Spalte in den Elfenbeinplatten Fig. 87 A, Al, B, zu zw\u00e4ngen, so dafs die Knochenst\u00fccke gewisser-mafsen die Handhaben vorstellen, an denen der Muskel Behufs der Dehnung ergriffen und von welchen der Strom abgeleitet wird. F\u00fcr den Muskelkopf ist gegen diese Vorschrift im Wesentlichen nichts einzuwenden. Was aber das untere Ende betrifft, so ist zu bemerken, dafs erstens die Achillessehne h\u00e4ufig von der Fufswurzel abreifst, zweitens die Muskeln der Fufswurzel leicht auf eine sehr st\u00f6rende Weise elektromotorisch wirken. Um letzteres zu verhindern wurde oben Abth. I. S. 132 ge-rathen, die Fufswurzel oder das untere Knochenst\u00fcck vor dem Versuch in warmer Kochsalzl\u00f6sung unwirksam zu machen. Hier w\u00fcrde nat\u00fcrlich dies Verfahren sehr bedenklich sein, da es schwer halten m\u00f6chte, dabei den nat\u00fcrlichen Querschnitt des Muskels von jeder stromentwickelnden Einwirkung seitens der L\u00f6sung freizuhalten. Ich schlug daher einen anderen Weg ein, welcher in Folgendem besteht. Die Fufswurzel wird ganz entfernt. Ein starker Faden wird oberhalb des Sesamknorpels um die Achillessehne in Gestalt eines Weberknotens fest zusammengezogen, die Sehne durch den Spalt der Elfenbeinplatte so gelegt, dafs die Schlinge des Fadens sich aufserhalb befindet und der Faden um die Platte festgebunden. Zum Ueberflufs kann man den Faden auch noch an der inneren Seite der Platte um die Sehne, und dann nochmals um die Platte festbinden. So ist die Sehne hinreichend fest mit der Platte verbunden, um den Muskel bis zur Zerreifsung zu spannen. An das Ende der Sehne unterhalb des Sesamknorpels wird der Zuleitungsbausch angelegt.\nWird nun auf diese Art der Gastroknemius, dem der Ischiadnerv gelassen worden ist, mit sehnigen Enden unverr\u00fcckbar in den Kreis der Kette gebracht, so erh\u00e4lt man, je nach der Stufe des parelektronomi-schen Zustandes, auf der sich der Muskel befindet, entweder einen negativen, oder keinen, oder einen schwachen positiven Ausschlag. Teta-nisirt man auf elektrischem Wege vom Nerven aus (S. oben Abth. I. S. 35 ff.), so sieht man in allen drei F\u00e4llen einen Ausschlag in ab","page":143},{"file":"p0144.txt","language":"de","ocr_de":"144 3. Abschn. Kap. Till. \u00a7. II. 12 (i). Von dem elektromotorischen\nsteigendem Sinn erfolgen. Wenn der Muskel bereits negativ wirksam war, so erfolgt also in Bezug auf das Zeichen des schon vorhandenen Stromes, statt einer negativen, eine positive Wirkung; wenn er unwirksam war, so wird er im Augenblick der Zusammenziehung negativ wirksam; endlich, wenn er bereits positive Wirksamkeit besafs, so \u00fcbersteigt die erfolgende negative Wirkung bei weitem diejenige, die von einem blofsen Aufh\u00f6ren der positiven Wirkung und von dem Freiwerden der durch sie entwickelten Ladungen herr\u00fchren k\u00f6nnte.\nDies l\u00e4fst sich leicht zeigen, erstlich, indem man die Zuleitungsb\u00e4usche, neben dem Gastroknemius, noch mit dem Schliefsungsbausche \u00fcberbr\u00fcckt. Trotz der so sehr viel besseren Leitung bleibt h\u00e4ufig der Ausschlag unter dem, den man durch Tetanisiren erh\u00e4lt. Zweitens, indem man auf die oben Abth. I. S. 60 dargelegte Art die Ladungen ganz aus dem Spiel bringt, indem man n\u00e4mlich die Muskelkette erst schliefst, nachdem man begonnen hat zu tetanisiren. A. a. 0. hatte dies Verfahren mit einem Muskel, dessen Strom vollst\u00e4ndig, oder nahezu vollst\u00e4ndig entwickelt war, einen positiven Ausschlag zur Folge, obwohl schw\u00e4cher, als vom ruhenden Muskel. So bewiesen wir damals, dafs es sich bei der negativen Schwankung, trotz dem durch die Ladungen bedingten Anschein, nur um eine Abnahme, nicht um Umkehr der Gesammtwirkung des Muskels w\u00e4hrend der Zusammenziehung handle. Hier dagegen, wo wir am Muskel im parelektronomischen Zustande beobachten, ist der Erfolg der umgekehrte. Der Ausschlag, den man beim Schliefsen der Muskelkette nach dem Beginn des Tetanus erh\u00e4lt, ist stets negativ.\nMan kann aber leicht diese Erscheinungsweise im Versuch \u00fcberleiten in die gew\u00f6hnliche, uns v\u00f6n fr\u00fcher her gel\u00e4ufige. Dazu ist nur n\u00f6thig, den parelektronomischen Gastroknemius, statt mit sehnigen Enden, mit nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt in den Kreis zu bringen. Alsdann n\u00e4mlich entwickelt sich, wie wir bereits wissen, stetig der positive Strom des Muskels, wegen des an die Ausbreitung der Achillessehne angelegten Eiweifsh\u00e4utchens (S. oben S. 35. 36. 53). Wiederholt man unter diesen Umst\u00e4nden mehrmals nach einander denVersuch, die Kette erst zu schliefsen, nachdem der Tetanus begonnen hat, so sieht man zwar anfangs die Nadel negativ abgelenkt werden. Diese negativen Ausschl\u00e4ge werden aber immer kleiner. Zuletzt gehen sie durch Null \u00fcber in positive Ausschl\u00e4ge, und nun ist man genau in den oben erinnerten Versuch, Ahth. I. S. 60, zur\u00fcckgefallen. Verf\u00e4hrt man auf dieselbe Weise mit k\u00fcnstlichem Querschnitt statt mit nat\u00fcrlichem, so erh\u00e4lt man gleich das erstemal Anschl\u00e4gen an die positive Hemmung.\nIst der Muskel mit sehnigen Enden in die Kette gebracht, so dafs","page":144},{"file":"p0145.txt","language":"de","ocr_de":"Verhallen par elektronomischer Muskeln im Tetanus.\n145\nkeine entwickelnde Ursache den nat\u00fcrlichen Querschnitt treffen kann, so sieht man die Nadel, nach Beendigung des Tetanus, stets ihre fr\u00fchere Stellung nahezu wieder einnehmen, nie sie \u00fcberschreiten. Es liegt also in heftigen und andauernden Zusammenziehungen kein Grund zur R\u00fcckr bildung der parelektronomischen Schicht.\nDie Untersuchung des zuckenden parelektronomischen Muskels mittelst des strompr\u00fcfenden Froschschenkels lehrt schliefslich, in Ueberein-stimmung mit allem Vorhergehenden, dafs auch ein solcher Muskel im Stande ist, die secund\u00e4re Zuckung in allen ihren Gestalten hervorzubringen , so gut wie ein Muskel der im vollen Besitze seines Stromes ist (S. oben Abth. I. S. 93 ff.). Tetanisirt man den parelektronomischen Muskel, so ger\u00e4th der strompr\u00fcfende Schenkel, dessen Nerv dem Muskel entlang gelegt ist, in secund\u00e4ren Tetanus, zum Beweise, den die Multiplicatornadel nicht zu liefern vermag (S. oben Bd. I. S. 409. Bd. II. Abth. I. S. 87. 528), dafs der bei der Zusammenziehung hier entstehende Strom unterbrochener Art ist, gleich der negativen Schwankung beim Tetanisiren nicht parelektronomischer Muskeln. Die Curve jenes Stromes bezogen auf die Zeit w\u00fcrde eine kammf\u00f6rmige Gestalt haben, etwa wie * die Curve kt kIU in Fig. 89. Taf. I. Bd. II, allein statt auf die Gerade Ot, auf die Gerade + k = const, als Abscissenaxe bezogen.\n(ii) Erkl\u00e4rung der absolut negativen Schwankung des Muskel Stromes bei der Zusammenziehung im parelektronomischen Zustande.\nDurch die Ergebnisse dieser neuen Versuche stellt sich die negative Schwankung des Muskelstromes als eine absolut negative dar, d. h. als eine solche, die selbst dann pegativ bleibt, wenn auch der urspr\u00fcngliche Strom sich in\u2019s Negative verkehrt hat. Man erinnert sich, dafs wir zu demselben Ergebnifs bereits f\u00fcr die negative Schwankung des Nervenstromes gelangt sind, welche die heftige und andauernde Innervation begleitet. S. oben Abth. I. S. 553. 564. Ich habe damals bereits angedeutet, dafs wir, in Betreff der Muskeln, das Gleiche finden w\u00fcrden, und beide Thatsachen als gleichbedeutend angesprochen. Indessen war ich zu jener Zeit in das Wesen des parelektronomischen Zustandes der Muskeln noch nicht tief genug eingedrungen. Ich halte insbesondere diesen Zustand noch nicht als einen solchen des alleinigen nat\u00fcrlichen Querschnittes aufgefafst, sondern ich stellte mir noch vor, der Muskel befinde sich dabei durch und durch im unwirksamen oder im negativ peripolaren Zustande, und der Strom des k\u00fcnstlichen Querschnittes entwickele sich nur \u00e4ufserst schnell durch unbekannte Umst\u00e4nde, w\u00e4hrend der des nat\u00fcrlichen Querschnittes dazu mehr Zeit bed\u00fcrfe (Vergl. oben S. 75. 112).","page":145},{"file":"p0146.txt","language":"de","ocr_de":"146 3. JbscJm. Kap. VIII. \u00a7. II. 12 (ii). Erkl\u00e4rung des elektromotorischen\nDiese Voraussetzung hat jetzt weichen m\u00fcssen, und wir wissen nun, dafs der unwirksame oder negativ wirksame Zustand, in den die Nerven und auch die Muskeln unter Umst\u00e4nden durch allerhand Mifs-handlungen gerathen, und der beim ersten Anblick ihm \u00e4hnliche, in den die Muskeln durch die dauernde Einwirkung der K\u00e4lte verfallen, wesentlich von einander verschieden sind. Im ersten Fall ist wirklich durch die ganze Masse der thierischen Erreger eine verschiedene Anordnung der elektromotorischen Molekeln eingetreten, was sich daraus ergiebt, dafs jeder neue k\u00fcnstliche Querschnitt sich unwirksam oder positiv verh\u00e4lt. Im zweiten Falle lassen sich die Erscheinungen nur unter der Voraussetzung erkl\u00e4ren, dafs im Inneren des Muskels \u00fcberall die gew\u00f6hnliche, positiv peripolare Anordnung herrsche, dafs aber der nat\u00fcrliche Querschnitt der Sitz einer abweichenden Lagerungsweise der elektromotorischen Molekeln sei.\nDemgem\u00e4fs gestalten sich denn auch die Schl\u00fcsse verschieden, die wir in beiden F\u00e4llen in Betreff des eigentlichen elektromotorischen Vorganges w\u00e4hrend des Tetanisirens zu ziehen haben. Was die absolut negative Schwankung des Stromes an dem negativ wirksamen Nerven betrifft, so ist nicht anders zu sagen, als dafs der Nerv w\u00e4hrend der Innervation noch st\u00e4rker negativ th\u00e4tig wird, es sei denn, dafs man annehme, dafs in diesem Falle die negative Schwankung nur von einzelnen Primitivr\u00f6hren ausgeht, die der Stromesumkehr noch nicht unterworfen sind. Keinesweges aber pafst diese Schlufsfolge ohne weiteres auf den im parelektronomischen Zustande befindlichen Muskel, der entweder unwirksam oder negativ wirksam aufliegt, und, bei der Zusammenziehung, pl\u00f6tzlich negative Kr\u00e4fte zu entfalten scheint.\nMan stelle sich n\u00e4mlich den Muskel vor, seine Molekeln durch und durch in positiv peripolarer Anordnung, nur am nat\u00fcrlichen Querschnitt eine Schicht Molekeln befindlich, die zum Theil positive Pole nach aufsen kehren. Je nach dem Verh\u00e4ltnifs der Zahl der Punkte des Querschnittes, die solchergestalt positiv wirken, zu der der Punkte, wo die negative Wirksamkeit der zun\u00e4chst darunter liegenden Schicht positiv peripolarer Gruppen zur Geltung kommt, erscheint der Muskel, unserer durch die Versuche am Kupferzinkschema beglaubigten Theorie des parelektronomischen Zustandes gem\u00e4fs, positiv wirksam, unwirksam, oder negativ wirksam (Vergl. oben S. 100). Es fragt sich nun, welche Ver\u00e4nderungen werden eintreten m\u00fcssen, damit der Muskel pl\u00f6tzlich entweder negativ wirksam werde, oder, wenn er dies schon vorher war, mit verst\u00e4rkter Kraft negativ wirke.\nZun\u00e4chst ist leicht zu sehen, dafs, sobald man annimmt, dafs die parelektronomische Schicht Antheil nimmt an der Ver\u00e4nderung, welche","page":146},{"file":"p0147.txt","language":"de","ocr_de":"Verhaltens pareleTdronomischer Muslceln im Tetanus.\t147\nman in der Masse des Muskels voraussetzt, es nicht gelingt, zu einer befriedigenden Deutung der Erscheinungen zu gelangen. L\u00e4fst man n\u00e4mlich , um die negative Schwankung zu erkl\u00e4ren, den Muskel und gleichzeitig jene Schicht bei der Zusammenziehung an elektromotorischer Kraft verlieren, oder diese Kraft ganz und gar einb\u00fcfsen, so wird die Folge unter allen Umst\u00e4nden eine relativ negative Schwankung sein, d. h. es wird, wenn bereits positiver oder negativer Strom vorhanden ist, eine entsprechende Verminderung desselben eintreten; wenn aber der Muskel unwirksam ist, wird die Nadel auch beim Tetanisiren auf Null bleiben. L\u00e4fst man den Muskel, und gleichzeitig die parelektronomische Schicht ihre Kraft im Tetanus, statt blofs einb\u00fcfsen, vielmehr umkehren, gleichviel ob diese Kraft nach der Umkehr eine geringere oder die n\u00e4mliche Gr\u00f6fse erreiche als vorhin, so wird der Erfolg in allen drei F\u00e4llen noch immer derselbe, n\u00e4mlich eine relativ negative Schwankung sein. Ist der urspr\u00fcngliche Strom Null, so bleibt auch hier die Nadel auf Null ; ist bereits entweder positiver oder negativer Strom vorhanden, so mufs sie dem Nullpunkt zueilen, aber mit gr\u00f6fserer Heftigkeit als bei Voraussetzung allein einer Kr\u00e4fteabnahme des Muskels zusammen mit der par-elektronomischen Schicht.\nNichts von alledem trifft in Wirklichkeit zu. Versuchen wir daher einmal jetzt, wie sich die Dinge gestalten m\u00f6gen, wenn wir uns denken, die Kr\u00e4fte der parelektronomischen Schicht blieben hei der Zusammenziehung unver\u00e4ndert. Auf der Stelle ist jede Schwierigkeit beseitigt.\nDamit der Muskel, im Tetanus, eine absolut negative Schwankung zeige, ist es n\u00f6thig und zureichend, dafs sein Querschnitt im Ganzen genommen positiver werde. Ein Theil dieses Querschnittes besitzt nun schon, wie wir jetzt annehmen, eine unver\u00e4nderliche Positivit\u00e4t. Es ist derjenige, der mit der parelektronomischen Schicht bekleidet ist. Soll also der Querschnitt, in seiner Gesammtheit, positiver werden, so gen\u00fcgt es, dafs die \u00fcbrigen Punkte desselben entweder weniger negativ, oder neutral oder gar selber positiv werden. Dies wird die Folge davon sein, dafs der Muskel, abgesehen von der unver\u00e4nderlichen parelektronomischen Schicht, beziehlich an Wirksamkeit abnimmt, ganz unwirksam wird, oder gar negativ zu wirken beginnt, immerhin bis zu dem Grade, bis zu dem er im ruhenden Zustande mit k\u00fcnstlichem Querschnitt positiv wirksam ist.\nSo werden wir zu der merkw\u00fcrdigen Einsicht gef\u00fchrt, dafs die parelektronomische Schicht an dem Molecularmechanlsmus der Zusammenziehung keinen Antheil hat. Mit diesem Ergebnifs stimmt augenscheinlich die oben S. 144. 145 erw\u00e4hnte Thatsache, dafs der Tetanus die\n10\u00b0","page":147},{"file":"p0148.txt","language":"de","ocr_de":"148\t& Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. II. 12 (in). Folgerungen aus dem\nEntwickelungsstufe des Stromes des nat\u00fcrlichen Querschnittes unver\u00e4ndert l\u00e4fst. Zwar k\u00f6nnte man sich auch vorstellen, dafs sich aus jeder einzelnen Zuckung die urspr\u00fcngliche Anordnung der Kr\u00e4fte am nat\u00fcrlichen Querschnitt stets genau wiedergebiert. Einfacher jedoch ist es jedenfalls sich zu denken, wozu wir jetzt also ohnehin gedr\u00e4ngt werden, dafs die elektromotorischen Molekeln, die die parelektronomische Schicht ausmachen, bei der Zusammenziehung \u00fcberhaupt gar nicht betheiligt sind.\n(m) Folgerungen aus dem Vorhergehenden f\u00fcr die Frage, ob der Muskelstrom bei der Zusammenziehung nur abnehme oder sich\numkehre.\nNachdem wir, im vierten Kapitel dieses Abschnittes, die Erscheinung des secund\u00e4ren Tetanus entdeckt hatten, schlossen wir, dafs die gleichzeitig sich am Multiplicator kundgebende Abnahme des Stromes m\u00f6glicherweise ein ganz tr\u00fcglicher Anschein sei. Der secund\u00e4re Tetanus beweist uns, dafs die negative Schwankung keine stetige sei, sondern sich zusammensetzt aus einer dichtgedr\u00e4ngten Reihe kurzer und schneller Schwankungen im negativen Sinne. Die Curve des Muskelstromes bezogen auf die Zeit mufs im Tetanus die Gestalt eines Kammes haben, dessen Z\u00e4hne gegen die Abscissenaxe gekehrt sind. V\u00f6llig ungewifs aber bleibt man \u00fcber die Tiefe, bis zu welcher, in Bezug auf die Abscissenaxe, die Spitzen dieser Z\u00e4hne reichen. Sie k\u00f6nnen nicht bis zur Axe reichen; sie k\u00f6nnen sie erreichen; sie k\u00f6nnen aber auch dar\u00fcber hinausgehen, und zwar immerhin so weit, dafs eine vollst\u00e4ndige Umkehr des Muskelstromes dadurch zu Stande kommt. Alle diese F\u00e4lle sind denkbar, und der elektromagnetische Strompr\u00fcfer vermag sie ebensowenig von einander zu unterscheiden, als von dem Falle der stetigen Abnahme des Stromes, der aber durch die Erscheinung des secund\u00e4ren Tetanus ausgeschlossen ist (S. oben Abth. I. S. 90. 120. 142. 447. 528. Fig. 89. Taf. I).\nNat\u00fcrlich hatten wir in der Beantwortung der Frage, welcher von diesen F\u00e4llen denn nun in der Wirklichkeit stattfinde, sofort eine der wichtigsten uns gestellten Aufgaben erkannt. Auf folgende Weise suchten wir diese Aufgabe zu l\u00f6sen.\nDarauf verzichteten wir von vorn herein, auszumachen, ob, in dem Fall der Muskel bei der Zusammenziehung nicht negativ wirksam w\u00fcrde, sein Strom nur abnehme, oder ganz verschwinde, und ob, in dem Fall der Muskel negativ wirksam w\u00fcrde, sein Strom dieselbe H\u00f6he im negativen Sinne erreiche, die er w\u00e4hrend der Ruhe im positiven Sinne besitzt, oder nicht. Zu einer solchen Entscheidung w\u00fcrden","page":148},{"file":"p0149.txt","language":"de","ocr_de":"elektromotorischen Verhalten parelektronomischer Muskeln im Tetanus. 149\nmessende Versuche geh\u00f6ren, an deren Ausf\u00fchrung wir nicht denken konnten.\nUnthunlich schien uns dagegen nicht, zu entscheiden zwischen den beiden M\u00f6glichkeiten, ob die Curve der Muskelstromst\u00e4rken bezogen auf die Zeit im Augenblick der Zuckung diesseits der Abscissenaxe bleibe, oder sie \u00fcberschreite. Dazu schien uns nichts weiter nothwen-dig als denVersuch zu machen, den Muskelstrom in den Multiplicatorkreis aufzunehmen immer nur in dem Augenblick der Zusammenziehung. Erfolgte alsdann ein Ausschlag in negativer Richtung, so meinten wir, w\u00fcrde dies den Beweis daf\u00fcr liefern, dafs sich der Muskelstrom bei der Zusammenziehung wirklich umkehre.\nUnsere Bem\u00fchungen zu diesem Zwecke schlugen bekanntlich fehl. Wir bekamen, mit H\u00fclfe der damals ersonnenen Versuchsweisen, keinen negativen Ausschlag zu sehen. Dieser verneinende Erfolg durfte begreiflich nicht ohne Weiteres so gedeutet werden, als sei nun ausgemacht, dafs der Muskelstrom bei der Zusammenziehung positiv bleibe. Vielmehr konnte dieser Erfolg eben so gut zur Last gelegt werden der Unvollkommenheit der Mittel, die wir angewendet hatten, um die negative Wirkung im Augenblick der Zusammenziehung zu sondern von der positiven Wirkung w\u00e4hrend der Ruhe des Muskels. Auch erkl\u00e4rten wir sogleich diese Untersuchung nicht f\u00fcr abgeschlossen, sondern nur f\u00fcr vertagt auf eine sp\u00e4tere Gelegenheit (S. oben ebendas. S. 126).\nJetzt finden wir uns unerwartet darauf zur\u00fcckgef\u00fchrt. Und man k\u00f6nnte beim ersten Anblick glauben, wir seien nun zur Entscheidung gelangt, nach der wir damals strebten. Dem Anschein nach hat sich uns das Ergebnifs, von dem wir diese Entscheidung erwarteten, jetzt unverholft und m\u00fchelos in die H\u00e4nde gespielt. Wir erhalten, so oft wir wollen und bei Ausschlufs der Ladungen, negative Ausschl\u00e4ge von den Gastroknemien bei der Zusammenziehung, und es bedarf dazu gar nicht erst der k\u00fcnstlichen Aussonderung der Wirkung des zusammengezogenen Muskels. Die negative Wirkung bei der Zusammenziehung \u00fcbertrifft hinreichend die w\u00e4hrend der Ruhe, um einen tetanisirten Muskel negativ wirksam erscheinen zu lassen, wofern nur der Muskel vorher der K\u00e4lte ausgesetzt war, so dafs seine parelektronomische Schicht h\u00f6her entwickelt worden ist, und wofern er nur so in den Multiplicatorkreis gebracht wird, dafs er vor Entwickelung seines positiven Stromes gesch\u00fctzt ist.\nIndessen bei n\u00e4herer Betrachtung sieht man bald, dafs diese Schlufs-folge fehlerhaft ist. Es zeigt sich ganz im Gegentheil nicht allein, dafs durch unsere jetzigen Beobachtungen jene schweben gebliebene Frage nicht erledigt ist, sondern es ergiebt sich auch daraus, dafs sie auf","page":149},{"file":"p0150.txt","language":"de","ocr_de":"150\t& Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 12 (in). Folgerungen aus dem\ndem Wege, den wir damals einschlugen, wenigstens ohne Znh\u00fclfenahmo fernerer Betrachtungen und experimenteller Kunstgriffe, gar nicht erledigt werden k\u00f6nne. Der negative Ausschlag der tetanisirten Gastro-knemien beweist nicht mehr, wie wir damals zu glauben berechtigt waren, dafs der Muskelstrom bei der Zusammenziehung sich umkehrt. Durch die Entdeckung der parelektronomischen Schicht hat er in dieser Angelegenheit die entscheidende Stimme eingeb\u00fcfst. Er hat fortan nicht mehr zu bedeuten als der Ausschlag, der in einem Kreise, in dem zwei Muskeln, oder ein Muskel und eine Kette von best\u00e4ndiger Kraft sich das Gleichgewicht halten, im negativen Sinne des tetanisirten Muskels, im positiven des ruhenden oder im Sinne der Kette von best\u00e4ndiger Kraft erfolgt.\nNach dem in der vorigen Nummer (n) gesagten bedarf dies kaum einer Erl\u00e4uterung. Sei m die positive Kraft des ruhenden Muskels abgesehen von der parelektronomischen Schicht, p die negative Kraft dieser Schicht, m > p. Der ruhende Muskel nebst der Schicht \u00fcbt also in der Zeiteinheit eine dem Unterschiede m \u2014 p proportionale elektromagnetische Wirkung im positiven Sinne aus (Vergl. oben S. 127). Sei ferner m' die nach Zeichen und Gr\u00f6fse unbekannte Kraft, mit der der Muskel, ohne die Schicht, im Augenblick der Zusammenziehung wirksam ist, t der Bruchtheil der Zeiteinheit, der durch die St\u00f6fse ausgef\u00fcllt wird, aus denen sich der Tetanus zusammensetzt, r der \u00fcbrige Bruch-theil der Zeiteinheit, der die Zwischenzeiten der Ruhe umfafst {t + r \u2014 1). Die elektromagnetische Wirkung, die der Muskelstrom im Tetanus w\u00e4hrend der Zeiteinheit aus\u00fcbt, ist alsdann proportional der Summe (\u00bb\u00bb' \u2014 p) t + (m \u2014 p) r.\t(I)\nEs ist klar, dafs dieser Ausdruck auch f\u00fcr positive Werthe von m' negativ werden kann, sobald nur p hinl\u00e4nglich grofs, m' und r\\t hinl\u00e4nglich klein genommen werden. Keinesweges braucht dazu ni' selber negativ zu sein. Dies ist die Zergliederung unseres neuen Versuches, wo zwar m' und r:t denselben Werth gehabt haben m\u00f6gen wie bei den \u00e4lteren, wo aber p viel gr\u00f6fser war. Daher der verschiedene Erfolg, der aber sofort in jenen fr\u00fcheren zur\u00fcckfiel, sobald wir, durch die bekannten Kunstgriffe, den Werth von p geh\u00f6rig herabsetzten (S. oben S. 144).\nSehen wir nun zu, was geschehen w\u00fcrde, wenn es uns gel\u00e4nge, die Reihe der negativen St\u00f6fse im Tetanus wirklich genau auszusondern. Wir w\u00fcrden eine Wirkung erhalten proportional\n{rn \u2014 p) t.\t(II)\nAugenscheinlich wird bei gleichem Werth von p dieser Ausdruck bereits f\u00fcr ein gr\u00f6fseres positives m negativ werden als der (I), da das","page":150},{"file":"p0151.txt","language":"de","ocr_de":"elektromotorischen Verhalten par elektronomischer Muskeln im Tetanus. 151\nunver\u00e4nderlich positive zweite Glied aus diesem letzteren hinweggefallen ist. Aber wenn m' sollte gleich Null sein, so mufs sogar der Ausdruck (II) unter allen Umst\u00e4nden negativ werden, sobald nur p den geringsten Werth hat.\nDie Leichtigkeit, mit der die secund\u00e4re Zuckung vom Muskel aus erfolgt, l\u00e4fst schliefsen, dafs m, wenn es ja einen positiven Werth besitzt, doch jedenfalls nur sehr klein sein kann. Es ist folglich nicht zu bezweifeln, dafs es wirklich nur an der Unvollkommenheit unseres Verfahrens lag, wenn es uns, bei unseren fr\u00fcheren Versuchen, nicht gelang, negative Ausschl\u00e4ge von den Muskeln in den ausgesonderten Augenblicken der Zusammenziehung zu erhalten. Allein wenn uns dies gelungen w\u00e4re, und wir h\u00e4tten, wie wir damals nicht anders konnten, daraus geschlossen auf den negativen Werth von m\\ so w\u00fcrde dies, wie man jetzt sieht, ein Fehlschlufs gewesen sein. Jene negative Wirkung k\u00f6nnte zwar die Summe sein des negativen p und eines negativen m. Aber es bliebe noch immer die Aufgabe ungel\u00f6st, zu entscheiden zwischen dieser M\u00f6glichkeit und derjenigen, dafs m Null sei oder gar einen kleinen positiven Werth besitze. Die Er\u00f6rterung der Frage, welche Aussichten jetzt noch \u00fcbrig bleiben f\u00fcr die L\u00f6sung dieser Aufgabe, und die Verwirklichung der Methoden, auf welche uns diese Er\u00f6rterung etwa f\u00fchren sollte, behalten wir einem sp\u00e4teren Orte vor.\n(iv) Von der negativen Nachwirkung des Tetanisirens der Muskeln\nauf ihren Strom. 1\nDie Untersuchung der negativen Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung an stark parelektronomischen Muskeln ist geeignet, eine Besonderheit jener Erscheinung erkennen zu lassen, die uns in unseren fr\u00fcheren, an minder stark parelektronomischen Muskeln angestellten Versuchen, nothwendig entgangen war. Wir haben uns n\u00e4mlich bisher stets vorgestellt (Vergl. Fig. 89. Taf. I dieses Bandes), dafs die Curve des Muskelstromes bezogen auf die Zeit, in den Zwischenr\u00e4umen zwischen den einzelnen St\u00f6fsen, aus denen sich der Tetanus zusammensetzt, wie auch sofort nach Beendigung des Krampfes, diejenige H\u00f6he wieder ersteige, die ihr im Ruhezust\u00e4nde des Muskels zukommt. Dem ist jedoch nicht so, wie aus folgenden Versuchen hervorgeht.\nBei Gelegenheit einer Versuchsreihe, deren eigentlicher Zweck nachmals aufgegeben wurde, kam ich in den Fall, das eine Bein achter GALVANi\u2019scher Pr\u00e4parate (S. oben Bd. I. S. 467) im parelektronomi-\n1 S. du Bois-Reymond in Comptes rendus etc. 8 Avril 1850. t. XXX. p. 408;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Octobre 1850. 3. S\u00e9rie, t. XXX. p. 186.*","page":151},{"file":"p0152.txt","language":"de","ocr_de":"152\t\u00ab?. Abschn. Kap. Till, \u00a7. 11. 12 (iv). Von der Nachwirkung\nsehen Zustande vom R\u00fcckenmark aus bis zur Ersch\u00f6pfung zu tetani-siren, w\u00e4hrend das andere Bein in Ruhe blieb, dessen Sitzbeinnerv n\u00e4mlich durchschnitten war. Sobald das tetanisirte Bein auch auf die st\u00e4rksten Schl\u00e4ge meiner \u00e4lteren Inductionsvorrichtung (S. oben Bd. I. S. 447) vom R\u00fcckenmark aus Zuckungen versagte, wurde auch sein Sitzbeinnerv zerschnitten, und somit das \u00e4chte GALVANi\u2019sche Pr\u00e4parat in unser un\u00e4chtes verwandelt (S. oben Bd. I. a. a. 0.). Alsdann pr\u00fcfte ich schnell nacheinander jedes der beiden Beine am Multiplicator auf die St\u00e4rke seines Stromes, ohne dabei die Beine durch Spaltung des Beckens in der L\u00e4ngsmittelebene von einander zu trennen. Dies geschieht leicht, indem man sich des Beines, dessen Fufs gerade nicht eingetaucht werden soll, als einer Handhabe bedient, um das beiden Beinen gemeinschaftliche Beckenende des Pr\u00e4parates in dem entsprechenden Zuleitungsgef\u00e4fs zu regieren. Um das nicht einzutauchende Bein dabei vollends vor jeder leitenden Verbindung mit der Vorrichtung, wie auch vor Benetzung mit Kochsalzl\u00f6sung zu sichern, schl\u00e4gt man es in eine nichtleitende wasserdichte H\u00fclle von Kautschuk oder Guttapercha ein.\nIch fand nun, zu meinem Erstaunen, sehr regelm\u00e4fsig, dafs die ersten Ausschl\u00e4ge vom tetanisirten Beine sich weit unter denen vom ruhig gebliebenen Beine hielten; ja dafs meistens das tetanisirte Bein einen absteigenden Ausschlag gab, w\u00e4hrend doch die Fr\u00f6sche, von denen diese Pr\u00e4parate herr\u00fchrten, nur im Eiskeller erk\u00e4ltet waren, was gemeiniglich noch keine negative Wirksamkeit bedingt (Vergl. oben S. 131). In vier Versuchen gaben z. B. die in Ruhe gebliebenen Beine die ersten Ausschl\u00e4ge + 19\u201c; +40\u00b0; +17\u00b0; +50\u00b0; die tetanisirten die ersten Ausschl\u00e4ge \u2014 19\u00b0; \u2014 10\u00b0; \u2014 2\u00b0; \u25a0+- 15\u00b0. Wurden darauf die Beine der Benetzung mit der Kochsalzl\u00f6sung der Gef\u00e4fse bei wiederholtem Auflegen preisgegeben (S. oben S. 34. 47. 48), so holte der positive Strom des tetanisirten Beines schnell den des in Ruhe gebliebenen ein. Dafs die gleichnamigen Muskeln der beiden Beine sich auf einer betr\u00e4chtlich verschiedenen Stufe des parelektronomischen Zustandes befinden, ist, wie man sich erinnert, an und f\u00fcr sich nichts ungew\u00f6hnliches (S. oben S. 126. 140). Allein dafs hier dem in Ruhe gebliebenen Beine best\u00e4ndig ein positives Uebergewicht zukam, und zwar ein viel zu bedeutendes, um cs blofs auf Rechnung der durch den Tetanus bewirkten Ersch\u00f6pfung bringen zu k\u00f6nnen, dies schien darauf zu deuten, dafs der Tetanus, auch \u00fcber seine eigene Dauer hinaus, eine Ver\u00e4nderung des Stromes im negativen Sinne bedinge.\nAehnliche Erfahrungen machte ich an den GALVANi\u2019schen Pr\u00e4paraten parelektronomischer Fr\u00f6sche, die durch Gehirnersch\u00fctterung get\u00f6dtet","page":152},{"file":"p0153.txt","language":"de","ocr_de":"des Tetanus auf den Muslcelsirom.\n153\nund in Folge dessen in Tetanus verfallen waren (S. oben Bd. I. S. 459. Bd. IL Abth. I. S. 32). Hier entbehrte ich indefs der B\u00fcrgschaft, welche in den vorigen Versuchen aus dem Zustande des einen Beines f\u00fcr das Ungew\u00f6hnliche des Zustandes des anderen Beines hervorging. Es konnte mir nur auffallen die im Verh\u00e4ltnifs zur erlittenen K\u00e4lte ungew\u00f6hnlich tiefe Entwickelungsstufe der positiven Wirksamkeit, auf der ich das Pr\u00e4parat bei der ersten Pr\u00fcfung dem Anscheine nach fand. Um nun hier\u00fcber in\u2019s Reine zu kommen, wurde folgendermafsen verfahren.\nEin im parelektronomischen Zustande stromloser oder schwach positiv wirksamer Gastroknemius, dem sein Sitzbeinnerv gelassen war, wurde in der kleinen Streckvorrichtung auf die oben S. 143 beschriebene Art m\u00e4fsig ausgespannt und zwischen die Zuleitungsb\u00e4usche in den Multiplicatorkreis gebracht. Entweder war dieser offen an einer Stelle, wo sich ein Quecksilbernapf mit verquicktem Schliefsungshaken befand, um ihn rasch und sicher schliefsen zu k\u00f6nnen (S. oben Abth. I. S. 424. 425), oder es wurden die Zuleitungsb\u00e4usche neben dem Gastroknemius mit dem Schliefsungsbausch \u00fcberbr\u00fcckt. Schlofs man entweder den Multiplicatorkreis oder entfernte man den Schliefsungsbausch, je nachdem die eine oder die andere von diesen Anordnungen getroffen war, so gab sich also an der Nadel die elektromotorische Wirkung des Gastroknemius zu erkennen.\nDer Sitzbeinnerve des Gastroknemius lag auf den Blechen der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung auf. Diese stellten die Enden der indu-cirten Rolle meines Schlitten-Magnetelektromotors vor (S. oben Abth. I. S. 48. Anm. 1. S. 393. Anm. 1). Die Feder des Magnetelektromotors spielte; allein der inducirende Kreis war an einer Stelle ge\u00f6ffnet, wo sich, wie in dem Multiplicatorkreise bei der einen der beiden beschriebenen Anordnungen, ein Quecksilbergef\u00e4fs mit verquicktem Schliefsungshaken befand. Auch war die inducirte Rolle des Magnetelektromotors auf ihrem Schlitten hinl\u00e4nglich weit von der inducirenden entfernt, damit keine unipolaren Inductionszuckungen eintreten konnten.\nWar alles auf diese Weise vorgerichtet, und hatte ich, sei\u2019s durch Schliefsen des Multiplicatorkreises bei der einen, sei\u2019s durch Abheben des Nebenschliefsungsbausches bei der anderen Anordnung, mich von dem Grade der Wirksamkeit des Gastroknemius genau unterrichtet, so schlofs ich, im ersten Fall bei wiederum entladenen metallischen Multi-plicatorenden und ge\u00f6ffnetem Multiplicatorkreise, im zweiten bei wiederum aufgelegtem Schliefsungsbausche, den inducirten Kreis des Magnetelektromotors, und tetanisirte den Gastroknemius einige Zeit lang. Mitten im Tetanus durchschnitt ich pl\u00f6tzlich, mit einer kleinen Cooper-schen Scheere, den Nerven zwischen dem Muskel und den Platinblechen","page":153},{"file":"p0154.txt","language":"de","ocr_de":"154\t5. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 12 (iv). Von der NachmrJmng\nder stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung,1 und schlofs den Augenblick darauf den Multiplicatorkreis oder hob den Schliefsungsbausch ab.\nObschon der Muskel nach Durchschneidung des Nerven sofort v\u00f6llig erschlaffte, erhielt ich nun stets einen negativen Ausschlag, bis zu einer gewissen Grenze um so gr\u00f6fser, je l\u00e4nger ich den Gastroknemius tetani-sirt hatte. Der Ausschlag ist kleiner als der, den der parelektronomische Muskel w\u00e4hrend des Tetanus selber in gleichem Sinne giebt. Er betr\u00e4gt am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom nur etwa 5 \u201410\u00b0, und der Versuch wird daher mit Vortheil an dem Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom angestellt. Die somit dargelegte Nachwirkung des Tetanisirens auf den Muskelstrom nimmt, wenigstens in den ersten Augenblicken, sehr schnell an Gr\u00f6fse ab. L\u00e4fst man einige Minuten verstreichen, ehe man den Multiplicatorkreis wieder schliefst oder den Nebenschliefsungsbausch wieder abhebt, so findet man nur noch eine Spur davon vor. Diese Spur aber erweist sich als ziemlich hartn\u00e4ckig.\nEs versteht sich von selber, dafs die Erscheinung der Nachwirkung des Tetanus nichts zu schaffen hat mit dem parelektronomischen Zustande. Die Nachwirkung findet nicht minder statt, wenn die parelektronomische Schicht nicht so hoch entwickelt ist, wie in den vorigen Versuchen, oder wenn sie ganz entfernt ist, d. h. wenn der Muskel mit k\u00fcnstlichem Querschnitt wirksam ist. Wenn nichtsdestoweniger an dieser Stelle von der Nachwirkung gehandelt worden ist, so ist dies deshalb geschehen, weil an den im parelektronomischen Zustande stromlosen oder nur schwach positiv wirksamen Muskeln sich eine so g\u00fcnstige Gelegenheit bietet zur Beobachtung der Nachwirkung, dafs sie ihrer Geringf\u00fcgigkeit ungeachtet daran in die Augen fallen konnte. Der Grund davon ist leicht einzusehen.\nWendet man n\u00e4mlich die beschriebenen Versuchsweisen auf Muskeln an, die am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom 15\u201430\u201c positiven\n* Anstatt den Nerven zu durchschneiden, h\u00e4tte ich auch blofs den inducirten Kreis \u00f6ffnen oder den Nerven von den Blechen abheben tonnen. Gegen das blofse Oeffnen des inducirten Kreises ist zu bemerken, dafs der letzte Inductionsstrom der Zahl nach ein ungerader gewesen sein kann. Er l\u00e4fst alsdann die Platinbleche polarisirt zur\u00fcck und zwar die verschiedenen Punkte jedes Bleches in verschiedenem Mafse. Durch das Sinken dieser Ladung kann also noch nach dem Oeffnen des inducirten Kreises eine Erregung des Nerven staufinden. Vor dem Abheben des Nerven aber gab ich dem Durchschneiden den Vorzug aus dem Grunde, weil es schneller gethan ist, da man den abgehobenen Nerven nothwendig erst noch irgendwohin betten mufs, und weil die unmittelbar vom Strom betroffene Strecke h\u00e4ufig in einem so gereizten Zustande zur\u00fcckbleibt, dafs sie selbst nach Aufh\u00f6ren des Stromes noch Zuckungen vermittelt. Ohnehin mufs man doch, wenn man den Versuch an demselben Muskel wiederholen will, mit dem Nerven an den Platinblechen hinaufr\u00fccken, so dafs an der einmal bis zur Ersch\u00f6pfung tetanisirten Strecke nichts verloren ist.","page":154},{"file":"p0155.txt","language":"de","ocr_de":"des Tetanus auf den MusJcelstrom.\n155\nAusschlages geben, so gelingt es noch, die Nachwirkung mit ziemlicher Sicherheit zu beobachten. Freilich darf man sich nicht auf die Beobachtung der Abnahme des Stromes nach dem Tetanisiren beschr\u00e4nken, da seine St\u00e4rke auch sonst Senkungen ausgesetzt ist. Vielmehr ist die Nachwirkung erst dann als erwiesen zu betrachten, wenn man das Wiederanschwellen des Stromes beobachtet hat. Je gr\u00f6fser aber die urspr\u00fcngliche Stromst\u00e4rke des Muskels wird, um so mehr verschwindet dagegen die kleine Ver\u00e4nderung, die durch die Nachwirkung bedingt wird, so dafs sie sich zuletzt der Beobachtung entzieht.\nVollends ist dies der Fall bei Ableitung des Stromes vom k\u00fcnstlichen Querschnitt. Hier tritt noch die Schwierigkeit hinzu, dafs der Strom lange Zeit nach dem Auflegen im Sinken begriffen ist, so dafs man zwischen zwei Uebelst\u00e4nden zu w\u00e4hlen hat; n\u00e4mlich will mau warten, bis der Strom best\u00e4ndig geworden ist, zwischen der Gefahr, dafs der Muskel zu sehr an Leistungsf\u00e4higheit einb\u00fcfst; und, will man fr\u00fcher tetanisiren, der anderen Gefahr, dafs das Sinken des Stromes sein Wiederanschwellen verdeckt. Und doch w\u00fcrde es um so wichtiger sein, bei k\u00fcnstlichem Querschnitt die Nachwirkung zu beobachten, als dadurch zwischen zwei Vorstellungen entschieden werden w\u00fcrde, die man sich von dem Wesen der Nachwirkung machen kann. Man kann sich n\u00e4mlich denken, dafs sie beruht auf einer Schw\u00e4chung der elektromotorischen Kraft des ganzen Muskels mit Ausnahme der parelektono-mischen Schicht, die, wie wir wissen, an dem Molecularmechanismus der Zusammenziehung keinen Antheil hat (S. oben S. 147). Dies ist die einfachste und nat\u00fcrlichste Vorstellungsweise, wobei die Nachwirkung mit der gleichsinnigen Stromesschwankung w\u00e4hrend des Tetanus selber in deutliche Beziehung gesetzt erscheint. Die Nachwirkung w\u00fcrde sich aber auch physikalisch ebensogut begreifen lassen aus der Annahme einer vor\u00fcbergehenden Erh\u00f6hung der Kraft der parelektronomischen Schicht. Auch f\u00fcr die negative Schwankung, welche die Zusammenziehung selber begleitet, w\u00fcrde jetzt, wo wir die parelektronomische Schicht kennen gelernt haben, die n\u00e4mliche Zweideutigkeit obwalten, wenn wir nicht bereits im vierten Kapitel (S. oben Abth. I. S. 85) in Erfahrung gebracht h\u00e4tten, dafs die negative Schwankung ebensowohl stattfindet bei Ableitung des Stromes vom k\u00fcnstlichen, als bei Ableitung vom nat\u00fcrlichen Querschnitt. Den gleichen Beweis nun auch f\u00fcr die Nachwirkung gef\u00fchrt zu sehen, w\u00e4re augenscheinlich h\u00f6chst w\u00fcn-schenswerth.\nUm die Nachwirkung auch bei so grofser St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes sichtbar zu machen, dafs ihre eigene negative St\u00e4rke dagegen verschwindet, versuchte ich zuerst die Methode der Compen-","page":155},{"file":"p0156.txt","language":"de","ocr_de":"156\t3. Absclin. Kap. Vlll. \u00a7. 11. 12 (iv). Von der NachivirJcung\nsation. Der compensirende Muskel sollte D\u00e4mlich jetzt an die Stelle der parelektronomischen Schicht treten, welche den Strom des \u00fcbrigen Muskels compensirt und deren eigene elektromotorische Wirkung bei der Zusammenziehung best\u00e4ndig bleibt. Es wurde sonst am Verfahren nichts ge\u00e4ndert. Beiden einander corapensirenden Muskeln waren ihre Sitzbeinnerven gelassen, und es wurde stets derjenige tetanisirt, dessen Strom w\u00e4hrend der Ruhe beider die Oberhand hatte. Es mufste alsdann , bei erneuerter Beobachtung unmittelbar nach abgebrochenem Tetanus, die Oberhand auf den in Ruhe gebliebenen Muskel \u00fcbergegangen sein oder wenigstens es mufste der Differentialstrom an Gr\u00f6fse abgenommen haben und sp\u00e4ter wieder daran zunehmen.\nIch stellte den Versuch zuerst an mit zwei Gastroknemien, wovon der eine in der grofsen, der andere in der kleinen Streckvorrichtung ausgespannt war, in der Weise, wie man dies Fig. 88. Taf. I. dieses Bandes sieht (Vergl. oben Abth. I. S. 77). Allein ich erreichte keine so vollkommene Compensation, dafs ich, bei der erh\u00f6hten Verwickelung des Versuches, die Nachwirkung h\u00e4tte mit einiger Sicherheit beobachten k\u00f6nnen. Noch weniger gelang dies, als ich den Versuch mit der Ab\u00e4nderung wiederholte, dafs die Gastroknemien ihrer sehnigen Ausbreitung beraubt waren, also bis auf eine sehr kleine Stelle an der Achillessehne, mit k\u00fcnstlichem Querschnitt wirkten. Kein Wunder, denn die Zubereitung des k\u00fcnstlichen Querschnittes auf diese Art konnte nicht gleichzeitig stattfinden; sie dauert so lange dafs die an verletzten Muskeln rasch sinkende Leistungsf\u00e4higkeit Zeit hat, sich bedeutend zu verringern ; endlich sie giebt zu vielen Ungleichm\u00e4fsigkeiten Raum. Ich versuchte somit noch eine andere Anordnung mit k\u00fcnstlichem Querschnitt, welche frei war von diesen Uebelst\u00e4nden. Ich liefs zwei Adductor magnus oder Semimembranosus Cuv. einander in der Art entgegenwirken wie man dies Fig. 77. 78. Taf. V. Bd. I. sieht. Den Muskeln waren ihre Nerven erhalten ; nachdem ich ihre Str\u00f6me gegeneinander abgewogen hatte, tetanisirte ich den st\u00e4rkeren im offnen Kreise, zerschnitt den Nerven und schlofs. Aber wenn auch bei diesem Verfahren sich das Gleichgewicht etwas vollkommener herausstellte und der Tetanus kr\u00e4ftiger ausfiel als bei dem vorigen, so trat doch nun ein anderer Mifsstand ein, den ich auch vorhergesehen und deshalb der erstbeschriebenen Anordnung mit k\u00fcnstlichem Querschnitt den Vorzug geschenkt hatte. N\u00e4mlich der tetanisirte Muskel ver\u00e4nderte bei der Zusammenziehung seine Lage in der Art, dafs das vorher bestandene Gleichgewicht schon dadurch eine ungeheure St\u00f6rung erlitt, und die gew\u00fcnschte Wahrnehmung vereitelt wurde.\nEs scheint also, dafs auf diesem Wege, mit H\u00fclfe des Verfahrens","page":156},{"file":"p0157.txt","language":"de","ocr_de":"des Tetanus auf den MusJcelstrom.\n157\nder Compensation, hier nicht zum Ziele zu gelangen ist. Ich habe daher noch einen anderen Weg aufgesucht, die Nachwirkung an den Muskeln unter allen Umst\u00e4nden aufzuweisen, nicht blofs an solchen, die im parelektronomischen Zustande stromlos oder schwach positiv wirksam sind; und ich habe einen solchen Weg auch gl\u00fccklich ausfindig gemacht. Es ist kein anderer, als der, auf dem wir uns anfangs schon befunden haben, und darauf zur Entdeckung der Nachwirkung gelangten, nur mit der Ab\u00e4nderung, dafs man die Muskeln nicht von den Nerven aus, sondern unmittelbar durch den Strom, bis zur Ersch\u00f6pfung tetanisirt. Der Muskelstrom erscheint alsdann aufserordentlich geschw\u00e4cht, wie es denn durch fortgesetztes Tetanisiren gelingt, ihn g\u00e4nzlich zu vernichten (Vergl. oben Abth. I. S. 182). Untersucht man aber die Muskeln vom Augenblick ab, wo der Tetanus aufh\u00f6rte, in regelm\u00e4fsigen Zeitr\u00e4umen, so findet man, dafs der Strom erst zunimmt, um sich dann erst wieder dauernd zu senken; eine Erscheinung, die nur auf die Nachwirkung gedeutet werden kann. Ich unterlasse es jedoch an dieser Stelle, die Einzelheiten der Versuche mitzutheilen, weil sich n\u00e4mlich Einw\u00e4nde dawider erheben lassen, zu deren Verst\u00e4ndnifs, vollends ihrer Beseitigung, uns hier noch die thats\u00e4chliche Grundlage fehlt. Dazu ist nothwendig, dafs wir uns erst mit jener besonderen Wirkungsweise des Stromes auf die Muskeln bekannt gemacht haben, deren schon oben Abth. I. S. 331. Abth. II. S. 71 gedacht worden ist, von der aber erst in dem vierten Paragraphen dieses Kapitels ausf\u00fchrlich gehandelt werden soll. Alsdann wird auf die hier in Rede stehenden Versuche zur\u00fcckgekommen, und die Nachwirkung des Tetanus auf den Strom an den Muskeln unter allen Umst\u00e4nden, auch bei Ableitung des Stromes vom k\u00fcnstlichen Querschnitt aufser Zweifel gesetzt werden. Die oben S. 155 erw\u00e4hnte Frage nach der wahren Bedeutung der Nachwirkung, ob sie beruhe auf einer Verminderung der elektromotorischen Kraft des Muskels mit Ausschlufs der parelektronomischen Schicht, oder auf einer vor\u00fcbergehenden Erh\u00f6hung der Kraft dieser Schicht allein, ist somit zu Gunsten der erstem Ansicht zu entscheiden. Die Nachwirkung ist die stetige schwache Fortsetzung der fl\u00fcchtigen starken negativen Schwankung, die die Zusammenziehung begleitet.\nWir sind nunmehr in Stande, die Curve des Muskelstromes bezogen auf die Zeit, wie sie sich w\u00e4hrend des Tetanus gestaltet, richtiger anzugeben, als bisher. S. Fig. 145. Taf. V. Die Abscissenaxe Ot bedeutet die Zeit. Da wir die Tiefe noch immer nicht kennen, bis zu der, in Bezug auf diese Axe, die Z\u00e4hne der kammf\u00f6rmigen Curve reichen, so sind die Spitzen der Z\u00e4hne in der Figur weggelassen worden. Hier kommt es allein auf die verschiedene H\u00f6he an, aus der, wie","page":157},{"file":"p0158.txt","language":"de","ocr_de":"158 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. 11. 12 (v). Stromesschwanhungen beim\nwir jetzt wissen, die Z\u00e4hne des Kammes entspringen. Man sieht, dafs jeder folgende Zahn immer tiefer entspringt als der n\u00e4chst vorhergehende, oder, was auf dasselbe hinausl\u00e4uft, aus jedem Absturz, der, mit der darauf folgenden Erhebung, einen Zahn darstellt, erholt sich die Curve zu einer geringeren H\u00f6he. H\u00f6rt endlich der Tetanus auf, so bleibt eine dauernde Senkung der Curve zur\u00fcck, die aber schnell und stetig abnimmt, so dafs die Curve, wenn der Tetanus nicht bis zur Ersch\u00f6pfung dauerte, sich allm\u00e4lig wieder zu einer H\u00f6he erhebt, die derjenigen wenig nachsteht, die sie vor dem Tetanus besafs.\n(v) Von der elektromotorischen Wirkung beim Ausdehnen und Zusammendr\u00fccken der Muskeln im parelektronomischen Zustande.\nIch habe die oben Abth. I. S. 129 ff. beschriebenen Versuche mit Gastroknemien im parelektronomischen Zustande wiederholt.\nDas Dehnen des Muskels zeigte sich stets begleitet von einer negativen Schwankung, gleichviel ob der Muskel schwach positiv, gar nicht, oder negativ wirksam war. Bei dem Abspannen des gedehnten Muskels aber stellte sich eine Unregelm\u00e4fsigkeit ein, die ich nicht zu deuten weifs und ihr auch nicht weiter nachgegangen bin. Sie bestand darin, dafs das Abspannen nicht, wie es h\u00e4tte sein sollen, stets begleitet war von einem R\u00fcckschwung der Nadel im positiven Sinne, sondern dafs es eine fernere negative Bewegung der Nadel zur Folge hatte.\nNoch h\u00e4ufiger zeigten sich .solche Unsicherheiten im Erfolge beim Zusammendr\u00fccken der parelektronomischen Muskeln in den beiden Com-pressorien. Nur ein paarmal gelang es mir in dem Compressorium senkrecht auf die Faser mich von einem Hervortreten elektromotorischer Kr\u00e4fte im Augenblicke der Zusammendr\u00fcckung, welches nur dieser zugeschrieben werden konnte, zu \u00fcberzeugen. Die Sicherheit der Versuche wurde insbesondere durch den Umstand gef\u00e4hrdet, dafs durch das blofse Verweilen in den Compressorien, sei\u2019s in Folge der mechanischen Mifshandlung der Muskeloberfl\u00e4che, sei\u2019s nicht zu vermeidender Verunreinigungen, eine Entwickelung des positiven Stromes vor sich zu gehen schien.\nIch hatte, bei Anstellung dieser Versuche, vorz\u00fcglich folgendes im Auge. Es war uns, wie man sich erinnert, nicht vollst\u00e4ndig gelungen, den Beweis zu f\u00fchren, dafs die Stromesschwankungen, welche die durch \u00e4ufsere Kr\u00e4fte aufgezwungenen Coh\u00e4sionsver\u00e4nderungen der Muskeln begleiten, wirklich auf Ver\u00e4nderungen der elektromotorischen Kraft des Muskels, nicht auf Widerstandsver\u00e4nderungen im Muskel beruhen. Ich glaube nun, dafs f\u00fcr diese Art der Verd\u00e4chtigung, die \u00fcberhaupt keinen sicheren Grund hat, neue Schwierigkeiten erwachsen aus der Thatsache,","page":158},{"file":"p0159.txt","language":"de","ocr_de":"Ausdehnen und Zusammendr\u00fcclcen parelehtronomischer MusTceln. 159\ndafs an parelektronomischen Gastroknemien die negative Schwankung beim Dehnen z. B. unver\u00e4ndert stattfindet, welches auch Gr\u00f6fse und Zeichen des urspr\u00fcnglichen Stromes seien. Denn die einzige Art, diese Erscheinung noch aus einer Widerstandsver\u00e4nderung zu erkl\u00e4ren, w\u00fcrde sein, anzunehmen, dafs eine Nebenschliefsung f\u00fcr den positiven Strom der \u00fcbrigen Muskelmasse im Augenblicke der Zusammenziehung an Widerstand verliere, und so jenen Strom schw\u00e4che, w\u00e4hrend sie den negativen Strom der parelektronomischen Schicht best\u00e4ndig lasse oder gar ihn steigere. Dies ist, auf an und f\u00fcr sich, wie gesagt, ganz schwankender Grundlage, eine solche H\u00e4ufung willk\u00fcrlicher Voraussetzungen, dafs der Nachweis ihrer Nothwendigkeit zur Aufrechterhaltung einer gewissen Annahme, in der That einer Widerlegung dieser Annahme gleichzuachten ist.\n13. Erkl\u00e4rung, mit H\u00fclfe des parelektronomischen Zustandes der Muskeln, einiger \u00e4lteren, fremden und eigenen W ahrnehmungen.\n(1) Fremde Erfahrungen, die durch den parelektronomischen Zustand der Muskeln ihre Erkl\u00e4rung finden.\nDie Erscheinung des parelektronomischen Zustandes, in seinen verschiedenen Abstufungen, hat schon fr\u00fcher in den Erfahrungen Anderer sowohl als unserer selbst, eine mehr oder weniger bedeutende Rolle gespielt. An diese Punkte mag jetzt zuv\u00f6rderst erinnert werden.\nOben Bd. I. S. 62. 97 ist ausf\u00fchrlich jener ersten Versuche Gal-Vani\u2019s und Aldini\u2019s \u00fcber die Zuckung ohne Metalle gedacht worden, in welchen, um die Zuckung zu erhalten, die Schenkel zuvor in ziemlich concentrirte Seesalzl\u00f6sung getaucht werden mufsten. Weder Gal-vani noch Aldini haben versucht die Wirkungsweise der Salzl\u00f6sung dabei zu erkl\u00e4ren. Sie haben sich damit begn\u00fcgt, einsichtlich zu machen, dafs die Zuckungen bei der Ber\u00fchrung der Nerven und Muskeln nicht von dem durch die L\u00f6sung auf die Nerven ausge\u00fcbten Reiz herr\u00fchren k\u00f6nnen (S. oben Bd. I. S. 63). Volta hat sp\u00e4ter jene Wirkungsweise dahin erl\u00e4utert, dafs die L\u00f6sung als Glied einer Kette aus drei feuchten Leitern auftrete, Nerv, Muskel und L\u00f6sung. Allein wir werden sogleich sehen, dafs es mindestens ehensonahe liegt, sich zu denken, die zu diesen Versuchen verwendeten Thiere haben sich auf einer ziemlich hohen Stufe des parelektronomischen Zustandes befunden, und die Wirkung der Salzl\u00f6sung sei darauf hinausgelaufen, ihren Strom zur Entwickelung zu bringen.\nGalvam bemerkt noch zu seinen Versuchen, dafs das Eintauchen","page":159},{"file":"p0160.txt","language":"de","ocr_de":"100\t3. Abschn. Kap. FUI. \u00a7. II. 13 (i). Fremde Erfahrungen,\nder Nerven allein in die Kochsalzl\u00f6sung st\u00e4rkere Zuckungen gegeben habe, als das Eintauchen der Nerven und Muskeln zugleich, und er giebt davon eine schwer verst\u00e4ndliche Erkl\u00e4rung, indem er diesen Umstand zuschreibt einer \u00bbcerta ... rigiditk che acquistano i muscoli tenuti in \u00bbdetta soluzione, per la quale pi\u00f9 diflicilmente possono venire a pi\u00f9 \u00bbstretto contatto tra se le parti integranti degli stessi1... Cuba hat in neuerer Zeit diese Versuche wiederholt und best\u00e4tigt gefunden. Als die zweckm\u00e4fsigste Gestalt derselben giebt er an, dafs man, anstatt den Nerven in Salzl\u00f6sung zu tauchen, mit einem Pinsel den Punkt der Muskeloberfl\u00e4che, den man mit dem Nerven oder mit dem St\u00fcck Wirbels\u00e4ule zu ber\u00fchren gedenke, mit Kochsalzl\u00f6sung befeuchten solle. Die Verst\u00e4rkung der Zuckungen durch die Salzl\u00f6sung leitet Cuba davon ab, dafs dadurch die Ber\u00fchrung des Nerven und der Muskeln inniger gemacht werde. Von der gr\u00f6fseren Wirksamkeit der Benetzung des Nerven allein sagt er: \u00bbSembrami. .. doversi... attribuire a cio che il muscolo \u00bbbagnato pr\u00e9senta uno strato umido pi\u00f9 conduttore per il quale scorre \u00bbl\u2019elettricit\u00e0 pi\u00f9 facilmente senza invadere, diremo, i filamenti nervosi \u00bbpi\u00f9 profondi, epero senza eccitare il musc\u00f6lo stesso alla contrazione ec.a Also Cuba denkt sich die Zuckung r\u00fchre her von der elektrischen Erregung der im Muskel selber verzweigten Nerven, da doch Galvani schon wufste, dafs die Empfindlichkeit des nach ihm genannten Pr\u00e4parates eben auf dem Kunstgriff beruhe, den Strom in einer gewissen Strecke seiner Bahn auf die Nerven allein als Leiter einzuschr\u00e4nken (S. oben Bd. I. S. 252. Anm. 1). Die richtige Deutung des in Rede stehenden Umstandes ist vielmehr die, dafs bei der allgemeinen Benetzung des Schenkels mit der L\u00f6sung dem Strom von nat\u00fcrlichem L\u00e4ngsschnitt zum nat\u00fcrlichen Querschnitt eine allzug\u00fcnstige Nebenschliefsung in Bezug auf den Nerven als Hauptleitung dargeboten wird (Vergl. oben S. 47. 57, und an vielen anderen Stellen).\nDie Entwickelung des Stromes im parelektronomischen Zustande durch An\u00e4tzen des nat\u00fcrlichen Querschnittes giebt ferner den Schl\u00fcssel zu der Behauptung Volta\u2019s, die in der Geschichte der thierischen Elektricit\u00e4t eine so grofse Rolle gespielt hat, dafs man, um die Zuckung ohne Metalle leichter zu erhalten, nicht allein am Unterschenkel die Achillessehne zu ber\u00fchren habe, sondern dafs die Ber\u00fchrungsstelle auch noch benetzt sein m\u00fcsse mit irgend einer leitenden Fl\u00fcssigkeit, Salzwasser, Speichel, Blut, Harn, Schleim, verschiedenen Pflanzens\u00e4ften, besser mit Seifenwasser, und am besten mit stark sauren oder alkali-\n1 Op\u00e9r\u00e9 \u00e9dit\u00e9 ed inedite del Prof. Lcigi Galvani ec. Bologna 1841. 4\u00b0. p.213.*\na Saggio storico-critico ec. Ivi, p. 429. 430.*","page":160},{"file":"p0161.txt","language":"de","ocr_de":"durch den pareleklronomischen Zustand der Muskeln erkl\u00e4rt. J\u00dfl\nsehen Fl\u00fcssigkeiten (S. oben Bd. I. S. 72. 74. 90. 482. 483. 526). Es war dies gewissermafsen eine Verallgemeinerung der eben erinnerten Beobachtung Galvani\u2019s und Aldini\u2019s. Volta dachte sich, als Grund davon, die Nothwendigkeit der Ber\u00fchrung mindestens dreier ungleichartiger Stoffe, damit ein Strom erzeugt werde. In dem Fall, wo der Nerv selber mit dem Unterschenkel in Ber\u00fchrung gebracht wird, ist diese Bedingung zwar bereits erf\u00fcllt, wenn der Nerv die Achillessehne trifft; die drei ungleichartigen Stoffe sind alsdann der Nerv, die Sehne und das Muskelfleisch. Etwas anders ist es in dem Falle, den Volta vornehmlich im Sinne hatte, wo das nur noch durch den Ischiadnerven mit dem Rumpf zusammenh\u00e4ngende Bein gegen den Rumpf umgebeugt wird. Alsdann fehlt zwischen der Achillessehne und den Rumpfmuskeln, nach Volta\u2019s Vorstellungsweise, der dritte ungleichartige Stoff, und soll, auf die angegebene Art, herb'eigeschafft werden.\nWir wissen bereits, dafs Volta sich irrte, wenn er die besondere Wirksamkeit der Ber\u00fchrung der Achillessehne auf Rechnung einer elektromotorischen Kraft schob, die durch die Ber\u00fchrung von Sehne und Muskel erzeugt wird. Wir haben gefunden, dafs die Gewebe, sofern sie sich mit ihren nat\u00fcrlichen Fl\u00e4chen ber\u00fchren, sich gleichartig unter einander verhalten (S. oben Bd. I. S. 481. Bd. II. Abth. I. S. 207). Jene besondere Wirksamkeit beruht vielmehr allein auf dem Umstande, dafs die Achillessehne den nat\u00fcrlichen Querschnitt des Gastroknemius vorstellt (Vergl. oben Bd. I. S. 526).\nNicht minder irrig, zu dieser Einsicht gelangen wir jetzt, war wohl Volta\u2019s Deutung der Wirksamkeit des Benetzens der Muskeln mit den aufgez\u00e4hlten Fl\u00fcssigkeiten. Es ist allerdings nicht unm\u00f6glich, dafs, unter gewissen Umst\u00e4nden, chemisch sehr wirksame Fl\u00fcssigkeiten in der Art*elektromotorisch wirken, wie Volta es sich dachte. Indessen ist doch zu erw\u00e4gen, dafs, da die thierischen Gewebe sich bei ihrer Ber\u00fchrung elektromotorisch unwirksam verhalten, durch das Dazwischenbringen einer mit jedem derselben wirksamen Fl\u00fcssigkeit nur dann eine elektromotorische Kraft wird erzeugt werden, wenn z. B. diese Fl\u00fcssigkeit an den Grenzen der Gewebe in ungleichem Mafse verd\u00fcnnt wird, oder andere Verwickelungen sich einmischen. Auf alle F\u00e4lle ist leicht zu zeigen, dafs, wenn dieser Umstand in Volta\u2019s Versuchen mit im Spiele war, er doch wenigstens nicht allein den Grund des Uervortretens der Zuckungen enthielt, sondern dafs in der That wohl die Entwickelung des Stromes der im parelektronomischen Zustande befindlichen Muskeln durch die hinzugetragenen Fl\u00fcssigkeiten den gr\u00f6fsten Antheil daran hatte.\nMan stelle den strompr\u00fcfenden Schenkel dar, lege darauf ein Glim-\n11.2. 11","page":161},{"file":"p0162.txt","language":"de","ocr_de":"102\t3. Ab sehn. Kap. Vlll. \u00a7. II. 13 (i). Fremde Erfahrungen,\nmerblatt von der L\u00e4nge, dafs es von der Kniekehle bis zur Fufswurzel reicht, und versuche, ob durch Zur\u00fcckbeugen des Nerven gegen die Fufswurzel Zuckung entsteht oder nicht. Bleibt die Zuckung aus, so benetze man die Ausbreitung der Achillessehne, unter dem Glimmer, mit irgend einer stark entwickelnden Fl\u00fcssigkeit, Salpeters\u00e4ure, salpetersaurer Silberoxyd-, Kalihydratl\u00f6sung. Nun wird in vielen F\u00e4llen die Zuckung erscheinen, wenn man den Nerven gegen die Fufswurzel zur\u00fcckbeugt. Da aber die Ber\u00fchrungsstelle zwischen Nerv und Fufswurzel dabei gar nicht mit der ungleichartigen Fl\u00fcssigkeit benetzt worden ist, so versteht es sich von selber, dafs hier von Volta\u2019s Deutung nicht die Rede sein kann. Das Hervortreten der Zuckung beruht hier auf nichts, als auf der Entwickelung des Muskelstromes durch die den nat\u00fcrlichen Querschnitt benetzende Fl\u00fcssigkeit.\nDie Zuckung tritt denn auch nicht minder hervor, wenn man, statt einer leitenden Fl\u00fcssigkeit, eine stark entwickelnde nichtleitende Fl\u00fcssigkeit nimmt, z. B. Kreosot. Da hier gar keine Kettenbildung stattfinden kann, so wird das Glimmerblatt entbehrlich, man kann den Nerven getrost gegen die mit Kreosot bepinselte Ausbreitung der Achillessehne selber zur\u00fcckbeugen, und man wird in vielen F\u00e4llen, trotz dem erh\u00f6hten Widerstande des Kreises, das Kreosot die Zuckungen hervorlocken sehen, die fr\u00fcher vollst\u00e4ndig vermifst wurden. An eine Verwechselung der Zuckungen durch den Muskelstrom mit solchen, die vom unmittelbaren Reiz des Kreosots auf den Nerven herr\u00fchrten, ist nicht zu denken. Es darf, der sonst eintretenden Unterbrechung der Leitung halber, das Kreosot gar nicht so reichlich aufgetragen werden, dafs der Nerv noch damit benetzt werden kann, und ohnehin vermag auch das unge\u00fcbteste Auge leicht solche unregelm\u00e4fsig flimmernde Zuckungen, wie sie durch den unmittelbaren Angriff des Nerven entstehen, von solchen zu unterscheiden, die den Schlufs einer Kette begleiten (Vergl. oben Bd. I. S. 63).\nMan sieht demnach, dieser Versuch ist v\u00f6llig gleichbedeutend mit unseren Versuchen mit Kreosot am Multiplicator. Vollends ergiebt sich dies daraus, dafs man, anstatt die Ausbreitung der Achillessehne anzu\u00e4tzen , sie auch einfach mittelst der Scheere abtragen kann. Auch so erh\u00e4lt man Zuckungen, wenn sie vorher versagten, wie dies auch Mat-teucci bereits beobachtet hat, ohne den Grund davon einzusehen. 1 Noch vortheilhafter ist es nat\u00fcrlich, anstatt des schr\u00e4gen k\u00fcnstlichen Querschnittes, den man m\u00fchsam durch Absch\u00e4len des sehnigen Ueberzuges\n1 Archives de l\u2019Electricit\u00e9. 1842. t. II. p. 441;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. Novembre 1842. 3. S\u00e9rie, t. VI. p. 325;* \u2014 Trait\u00e9 etc., p. 108.*","page":162},{"file":"p0163.txt","language":"de","ocr_de":"durch den parelektronomischen Zustand der Muskeln erkl\u00e4rt. 163\nerh\u00e4lt und dabei die Leistungsf\u00e4higkeit des Gastroknemius leicht sehr beeintr\u00e4chtigt, einen senkrechten Querschnitt durch den ganzen Unterschenkel anzuwenden.\nIch habe versucht, denselben Erfolg auch dadurch zu bewirken, dafs ich die Ausbreitung der Achillessehne verbrannte (Vergl. oben S. 104. 105); allein bisher vergeblich, zum Theil vielleicht wegen allzugeringer urspr\u00fcnglicher Leistungsf\u00e4higkeit der angewandten Thiere, zum Theil aber auch gewifs, weil die den Strom entwickelnde Behandlung die Leistungsf\u00e4higkeit des Muskels zugleich in dem Mafse beeintr\u00e4chtigt, dafs er auch auf den v\u00f6llig entwickelten Strom jetzt nicht mehr zu antworten vermag. Aus demselben Grunde ist denn auch der g\u00fcnstige Erfolg beim Absch\u00e4len der Ausbreitung der Achillessehne oft nur sehr vor\u00fcbergehend, wie \u00fcbrigens schon Matteucci bemerkt hat. Es ist mir nicht gelungen, mit anderen nichtleitenden Fl\u00fcssigkeiten als Kreosot die Zuckungen hervorzulocken, und so versagten sie mir auch h\u00e4ufig bei Anwendung minder stark entwickelnder Fl\u00fcssigkeiten von leitender Beschaffenheit, in beiden F\u00e4llen augenscheinlich, weil in der Zeit, die \u00fcber der Entwickelung des Stromes verging, die thierischen Theile zu viel an Leistungsf\u00e4higkeit einb\u00fcfsten.\nUnter den Fl\u00fcssigkeiten, die Volta als das Hervortreten der Zuckungen bef\u00f6rdernd auff\u00fchrt, sind einige, die wir noch nicht auf ihre F\u00e4higkeit, den Strom zu entwickeln, gepr\u00fcft haben, als Harn, Schleim, Speichel, verschiedene saure Pflanzens\u00e4fte und Seifenwasser. Zur Vervollst\u00e4ndigung unseres Beweises, dafs die Entwickelung des Muskelstromes durch die Fl\u00fcssigkeiten in Volta\u2019s Versuchen eine Rolle gespielt habe, geh\u00f6rt es somit, dafs wir jetzt noch die Pr\u00fcfung vornehmen, ob jene Fl\u00fcssigkeiten zur Entwickelung wirklich bef\u00e4higt sind. Nat\u00fcrlich stellen wir diese Pr\u00fcfung nicht am Froschschenkel, auf physiologischem Wege, an, wodurch wir uns nur unn\u00fctze Schwierigkeiten bereiten w\u00fcrden, sondern am Multiplicator in der oben S. 55 beschriebenen Weise.\nDer Schaum einer gew\u00f6hnlichen Natronseife zeigte sich in meinen Versuchen kr\u00e4ftig entwickelnd. Als der nat\u00fcrliche Querschnitt eines parelektronomischen Gastroknemius mit dem Schaum bestrichen wurde, ging die Nadel sofort ausschlagsweise von Null auf 50\u00b0, bei einer zweiten Pr\u00fcfung flog sie an die Hemmung.\nDie Pflanzens\u00e4fte bezeichnet Volta nicht n\u00e4her. Als er auf seinem Landsitz am Comer See v. Humboldt seine Versuche \u00fcber die Ketten mit einem Metall und zwei ungleichartigen Fl\u00fcssigkeiten zeigte, bediente er sich unter anderen des Saftes einer reifen und des einer unreifen Cornelkirsche (Cornus mascula Link.), um zu zeigen, wie ein\n11\u00b0","page":163},{"file":"p0164.txt","language":"de","ocr_de":"164\t3. \u00c4bschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 13 (i). Fremde Erfahrungen,\ngleichartiger Bogen elektromotorisch wirksam gemacht werden k\u00f6nne dadurch, dafs man auch noch so wenig ungleichartige Fl\u00fcssigkeiten an seine Enden bringe. 1 Cornelkirschen konnte ich mir zur Zeit, wo ich diese Versuche f\u00fcr den Druck abschliefsen mufste, nicht verschaffen. Was ich aber von anderen Pflanzens\u00e4ften, die einigermafsen reich an freier S\u00e4ure sind, in dieser Hinsicht pr\u00fcfte, erwies sich als stark entwickelnd. Von S\u00fcdfr\u00fcchten, die Volta am n\u00e4chsten zur Hand gewesen sein mochten, versuchte ich nicht allein Citrone und Apfelsine, sondern es standen mir durch einen gl\u00fccklichen Zufall auch noch Granatapfel und Bergamotte zu Gebot.\nM\u00e4fsig concentrirter, kalter, stark sauer reagirender Harn entwickelte deutlich, st\u00e4rker noch Nasenschleim bei gesundem Zustande der Schleimhaut. Ich kann hinzuf\u00fcgen Schweifs. Im Sommer, bei geschwitzter Haut, gen\u00fcgt es einen parelektronomischen Gastroknemius ein paarmal zwischen den Fingern hin und her zu rollen, um seinen Strom alsbald eine Hebung erfahren zu sehen. Es m\u00f6chte daher f\u00fcr die chemische Angreifbarkeit der Muskelsubstanz durch eine bestimmte Fl\u00fcssigkeit kaum ein empfindlicheres Pr\u00fcfungsmittel geben, als den nat\u00fcrlichen Querschnitt eines parelektronomischen Gastroknemius damit zu benetzen, und die Ver\u00e4nderung zu beobachten, die dadurch in dem elektrischen Zustande des Querschnittes hervorgebracht wird.\nAls geeignet, das Hervortreten der Zuckung ohne Metalle zu bef\u00f6rdern, nennt Volta auch Speichel und Blut. Nun wissen wir aber bereits von oben S. 63. 64 her, dafs Blut nicht entwickelt, und ebensowenig habe ich Speichel merklich entwickelnd gefunden. Indessen w\u00e4re es \u00fcbereilt, hieraus schliefsen zu wollen, dafs Volta\u2019s Deutung in diesen F\u00e4llen beizubehalten sei. Denn weshalb entwickeln Blut und Speichel nicht? Weil sie die Muskelsubstanz nicht angreifen, weil sie im Verh\u00e4ltnifs zu ihr nicht chemisch different genug sind. Alsdann geht ihnen aber auch diejenige F\u00e4higkeit ab, die Volta\u2019s Deutung, um m\u00f6glich zu sein, bei ihnen voraussetzen w\u00fcrde, n\u00e4mlich in Ber\u00fchrung mit der Muskelsubstanz kr\u00e4ftig elektromotorisch zu wirken. Es ist also vielmehr zu schliefsen, dafs Volta hier einmal minder scharf als sonst beobachtet habe, indem er sich durch das Vorurtheil beherrschen liefs, alle schleimige, z\u00e4he Fl\u00fcssigkeiten (gli umori mucillaginosi, mucosi, glutinosi, viscidi2) m\u00fcfsten, in Ber\u00fchrung mit den thierischen\n1 Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1797. Bd. I. S. 52.*\n1 Vergl. vorz\u00fcglich den 3. Brief an Vassalu (Collezione dell\u2019 Opere del Caval. Conte Alkssandro Volta ec. Firenze 1816. t. II. p. I. p. 230;\u2019 \u2014 s. oben Bd. I. S. 69 ff.), den 1. Brief an Gren (Ivi, t. II. p. II, p. 5;* \u2014 s. oben ebendas. S. 74),","page":164},{"file":"p0165.txt","language":"de","ocr_de":"durch den pareleldranomischen Zustand der Muskeln erkl\u00e4rt. 10g\nTheilen, elektromotorisch wirksam sein. Volta achtete dabei nicht hinl\u00e4nglich auf die chemische Natur der Fl\u00fcssigkeiten ; und wer m\u00f6chte es wagen, ihm zu seiner Zeit, bei seinem Standpunkte des Wissens, daraus einen Vorwurf zu machen?\nv. Humboldt glaubte bekanntlich gefunden zu haben, dafs die Benetzung der thierischen Theile mit gewissen Fl\u00fcssigkeiten die Reizempf\u00e4nglichkeit erh\u00f6he ; so zwar, dafs Zuckungen in galvanischen Kreisen auftr\u00e4ten, wo sie vorher ausblieben, v. Humboldt bediente sich dabei vorzugsweise der kohlensauren Kalil\u00f6sung (des Oleum tartari per deli-quium) und des Chlorwassers (der oxygenirten Kochsalzs\u00e4ure). Diese Lehre ist die Lehre von den integrirenden Reizen genannt worden. Man hat, nach Ritter\u2019s und Pfaff\u2019s Vorg\u00e4nge, sp\u00e4ter stets angenommen, dafs die angeblich die Reizempf\u00e4nglichkeit erh\u00f6henden Fl\u00fcssigkeiten ihre Wirkung dadurch hervorbr\u00e4chten, dafs sie als Glieder einer Kette aus Metallen und mehreren Fl\u00fcssigkeiten, oder auch aus mehreren Fl\u00fcssigkeiten allein, th\u00e4tig w\u00e4ren und also vielmehr die Stromst\u00e4rke im Kreise vermehrten. In vielen F\u00e4llen mag dies die richtige Erkl\u00e4rung sein. In manchen Versuchen ohne Metalle aber haben die \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeiten unstreitig wohl auch dadurch die Stromst\u00e4rke vergr\u00f6fsert, dafs sie, durch Zerst\u00f6rung der parelektronomischen Schicht, den Muskelstrom entwickelten. 1\nund den 1. Brief an Aldini (Ritter\u2019s Beitr\u00e4ge zur n\u00e4heren Kenntnifs des Galvanismus und der Resultate seiner Untersuchung. Bd. II. St\u00fcck 3. 4. 1805. S. 1;* \u2014 s. oben ebendas. S. 89).\n1 Zur Lehre von den integrirenden Reizen s. v. Humboldt in Gren\u2019s Neuem Journal der Physik. 1796. Bd. III. S. 173;* \u2014 1797. Bd. IV. S. 172;* \u2014 Magazin encyclop\u00e9dique, ou Journal des Sciences, des Lettres et des Arts, r\u00e9dig\u00e9 par Millin, No\u00ebl et Warens. t. VI. An IV (1795). p. 462;* \u2014 Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1797. Bd. I und II. an vielen Stellen, insbesondere Bd. II. S. 360 ff. 395 ft. ;*\u2014 Hartknkeil\u2019s medicinisch-chirurgische Zeitung. 1797. Bd. IV. S. 375;*\u2014 Loder\u2019s Journal f\u00fcr die Chirurgie, Geburtsh\u00fclfe und gerichtliche Arzneikunde. 1797. Bd. I. S. 453. 457. 470;* \u2014 Ph. Michaelis in Gren\u2019s Neuem Journal der Physik. 1797. Bd. IV. S. 23. 25. 26;* \u2014 Reinhold, de Galvanismo Specimen I. Lipsiae 1797. 4\u00b0. p. 112;* \u2014 Derselbe in seiner Geschichte des Galvanismus. Leipzig 1803. S. 88;\u2019 \u2014 Ritter in seinem Beweis, dafs ein best\u00e4ndiger Galvanismus den Lebensprocefs in dem Thierreich begleite. Weimar 1798. S. 12;\u2019 \u2014 Die Commission des National-Institutes vom Fr\u00fchjahr 1797 und 1798 (Vergl. oben Bd. I. S. 315) in Ritter\u2019s Beitr\u00e4gen zur n\u00e4heren Kenntnifs des Galvanismus und der Resultate seiner Untersuchung. Bd. I. St. 1. 2. Jena 1800. S. 68;* \u2014 Peafe im Nordischen Archiv f\u00fcr Naturkunde, Arzneiwissenschaft und Chirurgie. Herausgegeben von Pfaff, Scheel und Rudolphi. 1799. Bd. I. St. 1. S. 17;* \u2014 Joh. M\u00fcller\u2019s Handbuch der Physiologie des Menschen. Bd. I. 4. Aufl. Coblenz 1844. S. 545.*","page":165},{"file":"p0166.txt","language":"de","ocr_de":"I\n166\t3. Ahschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 13 (ii). Widerlegung\n(n) Widerlegung von Cima\u2019s Erkl\u00e4rung des Umstandes, dafs der Strom des nat\u00fcrlichen Querschnittes mehr als der des k\u00fcnstlichen unter schw\u00e4chenden Einfl\u00fcssen leide.\nIn Ermangelung eines besseren Ortes will ich hier der Erkl\u00e4rung gedenken, welche Cima von dem Umstande gieht, dafs der sogenannte Froschstrom mehr als der Muskelstrom unter dem Einfl\u00fcsse der K\u00e4lte und des unterdr\u00fcckten Blutumlaufes oder Athmungsvorganges leide.\nCima kennt die Einerleiheit beider Str\u00f6me in dem Sinne Matteucci\u2019s (S. oben S. 120. 121), ja ihm geb\u00fchrt der Erstbesitz dieser Kenntnifs vor Matteucci, wenn auch nicht, wie er sich einbildet, vor mir. 1 Cima stellt zuerst den Satz auf, an der Gegenwart des sehnigen Ueberzuges m\u00fcsse die geringere St\u00e4rke des Froschstromes im Vergleich zum Muskelstrom an solchen Fr\u00f6schen liegen, welche Herz und Lungen ein-geb\u00fcfst h\u00e4tten (S. oben S. 139). Denn als er denselben Versuch an sechs Fr\u00f6schen wiederholt habe, nur mit dem Unterschiede, dafs die eine S\u00e4ule statt aus den Unterschenkeln, aus den zw\u00f6lf Gastroknemien zusammengesetzt war, die sorgf\u00e4ltig von ihrem sehnigen Ueberzuge befreit waren (\u00bbai quali tolsi prima diligentemente tutta la parte tendi-\u00bbnosa\u00ab), gab die S\u00e4ule aus querdurchschnittenen Oberschenkeln 10\u00b0 Ausschlag, die aus den Gastroknemien 11\u00b0; in einem anderen Falle die erstere 12\u201c, die zweite 11\u00b0. An einem kalten Decembertage liefs Cima acht Fr\u00f6sche einige Stunden vor dem Fenster stehen. Dann wurden aus den sechszehn querdurchschnittenen Oberschenkeln und den sechszehn Gastroknemien zwei S\u00e4ulen in demselben Kreise einander entgegengesetzt. Es erfolgte ein Ausschlag von 8\u00b0 im Sinne der Oberschenkel. Nachdem aber die sehnigen Ueberz\u00fcge von den Gastroknemien entfernt worden waren, zeigte sich der Ausschlag bis auf 2\u00b0 vermindert. Die Oberschenkels\u00e4ule, f\u00fcr sich untersucht, hatte zuerst 14\u00b0 gegeben, jetzt gab sie noch immer 12\u00b0. Es r\u00fchrte die Verminderung des Differentialstromes also vielmehr von einem Wachsen des Stromes der S\u00e4ule aus den Gastroknemien her. In anderen Versuchen verglich Cima die Wirkungen, welche eine S\u00e4ule aus querdurchschnittenen Oberschenkeln und eine solche aus Gastroknemien bei entfernter sehniger Ausbreitung am Multiplicator einzeln gaben ; die Wirkungen waren in diesem Falle nahe dieselben.\n1 Saggio storico-critico ec. Ivi, p. 507. Nota.* \u2014 Vergl. Matteucci in den Comptes rendus etc. 22 Avril 1850. t. XXX. p. 480;* \u2014 Ibidem. 15 Juillet 1851. p. 704;*\u2014 R\u00e9ponse aux deux derni\u00e8res Lettres de M. de Bois-Reymond etc. pr\u00e9sent\u00e9e \u00e0 l\u2019Acad\u00e9mie des Sciences par M. Matteucci, Florence, Imprimerie de Le Monniek. p. 5.*","page":166},{"file":"p0167.txt","language":"de","ocr_de":"von Cima\u2019s'Theorie des parelelctr anomischen Zustandes. 107\nUm nun begreiflich zu machen, wie die Gegenwart der Sehne den Strom schw\u00e4chen k\u00f6nne, erinnert Cibja daran, dafs, nach Matteucci, der Muskelstrom der warmbl\u00fctigen Thiere weniger als der der kaltbl\u00fctigen unter dem Einflufs der K\u00e4lte leide (S. oben S. 28. 135). Es stehe aber das Sehnengewebe zum Muskelgewebe in eben solchem Verh\u00e4ltnis, wie die kaltbl\u00fctigen Thiere zu den warmbl\u00fctigen (!). Verm\u00f6ge des geringeren Widerstandes, den das minder hoch organisirte Sehnengewebe der K\u00e4lte zu leisten im Stande sei, b\u00fcfse es seine Leitungsf\u00e4higkeit f\u00fcr den elektrischen Strom ein. Auch die Hemmung des Athmungsvorganges und Blutumlaufes erh\u00f6he,, wie nun zu schliefsen sei, den Widerstand des Sehnengewebes. 1\nIch brauche nicht zu erinnern, dafs diese Vorstellungsweise nicht nur in sich haltlos ist, sondern sich auch bereits durch fr\u00fchere Er\u00f6rterungen von unserer Seite sattsam widerlegt findet. Sie ist haltlos insofern, als durchaus nicht zu begreifen ist, durch welchen Sprung Cima dazu gelangt, aus der minder hohen Stellung des Sehnengewebes im Vergleich zum Muskelgewebe im thierischen K\u00f6rper die Nothwendigkeit zu entnehmen, dafs die K\u00e4lte den Widerstand des Sehnengewebes in st\u00e4rkerem Mafs erh\u00f6he, als den des Muskelgewebes. Anstatt durch einen unmittelbaren Versuch zu zeigen, dafs der Widerstand des Sehnengewebes durch die K\u00e4lte wirklich in so auffallendem Mafs erh\u00f6ht werde, beruft er sich hiezu, verm\u00f6ge des gr\u00f6blichsten Zirkelschlusses, auf die Thatsachen selber, die durch diese Annahme erkl\u00e4rt werden sollen, n\u00e4mlich auf die eben dargelegten Versuche. Er vers\u00e4umt, sich zu \u00fcberzeugen, ob denn Erw\u00e4rmung der Pr\u00e4parate sofort den Unterschied der St\u00e4rke zwischen \u00bbFrosch- und Muskelstrom\u00ab verschwinden mache, was, wie wir bereits wissen, nicht der Fall ist (S. oben S. 136. 137); und, um dieser Unmelhode die Krone aufzusetzen, schreibt er, ohne ein Wort der Begr\u00fcndung, der Hemmung des Kreislaufes und der Athmung dieselbe Wirkung als der K\u00e4lte auf den Widerstand der Sehnen und Muskeln zu.\nEndlich haben wir fr\u00fcher schon die M\u00f6glichkeit erwogen, ob der Widerstand des sehnigen Ueberzuges bei den Erscheinungen des par-elektronomischen Zustandes eine Rolle spiele oder nicht, und wir sind zur Ueberzeugung gelangt, dafs davon die Rede nicht sein k\u00f6nne, indem in unseren Versuchen der sehnige Ueberzug sich gar nicht in der Weise auf der Bahn des Stromes befand, dafs eine Erh\u00f6hung seines Widerstandes den Strom schw\u00e4chen konnte. Vielmehr gab sich uns auf das bestimmteste kund, wie der sehnige-Ueberzug als Neben-\n> Saggio storico-critico ec. Ivi, p. 508\u2014511. \u00a7.25 \u2014 28. p. 551. \u00a7.56.*","page":167},{"file":"p0168.txt","language":"de","ocr_de":"168\n3. Abschi. Kap. VIII. \u00a7. II. 13 (ii). Widerlegung\nschliefsung in die Anordnung einging, so dafs die Folge einer verminderten Leitungsf\u00e4higkeit desselben nicht, wie Cima meint, Schw\u00e4chung, sondern im Gegentheil Verst\u00e4rkung des Muskelstromes nach sich ziehen w\u00fcrde. Schwerlich w\u00fcrde Cima gewagt haben, mit seiner Theorie des parelektronomischen Zustandes, und noch dazu so sicher an\u2019s Licht zu treten, wenn er gewufst h\u00e4tte (eine Einsicht, die freilich nicht auf dem Wege des blofsen Hypothesenraachens zu beziehen war), dafs ein Tropfen einer nichtleiten den, \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeit, Kreosot, auf die Achillessehne gebracht, dem Muskel nahezu denselben Grad elektromotorischer Wirksamkeit verleiht, als ob ein k\u00fcnstlicher Querschnitt mit der Scheere daran dargestellt worden w\u00e4re.\nIn der That befand sich Cima nicht in der Lage, \u00fcber diesen Kreis von Erscheinungen irgend brauchbare Hypothesen zu ersinnen. Dazu geh\u00f6rte eine tiefergehende Kenntnifs der Thatsachen, als er sie besafs. Fragt man aber endlich, wie es m\u00f6glich gewesen sei, dafs Mat-teucci und Cima, bei ihren zahlreichen Versuchen, und nachdem sie die vorzugsweise Schw\u00e4chung des Stromes des nat\u00fcrlichen Querschnittes durch verschiedene Einfl\u00fcsse wohl bemerkt hatten, die Erscheinung der Entwickelung dieses Stromes und alles was sich daran kn\u00fcpft, habe entgehen k\u00f6nnen, so ist die Antwort darauf jetzt unschwer zu geben.\nUm dies zu verstehen, braucht man sich nur der Versuchsweisen zu erinnern, welche Matteucci und nach ihm Cima anzuwenden pflegen. 1 Da bei diesen Versuchsweisen meist nur destillirtes Wasser als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit gebraucht wird, so fehlte es \u00fcberhaupt an einer kr\u00e4ftig stromentwickelnden Fl\u00fcssigkeit; oder wenn ausnahmsweise einmal Wasser mit etwas wenigem Kochsalz in Anwendung kam, so wurde doch nur dasjenige Endglied der thierischen S\u00e4ule, welches nat\u00fcrlichen Querschnitt darbot, in der Weise damit benetzt, dafs Stromentwickelung die Folge sein konnte. Die Pr\u00e4parate in Matteucci\u2019s und Cima\u2019s S\u00e4ulen befanden sich also in der Lage, in die wir oben S. 47. 51 die unsrigen absichtlich versetzten, um zu verhindern, dafs Stromentwickelung stattfinde, die sich bei unserer Versuchsweise, durch einen gl\u00fccklichen Zufall, sonst immer von selbst einstellte. Um so klarer wird es, dafs in Matteucci\u2019s und Cima\u2019s Versuchen keine in die Augen fallende Wirkung der Art stattfinden konnte, als ja zudem die Stufe des parelektronomischen Zustandes, welche sie beobachteten, stets nur eine sehr niedrige war. Sogar an ihren so wenig empfindlichen Strompr\u00fcfern wurde niemals Abwesenheit des Stromes beobachtet, geschweige dafs Umkehr seiner\nVergl. oben Bd. I. S. 227 ff. \u2014 Saggio storico - critico ec. Ivi, p. 458.*","page":168},{"file":"p0169.txt","language":"de","ocr_de":"von Cima\u2019s Theorie des pareleJctronomischen Zustandes. 169\nRichtung bemerkt worden w\u00e4re. Dies hat wohl daher ger\u00fchrt, dafs, wenn Matteucci und Cima die Winterk\u00e4lte benutzten, die Erk\u00e4ltung nicht tief genug reichte, und, wenn sie die Fr\u00f6sche k\u00fcnstlich erk\u00e4lteten, sie sie nicht lange genug in der K\u00e4lte liefsen.\nVon der oben Ahth. I. S. 147. 150. 183 erw\u00e4hnten Beobachtung Matteucci\u2019s, wonach der schon fast verschwundene Strom \u00e4lterer Pr\u00e4parate sich wiederum hebe, wenn man sie mit Wasser oder verd\u00fcnnter Kochsalzl\u00f6sung befeuchte, glaube ich nicht, dafs hier Matteucci einmal wirklich Stromentwickelung im parelektronomischen Zustande vor Augen gehabt hat. Diese Beobachtung erkl\u00e4rt sich in der That hinreichend in der ebendas, bereits angemerkten Weise, n\u00e4mlich einfach durch Wiederherstellung der Leitungsf\u00e4higkeit der im Lauf des Versuchs eingetrockneten Ischiadgeflechte, die Matteucci th\u00f6richterweise stets im Kreise hatte.\n(m) Erl\u00e4uterung, mit H\u00fclfe des parelektronomischen Zustandes, einiger fr\u00fcheren Punkte dieser Untersuchungen.\nDer parelektronomische Zustand greift, wie man sich leicht denken mag, so vielfach in die Erscheinungsweise des Muskelstromes ein, dafs es im Laufe dieser Untersuchungen nicht immer hat vermieden werden k\u00f6nnen, bereits fr\u00fcher, als wir Kenntnifs von diesem Zustande hatten, Bezug darauf zu nehmen. Ich kann um so weniger umhin, eine Musterung der Gelegenheiten, bei denen dies hat geschehen m\u00fcssen, hier in der K\u00fcrze vorzunehmen, als ich dabei verschiedene Irrth\u00fcmer zu berichtigen habe, in die ich deshalb verfallen bin, weil ich noch unrichtige Vorstellungen \u00fcber das Wesen des parelektronomischen Zustandes hatte, und namentlich in der Meinung befangen war, dafs \u00f6fteres oder lange anhaltendes Schliefsen der thierischen Theile zur Kette durch einen guten Leiter den Strom zu entwickeln verm\u00f6ge (S. oben S. 43 ff.). Aufserdem wird sich uns jetzt mit Leichtigkeit die Erkl\u00e4rung einiger Punkte ergeben, die mir, zur Zeit des Abschlusses \u00fcber dieselben f\u00fcr den Druck, noch nicht deutlich geworden waren.\nZuerst ist auf den parelektronomischen Zustand Bezug genommen worden oben Bd. I. S. 134 in unseren Bemerkungen \u00fcber Valentin\u2019s thierisch- elektrische Untersuchungen. Erst daraus, dafs auch beim \u00f6fteren Schliefsen seiner Kette der Frosch keine Wirkung gab, wurde, im Verein mit anderen Umst\u00e4nden, entnommen, dafs die Vorrichtung \u00fcberhaupt nicht geeignet war, den Froschstrom sichtbar zu machen. Dieser Schlufs erscheint jetzt nur noch g\u00fcltig unter der Bedingung, \u00fcber deren Erf\u00fcllung in Valentin\u2019s Versuchen nichts auszumachen ist, dafs das \u00f6ftere Schliefsen zur Kette, wie es in unseren Versuchen der","page":169},{"file":"p0170.txt","language":"de","ocr_de":"170 3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7\u25a0 11. 13 (in). Aeltere Wahrnehmungen,\nFall war (S. oben S. 43 ff.), wiederholte Benetzung der thierischen Glieder mit einer entwickelnden Fl\u00fcssigkeit nach sich zog.\nDer parelektronomische Zustand ist wohl zum grofsen Theil Schuld daran, dafs es so selten gelingt, die Nadel in Ruhe bleiben zu sehen in einem Kreise, in dem sich zwei Gastroknemien oder zwei Unterschenkelstrecker entgegenwirken (S. oben Bd. I. S. 247. 725). In der That erinnert man sich (S. oben S. 126), dafs es etwas ganz gew\u00f6hnliches ist, die beiden Gastroknemien eines und desselben Frosches auf merklich verschiedenen Stufen des parelektronomischen Zustandes zu finden.\nDen parelektronomischen Zustand hatte ich im Auge, als ich oben Bd. I. S. 464 bei Beschreibung des Grundversuchs am enth\u00e4uteten Ge-sammtfrosch verlangte, der Frosch solle in dem Zustande sein, den man als den normalen zu betrachten berechtigt ist, d. h. also, nach dem, was wir jetzt wissen, auf einer m\u00f6glichst tiefen Stufe des parelektronomischen Zustandes, da v\u00f6llige Freiheit davon niemals wahrgenommen wird (S. oben S. 118. Vergl. auch noch Bd. I. S. 231).\nOben Bd. I. S. 469 findet sich die auffallende Thatsache berichtet, dafs die beiden rittlings in die Zuleitungsgef\u00e4fse tauchenden Beine eines GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates sich niemals das Gleichgewicht halten, trotz aller Sorgfalt, die man auf die symmetrische Zurichtung der Beckengegend und auf das gleich tiefe Eintauchen beider Beine verwenden mag. Jetzt wird diese Thatsache leicht verst\u00e4ndlich mit H\u00fclfe des eben erinnerten Umstandes, dafs die gleichnamigen Muskeln der beiden Beine desselben Thieres h\u00e4ufig auf einer sehr verschiedenen Stufe des parelektronomischen Zustandes gefunden werden. Dazu kommt noch, dafs bei jener Versuchsweise, wenn man nicht ganz besonders Acht darauf giebt, das eine Bein leicht mehr als das andere der entwickelnden Wirkung der Kochsalzl\u00f6sung in den Zuleitungsgef\u00e4fsen preisgegehen wird.\nOben Bd. I. S. 476. 477 habe ich angef\u00fchrt, dafs h\u00e4ufig die Zuckung ohne Metalle durch Zur\u00fcckbeugen des Ischiadnerven gegen die Wade erst nach mehrmaligem Versuchen erscheint (Vergl. dazu Abth. I. S. 119. 298. 425. 431. 469. 531. 533. 562). Ich habe es zweifelhaft gelassen, ob dieser Umstand zusammenh\u00e4ngt mit der bekannten Thatsache, dafs auch sehr abgemattete Froschschenkel, in den sp\u00e4testen Zust\u00e4nden der Erregbarkeit, h\u00e4ufig nicht sofort auf den Strom ungleichartiger Metallb\u00f6gen antworten, sondern erst nach mehrfacher Erregung, oder ob einer andern Deutung desselben Umstandes Geh\u00f6r zu geben sei, die sich uns in der Folge darbieten werde. Dabei schwebte mir n\u00e4mlich die M\u00f6glichkeit vor, dafs durch das \u00f6ftere Schliefsen der thierischen Kette in sich selber der Strom der Muskeln, die ich mir im parelektronomischen Zustande dachte, entwickelt werde. Diese M\u00f6glichkeit f\u00e4llt","page":170},{"file":"p0171.txt","language":"de","ocr_de":"jetzt durch den parelektronomischen Zustand der Muskeln erkl\u00e4rt. 17J\njetzt fort, da das Schliefsen zur Kette auf die Stromentwickelung keinerlei Einflufs \u00e4ufsert, es sei denn, was hier nicht zutrifft, dafs daran die Benetzung des nat\u00fcrlichen Querschnittes mit einer entwickelnden Fl\u00fcssigkeit gekn\u00fcpft sei.\nDer oben Bd. I. S. 504. 513. 539. 557 angemerkte Umstand, dafs, wenn man k\u00fcnstlichen Querschnitt gegen nat\u00fcrlichen auflegt, kein Gleichgewicht stattfindet, sondern der k\u00fcnstliche Querschnitt der negativere ist, beruht wohl nur zum kleineren Theil auf der verschiedenen Neigung beider Arten des Querschnittes gegen die Axe der Muskelb\u00fcndel, wie daselbst angegeben wurde. Zum gr\u00f6fseren Theil wird dies Verhalten, wie jetzt klar ist, durch die parelektronomische Schicht am nat\u00fcrlichen Querschnitte bedingt. Vergl. oben S. 118.\nEs lag in Zusammenhang meiner fr\u00fcheren Vorstellungen \u00fcber den parelektronomischen Zustand, dafs ich mir dachte, die elektromotorischen Muskelmolekeln w\u00fcrden erst durch das Schliefsen der Muskeln zur Kette positiv peripolar angeordnet, dies geschehe rasch im gew\u00f6hnlichen, allm\u00e4lig und erst durch \u00f6fteres Schliefsen im parelektronomischen Zustande (S. oben S. 43 ff.). Aus diesem, nun als illusorisch erkannten Grunde wurde oben Bd. I. S. 693 die dreifsiggliederige S\u00e4ule von halbdurchschnittenen Froschoberschenkeln, an der ich die elektro-skopische Wirkung der Muskeln untersuchen wollte, vor der Pr\u00fcfung durch das Elektroskop erst mehreremal mit wohlbefeuchteten Fingern zum Kreise geschlossen.\nAus der Stroraentwickelung im parelektronomischen Zustande erkl\u00e4rt sich, wie auch daselbst bereits angemerkt ist, die oben Bd. I. S. 715 beschriebene Erscheinung, dafs das Ueberbr\u00fccken der Zuleitungsb\u00e4usche mit einem zweiten, dritten... Gastroknemius den Strom im Multiplicator nicht immer verst\u00e4rkt, oft ihn schw\u00e4cht, dafs aber das Entfernen desselben zweiten, dritten ... Gastroknemius, nachdem er eine Weile aufgelegen, merkw\u00fcrdigerweise abermals von einem negativen Ausschlage begleitet ist, sein erneutes Hinzubringen aber von einem positiven. Es leuchtet ein, dafs der Gastroknemius, wegen parelektronomischen Zustandes, beim ersten Hinzutragen st\u00e4rker als Neben-schliefsung denn als Erreger wirkte, dafs sich aber in Verlauf seiner Ber\u00fchrung mit der Fl\u00fcssigkeit der Eiweifsh\u00e4utchen oder der B\u00e4usche sein Strom entwickelt hat, so dafs er nunmehr st\u00e4rker als Erreger denn als Nebenschliefsung zu wirken f\u00e4hig geworden ist. Vergl. Bd. I. a. a. 0.\nEbendas., S. 716, habe ich gesagt: \u00bbWenn wir die Bewegungs-\u00bberscheinungen des Muskelstromes werden kennen gelernt haben...,","page":171},{"file":"p0172.txt","language":"de","ocr_de":"172 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 13 (hi). Aeltere Wahrnehmungen)\n\u00bbwird sich uns eine Aussicht er\u00f6ffnen, das Gesetz des Muskelstromes, \u00bbfreilich unter Zuziehung mehrerer sehr gewagter Voraussetzungen, \u00bballein durch eine dipolare Anordnung ungleichartiger Gebilde im \u00bbInnern der einfachen B\u00fcndel, statt durch eine peripolare..., zu er-\u00bb kl\u00e4ren. \u00ab Dies f\u00fchrte ich an um die Wichtigkeit der von uns aufgefundenen Thatsache f\u00fchlbar zu machen, dafs die Summe der Spannungen, mit denen die Muskeln im Multiplicatorkreise th\u00e4tig sind, mit ihrem Querschnitt w\u00e4chst, indem n\u00e4mlich diese Thatsache mit der Voraussetzung einer dipolaren Anordnung der ungleichartigen Bestand-theile im Muskel unvereinbar scheint. Ich bemerke nunmehr, dafs jene mir damals vorschwebende M\u00f6glichkeit einer Ableitung der elektromotorischen Erscheinungen der Muskeln aus einer dipolaren Anordnung der Molekeln zusammenhing mit den schon mehrmals ber\u00fchrten irrigen Vorstellungen, die ich mir \u00fcber das Wesen des parelek-tronomischen Zustandes machte, und dafs, bei der jetzigen, wie ich glaube, der Wirklichkeit gem\u00e4fsen Ansicht der Dinge, von jener M\u00f6glichkeit nicht mehr die Rede sein kann. So wichtig die erinnerte Abh\u00e4ngigkeit der elektromotorischen Kraft eines Muskels von seinem Querschnitte sich an und f\u00fcr sich darstellt, es braucht uns diese Thatsache doch den Dienst nicht mehr zu leisten, um deswillen sie uns damals besonders willkommen erschien, zu entscheiden n\u00e4mlich zwischen zweien, sonst in allen St\u00fccken gleichberechtigten Theorieen des Muskelstroms.\nAls ich, im Sommer 1842, die oben Abth. I. S. 183 aus meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrifs\u00ab entnommenen Versuche \u00fcber die verderbliche Wirkung der Aetzmittel auf das elektromotorische Verm\u00f6gen der Muskeln anstellte und mich dabei zuerst des Gastroknemius mit nat\u00fcrlichem Querschnitt bediente (S. daselbst S. 177), fand ich einigemal zu meinem nicht geringen Befremden, dafs der Strom der Muskeln, statt durch das eben gepr\u00fcfte Aetzmittel wenigstens vermindert zu sein, ganz im Gegentheil st\u00e4rker als vorher erschien. Bei Anwendung des k\u00fcnstlichen Querschnittes sah ich dies Verhalten nie. Bei der damaligen Versuchsweise lag indefs der Verdacht, dafs etwas von der \u00e4tzenden Fl\u00fcssigkeit am Muskel haften geblieben sei und elektromotorisch gewirkt habe, zu nahe um viel auf diese sonst ziemlich unerkl\u00e4rliche Abweichung zu geben. Jetzt ist nat\u00fcrlich auch dies R\u00e4thsel gel\u00f6st: die Muskeln befanden sich im parelektronomischen Zustande, und das gepr\u00fcfte Aetzmittel hatte durch Zerst\u00f6rung der parelektronomischen Schicht am nat\u00fcrlichen Querschnitt den Strom zun\u00e4chst mehr verst\u00e4rkt, als es ihn durch An\u00e4tzen des nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnittes geschw\u00e4cht hatte (Vergl. oben S. 105.137).","page":172},{"file":"p0173.txt","language":"de","ocr_de":"jetzt durch den parelektronomischen Zustand der Mushein erkl\u00e4rt. J73\n14. Von der Ursache der scheinbar durch das Enth\u00e4uten bewirkten Verst\u00e4rkung des Muskelstromes.\nDie bisher aufgez\u00e4hlten Punkte, die, fr\u00fcher dunkel geblieben, mit H\u00fclfe der Kenntnifs des parelektronomischen Zustandes, jetzt von uns aufgekl\u00e4rt worden sind, waren meist von geringem Belang. Jetzt aber bleibt uns \u00fcbrig, die n\u00e4mliche Kenntnifs anzuwenden, um die wichtige Frage zu beantworten, vor der wir am Schl\u00fcsse des vorigen Paragraphen rathlos stehen geblieben waren. Man erinnert sich, dafs das aus den Erscheinungen des parelektronomischen Zustandes f\u00fcr diese Frage erwachsende Licht sogar der Grund war, weshalb die Untersuchung \u00fcber diesen Zustand hier eingeschaltet wurde. Die Episode \u00fcber den parelektronomischen Zustand ist nun zu Ende. Wir nehmen den Faden unserer Untersuchung wieder auf, welche, wie man nicht vergessen hat, nunmehr auf die Darlegung der neuen elektrischen Erscheinungen auch am lebenden unversehrten K\u00f6rper der Thiere und wo m\u00f6glich des Menschen .selber gerichtet .ist.\nNach Beseitigung der Schwierigkeiten, die uns die Hautungleichartigkeiten des Frosches entgegensetzten, hatten wir gefunden, dafs der Muskelstrom am unversehrten lebenden oder todten Thiere, wie auch an nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen des get\u00f6dteten, zwar vorhanden ist, dafs er aber weit schw\u00e4cher erscheint, als an den enth\u00e4uteten Gliedmafsen, oder dem enth\u00e4uteten, lebenden oder todten Gesammtfrosch (S. oben S. 9).\nHiezu mag jetzt noch gef\u00fcgt werden, dafs an Fr\u00f6schen, die durch die K\u00e4lte auf die h\u00f6heren Stufen des parelektronomischen Zustandes versetzt worden sind, dieser Strom hach Umst\u00e4nden ganz vermifst wird, ja verkehrt erscheint; sichtlich abermals ein Beweis daf\u00fcr, dafs er, seiner geringen St\u00e4rke ungeachtet, als der wahre Muskelstrom anzusehen ist (S. oben S. 9). Wir hatten ferner erfahren, dafs diese geringere St\u00e4rke des Muskelstromes, obschon sie lediglich durch die Gegenwart der Haut bedingt zu sein scheine, nur zu einem kleinen Theile davon herr\u00fchre, dafs die Haut f\u00fcr den Muskelstrom eine Neben-schliefsung in Bezug auf den Multiplicatorkreis bildet. Wenn wir n\u00e4mlich die Gliedmafsen des Frosches zuerst im nicht enth\u00e4uteten Zustande auf ihren Strom pr\u00fcften, sodann sie enth\u00e4uteten, endlich ihnen die Haut wieder \u00fcberzogen und sie abermals am Multiplicator pr\u00fcften, fanden wir stets den Strom sehr viel gr\u00f6fser, als er vor dem Abziehen gewesen war (S. oben S. 23). Noch eine andere Art hatten wir aus-findig gemacht, den Strom zu erh\u00f6hen. Sie bestand, dem Anschein nach, einfach darin, die nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen stundenlang an","page":173},{"file":"p0174.txt","language":"de","ocr_de":"174\t<?\u2022 Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u2022 II. 14. Erkl\u00e4rung der scheinbaren\nder Luft liegen zu lassen. Pr\u00fcften wir sie dabei von Zeit zu Zeit am Multiplicator, so sahen wir den Muskelstrom sich allm\u00e4lig zu einer sehr ansehnlichen Gr\u00f6fse entwickeln. Diese Entwickelung fand aber am lebenden Thiere nicht statt, welches wir, auf den bekannten Rahmen gebunden, mit H\u00fclfe des Sattelbausches untersuchten (S. oben S. 9). Endlich wenn wir ein nicht enth\u00e4utetes Bein querdurchschnitten, und den k\u00fcnstlichen Querschnitt einerseits, andererseits den noch mit der Haut bekleideten nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt an die Zuleitungsb\u00e4usche legten, fanden wir den Muskelstrom stets in seiner gew\u00f6hnlichen Richtung und St\u00e4rke vor (S. oben S. 25).\nObschon dieser letzte Erfolg schlecht damit stimmte, und obschon sich noch sonst viel dagegen einwenden liefs, wufsten wir uns von der Gesammtheit dieser Thatsachen nicht anders Rechenschaft zu geben, als indem wir annahmen, dafs die Verst\u00e4rkung des Muskelstromes durch das Enth\u00e4uten beruhe auf der freigegebenen Ber\u00fchrung der Muskeln mit dem Sauerstoff der atmosph\u00e4rischen Luft.\nVon dieser Annahme kann jetzt nicht mehr die Rede .sein, nun wir gefunden haben, dafs nichtenth\u00e4utete Pr\u00e4parate sogar in Sauerstoff stundenlang verweilen k\u00f6nnen, ohne dafs ihr Strom sich entwickelt; dafs diese Entwickelung nur stattfinde, wenn die Pr\u00e4parate am Multiplicator gepr\u00fcft werden; dafs sie aber so wenig als mit dem Sauerstoff der Luft etwas zu schaffen habe mit dem Schliefsen der thierischen Theile zur Kette; dafs sie vielmehr lediglich beruhe auf der zuf\u00e4lligen Benetzung des nat\u00fcrlichen Querschnittes der Muskeln mit der Kochsalzl\u00f6sung der Zuleitungsgef\u00e4fse, und ausbleibe, wenn diese Benetzung vermieden werde; dafs endlich die Kochsalzl\u00f6sung in dieser Rolle ersetzt werden k\u00f6nne durch eine beliebige' andere, leitende oder nicht leitende Fl\u00fcssigkeit, wofern sie nur die Eigenschaft besitze, die thierischen Gewebe anzugreifen; ja dafs eine oberfl\u00e4chliche mechanische oder kaustische Zerst\u00f6rung des nat\u00fcrlichen Querschnittes das Gleiche zu leisten im Stande sei.\nIn der That, von der Stufe der Kenntnifs aus, auf der wir jetzt angelangt sind, ist nichts leichter, als alle jene r\u00e4thselhaften Erscheinungen nicht nur ganz gen\u00fcgend zu erkl\u00e4ren, sondern auch die Richtigkeit dieser Erkl\u00e4rung durch die unwidersprechlichsten Gegenversuche zu beweisen.\nEs ist ganz klar, diese Erscheinungen beruhten lediglich darauf dafs sich die Muskeln stets auf einer mehr oder weniger hohen Stufe des parelektronomischen Zustandes befinden (S. oben S. 118 ff.). Da aufser-dem die Haut f\u00fcr den Muskelstrom eine schw\u00e4chende Nebenschliefsung darstellt, so ist es ganz in der Ordnung, dafs die nicht enth\u00e4uteten","page":174},{"file":"p0175.txt","language":"de","ocr_de":"Verst\u00e4rkung des Mushelstroms durch das Enth\u00e4uten.\tJ75\nGliedraafsen nur schwach elektromotorisch wirksam erscheinen. Es versteht sich n\u00e4mlich von selber, dais die Fl\u00fcssigkeit, welche die innere Hautfl\u00e4che benetzt und die Lymphr\u00e4ume erf\u00fcllt, nicht entwickelnd wirkt. Denn w\u00e4re dies der Fall, so w\u00fcrde man nie einen parelektronomischen Muskel mit unentwickeltem Strome sehen. Auch kann man sich hievon, zum Ueberflufs, durch den Versuch \u00fcberzeugen. Man braucht nur einen parelektronomischen Gastroknemius in ein St\u00fcck Froschhaut zu wickeln, deren innere Fl\u00e4che nach innen gekehrt ist. Sein Strom bleibt v\u00f6llig auf derselben Stufe stehen (Vergl. oben S. 64).\nHingegen die \u00e4ufsere Seite der Haut wirkt stark entwickelnd. Ein parelektronomischer Gastroknemius, in ein St\u00fcck Haut gewickelt, deren Aeufseres nach Innen gekehrt ist, hat sehr bald nahezu seinen vollen Strom. Es gen\u00fcgt, die Ausbreitung der Achillessehne auch nur ein wenig mit der \u00e4ufseren Seite der Froschhaut zu reihen, um alsbald den Strom hervortreten zu sehen. Dies Ergebnifs erscheint nach dem, was wir im ersten Paragraphen \u00fcber die Beschaffenheit der Hautabsonderung ermittelt haben (S. oben S. 17), wohl in der Ordnung.\nZieht man einer Gliedmafse, nachdem sie behufs der Pr\u00fcfung auf ihren Strom auf den Zuleitungsgef\u00e4fsen gelegen, die Haut ab, und sp\u00e4ter wieder \u00fcber, so ist es nicht zu vermeiden, dafs dabei die Muskeln mit Kochsalzl\u00f6sung benetzt werden und sich ihr Strom entwickele. Er erscheint alsdann st\u00e4rker, als bei der Pr\u00fcfung vor dem Enth\u00e4uten. Dies also ist der Schl\u00fcssel jener scheinbar durch das Enth\u00e4uten mit reifsender Schnelligkeit herbeigef\u00fchrten r\u00e4thselhaften Stromverst\u00e4rkung, die mich so lange in die Irre gef\u00fchrt hatte. Es ist leicht zu zeigen, dafs dem wirklich so ist.\nMan bereitet das Bein eines Frosches in der Art, dafs man vom Oberschenkel nichts beh\u00e4lt als Knochen und Haut. Den Knochen spannt man in den oben Abth. I. S. 122 beschriebenen Schraubstock, und l\u00e4fst einerseits vom Knie die Haut, andererseits den Fufs und Mittelfufs in die beiden Zuleitungsgef\u00e4fse h\u00e4ngen. Damit der Fufs herabh\u00e4ngen k\u00f6nne, mufs nat\u00fcrlich die Streckseite des Fufsgelenks nach oben, die des Kniegelenks nach unten sehen. Nach Zerst\u00f6rung der Hautungleichartigkeiten findet man einqp schwachen aufsteigenden Strom vor. Trennt man nun die Haut des Unterschenkels durch einen Zirkelschnitt am Kniegelenk, und durch einen L\u00e4ngsschnitt \u00fcber der Tibia, und zieht sie nach unten zu ab, doch so, dafs sie nicht mit der Salzl\u00f6sung des Zuleitungs-gef\u00e4fses f\u00fcr den Fufs in Ber\u00fchrung kommt, so entsteht, wegen der fortgefallenen Nebenschliefsung durch die Haut, und des verminderten Widerstandes des Kreises an der Stelle, wohin man sie zur\u00fcckgeschlagen hat, ein leichter positiver Ausschlag; .wenn sich nicht, was auch","page":175},{"file":"p0176.txt","language":"de","ocr_de":"176\t3. Abschn. Kap. 7111. \u00a7. II. 14. Erkl\u00e4rung der scheinbaren\neintreten kann, eine unregelm\u00e4fsige Wirkung von Seiten der Hautungleichartigkeiten einmischt. Dabei aber hat es sein Bewenden. Wie es sich nach allem Vorhergegangenen von selbst versteht, man kann den Unterschenkel in dieser Lage vertrocknen lassen, ohne dafs sich mehr als jene uns schon bekannte Spur von Stromentwickelung kund g\u00e4be, die auch an ganz sich selbst \u00fcberlassenen Muskeln sich nicht selten einstellt (S. oben S. 102). Ebensowenig \u00e4ufsert das Wieder\u00fcberziehen der Haut einen Einflufs; man mufs jedoch, damit der Versuch gelinge, sowohl beim Abziehen als beim Wieder\u00fcberziehen der Haut die gr\u00f6fste Obhut darauf haben, dafs sie sich nicht umlege, und ihre \u00e4ufsere Fl\u00e4che mit dem nat\u00fcrlichen Querschnitt der Muskeln in Ber\u00fchrung komme, widrigenfalls, wie so eben bemerkt worden ist, sich sofort lebhafte Stromentwickelung einstellt. Deshalb ist es rathsam, wie anempfohlen wurde, den L\u00e4ngsschnitt durch die Haut des Unterschenkels \u00fcber der Tibia anzulegen, damit n\u00e4mlich eine etwaige Verunreinigung mit Hautschleim wenigstens minder leicht die Ausbreitung der Achillessehne treffe.\nL\u00e4fst man nicht enth\u00e4utete Gliedmafsen, nachdem man sie auf ihren Strom gepr\u00fcft hat, l\u00e4ngere Zeit liegen, so entwickelt sich ihr Strom (S. oben S. 9). Dies ist eine nat\u00fcrliche Folge davon, dafs, mit der Zeit, die Salzl\u00f6sung, welche die Pr\u00e4parate benetzt (S. oben S. 46), die Haut durchdringt und auf die Muskeln wie gew\u00f6hnlich einwirkt. Man kann dieselbe Wirkung viel rascher eintreten sehen, wenn man die Gliedmafsen ganz und gar unter Salzl\u00f6sung bringt. Alsdann erh\u00e4lt man bereits nach wenigen Minuten einen so kr\u00e4ftigen positiven Ausschlag, wie ihn die betr\u00e4chtliche Nebenschliefsung nur gestattet, welche von der mit der L\u00f6sung getr\u00e4nkten und benetzten Haut gebildet wird.\nEs war also nicht, wie wir oben S. 24 w\u00e4hnten, das lange Liegen an der Luft, welches hier den Strom herbeif\u00fchrte, und ebensowenig war es der Zustand des Lebens, in Folge dessen er unentwickelt blieb in dem Fall des auf den Rahmen gespannten Frosches, dessen F\u00fcfse in das eine Zuleitungsgef\u00e4fs tauchten, w\u00e4hrend das andere durch den Sattelbausch mit seinem R\u00fccken verbunden war. Sondern der Grund des Ausbleibens der Stromentwickelung in diesen^ Falle war einfach der, dafs dabei die Haut der Ober- und Unterschenkel mit der Salzl\u00f6sung nicht in Ber\u00fchrung kam, wie in den vorigen Versuchen, und daher auch keine entwickelnde Fl\u00fcssigkeit, wie dort, mit der Zeit zu den Muskeln dringen konnte. Dafs der Lebenszustand des Thieres jener Grund nicht war, lehrt der Erfolg beim Auflegen eines enth\u00e4uteten lebenden Frosches auf die Zuleitungsgef\u00e4fse ; dabei werden die Muskeln mit Kochsalzl\u00f6sung benetzt, und der Strom kommt zu Stande","page":176},{"file":"p0177.txt","language":"de","ocr_de":"Verst\u00e4rkung des MusTcelstromes durch das Enth\u00e4uten. 177\n(S. oben S. 5). Aber man kann diesem Versuch leicht noch eine bessere Gestalt geben, bei der namentlich das Enth\u00e4uten vermieden wird, welches f\u00fcr Manche, trotz allem Voraufgegangenen, doch ein Stein des Anstofses bleiben m\u00f6chte.\nDer lebende unversehrte Frosch wird auf den Rahmen gespannt, jedoch so, dafs nur das linke Bein in das Zuleitungsgef\u00e4fs f\u00fcr die F\u00fcfse taucht. Das rechte Bein wird seitlich an dem Rahmen festgebunden. Dies hat zum Zweck, dafs nicht das eine Bein Nebenschliefsung f\u00fcr das andere bilde, wenn der Strom an letzterem auf die gleich zu beschreibende Art entwickelt wird. Das Kreuz des Frosches steht in gewohnter Weise durch den Sattelbausch in Verbindung mit dem anderen Zuleitungsgef\u00e4fs, und die Nadel wird demgem\u00e4fs, nach Zerst\u00f6rung der Hautungleichartigkeiten, in der kleinen best\u00e4ndigen Ablenkung gehalten, die der Gr\u00f6fse des noch unentwickelten Stromes entspricht, in der ihm die Haut, als Nebenschliefsung, hervorzutreten erlaubt. Jetzt er\u00f6ffne man durch einen kleinen Hautschnitt den Lymphraum des einen Unterschenkels und spritze ein Essigs\u00e4ure, H\u00f6llensteinl\u00f6sung, Ammoniak, Kreosot oder was man sonst will von entwickelnden Fl\u00fcssigkeiten, gleichviel ob sauer, neutral oder alkalisch, ob leitend oder nicht leitend. Sofort erfolgt ein kr\u00e4ftiger positiver Ausschlag, und die Nadel kommt zur Ruhe in einer weit gr\u00f6fseren best\u00e4ndigen Ablenkung als vorher. Man er\u00f6ffne in gleicher Weise den grofsen vorderen Lymphraum des Oberschenkels (poche f\u00e9morale Dug\u00e8s, 1 saccus femoralis Meyer *), und spritze auch hier eine der entwickelnden Fl\u00fcssigkeiten ein. Es erfolgt abermals ein positiver Ausschlag, jedoch von geringerer Gr\u00f6fse, dem Antheil entsprechend, mit dem die Muskeln des Oberschenkels zur aufsteigenden Wirkung des gesammten Beines beitragen.\nWas endlich den Versuch mit dem nicht enth\u00e4uteten querdurchschnittenen Beine betrifft, so bedarf sein Ergebnifs jetzt keiner Erkl\u00e4rung mehr, da ja vielmehr das Ergebnifs der \u00fcbrigen Versuche damit in Einklang gebracht worden ist. Der Erfolg jenes Versuches stand in Widerspruch mit dem der Versuche an den unversehrten thierischen Gliedern. Hier schien der Strom nur spurweise vorhanden zu sein, am enth\u00e4uteten querdurchschnittenen Beine fanden wir ihn sogleich in seiner ganzen St\u00e4rke vor. Der eine dieser Erfolge mufste eine T\u00e4uschung in sich tragen. Wir wissen jetzt, dafs es der erstere war. Der Strom\n1 Recherches sur l\u2019Ost\u00e9ologie et la Myologie des Batraciens \u00e0 leurs diff\u00e9rens \u00e2ges. Paris 1834. 4\u00b0. p. 122. pi. V. fig. 40. 41. s.*\n* Jos. Meyer, Systema Amphibiorum lymphaticum Disquisitionibus novis exa-minatum. Dissertatio inauguralis. Berolini 1845. 4\u201c. p, 9. tab. II. fig. XIII. XIV.Ill'\nII. 2.\t12","page":177},{"file":"p0178.txt","language":"de","ocr_de":"178\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. II. 14. Erkl\u00e4rung der scheinbaren\nist an den unversehrten Gliedmafsen gerade so gut bereits in seiner vollen Kraft vorhanden als nach dem Querdurchschneiden derselben.\nDiese Beweise f\u00fcr die Richtigkeit der Erkl\u00e4rung, die ich von der Schw\u00e4che des Muskelstromes am unversehrten gleichviel ob lebenden oder todten Frosch gebe, d\u00fcrften wohl ausreichend erscheinen. Ein fernerer Beweis w\u00fcrde sichtlich darin liegen, wenn es uns gel\u00e4nge nachzuweisen, dafs die Gr\u00f6fse des positiven Ausschlages, den man vom unversehrten Frosch erh\u00e4lt, gleichen Schritt halte mit der Stufe der positiven Wirksamkeit, auf der man nachgehends seine Muskeln findet. Ich habe also in einer betr\u00e4chtlichen Anzahl von F\u00e4llen die St\u00e4rke der positiven Wirksamkeit des unversehrten Frosches verglichen mit der seiner Gastroknemien. Es hat sich aber zwischen beiden keine stete Ueberein-stimmung ergeben. Vielmehr kam es vor, dafs an einem verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig stark positiv wirksamen Frosche die Gastroknemien sich schwach positiv wirksam erwiesen. Indessen hat dies nichts zu sagen. Denn man entsinnt sich, dafs, obschon die Gastroknemien und Unterschenkelstrecker zur positiven Wirksamkeit des GALVANi\u2019schen Pr\u00e4parates beitragen, doch noch nach Entfernung dieser Muskeln das Pr\u00e4parat mit grofser Kraft positiv zu wirken fortf\u00e4hrt (S. oben Bd. I. S. 520). Man entsinnt sich ferner, dafs an einem und demselben Frosche verschiedene Muskeln auf sehr verschiedenen Stufen des parelektronomischen Zustandes gefunden werden (S. oben S. 126). Es ist also die Voraussetzung gar nicht gerechtfertigt, dafs eine stete Uebereinstimmung herrschen m\u00fcsse zwischen der St\u00e4rke der positiven Wirksamkeit des unversehrten Frosches und der eines bestimmten Muskels, z. B. des Gastroknemius oder des Unterschenkelstreckers. W\u00e4re es ausf\u00fchrbar, s\u00e4mmtliche bei Erzeugung des Stromes des unversehrten Frosches betheiligte Muskeln einzeln auf die St\u00e4rke ihrer positiven Wirksamkeit zu pr\u00fcfen, so w\u00fcrde die Summe ihrer Wirkungen mit der Wirkung des unversehrten Frosches doch wohl unstreitig gleichen Schritt halten.\nKurz, das aus alle dem mit zweifelloser Gewifsheit fliefsende Ergebnis von h\u00f6chster Wichtigkeit ist dieses, dafs am lebenden unversehrten Frosch sowohl als an den nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen des get\u00f6dteten der Muskelstrom bereits vorhanden und nach denselben Gesetzen wirksam ist, welche wir an den einzelnen ausgeschnittenen Muskeln erkannt haben. Hiernach ist das oben Bd. I. S. 682 Gesagte zu berichtigen, \u00bbdafs die peripolare Anordnung ... w\u00e4hrend des unverletzten Lebens \u00bbder Muskeln im K\u00f6rper nicht, oder nur spurweise und nicht mit Be-\u00bbstimmtheit nachweisbar, vorhanden sei, dafs mehrere andere Anord-\u00bbnungen in der Folge, als unserem Interesse gegen\u00fcber gleichberechtigt,","page":178},{"file":"p0179.txt","language":"de","ocr_de":"Verst\u00e4rkung des Muskelstromes durch das Enth\u00e4uten.\t179\n\u00bbsich uns darbieten w\u00fcrden, und dafs jene vor diesen nur dadurch \u00bbausgezeichnet sei, dafs sie der Zustand zu sein scheine, in welchen \u00bbdie Muskelmolekeln sich unter den Umst\u00e4nden, unter denen wir die \u00bbthicrischen Glieder zu untersuchen pflegen, fast immer mit grofser Re-\u00bbgelm\u00e4fsigkeit begeben (Vergl. auch oben Abth. I. S. 156).\u00ab Dieser, nunmehr als irrig erkannte Ausspruch beruhte abermals auf der falschen Vorstellung, die ich mir lange Zeit von dem Wesen des parelektrono-mischen Zustandes und der Stromentwickelung in diesem Zustande gemacht hatte, und durch die ich auch in die mannigfachen, oben S. 169 ff. bezeichneten Irrwege verleitet worden bin.\nWas den Nervenstrom betrifft, so ist es freilich unm\u00f6glich, den unmittelbaren Beweis seines Daseins am lebenden unversehrten Thiere zu f\u00fchren, wie dies so eben f\u00fcr den Muskelstrom geschehen ist. Nicht, einmal an einem unversehrten Nerven kann ja dieser Beweis gef\u00fchrt werden, wegen des Mangels eines dazu geeigneten nat\u00fcrlichen Querschnittes der Nerven. Doch w\u00fcrde es keinen Sinn haben, an dem Dasein des einen dieser beiden Str\u00f6me im unversehrten lebenden K\u00f6rper zweifeln zu wollen, nachdem das des anderen erwiesen ist. Man vergesse nicht, dafs an und f\u00fcr sich gar kein Grund vorhanden war, die Gegenwart der Str\u00f6me im unversehrten lebenden K\u00f6rper in Abrede zu stellen. Es w\u00fcrde ein Mifsverst\u00e4ndnifs sein, wenn man aus diesem Gesichtspunkte den Werth beurtheilen wollte, den wir so eben darauf legten, dafs es uns gegl\u00fcckt sei, diese Gegenwart f\u00fcr den Muskelstrom thats\u00e4chlich nachzuweisen. Der Zusammenhang ist vielmehr folgender. Obschon die Gegenwart des Muskelstromes am lebenden unversehrten K\u00f6rper sich von selbst zu verstehen schien (S. oben S. 1), durften wir, der Strenge der Methode eingedenk, doch nicht unterlassen, uns davon durch den Versuch zu \u00fcberzeugen, der hier wirklich angestellt werden konnte. Nun zeigte es sich, dafs, unserer Erwartung zuwider, der Muskelstrom am lebenden unversehrten K\u00f6rper zwar nicht zu fehlen, aber doch nur spurweise vorhanden zu sein schien. Darauf, dafs durch die Entdeckung der parelektronomischen Schicht jetzt diese Dunkelheit beseitigt ist, wurde oben Werth von uns gelegt. Um so sicherer aber d\u00fcrfen wir nun auch den Nervenstrom als unzweifelhaft im lebenden unversehrten K\u00f6rper vorhanden betrachten, als ja f\u00fcr denselben, so wenig wie f\u00fcr den Muskelstrom, von vorn herein ein Bedenken in dieser Hinsicht obwaltete, und als aufserdera der Muskelstrom jetzt wirklich in seiner vollen St\u00e4rke am lebenden unversehrten Frosch nachgewiesen ist.\n12","page":179},{"file":"p0180.txt","language":"de","ocr_de":"180 \u00e4 Abschn. Kap. 7111. \u00a7. 111. Negative Schwankung des Stromes\n\u00a7\u2022 HI-\nVon der negativen Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung an nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen und am lebenden unversehrten Thier.\nWir wissen jetzt, dafs der Muskelstrom am lebenden unversehrten Thier so gut als an den zugerichteten Muskeln vorhanden ist, auf die wir, bis zu diesem Kapitel, unsere Versuche beschr\u00e4nkt hatten. Es versteht sich sonach im Grunde von selbst, dafs die Bewegungserscheinung des Stromes, welche seine Zusammenziehung begleitet, eben so wenig am lebenden unversehrten K\u00f6rper vermifst werden wird, als der ruhende Muskelstrom selber. Vielmehr wird die negative Schwankung des Stromes sogar noch leichter nachweisbar sein, da sie, wegen der parelektronomischen Schicht, leicht die positive Wirkung des ruhenden Muskels an Gr\u00f6fse \u00fcbertrifft (S. oben S. 144). Doch wollen wir es uns nicht verdriefsen lassen, den thats\u00e4chlichen Beweis auch hief\u00fcr noch zu f\u00fchren.\nDies kann mit keinen besonderen Schwierigkeiten verkn\u00fcpft sein. Das einzige Hindernifs, was am Frosch diesem Unternehmen in den Weg tritt, k\u00f6nnte in den elektromotorischen Wirkungen der Haut dieses Thieres liegen. Indessen sind wir durch die im ersten Paragraphen dieses Kapitels angestellte Untersuchung dieser Wirkungen in Stand gesetzt, dies Hindernifs vollst\u00e4ndig zu beseitigen.\nUm zwei Hautstellen des Frosches bei ungleichzeitiger Ber\u00fchrung mit den von Kochsalzl\u00f6sung durchzogenen B\u00e4uschen oder mit der in den Zuleitungsgef\u00e4fsen enthaltenen L\u00f6sung selber elektromotorisch unwirksam zu machen, gen\u00fcgt es, wie man sich erinnert, sie einige Zeit hindurch mit der L\u00f6sung benetzt zu erhalten (S. oben S. 11). In den folgenden Versuchen wird der Kreis stets gebildet entweder durch Eintauchen der nicht enth\u00e4uteten Gliedmafsen in beide Zuleitungsgef\u00e4fse, oder es findet dieses Eintauchen nur auf der einen Seite statt, auf der anderen Seite wird der Sattelbausch zwischen der L\u00f6sung des einen Gef\u00e4fses und dem R\u00fccken des Frosches angebracht. Auf alle F\u00e4lle sind also, wie wir erfahrungsm\u00e4fsig wissen, hier die Bedingungen erf\u00fcllt, damit nach wenigen Minuten die Haut in einen unwirksamen feuchten Leiter verwandelt sei und der Muskelstrom ungest\u00f6rt hervortrete, so weit es die Wirkung der Haut als Nebenschliefsung und die parelektronomische Schicht gestatten, welche die nat\u00fcrlichen Querschnitte s\u00e4mmtlicher Muskeln \u00fcberzieht. Doch w\u00fcrde es, bei den jetzt","page":180},{"file":"p0181.txt","language":"de","ocr_de":"m\nnicht enth\u00e4uteter Gliedma\u00dfen beim Tetanus.\nzu beschreibenden Versuchen, nicht gerathen sein, es bewenden zu lassen bei dieser .Art von Selbstberichtigung, wie sie die blofse Herstellung des Kreises mit sich bringt. Es kommt n\u00e4mlich, wie man sich leicht denken kann, vor, dafs im Augenblick der Zuckung die Tiefe sich ver\u00e4ndert, bis zu der die Glieder eintauchen, oder dafs der Sattelbausch sich am R\u00fccken des Thieres verschiebt. Durch die damit verbundenen ungleichzeitigen Ber\u00fchrungen der Kochsalzl\u00f6sung mit neuen Hautstellen entstehen vor\u00fcbergehende Str\u00f6me, welche begreiflich zu argen T\u00e4uschungen Anlafs geben k\u00f6nnen. Man mufs daher Sorge tragen, dafs die in die L\u00f6sung unmittelbar getauchten Hautstellen noch in solcher H\u00f6he \u00fcber der Oberfl\u00e4che der L\u00f6sung damit benetzt sind, dafs bei einem etwa vorkommenden tieferen Eintauchen derselben keine neue Ber\u00fchrungen zwischen L\u00f6sung und Haut eintreten k\u00f6nnen. Die Hautstelle aber, wo der Sattelbausch angelegt werden soll, mufs man stets in gr\u00f6fserer Ausdehnung, als sie vom Bausch ber\u00fchrt wird, mit der ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung bepinseln, damit gleichfalls bei einer etwa stattfindenden Verschiebung des Bausches keine neue Ber\u00fchrungen Platz greifen. Um so ausreichender erweisen sich \u00fcbrigens schliefslich diese Vorkehrungen, als es sich hier ja nicht handelt um den Nachweis, ob ein Strom vorhanden sei oder nicht, sondern um die Ver\u00e4nderung eines schon bestehenden Stromes, wo es also gleichg\u00fcltig ist, ob von dem best\u00e4ndig vorhandenen Strom ein Theil auf Rechnung der Hautungleichartigkeiten statt auf die der elektromotorischen Wirkung ruhender Muskeln kommt, wofern nur jener Antheil, zur Zeit der zu beobachtenden Aenderung des Muskelstroraes, selbst keine Aenderung erleidet. Diese Vorkehrungen werden also in dem Folgenden stets bereits als getroffen vorausgesetzt.\nWir beginnen mit dem einfachsten Falle, dem eines nicht enth\u00e4uteten Unterschenkels vom Frosch. Um seinen Strom bequem ableiten zu k\u00f6nnen, bediente ich mich des bereits oben Abth. I. S. 121. 122. Abth. II. S. 175 angewendeten Schraubstockes. Der Unterschenkel wurde diesmal mit dem Fufsgclenk in den Schraubstock gespannt. Der Fufs tauchte wie fr\u00fcher unmittelbar in das eine Zuleitungsgef\u00e4fs. Die Beugung des Fufsgelenkes wurde durch den Schraubstock selbst verhindert. Um auch der Streckung ein Ende zu machen, durchschnitt ich die Achillessehne subcutan. Damit nicht, wie dies bei allgemeinem Tetanus der Unterschenkelmuskeln zu geschehen pflegt, die Schwimmhaut ausgespreizt werde, wurden die Zehen mit einem Faden fest zusammengeschn\u00fcrt. Vom Kniegelenk hing auch diesmal die Haut des Oberschenkels, welche dicht unter dem Becken durch einen Zirkelschnitt getrennt war, in das andere Zuleitungsgef\u00e4fs herab. In der Kniekehle brachte ich ein Loch","page":181},{"file":"p0182.txt","language":"de","ocr_de":"182 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 111. Negative Schwankung des Stromes\nin die Haut an, zu welchem ich den Sitzbeinnerven in\u2019s Freie, nach den Platinblechen der stromzufiihrenden Vorrichtung, hinausleitete.\nNachdem die Nadel unter dem Einflufs des unentwickelten und durch Widerstand und Nebenschliefsung geschw\u00e4chten Muskelstromes zur Ruhe gekommen war, tetanisirte ich den Unterschenkel vom Nerven aus auf elektrischem Wege. Es erfolgte ein Ausschlag in absteigender Richtung, nat\u00fcrlich auch ziemlich schwach, wegen des bedeutenden in den Kreis eingef\u00fchrten Widerstandes der Fufswurzel und der Oberschenkelhaut und wegen der durch die Haut dargebotenen Nebenschliefsung.\nLegte ich der im Schraubstock nach oben gekehrten, folglich in\u2019s Freie sehenden Wade des Unterschenkels den Nerven eines strompr\u00fcfenden Froschschenkels an, so dafs der Nerv \u00fcber nat\u00fcrlichem L\u00e4ngs- und Querschnitt des Gastroknemius befindlich war, so zeigte der strompr\u00fcfende Schenkel bei einzelnen Zuckungen des eingespannten Schenkels die secund\u00e4re Zuckung, und gerieth in secund\u00e4ren Tetanus, wenn ich die prim\u00e4ren Zuckungen sich zu stetigem Starrkrampf verschmelzen liefs.\nMan k\u00f6nnte fragen, ob nicht vielleicht in diesem Falle die secund\u00e4ren Zuckungen herr\u00fchren von Hautstr\u00f6men, die durch Verschiebung des Nerven auf der Haut im Augenblick der Zuckung bedingt werden. Allein erstens k\u00f6nnte dann doch kein secund\u00e4rer Tetanus entstehen, denn im Verfolg des Tetanus ver\u00e4ndert ja der urspr\u00fcnglich zuckende Muskel seine Lage und Gestalt nicht mehr. F\u00fcr\u2019s zweite verschiebt sich der strompr\u00fcfende Nerv gar nicht auf der Haut, wenn man ihm nur Spiel genug l\u00e4fst, ihren Bewegungen zu folgen, weil er zu leicht ist und ihr zu fest anklebt. Drittens erh\u00e4lt man keine Zuckungen, wenn man den Nerven absichtlich auf der Haut hin und herschiebt. Endlich bleibt die secund\u00e4re Zuckung aus, wenn man dem Nerven solche Lagen ertheilt, dafs er nicht vom Muskelstrom durchflossen ist. Aus allen diesen Gr\u00fcnden, von denen jeder einzelne ausreichen w\u00fcrde, ist, wie man sieht, an die ausgesprochene Verd\u00e4chtigung hier gar nicht zu denken.\nEs lag nahe, diese Versuche auch auf den lebenden ganz unversehrten Frosch zu \u00fcbertragen. Die eine der Anordnungen, deren ich mich dazu bediente, findet sich abgebildet Fig. 24. Taf. 111. Bd. I. Man sieht den Frosch auf dem bekannten Rahmen ausgespannt, die F\u00fclse in das eine Zuleitungsgef\u00e4fs getaucht, und den Sattelbausch die Kette vervollst\u00e4ndigend zwischen dem Kreuz des Frosches und dem anderen Zuleitungsgef\u00e4fse. Am R\u00fccken des Frosches sind Hautklemmen angebracht (S. oben Bd. I. S. 456. Fig. 25. 26. Taf. 111. Bd. IL Abth. I. S. 56. 605. Fig. 142. Taf. V). Die Nadel nimmt, unter dem Einflufs des Muskelstromes, wie er gerade beschaffen ist, eine beliebige Stellung","page":182},{"file":"p0183.txt","language":"de","ocr_de":"des lebenden unversehrten Frosches beim Tetanus.\t183\nmeist ziemlich nahe dem Nullpunkt ein. Sobald man beginnt, wie die Doppelpfeile in der Figur es andeuten, durch den Froschrumpf mit H\u00fclfe der Klemmen den tetanisirenden Str\u00f6raungsvorgang hindurchzuschicken, sieht man die Nadel, gleichviel welche Richtung der gerade vorhandene Strom hat (S. oben S. 173), stets im absteigenden Sinne einen Ausschlag beschreiben, dessen Gr\u00f6fse sich hier bis auf 45\u00b0 belaufen kann. S. den Pfeil l\u00e4ngs den Beinen des Frosches in der Figur.\nLegt man den Nerven eines strompr\u00fcfenden Froschschenkels der Wade des Frosches wie vorhin des blofsen Unterschenkels an, so erfolgen f\u00fcr einzelne Inductionsst\u00f6fse secund\u00e4re Zuckungen des Schenkels, und beim Tetanisiren secund\u00e4rer Tetanus.\nEs wird gewifs nicht an solchen fehlen, die den Beweis verlangen, dafs der absteigende Ausschlag nicht herr\u00fchre von Schleifen des erregenden Stromes, die in den Multiplicatorkreis einbrechen, und die secun-d\u00e4ren Zuckungen von dergleichen Schleifen, die sich bis in die Beine erstrecken. Der Beweis ist in beiden F\u00e4llen leicht zu f\u00fchren.\nWas den Ausschlag am Multiplicator betrifft, so k\u00f6nnte die Wirkung der in den Multiplicatorkreis einbrechenden Schleifen des tetanisirenden Str\u00f6mungsvorganges keine andere sein, als doppelsinnige Ablenkung, wie wir schon mehrmals zu bemerken Gelegenheit hatten (S. oben Abth. I. S. 44. 51. 430). Diese ist stets vom Nullpunkte fort gerichtet, gleichviel auf welcher Seite des Nullpunktes die Nadel befindlich ist. Hingegen in dem vorliegenden Falle findet der Ausschlag stets nach einer und derselben Seite statt, derjenigen n\u00e4mlich, welche der absteigenden Stromesrichtung in den Beinen des Frosches entspricht; und sollte die Nadel zuf\u00e4llig bereits in dem negativen Quadranten verweilen, so kann man zeigen, dafs ihr Ausschlag beim Tetanisiren keine doppelsinnige Ablenkung ist, indem man sie durch ein Magnetst\u00e4bchen-in den positiven Quadranten einstellt, wo dann die Wirkung, statt ihr Zeichen zu wechseln, unver\u00e4ndert negativ bleibt.\nRottet man ferner, nachdem man die Aorta abdominalis \u00fcber ihrer Spaltungsstelle in die beiden Arteriae iliacae communes unterbunden hat, die beiden Ischiadgeflechte und -Nerven bis in die obere Schenkelgegend aus, so bleiben, bei m\u00e4fsig starken Schl\u00e4gen, die Beinrauskeln in Ruhe, und mit ihnen die Nadel. Sind die Schl\u00e4ge sehr stark, oder hat mau die Nerven, ohne Substanzverlust, einfach durchschnitten, so findet auch so noch Tetanus statt, indem hinl\u00e4nglich starke Stromesschleifen sich bis zu den peripherischen St\u00fcmpfen der durchschnittenen Nerven in der Art begeben, wie dies aus Fig. 142. Taf. V ersichtlich wird. Alsdann wird auch noch die Nadel, in einem dem \u00fcbrig gebliebenen Tetanus entsprechenden Mafse, negativ abgelenkt. Wartet man aber den Zeit-","page":183},{"file":"p0184.txt","language":"de","ocr_de":"184 <?\u2022 slbschn. Kap. VJJI. \u00a7. III. Negative Schwankung des Stromes\npunkt ab, den man auch durch unabl\u00e4ssiges Tetanisiren schneller herbeif\u00fchren kann, wo selbst die allerst\u00e4rksten Schl\u00e4ge nicht mehr im Stande sind, Zuckungen zu erregen, so bleibt die Nadel v\u00f6llig unbewegt, selbst dann, wenn die Schl\u00e4ge an St\u00e4rke diejenigen viele hundertmal \u00fcbertreffen, unter deren Eiuflufs, so lange noch Muskeln zuckten, ein so betr\u00e4chtlicher Ausschlag stattfand.\nMan kann auch den Versuch recht zierlich dahin ab\u00e4ndern, dafs man gleich anfangs nur auf einer Seite das lschiadgeflecht zerst\u00f6rt, und abwechselnd das gesunde und das gel\u00e4hmte Bein in den Multiplicatorkreis aufnimmt, w\u00e4hrend das andere wie oben S. 177 zur Seite gebunden wird. Nat\u00fcrlich erh\u00e4lt man dann bei Anwendung des gesunden Beines den Ausschlag der Nadel, bei Anwendung des gel\u00e4hmten Beines Nichts.\nDiese Gruppe von Gegenversuchen gilt nun auch f\u00fcr die secund\u00e4re Zuckung durch elektrische Zuckungen des lebenden unversehrten Frosches. Selbst bei sehr starken Str\u00f6men erstrecken sich keine Schleifen mit merklicher Kraft bis in\u2019s Kniegelenk. Man braucht also nur in der Kniekehle den Ischiadnerven zu zerschneiden, so bleibt der Gastro-knemius in Ruhe, und mit ihm der strompr\u00fcfende Schenkel, dessen Nerv, \u00fcber der Haut, dem nat\u00fcrlichen L\u00e4ngs- und Querschnitt des Ga-strokneraius entlang gelegt ist. An dem Beine, dessen Ischiadicus unversehrt ist, f\u00e4hrt dagegen die secund\u00e4re Zuckung zu erscheinen fort, zum Beweise, dafs ihr Ausbleiben am gel\u00e4hmten Unterschenkel nicht etwa die Folge war einer Abnahme der Leistungsf\u00e4higkeit des strompr\u00fcfenden Froschschenkels.\nEndlich, und zum Uebermafs der Sicherheit, lassen sich beide Versuche, der am Multiplicator sowohl als auch der am strompr\u00fcfenden Schenkel, ohne alle Einmischung fremHer elektrischer Str\u00f6me, ganz einfach mit H\u00fclfe der Strychninvergiftung anstellen. Die Anordnung bleibt dabei ganz die n\u00e4mliche, nur dafs die Vorrichtung zum Tetanisiren, die Hautklemmen u. s. w. fortfallen. Die Wirkung auf die Nadel giebt in recht g\u00fcnstigen F\u00e4llen der beim elektrischen Tetanisiren wenig nach. Schon bei den einzelnen St\u00f6fsen von etwas l\u00e4ngerer Dauer, die dem Ausbruch des eigentlichen Strychnintetanus vorhergehen und hier durch den Reiz der Kochsalzl\u00f6sung an den Schwimmh\u00e4uten stets herbeigef\u00fchrt werden, weicht die Nadel um mehrere Grade im negativen Sinne ab.\nSchwieriger wahrzunehmen ist die secund\u00e4re Zuckung auf diesem Wege. Auch an enth\u00e4uteten Muskeln erfolgt sie nur in g\u00fcnstigen F\u00e4llen, da, um ihr Erscheinen m\u00f6glich zu machen, mannigfache Umst\u00e4nde Zusammentreffen m\u00fcssen, die oben Abth. I. S. 515 aufgez\u00e4hlt worden sind. Vollends bei Gegenwart der Haut gelingt es nur selten, aber","page":184},{"file":"p0185.txt","language":"de","ocr_de":"des lebenden unversehrten Frosches beim Tetanus.\t185\nes gelingt doch bisweilen unzweideutig, secund\u00e4re Zuckung zu erhalten.\nAuch durch Zerbohren des R\u00fcckenmarkes eines gek\u00f6pften Frosches gelingt es, die negative Schwankung des Muskelstromes der noch mit der Haut bekleideten Beine in geringem Mafse nachzuweisen (Vergl. oben Abth. I. S. 53. 517).\nSchliefslich giebt es, diese Versuche anzustellen, noch eine andere Art, bei der der Sattelbausch entbehrlich wird. Sie besteht darin, den Frosch mit beiden F\u00fcfsen rittlings in beide Zuleitungsgef\u00e4fse tauchen zu lassen, und nur das eine Bein zu tetanisiren. Man erreicht dies dadurch, dafs man das Ischiadgeflecht auf der Seite, welche in Ruhe bleiben soll, bis in den Oberschenkel hinein ausrottet f\u00fcr den Fall, dafs man auf elektrischem Wege tetanisiren will, oder es einfach durchschneidet, wenn man mit Strychnin zu vergiften beabsichtigt. Ich bemerke, dafs dies, von unserem Standpunkt aus, noch immer Versuche am lebenden unversehrten Thiere sind. Denn die Zurichtung, die wir am Frosch vornehmen, hat mit der elektromotorischen Wirkung, die wir nachmals beobachten, unmittelbar nichts zu schaffen. Diese Wirkung w\u00fcrde, bei v\u00f6llig unversehrtem Leibe, genau in gleicher Art stattfinden, wenn man ein Mittel bes\u00e4fse, ohne Verletzung des Nerven, mithin seiner Bedeckungen, das eine Bein zu l\u00e4hmen, oder wenn man den Frosch dazu abrichten k\u00f6nnte, willk\u00fcrlich das eine Bein tetanisch anzuspannen, w\u00e4hrend das andere schlaff bliebe.\nUm den Frosch, in der zu diesem Versuch geeigneten Lage, unbeweglich zu machen, liefs ich ihn auf einem in passender H\u00f6he wagerecht aufgestellten h\u00f6lzernen Stabe von 33mm Durchmesser mit vorgebeugtem Rumpfe reiten, indem er zugleich mit den Vorderpfoten den Stab umarmte. Um jeden Oberarm war eine Schlinge gelegt, deren Ende unterhalb des -Stabes mit dem Ende der Schlinge der anderen Seite zusammengebunden wurde. Um jede Fufswurzel waren zwei Schlingen gelegt, deren Enden um den Stab zusammengebunden wurden, so dafs jedes Bein einzeln in seiner Lage befestigt war. Dies ist deshalb noth-wendig, weil das gel\u00e4hmte Bein dem nicht gel\u00e4hmten nicht den geh\u00f6rigen Widerstand entgegensetzt, so dafs wenn man die Beine wie die Arme zusammenbinden wollte, die Beine ganz unsymmetrische Lagen annehmen w\u00fcrden. Endlich wurde das Becken durch einige Zirkeltouren einer schmalen Rollbinde fest gegen den Stab gedr\u00fcckt. Die Zehen des gesunden Fufses wurden zusammengebunden.\nWar die Nadel zur Ruhe gekommen und ich tetanisirte, sei\u2019s auf elektrischem Wege, sei\u2019s durch Strychnin, so entstand sofort eine Ablenkung in dem absteigenden Sinne f\u00fcr das unversehrte Bein, dessen","page":185},{"file":"p0186.txt","language":"de","ocr_de":"186 3. Absclrn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 1. Von dem elektromotorischen Verhalten\nMuskeln am Krampf theilnahmen, im aufsteigenden Sinne f\u00fcr das gel\u00e4hmte Bein, dessen Muskeln beim Tetanus erschlafft blieben. Da, bei diesem Versuch, der Widerstand der Kette etwa viermal gr\u00f6fser sein mufste als bei den erstbeschriebenen, so kann es nicht auffallen, dafs die Wirkung auch bedeutend schw\u00e4cher ausfiel, so dafs ich mich wenigstens beim Strychninkrampf mit Vortheil des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom bediente, um sie in gr\u00f6fserem Mafsstabe wahrnehmbar zu machen.\n\u00a7. IV.\nVon dem elektromotorischen Verhalten des lebenden unversehrten Menschen.\n1. Einleitung.\nZwar geschieht der Bedeutung der in diesem Werke beschriebenen Versuche kein Eintrag dadurch, dafs der bei weitem gr\u00f6fste Theil davon allein am Frosch angestellt ist. Die Physiologen wissen wohl, dafs, mit wenigen Ausnahmen, unsere Erfahrungen in diesem Gebiete sich noch v\u00f6llig diesseits der Grenze bewegen, innerhalb welcher die Organisation aller Wirbelthiere, mit Einschlufs des Menschen, ja wahrscheinlich aller mit Nerven und Muskeln versehenen Thiere, also vielleicht aller Thiere \u00fcberhaupt, g\u00e4nzlich zusammenf\u00e4llt. Auch haben wir nicht vers\u00e4umt, wenigstens in Betreff der Grundthatsachen des Nerven- und Muskelstromes und des Gesetzes dieser Str\u00f6'me, uns der Richtigkeit jenes Prin-cips an verschiedenen Thieren, ja am Menschen selbst, zu vergewissern (S. oben Bd. I. S. 523. Bd. II. Abth. I. S. 261). Nachdem nunmehr die Gegenwart des Muskel- und Nervenstromes und ihrer Bewegungserscheinungen im lebenden ganz unversehrten Frosch von uns aufser Zweifel gesetzt ist, wird also wohl nicht leicht bei Jemand noch ein Bedenken dar\u00fcber obwalten, ob diese Str\u00f6me und die gleichen Ver\u00e4nderungen derselben auch im lebenden unversehrten Menschen stattfinden.\nNichtsdestoweniger hat der Gedanke, wenigstens die eine oder die andere Erscheinung aus diesem Gebiete am eigenen K\u00f6rper zu beobachten, etwas zu Lockendes, um nicht n\u00e4her auf die sich jetzt dazu bietende M\u00f6glichkeit einzugehen. In der That es scheint, als ob man so gut als am Frosch auch am Menschen den Muskelstrom und seine negative Schwankung bei der Zusaramenziehung w\u00e4hrend des unverletzten Lebens m\u00fcfste sichtbar machen k\u00f6nnen. Zwar k\u00f6nnen sich verschiedene","page":186},{"file":"p0187.txt","language":"de","ocr_de":"des lebenden unversehrten Menschen. Einleitung.\t187\nUmst\u00e4nde diesem Vorhaben widersetzen. Es k\u00f6nnte z. B. die Anordnung der Muskeln an den menschlichen Gliedmafsen der Art sein, dafs es auf keine Weise gel\u00e4nge, von den Gliedmafsen im Grofsen und Ganzen einen namhaften Bruchtheil des Muskelstromes abzuleiten. Es k\u00f6nnte ferner dem Muskelstrom die Lederhaut eine so gute Nebenleitung, oder die Oberhaut einen so grofsen Widerstand darbieten, dafs keine, an unseren jetzigen Strompr\u00fcfern bemerkbare Spur davon nach Aufsen zu gelangen verm\u00f6chte. Auch hier gilt \u00fcbrigens, wie beim Frosch, die oben S. 180 gemachte Bemerkung, dafs diese Hindernisse viel eher f\u00fcr den ruhenden Strom als f\u00fcr seine negative Schwankung bei der Zusammenziehung werden eintreten k\u00f6nnen, wegen der Schw\u00e4chung des ersteren durch die parelektronomische Schicht, deren Gegenwart, in bedeutender Ausbildung, wir nach den Versuchen am Kaninchen und der Taube (S. oben S. 123) wohl berechtigt sind, auch beim Menschen vorauszusetzen.\nAuf alle F\u00e4lle lohnt es sich, denVersuch zu machen. Die Untersuchung beginnt, wie nat\u00fcrlich, damit, dafs wir uns zu befreunden suchen mit dem Kreise elektromotorischer Erscheinungen, zu denen das Anlegen der Multiplicatorenden an die Haut des lebenden menschlichen K\u00f6rpers vielleicht schon allein Veranlassung giebt. So ist es in der That; und zwar werden wir dabei auf eine grofse Menge neuer, meist sehr fremdartiger und oft ganz unverst\u00e4ndlicher Thatsachen gef\u00fchrt werden. Hinsichtlich des Verfahrens, welches wir dabei beobachten werden, w\u00fcnschte ich Folgendes zu hevorworten.\nDie hier zu beschreibenden Versuche, wenn sie auch \u00e4ufserlich an Feinheit hinter vielen der fr\u00fcher beschriebenen zur\u00fcckstehen, \u00fcbertreffen an M\u00fchseligkeit doch die Mehrzahl derselben. Nirgends in diesem ganzen Gebiet st\u00f6fst man auf solche unerkl\u00e4rliche Launen des Versuchs. Die Feststellung der unbedeutendsten Thatsache erfordert oft ganz un-verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsige Anstrengungen. Und w\u00e4hrend sonst die einmal erfundenen Vorrichtungen f\u00fcr lange Versuchsreihen auszureichen pflegten, kommen wir jetzt in den Fall, dafs fast ein jeder einzelne Versuch neue, wenn auch nicht verwickelte, doch oft sehr umst\u00e4ndliche Anordnungen n\u00f6thig macht, wodurch diese Versuche zugleich die zeitraubendsten werden, die man sich denken kann.\nErw\u00e4gt man nun, dafs die elektromotorischen Erscheinungen der Haut mit dem eigentlichen Zweck unserer Bestrebungen im Grunde nichts zu schaffen haben; dafs diese Erscheinungen grofsentheils, ja vielleicht s\u00e4mmtlich, gar nicht in\u2019s Gebiet der physiologischen Elektricit\u00e4t, nach unserer oben Bd. I. S. 4 gegebenen Begriffsbestimmung, geh\u00f6ren; dafs cs uns folglich \u00fcberall nur darauf ankommen kann, sie gut genug zu ken-","page":187},{"file":"p0188.txt","language":"de","ocr_de":"J8$ 3. Abschn. Kap, VIII. \u00a7. IV. 1, Von dem elektromotorischen Verhalten\nnen, um nicht durch sie in die Irre gef\u00fchrt zu werden: so wird man es wohl nat\u00fcrlich finden, wenn ich hier \u00fcberall den k\u00fcrzesten Weg zum Ziel verfolgt, und die Erscheinungen, die mir dabei aufgestofsen sind, immer nur so weit beachtet habe, als dies nothwendig war, um mich der Richtigkeit meines Weges versichert halten zu d\u00fcrfen. Vollends wird man mir darin Recht geben, wenn man hinzunimmt, dafs der ganze Vortheil, der aus unserer jetzigen Unternehmung erw\u00e4chst, genau genommen auf die Befriedigung eines ganz unwissenschaftlichen Gel\u00fcstes hinausl\u00e4uft. Denn mit dem Nachweis des Muskelstromes und seiner negativen Schwankung bei der Zusammenziehung am lebenden unversehrten menschlichen K\u00f6rper, im Fall dieser Nachweis uns gl\u00fccken sollte, w\u00fcrde doch eigentlich nichts gewonnen sein, als was sich f\u00fcr jeden Unbefangenen, der diesen Arbeiten gefolgt ist, bereits von selbst versteht.\nWir werden uns also im Folgenden oft auf die blofse Darlegung des Thatbestandes beschr\u00e4nken, ohne uns irgend weiter auf die Ermittelung des urs\u00e4chlichen Zusammenhanges einzulassen. H\u00f6chstens dafs wir dann und wann eine ganz nah liegende Hypothese zur Pr\u00fcfung heranziehen. Eine Beschr\u00e4nkung wichtigerer Art, der die folgende Untersuchung unterliegt, und auf welche diese Rechtfertigung Bezug hat, besteht darin, dafs bei weitem der gr\u00f6fste Theil der Versuche nur an mir selber angestellt ist, w\u00e4hrend es wohl der Fall sein k\u00f6nnte, dafs hier namhafte individuelle Unterschiede obwalteten. Ich habe aber eine solche M\u00fche gehabt, die darzulegenden Thatsachen auch nur an mir selber auszumitteln, und die Langwierigkeit und Umst\u00e4ndlichkeit der Versuchsreihen ist so grofs, dafs ich mich gezwungen gesehen habe, die Feststellung der entsprechenden Verh\u00e4ltnisse an anderen Individuen Denen zu \u00fcberlassen, die sich daf\u00fcr interessiren sollten. F\u00fcr meinen Zweck war es hinreichend, die hier obwaltenden Verh\u00e4ltnisse an mir selber mit hinl\u00e4nglicher Genauigkeit erforscht zu haben.\nEhe wir zur Untersuchung selber schreiten, wird es zweckdienlich sein, hier zun\u00e4chst dasjenige voraufzuschicken, was durch fr\u00fchere Bestrebungen anderer Forscher bereits bekannt geworden ist \u00fcber eine der allgemeinsten physikalischen Bedingungen der jetzt anzustellenden Versuche, den Widerstand n\u00e4mlich, den der menschliche K\u00f6rper unter verschiedenen Umst\u00e4nden dem elektrischen Strome darbietet.\n2. Von dem Leitungswiderstande des menschlichen K\u00f6rpers.\nUeber die Leitung des Stromes durch den menschlichen K\u00f6rper hat man fr\u00fch ziemlich richtige Begriffe gehabt.\nMan hatte bald erfahren, dafs die pflanzlichen und thierischen Theile","page":188},{"file":"p0189.txt","language":"de","ocr_de":"des lebenden unversehrten Menschen. Einleitung.\t189\nnur leiten verm\u00f6ge der in ihnen enthaltenen Feuchtigkeit; dafs sie, getrocknet, zu Nichtleitern werden,1 * wie es denn angeblich gelungen war, aus getrockneten Nerven eine Elektrisirmaschine zu verfertigen (S. oben Bd. I. S. 11. 12); dafs, im feuchten Zustande, ihre Leitungsg\u00fcte, gleich der der feuchten Leiter \u00fcberhaupt, aufserordentlich nachsteht der der Metalle, woraus Cavendish die bis zu ihm mifsdeutete Erscheinung erkl\u00e4rte, dafs der menschliche K\u00f6rper, als Nebenschliefsung zu einem metallischen Leiter angebracht, der die Ki\u00c6isT\u2019sche Flasche entladet, keine Ersch\u00fctterung erf\u00e4hrt (S. oben Bd. I. S. 563. 564).\nMan wufste auch schon zu Ende des vorigen Jahrhunderts, dafs die thierischen Fl\u00fcssigkeiten, mithin der von ihnen durchtr\u00e4nkte K\u00f6rper, bessere Leiter sind, als das reine Wasser. Ueber diesen Punkt aber hatte man mehrere falsche Vorstellungen. Ritter sagt, thierische Masse und Fl\u00fcssigkeit leiteten ausgemacht besser, als andere Fl\u00fcssigkeiten, ja auch wohl als selbst Kochsalzl\u00f6sung.3 Ohne die Ursache davon etwa nur in der Verminderung des Widerstandes durch die erh\u00f6hte Temperatur zu suchen, nahm man an, dafs der lebende K\u00f6rper besser leite, als der todte.3\nVielleicht auf Grund eines schlechten Versuches von Herbert,4 den\n1 Ausdr\u00fccklich finde ich dies zuerst ausgesprochen von Bertholon in Rozier, Observations sur la Physique, sur l\u2019Histoire naturelle et sur les Arts etc. t. VIII. Paris 1776. 4\u00b0. p. 211. 377.* \u2014 S. sodann seine Werke de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 des v\u00e9g\u00e9taux etc. Paris 1783. p. 113;* \u2014 De l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 du corps humain dans l\u2019\u00e9tat de sant\u00e9 et de maladie. Paris 1786. t. I. p. 178.* \u2014 Es folgen Herbert, Theoriae Phaenomenorum electricorum quae seu Electricitatis ex redundante Corpore in de-ficiens Trajectu, seu sola Atmosphaerae electricae Actione gignuntur. Editio alt\u00e9ra etc. Yindobonae 1778. p. 196;* \u2014 Steiglehner in van Swinden, Recueil de M\u00e9moires sur l\u2019Analogie de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 et du Magn\u00e9tisme etc. A la Haye 1784. t. II. p. 126;* \u2014 Hemmer, in Historia et Commentationes Academiae electoralis Scientiarum et ele-ganliorum Litterarum Theodoro-Palatinae. 1784. 4\". Vol. V. physicum. p. 156;* \u2014 Volta, Collezione dell\u2019 Op\u00e9r\u00e9 ec. Firenze 1816. t. II. p. I. p. 20. \u00a7. 12;*\u2014 Dessen Schriften \u00fcber die thierische Elektricit\u00e4t u. s. w. Aus dem Itali\u00e4nischen \u00fcbersetzt. Herausgegeben von Mayer. Prag 1793. S. 13.*\n* Beitr\u00e4ge zur n\u00e4heren Kenntnifs des Galvanismus und der Resultate seiner Untersuchung. Jena. Bd. I. St. 3. 4. 1802. S. 269.*\ns Vergl. oben Ablh. I. S. 215. S. z. B. Volta in seinem Brief an Banks, Collezione dell\u2019 Opere ec. t. II. p. II. p. 112. 130.* \u2014 Saxtorph\u2019s Darstellung der gesammten auf Erfahrung und Versuche gegr\u00fcndeten Elektricit\u00e4tslehre u. s. w. Aus dem D\u00e4nischen \u00fcbersetzt von Bo'\u00e8tids Fangel. Kopenhagen 1804. Bd. II. S. 136.* \u2014 Sogar noch Humphry Davy scheint etwas dergleichen im Sinne gehabt zu haben bei seiner Angabe in Gilbert\u2019s Annalen der Physik. 1801. Bd. VII. S. 116.*\n4 Theoriae Phaenomenorum electricorum etc. Editio altera etc. Vindobonae 1778. p. 196.*","page":189},{"file":"p0190.txt","language":"de","ocr_de":"190 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 2. Von dem. Leitungsroiderstande\nSteiglehner 1 und Hemmer 3 mit gleichem Erfolg angestellt haben wollen, und ohne Ber\u00fccksichtigung der entgegenstehenden Angaben von Priestley 3 und Mauduyt 4 schrieb man den Nerven eine besondere Leitungsg\u00fcte zu,3 Ritter selbst eine gr\u00f6fsere, als die irgend einer Fl\u00fcssigkeit, deren man sich ohne Nachtheil Behufs der Zuleitung bei galvanischen Versuchen am lebenden K\u00f6rper bedienen kann.6 Dasselbe findet sich von den Knochen angegeben,7 und diese schwerlich gerechtfertigte Meinung hat sich bis auf die neueste Zeit fortgepflanzt.8 Ja ich selbst mufs bekennen, im Anfang meiner Bestrebungen auf diesem Gebiete ihr auf Treu und Glauben gehuldigt, und eine Schlufsfolgerung darauf gebaut zu haben, die mir jetzt freilich noch einigermafsen der Grundlagen zu entbehren scheint.9\nW\u00e4hrend man so dem lebenden K\u00f6rper dem todten gegen\u00fcber auf der einen Seite gern eine besondere Leitungskraft zusprach, glaubte man auf der anderen zu der Annahme berechtigt zu sein, dafs der K\u00f6rper unter Umst\u00e4nden auch seine Leitungsf\u00e4higkeit einbiifsen und zum Nichtleiter werden k\u00f6nne, ohne dafs der Grund davon in einer gr\u00f6fseren Trockenheit der Oberhaut gesucht werden d\u00fcrfe.10\n1 van Swinden, Recueil de Me'moires sur l\u2019Analogie de l\u2019Electricit\u00e9 et du Magn\u00e9tisme etc. A la Haye. 1784. t. II. p. 126.*\n* Historia et Commentationes Academiae electoralis etc. Theodoro-Palatinae. 1784. 4\u00b0. Vol. V. physicum. p. 156.*\n8\tThe History and present State of Electricity etc. London 1767. 4\u00b0. p. 656;* \u2014 Uebersetzt von Kr\u00fcnitz. Berlin und Stralsund 1772. 4\u00b0. S. 430. 431.*\n4 Histoire de la Soci\u00e9t\u00e9 Royale de M\u00e9decine etc. Ann\u00e9e 1776. Paris 1779. 4*. M\u00e9moires etc. p. 522. 525. *\n8 Vergl. Saxtorph\u2019s Darstellung der gesammten ... Elektricit\u00e4tslehre u. s. w. Bd. II. S. 109. 134. 136.*\n6 Beitr\u00e4ge u. s. w. Bd. I. St. 3. 4. S. 263.\u2019\n\u2019 Saxtorph\u2019s Darstellung der gesammten ... Elektricit\u00e4tslehre u. s. w. Bd. II. S. 135.*\u2014 Die entgegengesetzte Behauptung lese ich indessen bei Valu in Rein-hold\u2019s Geschichte des Galvanismus u. s. w. Leipzig 1803. S. 36* und in Cavallo\u2019s vollst\u00e4ndiger Abhandlung der theoretischen und praktischen Lehre von der Elektri-cit\u00e4t u. s. w. Aus dem Englischen u. s. w. Leipzig 1797. S. 263.*\u2014 Ueber die Leitung trockener Knochen s. v. Humboldt in seinen Versuchen \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser. Posen und Berlin 1797. Bd. I. S. 433 ff.\u2019\n8\tS. Pickford in IIenle und Pfeufeer\u2019s Zeitschrift f\u00fcr rationelle Medicin. Bd. VI. 1847. S. 398;* \u2014 Bd. VII. 1849. S. 251.* \u2014 Vergl. auch Valentin\u2019s Behauptungen oben Bd. I. S. 150.\n9\tVorl\u00e4ufiger Abrifs u. s. w. in Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1843. Bd. LVIII. S. 29. \u00a7. 73.\n10\tValu in Cavallo\u2019s vollst\u00e4ndiger Abhandlung ... der Elektricit\u00e4t u. s. w. Bd. II. S. 262;* \u2014 v. Hdmboldt, Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Bd. I. S. 158 ff.* \u2014 Saxtorph, Darstellung der gesammten ... Elektri-","page":190},{"file":"p0191.txt","language":"de","ocr_de":"des menschlichen K\u00f6rpers.\nIfll\nIn der That, trotz dieser verschiedentlich irrigen Vorstellungen, sahen doch bereits Volta, v. Humboldt und Ritter, vorz\u00fcglich der Letztere, v\u00f6llig klar \u00fcber die wichtige Rolle, welche die Oberhaut bei der Leitung durch den menschlichen K\u00f6rper spielt. Die Einsicht, dafs die Oberhaut der vornehmste Sitz des Widerstandes sei, den der K\u00f6rper dem Stromesdurchgang entgegenstellt, f\u00fchrte Volta darauf, Zunge und Auge, wo jener Widerstand von Natur fehlt, mit ungleichartigen Metallen zu bewaffnen, um am lebenden unversehrten menschlichen K\u00f6rper ihre Wirkung sichtbar zu machen (S. oben Bd. I. S. 53. 55), w\u00e4hrend, durch dieselbe Kenntnifs geleitet, v. Humboldt seine Versuche mit Blasenpflasterwunden unternahm, wo der Widerstand der Oberhaut also k\u00fcnstlich hinweggeschafft war (S. oben ebendas. S. 288 Anm.). ' Nach Ritter ist die trockene Oberhaut fast ein vollkommener Nichtleiter. Je feiner und d\u00fcnner sie sei, einen um so geringeren, je gr\u00f6ber und st\u00e4rker, einen um so gr\u00f6fseren Widerstand setze sie dem Strom entgegen. Mit dem Grade ihrer Durchfeuchtung, mit der Leitungsg\u00fcte der durchfeuchtenden Fl\u00fcssigkeit sinke dieser Widerstand. Noch mehr sei dies der Fall, wenn durch Entfernung der Oberhaut in Wunden das feuchte Innere des K\u00f6rpers entbl\u00f6fst werde.3\nEs ist mir nicht bekannt, dafs von hier ab, bis zu den gleich zu erw\u00e4hnenden neueren Arbeiten, etwas Redewerthes \u00fcber die Leitungs-Verh\u00e4ltnisse des menschlichen K\u00f6rpers geschrieben worden sei. Nur dafs bereits 1805 durch Heidmann3 und 1830 nochmals durch Person (S. oben Abth. I. S. 233 und vergl. ebendas. S. 236. 237. 245) der Wahn widerlegt wurde, als seien die Nerven durch ihr Leitverm\u00f6gen ausgezeichnet vor anderen thierischen Theilen. Erst nachdem die Oim\u2019sche Lehre den Begriff des Widerstandes genauer festgestellt und Mittel zur Widerstandsmessung an die Hand gegeben hatte, wendeten sich mehrere Forscher der Bestimmung dieser Constanten auch am menschlichen K\u00f6rper zu, n\u00e4mlich nacheinander Eduard Weber (1836), Pouillet (1837), und Lenz und Ptschelnikoff (1842). (Die Citate s. oben Abth. I. S. 75 Anm.) Leider sind diese, sonst zum Theil h\u00f6chst sorgf\u00e4ltig und einsichtig gef\u00fchrten Untersuchungen jedoch s\u00e4ramtlich durch den Umstand entwertet, dafs die Polarisation der Elektroden dabei unber\u00fccksichtigt blieb.\ncit\u00e4tslehre u. s. w. Bd. II. S. 136.* \u2014 Hielier geh\u00f6rt die bereits von Sigaud de la Fond widerlegte Fabel dafs Castraten nicht leiten. S. dessen Pr\u00e9cis historique et experimental des Ph\u00e9nom\u00e8nes \u00e9lectriques etc. Paris 1781. p. 285.*\n1 Versuche \u00fcber die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Bd. I. S. 152 ff. 204. 319.*\n\u2019 Beitr\u00e4ge u. s. w. a. a. 0. S. 258. 259. 262.*\n\u2019 Gilbert\u2019s Annalen der Physik. 1805. Bd. XXI. S. 103. 105. 106.*","page":191},{"file":"p0192.txt","language":"de","ocr_de":"192\t3. Abschn. Kap. Fill. \u00a7. IV. 2. Von dem Leitungswiderstande\nEduard Weber, der im physikalischen Laboratorium zu G\u00f6ttingen mit Wilhelm Weber seine Versuche anstellte, verfuhr einfach folgcnder-mafsen. Durch Verschieben einer Drahtrolle zwischen bestimmten Grenzen \u00fcber ein eigenth\u00fcmlich angeordnetes System von Magnetst\u00e4ben erregte er einen Inductionsstrom, dem also stets eine gleiche Summe elektromotorischer Kr\u00e4fte zu Grunde lag. Die St\u00e4rke dieses Stromes bestimmte er durch Beobachtung des Ausschlages, den der Strom an dem Pog-GENDORFF-GAUss\u2019schen Magnetometer-Multiplicator hervorbrachte. Aus dem Ausschlag a bei metallisch geschlossenem Kreise, und dem \u00ab, bei Einschaltung des zu messenden Widerstandes n, wurde letzterer berechnet nach der Formel\nw \u2014 \u2014 \u2014 1,\n\u00abi\nden Widerstand des metallisch geschlossenen Kreises = 1 gesetzt. Zuerst bestimmt Weber auf diese Weise die Leitungsf\u00e4higkeit des destillirten Wassers bei verschiedenen Temperaturen im Verh\u00e4ltnifs zu dem des Kupfers. Dann theilt er die L\u00e4ngen einer S\u00e4ule destillirten Wassers von einem Quadratmillimeter Querschnitt und 37\u00b0.7 C. W\u00e4rme mit, deren Widerstand dem des menschlichen K\u00f6rpers unter verschiedenen Umst\u00e4nden gleich sein w\u00fcrde.\nOhne, wie es scheint, von Weber\u2019s Arbeit Kenntnifs zu haben, schlug Lenz fast genau den n\u00e4mlichen Weg ein. Er \u00fcberliefs Ptschel-nikoff die eben erst begonnene Arbeit zur Durchf\u00fchrung. Dagegen ist ihm, wie die Angabe der Methoden, so auch die Zusammenstellung und Darlegung der Ergebnisse zu verdanken. Der Inductionsstrom wurde diesmal erzeugt durch Umlegen des Ankers einer CLARKE\u2019schen magnetoelektrischen Maschine aus der wagerechten in die senkrechte Lage oder umgekehrt. Die St\u00e4rke des Stromes wurde bestimmt durch Beobachtung des Ausschlages, den er an einem NoBiLi\u2019schen Multiplicator hervorbrachte, und der Widerstand des K\u00f6rpers auf dieselbe Weise berechnet wie von Weber, mit dem Unterschiede nat\u00fcrlich, dafs an die Stelle der Ausschl\u00e4ge selber die Sinus der halben Ausschl\u00e4ge traten. 1\nEs sind folglich die Zahlen, die aus beiden Untersuchungen hervorgingen, als zu hoch ausgefallen zu betrachten, und zwar am meisten die schon an und f\u00fcr sich h\u00f6heren unter denselben, aus dem Grunde, dafs die St\u00e4rke der Polarisation langsamer w\u00e4chst als die Stromst\u00e4rke, und sich zuletzt einem best\u00e4ndigen Grenzwerth asymptotisch anschliefst (S. oben Abth. I. S. 437). Auch der Einflufs der Temperaturerh\u00f6hung auf die Verminderung des Widerstandes des destillirten Wassers ist na-\n1 Vergl. Lenz ia Poggendorfe\u2019s Annalen u. s. w. 1835. Bd. XXXIV. S. 392.*","page":192},{"file":"p0193.txt","language":"de","ocr_de":"des menschlichen K\u00f6rpers.\n193\nt\u00fcrlich von Weber zu hoch angeschlagen worden, da mit wachsender Temperatur die Polarisation abnimmt.1 Weber\u2019s Zahlen, welche den Widerstand des K\u00f6rpers in L\u00e4ngen destillirten Wassers angeben, werden sich \u00fcbrigens, in Folge dieses Umstandes, der Wirklichkeit n\u00e4her anschliefsen, als es der Fall sein w\u00fcrde, wenn sie jenen Widerstand in Kupferl\u00e4ngen darstellten. N\u00e4mlich sowohl Z\u00e4hler als Nenner der Br\u00fcche, deren Werth diese Zahlen ausdr\u00fccken, werden durch die Ber\u00fccksichtigung der Polarisation in gleichem Sinne, wenn auch nicht proportional, ver\u00e4ndert, oder, mit anderen Worten, Weber reifst eine zu hoch veranschlagte Gr\u00f6fse (den Widerstand des menschlichen K\u00f6rpers) mit einem zu grofsen Mafsstab (dem Widerstand des destillirten Wassers).\nAuffallend ist, dafs weder Weber noch Lenz sich selber diese Einw\u00fcrfe gemacht haben. Zwar ist die Polarisation durch Str\u00f6me von sehr kurzer Dauer erst etwas sp\u00e4ter als solche ausdr\u00fccklich nachgewiesen worden.2 Allein Beide wufsten, dafs unter den Umst\u00e4nden ihrer Versuche der hypothetische Uebergangswiderstand sich einstellc. Weber erw\u00e4hnt seiner (S. unten), und Lenz hatte gerade erst kurz vorher auf seine Gegenwart in \u00e4hnlichen Versuchen den Schlufs gegr\u00fcndet, dafs, unabh\u00e4ngig von der Polarisation, die er bei Str\u00f6men von so kurzer Dauer ausgeschlossen glaubte, ein Widerstand des Ueberganges stattfinden m\u00fcsse.3 Da \u00fcbrigens der Kreis nach dem Durchgang des Stromes geschlossen blieb, so sollte man meinen, h\u00e4tte schon allein die Beobachtung des R\u00fcckschwunges der Nadel auf die Gegenwart der Polarisation aufmerksam machen k\u00f6nnen. Denn dieser R\u00fcckschwung mufste den Ausschlag auf der positiven Seite der Theilung nolhwendig auf der negativen an Gr\u00f6fse \u00fcbertreffen, sobald die Nadel durch den Strom der Ladungen mehr an Geschwindigkeit gewann, als sie daran verlor durch den Widerstand der Luft und die etwaigen Kr\u00e4fte des Fadens.\nWTie dem auch sei, da weder von Weber noch von Lenz die Elektroden, die den Strom dem K\u00f6rper zuf\u00fchrten, n\u00e4her beschrieben sind, und da aufserdem die Art dieser Zuleitung, so weit sie mit Bestimmtheit erhellt, nirgends, wenigstens nicht hinl\u00e4nglich nahe, \u00fcbereinkommt mit derjenigen, die wir selbst in der Folge anwenden werden: so wird man es gerechtfertigt finden, wenn ich in Betreff der von Weber und Lenz erhaltenen Zahlenergebnisse auf die Abhandlungen\n1\tS. oben Bd. I. S. 239. Bd. IL Abth. I. S. 83. \u2014 Vergl. Beetz im Repertorium der Physik u. s. w. Bd. VIII. Berlin 1849. S. 194. 245.*\n2\tS. oben Bd. I. S. 238. \u2014 Vergl. noch Vorsselman de Heer in Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1841. Bd. LUI. S. 34.*\n3\tPocgendorff\u2019s Annalen u. s. vv. 1838. Bd.XLIV. S. 349;* \u2014 1839. Bd.XLVII. S. 586.*\nII. 2.\n13","page":193},{"file":"p0194.txt","language":"de","ocr_de":"194\t3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. IV. 2. Von clem Leitangsrviderstande\nselber verweise. Statt aller nur dem Anschein nach genaueren Angaben stehe hier die Bemerkung, dafs der Widerstand des menschlichen K\u00f6rpers, gemessen zwischen Stellen, die mit unversehrter Oberhaut bekleidet sind, wohl unter allen Umst\u00e4nden dem von mehreren Meilen eines Kupferdrahtes von l\"\u201d1 Dicke gleichkommt. Auch werden wir uns dem-gem\u00e4fs gen\u00f6thigt sehen, bei den folgenden Untersuchungen fast ohne Ausnahme den Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom anzuwenden,'dessen Gebrauch also fortan stets vorauszusetzen ist, wo sich nicht ausdr\u00fccklich das Gegentheil gesagt findet.\nIst aber auch dergestalt der Werth der von Weber und von Lenz und Ptschelnikoff gegebenen absoluten Widerstandsbestimmungen in Frage gestellt, so haben diese Untersuchungen doch eine grofse Anzahl von Verh\u00e4ltnissen aufgedeckt oder von Neuem best\u00e4tigt, welche durch die Vernachl\u00e4ssigung der Polarisation nicht ber\u00fchrt werden konnten. Gerade die Kenntnifs dieser Verh\u00e4ltnisse aber ist es, auf die es uns hier vor Allem ankommt, und weil die in Rede stehenden Untersuchungen in dieser Beziehung gen\u00fcgend erscheinen, habe ich es nicht f\u00fcr unumg\u00e4nglich n\u00f6thig gehalten, mich selbst damit zu besch\u00e4ftigen, tadelfreie Messungen des Widerstandes des menschlichen K\u00f6rpers zu gewinnen. Zur Auseinandersetzung jener Verh\u00e4ltnisse aber schreite ich jetzt.\nEduard Weber besteht zun\u00e4chst auf den Umstand, dafs der menschliche K\u00f6rper nicht besser leitet, als es sich von einer warmen und etwas Salz aufgel\u00f6st enthaltenden, gleich grofsen und gleich geformten Wassermasse erwarten l\u00e4fst, n\u00e4mlich etwa zehn- bis zwanzigmal besser, als wenn er aus destillirtem Wasser best\u00e4nde. Hieraus zieht Weber die bereits oben Abth. 1. S. 235 erw\u00e4hnten Schl\u00fcsse gegen die Ansicht, dafs die Nerven gute Leiter der Elektricit\u00e4t seien, wie es, seiner Meinung nach, ohne Zweifel der Fall sein w\u00fcrde, wenn sie von der Natur auserkoren w\u00e4ren, um elektrische Str\u00f6me zu leiten.\nWeber macht sodann, offenbar ohne Kenntnifs der RiTTER\u2019schen Angaben (S. oben S. 191), auf die \u00e4ufserst geringe Leitungsf\u00e4higkeit der Oberhaut aufmerksam, welche um so kleiner sei, je trockener die Oberhaut. Er sagt: \u00bb Tenuis enim epidermis humida atque frigida ma-\u00bbjorein resistentiam opponit, quam reliquum corpus humanum a manu \u00bbdextra ad manum sinistram; eadem autem epidermis sicca quinquagies \u00bbcerte raajorem opponit resistentiam. Propter maximam resistentiam, \u00bbquam cuticula propagation! ictus galvanici opponit, fit, ut Humen gal-\u00bbvanicum, si conductores cum epidermide in contactum venerint, non \u00bbin ipsa seu circa corporis superficiem propagetur, sed epidermidem pe-\u00bbnetret et per internum corpus ad alterum locum epidermidis ducatur.\u00bb","page":194},{"file":"p0195.txt","language":"de","ocr_de":"des menschlichen K\u00f6rpers.\n195\nDies freilich w\u00fcrde auch dann der Fall sein, wenn die Oberhaut besser leitete; stets m\u00fcfste sich der Strom \u00fcber den ganzen Querschnitt des ihn f\u00fchrenden Gliedmafses verbreiten, nach Mafsgabe der Leitungsf\u00e4higkeit der verschiedenen Punkte dieses Querschnittes (Vergl. oben Bd. I. S. 151). \u00bbQuam ob rem cuticula propagationem galvanismi eo magis \u00bbimpedit, quo crassior est. Quam quidem virtutem galvanismum pro-\u00bbpagandi partibus corporis humidis sanguinem continentibus propriam \u00bbtantum iis in locis, quibus cuticula emplastro vesicatorio remota et \u00bb ablata est, aut quibus, ut in lingua, tenuissima et maxime madida est, \u00bbstrictius investigabis. Sed aliis etiam locis vim, qua cuticula propaga-\u00bbtioni resistit, imminuimus, si partes corporis diu aquae immergimus, \u00bbita ut aqua substantiam cuticulae penetret. Non silentio denique prae-\u00bbtermittendum est, galvanismum e conductore cupreo facilius per cuti-\u00bbculam in cutem penetrare, si cuprum cuticulam tangens calidius est. \u00bbImpedimentum propagationis igitur, quod in cuticula est, calore immi-\u00bbnuitur.\u00ab (L. c. p. 14.\u00b0) Gegen den letzten Satz ist jedoch wieder einzuwenden, dafs diese Verminderung des Widerstandes beim Erw\u00e4rmen der Kupfer-Elektroden auch abgeleitet werden kann, ja sogar bis auf Weiteres einfach abgeleitet werden mufs von der durch die W\u00e4rme verminderten Polarisation der Elektroden. Auch sagt dies Weber selbst p. 18\u00b0, nur dafs er statt der Polarisation, den hypothetischen Ueber-gangswiderstand durch die W\u00e4rme vermindern l\u00e4fst. Wir werden \u00fcbrigens demn\u00e4chst selber Gelegenheit haben, auf diesen Punkt zur\u00fcckzukommen.\nAn diese Weber\u2019sehen Angaben schliefsen sich folgende von Lenz und Ptschelnikoff. Wegen der geringen Leitungsf\u00e4higkeit der Oberhaut ist der Widerstand des K\u00f6rpers von Hand zu Hand der Zahl der eingetauchten Finger, also der benetzten Hautoberfl\u00e4che, fast umgekehrt proportional. Beim Eintauchen des \u00fcbrigen Theils der Hand nimmt aber der Widerstand in geringerem Mafse ab, als die benetzte Oberfl\u00e4che. \u00bbDies scheint darauf hinzudeuten\u00ab, sagt Lenz, \u00bbdafs die Leistungsf\u00e4higkeit des K\u00f6rpers proportional den Nervenenden ist, in welche \u00bbder Strom unmittelbar aus der Fl\u00fcssigkeit eintreten kann; da der \u00fcbrige \u00bbTheil der Hand dieser Enden weniger hat als die Finger, so wird eine \u00bbVergr\u00f6fserung der eingetauchten Fl\u00e4che dort weniger betragen als hier.\u00ab Es ist jedoch nicht einzusehen, was die Leitungsf\u00e4higkeit mit der Zahl der Nervenendigungen zu schaffen haben solle. Denkbar w\u00e4re schon eher, dafs sie in einem geraden Verh\u00e4ltnis st\u00e4nde zur Zahl der Schweifscan\u00e4lchen, welche die Oberhaut durchbohren. Es bedarf aber auch dieser Erkl\u00e4rung nicht einmal, sondern jene Beobachtung beruht vielleicht ein-\n13\u00b0","page":195},{"file":"p0196.txt","language":"de","ocr_de":"196\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7'. IV. 2. Von dem Leitungswiderstande\nfach darauf, dafs, je gr\u00f6fser bereits die benetzte Hautstelle ist, einen um so geringeren Bruchtheil des Gesammtwiderstandes macht ihr Widerstand aus, und um so weniger folglich kann durch weitere Ausdehnung der Benetzung der Gesammtwiderstand vermindert werden.\nVon der L\u00e4nge der zuleitenden Fl\u00fcssigkeitss\u00e4ule zeigte sich der Widerstand des Kreises innerhalb gewisser Grenzen fast unabh\u00e4ngig. Der Widerstand dieser S\u00e4ule verschwand also gegen den des K\u00f6rpers. Dagegen nahm der Widerstand des K\u00f6rpers sehr schnell ab mit dem eigenth\u00fcmlichen Widerstande der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit. Bei Newawasser, demselben Wasser nach Zusatz von 1 Volum-Procent englischer Schwefels\u00e4ure, endlich nach Zusatz von 4 Procent, verhielten sich, unter sonst gleichen Umst\u00e4nden, die Widerst\u00e4nde des menschlichen K\u00f6rpers wie die Zahlen 16.53, 6.06, 4.37. Dies ist nicht anders zu verstehen, als so, dafs die mit verd\u00fcnnter S\u00e4ure durchfeuchtete Oberhaut einen geringeren Widerstand besitze als die mit dem Stromwasser getr\u00e4nkte, und es folgt daraus abermals, dafs der gr\u00f6fste Theil des Widerstandes des K\u00f6rpers seinen Sitz in der Oberhaut habe.\nBei ausgedehnter Benetzung der Oberhaut kann ihr Widerstand, wie schon bemerkt, keinen so grofsen Bruchtheil des Gesammtwiderstandes des K\u00f6rpers ausmachen wie bei eingeschr\u00e4nkterer Benetzung. Der Einflufs der Leitungsg\u00fcte der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit auf den Gesammtwiderstand mufs deshalb kleiner sein bei ausgedehnter, gr\u00f6fser bei ein-schr\u00e4nkter Benetzung der Oberhaut. In der That scheint sich dies, wie ich finde, in Lenz\u2019s zweiter Tabelle zu best\u00e4tigen. Das Verh\u00e4ltnif's der Leitungswiderst\u00e4nde beim Eintauchen in einprocentige und in vierpro-centige S\u00e4ure war n\u00e4mlich f\u00fcr einen Finger 1.49; f\u00fcr vier Finger 1.46; f\u00fcr die ganze Hand nur 1.39.\nVollends zeigt sich die Oberhaut als vornehmster Sitz des Widerstandes in einem Versuche von Lenz und Ptschelnikoff, wo eine kleine blutige Schramme an der einen Hand den Widerstand des K\u00f6rpers von Hand zu Hand von 6.06 auf 4.81 herunterbrachte.\nDer kleinste von Weber beobachtete Widerstand fand statt, als beide F\u00fcfse in ein, und beide H\u00e4nde in ein anderes Gef\u00e4fs mit Wasser getaucht und dem Boden der Gef\u00e4fse angedr\u00fcckt wurden. Dabei erhellt indefs nicht, ob die Gef\u00e4fse metallisch waren und also zugleich als Elektroden dienten, was aus anderen, in derselben Abhandlung enthaltenen Versuchen wahrscheinlich wird, von denen bereits oben Bd. I. S. 488. Anm. 2 die Rede war. Der Widerstand von einem Fufs zu einer Hand scheint dem Widerstand von Hand zu Hand ungef\u00e4hr gleich zu sein. Daraus l\u00e4fst sich folgern, dafs der Widerstand eines Beines ungef\u00e4hr","page":196},{"file":"p0197.txt","language":"de","ocr_de":"des menschlichen K\u00f6rpers.\n197\ndem eines Armes gleichkommt, was in der Ordnung erscheint, da das Bein im Vergleich zum Arme etwa um so viel dicker, als l\u00e4nger, ist. Weber\u2019s Versuch, in welchem er den Strom von Fufs zu Fuis durch den K\u00f6rper gehen liefs, ist n\u00e4mlich leider nicht vergleichbar mit denjenigen seiner Versuche, in welchen der Strom von Hand zu Hand ging, weil in dem ersteren Versuch die Temperatur des zuleitenden Wassers h\u00f6her war, und mit der Temperaturerh\u00f6hung dieses Wassers der Widerstand betr\u00e4chtlich abnimmt, wie die Tabelle zeigt. Der Widerstand vom linken Fufs zur rechten Hand war kleiner als der von demselben Fufs zur linken Hand. Die Zunge von ihrem einen zu ihrem anderen seitlichen Rande zwischen Silberplatten bot merkw\u00fcrdigerweise keinen viel kleineren Widerstand dar als der ganze K\u00f6rper von Hand zu Hand. Ausnehmend viel gr\u00f6fser aber fielen nun die Widerst\u00e4nde aus, die Weber beobachtete, als die trockenen H\u00e4nde in Quecksilber getaucht, oder an Kupferplatten angedr\u00fcckt wurden. Sie zeigten sich geringer, wenn die Metalle warm, gr\u00f6fser, wenn sie kalt waren (Vergl. oben S. 195).\nIn Lenz und Ptschelnikoff\u2019s Versuchen findet sich der Schlufs, dafs Arme und Beine ziemlich gleichen Widerstand besitzen, insofern best\u00e4tigt, als sich f\u00fcr alle sechs m\u00f6glichen Combinationen zwischen den vier Extremit\u00e4ten der Widerstand fast best\u00e4ndig herausstellte. Doch zeigte sich an beiden Personen, an denen die Pr\u00fcfung vorgenommen wurde, der Widerstand zwischen rechter Hand und linkem Fufs etwas gr\u00f6fser als der zwischen linker Hand und rechtem Fufs. Um zu untersuchen, ob die Ursache in der Hand zu suchen sei, wurde die Brust mit einer befeuchteten kreisf\u00f6rmigen Kupferplatte von 2\" Durchmesser armirt, und dann der Strom von hier entweder zur rechten oder linken Hand, die dabei ganz eingetaucht wurden, hindurchgelassen. Der Widerstand der rechten Seite ergab sich als der gr\u00f6fsere. Wegen der derberen Oberhaut der mehr gebrauchten rechten Hand erscheint dies im Grunde in der Ordnung. Da indessen in Weber\u2019s Versuchen der Widerstand der linken Hand der gr\u00f6fsere war, so kann hier vielleicht noch eine T\u00e4uschung obwalten. Uebrigens fiel der Widerstand von der Brustplatte nach der Hand betr\u00e4chtlich gr\u00f6fser aus, als bei allen sechs Combinationen zwischen H\u00e4nden und F\u00fcfsen. Beim Anfassen von messingenen Handhaben mit befeuchteten H\u00e4nden war der Widerstand so grofs als zwischen Brustplatte und Hand. Noch gr\u00f6fser war er, wenn vier Finger jeder Hand in trockenes Quecksilber getaucht wurden, aber doch nur ungef\u00e4hr zweimal so grofs, als wenn beide H\u00e4nde, oder Hand und Fufs, in anges\u00e4uertes Wasser tauchten. In Weber\u2019s Versuchen dagegen war der Widerstand beim Eintauchen der ganzen H\u00e4nde in Quecksilber zehnmal gr\u00f6fser als beim Eintauchen in Wasser von mittlerer Temperatur.","page":197},{"file":"p0198.txt","language":"de","ocr_de":"198 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 2. Von dem Leitungswiderstande\nDies ist eine Abweichung, welche die hier zu erreichende Genauigkeit eben in keinem sehr g\u00fcnstigen Licht erscheinen l\u00e4fst.\nHieher geh\u00f6rt endlich auch der Versuch von Pouillet. Dieser hat n\u00e4mlich nur einmal mittelst seiner Sinushussole den Widerstand gemessen, den der menschliche K\u00f6rper von Hand zu Hand einem best\u00e4ndigen Strome darbietet, wenn die (es wird nicht gesagt, mit welcher Fl\u00fcssigkeit, also wahrscheinlich mit Wasser) benetzten H\u00e4nde, oder zwei Finger derselben Hand bis zur H\u00e4lfte oder zum Drittel des ersten Fingergliedes in Quecksilber tauchten. Die Polarisation wurde nicht ber\u00fccksichtigt. Der Widerstand wird im ersten Falle siebenmal kleiner angegeben als im zweiten, und zweimal kleiner als ihn Lenz und Ptschelnikoff fanden, wenn die ganzen H\u00e4nde in anges\u00e4uertes Wasser tauchten. Dies ist wieder sehr auffallend, da Pouillet doch, wie gesagt, die H\u00e4nde schwerlich mit etwas anderem als reinem Wasser benetzt hatte und zudem in seinen Versuchen die Polarisation unstreitig eine viel gr\u00f6fsere H\u00f6he erreichen konnte, als in denen der Petersburger Physiker.\nEduard Weber bezeichnet das Individuum, an dein die Versuche angestellt wurden, nicht n\u00e4her; auch scheint es jedenfalls nur Eins gewesen zu sein. Lenz und Ptschelnikoff haben sich dagegen auch noch bem\u00fcht, die Unterschiede zu ermitteln, die sich zwischen den Widerst\u00e4nden mehrerer Personen von verschiedenem Alter, Geschlecht und Besch\u00e4ftigung darbieten m\u00f6chten. Diese Personen waren ein Knabe von 7, ein J\u00fcngling von 17, ein M\u00e4dchen von 19, und drei M\u00e4nner von 29, 35 und 43 Jahren, letzterer der k\u00f6rperlich arbeitenden Klasse angeh\u00f6rig. Es ergab sich merkw\u00fcrdigerweise, dafs die Leitungswiderst\u00e4nde der drei j\u00fcngeren Personen bedeutend gr\u00f6fser waren als die der drei \u00e4lteren. Der Unterschied war kleiner, wenn die ganze Hand ein-gctaucht wurde, als wenn die Zuleitung nur durch einen oder mehrere Finger geschah; der Widerstand des jungen Frauenzimmers war alsdann nicht viel gr\u00f6fser als der der erwachsenen M\u00e4nner. Dies scheint, meiner Meinung nach, zu zeigen, dafs der gr\u00f6fsere Widerstand der j\u00fcngeren Individuen bedingt wurde durch den muthmafslich geringeren Querschnitt ihrer Finger, was insofern ganz denkbar ist, als beim Durchgang des Stromes von Finger zu Finger, n\u00e4chst der Oberhaut, doch gewifs die Finger es sind, die den gr\u00f6fsten Widerstand darbieten.\nAuch die Frage haben Lenz und Ptschelnikoff zu beantworten gesucht, ob die verschiedene Heftigkeit, mit der verschiedene Personen einen Schlag empfinden, von den verschiedenen Graden der Schw\u00e4chung herr\u00fchre, welchen sie, verm\u00f6ge ihres Widerstandes, auf den Strom aus\u00fcben. Es ergab sich aber gar keine Beziehung der Art aus dem Vergleich der Reihefolge der Personen nach ihrem Widerstande und","page":198},{"file":"p0199.txt","language":"de","ocr_de":"des menschlichen K\u00f6rpers.\t199\nder Reihefolge nach der Heftigkeit, womit sie den Schlag empfanden.\nEndlich ist Folgendes zu erw\u00e4hnen. Weber hat den Widerstand des K\u00f6rpers gr\u00f6fser gefunden, wenn er die Drahtrolle (S. oben S. 192) langsam verschob, als wenn er sie schnell bewegte. Dies erkl\u00e4rt sich daraus, dafs die St\u00e4rke der Polarisation in einem gegebenen Kreise einen um so kleineren Bruchtheil der elektromotorischen Kraft des Stromes ausmacht, je gr\u00f6fser diese ist, und dafs sie aufserdem einiger Zeit bedarf, um sich vollst\u00e4ndig zu entwickeln. Der von Ptschelnikoff beobachtete Umstand hingegen, dafs bei einem und demselben Individuum die Ersch\u00fctterung heftiger war, wenn der Anker aus der senkrechten in die wagerechte Lage gedreht wurde, und schw\u00e4cher, wenn die Drehung in umgekehrter Ordnung geschah, geh\u00f6rt wohl in das Gebiet des allgemeinen Gesetzes der Nervenerregung durch den Strom (S. oben Bd. I. S. 258 ff.), in das ihn auch Lenz zu verweisen scheint; insofern n\u00e4mlich in beiden F\u00e4llen nur die Curve eine verschiedene ist, in der die Abgleichung einer und derselben Eiektricit\u00e4tsmenge in der Zeit vor sich geht.\n3. Von Thermostr\u00f6men am menschlichen K\u00f6rper.\n(i) Von der M\u00f6glichkeit, Thermostr\u00f6me durch den menschlichen K\u00f6rper hindurch wahrzunehmen und von Thermostr\u00f6men feuchter\nLeiter \u00fcberhaupt.\nIn den Versuchen am Frosch, auf die wir uns bisher fast allein beschr\u00e4nkt haben, und den wenigen Versuchen an warmbl\u00fctigen Thie-ren, die uns zur Erg\u00e4nzung jener nothwendig erschienen sind, war die Bedingung gleicher Temperatur der beiden Ableitungsstellen der Str\u00f6me der Natur der Dinge nach stets von selber erf\u00fcllt, und es konnte uns deshalb gleichg\u00fcltig sein, ob ungleiche Temperatur dieser Stellen elektromotorisch wirke oder nicht. In den Versuchen hingegen, die uns jetzt am lebenden Menschen bevorstehen, wird nicht selten der Zweifel erhoben werden k\u00f6nnen, ob die Bedingung gleicher Temperatur der beiden Ableitungsstellen in der That erf\u00fcllt sei. Es wird daher gera-then sein, erst noch die Untersuchung anzustellen, ob dieser Umstand \u00fcberhaupt Ber\u00fccksichtigung verdiene, oder mit anderen Worten, ob durch verschiedene Temperatur ein elektromotorischer Unterschied zweier sonst gleichartiger Hautstellen bewirkt werde.\nVon vorn herein erscheint dies wenig wahrscheinlich. Es ist bisher mit Sicherheit kein Fall bekannt, in dem ein Strom entst\u00e4nde durch Temperaturunterschied feuchter Leiter. Von den Thermostr\u00f6men der","page":199},{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"200 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 3 (i). Von der M\u00f6glichkeit, Thermostr\u00f6me\nMetalle steht sodann fest, dafs ihnen eine so winzige elektromotorische Kraft zu Grunde liegt,1 dafs sie in Kreisen von nur einigermafsen betr\u00e4chtlichem Widerstande ganz verschwindend werden. Um wie viel weniger also, sollte man meinen, sind von Thermostr\u00f6men feuchter Leiter irgend erhebliche Wirkungen in so widerstehenden Kreisen, wie den unsrigen, zu erwarten, da dergleichen Str\u00f6me ja auch sonst noch gar nicht zur Wahrnehmung gelangt sind.\nDiese Vorstellungen sind indefs tr\u00fcglich. Was erstens die M\u00f6glichkeit betrifft, Thermostr\u00f6me der Metalle in einem Kreise wahrzunehmen, in dem sich der Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom mit seinen 24160 Windungen des feinsten Kupferdrahtes und seinen Zuleitungs-gef\u00e4fsen, und aufserdem der menschliche K\u00f6rper befinden, so ist diese M\u00f6glichkeit, wie ich jetzt zu meiner Verwunderung gefunden habe (S. oben Bd. I. S. 488), in der That vorhanden.\nEs ist schon oben Abth. I. S. 492 erw\u00e4hnt worden, dafs die Nadel jenes Multiplicators mit Leichtigkeit den Strom anzeigt, den die W\u00e4rme der Finger in einem den Multiplicator metallisch schliefsenden thermoelektrischen B\u00fcgel aus Kupfer und Eisen erregt. Vollends die Erw\u00e4rmung der einen L\u00f6thstelle mit der Weingeistflamme brachte sehr betr\u00e4chtliche Ablenkungen hervor. Ich bemerke jetzt, dafs die Wirkung beim Erw\u00e4rmen mit den Fingern, vollends die beim Erw\u00e4rmen mit der Flamme, selbst dann noch sichtbar bleibt, wenn man in den Kreis des Multiplicators und der Thermokette die Zuleitungsgef\u00e4fse mit ihrem Schliefsungsrohr einschaltet.\nDie Thermostr\u00f6me erscheinen unter diesen Umst\u00e4nden nicht mehr best\u00e4ndig bei best\u00e4ndigem Temperaturunterschied der L\u00f6thstellen. Sondern die best\u00e4ndige Wirkung der Thermokette wird, gleich der einer best\u00e4ndigen Hydrokette, durch die Ladung der metallischen Multiplicator-enden sehr beeintr\u00e4chtigt. L\u00e4fst man aber eine L\u00f6thstelle, nachdem sie eine Zeitlang gl\u00fchend erhalten wurde, erkalten, so beobachtet man einen R\u00fcckschwung der Nadel von unverh\u00e4ltnifsm\u00e4fsiger Gr\u00f6fse im Vergleich zu der vorigen best\u00e4ndigen Ablenkung. Der R\u00fcckschwung mufs allerdings gr\u00f6fser sein, als wenn man z. B. die Kette einfach ge\u00f6ffnet h\u00e4tte, weil die Kraft der Kupfereisenkette bei geringen Temperaturunterschieden die umgekehrte Richtung hat von der bei gr\u00f6fscren. a Allein hier kommt zu dieser Ursache, um den R\u00fcckschwung der Nadel zu ver-gr\u00f6fsern, noch der Umstand hinzu, dafs die durch den Strom beim Gl\u00fchen der einen L\u00f6thstelle entwickelten Ladungen beim Erkalten in\n1 S. Kohlraesch in Poggendoref\u2019s Annalen u. s. w. 1851. Bd. LXXXII. S. 411.*\n1 S. oben Abth. I. S. 492 und vergl. IIankel in Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXII. S. 479.*","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"durch den menschlichen K\u00f6rper hindurch reahrzunehmen. 201\nFreiheit gesetzt werden und sich mit der Erdkraft und dem sich umkehrenden Thermostrom zu Einer Wirkung auf die Nadel verbinden.\nIch vermuthe beil\u00e4ufig, dafs dies das erste Mal ist, dafs Polarisation der Elektroden durch den Strom einer einfachen Thermokette beobachtet worden ist. Da die Polarisation aber das untr\u00fcgliche Wahrzeichen voraufgegangener Wasserzersetzung ist, so verdient dieser Umstand, als Beweis der Elektrolyse durch ein einziges thermoelektrisches Element, allerdings einige Aufmerksamkeit.\nWird, an Stelle des Schliefsungsrohres, der menschliche K\u00f6rper zwischen die Zuleitungsgef\u00e4fse gebracht, indem man in jedes derselben einen Zeigefinger taucht, so kann man die Wirkung durch Erw\u00e4rmen der einen L\u00f6thstelle mit den Fingern nicht mehr wahrnehmen. Hingegen mit H\u00fclfe der Weingeistflamme erh\u00e4lt man noch sehr betr\u00e4chtliche Ausschl\u00e4ge der Nadel, welche aber nat\u00fcrlich diejenigen an Gr\u00f6fse nicht erreichen, die man wahrnimmt bei rein metallischer Schliefsung des Kreises, oder bei Einschaltung des Schliefsungsrohres statt des menschlichen K\u00f6rpers.\nWas zweitens die Erzeugung von Thermostr\u00f6men durch ungleich warme feuchte Leiter betrifft, so giebt es doch bereits einen Versuch von Nobili, der die M\u00f6glichkeit davon zu beweisen scheint. Nobili tauchte die Platinenden seines Multiplicators mit Doppelnadel in zwei Gef\u00e4fse mit Kochsalz- oder Salpeterl\u00f6sung, und schlofs zwischen den Gef\u00e4fsen mit zwei St\u00e4ben aus feuchtem Thon von 2 \u2014 3 Zoll L\u00e4nge und 3 \u2014 4 Linien Dicke, deren einer in eine Spitze auslief. Die Spitze erhitzte er, so dafs der Thon erh\u00e4rtete und er sie tief in die knetbare Masse des anderen Stabes eindr\u00fccken konnte. W\u00e4hrend dieses Eindr\u00fcckens und so lange der Temperaturunterschied anhielt, beobachtete Nobili eine elektromotorische Wirkung in der Richtung vom heifsen Theil zum kalten in dem Thon. Sogar mit H\u00fclfe des Frosches konnte Nobili diesen Strom nachweisen, indem er sich des oben Bd. I. S. 105. 106 angegebenen Kunstgriffes bediente. Dabei wurden die Thonst\u00e4be mit ihrem gleich warmen Ende dem Nerven angelegt. Der Versuch gelang mit jeder Art von Thon, nicht aber mit Kalk, Baryterde oder Gyps.1\nIch habe diesen Versuch Nobili\u2019s mit Modellirthon von der hiesigen K\u00f6niglichen Porzellanmanufaktur wiederholt, und genau den von Nobili angegebenen Erfolg beobachtet. Erhitzte ich die Spitze des einen Sta-\n1 Memorie ed Osservazioni \u00e9dit\u00e9 ed inedile ec. Firenze 1834. vol. I. p. 80. 81. 87. 101.* \u2014 Nobili\u2019s erste Anzeige findet sich auch in Poggenborff\u2019s Annalen u. s. w. 1828. Bd. XIV. S. 174.* Die Parailelstellen hiezu s. oben Bd. I. S. 106. Anm. 1.","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\t5. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 3 (i). Von Thermostr\u00f6men\nbes, so dafs sie eben zu dampfen anfing, so entstand beim Eindr\u00fccken der Spitze in das Ende des anderen Stabes ein Ausschlag von 90\u00b0 am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom. Erhitzte ich aber die Spitze st\u00e4rker, so dafs sie weifs und rissig wurde, so wurde die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom an die Hemmung geschleudert, die des Multiplicators fiir den Muskelstrom ging auf 30\u201440\u00b0. Stets war der Strom, wie Nobili es angiebt, im Thon vom heifsen zum kalten Theil gerichtet, und spurlos verschwunden, sobald die Temperaturen sich ausgeglichen hatten. Es ist bei diesem Versuch ganz unwesentlich, dafs man dem Ende des einen Stabes die Gestalt einer Spitze gebe und diese Spitze in die Masse des anderen Stabes eindr\u00fccke. Dies Verfahren dient nur dazu, das Erhitzen des einen Stabes zu erleichtern, und die Ber\u00fchrung der beiden St\u00e4be unter sich inniger zu machen. Der Versuch gl\u00fcckt aber nicht minder, wenn man auch blos die beiden glcichm\u00e4fsig abgerundeten, ungleich warmen Enden der St\u00e4be aneinanderdr\u00fcckt.\nEs scheint demnach hier wirklich ein Thermostrom durch ungleich warme feuchte Leiter zu entstehen. Mit einer weiteren Zergliederung dieser Erscheinung, welche noch viel Dunkles hat, wollen wir uns nicht befassen. Es w\u00e4re aber wohl zu w\u00fcnschen, dafs dieselbe einmal die Aufmerksamkeit eines Physikers nachhaltig auf sich z\u00f6ge, damit man wenigstens erf\u00fchre, wie sie sich beim Anr\u00fchren des Thones mit verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten, zwischen ausgedehnteren Grenzen der Temperatur verh\u00e4lt u. d. m. Mit einer anderen feuchten knetbaren Masse, . n\u00e4mlich der Krume eines nicht v\u00f6llig gaaren Roggenbrodes, habe ich mich vergeblich bem\u00fcht, den NoBiLi\u2019schen Versuch zu wiederholen, obschon die Krume offenbar ebenso gut oder ebenso schlecht leitete als der Thon.\nF\u00fcr uns ist hier vorzugsweise nur noch das zu bemerken, dafs die elektromotorische Kraft der NoBiLi\u2019schen Thon-Thermokette, trotz dem so sehr viel kleineren Temperaturunterschiede, die Kraft der Kupfereisenkette beim Ergl\u00fchen der einen und bei mittlerer Temperatur der anderen L\u00f6th-stelle ohne Frage aufserordentlich \u00fcbertrifft. Wenn ich die Kupfer-cisenkette im Kreise des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom mit seinen Zuleitungsgef\u00e4fsen habe, das Schliefsungsrohr entferne, die eine L\u00f6th-stelle gl\u00fchend mache, und das Schliefsungsrohr wieder anbringe, erhalte ich einen Ausschlag von nur 18\u00b0. Hingegen die No\u00dfin\u2019sche Thon-Thermokette wirft erw\u00e4hntermafsen die Nadel an die Hemmung. Nichtsdestoweniger ist in diesem Falle der Widerstand des Kreises um den Unterschied des Widerstandes der Thonst\u00e4be und des Schliefsungsrohres gr\u00f6fser, der gewifs ein ungeheurer ist. Daraus folgt mit Bestimmtheit die angedeutete grofse Ueberlegenheit der feuchten Thermokette an elektromotorischer Kraft \u00fcber die metallische. Es kann demnach auch kein Zweifel","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"feuchter Leiter \u00fcberhaupt.\n203\nsein, dafs die feuchte Thermokette durch den menschlichen K\u00f6rper hindurch kr\u00e4ftig die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom ablenken w\u00fcrde.\n(n) Von dem elektromotorischen Verhalten zweier symmetrischen, unversehrten, gleichzeitig benetzten, und gleich warmen Hautstellen gegen einander.\nWir wollen nun Zusehen, wie sich zwei ungleich erw\u00e4rmte Stellen der K\u00f6rperoberfl\u00e4che elektromotorisch gegen einander verhalten. Nat\u00fcrlich w\u00e4hlen wir diese Stellen so, dafs wir von vorn herein annehmen d\u00fcrfen, sie seien bei gleicher Temperatur gleichartig. Von symmetrischen Punkten der beiden K\u00f6rperh\u00e4lften scheint dies wohl vorausgesetzt werden zu k\u00f6nnen, da die Haut an solchen Stellen gleiche Beschaffenheit hat und die etwa vorhandenen Muskelstr\u00f6me sich auf beiden Seiten das Gleichgewicht halten. Nichtsdestoweniger m\u00fcssen wir zuv\u00f6rderst das elektromotorische Verhalten solcher Hautstellen erforschen.\nAra bequemsten gelegen sind offenbar f\u00fcr unseren Zweck die Finger. Taucht man zwei unversehrte Finger gleichzeitig 1 in die mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllten Zuleitungsgef\u00e4fse des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom, so geschieht Folgendes. Es kommt allerdings vor, dafs die Nadel auf Null bleibt, wie wir es erwartet haben. Jedoch ist dieser Fall bei weitem der seltnere. Meist entsteht ein gr\u00f6fserer oder geringerer Ausschlag in der einen oder in der anderen Richtung. In einigen gleichfalls seltneren F\u00e4llen sieht man diesen Ausschlag spurlos verschwinden, ohne dafs Ladungen hinterbleiben. Die elektromotorische Kraft, die ihn erzeugt hatte, ist also im Lauf des Versuches allm\u00e4lig zu Grunde gegangen. In noch anderen F\u00e4llen, die aber gl\u00fccklicherweise auch nicht h\u00e4ufig sind, hinterbleibt eine betr\u00e4chtliche best\u00e4ndige Ablenkung. Endlich in der Mehrzahl der F\u00e4lle kommt zwar die Nadel so gut wie auf Null zur\u00fcck. Schliefst man aber, statt mit den Fingern, oder neben denselben, durch das Schliefsungsrohr zwischen den Gef\u00e4fsen, so werden Ladungen frei, welche anzeigen, dafs ein schwacher best\u00e4ndiger Strom da war. Nat\u00fcrlich \u00fcbertrifft der Strom der Ladungen an St\u00e4rke sehr den urspr\u00fcnglichen Strom, der die Ladungen hervorgerufen hat, weil n\u00e4mlich der Widerstand des Schliefsungs-rohres im Vergleich zu dem des K\u00f6rpers verschwindet (S. oben Bd. I. S. 240. 241). Nicht immer hat der zuletzt vorhandene best\u00e4ndige Strom die Richtung des ersten Ausschlages. Manchmal hat sich die elektromotorische Kraft ganz allm\u00e4lig umgekehrt.\nDem Ausschlag beim ersten Eintauchen der Finger merkt man leicht\n1 Man wird sp\u00e4ter erfahren, worauf sich die Vorschrift bezieht, dafs die Finger sollen unverletzt sein, und gleichzeitig eingetaucht werden. S. unten, No. 4 und No. 6.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204 5. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 3 (n). Verhalten symmetrischer,\nan, ob die Oberhaut trocken und derb, oder feucht und zart ist. Im ersten Fall entfernt sich die Nadel langsam vom Nullpunkt in dem Mafs, wie die Oberhaut durchfeuchtet wird; zu Zeiten so langsam, dafs sie sich ohne Schwingungen in die best\u00e4ndige Ablenkung begiebt. Hat man sich aber erst eben die Finger gewaschen, namentlich mit Seife, und sie dann abgetrocknet, so dafs die Oberhaut durchfeuchtet ist, oder ist sie dies von Natur in einem h\u00f6heren Grade als gew\u00f6hnlich, so zeigt die Lebhaftigkeit des Ausschlages das rasche Hereinbrechen eines Stromes in voller Gr\u00f6fse an. Bei dem von Natur gut leitenden Zustande der Oberhaut kommt es denn auch vor, dafs eine grofse best\u00e4ndige Ablenkung der Nadel hinterbleibt, und oft jede andere Beobachtung vereitelt. Was noch schlimmer ist, manchmal ist die Ablenkung nicht best\u00e4ndig, sondern die Nadel bleibt in einer fortw\u00e4hrenden Unruhe, die Ablenkung ist bald grofs, bald klein, ja sie ver\u00e4ndert ihr Zeichen u. s. f. Dieser Zustand der Dinge tritt, wie es scheint, in Folge sehr langen Eintauchens der Finger manchmal auch dann ein, wenn anfangs eine ganz befriedigende Gleichartigkeit stattgefunden hatte.\nSo weit pafst diese Beschreibung, die \u00fcbrigens, wie man sieht, so ziemlich alle m\u00f6gliche F\u00e4lle umfafst, auf das elektromotorische Verhalten zweier beliebigen Finger einer oder beider H\u00e4nde gegen einander. Das Verhalten meiner Zeigefinger habe ich aber noch genauer kennen gelernt, indem ich sie, bei Gelegenheit sp\u00e4ter zu beschreibender Versuche, im Laufe mehrerer Jahre und unter den verschiedensten Bedingungen unz\u00e4hlige Male in die durch den Multiplicator geschlossenen Zuleitungsgefa'fse getaucht und mehr oder weniger lange darin gehalten habe. Es hat sich ergeben, dafs die best\u00e4ndige Ablenkung, welche stets dabei hinterbleibt, zu bestimmten Zeiten eine ganz bestimmte Richtung hat. Z. B. monatelang verhielt sich mein linker Zeigefinger positiv gegen den rechten. 1 Zu einer anderen Zeit war das Entgegengesetzte der Fall. Das Verhalten in den Uebergangszeiten habe ich nicht beobachtet. Diesen best\u00e4ndigen Strom meiner Zeigefinger werde ich in der Folge ihren Eigenstrom nennen, um ihn dadurch zu unterscheiden von solchen Str\u00f6men, die aus anderen vor\u00fcbergehenden Ursachen zwischen denselben Fingern entstehen, und zu denen er sich algebraisch sumrairt.\n1 Mit dieser Bezeichnung, die fortan h\u00e4ufig wiederkehren wird, ist gemeint, dafs der Strom aus dem linken Zeigefinger in die L\u00f6sung, und, nachdem er den Multiplicatordraht durchlaufen hat, aus der L\u00f6sung in den rechten Zeigefinger tritt. Der Strom ist aufsteigend im rechten, absteigend im linken Arm. Ich denke mir also an Stelle des menschlichen K\u00f6rpers einen Zinkplatinbogen \u00fcber die Zuleitungs-gef\u00e4fse gebr\u00fcckt, und vergleiche den linken Zeigefinger dem positiven, den rechten dem negativen Metall des Bogens.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"unversehrter, gleichzeitig benetzter und gleich warmer Hautstellen. 205\nEs ist nat\u00fcrlich nicht zu bezweifeln, dafs eine \u00e4hnliche Ungleich-artigbeit auch noch zwischen beliebigen anderen Fingern und auch bei anderen Personen obwalten werde. Ich habe aber in dieser Beziehung noch keine gr\u00fcndlichen und umfassenden Versuche angestellt. Doch habe ich Grund anzunehmen, obwohl ich es nicht mit aller Bestimmtheit behaupten m\u00f6chte, dafs sich stets alle Finger einer Hand auf die n\u00e4mliche Art elektromotorisch verhalten gegen die entsprechenden Finger der anderen Hand. Zwischen dem elektromotorischen Verhalten, welches entsprechende, und demjenigen, welches nicht entsprechende Finger beider H\u00e4nde oder verschiedene Finger derselben Hand gegeneinander zeigen, habe ich noch keinen Unterschied aufzufassen vermocht. Nicht einmal der Einflufs des geringeren Widerstandes des Kreises in dem Fall verschiedener Finger derselben Hand ist mir deutlich geworden. Hinsichtlich des Erfolges dieser Versuche an anderen Personen weifs ich nur so viel als dafs sich auch bei ihnen, wenn sie nicht zur Klasse Derer mit allzu feuchter und zarter Oberhaut geh\u00f6rten, wo keine sichere Beobachtung m\u00f6glich ist, ein paar Stunden lang, ja an mehreren aufeinander folgenden Tagen, ein elektromotorischer Unterschied der Zeigefinger in best\u00e4ndiger Richtung gezeigt hat.\nAlle diese Erscheinungen bleiben im Wesentlichen dieselben, gleichviel von welcher Art die Zuleitungsfl\u00fcssigkeit sei, in die man die Finger eintaucht. Ob dabei der Eigenstrom stets seine Richtung unver\u00e4ndert behalte, bin ich noch nicht im Stande mit Sicherheit anzugeben. Doch glaube ich, dafs dem wirklich so ist. Mit welchen Fl\u00fcssigkeiten ich in dieser Beziehung Versuche angestellt habe, wird, nebst den Einzelheiten dieser Versuche, aus der Folge erhellen. Ueber das Verhalten anderer symmetrischer K\u00f6rperstellen unter den hier in Rede stehenden Umst\u00e4nden wird gleichfalls die Folge einigen Aufschlufs geben.\nEndlich auch die Verhandlung \u00fcber die Ursachen der hier beschriebenen Erscheinungen m\u00fcssen wir auf eine sp\u00e4tere Stelle versparen. Vorl\u00e4ufig gen\u00fcge die Bemerkung, dafs offenbar zwei verschiedene Arten von Wirkungen dabei im Spiele sind. Erstens der best\u00e4ndige Eigenstrom selber, dann aber zu Anfang eine fl\u00fcchtige Wirkung von unregelm\u00e4fsiger Richtung. Letztere tritt \u00fcbrigens nicht in jedem Versuch wieder von Neuem auf, wenn man oft nacheinander die Finger eintaucht, sie in der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit verweilen l\u00e4fst, mit Wasser w\u00e4scht, abtrocknet und von Neuem eintaucht. Alsdann geh\u00f6rt der Ausschlag im ersten Augenblick nur noch dem Eigenstrom an, oder wenigstens die anfangs vorhandene fl\u00fcchtige Wirkung vermag sich jetzt nicht mehr geltend zu machen neben der best\u00e4ndigen, durch die Durchfeuchtung der Oberhaut noch gesteigerten des Eigenstromes.","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 3 (n). Verhalten symmetrischer,\nAuf alle F\u00e4lle, sieht man, ergiebt sich aus dem Vorigen f\u00fcr die nun anzustellenden Versuche die Regel, auf der Hut zu sein sowohl gegen die Wirkungen der ersten Benetzung, als auch der dauernden Ungleichartigkeit von K\u00f6rperstellen, welche, von vorn herein, gleichartig sein zu m\u00fcssen scheinen. Gleichviel wo der Sitz der Ungleichartigkeit sei, welche dem Eigenstrom zu Grunde liegt, ob in der Haut der Finger, oder in den Muskeln der Gliedmafsen, es sind offenbar die Finger in dieser Beziehung ganz zwei Platten aus einem Metall zu vergleichen, die man als Zuleitungsplatten eines Multiplicators benutzen will. Auch diese scheinen gleichartig sein zu m\u00fcssen, aber sind es deshalb noch keinesweges. Auch hier giebt die erste Benetzung Anlafs zu unregel-m\u00e4fsigen, bald vor\u00fcbergehenden Wirkungen. Auch hier ist es nur selten der Fall, dafs auf diese Wirkungen nicht ein nachhaltiger Strom, oft in der umgekehrten Richtung von der des ersten Ausschlages folgt. Auch hier endlich kehren, beim erneuten Eintauchen, die ersten Wirkungen nicht in gleicher Weise wieder, sondern der Ausschlag erfolgt jetzt sogleich im Sinn der dauernden Ungleichartigkeit.\nEine solche Uebereinstimmung zwischen dem elektromotorischen Verhalten der Haut und der Metalle bei Ber\u00fchrung mit Fl\u00fcssigkeiten wird sich uns in der Folge noch \u00f6fter darbieten. Leider erstreckt sie sich an dieser Stelle nicht, wie wohl zu w\u00fcnschen w\u00e4re, auch auf die F\u00e4higkeit der Metalle, wenigstens der negativen, bei geeigneter Behandlung sich schliefslich miteinander abzugleichen. Geschlossenhalten der Hautstellen, deren Gleichartigkeit man braucht, zum Kreise leistet hier nicht dasselbe wie bei den Metallen, weil die Haut, wovon noch die Rede sein wird, nicht in der Weise, wie die Metalle, polarisirbar ist und weil man, selbst wenn sie es w\u00e4re, doch die Hautslellen nicht so lange wie die Metalle zum Kreise geschlossen halten kann. Ja nicht selten ist, wie schon oben S. 204 bemerkt wurde, das Auftauchen neuer Ungleichartigkeiten, statt des Verschwindens der alten, die Folge l\u00e4ngerer Benetzung der Hautstellen. Um so mehr m\u00fcssen wir uns, bei der Erforschung des elektromotorischen Verhaltens der Haut unter verschiedenen Umst\u00e4nden, Vorsicht anempfohlen sein lassen.\n(in) Von dem elektromotorischen Verhalten ungleich erw\u00e4rmter, sonst gleichartiger Hautstellen gegeneinander.\nWir sind nun im Stande, mit Sicherheit zu erjnitteln, ob ungleiche Temperatur zweier sonst gleichartigen Hautstellen einen elektromotorischen Unterschied derselben bedinge. Nat\u00fcrlich werden wir unsere Versuche an den Zeigefingern anstellen, die am bequemsten gelegen sind, und deren elektromotorisches Verhalten uns schon genau bekannt ist.","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"unversehrter, gleichzeitig benetzter und gleich warmer Hautstellen. 207\nIch ging folgendermafsen zu Werke. Durch Erw\u00e4rmen und Erk\u00e4lten der Kochsalzl\u00f6sung in einem der beiden Zuleitungsgef\u00e4fse w\u00fcrde die Gleichartigkeit der Vorrichtung gef\u00e4hrdet worden sein. Erstlich beschl\u00e4gt beim Erw\u00e4rmen leicht das Platin an seiner Ber\u00fchrungsstelle mit der Messingklemme mit Wasserdampf, wodurch ein heftiger Strom entsteht (Vergl. oben Bd. I. S. 218). F\u00fcrs zweite beruht die Gleichartigkeit der Platinplatten immer wesentlich auf ihrem Ladungszustande, dieser aber ist abh\u00e4ngig von der Temperatur (S. oben S. 193). Endlich drittens und vor Allem verhalten sich gleichartige Metalle in ungleich warmer Fl\u00fcssigkeit an und f\u00fcr sich nicht mehr gleichartig. Ich glaube mich insbesondere \u00fcberzeugt zu haben, dafs Platin in kalter ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung sich gegen Platin in warmer L\u00f6sung positiv verh\u00e4lt.1 Es wurden deshalb vor den Zuleitungsgef\u00e4fsen noch zwei andere Gef\u00e4fse angebracht, mit jenen durch Salzb\u00e4usche verbunden, und erst in diese H\u00fclfsgef\u00e4fse, wie ich sie nennen will, entweder die ungleich warme L\u00f6sung gegossen oder, wenn sie mit gleich warmer L\u00f6sung gef\u00fcllt waren, die ungleich warmen Zeigefinger getaucht.\nIch fing damit an, in ein drittes Paar von Gef\u00e4fsen, die ich H\u00fclfsgef\u00e4fse zweiter Ordnung nennen will, ungleich warme Kochsalzl\u00f6sung zu giefsen. In diese Gef\u00e4fse, die aber Aveder unter sich, noch mit den H\u00fclfsgef\u00e4fsen erster Ordnung in leitender Verbindung standen, tauchte ich die beiden Zeigefinger, hielt sie darin so lange bis sie die Temperatur des Mittels angenommen hatten, und \u00fcbertrug sie endlich gleichzeitig in die H\u00fclfsgef\u00e4fse erster Ordnung, nachdem das Schliefsungsrohr zwischen den eigentlichen Zuleitungsgef\u00e4fsen entfernt worden war. Vorher hatte ich mich nat\u00fcrlich von dem Stande des Eigenstromes der Finger unterrichtet (S. oben S. 204). Um stets f\u00fcr beide Finger, den Unterschied der Temperaturen ausgenommen, alle Bedingungen des Versuches m\u00f6glichst gleich zu machen, wurden die H\u00fclfsgef\u00e4fse erster und zweiter Ordnung \u00fcbrigens selbst dann auf beiden Seiten beibehalten, wenn auf der einen Seite die L\u00f6sung in den H\u00fclfsgef\u00e4fsen dieselbe Temperatur haben sollte, als die in den eigentlichen Zuleitungsgef\u00e4fsen, n\u00e4mlich 15\u00b0 C., entsprechend der zeitigen Lufttemperatur. Aufser dieser Temperatur wendete ich noch drei andere an, n\u00e4mlich die von 0\u00b0, die von +30\u00b0, und die von +45\u00b0.\nIch gestehe, dafs ich nicht im Stande Avar, eine viel h\u00f6here Temperatur als 45 \u00b0C. mit dem Zeigefinger dauernd zu ertragen. E. H. We-\n1 Vergl. \u00fcber dergleichen Ketten aus Einem Metall und Einer ungleich erw\u00e4rmten Fl\u00fcssigkeit Faraday in seinen Experimental Researches in Electricity. Reprinted from the Philosophical Transactions, vol. II. London 1844. p. 59 \u2014 69. Series XVII. No. 1913 \u20141955;* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1841. Bd. LUI. S. 316.*","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"208\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 3 (ui). Von ThermostrSmen\nber1 giebt viel h\u00f6here Temperaturen als solche an, die man dauernd ertragen kann. Indessen ist zu bemerken, dafs dabei nur das letzte Fingerglied eingetaucht wurde. Ich tauchte dagegen die beiden letzten Glieder vollst\u00e4ndig ein. E. H. Weber sagt aber selber, dafs, je gr\u00f6fser die Oberfl\u00e4che der Haut sei, die der warmen oder kalten Temperatur ausgesetzt werde, um so niedriger oder um so h\u00f6her beziehlich liege der Punkt, wo man anfange Schmerz zu empfinden.\nFolgendes war das Ergebnifs meiner Versuche. Ein Finger bei 0\u00b0, worunter ich einen solchen verstehe, der einige Zeit in L\u00f6sung von 0\u00b0 verweilt hat, verh\u00e4lt sich so stark positiv (S. oben S. 204 Anm.) gegen einen Finger bei 15\u00b0, 30\u00b0, 45\u00b0, dafs die Nadel an die Hemmung gef\u00fchrt wird. Die Wirkung ist aber bei 15\u00b0 oder 30\u00b0 \u00e4ufserer Temperatur des zweiten Fingers weit heftiger als bei 45\u00b0. Ein Finger bei 15\u00b0 verh\u00e4lt sich gegen einen Finger hei 30\u00b0 schwach positiv. Gegen einen Finger bei 45\u00b0 dagegen verh\u00e4lt sich ein Finger bei 15\u00b0 oder bei 30\u00b0 sehr stark negativ. Am negativsten ist also der Finger bei etwa 30\u00b0. Bei jeder h\u00f6heren sowohl als jeder tieferen Temperatur ist er positiver. Seine Positivit\u00e4t w\u00e4chst nach beiden Richtungen hin anfangs langsam, in der N\u00e4he des Nullpunktes und zwischen 40\u00b0 und 50\u00b0 aber aufscrordent-lich schnell.\nDiese Ergebnisse sind einer graphischen Versinnlichung f\u00e4hig. In Fig. 146. Taf. V stellen die Abscissen die wachsenden Temperaturen des einen Fingers dar, w\u00e4hrend der andere Finger auf 0\u00b0 verharrt. Die Or-dinaten stellen, ihrem allgemeinen Gesetz nach, die relativen Gr\u00f6fsen der Positivit\u00e4t des auf 0\u00b0 gehaltenen Fingers gegen den anderen bei den entsprechenden Temperaturen vor. Indem man sich aber die Abscissenaxe folgweise um die St\u00fccke Oa, Ob, Oc in der Richtung der positiven Ordinaten verlegt denkt, findet man zugleich die relativen Gr\u00f6fsen der Positivit\u00e4t oder Negativit\u00e4t des Fingers von ver\u00e4nderlicher Temperatur gegen den anderen, wenn man diesem, statt wie fr\u00fcher die best\u00e4ndige Temperatur von 0\u00b0, beziehlich die von 15\u00b0, 30\u00b0, 45\u00b0 zuschreibt.\nDiese Str\u00f6me dauern nur so lange, als ein W\u00e4rmeunterschied vorhanden ist. Umgekehrt lassen sie sich so best\u00e4ndig machen, wie die Polarisation der metallischen Multiplicatorenden und die Abgleichung der Temperaturen es gestatten, wenn man den Versuch dahin ab\u00e4ndert, dafs man, unter Beseitigung der H\u00fclfsgef\u00e4fse zweiter Ordnung, die H\u00fclfs-gef\u00e4fse erster Ordnung selber mit der ungleich warmen L\u00f6sung f\u00fcllt. Beim Eintauchen der gleich warmen Finger erh\u00e4lt man Ausschl\u00e4ge, wie sie nach dem Vorigen verlangt werden. H\u00e4lt man dann die Finger dauernd\n1 Rdd. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Bd. III. Abth. II. Braunschweig 1846. Artikel \u00bbTastsinn und Gemeingef\u00fchl\u00ab. S. 571\u2014574.*","page":208},{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"am menschlichen K\u00f6rper.\n209\neingetaucht, so hat man in dem Multiplicatorkreise einen Strom, der so lange anh\u00e4lt, als der Temperaturunterschied selber. Ich raufs indefs sagen, dafs mir zwar dieser Versuch bei Anwendung der Temperaturen von 15\u00b0 und 30\u00b0 in dem einen und von 45\u00b0 in dem anderen H\u00fclfs-gef\u00e4fs stets gut gelungen ist, dagegen hei der Temperatur von 0\u00b0 in dem zweiten Gef\u00e4fs nur unsichere Erfolge geliefert hat. Dem Grund davon bin ich nicht weiter nachgegangen. Ich vermuthe aber, dafs er einfach darin liegt, dafs, nach dem NEWTON\u2019schen Gesetze, die L\u00f6sung von 0\" durch den Finger schneller erw\u00e4rmt wurde, als die von 45\u00b0 erk\u00e4ltet, w\u00e4hrend die Positivit\u00e4t des Fingers bei 0\u00b0 und bei 45\u00b0 sich ungef\u00e4hr gleich schnell mit der Temperatur \u00e4ndern mag.\nDie Str\u00f6me durch ungleiche Temperatur lassen sich auch beobachten, indem man die H\u00fclfsgef\u00e4fse zweiter Ordnung, statt mit Kochsalzl\u00f6sung, mit Quecksilber oder Sand f\u00fcllt. Mit dem Sande, dem ich \u00fcbrigens wegen seiner geringen W\u00e4rmeleitung und Beweglichkeit eine betr\u00e4chtlich h\u00f6here Temperatur ertheilen konnte, als dem Quecksilber und der Salzl\u00f6sung, wendete ich keine andere Temperaturen an als 15\u00b0 in dem einen, 40 \u2014 60\u00b0 in dem anderen Gef\u00e4fse. Mit dem Quecksilber dagegen f\u00fchrte ich dieselbe Versuchsreihe durch wie mit der L\u00f6sung. Das Ergebnifs war, was die Richtung der Str\u00f6me betrifft, das n\u00e4mliche, wie mit der L\u00f6sung. Die Str\u00f6me hatten aber nicht ganz dieselbe St\u00e4rke und die Erscheinungen liefsen es manchmal an Sicherheit und Regel-m\u00e4fsigkeit fehlen.\nBeim Quecksilber schrieb ich das letztere zuerst dem Umstande zu, dafs ich ein mit Kupfer sehr verunreinigtes Quecksilber anwen-.dete, dessen ich mich in den Gef\u00e4fsen des Stromwenders, zum Verquicken der Schliefsungshaken u. d. m. zu bedienen pflege, und welches sich in H\u00e4uten an die Finger hing. Aber bei n\u00e4herer Pr\u00fcfung zeigte es sich, dafs diese H\u00e4ute keine St\u00f6rungen verursachten, und als ich die Versuche mit ganz reinem Quecksilber wiederholte, stiefs ich mehrmals auf dieselben Unsicherheiten der Erscheinungsweise. Die gr\u00f6fsere Schw\u00e4che der Wirkungen im Vergleich zu den mit der ungleich warmen L\u00f6sung beobachteten erkl\u00e4rt sich \u00fcbrigens wohl mit Leichtigkeit daraus, dafs in der L\u00f6sung die Oberhaut durchfeuchtet wird, w\u00e4hrend sie im Quecksilber trocken bleibt, im heifsen Sande wohl gar noch ausgetrocknet wird; und dafs die Schicht heifser oder kalter L\u00f6sung, die die Finger aus den H\u00fclfsgef\u00e4fsen zweiter Ordnung mitnehmen, der Oberfl\u00e4che der Finger l\u00e4nger die Temperatur erh\u00e4lt, die sie besitzen soll.\nAus Gr\u00fcnden, die in der Folge einleuchten werden, habe ich es n\u00f6thig gefunden, diese Versuche noch mit anderen Zuleitungsfliissigkei-\nII. \u00bb.\t14","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\t3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. IV. 3 (ui). Von Thermostr\u00f6men\nten als mit Kochsalzl\u00f6sung zu wiederholen, mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure n\u00e4mlich und mit Brunnenwasser.\nDie verd\u00fcnnte S\u00e4ure, die in der Folge noch mehrmals Vorkommen wird, hatte bei 15 \u201c.5 C. 1.061 Dichte. Sie enthielt also etwa neun Ge-wichtsprocente Schwefels\u00e4ure mit einem Atom Wasser. Man kann sie nicht wohl st\u00e4rker nehmen, da sie bereits so an zarten Hautstellen, z. B. der Volarfl\u00e4che des Unterarmes, bei l\u00e4ngerer Benetzung Schmerz und R\u00f6the hervorbringt. Die Zuleitungsplatten waren Platinbleche von 14mm Breite, und 44\"\u201d\" hoch mit Fliefspapier bekleidet. Es gelang sie hinreichend gleichartig zu erhalten. Die Erw\u00e4rmung und Erk\u00e4ltung der Finger fand statt in H\u00fclfsgef\u00e4fsen zweiter Ordnung, die mit der verschieden warmen S\u00e4ure angef\u00fcllt waren. Die Verbindung der Gef\u00e4fse geschah in hergebrachter Weise durch B\u00e4usche nach Art des Sattelbausches , die mit der verd\u00fcnnten S\u00e4ure getr\u00e4nkt waren. Ein \u00e4hnlicher Bausch versah die Dienste des Schliefsungsrohres. Die Erscheinungen waren v\u00f6llig die n\u00e4mlichen, wie mit der ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung. Der Finger hei 0\u00b0 verhielt sich auch in der S\u00e4ure positiv gegen den bei 15\u00b0, 30\u00b0, 45\u00b0; der bei 45\u00b0 positiv gegen den bei 15\u00b0 und 30\u00b0. Das Verhalten der Finger gegen einander bei 15\u00b0 und 30\u00b0 konnte, wegen allzu-grofser St\u00e4rke des Eigenstromes, nicht mit Sicherheit ermittelt werden.\nBei der Versuchsreihe mit Brunnenwasser war die Vorrichtung ganz die n\u00e4mliche wie bei der mit Kochsalzl\u00f6sung, nur dafs die eigentlichen Zuleitungsgef\u00e4fse und die H\u00fclfsgefafse erster und zweiter Ordnung statt Kochsalzl\u00f6sung Brunnenwasser enthielten. Die Erk\u00e4ltung des Fingers auf 0\u00b0 geschah in einem Brei von Brunnenwasser und zerstofsenem Eise. Die Erscheinungen waren dieselben wie mit der Kochsalzl\u00f6sung. Nur fielen s\u00e4mmtliche Wirkungen schw\u00e4cher aus, wohl nur wegen der geringeren Leitungsf\u00e4higkeit, die das Brunnenwasser, bei gleicher Durchfeuchtung, der Oberhaut ertheilt. Der Strom bei 15\u00b0 und 30' \u00e4ufserer Temperatur der Finger konnte auch hier nicht ordentlich unterschieden werden.\nVon dem elektromotorischen Verhalten anderer K\u00f6rpertheile als der Finger hei ungleicher Erw\u00e4rmung wird noch sp\u00e4ter die Rede sein.\nEs giebt also, wie man sieht, wirklich Str\u00f6me durch ungleiche Temperatur der Haut; und wir k\u00f6nnen von Gl\u00fcck sagen, dafs wir uns nicht bei der Betrachtung beruhigt haben, wie h\u00f6chst unwahrscheinlich es sei, dafs es solche Str\u00f6me gebe. Die elektromotorische Kraft dieser Str\u00f6me bei den geringen Temperaturunterschieden, die hier allein anwendbar sind, ist sogar keinesweges unbetr\u00e4chtlich. Gleich der der Nomn\u2019schen Thon-Thermokette \u00fcbertrifft sie bei weitem die der Kupfereisenkette bei mittlerer Temperatur ihrer einen und Ergl\u00fchen ihrer anderen L\u00f6thstelle (S. oben S. 202).","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"am menschlichen K\u00f6rper.\n211\nH\u00f6chst auffallend aber ist das Gesetz, wonach sich diese elektromotorische Kraft mit der Temperatur \u00e4ndert. Nach der Analogie der metallischen Thermoketten zu urtheilen, h\u00e4tte man erwarten sollen, dafs innerhalb so enger Grenzen der Temperatur die Richtung des Stromes die n\u00e4mliche bleiben, und die elektromotorische Kraft dem Temperaturunterschied ungef\u00e4hr proportional sein werde. Statt dessen sehen wir die Richtung des Stromes sich umkehren, und die Curve der elektromotorischen Kr\u00e4fte von etwa 30\u00b0 ab nach dem Nullpunkt hin sowohl als nach den h\u00f6heren Temperaturen aufserordentlich an Steilheit zu nehmen.\nNoch auffallender aber wird dieser Umstand dadurch, dafs er nur an dem Lebenden stattzufinden scheint. Ich habe n\u00e4mlich versucht, dieselben Erscheinungen an den Fingern einer Leiche zu beobachten. Da meine Vorrichtungen keine Ortsver\u00e4nderung zulassen, sah ich mich ge-n\u00f6thigt, Finger einer und derselben Hand anzuwenden. Die Hand geh\u00f6rte der Leiche eines vor dreimal vierundzwanzig Stunden verstorbenen Mannes an. Sie war im Handgelenk exarticulirt, sonst aber v\u00f6llig unversehrt. Ihre Oberhaut war verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig zart. Mit H\u00fclfe von B\u00e4ndern und von passend angebrachten Keilen aus Kork gab ich der Hand die Stellung wie zum Schwur, nur dafs Zeigefinger und Mittelfinger von einander entfernt gehalten wurden. Diese benutzte ich zum Eintauchen in die Zuleitungsgef\u00e4fse, an Stelle meiner beiden Zeigefinger. Es zeigte sich, dafs ein Eigenstrom vorhanden war, wie zwischen den Fingern eines Lebenden. Die ungleiche Erw\u00e4rmung der Finger geschah in Kochsalzl\u00f6sung. Zwischen je zwei Versuchen wurden die Finger mit Wasser gewaschen und mit Linnen getrocknet, gerade wie am Lebenden.\nDas Ergcbnifs war, dafs ein Finger bei 0\u00b0 sich gegen einen Finger bei 15\u201c, 30\u00b0, 45\" wie am Lebenden, nur sehr viel schw\u00e4cher, positiv verhielt. Aber damit hatte die Uebereinstimmung ein Ende. Ein Finger bei 15\u00b0 verhielt sich n\u00e4mlich nicht negativ gegen einen solchen bei 45\u201c, sondern auch noch positiv. Ich glaubte nun, dafs, wegen der niedrigen ira Inneren der Leichenhand herrschenden Temperatur, vielleicht h\u00f6here Temperaturen angewendet werden m\u00fcfsten, um die Umkehr der elektromotorischen Kraft zu erzielen. Allein auch als ich den beiden Fingern die Temperaturen von 45\u00b0 und 60\", dann von 60\" und 75\" ertheilte, verhielt sich noch stets der k\u00e4ltere Finger positiv gegen den w\u00e4rmeren. Was bei Anwendung einer noch h\u00f6heren Temperatur, n\u00e4mlich der des Siedens, auf der einen Seite, stattfand, verschweige ich besser, weil ich meiner Sache nicht recht gewifs bin. Auch \u00fcber die St\u00e4rke der Str\u00f6me will ich nichts weiter sagen, als dafs sie durchg\u00e4ngig weit unter der am Lebenden blieb, indem ich \u00fcber das Gesetz,\n14\u201d","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\t5. \u00c4bschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 3 (m). Von Thermo str\u00f6men\nwonach sich bei best\u00e4ndigem Temperaturunterschiede diese St\u00e4rke mit der Temperatur \u00e4ndert, noch nichts Sicheres beobachtet habe.\nImmer noch in der Meinung, dafs die abweichenden Erscheinungen an der Leichenhand einfach von ihrer geringeren inneren W\u00e4rme her-riihren m\u00f6chten, stellte ich an einer zweiten Hand, die \u00fcbrigens einer noch weniger frischen Leiche angeh\u00f6rte, folgenden Versuch an. Nachdem ich mich \u00fcberzeugt hatte, dafs auch an dieser Hand der Finger bei 15\u00b0 und bei 30\u00b0 sich positiv gegen einen solchen bei 45\u00b0 verhielt, liefs ich die Hand 75' lang in warmem Wa\u00e0ser verweilen. Die Temperatur des Wassers betrug urspr\u00fcnglich 44\u00b0, nach der angegebenen Zeit 36\u00b0. Die Hand mufste also im Inneren ziemlich die Temperatur haben, wie am Lebenden. Abermals pr\u00fcfte ich jetzt das elektromotorische Verhalten zweier Finger gegen einander bei 15\u00b0 und 45\u00b0. Allein ich stehe nicht an zu behaupten, dafs es noch dasselbe war als an der kalten Hand, obschon, was freilich auffallend ist, der Strom schw\u00e4cher erschien und auch noch sonst einige Unregelm\u00e4fsigkeiten bemerkt wurden.\nIch habe diese Versuche nicht weiter verfolgt, theils, weil sie mich zu sehr vom Ziel ablenkten, theils, weil mir zurZeit nicht mehr passende Leichenh\u00e4nde zu Gebote standen. Ich lasse demnach den Gegenstand in theoretischer Hinsicht ganz, was die Thatsachen betrifft, wenigstens noch zum Theil, in Dunkel geh\u00fcllt zur\u00fcck. Nur die Erscheinungen am Lebenden sind, nach den oben S. 188 f\u00fcr diese Untersuchung aufgestellten Grunds\u00e4tzen, genau genug erkannt, um uns sp\u00e4ter, wenn wir ihrer bed\u00fcrfen sollten, eine sichere Grundlage darzubieten.\nAusdr\u00fccklich bemerke ich noch, dafs, wenn ich hier von Thermo-str\u00f6men am menschlichen K\u00f6rper geredet habe und dies auch noch ferner thue, ich damit mehr eine kurze Ausdrucksweise bezwecke, als dafs ich dadurch die Erscheinung mit den Thermostr\u00f6men der Metalle bereits f\u00fcr einerlei auszugeben ged\u00e4chte. Ob die Str\u00f6me, von denen hier die Rede ist, eine Rolle gespielt haben in den verwickelten Versuchen Eduard Weber\u2019s, deren oben Bd. I. S. 488 Anm. Erw\u00e4hnung gethan ist, bin ich aufser Stande zu sagen. M\u00f6glicherweise aber haben diese Str\u00f6me einen, wenn auch kleinen und unregelm\u00e4fsigen Antheil an der ersten fl\u00fcchtigen Wirkung, welche das erste Eintauchen zweier Finger in die Zuleitungsgef\u00e4fse zu begleiten pflegt (S. oben S. 205).\n(iv) Von der Verminderung des L e i tu ngs wid er st an d es der Oberhaut durch Temperaturerh\u00f6hung.\nEs hat sich mir, bei den vorigen Versuchen, noch ein Umstand zu erkennen gegeben, der, f\u00fcr die Versuche am unversehrten mensch*","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"am menschlichen K\u00f6rper,\n213\nliehen K\u00f6rper, in praktischer Beziehung von Wichtigkeit ist. Ich habe seiner bisher nicht gedacht, um nicht die Darstellung allzusehr zu verwickeln. Er verdient es aber auch in theoretischer Beziehung wohl, jetzt auf einige Augenblicke unsere Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.\nIch habe oben S. 204 auseinandergesetzt, dafs man meistens zwischen zwei bestimmten Fingern einen best\u00e4ndigen, auf keine Art zu tilgenden elektromotorischen Unterschied wahrnimmt, der sogar, f\u00fcr bestimmte Finger eines und desselben Menschen, monatelang derselbe bleibt. Den Strom, den dieser Unterschied bedingt, habe ich den Eigenstrom der Finger benannt, und habe gesagt, dafs er sich algebraisch sum-raire zu den Str\u00f6men, die aus anderen Ursachen vor\u00fcbergehend zwischen den Fingern auftreten.\nF\u00fcr die Str\u00f6me durch Unterschiede der Temperatur indessen bedarf dieser Ausspruch einer Einschr\u00e4nkung. Gleichviel n\u00e4mlich, wie die Erw\u00e4rmung des einen Fingers geschah, ob auf feuchtem Wege, in Kochsalzl\u00f6sung u. d. m., oder auf trocknem Wege, in Sand oder Quecksilber, die Wirkung beim gleichzeitigen Eintauchen eines Fingers von mittlerer und eines Fingers von erh\u00f6hter Temperatur erscheint nicht, wie man vermuthen sollte, zusammengesetzt aus der Wirkung wegen ungleicher Temperatur und der best\u00e4ndigen Wirkung in ihrer gew\u00f6hnlichen Gr\u00f6fse, sondern aus der ersteren Wirkung und der letzteren in sehr vergr\u00f6fsertem Mafsstabe. Z. B. beim gleichzeitigen Eintauchen der gleich warmen Finger entstehe ein Ausschlag von 20\u00b0 nach links, der den linken Finger als positiv anzeigt. Der linke Finger wird erw\u00e4rmt und das Eintauchen wiederholt. Es erfolgt Anschl\u00e4gen an die Hemmung in demselben Sinne als vorher. Man sollte nun erwarten, dafs wenn der Versuch mit dem rechten Finger wiederholt wird, wenn auch nicht Anschl\u00e4gen an die rechte Hemmung, doch wenigstens ein starker Ausschlag nach rechts erfolgen m\u00fcfste. Dies trifft nicht zu. Sondern der Ausschlag ist sehr klein, und auf dem Fufs gefolgt von einem viel st\u00e4rkeren Ausschlage nach links; oder die Nadel bleibt anfangs in Ruhe, geht dann z\u00f6gernd nach links bis auf 10\u00b0, schwingt zur\u00fcck um wenige Grade und geht weiter nach links bis auf 40\u00b0 u. s. f.\nDiese Erscheinungen erkl\u00e4ren sich offenbar nur unter der Voraussetzung, dafs der Nullpunkt f\u00fcr die Wirkung des Temperaturunterschiedes, oder die Gleichgewichtslage der Nadel zwischen der Erdkraft und der ablenkendcn Kraft des Eigenstromes, durch die Erw\u00e4rmung des einen Fingers weiter vom Nullpunkt der Theilung verlegt worden ist. Mit anderen Worten, es mufs durch die Erw\u00e4rmung des Fingers der Eigenstrom an St\u00e4rke zugenommen haben. Bei der Erk\u00e4ltung des einen Fingers findet nichts \u00e4hnliches statt. Vielmehr scheint der Eigenstrom","page":213},{"file":"p0214.txt","language":"de","ocr_de":"214\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 3 (iv)> Von der Verminderung\ndabei an St\u00e4rke abzunehmen. Die Zunahme des Eigenstromes durch die Temperaturerh\u00f6hung steht \u00fcbrigens zu dieser in einem anderen Verh\u00e4ltnifs als die durch den Temperaturunterschied bedingte elektromotorische Kraft. Denn jene ist bereits, oder noch sehr merklich, wenn diese beziehlich noch kaum in die Augen f\u00e4llt, oder beinahe schon unwahrnehmbar geworden ist. Die gr\u00f6fsere St\u00e4rke des Eigenstromes bei erh\u00f6hter Temperatur der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit tritt noch deutlicher hervor, wenn man, statt nur einen Finger, beide Finger erw\u00e4rmt und sie gleichzeitig in die H\u00fclfsgef\u00e4fse erster Ordnung \u00fcbertr\u00e4gt. Nicht nur dafs alsdann die Verwickelung fortf\u00e4llt, die bei der vorigen Versuchsweise aus dem Thermostrom entsprang, sondern die Verst\u00e4rkung des Eigenstroraes erscheint auch an sich noch bedeutender.\nAus der Gesammtheit dieser Umst\u00e4nde l\u00e4fst sich bereits entnehmen, dafs die Verst\u00e4rkung des Eigenstromes durch die Temperaturerh\u00f6hung nicht beruht auf einer Vergr\u00f6fserung der ihm zu Grunde liegenden elektromotorischen Kraft, sondern auf einer Verminderung des Widerstandes des Kreises. Zur Gewifsheit brachte ich dies durch folgende Versuche.\nIn den Kreis einer GitovE\u2019schen Kette der gr\u00f6fseren Art (S. oben Bd. I. S. 446) wurden die Zuleitungsgef\u00e4fse mit den Il\u00fclfsgef\u00e4fsen erster Ordnung und die halbe L\u00e4nge des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom eingeschaltet. Die Empfindlichkeit des Multiplicators war durch einen MELLom\u2019schen Berichtigungsstab (S. oben Bd. I. S. 189) hinreichend vermindert. Die GitovE\u2019sche Kette wurde aufser durch die erw\u00e4hnte Leitung noch durch einen langen und d\u00fcnnen Kupferdraht (die inducirte Rolle meines Magnetelektromotors) best\u00e4ndig geschlossen gehalten.\nHeifsen die Enden der Kette, abgesehen von ihrem best\u00e4ndigen Schliefsungsdrahte, kl, k3, die des Multiplicators m1, mi, die der Zuleitungsgef\u00e4fse zt, za ; so standen kt mit ml, ms und z, mit dem Ge-f\u00e4fs A des Pornfschen Stromwenders (S. oben Bd. I. S. 426. Bd. II. Taf. III. Fig. 108), z2 mit dem Gef\u00e4fs a, k3 mit dem a in Verbindung. Bei der Lage II der Wippe (S. oben Bd. I. ebendas. Bd. II. Taf. 111. Fig. 109) bildeten also der Multiplicator und die Zuleitungsgef\u00e4fse mit ihren Il\u00fclfsgef\u00e4fsen und dem zwischen ihnen befindlichen menschlichen K\u00f6rper eine Nebenschliefsung zum best\u00e4ndigen Schliefsungsdrahte der Kette. Der Widerstand dieser Nebenschliefsung war verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig sehr grofs. Durch Schliefsen und Oefl\u2019nen derselben konnte also der Zustand der Kette nicht merklich ge\u00e4ndert werden. So war eine B\u00fcrgschaft mehr gegeben fiir die Best\u00e4ndigkeit ihres Stromes. Aufserdem wurden die Platinplatten der Zuleitungsgef\u00e4fse nicht mit so starken Ladungen behaftet, als dies der Fall gewesen w\u00e4re, h\u00e4tte ich die zur Schw\u00e4chung des Stromes n\u00f6thige Nebenschliefsung am Multiplicator,","page":214},{"file":"p0215.txt","language":"de","ocr_de":"des Widerstandes der menschlichen Haut durch die W\u00e4rme. 215\nstatt an der Kette, angebracht. Um aber die Platinplatten zu entladen, und der zuleitenden Vorrichtung nach jedem Versuch die Gleichartigkeit wieder zu ertheilen, war nichts weiter n\u00f6thig, als die Wippe aus der Lage II in die Lage I umzulegen. Alsdann n\u00e4mlich \u00f6ffnete sich die bis dahin vorhandene Nebenschliefsung zum Schliefsungsdrahte der Kette, dagegen wurden die Zuleitungsgefafse f\u00fcr sich zum Kreise geschlossen.\nDie H\u00fclfsgef\u00e4fse wurden mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung von gegebener Temperatur gef\u00fcllt. Damit diese Temperatur best\u00e4ndiger sei, wurden auch die in die H\u00fclfsgef\u00e4fse tauchenden H\u00e4lften der Verbindungsb\u00e4usche mit L\u00f6sung von gleicher Temperatur getr\u00e4nkt. In die H\u00fclfsgef\u00e4fse wurden, bei der Lage I der Wippe, die beiden letzten Glieder des Zeigefingers jeder Hand getaucht, und so lange darin gehalten, bis man annehmen konnte, ihre Oberhaut sei vollkommen durchfeuchtet und habe die Temperatur des Mittels angenommen. Dann endlich wurde die Wippe umgelegt, der Ausschlag abgelesen, die Wippe in die Lage I zur\u00fcckgebracht, und die Vorrichtung durch das Schliefsungsrohr entladen.\nZuerst wurde nat\u00fcrlich der Versuch mit L\u00f6sung von mittlerer Temperatur, oder der zeitigen Luftw\u00e4rme, angestellt, um die Empfindlichkeit des Multiplicators der Stromst\u00e4rke anzupassen. In dieser Gestalt wurde aber der Versuch noch mehrmals, mitten in der Versuchsreihe und zu Ende derselben, wiederholt, um mich der Best\u00e4ndigkeit der Kette zu vergewissern. Zuletzt wurde die ganze Versuchsreihe nochmals mit der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure von 1.061 Dichte (S. oben S. 210) wiederholt, um sicher zu sein, dafs die Verminderung des Widerstandes der Haut nicht blos in der Kochsalzl\u00f6sung stattfinde. Als Zuleitungsplatten dienten dabei die oben ebendas, beschriebenen Platinbleche,\nDie folgende Tabelle enth\u00e4lt die Zahlen der Versuche.\nGrade C.\tGes\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung.\tVerd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure.\n0\u00bb\t32\" Ausschlag.\t25\u00b0; 23.5 Ausschlag.\n15\t38; 38; 44.\t35; 37; 36.\n45\t74; 74.\t68; 65.\nMan sieht, dafs in beiden Fl\u00fcssigkeiten eine sehr betr\u00e4chtliche Zunahme der Stromst\u00e4rke die Erw\u00e4rmung begleitet. Sie kann unter diesen Umst\u00e4nden von nichts herr\u00fchren als von einer Verminderung des Widerstandes des Kreises. Denn der Quell der elektromotorischen Kraft isfc dem Einflufs der Temperaturerh\u00f6hung dabei v\u00f6llig entzogen.","page":215},{"file":"p0216.txt","language":"de","ocr_de":"216\t<?\u25a0 Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 3 (iv). Von der Verminderung\nMan k\u00f6nnte nun noch fragen, ob diese Verminderung des Widerstandes blos auf der Erw\u00e4rmung der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit beruhe, oder ob es die Oberbaut sei, welche hier an Leitungsg\u00fcte gewinne. Es kann wohl von vorn herein kein Zweifel daran sein, dafs das letztere der Fall ist, wenn man die Gr\u00f6fse der Wirkung bedenkt, und aufserdem sich erinnert, dafs wir auf die Spur dieser Widerstandsverminderung gekommen sind durch die auffallende Stromverst\u00e4rkung in Versuchen, wo ein erw\u00e4rmter Finger in Zuleitungsfl\u00fcssigkeit von mittlerer Temperatur getaucht wurde. Der Beweis ist \u00fcbrigens leicht gef\u00fchrt.\nWird n\u00e4mlich der Versuch bei mittlerer Temperatur wiederholt, indem man die H\u00fclfsgef\u00e4fse fortl\u00e4fst und die Finger unmittelbar in die Zuleitungsgef\u00e4fse taucht, so hat der Ausschlag genau die n\u00e4mliche Gr\u00f6fse als wenn die Finger in die H\u00fclfsgef\u00e4fse getaucht werden. Es verschwindet also, gem\u00e4fs der Angabe von Lenz (S. oben S. 196), der Widerstand der Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten \u00fcberhaupt gegen den des K\u00f6rpers, und es kann somit eine Verminderung jenes Widerstandes durch Temperaturerh\u00f6hung keine Vergr\u00f6fserung der Stromst\u00e4rke bewirken.\nEs ist also die Oberhaut selber, welche bei der Erw\u00e4rmung an Leitungswiderstand abnimmt. Diese Versuche stehen zu denen von Eduard Weber, wodurch er die Verminderung des Widerstandes der Haut durch die W\u00e4rme erwiesen zu haben glaubte (S. oben S. 195), in demselben Verh\u00e4ltnifs wie die Versuche von Ohm, Henrici u. A. \u00fcber den Einflufs der W\u00e4rme auf den Widerstand der feuchten Leiter zu den fr\u00fcheren Bestrebungen, dies Verhalten zu ermitteln, welche nicht zum Ziele f\u00fchren konnten, weil dabei die Ver\u00e4nderung der Polarisation unber\u00fccksichtigt blieb (S. oben S. 193 Anm. 1).\nUebrigens scheint die Erkl\u00e4rung des Umstandes, dafs der Widerstand des K\u00f6rpers durch Erw\u00e4rmung der Haut stark vermindert wird, keiner grofsen Schwierigkeit zu unterliegen. Ein erster Grund, der sich daf\u00fcr anf\u00fchren lassen w\u00fcrde, ist der, dafs die Haut durch die w\u00e4rmere Fl\u00fcssigkeit wohl besser durchfeuchtet werden mag, als durch die k\u00e4ltere. Dieser Punkt kann jedoch von keinem grofsen Belang sein, da, wie bemerkt, die Verminderung des Widerstandes auch dann f\u00fchlbar wird, wenn die Erw\u00e4rmung auf trocknem Wege geschah. Allein f\u00fcrs zweite und haupts\u00e4chlich ist wohl Folgendes zu erw\u00e4gen. Die Haut ist der vornehmste Sitz des Widerstandes, den der K\u00f6rper dem Strom entgegensetzt (S. oben S. 191. 194 fl\u2019.). Die Haut leitet aber, wie andere thierische Theile, nur verm\u00f6ge der in ihr enthaltenen Fl\u00fcssigkeit (S. oben S. 189). Der Widerstand dieser Fl\u00fcssigkeit nimmt durch Erw\u00e4rmung ab. Der Vorgang ist also ungef\u00e4hr der n\u00e4mliche, der er sein w\u00fcrde in einem sonst gut leitenden Kreise, in den ein","page":216},{"file":"p0217.txt","language":"de","ocr_de":"des Widerstandes der menschlichen Haut durch die W\u00e4rme. 217\nlanges mit Wasser gef\u00fclltes Haarr\u00f6hrchen eingeschaltet w\u00e4re und einer Temperaturver\u00e4nderung unterworfen w\u00fcrde. Es ist nicht zu bezweifeln, dafs auch in einem solchen Kreise, durch Erw\u00e4rmen des Haarr\u00f6hrchens, eine bedeutende Vergr\u00f6fserung der Stromst\u00e4rke herbeigef\u00fchrt werden w\u00fcrde.\nSo nahe diese letztere Erkl\u00e4rung liegt, so schwer ist es doch, ihr eine thats\u00e4chJiche Grundlage zu verleihen. Freilich wenn man erst die obigen Versuche so eingerichtet h\u00e4tte, dafs man ein wirkliches Mafs der Stromst\u00e4rke dabei erhielte, und wenn man zwei Fl\u00fcssigkeiten von sehr verschiedenem Widerstande bes\u00e4fse, deren Widerst\u00e4nde aber bei verschiedenen Temperaturen stets in demselben Verh\u00e4ltnifs zu einander st\u00e4nden, oder zwar ungleich schnell mit der Erw\u00e4rmung s\u00e4nken, doch so, dafs das schnellere Sinken der Fl\u00fcssigkeit von kleinerem Widerstande zuk\u00e4me: in diesem Falle h\u00e4tte es keine Schwierigkeit, die Richtigkeit jener Ansicht zu erweisen. Es m\u00fcfste sich n\u00e4mlich alsdann zeigen, dafs der Widerstand des K\u00f6rpers in der besser leitenden Fl\u00fcssigkeit durch Erw\u00e4rmung der Haut weniger abnimmt, als in der schlechter leitenden. Denn der Widerstand der mit der ersteren Fl\u00fcssigkeit durchtr\u00e4nkten Haut macht einen kleineren Bruchtheil des Gesammtwiderstandes aus, als der Widerstand der mit der letzteren Fl\u00fcssigkeit durchtr\u00e4nkten Haut. Folglich mufs auch der Gesammtwiderstand in dem letzteren Falle mehr als in dem ersteren vermindert werden durch eine Verminderung des Widerstandes der Haut.\nAllein die Erf\u00fcllung der obigen Bedingungen ist vor der Hand zum Theil sehr schwer, zum Theil noch unm\u00f6glich. Es ist sehr schwer, Versuche nach Art der obigen in genau messende zu verwandeln, und es ist noch g\u00e4nzlich unbekannt, welchem Gesetz die Ver\u00e4nderung des Widerstandes der Fl\u00fcssigkeiten mit der Temperatur folgt, vollends, ob dies Gesetz bei zwei Fl\u00fcssigkeiten von verschiedenem Widerstande das n\u00e4mliche oder ein solches sei, wie es, nach dem Obigen, hier erfordert werden w\u00fcrde;\nWas die Zahlen der obigen Tabelle betrifft, so will ich jetzt noch bemerken, dafs die Zahlen in beiden Spalten auf keine Art mit einander zu vergleichen sind, und daher nicht daran zu denken ist, einen Schlufs daraus zu ziehen in Bezug auf das Gesetz, wonach sich der Widerstand des K\u00f6rpers bei Anwendung jener beiden Fl\u00fcssigkeiten \u00e4ndert. Der Polarisation nicht zu gedenken, die nicht nur wegen der Natur der Fl\u00fcssigkeit, sondern auch wegen der verschiedenen Ausdehnung der Elektroden in beiden F\u00e4llen sehr verschieden auf das Ergebnis einwirken mufste, ist auch nicht einmal der Compensationszustand des Nadelpaares in beiden Versuchsreihen der n\u00e4mliche gewesen.","page":217},{"file":"p0218.txt","language":"de","ocr_de":"218\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 4 (i). Von den Str\u00f6men\n4.\tVon der durch ungleichzeitiges Benetzen bedingten elektro-\nmotorischen Ungleichartigkeit der Haut des Menschen.\n(i) Von den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men an verschiedenen Theilen des menschlichen K\u00f6rpers und in verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten.\nWir kennen jetzt das elektromotorische Verhalten zweier unverletzten Finger, die man gleichzeitig in eine mannigfach beschaffene Zuleitungsfl\u00fcssigkeit taucht und dauernd darin h\u00e4lt, sowohl bei gleicher, als bei ungleicher Temperatur der Finger. Wir schreiten nun dazu, Kenntnifs zu nehmen von der Erscheinung, um derenwillen bisher stets verlangt worden ist, dafs die Finger gleichzeitig eingetaucht werden sollten.\nIch wurde darauf gef\u00fchrt durch die oben S. 10 mitgelheilten Beobachtungen \u00fcber den an der Froschhaut durch ungleichzeitige Benetzung bedingten elektromotorischen Unterschied. Ich habe versucht, ob etwas \u00e4hnliches sich auch an der Haut des lebenden unversehrten Menschen kund geben w\u00fcrde, und ich habe gefunden, dafs dies in der That der Fall ist.\nL\u00e4fst man n\u00e4mlich zwischen dem Eintauchen zweier Finger in die ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung der Zuleitungsgef\u00e4fse, gleichviel ob die Finger ganz trocken oder eben erst mit Seife gewaschen worden sind (S. oben\n5.\t204), eine gewisse Frist verstreichen, so verh\u00e4lt sich stets der j\u00fcngst-eingetauchte Finger negativ gegen den erstbenetzten, d. h. er spielt die Rolle des negativen Metalls eines Zinkplatinbogens, den man sich an Stelle des menschlichen K\u00f6rpers \u00fcber die Zuleitungsgef\u00e4fse gebr\u00fcckt denkt (Vergl. oben ebendas. Anm.). Der Strom ist bis zu einer gewissen Grenze um so st\u00e4rker, eine je l\u00e4ngere Frist man hat verstreichen lassen zwischen dem Eintauchen des ersten und dem des zweiten Fingers. Zwei Minuten Zeitunterschied im Eintauchen geben aber bereits ziemlich die st\u00e4rkste Wirkung, wobei die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom, in g\u00fcnstigen F\u00e4llen, an die Hemmung gef\u00fchrt wird. L\u00e4fst man nun abermals einige Minuten verstreichen, und untersucht mittelst des Schliefsungsrohres den Zustand der Platinplatten, so findet man entweder keine Ladungen vor, oder nur solche, welche auch nach gleichzeitigem Eintauchen und dauerndem Eingetauchthalten entstanden w\u00e4ren in Folge des Eigenstromes der Finger. Die Finger haben sich also wieder mit einander abgeglichen. Sie thun dies auch, ohne dafs die Gef\u00e4fse, in die man sie getaucht h\u00e4lt, mit einander zum Kreise geschlossen sind. Taucht man beide Finger in zwei nicht mit einander leitend verbundene Gef\u00e4fse mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung, l\u00e4fst sie eine","page":218},{"file":"p0219.txt","language":"de","ocr_de":"wegen ungleichzeitiger Benetzung der menschlichen Haut. 219\nZeit lang darin verweilen, und \u00fcbertr\u00e4gt dann die Finger ungleichzeitig in die Zuleitungsgef\u00e4fse, wobei man aber den zweiten Finger gleichfalls bis zuletzt in der L\u00f6sung halten mufs, so wird nur der Eigenstrom beobachtet, der sich sonst stets algebraisch zu dem Ungleichzeitigkeitsstrom hinzuf\u00fcgt.\nSind die beiden Finger gleichartig geworden, und man taucht den einen tiefer ein, so entsteht von Neuem ein Strom in der Richtung von diesem Finger zum anderen im K\u00f6rper, nat\u00fcrlich jedoch weit schw\u00e4cher, als wenn der ganze Finger sp\u00e4ter eingetaucht wird. Zieht man aber einen Finger zum Theil aus der L\u00f6sung heraus, so giebt sich h\u00f6chstens eine Spur von Stromabnahme wegen vergr\u00f6fserten Widerstandes zu erkennen. Denn die Wirkungen sind in allen diesen Versuchen, in Ueber-einstimmung mit der Angabe von Lenz und Ptschelnikoff (S. oben S. 195), merklich um so st\u00e4rker, eine je gr\u00f6fsere Fl\u00e4che der Haut sich eingetaucht findet.\nDiese Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me, wie ich sie nennen will, lassen sich, wenngleich mit abnehmender St\u00e4rke, mehreremal nach einander an denselben Fingern beobachten. Zieht man die Finger, nachdem sie gleichartig geworden sind, aus der L\u00f6sung heraus, so behalten sie zwar eine Zeit lang die Beschaffenheit, die ihnen durch den Aufenthalt in der L\u00f6sung ertheilt wird, so dafs sie ungleichzeitig wieder cingetaucht nur den Eigenstrom zeigen, jeder von ihnen aber mit einem frischen Finger gleichzeitig eingetaucht, sich positiv gegen ihn verh\u00e4lt. W\u00e4scht man aber dergestalt durch die L\u00f6sung oberfl\u00e4chlich ver\u00e4nderte Finger mit Wasser oder mit Seife, oder l\u00e4fst sie auch nur einige Zeit an der Luft trocknen, so verh\u00e4lt sich, beim ungleichzeitigen Eintauchen, derj\u00fcngsl-benetzte abermals negativ gegen den anderen. Bei \u00f6fterer Wiederholung des Versuches wird die Wirkung aber zuletzt doch' sehr viel kleiner als sie urspr\u00fcnglich war, und in demselben Mafse weniger sicher.\nIch habe \u00e4hnliche Versuche, wie mit den einzelnen Fingern, mit den ganzen H\u00e4nden angestellt. Dazu dientep mir zwei c\u00fflindrische Ge-f\u00e4fse aus Steingut von im Lichten ungef\u00e4hr 16cm Tiefe und 21cm Durchmesser, die mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt wurden. Diese Gef\u00e4fse werde ich die Handgef\u00e4fse nennen, im Gegensatz zu den gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fsen, die in dieser Untersuchung fortan die Fingergef\u00e4fse heifsen sollen. In die Handgef\u00e4fse liefs ich, ihrem Rande nahe, die gew\u00f6hnlichen mit Fliefspapier bekleideten Zuleitungsplatten hineinh\u00e4ngen. Es wurde n\u00e4mlich der wagerechte Messingstab, der die Platten tr\u00e4gt (S. Fig. 6. 12. Taf. I. 8. 9. 10. Taf. IL Bd. I. Fig. 129. Taf. IV. Bd. II), aus dem doppelt durchbohrten Klotz entfernt, mit dessen H\u00fclfe er sonst an der senkrechten S\u00e4ule der Zuleitungsvorrichtung (S. Fig. 6. Taf. I.","page":219},{"file":"p0220.txt","language":"de","ocr_de":"220\n3. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 4 (i). Von den Str\u00f6men\nBd. 1) verstellt wird, und in die Korkklemme eines MAGN\u00fcs\u2019schen Halters eingespannt. Die Platten liefs ich nur so tief in die L\u00f6sung hineinh\u00e4ngen , dafs wenn die Hand bis zum Handgelenk darin getaucht wurde, die L\u00f6sung eben den Saum der Bekleidung erreichte. Ein Bausch nach Art des Sattelbausches versah zwischen den Handgef\u00e4fsen die Stelle des Schliefsungsrohres.\nTaucht man beide unversehrte H\u00e4nde gleichzeitig und in gleichem Zustande in Bezug auf Beugung und Streckung, der Finger 1 in die beiden Handgef\u00e4fse, so zeigt sich ein Kreis von Erscheinungen, der demjenigen v\u00f6llig gleicht, zu dem das Eintauchen zweier Finger Anlafs giebt (S. oben S. 203). Nur dafs, wegen der gr\u00f6fseren benetzten Oberfl\u00e4che, s\u00e4ramtliche Wirkungen sich st\u00e4rker darstellen. Auch zwischen den H\u00e4nden findet man einen Eigenstrom, wie zwischen den Fingern. Ob derselbe stets dieselbe Richtung zeigt, wie der Eigenstrom zwischen beliebigen Fingern beider H\u00e4nde, kann ich um so weniger mit Bestimmtheit sagen, als ich ja noch nicht einmal dar\u00fcber v\u00f6llig im Reinen bin, ob wirklich alle Finger einer Hand sich stets auf dieselbe Art elektromotorisch verhalten gegen alle Finger der anderen Hand (S. oben S. 205), Ich glaube aber doch in der That, dafs dem so ist.\nL\u00e4fst man zwischen dem Eintauchen beider H\u00e4nde einige Zeit verstreichen, so erfolgt, wie bei den Fingern, ein Strom, der die j\u00fcngst-eingetauchte Hand negativ anzeigt gegen die erstbenetzte; und auch dieser Strom f\u00e4llt hier, des geringeren Widerstandes halber, gr\u00f6fser aus als mit den Fingern.\nUm ferner die n\u00e4mlichen Versuche mit den F\u00fcfsen anzustellen, bediente ich mich zweier parallelepipedischer K\u00e4sten aus irdener Waare, von etwa 43cra L\u00e4nge, 12\u2122.5 Breite und 13\u2122 Tiefe im Lichten, wie man sie in Berlin k\u00e4uflich findet, um Epheu vor den Fenstern darin zu ziehen. Um diese K\u00e4sten f\u00fcr Fl\u00fcssigkeiten undurchg\u00e4ngig zu machen, bestrich ich sie mit geschmolzenem Kolophoniumkitt (S. oben Bd. I. S. 643), nachdem ich sie \u00fcber einem Kohlenfeuer bis zum Schmelzpunkte des Kittes erhitzt hatte. Ich werde diese K\u00e4sten in der Folge die Fufsgef\u00e4fse nennen. Sie kamen nat\u00fcrlich, f\u00fcr gew\u00f6hnlich, auf dem Erdboden zu stehen. Sie wurden mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt, und \u00fcber eine ihrer kurzen Seiten w\u00e4nde die Zuleitungsplatten mittelst MAGN\u00fcs\u2019scher Halter so tief in die L\u00f6sung hineingeh\u00e4ngt, dafs beim Eintauchen der F\u00fcfse bis zum Fufsgelenk die Fl\u00fcssigkeit den Saum der Bekleidung nicht \u00fcberstieg. Die Platten befanden sich stets an derjenigen kurzen Seitenwand, welche der Fufsspitze gegen\u00fcberlag. Damit\n1 Die Folge wird lehren, worauf sich diese Einschr\u00e4nkung bezieht. S. unten, No.6.","page":220},{"file":"p0221.txt","language":"de","ocr_de":"wegen ungleichzeitiger Benetzung der menschlichen Haut. 221\nder Fufs allseits von der Zuleitangsfl\u00fcssigkeit frei umsp\u00fchlt und nicht die Sohle durch Andr\u00fccken an den Boden des Gef\u00e4fses aus dem Kreise gebracht werde, kittete ich zwei Querleisten auf den Boden an, wovon die eine der Ferse, die andere den Zehen zum St\u00fctzpunkte diente, so dafs zwischen der Sohle und dem Boden noch einige Centimeter Abstand blieben. Die Ergebnisse der in diesen Gef\u00e4fsen mit dem gleichzeitigen und ungleichzeitigen Eintauchen der F\u00fcfse angestellten Versuche stimmten mit denen der Versuche an den H\u00e4nden vollkommen \u00fcberein.\nAuch bei der Verbindung von H\u00e4nden und F\u00fcfsen zum Kreise werden wir sp\u00e4ter die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me auftreten sehen. Jedoch mischt sich dabei noch eine andere Erscheinung ein, weshalb dieser Versuche hier noch nicht ausf\u00fchrlich gedacht wird.\nNicht alle Gegenden der Hautoberfl\u00e4che des menschlichen K\u00f6rpers sind gleich geeignet, die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me zu zeigen.\nVon den beiden Elbogen zwar, die man, bei etwas gebeugten El-bogengelenken, leicht in den Handgef\u00e4fsen pr\u00fcfen kann, verh\u00e4lt sich, in Kochsalzl\u00f6sung, der j\u00fcngsteingetauchte stets stark negativ gegen den zuerst benetzten. Als ich aber, nachdem beide H\u00e4nde in den zum Kreise geschlossenen Handgef\u00e4fsen gleichartig geworden waren, von den beiden Unterarmen abwechselnd den einen und den anderen in das entsprechende Gef\u00e4fs tiefer eintauchte, wobei sich stets der zuletzt versenkte h\u00e4tte m\u00fcssen negativ zeigen, erhielt ich nur unregelm\u00e4fsige Spuren von Wirkungen, sowohl der Gr\u00f6fse, als der Richtung nach.\nIch fafste nun den Verdacht, dafs vielleicht auch an der Hand und den Fingern die Str\u00f6me wegen ungleichzeitigen Eintauchens bedingt sein m\u00f6chten allein durch die innere Handfl\u00e4che oder, wie ich sie nennen will, die Handsohle, deren Haut von besonderer Beschaffenheit ist, Dieser Verdacht fand sich in der That best\u00e4tigt.\nTaucht man n\u00e4mlich blos die Handr\u00fccken ungleichzeitig in die Salzl\u00f6sung der Handgef\u00e4fse, so kommt es allerdings auch vor, dafs sich die beiden Handr\u00fccken als j\u00fcngstbenetzte negativ verhalten. Eben so oft aber wird das Gegentheil beobachtet, sie verhalten sich beide positiv; oder auch der eine positiv, der andere negativ. Ueberzieht man die* Volarfl\u00e4che zweier entsprechenden Finger beider H\u00e4nde, z. B. der beiden Zeigefinger, soweit sie gefurcht erscheint, mit Scn\u00f6NBEm\u2019schem Kleb\u00e4ther (sogenanntem Collodium), so dafs allein die R\u00fcckenfl\u00e4che der Benetzung mit der Kochsalzl\u00f6sung ausgesetzt bleibt, so finden beim Eintauchen nur schwache unregelm\u00e4fsige Str\u00f6me statt; die Negativit\u00e4t des zuletzt eingetauchten Fingers ist nicht mehr deutlich vorhanden.\nBer\u00fchrt man hingegen die Oberfl\u00e4che der Salzl\u00f6sung in den Handgef\u00e4fsen nur mit der Handsohle, so verh\u00e4lt sich stets die j\u00fcngstbenetzte","page":221},{"file":"p0222.txt","language":"de","ocr_de":"222\n3. Ab s clin. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 4 (i). Von den Str\u00f6men\nHandfl\u00e4che stark negativ gegen die fr\u00fcher eingetauchte. Ueberzieht man die R\u00fcckenfl\u00e4che der Finger mit Kleb\u00e4ther bis zur Grenze der gefurchten Gegend, so zeigen sich ebenfalls richtig die Str\u00f6me wegen ungleichzeitigen Eintauchens.\nAuch die zuletzt benetzte Fufssohle verh\u00e4lt sich stark negativ gegen die fr\u00fcher eingetauchte.\nUm die Versuche auf den Fufsr\u00fccken, wie \u00fcberhaupt auf solche Stellen des K\u00f6rpers auszudehnen, welche man nicht eintauchen kann, wurde folgende Einrichtung getroffen. Die gew\u00f6hnlichen Zuleitungs-gef\u00e4fse kamen, jedes mit seinem Brettchen, zwischen Leisten auf einem besonderen etwas gr\u00f6fseren Brett zu stehen, von dem sich, an der vorderen Seite des Gef\u00e4fses, eine Wand senkrecht erhob. Diese Wand hatte in der H\u00f6he des Randes des Gef\u00e4fses ein vierecktes Fenster, durch welches ein Bausch nach Art des Sattelbausches gesteckt wurde. Der Bausch hatte 20o,n L\u00e4nge, 2\u2122 Breite und lcm.5 Dicke. Zur inneren Seite des Fensters hing er in das Zuleitungsgef\u00e4fs. In dem Fenster selbst war er durch einen Keil befestigt, und das lange freie Ende aufserhalb des Fensters konnte nun mit Sicherheit gehandhabt und den zu untersuchenden K\u00f6rperstellen angelegt werden.\nEs zeigte sich indefs, dafs diese Art der Ableitung der Str\u00f6me vom menschlichen K\u00f6rper nicht zweckdienlich ist. Die B\u00e4usche schmiegen sich nicht hinl\u00e4nglich an die K\u00f6rperformen an. Wegen der geringen Benetzbarkeit der Haut mit den w\u00e4sserigen Fl\u00fcssigkeiten ist daher die Ber\u00fchrung weder ausgedehnt, noch innig genug, noch endlich hinreichend gleichm\u00e4fsig. Die Oberhaut wird nicht hinl\u00e4nglich von der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit durchdrungen und dadurch leitend gemacht. So ist, bei dieser Art der Ableitung, nicht allein der Widerstand eines-theils zu grofs, anderntheils zu ver\u00e4nderlich, sondern auch \u00fcber die elektromotorischen Kr\u00e4fte der ber\u00fchrten Hautstellen erh\u00e4lt man ganz tr\u00fcgliche Auskunft. In der That es gen\u00fcgt, wenn die B\u00e4usche zwei Stellen dauernd angelegt sind, den einen oder den anderen mehr oder weniger anzudr\u00fccken, um sogleich bedeutende Ablenkungen der Nadel, \u00bbbald im einen, bald im anderen Sinne hervorzurufen. Es scheint, dafs diese Ablenkungen nicht allein davon herr\u00fchren, dafs der Bausch mit neuen Punkten der Haut in Ber\u00fchrung kommt, sondern auch das festere Andr\u00fccken des bereits dicht anliegenden Bausches erweist sich in der angegebenen Art wirksam. Vielleicht w\u00fcrde man mit Schw\u00e4mmen gl\u00fccklicher sein, die man an dicke baumwollene Schn\u00fcre befestigen k\u00f6nnte, wie man sich ihrer bedient, um die Fenstervorh\u00e4nge seitlich einzureffen.\nWir werden aus diesen Gr\u00fcnden von dem Anlegen der B\u00e4usche","page":222},{"file":"p0223.txt","language":"de","ocr_de":"wegen ungleichzeitiger Benetzung der menschlichen Haut. 223\nan den K\u00f6rper in der Folge fast gar keinen Gebrauch machen, sondern uns, so eng auch die Grenzen sind, die wir uns dadurch stecken, auf solche Anordnungen einschr\u00e4nken, wo die Zuleitungsfl\u00fcssigkeit die zu ber\u00fchrenden Stellen der K\u00f6rperoberfl\u00e4che frei besp\u00fchlt. Die Folge wird lehren, dafs dies noch aui\" andere Weise verwirklicht werden kann, als durch das Eintauchen der K\u00f6rpertheile in die Fl\u00fcssigkeit und demnach die Zahl der zu untersuchenden F\u00e4lle sich doch um etwas gr\u00f6fser herausstellt, als man beim ersten Anblick glauben m\u00f6chte.\nWas die hier in Rede stehende Frage betrifft, die wir mittelst der B\u00e4usche zu erledigen gedachten, so versteht es sich nach dem Vorhergehenden von selbst, dafs die so erhaltene Antwort durch die dem Gebrauch der B\u00e4usche anhaftenden Uebelst\u00e4nde gleichfalls verf\u00e4lscht sein wird. Legt man die B\u00e4usche ungleichzeitig dem Hand- oder Fufsr\u00fccken, dem Arm, dem Ober- oder Unterschenkel an, so beobachtet man meist nur sehr schwache, stets, sowohl nach Gr\u00f6fse als nach Richtung, h\u00f6chst unregelm\u00e4fsige Wirkungen. Es ist dabei gleichviel, ob die beiden ber\u00fchrten Stellen einer und derselben Gliedmafse angeh\u00f6ren, in welchem Falle sie nicht leicht in gleicher H\u00f6he daran angebracht werden k\u00f6nnen, oder ob sie in gleicher oder ungleicher H\u00f6he an beiden Armen oder beiden Beinen gew\u00e4hlt sind. Man m\u00f6chte also schliefsen, dafs diese Hautgegenden unf\u00e4hig sind, die Str\u00f6me wegen ungleichzeitiger Benetzung zu zeigen. Allein dieser Schlufs, auf diese Thatsache gegr\u00fcndet, w\u00fcrde voreilig sein. Man erh\u00e4lt n\u00e4mlich auch oft nicht viel deutlichere und regelm\u00e4fsigere Ausschl\u00e4ge, wenn man die B\u00e4usche der Handsohle anlegt, die jener Wirkungen gewifs f\u00e4hig ist.\nNichtsdestoweniger scheint es, nach den Versuchen am Unterarm und dem Handr\u00fccken, doch gewifs zu sein, dafs zwischen der eigen-th\u00fcmlich beschaffenen Haut der Hand- und der Fufssohle und der \u00fcbrigen Haut ein Unterschied zu Gunsten der ersteren bestehe hinsichtlich ihrer Bef\u00e4higung zum Hervorbringen der Ungleichzeitigkeitsslr\u00f6me.\nIch habe die Erscheinungsweise der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me noch in anderen Fl\u00fcssigkeiten ermittelt, als in der ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung, deren wir uns f\u00fcr gew\u00f6hnlich bedienen. Alle \u00fcbrigen Theile der Vorrichtungen blieben dabei unver\u00e4ndert, nur dafs, wie nat\u00fcrlich, die Zu-leitungsplattcn f\u00fcr jede Fl\u00fcssigkeit eine neue Bekleidung erhielten und in der Fl\u00fcssigkeit mit H\u00fclfe eines neuen damit getr\u00e4nkten Schliefsungs-bausches abgeglichen wurden. Zuerst versuchte ich Brunnenwasser. Die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me erschienen merkw\u00fcrdigerweise darin gerade wie in der Kochsalzl\u00f6sung, mit dem einzigen aber wohl ausgepr\u00e4gten Unterschied, dafs die beiden Elbogen sie in Brunnenwasser ebensowenig regelm\u00e4fsig zeigten als die Handr\u00fccken oder der Unterarm. Die St\u00e4rke","page":223},{"file":"p0224.txt","language":"de","ocr_de":"224\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 4 (i). Von den Str\u00f6men\nder Str\u00f6me war gr\u00f6fser als in der Kochsalzl\u00f6sung. Unter der Voraussetzung, die man beim ersten Blick f\u00fcr richtig halten sollte, dafs der Widerstand des Kreises bei Anwendung von Brunnenwasser als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit gr\u00f6fser sei als bei der von Kochsalzl\u00f6sung, w\u00fcrde daraus zu schliefsen sein, dafs den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men im Brunnenwasser eine gr\u00f6fsere elektromotorische Kraft zu Grunde liegt, als in der Kochsalzl\u00f6sung. Indessen w\u00e4re es m\u00f6glich, dafs, wegen des langsameren Eindringens der Kochsalzl\u00f6sung in die Oberhaut, der Widerstand des Kreises bei Anwendung von Brunnenwasser in den ersten Augenblicken doch kleiner ausfiele als bei der von Kochsalzl\u00f6sung (Vergl. oben S. 210).\nIn der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure (S. oben ebendas.) stellten sich die Erscheinungen ganz anders dar. Es zeigten sich allerdings, beim ungleichzeitigen Eintauchen der Finger, Str\u00f6me von ansehnlicher St\u00e4rke. Allein diese Str\u00f6me hatten die umgekehrte Richtung von der in der Kochsalzl\u00f6sung und dem Brunnenwasser. Der zuletzt eingetauchte Theil, Finger, Handsohle, ganze Hand, verhielt sich nicht negativ gegen den erstbenetzten, sondern positiv. Wenigstens war dies der Fall am Anfang jeder Versuchsreihe, deren ich zu verschiedenen Zeiten mehrere anstellte. Hatte ich aber einige Zeit lang mit den H\u00e4nden in der S\u00e4ure gearbeitet, d. h. sie h\u00e4ufig eingetaucht, mit Wasser gewaschen, getrocknet und wieder eingetaucht, so wurden die Wirkungen unregelm\u00e4fsig. Manchmal zeigte sich der Erfolg, wie er eben angegeben wurde. Manchmal der umgekehrte, d. h. derselbe wie in Kochsalzl\u00f6sung. Endlich manchmal auch hatte der Strom beim ungleichzeitigen Eintauchen die n\u00e4mliche Richtung im Multiplicatorkreise, gleichviel ob auf der rechten oder auf der linken Seite zuletzt eingetaucht wurde. Ueber das Verhalten von Elbogen und Handr\u00fccken bin ich nicht so klar geworden, dafs ich ein Unheil dar\u00fcber abgeben m\u00f6chte.\nEndlich versuchte ich auch eine alkalische Fl\u00fcssigkeit. Ich bereitete eine L\u00f6sung von Kali causticum siccum in Regenwasser von 1.026 Dichte bei 15\u00b0.5 C. Eine alkalimetrische Probe ergab einen Gehalt an Kalihydrat von ungef\u00e4hr drittehalb Gewichtsprocenten. Eine st\u00e4rkere L\u00f6sung l\u00e4fst sich nicht anwenden. Schon diese bringt bei l\u00e4ngerer Einwirkung l\u00e4stige Zuf\u00e4lle hervor. Die Haut der H\u00e4nde ger\u00e4th in den runzlig aufgequollenen Zustand, worin sie sich an den H\u00e4nden der W\u00e4scherinnen nach langer Arbeit befindet. Nach dem Trocknen wird sie spr\u00f6de und rissig und schuppt sich nach ein paar Tagen ab wie nach einem acuten Exanthem. Zartere Hautstellen aber r\u00f6then sich sogar unter lebhaftem Schmerz, schwellen auf und sind noch am anderen Tage empfindlich.\nMit den Zdeitungsplatten in der Kalilauge unmittelbar hat es mir","page":224},{"file":"p0225.txt","language":"de","ocr_de":"wegen ungleichzeitiger Benetzung der menschlichen Haut. 225\nnicht gelingen wollen, die Vorrichtung hinl\u00e4nglich gleichartig zu erhalten. Um sie vor dem Zutritt von Kohlens\u00e4ure zu sch\u00fctzen, sperrte ich die feuchte Kammer (S. oben Bd. I. S. 219), in die ich sie behufs der Abgleichung gestellt hatte, gleichfalls mit Kalilauge ab. Wenn die Vorrichtung so einige Zeit gestanden hatte, fand ich sie in leidlich brauchbarem Zustande vor. Aber kaum hatte ich angefangen, damit zu arbeiten, so entwickelten sich ungeheure Ungleichartigkeiten, so dafs die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom auf 60\u201470\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung gehalten wurde. Unstreitig beruhten diese Ungleichartigkeiten darauf, dafs die Kalilauge auf beiden Seiten in verschiedenem Mafse Kohlens\u00e4ure aufgenommen hatte. So gelang es auch Fechner nicht, bei Messungen der Stromst\u00e4rke einer Platineisenkette mit Kalilauge als fl\u00fcssigem Leiter \u00fcbereinstimmende Werthe zu beobachten.1 Doch habe ich mich nicht unmittelbar davon \u00fcberzeugt, dafs sich mit Platinelektroden, kaustischer und kohlensaurer Kalil\u00f6sung Str\u00f6me von solcher St\u00e4rke hervorbringen lassen.\nWie dem auch sei, diese Str\u00f6mungen fanden sich, gem\u00e4fs dem oben Bd. I. S. 135 erw\u00e4hnten FECHNER\u2019schen Grunds\u00e4tze, so ziemlich beseitigt, als ich, anstatt die Zuleitungsgef\u00e4fse selber mit der Kalilauge zu f\u00fcllen, und so diese die Platinenden des Multiplicators unmittelbar besp\u00fchlen zu lassen, vielmehr in den Zuleitungsgef\u00e4fsen wie gew\u00f6hnlich die Kochsalzl\u00f6sung beibehielt, und mit der Kalilauge nur ein Paar H\u00fclfsgef\u00e4fse anf\u00fcllte, die mit jenen verbunden wurden durch heberf\u00f6rmige, zweimal rechtwinklig gebogene R\u00f6hren voll Kochsalzl\u00f6sung. Die R\u00f6hren waren an beiden Enden durch Stopfen aus Fliefspapier verschlossen. Der Stopfen auf Seiten der Kalilauge war, um die Verwechselung der Enden der R\u00f6hren zu verh\u00fcten, aus veilchenblauem Lackmuspapier gewickelt. Der Inhalt der R\u00f6hren und die Stopfen wurden erneuert, sobald das innere Ende dieses Stopfens sich blau gef\u00e4rbt hatte.\nDas Ergebnifs der Versuche war. kein ganz sicheres. Mit den Fingern n\u00e4mlich gelang es mir unter diesen Umst\u00e4nden durchaus nicht, regelm\u00e4fsige Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me zu beobachten. Str\u00f6me scheinbar wegen ungleichzeitigen Eintauchens erhielt ich zwar stets; aber bald zeigte sich der j\u00fcngstbenetzte Finger positiv, bald negativ; bald waren die Str\u00f6me stark, bald schwach. Merkw\u00fcrdigerweise war der Erfolg beim ungleichzeitigen Eintauchen der beiden Handsohlen und der beiden H\u00e4nde regelm\u00e4fsiger, und zwar derselbe als in der verd\u00fcnnten S\u00e4ure, umgekehrt wie in Kochsalzl\u00f6sung und Brunnenwasser, d. h. die j\u00fcngstbenetzte Handsohle oder Hand erwies sich positiv. Von den beiden\n1 Poggendobff\u2019s Annalen u. s. w. 1839. Bd. XLVIII. S. 268.*\nII. 2.\t15","page":225},{"file":"p0226.txt","language":"de","ocr_de":"226 3- Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 4 (n). Die Ungleichzeitiglceitsslr\u00f6me\nHandr\u00fccken zeigte sich auch der zuletzt eingetauchte ziemlich regelm\u00e4fsig positiv; vielleicht nur durch einen Zufall, da ich diese, wie man sich leicht denken kann, sehr widerw\u00e4rtigen Versuche eben nicht oft wiederholt habe.\nNat\u00fcrlich war es, wenn ich nicht fortw\u00e4hrend neue grofse Massen kaustischer Lauge bereiten wollte, unm\u00f6glich zu verhindern, dafs im Laufe der Versuche die Kalil\u00f6sung mehr und mehr kohlensauer wurde. Indessen glaube ich nicht, dafs dadurch das Ergebnifs wesentlich ver\u00e4ndert worden ist. Ich hatte sp\u00e4ter Gelegenheit,1 die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me an den Fingern auch in einer ges\u00e4ttigten L\u00f6sung von essigsaurem Natron zu untersuchen. Das Ergebnifs war, wie in der Kalil\u00f6sung, eine vollkommene Unregelm\u00e4fsigkeit der Wirkungen.\nIch habe nicht unterlassen, auch die Finger der oben S. 211. 212 erw\u00e4hnten Leichenh\u00e4nde in der ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung auf die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me zu pr\u00fcfen. Dieser Versuch ging vielmehr an beiden H\u00e4nden dem daselbst beschriebenen vorauf. An der ersten Hand zeigten sich die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me sehr schwach in der umgekehrten Richtung wie am Lebenden in derselben Fl\u00fcssigkeit, d. h. der j\u00fcngstbenetzte Finger verhielt sich positiv. An der zweiten Hand dagegen hatten die Str\u00f6me die richtige Richtung, waren aber auch sehr schwach. Das wahre Verhalten bleibt demnach vorl\u00e4ufig unbekannt.\n(ii) Die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me sind nicht blos Str\u00f6me wegen verschiedener Temperatur der eingetauchten K\u00f6rpertheile.\nBei dem ersten Anblick der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me am menschlichen K\u00f6rper wird man sich leicht verleitet f\u00fchlen zu der Frage, ob nicht diese Str\u00f6me ganz einfach Str\u00f6me wegen ungleicher Temperatur der beiden benetzten Hautstellen seien. In der That wird unter den gew\u00f6hnlichen Umst\u00e4nden die Temperatur des zuletzt eingetauchten Fingers augenblicklich eine h\u00f6here sein als die des zuerst eingetauchten, insofern dieser durch die Fl\u00fcssigkeit bereits abgek\u00fchlt ist, jener es erst wird; und auch die Richtung der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me stimmt ziemlich gut mit dem, was wir von der Richtung der Thermostr\u00f6me innerhalb der Grenzen der Temperatur wissen, worin sich unsere Versuche \u00fcber die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me bisher bewegt haben.\nDie Temperatur der Oberfl\u00e4che der Finger genau zu bestimmen, ist zwar sehr schwer, wenn nicht unm\u00f6glich. Ich glaube indessen nicht sehr zu irren, wenn ich sie bei mir, bei einer Lufttemperatur von etwa 15\u00b0 C., auf etwa 28\u201430\u00b0 C. veranschlage. Diese Sch\u00e4tzung be-\n1 S. unten, No. 7.","page":226},{"file":"p0227.txt","language":"de","ocr_de":"der menschlichen Haut sind nicht hlos Thermostrdme.\n227\nruht darauf, dafs, wenn ich den Finger in Wasser von dieser Temperatur tauche und darin ruhig halte, ich durchaus kein Gef\u00fchl weder von W\u00e4rme noch von K\u00e4lte, oder \u00fcberhaupt von der Gegenwart der Fl\u00fcssigkeit habe. Die zeitige Lufttemperatur gebe ich mit an, weil ich bei 10\u00b0 Lufttemperatur Wasser von 30\u00b0 allerdings schon merklich warm empfinde.\nDie Zuleitungsfl\u00fcssigkeit theilte in unseren bisherigen Versuchen die mittlere Lufttemperatur von etwa 15\u00b0. Ein Finger bei 30\u00b0 verh\u00e4lt sich, wie man sich erinnert, negativ gegen einen solchen bei 15\u00b0. Negativ aber, haben wir gefunden, verh\u00e4lt sich gerade auch der zuletzt eingetauchte, oberfl\u00e4chlich also noch 30\u00b0 warme Finger, gegen den schon seit l\u00e4ngerer Zeit eingetauchten, oberfl\u00e4chlich auf 15\u00b0 erk\u00e4lteten Finger.\nSo weit pafst die vorgeschlagene Erkl\u00e4rung auf die Erscheinungen. Auch w\u00fcrde damit gut der Umstand stimmen, dafs man die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me viele Male nacheinander an denselben Fingern beobachten kann, wie auch, dafs sie in Wasser erscheinen, dem man doch die F\u00e4higkeit nicht zuschreiben sollte, die Haut so zu ver\u00e4ndern, dafs sie sich gegen noch unbenetzte Haut elektromotorisch ungleichartig verh\u00e4lt. Nichtsdestoweniger deckt eine n\u00e4here Betrachtung verschiedene Gr\u00fcnde auf, weshalb der Unterschied der Temperatur durchaus nicht die einzige Ursache der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me sein kann.\nZuerst ist zu bemerken, dafs die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me viel zu stark sind, als dafs man ihren Quell in dem vorhandenen Temperaturunterschied suchen d\u00fcrfte. Ein Finger bei 30\u201c gleichzeitig eingetaucht mit einem Finger bei 15\u00b0 giebt einen Ausschlag von h\u00f6chstens 20 \u2014 30\u00b0. Hingegen die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me f\u00fchren nicht selten die Nadel an die Hemmung.\nZweitens ist, nach der hier in Rede stehenden Deutung der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me, nicht zu begreifen, weshalb diese Str\u00f6me sollten in der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure die umgekehrte Richtung haben von der in der Kochsalzl\u00f6sung und dem Brunnenwasser, da doch die Thermo-str\u00f6me in allen drei Fl\u00fcssigkeiten das n\u00e4mliche Gesetz befolgen (S. oben S. 210).\nDrittens m\u00fcfsten, wenn jene Deutung die richtige w\u00e4re, die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me vermifst werden, oder sehr viel schw\u00e4cher erscheinen, wenn man der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit die Temperatur ertheilt, welche, der zeitigen Lufttemperatur gem\u00e4fs, der Oberfl\u00e4che der Finger zukommt; nach dem oben angegebenen Merkmal also diejenige, bei welcher der eingetauchte Finger nicht K\u00e4lte, nicht W\u00e4rme empfindet. Dies trifft nicht zu. Vielmehr traten, wie ich mich ausdr\u00fccklich iiber-\n15\u201d","page":227},{"file":"p0228.txt","language":"de","ocr_de":"228 5. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 4 (n). Die Ungleiclneitiglceitsstr\u00f6me\nzeugt habe, die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me in der Kochsalzl\u00f6sung sowohl als dem Brunnenwasser auch unter diesen Umst\u00e4nden in gewohnter Weise auf. In der Kalilauge wurden sie nicht regelm\u00e4fsiger, nur etwas st\u00e4rker schienen sie mir zu sein. In der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure ist der Versuch nicht angestellt.\nViertens, wenn die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me nur auf dem Temperaturunterschied beruhten, so w\u00e4re nicht einzusehen, weshalb nicht alle Ilaut-stellen in gleicher Weise bef\u00e4higt sein sollten, sie zu zeigen, da doch die Bedingung einer \u00fcber die der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit erh\u00f6hten Temperatur f\u00fcr alle in gleichem Mafse stattfindet. Man k\u00f6nnte aber fragen, ob nicht vielleicht die Hautstellen, welche die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me versagen, z. B. die Handr\u00fccken, auch die Str\u00f6me wegen ungleicher Temperatur vermissen lassen. Dies ist jedoch, wie ich mich ausdr\u00fccklich \u00fcberzeugt habe, nicht der Fall. Ich ertheilte dem einen Handr\u00fccken in ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung die Temperaturen von 0\u00b0 und 45\u00b0, und pr\u00fcfte ihn gegen den anderen, auf 15\u00b0 gehaltenen, in den mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllten Handgef\u00e4fsen. Beidemal wurde, wie es nach den Versuchen an den Fingern sein mufste, der erstere stark positiv gegen den letzteren gefunden.\nDiese Gr\u00fcnde gen\u00fcgen wohl, um die fragliche Ansicht zu widerlegen. Der Temperaturunterschied ist die alleinige Ursache der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me nicht. Ich sage die alleinige Ursache, weil eben so wenig zu bezweifeln ist, dafs zu der noch unbekannten Ursache, welche den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men wirklich zu Grunde liegt, auch noch der Temperaturunterschied hinzutritt. Dies zeigt sich deutlich darin, dafs die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me sehr an St\u00e4rke zunehmen, wenn man der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit die Temperatur von 0\u00b0 ertheilt. Sie nehmen nicht minder an St\u00e4rke zu, wenn man diese Fl\u00fcssigkeit 45\u00b0 warm nimmt. In beiden F\u00e4llen mufs sich, wie man leicht versteht, der zuerst eingetauchte Finger wegen des Temperaturunterschiedes positiv verhalten gegen den zuletzt eingetauchten. Im zweiten Falle kommt nat\u00fcrlich noch hinzu, dafs der Widerstand der Oberhaut vermindert wird. Doch ist leicht zu beweisen, dafs dies nicht allein der Grund ist, weshalb die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me in der warmen Zuleitungsfl\u00fcssigkeit st\u00e4rker erscheinen. Dieser Beweis liegt darin, dafs die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me in der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure ihre Richtung umkehren, also mit denen in der Salzl\u00f6sung gleichsinnig werden, wenn man der verd\u00fcnnten S\u00e4ure die Temperatur von 45\" C. ertheilt. Dasselbe ist der Fall, wenn man der S\u00e4ure die Temperatur von 0\u00b0, oder noch besser von einigen Graden unter Null, ertheilt. Diese Erscheinung der Umkehr der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me in der heifsen und kalten S\u00e4ure kann nicht anders","page":228},{"file":"p0229.txt","language":"de","ocr_de":"der menschlichen Haut sind nicht blos Thermostr\u00f6me.\n229\nerkl\u00e4rt werden, als durch die Annahme, dafs die Thermostr\u00f6me, welche die wirklichen Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me begleiten, sie unter diesen Umst\u00e4nden \u00fcberwiegen.\n(ui) Fernere Betrachtungen \u00fcber die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me.\nNachdem jetzt der Verdacht beseitigt ist, wonach die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me am menschlichen K\u00f6rper nur von dem Temperaturunterschied herr\u00fchren sollten, der sich zuf\u00e4llig in den Versuch eingemischt findet, wird es angemessen sein, uns zu erkundigen, wie weit denn diese Str\u00f6me mit den am Frosch \u00dcbereinkommen, durch die wir zu ihrer Entdeckung gef\u00fchrt worden sind. Diese hatten wir, wie man sich erinnert, auf folgende Grundthatsache zur\u00fcckgef\u00fchrt: Die \u00e4ufsere Hautlamelle der nackten Amphibien nach Czermak ist der Sitz einer von aufsen nach innen gerichteten elektrischen Triebkraft, welche in der Ber\u00fchrung mit den verschiedenen von uns angewandten Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, mit Ausnahme des Brunnenwassers, zu Grunde geht (S. oben S. 9 ff).\nBeim ersten Blick kann es nun wirklich den Anschein haben, als ob beide Erscheinungen, die am Menschen und die am Frosch, von einerlei Art sein m\u00fcfsten. Am Frosch, wie am Menschen, verhielt sich die j\u00fcngstbenetzte Stelle negativ gegen die erstbenetzte; und wenn man sich erinnert, dafs wir oben S. 19 fast nicht umhin konnten, uns zu fragen, ob nicht eine Beziehung obwalte zwischen der elektromotorischen Kraft, die die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me an der Haut der nackten Amphibien bedingt, und dem in dieser Haut stattfindenden ausgezeichneten Absonderungsvorgang, so ist es schwer, jetzt nicht etwas Bedeutsames in dem Umstand zu sehen, dafs am menschlichen K\u00f6rper auch gerade die Hand- und Fufssohle zur Erzeugung solcher Str\u00f6me besonders bef\u00e4higt erscheinen, zwei Hautstellen, an denen die Schweifsdr\u00fcsen in ungew\u00f6hnlich grofser Anzahl verbreitet sind.1\nIndessen erweist sich bei n\u00e4herer Betrachtung dieser Anschein doch als tr\u00fcglich, und die Aehnlichkeit zwischen den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men am Frosch und am Menschen als eine mehr \u00e4ufserliche.\nEin erster Unterschied, der aber noch nicht zu diesem Ausspruch berechtigen w\u00fcrde, besteht darin, dafs beim Frosch die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me an einer und derselben Stelle nur einmal beobachtet werden k\u00f6nnen, w\u00e4hrend beim Menschen dies viele Male nach einander in fast gleicher Art von statten geht. Dieser Unterschied ist genau genommen\n1 S.Kradse, in Rud. Wagner\u2019s Handw\u00f6rterbuch der Physiologie u. s. w. Artikel \u00bbHaut*. Bd, II. Braunschweig 1844. S. 131.*","page":229},{"file":"p0230.txt","language":"de","ocr_de":"230\n3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. IV. 4 (m). Er\u00f6rterung\nnur ein gradweiser. Denn auch am Frosch kann man die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me mehrmals von derselben Stelle erhalten, wenn man nur das sonst unversehrte Thier in Wasser setzt und ihm Zeit g\u00f6nnt, den normalen Zustand seiner Haut wieder zu erlangen (S. oben S. 20). Der Unterschied w\u00fcrde also im Grunde blos darauf hinauslaufen, dafs die menschliche Haut schneller als die des Frosches ihren normalen Zustand wieder erlangte, ganz in Ucbereinstimmung mit dem, was man von der Lebhaftigkeit der Ern\u00e4hrungsvorg\u00e4nge in warmbl\u00fctigen Thieren im Vergleich zu der in kaltbl\u00fctigen weifs, wie auch mit dem Umstand, dafs die f\u00fcr Fl\u00fcssigkeiten undurchg\u00e4ngige menschliche Haut durch die \u00e4tzenden Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten nicht so tief angegriffen werden kann, als die feuchte leicht durchdringliche Froschhaut, deren Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me denn auch viel st\u00e4rker erscheinen, als die der menschlichen Haut.\nEin anderer Unterschied, der auch noch nicht als mafsgebend erscheint, ist der, dafs die menschliche Haut in Brunnenwasser die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me zeigt, w\u00e4hrend die Froschhaut sie bei Anwendung dieser Zuleitungsll\u00fcssigkeit vermissen l\u00e4fst. Denn das Wasser k\u00f6nnte gewissermafsen f\u00fcr die Haut des Menschen ein Aetzmittel darstellen, wie es dies ja z. B. f\u00fcr Muskclfleisch thut, w\u00e4hrend die Froschhaut zweifellos einen solchen Bau hat, dafs sie vom Wasser keine sch\u00e4dliche Einwirkung erf\u00e4hrt.\nDer Umstand aber, der eine strenge Grenze zieht zwischen den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6raen am Frosch und denen am Menschen, ist folgender. Am Frosch behalten diese Str\u00f6me einerlei Richtung, gleichviel welcher Art die angewandte Zuleitungsfl\u00fcssigkeit sei, ob sauer oder alkalisch oder eine ges\u00e4ttigte L\u00f6sung eines neutralen Salzes. Dies war die Thatsache, die uns zu der Annahme zwang, dafs die elektrische Triebkraft, die die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me erzeugt, nicht zu suchen sei an der Grenze der Haut und der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit, nicht erst gesetzt werde durch die Ber\u00fchrung der Haut mit der Fl\u00fcssigkeit, sondern in der Haut vorbestehe, und durch diese Ber\u00fchrung vielmehr vernichtet werde. Anders an der menschlichen Haut. Hier haben die Str\u00f6me in der Schwefels\u00e4ure, um von der Kalilauge zu schweigen, die umgekehrte Richtung von der in den \u00fcbrigen Fl\u00fcssigkeiten. Es kann also hier, so scheint es, nicht die Rede sein von der Vorstellung, die wir uns von dem Sitz der Triebkraft an der Haut der nackten Amphibien gemacht haben. Die elektromotorische Kraft, welche die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me an der menschlichen Haut hervorbringt, kann nicht als darin vorbestehend gedacht werden. Sondern sie r\u00fchrt mehr oder weniger unmittelbar von der Benetzung mit der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit her.","page":230},{"file":"p0231.txt","language":"de","ocr_de":"der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me der menschlichen Haut. 231\nEs w\u00fcrden also diese Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me, statt denen der Froschhaut, vielmehr denen der Metalle zu vergleichen sein. Um sie aber, von diesem Gesichtspunkt aus, einer physikalischen Zergliederung zu unterwerfen, erscheint es jedenfalls nothwendig, zuvor noch Kenntnifs zu nehmen von einer anderen Reihe elektromotorischer Erscheinungen der Haut, welche zu den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men unzweifelhaft die engste Beziehung haben. Von diesen handelt die folgende Nummer. Hier mag nur noch bemerkt werden, dafs sich uns in den Ungleich-zeitigkcitsstr\u00f6men ein neuer Grund zu erkennen gegeben hat f\u00fcr die unregelm\u00e4fsigen fl\u00fcchtigen Wirkungen, welche bei dem scheinbar gleichzeitigen Benetzen symmetrischer Hautstellen aufzutreten pflegen; indem man nat\u00fcrlich annehmen kann, dafs die Bedingung der Gleichzeitigkeit des Eintauchens sich niemals ganz genau erf\u00fcllt finden werde (S. oben S. 205).\n5. Von Str\u00f6men bedingt durch vorgebildete elektromotorische Ungleichartigkeiten der menschlichen Hautoberfl\u00e4che.\nWir haben uns nun unterrichtet, wie sich symmetrisch am K\u00f6rper gelegene Hautstellen unter verschiedenen Umst\u00e4nden elektromotorisch zu einander verhalten. Auf symmetrische Hautstellen haben wir uns bisher deshalb beschr\u00e4nkt, weil wir noch nicht wissen k\u00f6nnen, ob nicht bei Verbindung asymmetrischer Stellen sich der Muskelstrom der Glieder in das Ergebnifs einmischt, und auch weil die M\u00f6glichkeit vorhanden ist, dafs sich am Menschen, wie am Frosch, asymmetrische Hautstellen an und f\u00fcr sich elektromotorisch ungleichartig verhalten. Es zeigt sich nun in der That, dafs man fast immer starke und ihrer Richtung sowohl als ihrer Gr\u00f6fse nach best\u00e4ndige Str\u00f6me erh\u00e4lt, wenn man verschiedene K\u00f6rpertheile durch den Multiplicator in leitende Verbindung bringt. Ich beschreibe auch hier die Erscheinungen zuerst, wie sie sich bei Anwendung von Kochsalzl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit gestalten.\n(i) Versuche mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit.\nWas ich \u00fcber das elektromotorische Verhalten verschiedener Finger gegeneinander bisjetzt ermitteln konnte, findet sich oben S. 205 bereits angegeben.\nBer\u00fchrt man mit der Sohle der einen Hand die Oberfl\u00e4che der Kochsalzl\u00f6sung in dem einen Handgef\u00e4fs, mit dem R\u00fccken der anderen Hand die Oberfl\u00e4che der Kochsalzl\u00f6sung in dem anderen Handgef\u00e4fs,","page":231},{"file":"p0232.txt","language":"de","ocr_de":"232\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (i). Best\u00e4ndige Str\u00f6me\nso fliegt die Nadel an die Hemmung, indem sie die Handsohle als negativ anzeigt gegen den Handr\u00fccken. Es ist dabei f\u00fcr die Richtung des Stromes gleichg\u00fcltig, ob man die L\u00f6sung zuerst mit der Sohle oder mit dem R\u00fccken ber\u00fchrt. Die Wirkung ist best\u00e4ndig, d. h. sie h\u00e4lt abgesehen von der Schw\u00e4chung durch die Polarisation so lange an, als man Lust hat sie zu beobachten.\nSie ist \u00fcbrigens so entschieden, dafs man sie auch leicht und unzweifelhaft mittelst der B\u00e4usche nachweisen kann. Man wendet dazu die oben S. 222 beschriebene Vorrichtung an, indem man die beiden H\u00e4lften derselben einander gegen\u00fcberstellt, die eine Hand mit ihrer einen Fl\u00e4che auf den einen Bausch, und den anderen Bausch auf die andere Fl\u00e4che derselben Hand legt. Stets geht der Strom in der Hand von der Handsohle zum Handr\u00fccken. Diese Erscheinung habe ich nicht allein an mir selber, sondern auch an meinem Freunde, Herrn G. Kirchhoff beobachtet. Ich habe denselben Versuch an den oben S. 211. 212. 226 bereits erw\u00e4hnten Leichenh\u00e4nden angestellt. An der ersten Hand zeigte sich der Strom nicht; wenn eine Spur da war, hatte sie die umgekehrte Richtung von dem Strom am Lebenden. An der zweiten Hand, die einer viel \u00e4lteren Leiche angeh\u00f6rte, fand ich dagegen den Strom in der richtigen Richtung und in ziemlicher St\u00e4rke vor. Es ist beraerkens-werth, dafs die erste Hand auch die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me vermissen liefs, die zweite hingegen sie zeigte.\nMan kann den fraglichen Versuch noch dahin ab\u00e4ndern, dafs man auf der einen Seite die ganze Hand eintaucht, auf der anderen nur die Oberfl\u00e4che der Kochsalzl\u00f6sung mit dem Handr\u00fccken oder mit der Handsohle ber\u00fchrt. Die ganze Hand verh\u00e4lt sich negativ gegen den Handr\u00fccken, positiv gegen die Handsohle. Oder man kann auch beide H\u00e4nde ganz eintauchen, nachdem man die Sohle der einen mit Kleb\u00e4ther bestrichen hat. Diese verh\u00e4lt sich positiv gegen die andere, jedoch schw\u00e4cher, als wenn man wirklich nur den Handr\u00fccken eintaucht. Es scheint danach, dafs die d\u00fcnne Schicht Kleb\u00e4ther doch nicht vollkommen isolirt oder nicht vollkommen zusammenh\u00e4ngend herzustellen ist.\nNicht blos der Handr\u00fccken ist positiv gegen die Handsohle. Mittelst der B\u00e4usche findet man, dafs auch die verschiedenen Punkte des Unterarms sich positiv dawider verhalten. Taucht man in das eine Handgef\u00e4fs den Elbogen des einen Armes, und ber\u00fchrt man die Oberfl\u00e4che der Kochsalzl\u00f6sung in dem anderen Handgef\u00e4fs mit der Handsohle des anderen Armes, so entsteht, unabh\u00e4ngig von der Reihenfolge des Eintauchens, ein \u00fcberaus starker Strom in der Richtung von der Handsohle zum Elbogen im K\u00f6rper, der also aufsteigend im Unterarm ist. Der Versuch l\u00e4fst sich zur Noth auch mit Elbogen und Handsohle des","page":232},{"file":"p0233.txt","language":"de","ocr_de":"der menschlichen Haut in Kochsalzl\u00f6sung.\n233\nn\u00e4mlichen Armes anstellen, wenn man das Handgef\u00e4fs f\u00fcr den Elbogen etwas tiefer stellt als das f\u00fcr die Handsohle.\nEs ist aber nicht allein die Handsohle, die sich negativ gegen den Elbogen verh\u00e4lt. Auch der Handr\u00fccken thut dies gegen den Elbogen derselben sowohl als gegen den der anderen Seite. Doch ist der Strom dabei merklich schw\u00e4cher; ob wegen gr\u00f6fseren Widerstandes oder geringerer elektromotorischer Kraft, weifs ich noch nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Auch die ganze Hand verh\u00e4lt sich demgem\u00e4fs negativ gegen den Elbogen und zwar so stark, dafs die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom fast best\u00e4ndig an die Hemmung gelehnt bleibt. Der Strom hat demnach eine St\u00e4rke ungef\u00e4hr wie der eines mit k\u00fcnstlichem Querschnitt aufgelegten Muskels (S. oben Abth. I. S. 492), und schickt sich sehr gut zur Beobachtung am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom. Man kann auch in das eine Handgef\u00e4fs den Elbogen, in das eine der Fingergef\u00e4fse einen Finger eintauchen. Auch so erh\u00e4lt man in dem Arm einen starken aufsteigenden Strom von nahe best\u00e4ndiger Kraft.\nNat\u00fcrlich ist ein solcher Strom im h\u00f6chsten Grade geeignet, unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Gleichviel welche Bewandtnifs es mit dem Strom zwischen Handsohle und Handr\u00fccken haben m\u00f6ge, der sich nicht wohl dieser Auffassung f\u00fcgt, was liegt n\u00e4her als der Gedanke, dafs der aufsteigende Strom im Unterarm ganz einfach der Muskelstrom ist? Nichts dringenderes k\u00f6nnen wir danach zu thun haben, als den Versuch zu machen, die Gegenwart eines solchen Stromes auch im Oberarme und dem ganzen Arm, sodann im Bein zu ermitteln.\nHierzu ist es n\u00f6thig, den einen Ableitungspunkt des Stromes an den Rumpf selbst zu verlegen, und es tritt somit eine grofse experimentelle Schwierigkeit ein, da mit B\u00e4uschen, die man dem K\u00f6rper anlegt, nach dem oben S. 222 Gesagten hier nun einmal nichts anzufangen ist. Auf folgende Art ist es mir, nach mancherlei vergeblichen Bem\u00fchungen, zuletzt gegl\u00fcckt, diese Schwierigkeit zu \u00fcberwinden.\nAus einer starken Platte geschwefelter Guttapercha verfertigte ich ein vierseitig prismatisches Gef\u00e4fs von 75\u2122m L\u00e4nge, 35mm Breite und 75mm H\u00f6he. Das Gef\u00e4fs hatte nur drei Seitenw\u00e4nde. Es fehlte ihm n\u00e4mlich die eine lange Seitenwand. Diese sollte durch den menschlichen K\u00f6rper selbst gebildet werden, indem das seitlich offene Gef\u00e4fs ihm mit seinen drei R\u00e4ndern, wovon zwei senkrecht, und einer, der untere, wagerecht, fest angedr\u00fcckt w\u00fcrde. Man \u00fcbersieht nun bereits den Plan des Versuches. In das Gef\u00e4fs sollte Kochsalzl\u00f6sung gegossen werden, welche die Haut innerhalb des Gef\u00e4fses gerade so frei besp\u00fchlte, als ob diese darin eingetaucht w\u00e4re. Von der L\u00f6sung aus konnte alsdann die Ableitung des Stromes auf verschiedene Weise ohne Schwierigkeit geschehen,","page":233},{"file":"p0234.txt","language":"de","ocr_de":"234\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (i). Best\u00e4ndige Str\u00f6me\nDas Mifsliche war die Herstellung des Verschlusses. Um diesen zu erzielen, waren die drei freien R\u00e4nder des Gef\u00e4fses, die dem K\u00f6rper angelegt werden sollten, nicht scharf abgeschnitten, sondern in 15mm Breite nach aufsen umgebogen, so dafs sie eine ausgedehnte Ber\u00fchrungsfl\u00e4che darboten. Als Ort, um das Gef\u00e4fs daselbst anzubringen, w\u00e4hlte ich die Mitte der Brust. Der untere Rand des Gef\u00e4fses kam etwa in der H\u00f6he des Schwertfortsatzes des Brustbeins zu liegen. Es hielt nicht schwer, den R\u00e4ndern des Gef\u00e4fses eine solche Gestalt zu geben, dafs sie sich m\u00f6glichst genau den K\u00f6rperformen anschlossen. Dazu war nur n\u00f6thig, diese R\u00e4nder in heifsem Wasser zu erweichen, sie der Brust an der Stelle, die sie sp\u00e4ter einnehmen sollten, fest anzudr\u00fccken, und in dieser Lage erkalten zu lassen. Die R\u00e4nder wurden nun mit Oel bestrichen und das Gef\u00e4fs mittelst eines starken Gurtes an den K\u00f6rper geschnallt. Es zeigte sich, dafs, wenn nicht durch Nachlassen des Gurtes, Gleiten des Gef\u00e4fses, heftige Bewegungen des Rumpfes u. d. m. die G\u00fcte des Verschlusses beeintr\u00e4chtigt wurde, das Gef\u00e4fs so dicht hielt, dafs kein Tropfen Fl\u00fcssigkeit daraus verloren ging.\nDas F\u00fcllen des Gef\u00e4fses war nat\u00fcrlich leicht zu bewerkstelligen. Schwieriger war das Entleeren ohne Versch\u00fcttung eines Theils des Inhaltes ausf\u00fchrbar, namentlich da ich an mir selber, grofsentheils ohne Geh\u00fclfen, diese Versuche anzustellen gen\u00f6thigt war. Ich brachte daher in einer der beiden vorderen Ecken des Gef\u00e4fses ein bis auf den Boden reichendes Rohr aus geschwefeltem Kautschuk an, welches lang genug war, um aufserhalb des Gef\u00e4fses, wo es mit der R\u00f6hre eines kleinen Glastrichters verbunden war, \u00fcber den Boden des Gef\u00e4fses herabzuh\u00e4ngen. Sollte das Gef\u00e4fs entleert werden, so sog ich das Rohr voll Fl\u00fcssigkeit, wobei der kleine Glastrichter als Mundst\u00fcck diente, prefste es an seinem mit dem Trichter verbundenen Ende mit den Fingern zusammen, bog es im gef\u00fcllten Zustande \u00fcber, und hatte so einen Heber hergestellt, der das Gef\u00e4fs bis auf wenige Tropfen schnell und sicher entleerte.\nIch werde dies Gef\u00e4fs in der Folge das Brustgef\u00e4fs nennen. Um mittelst desselben z. B. den Strom zwischen Hand und Brust zu untersuchen, wurde folgendermafsen verfahren. Es wurde das eine der gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fse auf die oben S. 222 beschriebene Art mit einem Bausch versehen und durch den Bausch zuerst mit dem einen Handgef\u00e4fs behufs der Abgleichung verbunden. Dann wurde das Brustgef\u00e4fs voll L\u00f6sung gegossen, und die Hand in das Handgef\u00e4fs getaucht. Endlich wurde das Zuleitungsgef\u00e4fs mit seinem Bausch dem Brustgef\u00e4fs gegen\u00fcber passend aufgestellt, und durch den Bausch die Verbindung beider Gef\u00e4fse bewerkstelligt. Nach Beobachtung des sich etwa kundgebenden Stromes wurde der Bausch des Zuleitungsgef\u00e4fses wieder in","page":234},{"file":"p0235.txt","language":"de","ocr_de":"der menschlichen Haul in Kochsalzl\u00f6sung.\n235\ndas Handgef\u00e4fs hineingeh\u00e4ngt, um sich der Gegenwart von Ladungen zu versichern und ihnen Gelegenheit zur Abgleichung zu gehen.\nDas Ergebnifs der Versuche war, dafs, gleichviel ob nur die Handsohle oder nur der Handr\u00fccken die Oberfl\u00e4che der L\u00f6sung im Handgef\u00e4fs ber\u00fchrten, oder ob die ganze Hand in die L\u00f6sung getaucht wurde, stets ein \u00fcberaus starker aufsteigender Strom dauernd im Arme gegenw\u00e4rtig war. Auch hier gab indessen der Handr\u00fccken einen schw\u00e4cheren Strom als die Handsohle, vollends die ganze Hand. Eine ungemeine Heftigkeit erlangte der Strom, als ich beide H\u00e4nde in beide Hand-gef\u00e4fse tauchte, deren jedes durch ein Paar Platinplatten, gleich denen meiner Zuleitungsgef\u00e4fse, mit dem einen Multiplicatorende verbunden war, w\u00e4hrend das andere Multiplicatorende mit dem Brustgef\u00e4fs zusammenhing.\nUm zu erfahren, ob auch der Oberarm, gleich dem Unterarm, sich als den Sitz eines aufsteigenden Stromes erweisen w\u00fcrde, tauchte ich, statt der Hand, den Elbogen in das eine Handgef\u00e4fs, w\u00e4hrend die Ableitung am Rumpfe dieselbe blieb. Ich gelangte jedoch zu keinem recht befriedigenden Ergebnifs. Zu Anfang des Versuches war der Strom wirklich mehrmals aufsteigend im Oberarm. H\u00e4ufig aber war er absteigend, und, wenn er auch anf\u00e4nglich aufsteigend gewesen war, schlug er zuletzt doch fast in allen F\u00e4llen in die absteigende Richtung um.\nNun wendete ich mich zu der Erforschung \u00e4hnlicher Str\u00f6me am Bein. Zuerst suchte ich auch hier das elektromotorische Verhalten zwischen Sohle und Fufsr\u00fccken zu ermitteln. Da der Fufsr\u00fccken nicht eingetaucht werden kann, mufste ich mich mit den B\u00e4uschen behelfen, die auf die oben S. 222 beschriebene Art angewendet wurden; oder auch es wurde die Oberfl\u00e4che der L\u00f6sung in dem einen Fufsgef\u00e4fs mit der Sohle des einen Fufses ber\u00fchrt, und der eine Bausch dem R\u00fccken desselben oder des anderen Fufses angelegt. Die B\u00e4usche m\u00fcssen bei diesen Versuchen eine nichtleitende Handhabe, etwa aus Guttapercha, besitzen, damit nicht der Strom zwischen Hand und Fufs, von dem sp\u00e4ter die Rede sein wird, sich in das Ergebnifs eindr\u00e4nge.\nStets zeigte sich die Sohle stark negativ gegen den Fufsr\u00fccken, d. h. es ging ein Strom von der Sohle im Fufs nach dem Fufsr\u00fccken, gerade wie in der Hand bei der entsprechenden Anordnung ein Strom von der Handsohle zum Handr\u00fccken ging. Legte ich den einen Bausch, statt dem Fufsr\u00fccken, dem Unterschenkel, oder dem Knie, oder dem Oberschenkel an, w\u00e4hrend die Sohle des einen Fufses oder der ganze eine Fufs in die L\u00f6sung des einen Fufsgef\u00e4fses tauchten, so wurde gleichfalls, jedoch nicht sehr regelm\u00e4fsig, ein aufsteigender Strom beobachtet.\nHingegen zwischen Fufssohle oder ganzem Fufs und der Brust","page":235},{"file":"p0236.txt","language":"de","ocr_de":"236\t3. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 5 (i). Best\u00e4ndige Str\u00f6me\nfindet sich wieder ein ausnehmend starker aufsteigender Strom vor, gerade wie zwischen Hand und Brust. Er verdoppelt seine Heftigkeit, wenn man beide F\u00fcfse in beide Fufsgef\u00e4fse setzt, diese mit dem einen und das Brustgef\u00e4fs mit dem anderen Multiplicatorende verkn\u00fcpft.\nEs war nicht ohne Wichtigkeit, auch das elektromotorische Verhalten von Fufs und Hand gegeneinander zu erforschen. Es wurden also das eine Handgef\u00e4fs und das eine Fufsgef\u00e4fs so nebeneinander aufgestellt, dafs man zugleich die Hand in\u2019s Handgef\u00e4fs tauchen und den Fufs in\u2019s Fufsgef\u00e4fs setzen konnte, und dafs die beiden Gef\u00e4fse, zur Beobachtung der Ladungen und zur Abgleichung, durch einen Bausch verbunden werden konnten. Die letztere Bedingung verlangt, dafs die R\u00e4nder der beiden Gelafse in derselben wagerechten Ebene liegen. Die erstere Bedingung war bei mir erf\u00fcllt, wenn diese Ebene etwa 50\u201d\u2122 \u00fcber dem Fufsboden gew\u00e4hlt wurde.\nDas elektromotorische Verhalten von Hand und Fufs zueinander in ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung ist kein ganz unab\u00e4nderlich bestimmtes. Manchmal geschieht es, dafs man den Fufs negativ findet gegen die Hand, d. h. der Strom ist im Arm absteigend, im Bein aufsteigend. In der Mehrzahl der F\u00e4lle indefs verh\u00e4lt sich der Fufs positiv gegen die Hand, und zwar erreicht diese Wirkung nicht selten eine aufserordent-liche Heftigkeit. Beide Stromesrichtungen zeigen sich \u00fcbrigens im Verlauf einer und derselben Versuchsreihe, indem anfangs die aufsteigende Richtung im Bein obwaltet und dann pl\u00f6tzlich der absteigenden Richtung Platz macht, ohne dafs irgend ein Grund daf\u00fcr ersichtlich w\u00fcrde. Den umgekehrten Fall, dafs n\u00e4mlich der absteigende Strom im Bein in den aufsteigenden umschl\u00fcge, habe ich nicht gesehen. Es kann Vorkommen, dafs, w\u00e4hrend eine Hand mit einem Fufs zusammen die eine Stromesrichtung zeigt, sie mit dem anderen Fufs zusammen im anderen Sinne wirksam ist; und dasselbe kann der Fall sein f\u00fcr einen und denselben Fufs bei seiner Verbindung mit beiden H\u00e4nden. Beide H\u00e4nde gegen beide F\u00fcfse verhielten sich in dem Fall, als ich den Versuch anstellte, negativ, und der Strom war von solcher Heftigkeit, dafs die Astasie des Nadelpaares gef\u00e4hrdet erschien.\nDie Richtung des Stromes bleibt dieselbe, gleichviel ob man die ganze Hand eintaucht, oder ob man nur die L\u00f6sung im Handgef\u00e4fs mit der Handsohle oder dem Handr\u00fccken ber\u00fchrt. Der Handr\u00fccken giebt aber freilich den schw\u00e4cheren Strom, wenigstens wenn der Strom im Bein absteigend ist. Ob dies auch dann der Fall ist, wenn der Strom im Bein ansteigt, habe ich noch nicht mit Bestimmtheit ermittelt. Der Strom erscheint auch, wenn man nur mit den Fingern einen Bausch ergreift, der durch das eine Zuleitungsgef\u00e4fs mit dem einen Multiplicator-","page":236},{"file":"p0237.txt","language":"de","ocr_de":"der menschlichen Haut in Kochsalzl\u00f6sung.\n237\nende zusammenh\u00e4ngt, w\u00e4hrend der Fufs in das mit dem anderen Mul-tiplicatorende verbundene Fufsgef\u00e4fs eingetaucht ist. Daher die oben gegebene Vorschrift in Bezug auf die Handhabung des Bausches bei der Erforschung des elektromotorischen Verhaltens von Sohle und Fufsr\u00fccken.\nEndlich sei noch gesagt, dafs sich die Hand negativ verh\u00e4lt gegen das Knie, welches sich, wenn auch mit einiger Unbequemlichkeit, in stark gebeugtem Zustande in das eine Fufsgef\u00e4fs tauchen l\u00e4fst. So verh\u00e4lt sich auch der Fufs negativ gegen den Elbogen. Knie und Fufs sind nicht zusammen in dieser Weise gepr\u00fcft worden.\nBei den Versuchen an Fufs und Hand giebt sich deutlich ein Ein-flufs auf die St\u00e4rke des ersten Ausschlages zu erkennen von Seiten der Reihenfolge des Eintauchens (Vergl. oben S. 22i). Herrscht z. B. der im Bein absteigende Strom zwischen Hand und Fufs, so ist der erste Ausschlag heftiger, wenn die Hand zuletzt, als wenn der Fufs zuletzt eingetaucht wird. Das umgekehrte ist der Fall, wenn der Strom im Bein aufsteigt. Bei den \u00fcbrigen Anordnungen habe ich den Einflufs der Reihenfolge des Eintauchens noch nicht sorgf\u00e4ltig genug erforscht, um mit Sicherheit dar\u00fcber urtheilen zu k\u00f6nnen.\n(n) Er\u00f6rterung der vorigen Versuche.\nDiese Ergebnisse scheinen mit der Ansicht, von der wir oben S. 223 ausgegangen sind, beim ersten Anblick im besten Einklang zu stehen: dafs es uns n\u00e4mlich gelungen sei, in dem aufsteigenden Strom des Unterarmes wirklich den Muskelstrom am Menschen selber nachzuweisen. Wir haben nunmehr \u00e4hnliche Str\u00f6me auch am Oberarm, dem ganzen Arm, dem Unterschenkel und dem ganzen Bein entdeckt; Str\u00f6me von best\u00e4ndiger, meist aufsteigender Richtung, best\u00e4ndiger Kraft, und auch an und f\u00fcr sich von angemessener St\u00e4rke, wie man sie wohl von den betr\u00e4chtlichen Muskelmassen des menschlichen K\u00f6rpers im Vergleich zu denen des Frosches erwarten kann.\nEin Umstand zwar, der einigen Anstofs erregen k\u00f6nnte, ist der der schwankenden Richtung des Stromes zwischen Hand und Fufs. Dieser Strom w\u00fcrde der Unterschied sein des aufsteigenden Stromes im Arme und desjenigen im Beine. Indessen haben wir am Frosch in Erfahrung gebracht, dafs die parelektronomische Schicht an den Muskeln eines und desselben Thieres sich nicht nur zu verschiedenen Zeiten, sondern auch zu einer und derselben Zeit auf sehr verschiedenen Stufen der Ausbildung befinden kann. Von der verschiedenen Ausbildung der parelektronomischen Schicht also an den Muskeln des Armes und des Beines kann man die Ueberlegenheit des Stromes bald der ersteren, bald der letzteren Gliedmafse f\u00fcglich ableiten.","page":237},{"file":"p0238.txt","language":"de","ocr_de":"238\n3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. IV. 5 (n). Erste Er\u00f6rterung\nDiese Erkl\u00e4rung scheint freilich auf den Fall nicht zu passen, wo sich die Richtung des Stromes zwischen Hand und Fufs im Lauf einer nicht allzulangen Versuchsreihe umkehrt, um so weniger, als diese Umkehr stets den im Bein aufsteigenden Strom betrifft, w\u00e4hrend man den im Bein absteigenden Strom seine Richtung nicht dergestalt wechseln sieht. Indessen wissen wir leider so wenig von den Bedingungen der Ausbildung und R\u00fcckbildung der parelektronomischen Schicht, dafs dies noch kein Grund sein w\u00fcrde, die Zul\u00e4ssigkeit der obigen Deutung zu bezweifeln. Von der Langsamkeit insbesondere, mit der bei kaltbl\u00fctigen Thieren, wie den Fr\u00f6schen, die parelektronomische Schicht ihren Zustand ver\u00e4ndert, auf eine gleiche Tr\u00e4gheit des Wechsels auch in warmbl\u00fctigen Thieren zu schliefsen, m\u00f6chte schwerlich gerechtfertigt sein.\nIn derselben Art l\u00e4fst sich das Verhalten des Stromes zwischen Brust und Elbogen beurtheilen.\nAllein andere Betrachtungen stellen sich ein, wonach es noch ganz zweifelhaft erscheint, ob die Str\u00f6me, die wir hier vor Augen haben, wirklich der Muskelstrom sind. Erstlich ist zu bemerken, dafs zwar die best\u00e4ndige Kraft, nicht aber Richtung und St\u00e4rke eines Stromes, ein Erkennungsmerkmal f\u00fcr den Muskelstrom abgeben k\u00f6nnen. Wer den im dritten Kapitel dieser Untersuchung mitgetheilten Er\u00f6rterungen gefolgt ist, sieht ohne weiteres ein, wie durchaus keine Nothwendigkeit da ist, dafs der Muskelstrom an den Gliedmafsen des menschlichen K\u00f6rpers dieselbe Richtung habe, wie an den Froschgliedmafsen. Nicht einmal, dafs \u00fcberhaupt ein Strom vorhanden sei, ist nothwendig, und zwar ganz abgesehen von dem Zustande der parelektronomischen Schicht, der Nebenschliefsung durch die Lederhaut und dem Widerstande der Oberhaut (Vergl. oben S. 187). In jeder Richtung an jeder einzelnen Abtheilung einer Gliedmafse, und, unterhalb einer gewissen Grenze, in jeder denkbaren St\u00e4rke, mit Inbegriff der Null, kann der Strom vorhanden sein. Es will also gar nichts sagen, wenn man an den Gliedmafsen einen Strom vorfindet in best\u00e4ndiger, und zwar aufsteigender Richtung, und von einer St\u00e4rke unter jener Grenze. Dieser Strom kann freilich der Muskelstrom sein, aber der Beweis daf\u00fcr mufs noch gef\u00fchrt werden. So lange dieser Beweis nicht gef\u00fchrt ist, kann jener Strom mit ganz demselben Rechte f\u00fcr einen Strom der Art genommen werden, wie sie sich am nicht enth\u00e4uteten Frosch bei Anwendung von Wasser als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit gleichfalls in best\u00e4ndiger Richtung und Gr\u00f6fse zeigen, und doch sicherlich nichts sind, als blofse Hautstr\u00f6me, da man sie auch noch an der abgetrennten Haut beobachten kann.\nUm zu ermitteln, ob wir es hier nur mit einem solchen Hautstrom,","page":238},{"file":"p0239.txt","language":"de","ocr_de":"der best\u00e4ndigen Str\u00f6me der menschlichen Haut.\t239\noder wirklich mit dem Muskelstrom zu thun haben, stehen uns zwei Wege offen.\nDer eine besteht darin, zu untersuchen, wie sich jene Str\u00f6me bei der Zusammenziehung verhalten. Sind sie einerlei mit dem Muskelstrom, so m\u00fcssen 'sie bei der Zusammenziehung eine negative Schwankung von angemessener Gr\u00f6fse erleiden. Sollte also diese Schwankung sehr klein Sein, oder ganz vermifst werden, oder gar im entgegengesetzten, d. h. im positiven Sinne auftreten, so k\u00f6nnen die Str\u00f6me im Wesentlichen der Muskelstrom nicht sein., Im ersten und im letzten Falle w\u00fcrde nur zu schliefsen sein, dafs diese Str\u00f6me einen Antheil in sich bergen, der von den Muskeln ausgeht und ihnen beziehlich entweder gleich oder entgegengesetzt gerichtet ist.\nDer zweite Weg besteht darin, dafs wir jene Str\u00f6me bei Anwendung verschiedener Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten untersuchen. Bleiben alsdann diese Str\u00f6me stets sich selber gleich, bis auf Unterschiede, die f\u00fcglich durch den ungleichen Widerstand der verschiedenen Kreise zu erkl\u00e4ren sind, so k\u00f6nnen diese Str\u00f6me der Muskelstrom sein. Sie brauchen es darum noch nicht nothwendig zu sein, da uns z. B. die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me an der Haut des Frosches ein Beispiel von Hautstr\u00f6men gegeben haben, die in jeder Art von Zuleitungsfl\u00fcssigkeit einerlei Richtung behalten. Ver\u00e4ndern aber jene Str\u00f6me in Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten ihre Richtung, oder auch ihre St\u00e4rke auf eine Art, die sich nicht blos aus einer Widerstandsver\u00e4nderung ableiten l\u00e4fst, so ist es klar, dafs sie nicht der Muskelstrom sein k\u00f6nnen.\nDen erstangegebenen Weg zur Entscheidung werden wir sp\u00e4ter betreten. Die Versuche, die er erfordert, sind, wie man sieht, einerlei mit denen, zu welchen wir ohnehin gedr\u00e4ngt werden durch den Wunsch, die negative Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung am lebenden menschlichen K\u00f6rper sichtbar zu machen. Hingegen auf den zweiten Weg wollen wir uns sogleich begeben. Wir erforschen also jetzt die im Vorigen beschriebenen Str\u00f6me bei Anwendung verschiedener Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, wobei dieselben Bemerkungen gelten, die bereits oben S. 222 gemacht worden sind.\n(m) Versuche mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit.\nMit Ausnahme einiger unwesentlichen Punkte, n\u00e4mlich der Versuche mit Ableitung des Stromes von der Haut durch B\u00e4usche, der Versuche mit Kleb\u00e4ther, der mit Brustgef\u00e4fs und Elbogen, mit Hand und Knie, endlich mit Fufs und Elbogen, habe ich die ganze vorige","page":239},{"file":"p0240.txt","language":"de","ocr_de":"240\t3. Ahsclin. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (m). Best\u00e4ndige Hautstr\u00f6me\nVersuchsreihe mit der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure von 1.061 Dichte statt mit Kochsalzl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit durchgemacht.\nGleich im Anfang stiefs ich auf eine wesentliche Abweichung der Erscheinungen von denen, wie sie sich in der Kochsalzl\u00f6sung darstellen. Es verhielt sich n\u00e4mlich in der S\u00e4ure die Handsohle nicht negativ, sondern im Gegentheil positiv gegen den Handr\u00fccken. Damit ist also der Strom von der Handsohle zum Handr\u00fccken entschieden als ein blofser Hautstrom bezeichnet. Auch hatten wir ihn kaum f\u00fcr etwas anderes genommen, da nicht einzusehen ist, woher ein so starker Muskelstrom durch die Dicke der Hand r\u00fchren sollte (S. oben S. 233). Da sich uns aber sonst bisher gar kein Grund dargeboten hat, diesen Strom als seiner Natur nach verschieden anzusehen von den \u00fcbrigen Str\u00f6men, welche hier in Rede stehen, so erwartete ich jetzt mit Bestimmtheit, auch diese in der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure ihre Richtung umkehren zu sehen.\nAllein dies war nicht der Fall. Zwar erhielt ich zu Anfang mancher Versuchsreihen zwischen Elbogen einerseits und Handsohle oder ganzer Hand andererseits, statt eines aufsteigenden Stromes, einen absteigenden Strom im Unterarm. Aber bald schlug der Strom in den aufsteigenden um, und so verhielten sich auch Hand und Fufs aufs heftigste negativ gegen das Brustgefafs. Zwischen Hand und Fufs war der Strom im Bein absteigend.\nEs hat demnach jetzt den Anschein, als wenn es uns gelungen w\u00e4re, mit H\u00fclfe der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit zwei verschiedene Arten von Wirkungen von einander zu trennen, von denen die eine entschieden nur der Haut angeh\u00f6rt, die andere hingegen noch als mit dem Muskelstrom einerlei angesehen werden kann. Die erste w\u00fcrde nicht allein zwischen Handsohle und Handr\u00fccken stattfinden, sondern sich auch noch zwischen Handsohle und Elbogen zu dem hier aus anderen Gr\u00fcnden bereits vorhandenen aufsteigenden Strom algebraisch summiren, in Kochsalzl\u00f6sung hinzuf\u00fcgen, in verd\u00fcnnter S\u00e4ure abziehen. In dieser w\u00fcrde sie zuerst den aufsteigenden Strom \u00fcberwiegen, in einem sp\u00e4teren Zeitraum des Versuches ihm unterliegen.\n(iv) Versuche mit Brunnenwasser als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit.\nS\u00e4mmtliche Versuche, die ich mit der verd\u00fcnnten S\u00e4ure als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit angestellt habe, wurden auch mit Brunnenwasser als solcher wiederholt. Hier verhielt sich der Handr\u00fccken wieder positiv gegen die Handsohle; Handr\u00fccken, Handsohle und ganze Hand negativ gegen das Brustgefafs, alles wie in der Kochsalzl\u00f6sung. Die St\u00e4rke der Str\u00f6me war geringer als in der Kochsalzl\u00f6sung und der","page":240},{"file":"p0241.txt","language":"de","ocr_de":"in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure ; \u2014 (iv) in Brunnenivasser. 241\nS\u00e4ure, wie nat\u00fcrlich, wegen der geringeren Leitungsf\u00e4higkeit. Als ich aber nun Hand und Fufs miteinander pr\u00fcfte, stiefs ich auf eine merkw\u00fcrdige Abweichung. Es zeigte sich n\u00e4mlich, dafs die im Bein aufsteigende Richtung des Stromes zwischen Hand und Fufs, die in der Salzl\u00f6sung nur ausnahmsweise beobachtet wurde, und auch dann meist sehr bald der absteigenden Richtung wich, hier vielmehr die Regel ist. Um diesen, wie man leicht begreift, nicht unwichtigen Unterschied in der Erscheinungsweise der Str\u00f6me in beiden Fl\u00fcssigkeiten ganz sicher zu stellen, verfuhr ich folgendermafsen.\nDas eine Handgef\u00e4fs und Fufsgef\u00e4fs wurde mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung, das andere Handgef\u00e4fs und Fufsgef\u00e4fs mit Brunnenwasser gef\u00fcllt, beide Gefa'fspaare in der oben S. 236 beschriebenen Art nebeneinander aufgestellt. In jedes Gef\u00e4fs hing mit H\u00fclfe eines MAGNus\u2019schen Halters, in der oben S. 219. 220 angegebenen Weise, ein Paar Zuleitungsplatten, gleich denen meiner Zuleitungsgef\u00e4fse herab. Die Platten in dem Brunnenwasser standen mit den Gef\u00e4fsen a und \u00df, die in der L\u00f6sung mit den Gef\u00e4fsen A und B, die Multiplicatorenden endlich mit den Gef\u00e4fsen a und b des PoHL\u2019schen Stromwenders in Verbindung, dessen Kreuz ausgenommen war (S. oben Bd. I. S. 426. Bd. II. Taf. III. Fig. 108). Durch blofses Umlegen der Wippe konnte ich also abwechselnd die Gef\u00e4fse mit Wasser und die mit Salzl\u00f6sung mit dem Multiplicator verkn\u00fcpfen. W\u00e4hrend dies f\u00fcr die einen Gef\u00e4fse der Fall war, wurden die anderen Gef\u00e4fse durch einen Kupferb\u00fcgel zum Kreise geschlossen, den ich am Stromwender beziehlich zwischen a und \u00df, und A und B anbrachte.\nSo konnte ich mit der gr\u00f6fsten Bequemlichkeit die Richtung des Stromes zwischen Hand und Fufs bald in der L\u00f6sung, bald im Wasser untersuchen. Ich fand in dicht aufeinanderfolgenden Versuchen in der L\u00f6sung stets die im Bein absteigende, im Wasser stets die im Bein aufsteigende Str\u00f6mungsrichtung vor.\nDies ist, wie ich nicht erst zu bemerken brauche, ein Unterschied, der sich nicht durch Ungleichheit des Widerstandes erkl\u00e4ren l\u00e4fst. Eben so wenig ist es denkbar, dafs die parelektronomische Schicht an den Muskeln der Arme und Beine sich im Lauf derselben Versuchsreihe mehrmals so ver\u00e4ndere, dafs jedesmal, wenn mit Salzl\u00f6sung versucht wird, der Muskelstrom des Armes, wenn mit Brunnenwasser, der des Beines die Oberhand erlangen sollte. Die oben S. 237. 238 ergriffene Ausflucht ist also hier nicht mehr m\u00f6glich. Mit dem Muskelstrom k\u00f6nnen wir es in dem Strome zwischen Hand und Fufs der Hauptsache nach f\u00fcglich nicht zu thun haben. Ein Theil der Wirkung mag immerhin auf Rechnung des Muskelstromes kommen. Aber er ist ira Versuch nicht auszuscheiden. Im Wesentlichen ist jener Strom ein Hautstrom, die ihm zu Grunde\nII. 2.\t16","page":241},{"file":"p0242.txt","language":"de","ocr_de":"242\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (v). Best\u00e4ndige Hautstrome\nliegende elektromotorische Kraft ist bedingt durch die Benetzung der Haut mit den Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten.\n(v) Versuche mit Kalihydratl\u00f6sung. \u2022\nIn der Kalihydratl\u00f6sung (S. oben S. 224) habe ich nur folgende Hautstcllen miteinander gepr\u00fcft: Handsohle mit Handr\u00fccken, Hand mit Elbogen, Hand oder Fufs mit Brust. Die Zuleitung geschah in der oben S. 225 angegebenen Art, d. h. die Platinenden des Multiplicators tauchten nicht unmittelbar in die Gef\u00e4fse mit Kalilauge, sondern in die gew\u00f6hnlichen, mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllten Zuleitungsgef\u00e4fse, und diese standen durch heberf\u00f6rmige R\u00f6hren in Verbindung mit den, die Kalilauge enthaltenden, zum Eintauchen bestimmten Gef\u00e4fsen.\nUeber das Verhalten von Handsohle und Handr\u00fccken bin ich nicht ganz klar geworden. Manchmal zeigte sich ein Strom in der Richtung wie in Kochsalzl\u00f6sung und Brunnenwasser, d. h. die Handsohle war negativ gegen den Handr\u00fccken. Andere Male hatte der Strom dieselbe Richtung, gleichviel, welche Hand die Lauge mit der Sohle, und welche mit dem R\u00fccken ber\u00fchrte.\nZwischen Hand und Elbogen habe ich mit hinreichender Sicherheit folgendes beobachtet. Die Haud verhielt sich zu Anfang stark negativ gegen den Elbogen. In einigen F\u00e4llen zeigte auch der Strom eine ziemliche Best\u00e4ndigkeit, so dafs die Erscheinung fast ganz so war wie in Kochsalzl\u00f6sung und Brunnenwasser. Allein in anderen F\u00e4llen nahm diese elektromotorische Kraft bald sehr ab, so dafs die Nadel sich dem Nullpunkt nahe einstellte, und nur sehr schwache Ladungen hinterblieben. Endlich in noch anderen F\u00e4llen geschah dies Sinken der Kraft sogar so schnell, dafs der erste Ausschlag auf dem Fufse gefolgt ward von einem Ausschlag im Sinne der Ladungen, der die Nadel an die entgegengesetzte Hemmung f\u00fchrte. Darauf kam die Nadel auf Null zur\u00fcck, Ladungen fehlten entweder ganz, oder sie hatten bei grofser Schw\u00e4che die entgegengesetzte Richtung von der geb\u00fchrenden, d. h. sie waren dem ersten Ausschlag gleich gerichtet.\nDadurch ist offenbar nun auch der Strom zwischen Hand und Elbogen, dessen Erscheinungsweise in der Kochsalzl\u00f6sung uns zuerst glauben machte, wir h\u00e4tten den Muskelstrom am lebenden unversehrten K\u00f6rper nachgewiesen, auf einen blofsen Hautstrom zur\u00fcckgef\u00fchrt. Ich versuchte daher schliefslich auch noch den Strom von Hand oder Fufs zur Brust mit Kalilauge als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit zu beobachten, in der Erwartung, dafs auch dieser irgend eine Aenderung seiner Erscheinungsweise erleiden w\u00fcrde, wodurch er als Hautstrom bezeichnet w\u00fcrde. Indessen gelang dies nicht. Der Strom von Hand oder Fufs zur Brust","page":242},{"file":"p0243.txt","language":"de","ocr_de":"in Kalilauge. \u2014 (vi) Er\u00f6rterung der Hautstr\u00f6me.\n243\nerschien in derselben Richtung, wie in den anderen drei Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, und ohschon ich die Versuche so lange fortsetzte, dafs ich an der zarten Haut der Brust zahlreiche kleine Brandschorfe davontrug, wollte der Strom doch nicht in auffallender Weise an Gr\u00f6fse verlieren, geschweige Null werden oder sich umkehren, wie der Strom zwischen Hand und Elbogen.\n(vi) Fortgesetzte Er\u00f6rterung der in Rede stehenden Versuche.\nDie Str\u00f6me von Hand oder Fufs zur Brust haben in allen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, in denen sie untersucht worden sind, dieselbe Richtung gezeigt, ohne dabei andere Unterschiede ihrer St\u00e4rke wahrnehmen zu lassen, als solche, die auf entsprechende Unterschiede des Widerstandes gedeutet werden k\u00f6nnen. Sie haben somit die eine der beiden Proben bestanden, durch die es uns oben S. 239 thuulich schien, dar\u00fcber zu entscheiden, ob die best\u00e4ndigen Str\u00f6me an den Gliedmafsen des lebenden menschlichen K\u00f6rpers aus den Muskeln stammen oder nicht. Nicht entfernterweise ist aber dadurch bereits bewiesen, dafs diese Str\u00f6me wirklich der Muskelstrom seien. Jene erste Probe ist, wie auch daselbst sogleich bemerkt wurde, nur der Art, dafs zwar ein Strom sie bestehen mufs, um f\u00fcr den Muskelstrom gelten zu k\u00f6nnen, dafs aber darum noch nicht jeder Strom, der sie besteht, auch nothwendig der Muskelstrom ist. Vielmehr steht die Sache folgendermafsen.\nZun\u00e4chst ist klar, dafs, gleichviel ob zwischen Hand oder Fufs und Brust der Muskelstrom wahrnehmbar sei oder nicht, zwischen den genannten Hautstellen auch Hautstr\u00f6me herrschen m\u00fcssen. Nach den Erfahrungen, die uns jetzt vorliegen, ist es undenkbar, dafs die Haut an der Hand und dem Fufs sich sollte gleichartig verhalten mit der Haut an der Brust. Auf alle F\u00e4lle k\u00f6nnte die letztere Hautstelle sich nur gleichartig verhalten entweder mit der Hand, oder mit dem Fufs, weil n\u00e4mlich Hand und Fufs untereinander ungleichartig sind. Im ersten Falle also m\u00fcfste doch immer zwischen Fufs und Brust, im zweiten zwischen Hand und Brust, ein Strom herrschen in derselben Richtung, wie zwischen Fufs und Hand. Viel annehmbarer aber scheint es, sich zu denken, dafs Fufs und Hand sich beide, nur mit verschiedener St\u00e4rke, negativ verhalten gegen die Brust, wie sie dies ja auch gegen Elbogen und Knie thun. Die elektromotorische Kraft, die dem Strom zwischen Hand und Fufs zu Grunde liegt, w\u00fcrde dann gleich sein dem Unterschiede der elektromotorischen Kr\u00e4fte, welche den Str\u00f6men von der Hand zur Brust und vom Fufs zur Brust zu Grunde liegen. Dafs der Strom zwischen Hand und Fufs uns dennoch eben so stark, ja manchmal st\u00e4rker erschienen ist, als der von Fufs oder Hand zur Brust, erkl\u00e4rt sich\n16\u00b0","page":243},{"file":"p0244.txt","language":"de","ocr_de":"244 3. \u00c4bschn. Kap. VIII, \u00a7\u25a0 IV. 5 (vi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\naus dem gr\u00f6fseren Widerstande, den die benetzte Hautstelle an der Brust, im Vergleich zur Haut des Fufses oder der Hand, dem Strome darbietet (S. oben S. 197), Und dafs, z. B. bei negativem Verhalten des Fufses gegen die Hand, uns der Strom vom Fufs zur Brust nicht, wie es der Fall sein m\u00fcfste, schw\u00e4cher erschienen ist als der von der Hand zur Brust, r\u00fchrt daher, dafs die Natur der Versuche hier \u00fcberhaupt gar keine Vergleichung von Stromst\u00e4rken zul\u00e4fst, wenn es sich nicht um ganz ungeheure Unterschiede handelt.\nMan kann folglich, ohne den Thatsachen irgend welchen Zwang anzuthun, die Str\u00f6me zwischen Hand oder Fufs und Brust zur\u00fcckf\u00fchren auf blofse Hautstr\u00f6me. Diese Deutung ist um so wahrscheinlicher, als andere Str\u00f6me von ganz \u00e4hnlicher Erscheinungsweise, die wir auch anfangs geneigt waren f\u00fcr den Muskelstrom zu halten, wie der Strom zwischen Hand und Elbogen, sich zuletzt in Hautstr\u00f6me aufgel\u00f6st haben. Ferner ist noch zu erw\u00e4gen, wie keinesweges mit aller Sicherheit zu behaupten ist, dafs nicht unter Umst\u00e4nden auch der Strom von Hand oder Fufs zur Brust in Kalilauge verschwinde. Beobachtet ist es freilich nicht. Aber auch der Strom zwischen Hand und Elbogen hielt manchmal der l\u00e4ngsten Benetzung mit der Lauge Stich, und bei der grofsen Unannehmlichkeit der Versuche mit dieser Fl\u00fcssigkeit, namentlich bei Anwendung des Brustgef\u00e4fses, habe ich die Versuchsreihen doch vielleicht nicht hinl\u00e4nglich vervielf\u00e4ltigt, um auf diese Erscheinungsweise zu stofsen, die sich mir bei zahlreicheren Versuchen m\u00f6glicherweise zuletzt noch dargeboten h\u00e4tte. So gelangt man also auf diesem Wege zu der Vorstellung, dafs eigentlich jeder Grund mangelt, die Str\u00f6me von Hand und Fufs zur Brust nicht auch f\u00fcr blofse Hautstr\u00f6me anzusehen, in denen h\u00f6chstens, wie in den anderen Hautstr\u00f6men auch, ein gr\u00f6ferer oder geringerer Bruchtheil verborgen sein mag, der aus den Muskeln entspringt.\nAuf der anderen Seite k\u00f6nnte man der Meinung, die fraglichen Str\u00f6me seien der Muskelstrom, dadurch zu H\u00fclfe zu kommen suchen, dafs man die Bedeutung der Versuchsreihe in verschiedenen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten \u00fcberhaupt in Frage stellte. Man k\u00f6nnte n\u00e4mlich muth-mafsen, dafs die verschiedene Erscheinungsweise der Str\u00f6me in den verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten nicht davon herr\u00fchre, dafs die elektromotorische Kraft dieser Str\u00f6me selbst eine Aenderung erleide. Sondern w\u00e4hrend diese Str\u00f6me, die in der That nichts anderes seien, als der Muskelstrom, an und f\u00fcr sich best\u00e4ndig blieben, entwickelten sich an der Grenze der Haut und der Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten elektromotorische Kr\u00e4fte, welche denen jener Str\u00f6me das Gleichgewicht hielten oder gar sie \u00fcberw\u00f6gen, und dadurch die Erscheinungsweise der Str\u00f6me von der Natur der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit abh\u00e4ngig erscheinen liefsen.","page":244},{"file":"p0245.txt","language":"de","ocr_de":"und der Unglciclneitigheitsstr\u00f6me der menschlichen Haut. 245\nDiese Vermuthung ist zwar aus der Luft gegriffen; um so schwieriger ist es, sie zu widerlegen. Mit H\u00fclfe der bisherigen Thatsachen gelingt dies nicht. Indessen wird eine sp\u00e4tere Folge hier sichere Entscheidung bringen. Aus den Versuchen, um die negative Schwankung des Muskelstromes bei der Zusamraenziehung am lebenden unversehrten Menschen nachzuweisen, wird sich ergeben, dafs von allen hier beschriebenen Str\u00f6men kein einziger die zweite Probe besteht, durch welche er sich als Muskelstrom zu beurkunden h\u00e4tte (Vergl. oben S. 239). Kein einziger von allen diesen Str\u00f6men unterliegt n\u00e4mlich bei der Zusammenziehung einer verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsigen negativen Schwankung, wie es der Fall sein m\u00fcfste, sollte er der Muskelstrom sein. Alle diese Str\u00f6me, auch die von Hand und Fufs zur Brust, sind also im Wesentlichen wirklich nur Hautstr\u00f6me, und die Beobachtung des ruhenden Muskelstromes an den Gliedraafsen des lebenden menschlichen K\u00f6rpers ist nicht verstauet.\nNachdem wir auf diese Art, durch Vorwegnahme eines erst sp\u00e4ter zu erweisenden H\u00fclfssatzes, zur Entscheidung gelangt sind hinsichtlich der Natur der hier in Rede stehenden Str\u00f6me, die wir fortan, mit Bezug auf ihre Erscheinungsweise in der Kochsalzl\u00f6sung, und im Gegensatz zu den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men, die best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6rae nennen werden, wollen wir nunmehr zusehen, wie weit es uns gelingen mag, uns auf Grund der vorliegenden Erfahrungen eine Vorstellung zu bilden \u00fcber den Zusammenhang der elektromotorischen Erscheinungen, zu denen die Haut in Ber\u00fchrung mit den Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten An-lafs giebt.\nZuerst ist die Vermuthung zu beseitigen, auf die Einer oder der Andere gerathen k\u00f6nnte, dafs die best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me auf Temperaturunterschieden der Haut der verschiedenen K\u00f6rpertheile beruhen.\nAus der Richtung der Str\u00f6me l\u00e4fst sich kein Grund weder f\u00fcr noch wider diese Vermuthung entnehmen. Dazu kennen wir nicht genau genug die Temperatur, bei der die elektromotorische Kraft der Thermo-str\u00f6me ihr Zeichen wechselt (Vergl. oben S. 211). Allein erstens sind gar keine solche Temperaturunterschiede der K\u00f6rperoberfl\u00e4che bekannt, ausgenommen wo eine \u00d6rtliche Abk\u00fchlung durch die Luft und die Verdunstung sie bedingt. Davon kann hier nicht die Rede sein, wo die Hautstellen in Fl\u00fcssigkeitsmassen von gleicher Temperatur dauernd versenkt werden. Auch sind die best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me viel zu stark, um diese Deutung zuzulassen. Innerhalb der Gegend der Thermometer-theilung, wo unsere Versuche sich bewegt haben, entspricht einem Temperaturunterschiede der Hautstellen um mehrere Grade noch keine merkliche elektromotorische Kraft. Und h\u00f6chstens um Zehntel-Grade k\u00f6nnte","page":245},{"file":"p0246.txt","language":"de","ocr_de":"246 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (vi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\nes sich doch hier handeln, wo wir Str\u00f6me beobachtet haben, die die Nadel dauernd auf 70 \u201480\u201c Ablenkung hielten. Man k\u00f6nnte einwenden, dafs daf\u00fcr auch der Widerstand in unseren jetzigen Kreisen ein viel kleinerer gewesen sei, als bei den Versuchen \u00fcber die Thermostr\u00f6me. Im Allgemeinen ist dies richtig. Allein die best\u00e4ndigen Str\u00f6me behaupten ihre Ueberlegenheit \u00fcber die Thermostr\u00f6me doch auch in F\u00e4llen, wo der Unterschied des Widerstandes kaum noch in Betracht kommen kann. Solche F\u00e4lle sind der, wo man den Strom von Handsohle und Handr\u00fccken, Fufssohle und Fufsr\u00fccken durch B\u00e4usche ableitet, ferner den Strom des Unterarmes von Elbogen und Finger.\nZu diesen theoretischen Gr\u00fcnden habe ich nicht unterlassen wollen, noch den thats\u00e4chlichen Beweis hinzuzufi\u00fcgen. Ich habe n\u00e4mlich den Strom zwischen Handsohle und Handr\u00fccken, zwischen Hand und Elbogen, zwischen Hand oder Fufs und Brust in Kochsalzl\u00f6sung auch in der Art beobachtet, dafs ich abwechselnd der L\u00f6sung in dem einen Gef\u00e4fs die Temperaturen von 15\u201c und 30\u00b0 ertheilte, w\u00e4hrend die L\u00f6sung in dem anderen Gef\u00e4fse bezichlich die von 30\u00b0 und 15\" erhielt. Ich konnte aber keinen Unterschied der Erscheinungsweise der best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me unter diesen Umst\u00e4nden auffassen, wodurch sie sich ausgezeichnet h\u00e4tte vor der bei gleicher und mittlerer Temperatur der L\u00f6sung in beiden Gef\u00e4fsen, es sei denn eine etwas gr\u00f6fsere St\u00e4rke aller Wirkungen. Diese gr\u00f6fsere St\u00e4rke r\u00fchrte unstreitig davon her, dafs der Widerstand der Haut in der warmen L\u00f6sung vermindert war (Vergl. oben S. 212 ff.).\nEs ist somit klar, dafs von einem thermoelektrischen Urspr\u00fcnge der zuletzt beschriebenen Str\u00f6me ebensowenig die Rede sein kann, als von einem solchen der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me (S. oben S. 228). Es mufs folglich nach einer anderen Deutung ' der Erscheinungen gesucht werden. Und das vortheilhafteste wird sein, wenn diese Deutung sich nicht auf die letztbeschriebenen, in der Kochsalzl\u00f6sung, dem Brunnenwasser, der verd\u00fcnnten S\u00e4ure verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig best\u00e4ndigen Str\u00f6me beschr\u00e4nkt, sondern zugleich die eben erinnerten Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me umfafst. Denn dafs die letzteren Str\u00f6me mit den ersteren in irgend einem wesentlichen Zusammenhang stehen, daf\u00fcr scheint zu zeugen die wechselseitige Abh\u00e4ngigkeit der Richtung beider von einander, die wir in zwei F\u00e4llen beobachtet haben; einmal in denVersuchen mit der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure, wo sowohl die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me als der Strom zwischen Handsohle und Handr\u00fccken die umgekehrte Richtung zeigten von der in der Salzl\u00f6sung und dem Brunnenwasser (S. oben S. 224. 240); das zweitemal in den Versuchen an den Leichenh\u00e4nden, an deren einer die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me und der Strom zwischen Hand-","page":246},{"file":"p0247.txt","language":"de","ocr_de":"und der Ungleichzeitiglceitsslr\u00f6me der menschlichen Haut. 247\nsohle und Handr\u00fccken sich beide verhielten wie am Lebenden, an der anderen beide umgekehrt (S. oben S. 226. 232).\nEs h\u00e4lt nicht schwer, eine allgemeine Vorstellungsweise zu ersinnen, welche von den best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6men und den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men als Wirkungen Einer Ursache Rechenschaft giebt. Man hat sich nur zu denken, dafs die Hautoberfl\u00e4che, in Ber\u00fchrung mit den Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, der Sitz einer elektromotorischen Wirkung ist, welche an verschiedenen Hautstellen verschiedene Gr\u00f6fse hat, so sind die best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me erkl\u00e4rt, physikalisch ganz ebenso, wie sie oben S. 14 an der Haut des Frosches von uns erkl\u00e4rt wurden. Um aber zugleich einen Grund f\u00fcr die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me zu haben, mufs man noch die Annahme hinzuf\u00fcgen, dafs jene elektromotorische Wirkung auch der Zeit nach keine ganz best\u00e4ndige ist, sondern vom Augenblick der Benetzung an bis zu einer gewissen Grenze der Zeit ihre Gr\u00f6fse ver\u00e4ndert.\nDafs sich auf diese Weise die Erscheinungen darstellen lassen, unterliegt keiner Frage. Man nehme z. B. an, in der Kochsalzl\u00f6sung oder dem Brunnenwasser, um zun\u00e4chst bei diesen Fl\u00fcssigkeiten stehen zu bleiben, sei die elektromotorische Kraft von Aufsen nach Innen gerichtet, oder die Haut verhalte sich darin negativ, die Kraft sei aber an der Handsohle gr\u00f6fser als am Handr\u00fccken, hier gr\u00f6fser als am Fufs (bei im Bein absteigendem Strom zwischen Hand und Fufs), am Fufs gr\u00f6fser als am Elbogen, dem Knie und der Brust, so sind die best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me erkl\u00e4rt, wie sie beobachtet sind. Man denke sich noch, dafs die Kraft mit der Dauer der Benetzung bis zu einer gewissen Grenze abnimmt, so folgen auch die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me, gleichfalls wie sie beobachtet sind. Oder man nehme im Gegcntheil an, die Kraft habe die Richtung von Innen nach Aufsen, d. h. die Haut verhalte sich in der Kochsalzl\u00f6sung positiv. Alsdann braucht man nur in der obigen Reihe von Hautstellen jeder erstgenannten die kleinere, jeder folgenden die gr\u00f6fsere Kraft zuzuschreiben, die Kraft aber mit der Dauer der Benetzung, statt abzunehmen, in Gedanken vielmehr bis zu einer gewissen Grenze zunehmen zu lassen, um die Erscheinungen gleichfalls genau dargestellt zu haben.\nWer im Gebiete des Galvanismus bewandert ist, wird hier leicht v\u00f6llig den n\u00e4mlichen Kreis von Beziehungen wiedererkennen, auf den Fechner bei der Erforschung des elektromotorischen Verhaltens der Metalle und der Fl\u00fcssigkeiten gef\u00fchrt worden ist. Eine innere Verwandtschaft der Erscheinungen ist allerdings noch nicht zu behaupten. Die elektromotorische Kraft, die sich in der Ber\u00fchrung der Metalle und der Fl\u00fcssigkeiten entfaltet, r\u00fchrt, nach Fechner, wenn nicht ausschliefs-","page":247},{"file":"p0248.txt","language":"de","ocr_de":"248 '?\u25a0 -dbschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 5 (yi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\nlieh, doch in den meisten F\u00e4llen zum gr\u00f6fsten Theil davon her, dafs die Metalle durch die Fl\u00fcssigkeiten eine Oberfl\u00e4chenver\u00e4nderung erleiden, verm\u00f6ge deren sie gleichsam in ein zusammengel\u00f6lhetes Plattenpaar ungleichartiger Metalle verwandelt werden. Wir haben noch keinen Grund, die elektromotorische Wirkung in der Ber\u00fchrung der Haut mit den Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten auf Rechnung eines \u00e4hnlichen Vorganges zu bringen. Die Aehnlichkeit der Erscheinungen ist daher zun\u00e4chst nur eine rein formelle. Aber so ist sie eine vollkommene, wie folgende Darlegung zeigen mag.\nDie Grenze von Metallen und Fl\u00fcssigkeiten, gleichviel ob diese eines chemischen Angriffes auf jene f\u00e4hig sind, oder nicht, wird der Sitz einer elektromotorischen Kraft, deren Richtung im Allgemeinen von der Natur der Fl\u00fcssigkeit, nicht aber des Metalles, abh\u00e4ngt. Diese Kraft ist es, auf der die Wirksamkeit der Ketten aus Einem Metall und mehreren Fl\u00fcssigkeiten wesentlich beruht, wovon die BECQUEREL\u2019sche S\u00e4ure-Alkali-Kette ein Beispiel abgiebt, in der die Ber\u00fchrung zwischen der Salpeters\u00e4ure und dem Kali nur einen sehr geringen Theil der Gesammtwirkung liefert. Jene elektromotorische Kraft an der Grenze der Metalle und Fl\u00fcssigkeiten ist nicht unabh\u00e4ngig von der Zeit. Sondern in manchen F\u00e4llen w\u00e4chst sie vom Augenblick der Benetzung an bis zu einer gewissen Grenze. In anderen nimmt sie umgekehrt von diesem Augenblick bis zu einer gewissen Grenze ab. Dadurch entstehen beim folgweisen Eintauchen zweier scheinbar gleichartigen Metallst\u00fccke die bekannten Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me der Metalle (S. oben Bd. I. S. 210). Die Richtung dieser Str\u00f6me wird nicht allein bestimmt durch die Richtung der elektromotorischen Wirkung an der Grenze von Metall und Fl\u00fcssigkeit, sondern zugleich durch den Verlauf dieser Wirkung in der Zeit vom Augenblick der Benetzung an. Sie kann daher dieselbe sein f\u00fcr dasselbe Metall in zwei Fl\u00fcssigkeiten, in Ber\u00fchrung mit denen das Metall in verschiedener Richtung elektromotorisch wirkt, wofern nur die Kraft in der einen Fl\u00fcssigkeit eine abnehmende, in der anderen eine zunehmende ist. Z. B. in Salpeters\u00e4ure und Kalihydratl\u00f6sung verh\u00e4lt sich sp\u00e4terbenetztes Platin in gleicher Weise positiv zu fr\u00fcher eingetauchtem. Doch ist die Kraft aus der S\u00e4ure in\u2019s Platin, aus dem Platin in die Lauge gerichtet. Allein in der S\u00e4ure ist die Kraft anf\u00e4nglich noch im Wachsen, in der Lauge ist sie im Sinken begriffen.1\n1 Vergl. Fechner in seinem Lehrbuch des Galvanismus und der Elektrochemie. Leipzig 1829. S. 93;* \u2014 in Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1837. Bd. XLII. S. 499 ; * \u2014 1838. \u00dfd. XLIII. S. 438;\u2019 \u2014 Bd. XLV. S. 245;\u2019 \u2014 1839. Bd. XLVI. S. 1;* \u2014 Bd. XLV1II. S. 1. 225.* \u2014 S. auch noch H. Schr\u00f6der ebendas. 1841. Bd. LIV. S. 57.* .","page":248},{"file":"p0249.txt","language":"de","ocr_de":"und der UngleicIrteUiglceitsstr\u00f6me der menschlichen Haut. 249\nDie Frage, zu deren Beantwortung wir uns jetzt zun\u00e4chst getrieben f\u00fchlen, ist nat\u00fcrlich die nach der Richtung, in der denn nun die Haut in den Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, z. B. der Kochsalzl\u00f6sung, als der gangbarsten unter denselben, wirklich elektromotorisch th\u00e4tig ist; oder mit anderen Worten, welche von den beiden oben S. 247 hier als m\u00f6glich erkannten Vorstellungsweisen die richtige sei. Bei den Metallen hat das Bestimmen der Richtung, in der sie mit einer gegebenen Fl\u00fcssigkeit elektromotorisch wirken, keine andere Schwierigkeit, als die \u00fcberall mit der Handhabung eines empfindlichen condensirenden Elektroskops verkn\u00fcpft ist. An die Anwendung dieses Verfahrens ist hier begreiflich nicht zu denken. Wenn es uns nicht gelingt, aus Versuchen mit geschlossener Kette am Multiplicator die Richtung der Kraft zu entnehmen, mufs auf diese Bestimmung verzichtet werden. Es l\u00e4fst sich aber ganz allgemein zeigen, dafs die L\u00f6sung der Aufgabe nur m\u00f6glich ist unter Voraussetzungen, die schwerlich genehmigt werden k\u00f6nnen.\nEs heifsen k, kx die Kr\u00e4fte zweier Hautstellen A und B, und der dazu symmetrisch gelegenen, Al, Bl, im ersten Augenblicke der Benetzung. Der Strom gehe im K\u00f6rper von A zu B, und diese Richtung, wo also der Strom bei A aus der Fl\u00fcssigkeit in die Haut, bei B aus der Haut in die Fl\u00fcssigkeit tritt, wollen wir als die positive ansehen. n, Wj seien die Co\u00ebfficienten, welche die Ver\u00e4nderung der Kr\u00e4fte k, kt\nnach einer Dauer der Benetzung t ausdr\u00fccken. Mit Wx, JV3, ..............\nsei der jedesmalige Widerstand des Kreises, endlich mit ce, \u00df, y,... die jedesmalige Stromst\u00e4rke bezeichnet. Es soll das Zeichen und die Gr\u00f6fse von k, kx gefunden werden; aufser k und kx sind aber noch n, nt unbekannt.\nUnsere bisherige Beobachtungen lassen sich alsdann durch folgende drei Gleichungen ausdr\u00fccken. Erstens die Gleichung der best\u00e4ndigen\nHautstr\u00f6me\tTVlce \u2014\t....... (\u2022)\u2022\nZweitens die Gleichungen der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me, deren vier sind, die sich zu zweien nur durch das Vorzeichen ihrer rechten und linken Seite von einander unterscheiden. Beim ungleichzeitigen Eintauchen von A, Ax erh\u00e4lt man, wenn man A zuletzt eintaucht,\nWt\u00df \u2014 k(i\u2014n)............ (n),\nwenn man At zuletzt eintaucht,\n-Wt\u00df = \u2014A(1\u2014n).\nBeim ungleichzeitigen Eintauchen von B, Bx erh\u00e4lt man, wenn man B zuletzt eintaucht, \u2014 W3y \u2014 \u2014 kx{{\u2014nx), wenn man Bx zuletzt eintaucht,\nWzY \u2014 kx (1\u2014nx)......... (ni).\nDabei hat man sich zu denken, dafs A und B stets mit demselben","page":249},{"file":"p0250.txt","language":"de","ocr_de":"250 3. Abschn. Kap. Vlll. \u00a7. IV. 5 (vi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\nMultiplicatorende verkn\u00fcpft bleiben, so dafs, wenn A, Alt B, B1 zum Kreise geschlossen werden, At die Stelle von B, \u00df, die von A einnimmt. Unter jenen vier Gleichungen der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me geben wir nat\u00fcrlich den Vorzug den mit u und in bezeichnten, deren linke Seite mit der der Gleichung i einerlei Vorzeichen hat.\nMit den Gleichungen i, n, in l\u00e4fst sich, wie man sieht, nichts anfangen, da sie zu dreien vier Unbekannte enthalten. Eine der Gleichungen der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me mit der der best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me zusammen enth\u00e4lt drei Unbekannte auf zwei Gleichungen, und die Aufgabe erscheint somit unbestimmt. Dies ist beil\u00e4ufig der sch\u00e4rfere Ausdruck von dem, was oben S. 247 gesagt wurde, dafs sich n\u00e4mlich \u00fcber die Richtung der Kraft an der Grenze von Haut und Fl\u00fcssigkeit, \u00fcber die Rangordnung der Hautstellen nach der Gr\u00f6fse der Kraft, und \u00fcber den zeitlichen Verlauf der Kraft w\u00e4hrend der Dauer der Benetzung zwei entgegengesetzte Muthmafsungen mit gleichem Recht aufstellen lassen.\nEs h\u00e4lt nun zwar nicht schwer, neue Gleichungen zwischen denselben Unbekannten aufzustellen. Taucht man die Hautstelle A die Zeit t nach der B ein, dann diese dieselbe Zeit nach jener, etwa wie wir dies oben S. 237 mit Hand und Fufs gethan haben, so erh\u00e4lt man\nWt \u00f4 \u2014 n Je-\u2014&J}.........(iv)\nWi e \u2014 Je \u2014 nlkl.........(v)\nTaucht man ferner beide Hautstellen die Zeit t \u00fcber in zwei nicht in leitender Verbindung stehende Fl\u00fcssigkeitsmassen ein und beobachtet erst dann die Stromst\u00e4rke, so hat man auch noch\nW6'\u00c7 = n Je\u2014n1 kx........(vi)\nund somit sogar sechs Gleichungen mit nur vier Unbekannten, so dafs die M\u00f6glichkeit der Elimination gesichert erscheint.\nAllein man sieht leicht, dafs durch die drei letzten Gleichungen keine neue Beziehungen zwischen den Unbekannten aufgedeckt werden. Gleichung iv erh\u00e4lt man, indem man n von i abzieht. Gleichung v, indem man in zu i hinzuf\u00fcgt. Endlich Gleichung vi entspricht der algebraischen Summe i + in \u2014 n. Die Elimination gelingt also nicht, und es giebt meines Wissens keinen Versuch, der geeignet w\u00e4re, eine wahrhaft neue vierte Gleichung zwischen den vier Unbekannten zu den drei ersten hinzuzugesellen. Die Aufgabe bleibt also unbestimmt selbst in dem Fall, den wir hier stillschweigend vorausgesetzt haben, dafs die Widerst\u00e4nde und Stromst\u00e4rken genau beobachtet w\u00e4ren.\nAnders stellen sich die Aussichten, wenn man sich die Annahme erlaubt, dafs n \u2014 nt sei, oder mit anderen Worten, dafs die Kraft an beiden Hautstellen sich proportional ver\u00e4ndere. Alsdann reichen die drei ersten Gleichungen zur Bestimmung der Unbekannten k, , n aus","page":250},{"file":"p0251.txt","language":"de","ocr_de":"und der Ungleichteiligkeilsstr\u00f6me der menschlichen Haut 251\nund auch die \u00fcbrigen Gleichungen bieten Mittel zur Elimination dar, die zwar vom analytischen Gesichtspunkt aus \u00fcberfl\u00fcssig erscheinen, hier jedoch wohl Beachtung verdienen, insofern sich darunter solche finden k\u00f6nnen, die mehr als andere geeignet sind, eine Anwendung im Versuch zuzulassen.\nIn der That ist zu bedenken, dafs bei unserer mangelhaften Kennt-nifs der Stromst\u00e4rken und Widerst\u00e4nde von einer wirklichen Ausf\u00fchrung der Rechnung nicht die Rede sein kann. Von den Stromst\u00e4rken wissen wir nichts, als ob sie in dem einen Falle gr\u00f6fser, im anderen kleiner sind. Von den Widerst\u00e4nden k\u00f6nnen wir eben auch nur ihre relative Gr\u00f6fse aus Nebenumst\u00e4nden entnommen angeben. Es versteht sich danach, dafs, selbst unter der Voraussetzung n = die L\u00f6sung der Aufgabe unm\u00f6glich sein w\u00fcrde, wenn es sich f\u00fcr uns darum handelte, die Unbekannten wirklich numerisch zu bestimmen. So weit hinaus wollen wir indefs nicht. Alles, wonach wir streben, ist nur, das Zeichen der Kr\u00e4fte zu ermitteln. Dazu reicht es aber aus, entweder das Zeichen des Unterschiedes 1 \u2014 n kennen zu lernen, oder in Erfahrung zu bringen, welche von den beiden Kr\u00e4ften k und \u00c6, die gr\u00f6fsere sei. Mit H\u00fclfe der Gleichungen der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me im ersten Falle, der der best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me im zweiten, l\u00e4fst sich alsdann leicht das Zeichen von k, kl bestimmen. Dies erscheint nun, unter der Voraussetzung n = w,, trotz der ausnehmend geringen Genauigkeit unserer Beobachtungen, allerdings ausf\u00fchrbar.\nWir wollen zun\u00e4chst den Unterschied der Widerst\u00e4nde ganz aus dem Spiele lassen. Es wird zweckm\u00e4fsiger sein, ihn erst sp\u00e4ter, bei der Anwendung der allgemeinen Ergebnisse auf besondere F\u00e4lle, in Rechnung zu ziehen. Nehmen wir zun\u00e4chst die Gleichungen i, n und in. Aus der Ungleichheit\nW, \u00df W3y oder \u00c6(1\u2014n)'^kl{ 1\u2014n) folgt\tk^. k3.\nMit anderen Worten, die Beobachtung der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me erst mit den Hautstellen A, Al, dann mit den B, Bi, bietet ein leichtes Mittel dar, \u00fcber die relative Gr\u00f6fse der Kraft an beiden Stellen zu entscheiden. Die Kraft ist gr\u00f6fser an dem Stellenpaar, welches die st\u00e4rkeren Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me liefert. Gleichung i liefert dann das gesuchte Zeichen der Kr\u00e4fte. Nehmen wir zweitens die Gleichungen i und vi, und entweder n oder m dazu. Aus der Ungleichheit Wlu ^ W6\u00c7 oder k \u2014 kt ^ n(k\u2014kt) folgt\t1 n.\nWird also die Gr\u00f6fse des best\u00e4ndigen Hautstromes zwischen A, Ax und B, \u00df, zuerst im Augenblick der Benetzung, sodann nachdem A, At, B, \u00df,","page":251},{"file":"p0252.txt","language":"de","ocr_de":"252 & Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (vi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\ndie Zeit if \u00fcber eingetaucht waren, beobachtet, so erf\u00e4hrt man aus der relativen Gr\u00f6fse beider Ausschl\u00e4ge, ob die Kr\u00e4fte wachsen oder abneh-men, wonach sich das Zeichen der Kr\u00e4fte aus den Gleichungen der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me ergiebt.\nAndere im Versuch anwendbare Combinationen der sechs Gleichungen weifs ich nicht ausfindig zu machen. Es kann einen Augenblick scheinen, als k\u00f6nne man auch aus Gleichung iv und v das Zeichen des Unterschiedes 1 \u2014 n ziehen. Denn die Ungleichheit\nWtd oder k\u2014nkl ^Znk\u2014\u00a3,...,(vii) giebt\tk + kx\t+ oder 1 n.\nSetzt man aber k, kl negativ, so folgt\n\u2014 1 .Vi \u2014 n, oder n ^ 1.\nDas Ergebnifs ist also nicht eindeutig, sondern, wie auch die durch Subtraction der Gleichungen xv und v entstandene Gleichung Wie-Wid = (t-n){k + kl),\nzeigt es nur eine nothwendige Beziehung an zwischen dem unbekannten Zeichen der Kr\u00e4fte und dem gleichfalls unbekannten des Unterschiedes 1 \u2014 n. Der oben S. 237 mit Hand und Fufs angestellte Versuch, in welchem sich die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me mit dem best\u00e4ndigen Hautstrome verbinden, und dessen Ergebnifs, wenn A die Hand, B den Fufs bedeutet, das obere Zeichen in der Ungleichheit vu entsprechen w\u00fcrde, ist folglich nicht geeignet, hier irgend einen Aufschlufs zu geben. Sehen wir zu, wie weit es gelingen mag, die Bedingungen im Versuch zu verwirklichen, die den beiden erstangegebenen Verfahrungsarten zu Grunde liegen.\nDie Versuche, welche das erste Verfahren erfordert, haben wir bereits angestellt. Denn zwischen allen Hautstellen, die uns, bei ihrer Verbindung unter sich, die best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me geliefert haben, Brust, Knie und Fufsr\u00fccken ausgenommen, sind auch die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me von uns untersucht worden. Leider eignen sich die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me zu einem Vergleich ihrer St\u00e4rke sehr wenig. Sie zeigen in dieser Beziehung so viele Unregelm\u00e4fsigkeiten, dafs auf kleinere Unterschiede, die sich etwa zwischen ihrer St\u00e4rke an den H\u00e4nden, den F\u00fcfsen, den Elbogen kundgeben, so viel wie nichts zu geben ist, vollends wenn man noch den Einflufs des verschiedenen Widerstandes in den verschiedenen Kreisen erw\u00e4gt. Es w\u00fcrde also, um die obige Schlufsfolge anzuwenden, nur \u00fcbrigbleiben der Vergleich der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me zwischen den beiden Handsohlen einerseits, und den beiden Handr\u00fccken und Unterarmen andererseits. Die vollkommene Unregelm\u00e4fsigkeit der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me an den letzteren Stellen kann man auf eine so geringe ihnen zu Grunde liegende elektrische Triebkraft deuten, dafs","page":252},{"file":"p0253.txt","language":"de","ocr_de":"und der Ungleichzeiligkeitsstrome der menschlichen Haut. 253\nmannigfaltige andere elektromotorische Ungleichartigkeiten sie g\u00e4nzlich zu verdecken verm\u00f6gen. Danach w\u00fcrde also der Handsohle die gr\u00f6fsere, dem Fufsr\u00fccken und Unterarm die kleinere elektromotorische Kraft zukommen. Die Kraft w\u00fcrde folglich aus der Fl\u00fcssigkeit in die Haut gerichtet sein.\nMan erkennt aber bald, dafs wir hier einen ganz unsicheren Weg gegangen sind. In der That, w\u00e4re jener Schlufs richtig, so m\u00fcfste folgerecht auch jede Hautstelle, welche sich gegen den Handr\u00fccken positiv verh\u00e4lt (S. oben S. 204 Anm.), die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me vermissen lassen. Positiv gegen den Handr\u00fccken verhalten sich, abgesehen von der Brust, an der- die Unpleichzeitigkeitsstr\u00f6me nicht untersucht sind, die Eibogen und unter Umst\u00e4nden die F\u00fcfse (S. oben S. 236). Elbogen und F\u00fcfse lassen aber, die ersteren wenigstens in Kochsalzl\u00f6sung, die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me aufs entschiedenste wahrnehmen. Es mufs also ein Fehler in unserer Schlufsfolge sein. Schwerlich ist er allein darin zu suchen, dafs, wie wir nicht in Betracht gezogen haben, der Widerstand der Haut am Handr\u00fccken vermuthlich gr\u00f6fser ist als an der Handsohle, die von zahlreicheren Schweifscan\u00e4lchen durchbohrt ist. Vielmehr liegt der Fehler wohl zum bei weitem gr\u00f6fseren Theil darin, dafs wir willk\u00fcrlich n = nl gesetzt haben. Die Handr\u00fccken lassen, aller Wahrscheinlichkeit nach, die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me deshalb vermissen, weil die Kraft an denselben sich nicht so in der Zeit ver\u00e4ndert, wie an der Hand- und Fufssohle.\nDie erste der beiden Methoden, die wir zur Bestimmung der Richtung der Kraft gefunden hatten, ist somit fehlgeschlagen und zwar wegen der Mangelhaftigkeit ihrer Grundlage, die sie mit der anderen Methode gemein hat, so dafs auch die Zul\u00e4ssigkeit dieser bereits in Frage gestellt erscheint. Wir wollen indefs nicht unterlassen, auch noch die Versuche auszuf\u00fchren, welche die zweite Methode verlangt. Es handelt sich darum, zu bestimmen, ob die Kraft des best\u00e4ndigen Stromes zwischen zwei gegebenen Stellen gr\u00f6fser sei im ersten Augenblicke der Benetzung, oder nach Ablauf einer gewissen Zeit. Hier ist vorauszusehen, dafs die Ver\u00e4nderung des Widerstandes eine bedeutende Verwickelung des Versuches herbeif\u00fchren mufs. Es ist klar, dafs, wegen der voll-kommneren Durchfeuchtung der Haut, bei l\u00e4ngerer Dauer der Benetzung der Widerstand kleiner sein wird, als wenn die Hautstellen nur erst eben eingetaucht sind. Es scheint also, als ob nur in dem Fall, wo wir den Strom im ersten Augenblick st\u00e4rker finden sollten, als nach l\u00e4ngerer Benetzung, ein Schlufs auf eine Ver\u00e4nderung der Kraft, und zwar alsdann auf eine Abnahme derselben vom Augenblick der Benetzung an, gestattet sein w\u00fcrde. Im anderen Falle w\u00fcrde die Ver-","page":253},{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"254 3. Abschi. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (vi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\n\u00e4nderung der Stromst\u00e4rke durch Ver\u00e4nderung der Kraft nicht zu unterscheiden sein von der durch Ver\u00e4nderung des Widerstandes. Auf die Gefahr hin, uns dergestalt vergeblich bem\u00fcht zu haben, mufs der Versuch angestellt werden.\nDie Hautstellen, deren ich mich dazu bediente, waren Hand und Fufs, Hand und Elbogen, Handsohle und Handr\u00fccken. Zwischen Hand und Fufs war der Strom sogleich absteigend im Bein (S. oben S. 236). Neben den Gef\u00e4fsen a, b, in welche das Eintauchen geschah, dem Hand-und Fufsgef\u00e4fs im ersten, den beiden Handgef\u00e4fsen in den beiden letzten F\u00e4llen, wurden die Fingergef\u00e4fse, bt, aufgestellt. Sie enthielten die Zuleitungsplatten des Multiplicators, und waren durch einen Bausch zum Kreise geschlossen. Eines derselben, stand aufserdem durch einen Bausch in Verbindung mit a. a und b waren also urspr\u00fcnglich nicht zum Kreise geschlossen. Sie wurden es erst, und gleichzeitig wurde die Verbindung zwischen den Fingergef\u00e4fsen abgebrochen, nachdem die betreffenden Hautstellen darin eingetaucht waren. Dies geschah entweder sogleich nach dem Eintauchen, wenn n\u00e4mlich die St\u00e4rke des Stromes im ersten Augenblick beobachtet werden sollte, oder nach Verlauf von zwei Minuten, wenn es sich um die Beobachtung der Stromst\u00e4rke nach einiger Dauer der Benetzung handelte. Der Wechsel der Verbindungen geschah, indem ein Geh\u00fclfe den Schliefsungsbausch, der bis dahin die beiden Fingergef\u00e4fse zum Kreise geschlossen hatte, zwischen bt und b anbrachte. Der Multiplicator war der f\u00fcr den Muskelstrom, und einige Male mufste sogar mit der halben L\u00e4nge desselben gearbeitet werden, damit die Ausschl\u00e4ge nicht in allzuhohe Breiten der Theilung reichten. Zwischen je zwei Versuchen wurden die Hautstellen mit Wasser abgesp\u00fchlt und getrocknet.\nDer Erfolg war anfangs, wie zu erwarten war, eine betr\u00e4chtliche Ueberlegenheit des Stromes nach l\u00e4ngerer Benetzung \u00fcber den Strom nach nur augenblicklicher Dauer derselben. Indem aber die beiden Versuche abwechselnd mehreremal wiederholt wurden, zeigte sich eine merkw\u00fcrdige Erscheinung. Der Ausschlag bei l\u00e4ngerer Benetzung nahm n\u00e4mlich von Versuch zu Versuch, jedoch immer langsamer, an Gr\u00f6fse ab. Der Ausschlag bei k\u00fcrzerer Benetzung dagegen nahm schnell an Gr\u00f6fse zu, bis er eine Gr\u00f6fse erlangt hatte, die der des Stromes bei l\u00e4ngerer Benetzung zur selben Zeit entweder nahe kam, oder sie erreichte, oder gar sie \u00fcbertraf. Das Letztere ist jedoch nur einmal, in einem Versuch mit Hand und Elbogen, beobachtet worden. Von hier ab fing die St\u00e4rke des Stromes bei kurzer Benetzung gleichfalls zu sinken an. Der Gang beider Stromst\u00e4rken war fortan sehr \u00fcbereinstimmend. In dem Fall, wo das Maximum des Stromes bei kurzer Benetzung","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"und der Vngleichzeitigheitsstr\u00f6me der menschlichen Haut. 255\nden Strom bei l\u00e4ngerer Benetzung \u00fcbertroffen hatte, blieb auch der erste Strom fortw\u00e4hrend \u00fcber dem letzteren, so lange als die Beobachtung fortgesetzt wurde.\nAus diesen Versuchen ergiebt sich auf alle F\u00e4lle mit Gewifsheit, dafs die elektromotorische Kraft der best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me mit wachsender Dauer der Benetzung abnimmt.\nVon hier aus lassen sich die einzelnen Erscheinungen folgender-mafsen auslegen. Es ist klar, dafs der Widerstand des Kreises, verm\u00f6ge der Durchfeuchtung der Oberhaut mit der Kochsalzl\u00f6sung, nur bis zu einer gewissen Grenze abnehmen kann, und man wird leicht zugeben, dafs er um so langsamer abnimmt, je mehr er sich bereits dieser Grenze gen\u00e4hert hat. Dies vorausgesetzt, stelle ich mir vor, dafs in den Versuchen mit l\u00e4ngerer Benetzung diese Grenze von Anfang an nahe erreicht wird. Die elektromotorische Kraft nimmt im Lauf eines jeden Versuches um eine gewisse Gr\u00f6fse ab, und erholt sich dazwischen gar nicht oder nur unvollkommen. Man sieht daher, da der Widerstand derselbe bleibt, die Stromst\u00e4rke von Versuch zu Versuch gleichfalls abnehmen. In den einzelnen Versuchen mit kurzer Benetzung hingegen bleibt der Widerstand von jener unteren Grenze anfangs weit entfernt. Daher zuerst die Ueberlegenheit der Stromst\u00e4rke in den Versuchen mit l\u00e4ngerer Benetzung, obschon die elektromotorische Kraft darin kleiner ist. Allein im Lauf der Versuche wird die Durchfeuchtung der Haut best\u00e4ndig. Auf den Gang der Stromst\u00e4rke in den Versuchen mit l\u00e4ngerer Benetzung \u00fcbt dies keinen Einflufs aus, weil hier von Anfang an in jedem einzelnen Versuch der Widerstand nahe so klein wurde, als er werden kann. Dagegen w\u00e4chst die Stromst\u00e4rke in den Versuchen mit kurzer Benetzung, weil der Widerstand von Versuch zu Versuch schneller abnimmt, als die elektromotorische Kraft. Dies dauert jedoch nur so lange, bis, verm\u00f6ge der immer gr\u00f6fseren best\u00e4ndigen Durchfeuchtung der Haut, der Widerstand von der Dauer der Benetzung in jedem einzelnen Versuch beinahe unabh\u00e4ngig geworden ist. Ist er es ganz und gar, oder sinkt er wenigstens in jedem Versuch nur noch langsamer als die elektromotorische Kraft, so kann der Fall eintreten, den ich einmal beobachtet habe, dafs die Stromst\u00e4rke bei kurzer Dauer der Benetzung die bei langer \u00fcbertrifft. F\u00fcr die allgemeine Richtigkeit dieser Vorstellungsweise spricht \u00fcbrigens der Umstand, dafs es gelingt, die ungef\u00e4hre Gleichheit und das gleichm\u00e4fsige Sinken der Ausschl\u00e4ge bei kurzer und langer Benetzung statt durch oft wiederholtes Eintauchen auch dadurch sogleich herbeizuf\u00fchren, dafs man zuerst die beiden Hautstellen eine l\u00e4ngere Zeit hindurch, zehn Minuten bis zu einer Viertelstunde, in die L\u00f6sung getaucht h\u00e4lt. Alsdann ist n\u00e4mlich","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"256 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (vi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\nauch in den Versuchen mit kurzer Benetzung der Widerstand seiner unteren Grenze nahe gebracht.\nDie elektromotorische Kraft des Stromes zwischen Hand und Fufs, Hand und Elbogen, Handsohle und Handr\u00fccken nimmt also in Kochsalzl\u00f6sung mit wachsender Dauer der Benetzung ab. Eine andere Frage ist es aber, ob daraus zu schliefsen sei, dafs eine jede der beiden Kr\u00e4fte, als deren Unterschied jene Kraft aufzufassen ist, auch abnimmt. Mit anderen Worten, wir finden uns zur\u00fcckgeworfen auf die Frage nach der Zul\u00e4ssigkeit der Voraussetzung n = n, in unserer obigen Zergliederung. Ist n \u2014 n, zu setzen, oder ver\u00e4ndern sich beide Kr\u00e4fte im gleichen Sinne proportional, so ist auch durch die letzten Versuche entschieden, dafs sie beide abnehmen, woraus denn weiter folgen w\u00fcrde, dafs die Kraft aus der Fl\u00fcssigkeit in die Haut gerichtet ist, und dafs sie gr\u00f6fser an der Handsohle als am Handr\u00fccken, hier gr\u00f6fser als am Fufs ist u. s. w. (Vergl. oben S. 247). Allein wir k\u00f6nnen uns nicht verhehlen, dafs jene Voraussetzung hier so wenig gerechtfertigt ist, als vorhin in den Versuchen \u00fcber die vergleichweise St\u00e4rke der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me.\nWas die Versuche mit Handsohle und Handr\u00fccken betrifft, so haben wir bereits oben gesehen, dafs aller Wahrscheinlichkeit nach die Kraft an dem Handr\u00fccken weniger sich mit der Dauer der Benetzung ver\u00e4ndert als an der Handsohle, indem dies die einzige Art ist, die Abwesenheit der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me an dem Handr\u00fccken in Einklang zu bringen mit ihrer Stellung in der Spannungsreihe der verschiedenen Hautstellen. Denkt man sich nun die Kraft aus der Haut in die Fl\u00fcssigkeit gerichtet, und gr\u00f6fser am Handr\u00fccken als an der Handsohle, allein langsamer mit der Dauer der Benetzung wachsend, so erkl\u00e4rt sich die Abnahme der Kraft zwischen beiden Hautstellen ebensogut als bei der Annahme der entgegengesetzten Richtung der Kraft, ihres Ueberwiegens an der Handsohle, und einer geringeren Abnahme der Kraft am Handr\u00fccken. Wir haben eben eine Unbekannte zu viel im Problem ; es l\u00e4fst sich aus der Ungleichheit\nk \u2014 kL >\u25a0 nk\u2014 nlkl oder k{i\u2014n) > \u00c6,(l\u2014n,) kein Schlufs auf die relative Gr\u00f6fse von k, \u00c6, oder von 1, n, nt ziehen.\nEin so gr\u00f6fser Unterschied, wie zwischen Handsohle und Handr\u00fccken, wird zwischen Hand und Fufs nun zwar nicht obwalten hinsichtlich des zeitlichen Verlaufes der Kr\u00e4fte beider bei wachsender Dauer der Benetzung. Beide lassen die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me in gleicher Weise wahrnehmen. Nichtsdestoweniger giebt es doch f\u00fcr Hand und Fufs einen noch strengeren Beweis, dafs n nicht \u2014 als f\u00fcr Handsohle und Handr\u00fccken. Er liegt in der oben S. 236 beschriebenen","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"und der Ungleichzeiligheitsstr\u00f6me der menschlichen Haut. 257\nUmkehr die Richtung des Stromes zwischen Hand und Fufs, die h\u00e4ufig in der Kochsalzl\u00f6sung beobachtet wird. Der Strom erscheint h\u00e4ufig zuerst ansteigend im Bein, nimmt an Gr\u00f6fse ab, und schl\u00e4gt dann mit einem Male rasch in den absteigenden Strom um. Dieser Zeichenwechsel der Resultante ist durchaus nicht anders zu erkl\u00e4ren, als durch eine ungleich schnelle Ver\u00e4nderung beider Componenten in der Zeit. Es mufs entweder eine aus der Haut in die Fl\u00fcssigkeit gerichtete Kraft erst an der Hand gr\u00f6fser sein als am Fufs, aber am Fufs schneller wachsen als an der Hand, so dafs hier die Kraft durch die am Fufs \u00fcberholt wird; oder es mufs eine umgekehrt gerichtete Kraft erst am Fufs gr\u00f6fser sein, aber auch schneller abnehmen, als an der Hand. In beiden F\u00e4llen m\u00fcfste der zuletzt sich kundgebende absteigende Strom im Bein im Wachsen bleiben bis zu einer gewissen Grenze. Unser letzter Versuch an Hand und Fufs zeigt uns, dafs es sich anders verh\u00e4lt. Der absteigende Strom nimmt zuletzt wieder an St\u00e4rke ab. Dies zwingt zu neuen Voraussetzungen. Nimmt man an, dafs die Kraft aus der Haut in die Fl\u00fcssigkeit gerichtet ist, und mithin, dafs \u00bb, \u00bb, > 1, so mufs man sich denken, dafs, w\u00e4hrend anfangs die Ver\u00e4nderung der Kraft schneller am Fufs vor sich ging als an der Hand, in einem sp\u00e4teren Zeitraum das Entgegengesetzte stattfindet. Ertheilt man aber der Kraft die umgekehrte Richtung und den Unterschieden 1 \u2014\u00bb, 1 \u2014\u00bb, das umgekehrte Zeichen, so kann man sich entweder noch dasselbe denken, oder man kann sich auch vorstellen, dafs in dem sp\u00e4teren Zeitraum w = \u00bb, wird.\nDie Versuchsreihe an Elbogen und Hand unterliegt der n\u00e4mlichen Zweideutigkeit. Unter der durch das Verhalten der Elbogen beim ungleichzeitigen Eintauchen in Brunnenwasser gerechtfertigten Annahme, dafs die Kraft am Elbogen sich durch dauernde Benetzung weniger ver\u00e4ndert als die an der Hand, kann man aus dem Ergebnifs dieser Versuchsreihe abermals machen was man will.\nWie man sieht, mufs somit die erste und wichtigste Frage, auf die man bei der Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me und der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me der menschlichen Haut gef\u00fchrt wird, unbeantwortet bleiben. Ich wenigstens sehe dazu keinen Weg. Ich habe aber nicht unterlassen wollen, die Lage der Dinge, wie sie hier stattfindet, vollst\u00e4ndig auseinanderzusetzen, theils um mich selber zu rechtfertigen, dafs ich jene Antwort-schuldig bleibe, theils um solchen, die diese Untersuchung selbstth\u00e4tig aufnehmen m\u00f6chten, wenigstens so viel Vorschub geleistet zu haben, als in meinen Kr\u00e4ften stand.\nBisher haben wir nur die Versuche mit der Kochsalzl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit im Auge gehabt. Die Versuche mit Brunnenwasser schliefsen sich ihnen, bis auf die Erscheinungsweise der Ungleichzeitig-U.\t17","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (vi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\nkeitsstr\u00f6me der Elbogen und des best\u00e4ndigen Stromes zwischen Hand und Fufs, im Allgemeinen sehr treu an. Zwar scheinen, in dieser Fl\u00fcssigkeit, die best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me mit der Dauer der Benetzung schneller an St\u00e4rke abzunehmen, als in der Kochsalzl\u00f6sung. Als ich n\u00e4mlich den oben S. 254 beschriebenen Versuch mit Hand und Elbogen in Brunnenwasser wiederholte, hatte der Strom nach nur augenblicklicher Benetzung sofort ein entschiedenes Uebergewicht \u00fcber den Strom nach l\u00e4ngerer Benetzung. Jener warf die Nadel an die Hemmung, dieser gab oft nur sehr schwache Ausschl\u00e4ge. Dies scheint zu zeigen, dafs die oben S. 224 erw\u00e4hnte gr\u00f6fsere St\u00e4rke der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me im Brunnenwasser wirklich auf gr\u00f6fserer elektromotorischer Kraft beruht. Obschon dem-gem\u00e4fs zwischen der Erscheinungsweise der best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me in der Kochsalzl\u00f6sung und der im Brunnenwasser einige Abweichungen obwalten, sind doch diese Abweichungen nicht der Art, dafs man nicht die f\u00fcr die L\u00f6sung gewonnenen Ergebnisse ohne Anstand sollte auf das Brunnenwasser \u00fcbertragen k\u00f6nnen. Die Versuche mit der S\u00e4ure und dem Alkali dagegen f\u00fchren zu neuen Verwickelungen.\nDafs die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me in der S\u00e4ure die verkehrte Richtung zeigen von der in der Salzl\u00f6sung, l\u00e4fst sich auf zweierlei Art erkl\u00e4ren. Man kann dies deuten auf verkehrte Richtung der elektromotorischen Kraft sowohl, als auf ein verschiedenes Gesetz der Ver\u00e4nderung der Kraft mit der Dauer der Benetzung. Sollte also z. B. in der Salzl\u00f6sung die Kraft wirklich aus der Fl\u00fcssigkeit in die Haut gerichtet sein und mit wachsender Dauer der Benetzung abnehmen, so braucht sie in der S\u00e4ure nur, bei gleichem Sinne, mit der Dauer zuzunehmen, damit die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me die verkehrte Richtung haben. Indessen derselbe Umstand, der uns am Eingang dieser Er\u00f6rterung bewog, eine enge Beziehung zwischen den best\u00e4ndigen und den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men anzunehmen, dafs n\u00e4mlich auch der Strom zwischen Handsohle und Handr\u00fccken in der S\u00e4ure seine Richtung \u00e4ndert, dieser Umstand l\u00e4fst auch die Meinung annehmbarer erscheinen, dafs vielmehr die Kraft selber, bei gleichem Verlauf in der Zeit, die umgekehrte Richtung habe.\nAn und f\u00fcr sich liegt darin nichts St\u00f6rendes. Allein unbegreiflich ist zun\u00e4chst, dafs diese Umkehr der Kraft nicht \u00fcberall in gleicher Art stattfindet. Sie ist eingeschr\u00e4nkt auf den Strom zwischen Handsohle und Handr\u00fccken, und vor\u00fcbergehend bef\u00e4llt sie auch den zwischen Hand und Elbogen. Aber bald kehrt hier die gew\u00f6hnliche Str\u00f6mungsrichtung wieder, wie sie in der Kochsalzl\u00f6sung und dem Brunnenwasser herrscht, und zwischen Hand und Fufs einerseits, andererseits der Brust, ist sie stets beobachtet worden. Dies scheint nicht anders zu verstehen, als","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"und der UngleichzeiligJceitsstr\u00f6me der menschlichen Haut. 259\nindem man, wie wir auch oben S. 240 gethan haben, zwischen Handsohle und Handr\u00fccken, Hand und Eibogen eine besondere Art von Wirkung annimmt, die sich in der S\u00e4ure umkehrt, w\u00e4hrend eine andere Art von Wirkung zwischen Hand und Elbogen und Brust u. s. w. ihre Richtung unver\u00e4ndert beibeh\u00e4lt. Die erste ist gewifs betheiligt bei der Erzeugung der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me, da auch diese ihre Richtung umkehren. Dafs auch die zweite daran Theil habe, ist zwar sehr wahrscheinlich, insofern sie, damit dies nicht der Fall sei, von der Zeit ganz unabh\u00e4ngig sein m\u00fcfste. Indessen l\u00e4fst sich kein thats\u00e4chlicher Beweis daf\u00fcr beibringen. Die Ergebnisse der Versuche mit der Kalilauge, so weit sie jetzt vorliegen, scheinen einer solchen Scheidung der best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me in zwei Klassen gleichfalls das Wort zu reden. Auch hier zeigt der Strom zwischen Handr\u00fccken und Handsohle Unregelm\u00e4fsigkeiten, der zwischen Hand und Fufs und Brust bleibt unver\u00e4ndert.\nWendet man die oben S. 18 entwickelten Schlufsfolgerungen auf die hier in Rede stehenden Str\u00f6me an, so gelangt man zu dem Ergeb-nifs, dafs die Str\u00f6me, deren Richtung von der Natur der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit abh\u00e4ngt, wohl von einer Ber\u00fchrung der Haut mit der Fl\u00fcssigkeit herr\u00fchren m\u00f6gen; sei\u2019s, dafs die Haut selber mit den Fl\u00fcssigkeiten elektromotorisch wirkt, sei\u2019s, was wenig wahrscheinlich ist, dafs sie, einem Metalle gleich, durch die Ber\u00fchrung eine oberfl\u00e4chliche Ver\u00e4nderung erleidet, die in den verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten von verschiedener Beschaffenheit ist, und verm\u00f6ge deren die Haut an und f\u00fcr sich, einem zusammengel\u00f6theten Plattenpaar vergleichbar, elektromotorisch wirkt (S. oben S. 248). In beiden F\u00e4llen ist nat\u00fcrlich noch, um das Zustandekommen des Stromes zu erkl\u00e4ren, eine vorgebildete Ungleichartigkeit der verschiedenen Hautstellen anzunehmen, in Folge welcher sie entweder bei der Ber\u00fchrung mit den Fl\u00fcssigkeiten verschieden stark elektromotorisch wirken, oder dadurch in verschiedenem Mafse elektromotorisch ver\u00e4ndert werden.\nWas aber die Str\u00f6me betrifft, die ihre Richtung in den verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten unver\u00e4ndert beibehalten, so scheint es nicht, als k\u00f6nnten sie durch die Ber\u00fchrung derselben bedingt sein. Eben so wenig ist denkbar, dafs die Haut durch die Fl\u00fcssigkeiten so ver\u00e4ndert werde, dafs sie immer in demselben Sinne elektromotorisch wirksam werde. Es bleibt, um diese Str\u00f6me zu erkl\u00e4ren, durchaus nichts \u00fcbrig, als, wie am Frosch, in der Haut des Menschen eine vorgebildete elektromotorische Kraft anzunehmen, welche an verschiedenen Stellen verschieden grofs ist, und gegen deren Unterschied an zwei Hautstellen der Unterschied derjenigen Kr\u00e4fte nicht in Betracht kommt, mit denen denn doch die Fl\u00fcssigkeit, bei der Ber\u00fchrung der Haut, ihrerseits elektromo-\n17\u00b0","page":259},{"file":"p0260.txt","language":"de","ocr_de":"260 3. Abschn, Kap. VIII. \u00a7. IV. 5 (vi). Er\u00f6rterung der best\u00e4ndigen\ntorisch zu wirken nicht umhin kann. Da aber auch hier ein der Ber\u00fchrung der Fl\u00fcssigkeiten vorbestehender Unterschied in der Beschaffenheit der Haut zu Grunde liegt, so habe ich in der Aufschrift zu dieser Nummer (S. oben S. 231) beide Klassen von best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6men, im Gegensatz zu den Thermostr\u00f6men und Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men, als Str\u00f6me bedingt durch vorgebildete Ungleichartigkeiten der menschlichen Hautoberfl\u00e4che, zusammengefafst.\nWorin jene zuletzt erw\u00e4hnte, vorgebildete elektromotorische Kraft der Haut begr\u00fcndet sei, dar\u00fcber m\u00f6chte es wohl noch zu fr\u00fch sein, eine Vermuthung auch nur mit einem Schein von Recht aufzustellen. Wir lassen diese Er\u00f6rterung damit auf sich beruhen. Ohnehin wird sogleich die n\u00e4chste Folge lehren, dafs das F\u00fcllhorn von R\u00e4thseln, welches hier \u00fcber uns ausgesch\u00fcttet wird, noch nicht ersch\u00f6pft ist. Wir werden noch zwei Klassen elektromotorischer Wirkungen der Haut kennen lernen, die gleichfalls von der Natur der Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten unabh\u00e4ngig sind, und deren Erforschung jeder weiteren theoretischen Bestrebung an dieser Stelle nothwendig voraufgehen m\u00fcfste.\nHier w\u00fcrde \u00fcbrigens der Ort sein, um den Versuch zu machen, in die Bedeutung der Erscheinung, die wir den Eigenstrom zweier Hautstellen genannt haben (S. oben S. 205), etwas tiefer einzudringen. Es liegt nahe, den Eigenstrom jetzt anzusehen als hervorgebracht durch einen, wenigstens dem Zeichen nach, best\u00e4ndigen Unterschied der elektromotorischen Kr\u00e4fte beider Hautstellen. Man sieht jedoch, dafs vor allen Dingen das Verhalten des Eigenstromes in verschiedenen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten sicherer ermittelt werden m\u00fcfste, als es bis jetzt geschehen ist (Vergl. oben S. 205). Sollte er in den verschiedenen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten zur selben Zeit verschiedene Richtung haben, so w\u00fcrde jene Ansicht dadurch wohl der Gewifsheit nahe gebracht sein, und der Eigenstrom w\u00fcrde der ersten der beiden Klassen von best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6men angeh\u00f6ren, die eben von uns unterschieden worden sind. Sollte dagegen der Eigenstrom in allen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten einerlei Richtung behalten, wie ich glaube, dafs es in Wirklichkeit der Fall ist, so w\u00fcrde es zweifelhaft bleiben, ob er zur zweiten Klasse der best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6me zu rechnen sei, oder ob er nicht vielleicht von den Muskeln ausgehe, und der Ausdruck sei der verschiedenen Ausbildung der par-elektronomischen Schicht an den betreffenden Muskelgruppen. Mehr l\u00e4fst sich vor der Hand nicht dar\u00fcber sagen.\nSchliefslich sei bemerkt, dafs es eine Art von Versuchen \u00fcber die elektromotorische Beschaffenheit der Haut giebt, mit der ich mich noch nicht befafst habe, die aber m\u00f6glicherweise hier zu manchem Aufschlufs f\u00fchren k\u00f6nnte. Sie w\u00fcrde darin bestehen, die Str\u00f6me zu untersuchen,","page":260},{"file":"p0261.txt","language":"de","ocr_de":"und der UngleichzeiligTceitsstr\u00e4me der menschlichen Haut. 261\nzu denen die Benetzung zweier Hautstellen mit ungleichartigen Fl\u00fcssigkeiten Anlafs geben mufs. Bei der Erforschung wenigstens des oben\n5.\t248 geschilderten Kreises von Erscheinungen an Metallen, der mit dem hier in Rede stehenden an der Haut so grofse formelle Aehnlich-keit hat, leistet diese Versuchsweise wichtige Dienste.\n6.\tVon der durch das Ausdehnen der Haut bewirkten elektro-\nmotorischen Ungleichartigkeit derselben.\nWas die elektromotorischen Wirkungen der unverletzten Haut betrifft, so bleibt mir nur noch \u00fcbrig, eine Erscheinung zu beschreiben, die zwar ganz vereinzelt dasteht, die aber wegen ihrer bedeutenden Gr\u00f6fse, ihrer vollkomranen Best\u00e4ndigkeit und der praktischen Wichtigkeit, die sie demn\u00e4chst f\u00fcr uns erhalten wird, wohl geeignet ist, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.\nEs ist bereits oben S. 220 auf diese Erscheinung hingewiesen worden, als verlangt wurde, dafs sich die beiden H\u00e4nde hei den Versuchen mit denselben hinsichtlich der Beugung und Streckung der Finger in einerlei Zustand befinden sollten. In diesem Falle gelingt es leicht, wie ebendaselbst gesagt worden ist, die H\u00e4nde nahe v\u00f6llig gleichartig miteinander werden zu sehen. Es bleibt zuletzt der Eigenstrom zur\u00fcck, und bei dauernder Schliefsung wird derselbe durch die Ladungen, die er auf den Platinenden entwickelt, bald v\u00f6llig verdeckt. Wird aber jetzt die eine Hand, wenn auch nur ganz leise, zur Faust geballt, so sieht man pl\u00f6tzlich einen sehr starken Strom entstehen, der die Nadel an die Hemmung des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom wirft, indem er die zur Faust geballte Hand als positiv anzeigt gegen die andere. Die Wirkung h\u00e4lt, jedoch mit abnehmender St\u00e4rke, so lange an, als die Hand zur Faust geballt bleibt. Oeffnet man die Hand, so fliegt die Nadel sofort an die entgegengesetzte Hemmung, und zeigt so die Ladungen an, die der erste Strom entwickelt hat.\nMan kann den Versuch auf mancherlei Art ab\u00e4ndern. Z. B. man taucht eine Hand im geballten, die andere iin gew\u00f6hnlichen Zustande ein; die erstere verh\u00e4lt sich positiv gegen die letztere. Oder man taucht beide H\u00e4nde im geballten Zustande ein, und wartet so das Gleichgewicht der Nadel ab. Oeffnet man jetzt die eine Faust, so entsteht ein Ausschlag, der die ge\u00f6ffnete Faust als negativ anzeigt gegen die andere. Schliefst man sie wieder, so werden Ladungen frei u. s. w. Hat man anf\u00e4nglich die H\u00e4nde nur mit geringer Kraft geballt, und ballt nun die eine Faust heftiger, so erscheint die letztere Faust positiv gegen die erstere. Man kann auch, anstatt die H\u00e4nde zur Faust zu machen, einen","page":261},{"file":"p0262.txt","language":"de","ocr_de":"262\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. G. Von den Str\u00f6men\nin die Fl\u00fcssigkeit versenkten Gegenstand, einen Stab z. B., umfassen. Die Hand, die ihn fester umschliefst und dr\u00fcckt, verh\u00e4lt sich positiv gegen die, die ihn nur locker ergreift. Endlich braucht bei diesen Versuchen gar nicht der Kreis durch beide H\u00e4nde geschlossen zu sein. Sondern auf der einen Seite kann die Ableitung auf irgend eine andere Art, durch den Elbogen, den Fufs, das Brustgef\u00e4fs, kurz wie man will, bewerkstelligt sein. Ist die Nadel in der best\u00e4ndigen Ablenkung zur Ruhe gekommen, die dem im Kreise herrschenden Strom entspricht und es wird die Hand zur Faust geballt, so entsteht sogleich ein Ausschlag, welcher anzeigt, dafs die Hand durch das Faustballen positiver geworden ist, als sie vorher war.\nDer Strom durch Ballen der einen Hand zur Faust erscheint in allen vier Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, deren wir uns in den beiden vorigen Nummern bedient haben: Kochsalzl\u00f6sung, Brunnenwasser, verd\u00fcnnte Schwefels\u00e4ure und Kalihydratl\u00f6sung. Seine Richtung ist in allen die n\u00e4mliche, und seine St\u00e4rke l\u00e4fst keinen Unterschied erkennen, den man nicht auf Rechnung des verschiedenen Widerstandes bringen k\u00f6nnte.\nBeim ersten Anblick dieser Thatsachen k\u00f6nnte man meinen, in dem Strom durch das Faustballen auf die negative Schwankung eines Theiles des Muskelstromes des Armes gestofsen zu sein. Von der Hand zur Brust kreist, wie wir gefunden haben, ein starker Strom. Hier haben wir in dem Augenblicke, wo eine Zusammenziehung der Beugemuskeln der Finger erfolgt, einen Strom im umgekehrten, im absteigenden Sinne, eine Erscheinungsweise, die scheinbar ganz \u00fcbereinkommt mit der an den Beinen des Frosches.\nDiese Deutung w\u00fcrde indefs ganz irrig sein. Trotzdem dafs der Strom durch das Faustballen in den verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten einerlei Richtung beh\u00e4lt, hat er ebensowenig etwas zu schaffen mit dem Muskelstrom, als der Strom zwischen Hand und Fufs einerseits und der Brust andererseits. Zwar wird die Folge zeigen, dafs die Zusammenziehung der Beugemuskeln des Armes einen Strom erzeugt. Aber dieser Strom ist auch bei der \u00e4ufsersten Heftigkeit der Zusammenziehung jener Muskeln aufserordentlieh viel schw\u00e4cher als der Strom beim Faustballen, der schon die Nadel an die Hemmung f\u00fchrt, wenn man auch nur ganz schwach die Faust macht. Er hat ferner die umgekehrte Richtung von der dieses Stromes, d. h. er ist aufsteigend im Arme. Er hat endlich noch ein anderes Merkmal, welches dem Strom beim Faustballen fehlt, und von dem geh\u00f6rigen Ortes die Rede sein wird. Uebrigens werden wir sogleich noch auf andere Umst\u00e4nde stofsen, welche die in Rede stehende Annahme ganz unm\u00f6glich machen.\nDer Strom beim Faustballen ist also ein blofser Hautstrom. Nat\u00fcr-","page":262},{"file":"p0263.txt","language":"de","ocr_de":"durch Ausdehnen der Haut.\n263\nlieh entsteht nun die Frage, wie es m\u00f6glich sei, dafs durch das Ballen zur Faust die elektromotorische Beschaffenheit der Haut eine Ver\u00e4nderung in so ungeheurem Mafsstab erleide. Der erste Gedanke ist, dafs vielleicht die Wirkung daher r\u00fchrt, dafs die gegen den R\u00fccken negative Sohle der geballten Hand aus der Kette gebracht werde, indem sie nur noch durch die Spalten zwischen den Fingern mit der \u00fcbrigen Zuleitungsfl\u00fcssigkeit in Verbindung stehe. So verhalte sich die ganze eingetauchte Hand negativ gegen den Handr\u00fccken, oder gegen die gleichfalls eingetauchte andere Hand, an der aber die Handsohle mit einem Ueberzug von Kleb\u00e4ther versehen ist (S. oben S. 232). Diese Annahme hat das Lockende, dafs durch ihre Best\u00e4tigung der Strom beim Faustballen mit dem gew\u00f6hnlichen Hautstrom zwischen Handsohle und Handr\u00fccken in Verbindung gebracht sein w\u00fcrde. Sie l\u00e4fst sich auch auf den Fall ausdehnen, wo die Ableitung nur auf der einen Seite von der Hand geschieht, die alsdann, wenn sie zur Faust geballt wird, positiver erscheint, als sie vorher war.\nOhne Zweifel ist bei dem Strom durch Faustballen die eben dargelegte Ursache mit im Spiel. Allein es ist leicht zu zeigen, dafs sie nicht allein den Grund der Wirkungen enth\u00e4lt.\nErstens ist zu erinnern, dafs der Strom zwischen Handsohle und Handr\u00fccken in der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure, um von der Kalilauge zu schweigen, seine Richtung umkehrt, der Strom beim Faustballen sie aber, wie oben gesagt wurde, unver\u00e4ndert beibeh\u00e4lt.\nZweitens findet sich, dafs der Strom beim Faustballen zu stark ist, um von dieser Ursache abgeleitet werden zu k\u00f6nnen. Ich tauche zuerst in die beiden mit Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllten Handgefafse eine Hand im gew\u00f6hnlichen Zustande mit halbgebeugten Fingern, und eine zur Faust geballte Hand, und verzeichne den Ausschlag am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom, von dem aber, bei diesem Versuch, nur die halbe L\u00e4nge in Anwendung kommen darf. Nachdem die H\u00e4nde mit Wasser geh\u00f6rig abgesp\u00fchlt und getrocknet sind, tauche ich in die Handgefafse die Sohle der Hand, die ich vorher nur halbgebeugt hielt, und den R\u00fccken der, die ich zur Faust geballt hatte. Obschon diesmal die Haut bereits durchfeuchtet ist, der Widerstand also geringer, f\u00e4llt doch die Stromst\u00e4rke weit geringer aus, als im ersten Falle, und so oft man den Versuch wiederholt, bleibt stets das Verh\u00e4ltnis der Stromst\u00e4rken das n\u00e4mliche. Man sieht aber leicht ein, dafs es gerade das umgekehrte sein m\u00fcfste, sollte unsere Deutungsweise sich bew\u00e4hren. Wenn der Strom zwischen der halbgebeugten und der geballten Hand nur davon herr\u00fchrte, dafs die Sohle der geballten Hand aus der Kette gebracht wird, so m\u00fcfste der Strom bei gleichem Widerstande augenscheinlich noch st\u00e4rker sein,","page":263},{"file":"p0264.txt","language":"de","ocr_de":"264\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 6. Von den Str\u00f6men\nwenn man statt der halbgebeugten Hand nur die Handsohle, und statt der geballten Hand nur den Handr\u00fccken mit der L\u00f6sung in den Hand-gef\u00e4fsen in Ber\u00fchrung bringt.\nVollends entscheidend ist drittens nachstehender Versuch, der zugleich auf den rechten Weg f\u00fchrt, um den eigentlichen Sinn der Erscheinung zu erfassen. Taucht man n\u00e4mlich in das eine Handgef\u00e4fs nur den Handr\u00fccken der halbgebeugten Hand, in das andere den Handr\u00fccken der zur Faust geballten Hand, so findet man stets den letzteren stark positiv gegen den ersteren. Die Handsohle der halbgebeugten Hand braucht sich also gar nicht im Kreise zu befinden, damit sich die halbgebeugte Hand negativ verhalte gegen die zur Faust geballte Hand. Sie hat folglich mit der Wirkung, auf die es hier ankommt, nichts zu schaffen. Die Wirkung geht allein von den beiden Handr\u00fccken aus.\nUntersucht man nun, welche Ver\u00e4nderung die Haut des Handr\u00fcckens beim Faustballen erleidet, so findet man, dafs sie stark ausgedehnt wird. M\u00f6glicherweise also verh\u00e4lt sich ausgedehnte Haut positiv gegen solche, die in ihrem nat\u00fcrlichen Zustande verharrt. Die folgenden Versuche lassen keinen Zweifel daran \u00fcbrig.\nIch tauchte beide H\u00e4nde im gew\u00f6hnlichen, halbgebeugten Zustand in die Handgef\u00e4fse. In das eine Handgef\u00e4fs hatte mein Geh\u00fclfe, Herr Stud. Lindner, gleichfalls eine Hand eingetaucht, und ergriff damit, von der Volarseite her, die meine. Seine Hand ber\u00fchrte aber die meine nicht unmittelbar, sondern ein St\u00fcck Wachstaffent oder eine Kautschukplatte stellte eine nicht leitende Scheidewand zwischen uns her. Die Hand des Herrn Lindner befand sich also nicht in der Kette. Nachdem die Nadel zur Ruhe gekommen war, liefs ich Herrn Lindner meine Mittelhand in die Quere so zusammendr\u00fccken, dafs die Haut des Handr\u00fcckens stark ausgedehnt wurde in einer Richtung senkrecht auf diejenige, in der sie beim Faustballen durch die Hand selber ausgedehnt wird. Sofort setzte sich die Nadel in Bewegung, die Hand, deren R\u00fcckenhaut dergestalt ausgedehnt wurde, als positiv anzeigend gegen die andere. Geschah die Zusammendr\u00fcckung in der Art, dafs zwar Herrn Lindner\u2019s Hand dabei ganz auf dieselbe Weise angestrengt, hingegen die Dehnung der R\u00fcckenhaut meiner Hand vermieden wurde, was sehr leicht von statten ging, so blieb die Nadel in Ruhe.\nDie Wirkung ging also ganz gewifs nicht aus von der in Kraftanstrengung begriffenen Hand des Herrn Lindner, die die meine zusammendr\u00fcckte, was ja auch durch die nichtleitende Schicht zwischen beiden unm\u00f6glich gemacht war. Somit liefert dieser Versuch zun\u00e4chst den oben angek\u00fcndigten Beweis, dafs die elektromotorische Wirkung beim Faustballen nicht auf der negativen Schwankung eines Theiles des Muskel-","page":264},{"file":"p0265.txt","language":"de","ocr_de":"durch Ausdehnen der Haut.\n265\nStromes des Armes beruht. Sodann zeigt er, dafs das Faustballen eben nichts anderes zu bedeuten hat, als dafs es ein bequemes und einfaches Mittel abgiebt, die Haut des Handr\u00fcckens an der eigenen Hand auszudehnen. Ausdehnen der Haut durch eine fremde Kraft und in beliebiger Richtung hat ganz denselben Erfolg.\nDemgem\u00e4fs findet es sich denn auch, dafs noch eine andere Gestaltver\u00e4nderung der Hand, als das Faustballen, die aber gleichfalls von einer Ausdehnung der Haut begleitet ist, die Hand positiver macht. Sie besteht darin, dafs man an der flach ausgestreckten Hand die beiden ersten und die beiden letzten Finger m\u00f6glichst weit von dem Mittelfinger entfernt oder abducirt. Taucht man beide H\u00e4nde flach ausgestreckt in die Handgef\u00e4fse, l\u00e4fst die Nadel zur Ruhe kommen und spreizt dann die Finger der einen Hand in der beschriebenen Art aus, so erfolgt ein Strom in derselben Richtung, obschou weit schw\u00e4cher, als ob man diese Hand zur Faust geballt h\u00e4tte. Beim Aneinanderschliefsen der Finger geben sich Ladungen kund u. s. w.\nEndlich zeigt es sich, dafs noch andere Hautstellen als der Handr\u00fccken beim Ausdehnen dieselbe r\u00e4thselhafte Wirkung wahrnehmen lassen. Man strecke das erste Glied der vier letzten Finger beider H\u00e4nde, so dafs es einen Winkel von zwei Rechten mit der Mittelhand macht, beuge das zweite Glied in einen rechten Winkel gegen das erste, das dritte in einen rechten Winkel gegen das zweite. Bei dieser Stellung der Hand kann man leicht die Oberfl\u00e4che der L\u00f6sung in den beiden Handgef\u00e4fsen nur mit der R\u00fcckenhaut des zweiten Gliedes ber\u00fchren. Geschieht dies, indem man eben nur die beiden H\u00e4nde ohne Kraftaufwand in der beschriebenen Stellung h\u00e4lt, so bleibt die Nadel verh\u00e4ltnifs-m\u00e4fsig in Ruhe. Dr\u00fcckt man aber an der einen Hand die Volarfl\u00e4che der dritten Glieder kr\u00e4ftig gegen die der ersten Glieder, wobei die R\u00fcckenhaut des zweiten Gliedes ausgedehnt wird, so verh\u00e4lt sich diese Hand positiv gegen die andere.\nDie R\u00fcckenhaut des zweiten Gliedes der Finger steht der der Hand elektromotorisch vielleicht noch zu nahe, um in diesem Versuch eine wesentliche Ab\u00e4nderung des Versuches mit dem Faustballen zu sehen. Allein schon der Erfolg des Versuches mit dem Ausspreizen der Finger f\u00fchrt auf die Vermuthung, dafs wohl auch die Handsohle der positiven Ver\u00e4nderung durch das Dehnen unterworfen sein k\u00f6nnte, insofern n\u00e4mlich am Handr\u00fccken dabei im Grunde nur die Haut zwischen Daumen und Zeigefinger kr\u00e4ftig gespannt wird. Ber\u00fchrt man den Spiegel der Salzl\u00f6sung in dem einen Handgef\u00e4fs mit der Sohle der einen flach ausgestreckten Hand, deren Finger aneinandergeschlossen sind, den in dem anderen Gef\u00e4fs mit der Sohle der anderen flach ausgestreckten Hand,","page":265},{"file":"p0266.txt","language":"de","ocr_de":"266\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 6. Von den Str\u00f6men\nderen Finger aber auseinandergespreizt sind, so findet man diese ziemlich regelin\u00e4fsig schwach positiv gegen die erstere. Die Handsohle ist stark negativ gegen den Handr\u00fccken. Es wird nun von Wichtigkeit sein, zuzusehen, ob auch eine gegen den Handr\u00fccken stark positive Hautstelle sich beim Dehnen ebenso verh\u00e4lt. Eine solche, die zugleich leicht in verschiedenem Mafs angespannt werden kann, bietet sich uns am Elbogen dar. Sie zeigt aber gleichfalls auf das entschiedenste die durch das Ausdehnen der Haut bedingte Ungleichartigkeit. Taucht man in das eine Handgef\u00e4fs den einen Elbogen im halbgebeugten, den anderen im starkgebeugten Zustande, so verh\u00e4lt sich dieser positiv gegen jenen.\nNat\u00fcrlich kann man auch an den Fingern, den Handsohlen und Elbogen den Versuch auf mannigfache Art ab\u00e4ndern, wie oben S. 260 den Versuch an den ganzen H\u00e4nden. Man kann, anstatt die einen Finger oder den einen Elbogen schwach, die anderen Finger oder den anderen Elbogen stark gebeugt einzutauchen, das Eintauchen bei gleichem Grade der Beugung auf beiden Seiten vornehmen, und erst sp\u00e4ter, nach beruhigter Nadel, den Grad der Beugung auf der einen Seite ver\u00e4ndern, und so die Ausdehnung der Haut hier und dort ungleich machen. Ebenso kann man in dem Versuch mit den Handsohlen das Ausspreizen der Finger erst vornehmen, nachdem die beiden flach ausgestreckten H\u00e4nde den Spiegel der L\u00f6sung ber\u00fchrt haben und die Nadel zur Ruhe gekommen. Doch ist in allen drei F\u00e4llen der erstbeschriebenen Gestalt des Versuches der Vorzug zu schenken, weil es bei der zweiten nicht leicht ist, die H\u00f6he unver\u00e4ndert zu lassen, bis zu der die Haut benetzt war, so dafs sich dabei, wenn auch schwache und unregelm\u00e4fsige Str\u00f6me wegen ungleichzeitiger Benetzung in das Ergebnifs einmischen k\u00f6nnen.\nDa die elektromotorische Wirkung durch das Dehnen der Haut ihre Richtung in den verschiedenen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten nicht ver\u00e4ndert, so kann diese Wirkung nicht von der Ber\u00fchrung der Fl\u00fcssigkeiten mit der Haut herr\u00fchren, sondern sie mufs von der Haut selber ausgehen. Was aber die Frage betrifft, wie durch das Ausdehnen die Haut positiver gemacht werden k\u00f6nne gegen nicht ausgedehnte Haut, so versteht es sich bei dem ^Stande der Untersuchung von selbst, dafs wir die Antwort darauf schuldig bleiben m\u00fcssen. Nur einer falschen Vorstellung, die Einer oder der Andere fassen k\u00f6nnte, m\u00f6chte ich hier Vorbeugen. Beim ersten Anblick, und wenn man nur die erste Gestalt des Versuches im Auge hat, worin von beiden eingetauchten H\u00e4nden die eine zur Faust geballt wird, k\u00f6nnte man sich zu der Meinung verleitet f\u00fchlen, die elektromotorische Wirkung beim Faustballen r\u00fchre her von der Benetzung neuer Punkte der Hautoberfl\u00e4che, die sich beim Ausdehnen der R\u00fcckenhaut der Hand erst entwickeln. Die Wirkung","page":266},{"file":"p0267.txt","language":"de","ocr_de":"durch Ausdehnen der Haut.\n267\nsei also im Grunde eine solche wegen ungleichzeitiger Benetzung, einerlei mit den uns wohlbekannten Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men. Es h\u00e4lt nicht schwer, diese Ansicht zu widerlegen.\nWie mau sich erinnert, zeigen die Handr\u00fccken in Kochsalzl\u00f6sung und Brunnenwasser die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me nur sehr unregelm\u00e4fsig. Die Wirkung beim Ausdehnen der Haut ist aber ganz regelm\u00e4fsig, die gedehnte R\u00fcckenhaut verh\u00e4lt sich stets positiv gegen die nicht gedehnte. Die Elbogen zeigen zwar in der Salzl\u00f6sung regelm\u00e4fsige Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me, allein der j\u00fcngstbenetzte Elbogen verh\u00e4lt sich negativ gegen den erstbenetzten. Er m\u00fcfste sich positiv verhalten, wenn ein Zusammenhang zwischen den Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6men und den Str\u00f6men durch Dehnung der blaut annehmbar sein sollte. In der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure kehren sich die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me um, in der Kalilauge werden sie unregelm\u00e4fsig. Die Str\u00f6me durch Dehnung der Haut bleiben in beiden Fl\u00fcssigkeiten unver\u00e4ndert. Mit anderen Worten, wenn die oben S. 258 hingestellte Eintheilung der Hautstr\u00f6me richtig ist in solche, deren elektromotorische Kraft durch die Ber\u00fchrung mit der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit erst gesetzt wird und deren Richtung demgem\u00e4fs von dieser abh\u00e4ngt, und in solche, deren elektromotorische Kraft unabh\u00e4ngig von jener Ber\u00fchrung in der Haut selber entspringt, so geh\u00f6ren die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me, wie bereits oben a. a. 0. bemerkt wurde, zu der ersten Klasse, die Str\u00f6me durch Dehnung der Haut dagegen sind der zweiten Klasse zuzurechnen.\nDiese Betrachtung w\u00fcrde allein schon ausreichen, um die Unstatthaftigkeit der in Rede stehenden Deutung zu beweisen. F\u00fcr\u2019s zweite ist aber auch die St\u00e4rke der Str\u00f6me durch Dehnung der Haut viel zu betr\u00e4chtlich, um sie von ungleichzeitiger Benetzung ahleiten zu k\u00f6nnen. Es ist klar, dafs, wenn darin der Grund jener Str\u00f6me enthalten w\u00e4re, dieselben nie auch nur so stark werden k\u00f6nnten, als die Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me; sie m\u00fcfsten stets weit unter ihnen an St\u00e4rke bleiben. Nicht nur aber, dafs sie sie daran erreichen, sie lassen sie sogar nicht selten weit hinter sich.\nDrittens sind die Str\u00f6me durch Dehnung der Haut best\u00e4ndiger Art. W\u00e4ren sie Str\u00f6me wegen ungleichzeitiger Benetzung, so m\u00fcfsten sie bald verschwinden, ohne Ladungen zu hinterlassen, und es k\u00f6nnte z. B. nicht beim Eintauchen beider F\u00e4uste und nachmaligem Oeffnen einer derselben, sich diese negativ verhalten gegen die geballt gebliebene.\nEndlich viertens und zum Ueberflusse pafst ja die bek\u00e4mpfte Deutungsweise gar nicht auf die Form des Versuches, wobei man den Spiegel der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit in dem einen Gef\u00e4fs mit dem R\u00fccken der einen halbgebeugten Hand, den in dem anderen mit dem R\u00fccken der","page":267},{"file":"p0268.txt","language":"de","ocr_de":"268\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 7. Von den Str\u00f6men\nzur Faust geballten anderen Hand ber\u00fchrt, und die entsprechende Versuchsform mit den Fingern, den Handsohlen und Elbogen. Beruhte der Strom beim Ausdehnen der Haut auf ungleichzeitiger Benetzung, so d\u00fcrfte er hier nicht stattfinden, wo die Benetzung auf beiden Seiten gleichzeitig ist.\nSchliefslich ist zu bemerken, dafs die elektromotorische Wirkung durch Dehnen der Haut vielleicht einen Antheil hat an den r\u00e4thselhaften Str\u00f6men, welche durch festeres Andr\u00fccken eines bereits dicht anliegenden Bausches an die Haut entstehen, und grofsentheils daran Schuld sind, dafs wir auf den Gebrauch der B\u00e4usche zur Ableitung der Str\u00f6me vom lebenden menschlichen K\u00f6rper haben Verzicht leisten m\u00fcssen (Vergl. oben S. 222).\n7. Von dem elektromotorischen Verhalten der Wunden gegen\ndie Oberhaut.\nEs ist oben S. 203 verlangt worden, dafs die Hautstellen, deren elektromotorisches Verhalten gegeneinander unter verschiedenen Umst\u00e4nden wir erforschen wollten, vollkommen unverletzt seien. Nachdem ich, in den vorigen Nummern, von dem elektromotorischen Verhalten der unversehrten Haut ein m\u00f6glichst vollst\u00e4ndiges Bild entworfen habe, komme ich jetzt endlich dazu, den Grund jener Vorschrift darzulegen.\nTaucht man zwei Finger bei gleicher Temperatur und gleichzeitig in ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung, von denen der eine auch nur die geringste Verletzung hat, den kleinsten Schnitt, Stich, die kleinste abgestofsene Stelle an der Haut oder die kleinste sogenannte Nagelwurzel, gleichviel ob frisch und blutend, oder nach gestillter Blutung, oder eine eiternde Fl\u00e4che darbietend: so zeigt sich unab\u00e4nderlich der verletzte Finger heftig positiv gegen den unverletzten,1 so dafs die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom bis auf 70\u00b0 geht, die des Multiplicators f\u00fcr den Nerven-strom an die Hemmung fliegt. Der Strom ist von best\u00e4ndiger Kraft. Die Nadel des letzteren Multiplicators wird dadurch dauernd auf 60\u201470\u00b0 gehalten. Bei diesem Stande der Dinge ist begreiflich fast jede andere Beobachtung untersagt. Ueberzieht man aber die Wunde mit Kleb\u00e4ther, so verschwindet sofort jede Spur des Stromes, und man kann, so lange der nichtleitende Ueberzug dicht h\u00e4lt, mit den Fingern arbeiten, als ob sie unverletzt w\u00e4ren. Bringt man an dem anderen Finger eine entsprechende Verletzung an, so verhalten sich auch die Finger wieder leidlich gleichartig.\n1 Vergl. du Bois-Reymond in den Comptes rendus etc. 21 Mai 1849. t. XXVIII. p. 641.","page":268},{"file":"p0269.txt","language":"de","ocr_de":"wegen Verletzung der Haut.\n269\nIch hatte mir, behufs sp\u00e4ter zu beschreibender Versuche,1 an der R\u00fcckenfl\u00e4che eines jeden Unterarmes \u00fcber dem Kn\u00f6chel des Handgelenkes eine Blasenpflasterwunde angelegt. Jede Wunde verhielt sich, bei der Untersuchung mit Salzb\u00e4uschen, stark positiv nicht allein gegen die Finger, sondern auch gegen die ihr selber wie auch der anderen zun\u00e4chst benachbarte Haut. Zwei gleich frische Wunden der Art verhielten sich ziemlich gleichartig. In einem Falle waren aber die beiden Wunden nicht von gleichem Alter. Die eine war n\u00e4mlich erst vierundzwanzig Stunden nach der anderen angelegt, und diese w\u00e4hrend der Zeit mit Unguentum Sabinae eiternd erhalten. Hier verhielt sich die frische Wunde positiv gegen die eiternde.\nIch habe versucht, dieselben Wirkungen an der Haut der Leiche wahrzunehmen, bin aber dabei auf einen merkw\u00fcrdigen Widerspruch gestofsen, den ich nicht zu erkl\u00e4ren weifs. Nachdem mit den, oben S. 211. 212. 226. 232 erw\u00e4hnten Leichenh\u00e4nden alle fr\u00fcheren Versuche angestellt worden waren, feilte ich eine wunde Stelle an dem negativen der beiden zum Eintauchen bestimmten Finger, Zeige- und Mittelfinger, oder versetzte ihm eine Schnittwunde, und sofort verhielt sich dieser Finger stark positiv gegen den anderen. Er verhielt sich aber wiederum negativ, wenn ich die Wunde mit Kleb\u00e4ther schlofs. Soweit schien der Erfolg in der Ordnung, und zwar zu dem Schl\u00fcsse berechtigend, dafs man es in dem Wundenstrom, so will ich den Strom zwischen einer verletzten Hautstelle und einer gesunden nennen, einfach zu thun habe mit einem gew\u00f6hnlichen Strom wegen Ber\u00fchrung ungleichartiger Fl\u00fcssigkeiten, gleich dem der S\u00e4ure-Alkali-Kette in dem Falle, wo die Elektroden in gleichartige Fl\u00fcssigkeiten tauchen. Jetzt aber nahm ich ein St\u00fcck Haut vori der R\u00fcckenfl\u00e4che des Unterarmes einer drei Tage alten weiblichen Leiche, und brachte mit dem einen Zuleitungsbausch die Oberhaut, mit dem anderen die von der Fascia antibrachii abpr\u00e4parirte Fl\u00e4che der Haut in Ber\u00fchrung. Ich erwartete nicht anders, als dafs sich ein heftiger Strom, in der Haut von Aufsen nach Innen, kundgeben w\u00fcrde. Allein gerade das Entgegengesetzte zeigte sich; die Oberhaut verhielt sich positiv gegen das Unterhautbindegewebe. Ich brachte beide B\u00e4usche mit der Oberhaut in Ber\u00fchrung, nachdem ich an der Ber\u00fchrungsstelle des einen eine Wunde mit der Scheere angelegt hatte. Aber die Nadel blieb unbewegt. Am Lebenden verhalten sich Stichwunden des Unterarmes ebensowohl positiv gegen die benachbarte Oberhaut, als solche der Finger.\nWeiter habe ich diese Versuche in dieser Richtung nicht verfolgt.\n1 S. unten, N\u00f6. 8.","page":269},{"file":"p0270.txt","language":"de","ocr_de":"270\n3.\tAbschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 7. Von den Str\u00f6men\nVon der Vorstellung aus, dafs hier ein Strom gleich dem der S\u00e4ure-Alkali-Kette vorliege, hatte ich aber bereits fr\u00fcher, jedoch mit eben so geringem Gl\u00fccke, folgende Versuche unternommen. Ich dachte mir, die hier wirksamen Fl\u00fcssigkeiten k\u00f6nnten sein einerseits die alkalisch reagi-rende Wundfl\u00fcssigkeit, andererseits die sauer reagirende Hautabsonderung. Die Richtung des Stromes von der S\u00e4ure zum Alkali in der Fl\u00fcssigkeitskette schrieb ich unter dieser Voraussetzung dem Umstande zu, dafs die beiden erregenden Fl\u00fcssigkeiten zwischen Kochsalzl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit eingeschaltet waren. So hat auch der Strom zwischen Salpeters\u00e4ure und Kalihydratl\u00f6sung die Richtung von der S\u00e4ure zum Alkali in der Fl\u00fcssigkeit, wenn man statt Salpeter Kochsalzl\u00f6sung zur zuleitenden Fl\u00fcssigkeit nimmt (S. oben S. 19).\nUm die Richtigkeit dieser Vermuthung zu pr\u00fcfen, verfuhr ich so. Ich nahm an, die alkalische Reaction der Wundfl\u00fcssigkeit r\u00fchre her von doppeltkohlensaurem Natron, die saure Reaction des Schweifses von Essigs\u00e4ure. Demgem\u00e4fs untersuchte ich am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom die Richtung des Stromes in nachstehenden Ketten aus mehreren Fl\u00fcssigkeiten. Die zuleitenden Gef\u00e4fse waren stets mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt, und meine gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fse. Die Verbindung mit den erregenden Gef\u00e4fsen geschah, um nicht die Gleichartigkeit der L\u00f6sung zu gef\u00e4hrden, durch zweimal rechtwinklig gebogene, heberf\u00f6rmige R\u00f6hren, die mit Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt und mit Stopfen aus Lackmuspapier verschlossen waren. Diese Stopfen nahmen verschiedene Farben an, so dafs die Enden nie verwechselt werden konnten (Vergl. oben S. 225), Von den beiden erregenden Gef\u00e4fsen enthielt stets das eine concentrirte Essigs\u00e4ure (Acetum concentratum Ph. Bor.). Das andere wurde nacheinander gef\u00fcllt mit:\n1.\tVerd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure,\n2.\tDestillirtem Wasser,\n3.\tVerd\u00fcnnter und ges\u00e4ttigter kohlensaurer Natronl\u00f6sung,\n4.\tH\u00fchnereiweifs,\n5.\tMenschlichem Serum.\nDie Verbindung zwischen den erregenden Gef\u00e4fsen geschah durch einen mit concentrirter Essigs\u00e4ure benetzten Fliefspapierstreifen. In allen F\u00e4llen ging der Strom in der Fl\u00fcssigkeit von der concentrirten Essigs\u00e4ure zur anderen erregenden Fl\u00fcssigkeit. Hinsichtlich der St\u00e4rke der Str\u00f6me zeigte sich das Auffallende, dafs der Strom mit verd\u00fcnnter Essigs\u00e4ure in dem einen der erregenden Gef\u00e4fse merklich st\u00e4rker war, als mit destillirtem Wasser und mit diesem st\u00e4rker als mit der kohlensauren Natronl\u00f6sung. Wenn hier nicht eine T\u00e4uschung obgewaltet hat, so hat man sich im ersten Falle wohl zu denken, dafs der Widerstand des","page":270},{"file":"p0271.txt","language":"de","ocr_de":"7vegen Verletzung der Haut.\n271\nKreises durch den Zusatz der S\u00e4ure zum Wasser mehr herabgesetzt wurde1 als die elektromotorische Kraft der Kette. In dem zweiten Falle mag die Gasentwickelung an der Grenze der S\u00e4ure und des kohlensauren Natrons den Widerstand mehr erh\u00f6ht haben, als er durch den Zusatz des Salzes zum Wasser vermindert worden war, und zwar in dem Mafse, dafs dadurch sogar die Vermehrung der elektromotorischen Kraft \u00fcberwogen werden konnte.\nNun w\u00fcnschte ich eine Fl\u00fcssigkeit zu besitzen, bei deren Anwendung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit der Strom jener Ketten sich umkehrte. Nach dem Vorbilde der Salpeterl\u00f6sung bei Salpeters\u00e4ure und Kalihydratl\u00f6sung als erregenden Fl\u00fcssigkeiten, w\u00e4hlte ich die ges\u00e4ttigte essigsaure Natronl\u00f6sung. Ich wiederholte daher alle vorigen Versuche, nur mit dem Unterschiede, dafs zwischen der Kochsalzl\u00f6sung und dem erregenden Gef\u00e4fs jederscits noch ein Gef\u00e4fs mit ges\u00e4ttigter essigsaurer Natronl\u00f6sung eingeschaltet wurde. Dies Gef\u00e4fs wurde mit den erregenden Gef\u00e4fsen auf die n\u00e4mliche Art verbunden, wie vorher die gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fse. Der Erfolg war der erwartete. Jetzt ging in allen F\u00e4llen der Strom in der Fl\u00fcssigkeit von der anderen erregenden Fl\u00fcssigkeit zur concentrirten Essigs\u00e4ure.\u201c\n1 Faraday hat gezeigt, dafs geschmolzener Eisessig nicht leitet. (Experimental Researches in Electricity. Reprinted from the Philosophical Transactions. London. Vol. I. 1839. p. 116. Series IV. No. 405. 407. p. 228. Series VII. No. 675. 773\t\u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1834. Bd. XXXI. S. 233;* \u2014\nBd. XXXIII. S. 309. 447.*) Ich habe hei dieser Gelegenheit dasselbe erfahren. K\u00e4uflicher Eisessig, welcher trocknes Lackmuspapier bereits r\u00f6thete, leitete so schlecht, wie absoluter Alkohol. Faraday scheint aber, nach der letztangefiihrten Stelle (No. 773.), der Meinung zu sein, als leite ein Gemisch von Essigs\u00e4ure und Wasser nicht besser als reines Wasser. Doch hat mir Beetz sehr interessante Messungen mitgetheilt, aus denen folgt, dafs der Widerstand eines solchen Gemisches, gleich dem eines Gemisches von Schwefels\u00e4ure und Wasser, hei einem gewissen Verh\u00e4ltnifs der Gemengtheile ein Minimum hat.\n* Ich hatte, bei Anstellung der beschriebenen Versuchsreihe vor mehreren Jahren, dem einfach vor dem doppelt kohlensauren Natron den Vorzug geschenkt, weil mir kein Zweifel daran zu sein schien, dafs das elektromotorische Verhalten beider Salze das n\u00e4mliche sein m\u00fcsse und ich bei dem doppelt kohlensauren eine zu st\u00fcrmische Gasentwickelung f\u00fcrchtete, wobei mir seine geringe L\u00f6slichkeit nicht gegenw\u00e4rtig war. Ich habe neuerdings nun auch mit diesem Salze die obigen Versuche wiederholen wollen. Merkw\u00fcrdigerweise aber habe ich die Umkehr des Stromes zwischen essigsaurem Natron nicht beobachten k\u00f6nnen, und bei Wiederholung des \u00e4lteren Versuches mit dem einfach kohlensauren Natron fand ich einmal dasselbe, ein anderes Mal ging der Strom gar zwischen Kochsalz wie zwischen essigsaurem Natron vom Alkali zur S\u00e4ure in der Fl\u00fcssigkeit. Ich weifs mir diese Abweichungen nicht zu erkl\u00e4ren, und es gebricht mir an Zeit, um die Sache durch Versuche in\u2019s Reine zu bringen. Ich h\u00e4tte daher vielleicht am besten gethan, sie ganz mit Still-","page":271},{"file":"p0272.txt","language":"de","ocr_de":"272\t3. Abschn. Kap. VIII, \u00a7\u25a0 IV. 7, Von den Str\u00f6men\nIch rechnete nun fest darauf, dafs auch der Wundenstroni seine Richtung umkehren w\u00fcrde bei Anwendung der essigsauren Natronl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit. Dies war aber nicht der Fall. Der verletzte Finger verhielt sich auch in dieser L\u00f6sung heftig positiv gegen den unversehrten.\nNicht ohne besonderen Zweck er\u00f6ffnete oben verd\u00fcnnte Essigs\u00e4ure die Reihe der Fl\u00fcssigkeiten, die ich mit c\u00f6ncentrirter Essigs\u00e4ure zwischen Kochsalzl\u00f6sun0 und essigsaurem Natron zur Kette verband. Zur Zeit, wo ich diese Versuche anstellte, war mir von den in der vorigen Nummer beschriebenen Erscheinungen erst der Strom zwischen Sohle und R\u00fccken an der Hand und am Fufs in der oben S. 232 beschriebenen Gestalt bekannt geworden, bei der die Ableitung beiderseits durch Salzb\u00e4usche geschieht. Es war denkbar, dafs dieser Strom herr\u00fchrte von der an der Handsohle reichlicheren Absonderung des freie Essigs\u00e4ure und Milchs\u00e4ure enthaltenden Schweifses. Ich wollte wissen, ob verd\u00fcnnte Essigs\u00e4ure sich gegen concentrirtere zwischen Kochsalzl\u00f6sung wirklich negativ verhalte, und ob zwischen essigsaurer Natronl\u00f6sung der Strom sich umkehren w\u00fcrde. Beides ist, wie man gesehen hat, der Fall. Ich versuchte daher, ob vielleicht der Strom zwischen Handsohle und Handr\u00fccken sich gleichfalls umkehren w\u00fcrde bei Anwendung von B\u00e4uschen, die mit essigsaurer Natronl\u00f6sung getr\u00e4nkt sind. Allein dies traf nicht zu. Abgesehen von einigen Unregelm\u00e4fsigkeiten, zeigte sich an der Hand und am Fufs der Strom zwischen Sohle und R\u00fccken wie mit den Kochsalzb\u00e4uschen. Bei dieser Gelegenheit war es \u00fcbrigens, wo die oben S. 226 erw\u00e4hnten Versuche \u00fcber die Erscheinungsweise der Ungleichzeitigkeitsstr\u00f6me in der essigsauren Natronl\u00f6sung angestellt wurden.\nIch habe nat\u00fcrlich nicht vers\u00e4umt, den Wundenstrom auch in den verschiedenen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten zu pr\u00fcfen, auf deren Anwendung ich im Lauf der Untersuchungen \u00fcber die Hautstr\u00f6me gef\u00fchrt wurde. Dabei fing ich stets damit an, das Verhalten der beiden zum Versuch bestimmten Finger im gesunden Zustande zu ermitteln. Dann brachte ich dem negativen von beiden Fingern einen Stich mit der Lancette an der R\u00fcckenfl\u00e4che des dritten Gliedes bei, und untersuchte\nschweigen zu \u00fcbergehen. Ich habe mir aber bei Darlegung dieser Untersuchungen zum Gesetz gemacht, gerade da, wo sie am wenigsten vollendet sind, den Stand der Fragen am genauesten zu schildern, und wenn ich trotz der jetzt dawider entstandenen Zweifel die urspr\u00fcngliche Versuchsreihe im Text habe stehen lassen, so ist dies geschehen, weil die damals beobachtete Uebereinstimmung der Versuche mit der verd\u00fcnnten Essigs\u00e4ure, dem destillirten Wasser, dem Eiweifs und dem Serum ihr ein gr\u00f6fseres Gewicht zu geben scheint.","page":272},{"file":"p0273.txt","language":"de","ocr_de":"wegen Verlehung der Haut.\n273\nden Wundenstrom. Zuletzt \u00fcberzog ich noch die Wunde mit Kleb\u00e4ther, und \u00fcberzeugte mich so, dafs der Finger sein fr\u00fcheres Verhalten gegen den unverletzt gebliebenen wieder annahm, dafs also die bei offener Wunde beobachteten abweichenden Erscheinungen auch wirklich der Wunde zuzuschreiben seien.\nDer Erfolg war, dafs in der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure sowohl als in der Kalihydratl\u00f6sung der verletzte Finger sich gegen den gesunden positiv verhielt wie in der Kochsalzl\u00f6sung, und anscheinend eben so stark. Dagegen im Brunnenwasser zeigte sich die Wirkung zwar auch noch in derselben Richtung, aber nicht nur an sich, sondern auch im Verh\u00e4ltnifs zum Eigenstrom, ausnehmend viel schw\u00e4cher. In den anderen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten \u00fcberw\u00e4ltigt der Wundenstrom unter allen Umst\u00e4nden den Eigenstrom; die Nadel fliegt immer an die Hemmung, die der im verletzten Finger absteigenden Stromesrichtung entspricht. In Brunnenwasser ist dies nicht der Fall, sondern h\u00f6chstens erscheint der Eigenstrom durch Verletzung des negativen Fingers vermindert, selten wird er \u00fcberwogen, so dafs der negative Finger durch die Verletzung positiv wird. Es kann Vorkommen, dafs, wenn man den Versuch mit derselben Wunde nacheinander in Brunnenwasser und ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung anstellt, der verletzte Finger sich in Brunnenwasser negativ, in der Kochsalzl\u00f6sung dagegen positiv gegen den gesunden verh\u00e4lt. Bei alledem l\u00e4fst sich noch nicht mit Bestimmtheit behaupten, dafs die elektromotorische Kraft des Wundenstromes im Wasser eine kleinere sei als in der Salzl\u00f6sung. l\u00a3s k\u00f6nnte ebensogut die Kraft des Eigenstromes eine gr\u00f6fsere sein.\nHier haben wir also zu den best\u00e4ndigen Hautstr\u00f6men zwischen Hand und Fufs einerseits, der Brust andererseits, und den Str\u00f6men zu denen das Ballen der H\u00e4nde zur Faust Anlafs giebt, versprochenermafsen (S. oben S. 259) eine dritte KlaSse unzweifelhafter Hautstr\u00f6me, die ihre Richtung in Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten von der verschiedensten chemischen Beschaffenheit unver\u00e4ndert beibehalten. Und zwar erscheinen diese um so r\u00e4thselhafter, als es hier nicht einmal mehr, wie bei den beiden vorigen Klassen \u00e4hnlicher Str\u00f6me, zul\u00e4ssig scheint, sich vorzustellen, dafs eine in der Haut vorgebildete elektromotorische Kraft ihnen zu Grunde liegt. Weniger weil auch die Hand einer Leiche viele Tage nach dem Tode noch den Wundenstrom zu zeigen vermag. Sondern der wahre Grund ist der, dafs eine Verletzung der Haut zwar an der Summe der Widerst\u00e4nde, nicht aber an der der elektromotorischen Kr\u00e4fte im Kreise etwas \u00e4ndern k\u00f6nnte. Nie also k\u00f6nnte durch eine Verletzung die eine Hautstelle positiver gegen die andere gemacht werden, wie es in Wirklichkeit der Fall ist. Es bleibt demnach hier nichts anderes \u00fcbrig, als\nII. 2-\t18","page":273},{"file":"p0274.txt","language":"de","ocr_de":"274\n3. Abschn. Kap, Till, \u00a7. IV. 7. Von den Str\u00f6men\nsich zu denken, entweder, dafs durch die Verletzung selber eine elektromotorische Kraft an der Wundfl\u00e4che erst gesetzt werde, oder, dafs die Wundfl\u00e4che sich gegen alle Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, selbst die Kalilauge, positiv verhalte.\nEins ist so schwer zu begreifen, wie das andere. Es ist nun zwar noch eine dritte Auslegung dieser Versuche m\u00f6glich. Die Wunden darin waren frisch blutend. Die Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten kamen also m\u00f6glicherweise gar nicht in Ber\u00fchrung mit der Wundfl\u00e4che, sondern nur mit dem aus der Wunde hervorquellenden Blut. Vielleicht w\u00fcrde, ohne diesen Umstand, die Richtung des Stromes in den verschiedenen Fl\u00fcssigkeiten eine verschiedene gewesen sein. Indessen ist man, durch diese Betrachtung, f\u00fcr die Erkl\u00e4rung der Thatsachen nicht g\u00fcnstiger gebettet. Das elektromotorische Verhalten des Blutes als Glied einer Kette mit mehreren Fl\u00fcssigkeiten haben wir oben Bd. I. S. 486. 487 untersucht. Das Blut verh\u00e4lt sich wie eine schwach alkalische Fl\u00fcssigkeit. Die Ber\u00fchrung der Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten und des Blutes kann also die Quelle des Stromes in den \u00fcbrigen Versuchen nicht gewesen sein. Denn alsdann h\u00e4tte der Strom sich in der Kalilauge umkehren m\u00fcssen. Es m\u00fcfste also der Strom in der Ber\u00fchrung des Blutes und der Wundfl\u00e4che entsprungen sein. Und die Kochsalzl\u00f6sung m\u00fcfste sich gegen die Wundfl\u00e4che gleich dem Blute verhalten, da in der L\u00f6sung auch nicht blutende Wunden als positiv erkannt worden sind. Wie aber soll wohl die Wundfl\u00e4che sich so stark positiv gegen das Blut verhalten, dafs dadurch der Strom zwischen Blut und Kalilauge \u00fcberw\u00e4ltigt wird?\nIch enthalte mich jeder weiteren Er\u00f6rterung \u00fcber diese dunklen Erscheinungen, indem ich mich wiederholt bescheide, mich in dem Labyrinth der menschlichen Hautstr\u00f6me zurechtzufinden.\nSchliefslich habe ich versucht, das elektromotorische Verhalten der Schleimhaut des Mundes und der Oberhaut auszumitteln. Dabei war stets das eine Zuleitungsgef\u00e4fs mit einem Bausch versehen, den ich mit der Zungenspitze ber\u00fchrte, w\u00e4hrend der K\u00f6rpertheil, dessen Verhalten zur Zunge ermittelt werden sollte, in das andere Gef\u00e4fs getaucht wurde. In Kochsalzl\u00f6sung verhielt sich die Zunge stark positiv gegen Finger, Handsohle, Handr\u00fccken und ganze Hand, negativ aber gegen den Elbogen. Die Richtung der Str\u00f6me zeigte sich unabh\u00e4ngig von der Reihenfolge des Eintauchens. In Brunnenwasser wurde die Zunge nur mit Handsohle, Handr\u00fccken und Elbogen gepr\u00fcft. Das Ergebnifs war in Bezug auf die Richtung der Str\u00f6me einerlei mit dem in der Kochsalzl\u00f6sung. Dabei folgten sich im Wasser die Str\u00f6me der St\u00e4rke nach in der Ordnung, wie sie genannt sind. In der L\u00f6sung ist die Stromst\u00e4rke nicht Gegenstand der Aufmerksamkeit gewesen.","page":274},{"file":"p0275.txt","language":"de","ocr_de":"wegen Verletzung der Haut.\n275\nMan k\u00f6nnte, mit Hintansetzung des Ergebnisses am Elbogen, aus diesen Versuchen den Schlufs ziehen wollen, dafs die Schleimhaut des Mundes sich positiv verh\u00e4lt gegen die Oberhaut. Die nat\u00fcrliche Schleimhaut w\u00fcrde gewissermafsen, entsprechend der Lehre der allgemeinen Pathologie, dadurch ihre Verwandtschaft mit der k\u00fcnstlichen Schleimhaut bekunden, wie eine eiternde Wundfl\u00e4che sie darbietet. Diese Vorstellungsweise scheint um so n\u00e4her zu liegen, als die Mundschleimhaut und die Wundfl\u00e4che beide alkalisch reagiren. Alexandre Donn\u00e9 hat bekanntlich behauptet, dafs, wenn man von den Platinenden des Mul-tiplicators das eine der Mundschleimhaut, das andere der Oberhaut anlege, die Nadel einen im Draht von der sauren Oberhaut zur alkalischen Schleimhaut gerichteten Strom angebe. 1 Immer von demselben Gesichtspunkt aus k\u00f6nnte dieser DoNN\u00c9\u2019sche Versuch scheinen, zu dem unsrigen in demselben Verh\u00e4ltnifs zu stehen, wie die Becq\u00fcerel-sche Anordnung der S\u00e4ure-AIkali-Kette, wo die Platinenden unmittelbar in die ungleichartigen Fl\u00fcssigkeiten tauchen, zu der bekanntlich einen entgegengesetzten Strom liefernden, wo die Platinendcn in zwei Gef\u00e4fse mit Kochsalzl\u00f6sung tauchen, zwischen denen die ungleichartigen Fl\u00fcssigkeiten eingeschaltet sind (S. oben S. 268).\nIndessen w\u00fcrde diese Schlufsfolge voreilig sein. Es ist vielmehr nicht zu \u00fcbersehen, dafs die Zunge in den obigen Versuchen sich v\u00f6llig der Brusthaut \u00e4hnlich verhalten hat. Auch gegen die Brust, wie gegen die Zunge, verhielt sich in Kochsalzl\u00f6sung der Elbogen positiv, statt negativ, wie die anderen Hautstellen. Es mufste also zuerst das elektromotorische Verhalten von Brust und Zunge gegeneinander untersucht werden. Bei der Ableitung des Stromes mit B\u00e4uschen von beiden Hautstellen, auf die oben S. 222 beschriebene Art, schienen sich beide gleichartig zu verhalten. Als aber an der Brust die Ableitung mittelst des Brustgef\u00e4fses geschah, verhielt sich die Zunge erst sehr schwach positiv, dann ganz entschieden, wenn auch noch immer nicht stark, negativ gegen die Brust. Hingegen die oben S. 267 erw\u00e4hnten Blasenpflasterwunden an meinem Unterarm verhielten sich auf das st\u00e4rkste positiv gegen die Brust, und die Zunge selber gegen die Wunden war so stark negativ, dafs die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom gegen die Hemmung gef\u00fchrt w\u00fcrde. Es scheint also nicht, als ob man in der angegebenen Art die Mundschleimhaut mit einer Wundfl\u00e4che elektromotorisch gleich stellen d\u00fcrfe.\n1 Annales des Sciences naturelles. Seconde Se'rie. 1834. t. I. Zoologie p. 125;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. D\u00e9cembre 1834. t. LVII. p.405.* \u2014 Becquerel, Trait\u00e9 exp\u00e9rimental de l\u2019\u00c9lectricit\u00e9 et du Magn\u00e9tisme, t. IV. Paris 1836. p. 300.* \u2014 Vergl. oben Bd. I. S. 26. 111. 487.\n18","page":275},{"file":"p0276.txt","language":"de","ocr_de":"276 Abschn. 3. Kap. VIH. \u00a7. IV. 8. Von den Str\u00f6men durch willk\u00fcrlichen\n8. Von den im lebenden menschlichen K\u00f6rper durch Muskelzusammenziehung hervorgebrachten Str\u00f6men.\n(i) E i n 1 e i t u n g.\nWir sind jetzt hinl\u00e4nglich vertraut mit den Mitteln, elektrische Str\u00f6me von der Oberfl\u00e4che des lebenden menschlichen K\u00f6rpers abzuleiten, und den elektromotorischen Erscheinungen, die sich dabei kundgeben w\u00e4hrend die Muskeln in Ruhe sind. Wir schreiten nunmehr zu der Untersuchung, ob diese Erscheinungen durch die Zusammenziehung der Muskeln eine Ver\u00e4nderung erleiden, die als der Ausdruck der negativen Schwankung des Muskelstromes angesehen werden k\u00f6nne. Vorher wird es zweckm\u00e4fsig sein, uns einige Begriffe klar zu machen, die bisher nur oberfl\u00e4chlich und im Vor\u00fcbergehen haben ber\u00fchrt werden k\u00f6nnen.\nEs ist oben S. 238 erinnert worden, dafs, abgesehen von dem Zustande der parelektronomischen Schicht, dem Widerstande der Oberhaut und der Nebenschliefsung durch die Lederhaut, und allein verm\u00f6ge der Anordnung der Muskeln, der Muskelstrom an den Gliedmafsen unterhalb einer gewissen Grenze, in jeder beliebigen St\u00e4rke mit Einschlufs der Null vorhanden sein k\u00f6nne. Ebenso kann er sowohl auf- als absteigend sein. Die negative Schwankung des Muskelstromes h\u00e4ngt ihrer Richtung nach ab von der Richtung des ruhenden Stromes, der sie, wie ihr Name ausdr\u00fcckt, eben stets entgegengesetzt ist. Ihrer Gr\u00f6fse nach mufs sie der St\u00e4rke des ruhenden Stromes stets proportional sein, in sofern diese St\u00e4rke bedingt wird durch die Anordnung der Muskeln, den Widerstand der Oberhaut, die Nebenschliefsung durch die Lederhaut. Allein diese Proportionalit\u00e4t wird dadurch aufgehoben, dafs die parelektronomische Schicht, mit ihren negativen Kr\u00e4ften von ver\u00e4nderlicher Gr\u00f6fse, wie wir oben S. 147 gefunden haben, keinen Antheil nimmt an der negativen Schwankung. Die Kr\u00e4fte dieser Schicht scheinen vielmehr bei der Zusammenziehung best\u00e4ndig zu bleiben, w\u00e4hrend die \u00fcbrige, positiv wirkende Masse des Muskels in die negative Schwankung verf\u00e4llt. Die Folge davon ist, dafs ein Muskel mit nat\u00fcrlichem Querschnitt w\u00e4hrend der Rujie \u00e4ufserst schwach wirksam, ja unwirksam, bei der Zusammenziehung dagegen stark negativ wirksam sein kann, und dafs daher auch die negative Schwankung selbst dann noch sichtbar werden kann, wenn sich Nebenschliefsungen und Widerst\u00e4nde der Wahrnehmung des ruhenden Stromes widersetzen.\nWir haben an den Gliedmafsen des lebenden menschlichen K\u00f6rpers best\u00e4ndige Str\u00f6me meist in aufsteigender Richtung entdeckt. Von einigen dieser Str\u00f6me haben wir bereits ausgemacht, dafs sie nicht aus den","page":276},{"file":"p0277.txt","language":"de","ocr_de":"Tetanus der menschlichen Gliedmassen. \u2014 (i) Einleitung. 277\nMuskeln stammen, sondern Hautstr\u00f6me sind. Sie haben bei der Pr\u00fcfung in verschiedenen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten ihre Richtung nicht bewahrt. Nichtsdestoweniger haben wir die M\u00f6glichkeit offen lassen m\u00fcssen, dals diese Str\u00f6me einen Antheil in sich bergen, der dem Muskelstrom angeh\u00f6rt. H\u00e4tten wir am Menschen, wie am Frosch, ein Mittel ausfindig gemacht, die Hautungleichartigkeiten zu zerst\u00f6ren, h\u00e4tte sich z. B. die Kalihydratl\u00f6sung, wie es einen Augenblick den Anschein hatte, zu diesem Behuf tauglich gezeigt, so w\u00fcrde es uns auch am Menschen vielleicht, wie am Frosch, gelungen sein, jenen Antheil rein darzustellen. Jetzt aber bietet sich uns dazu, in der Beobachtung der Str\u00f6me der Gliedmafsen w\u00e4hrend der Th\u00e4tigkeit der Muskeln, ein neues und wirksames Mittel dar. Es ist klar, enthalten jene Str\u00f6me einen Antheil, der von den Muskeln herr\u00fchrt, so mufs dieser Antheil bei der Zusamraen-ziehung in die negative Schwankung verfallen. Diese Schwankung wird sich als eine Verminderung sowohl, wie auch als eine Vermehrung des Hautstromes kundgeben k\u00f6nnen, je nachdem der Muskelstrom dem Hautstrom gleich oder entgegengesetzt gerichtet ist. Gelingt uns die Beobachtung einer solchen Ver\u00e4nderung des Hautstromes bei der Zusammenziehung, und unter Umst\u00e4nden, wo sie nur als der Ausdruck der negativen Schwankung betrachtet werden kann, so k\u00f6nnen wir aus dem Sinn der Ver\u00e4nderung also leicht die Richtung des ruhenden Stromes entnehmen. Nicht so mit seiner Gr\u00f6fse. Die Gr\u00f6fse der negativen Schwankung w\u00fcrde sich, wegen der parelektronomischen Schicht, selbst dann nicht vorhersehen lassen, wenn wir mit Bestimmtheit w\u00fcfsten, ein wie grofser Bruchtheil des Stromes der ruhenden Gliedmafse aus den Muskeln stammt. Umgekehrt k\u00f6nnen wir also auch aus der etwa beobachteten Gr\u00f6fse der negativen Schwankung keinen Schlufs auf die Gr\u00f6fse jenes Bruchtheils ziehen. Die Schwankung k\u00f6nnte sogar aufserordentlich grofs sein im Verh\u00e4ltnifs zum Strom der ruhenden Gliedmafse, und wir d\u00fcrften nicht einmal schliefsen, dafs jener Bruchtheil ein irgend merklicher gewesen sei.\nDies ist die theoretische Grundlage der bevorstehenden Untersuchung, bez\u00fcglich auf die F\u00e4lle, wo die bei ruhenden Muskeln beobachteten Str\u00f6me bereits zur\u00fcckgef\u00fchrt sind auf blofse Hautstr\u00f6me. Dies ist jedoch, wie man sich erinnert, noch nicht \u00fcberall geschehen. Die Str\u00f6me von Hand und Fufs zur Brust haben die erste Probe bestanden, die ein Strom bestehen mufs, um f\u00fcr den Muskelstrom gelten zu k\u00f6nnen. Sie haben, in den verschiedenen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten, keinen Unterschied ihrer Erscheinungsweise erkennen lassen, der nicht einfach auf einen Unterschied des Widerstandes gedeutet werden k\u00f6nnte. Um die Er\u00f6rterung \u00fcber die Hautstr\u00f6me, so gut es angeht, zu Ende zu f\u00fchren, haben wir uns zwar oben S. 245 gezwungen gesehen, den Ergebnissen der fol-","page":277},{"file":"p0278.txt","language":"de","ocr_de":"278 & Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8. Von den Str\u00f6men durch willk\u00fcrlichen\ngenden Untersuchung vorzugreifen, wodurch auch die Str\u00f6me von Hand und Fufs zur Brust in das Gebiet der reinen Hautstr\u00f6me verwiesen werden. Dies wollen wir indefs jetzt als nicht geschehen betrachten. Wir wollen uns auf den Standpunkt zur\u00fcckversetzen, auf dem wir uns daselbst befanden. Wir denken uns, wir schwebten noch in Ungewifsheit dar\u00fcber, ob nicht jene Str\u00f6me wirklich der Muskelstrom seien. Indem wir also jetzt darauf ausgehen, die Ver\u00e4nderung dieser Str\u00f6me bei der Zusammenziehung zu beobachten, betreten wir f\u00fcr sie zugleich den zweiten der beiden Wege, die oben S. 239 angegeben wurden, um zu entscheiden, ob ein Strom der Muskelstrom sein k\u00f6nne, oder ob er nur ein Hautstrom sei. Ist der Strom von Hand und Fufs zur Brust der Muskelstrom, so mufs er bei der Zusammenziehung eine angemessene negative Schwankung seiner St\u00e4rke wahrnehmen lassen. L\u00e4fst er eine solche Schwankung vermissen, so kann er der Muskelstrom nicht sein.\nDoch ist dies nicht so zu verstehen, als ob aus dem Erscheinen der negativen Schwankung in angemessener Gr\u00f6fse nun auch mit Bestimmtheit folge, dafs der fragliche Strom der Muskelstrom sei. Man denke sich, neben einem aufsteigenden Hautstrom, einen gleichfalls aufsteigenden Muskelstrom in der Gliedmafse vorhanden, aber durch die negativen Kr\u00e4fte der parelektronomischen Schicht vollst\u00e4ndig aufgewogen, so dafs kein merklicher Bruchtheil davon nach aufsen gelangt. Es hat keine Schwierigkeit, sich vorzustellen, dafs die negative Schwankung dieses Muskelstromes bei der Zusammenziehung gerade so grofs ausfalle, als sie sein m\u00fcfste, w\u00e4re der Hautstrom ein Muskelstrom, und in negativer Schwankung begriffen. Diese letztere Bemerkung steht \u00fcbrigens hier nur der Vollst\u00e4ndigkeit halber. Wir werden keine Gelegenheit finden, sie anzuwenden. Der Strom von Hand und Fufs zur Brust l\u00e4fst erw\u00e4hntermafsen bei der Zusammenziehung keine negative Schwankung von angemessener Gr\u00f6fse erkennen.\nWas die Verfahrungsart bei den Versuchen betrifft, so sieht man leicht, dafs wir uns hier, um Spuren der negativen Schwankung des Muskelstromes aufzufassen, in weit h\u00f6herem Grade durch die Umst\u00e4nde beg\u00fcnstigt finden, als dies bei der Erforschung des ruhenden Stromes der Fall war.\nErstens werden wir die Leichtigkeit haben, die Hautstr\u00f6me durch die Methode der Compensation aus dem Spiel zu bringen, indem wir n\u00e4mlich die Ableitung an symmetrischen Hautstellen, und dann die Zusammenziehung nur einseitig vornehmen. Also z. B. wir tauchen beide H\u00e4nde ein, lassen die Nadel unter dem Einfl\u00fcsse des Eigenstroraes dem Nullpunkt nahe zur Ruhe kommen, und ziehen dann die Muskeln des","page":278},{"file":"p0279.txt","language":"de","ocr_de":"Tetanus der menschlichen Gliedmafsen. \u2014 (i) Einleitung. 279\neinen Armes zusammen. Findet dabei eine elektromotorische Wirkung statt, so trifft sie die Nadel in der g\u00fcnstigsten Lage, damit sie m\u00f6glichst stark abgelenkt werde. Es sind keine heftigen Str\u00f6me vorhanden mit starken Ladungen, durch deren leicht schwankende Gr\u00f6fse man Gefahr liefe get\u00e4uscht zu werden. Mit einem Worte, diese Versuchsweise ist geeignet, uns einigen, wenn auch nicht vollen Ersatz zu bieten f\u00fcr das Hindernifs, welches f\u00fcr die Untersuchung hier im Allgemeinen aus dem bereits beklagten Umstand erw\u00e4chst, dafs es uns nicht gelungen ist, am Menschen, wie am Frosch, ein Mittel zur Vernichtung der Hautstr\u00f6me ausfindig zu machen.\nAllein selbst in dem Falle, wo wir, auf jene Versuchsweise verzichtend, uns bequemen m\u00fcssen, bei Gegenwart der ungeschw\u00e4chten Hautstr\u00f6me auf die Spur der negativen Schwankung zu fahnden, sind wir hier doch viel g\u00fcnstiger gestellt, als bei der Aufsuchung des ruhenden Muskelstromes. Zwar wenn wir uns jetzt damit begn\u00fcgten, die vorigen Versuche mit dem einzigen Unterschiede zu wiederholen, dafs wir die Glieder statt wie bisher mit erschlafften, mit angespannten Muskeln in die Gef\u00e4fse tauchten, in diesem Falle w\u00fcrde unstreitig die negative Schwankung des Muskelstromes demselben Schicksale verfallen wie der ruhende Strom selber. Sie w\u00fcrde sich verlieren in dem Gedr\u00e4nge der durch die Hautungleichartigkeiten bedingten heftigen Nebenwirkungen. Allein es liegt wohl nichts n\u00e4her als die Einsicht, dafs wir uns hier desselben Kunstgriffes zu bedienen haben, der uns schon bei der ersten Entdeckung der negativen Schwankung des Muskelstromes am Gastroknemius des Frosches so wesentliche Dienste geleistet hat. Auch hier w\u00e4re es uns schwer gewesen, den Einflufs zu erkennen, den die Zusammenziehung auf den Strom \u00e4ufsert, wenn wir einfach den zu-saramengezogenen, statt wie sonst den erschlafften Muskel, in den Multiplicatorkreis eingef\u00fchrt h\u00e4tten. Erst nachdem uns auf anderem Wege jener Einflufs bekannt geworden war, gelang es uns, ihn auch bei diesen Versuchen zu unterscheiden (S. oben Abth. I. S. 60). Jener andere Weg aber bestand darin, dafs wir zuerst den Strom des erschlafften Muskels im Multiplicatorkreise einen best\u00e4ndigen Werth annehmen liefsen. Wurde dann der Muskel in Tetanus versetzt, und cs fand, wie es wirklich der Fall ist, ein Einflufs des Tetanus auf die St\u00e4rke des Stromes statt, so mufste sich dieser Einflufs zu erkennen geben durch eine Ver\u00e4nderung des Standes der Nadel, von der sich mit tausend Gr\u00fcnden beweisen liefs, dafs sie, gleichviel ob mittelbar oder unmittelbar, doch von nichts herr\u00fchren k\u00f6nne als von der Zusammenziehung des Muskels, Dies Verfahren mufste selbst dann sicher bleiben, wie es sich denn in Wahrheit auch erwies, wenn aufser dem Strom des ruhenden Muskels","page":279},{"file":"p0280.txt","language":"de","ocr_de":"280 '?\u2022 Abschn. Kap. VIH. \u00a7. IV. S. Von den Str\u00f6men durch willk\u00fcrlichen\nselber auch noch andere Str\u00f6me, z. B. der eines zweiten Muskels, im Kreise gegenw\u00e4rtig waren.\nDamit ist uns nun auch hier der Weg gezeigt. Wir werden also zuerst in hergebrachter Weise die Glieder mit erschlafften Muskeln in den Multiplicatorkreis einf\u00fchren. Es werden sich dabei die bekannten elektromotorischen Wirkungen kundgeben. Wir werden den Zeitpunkt abwarten, wo die Hautstr\u00f6me im Multiplicatorkreise best\u00e4ndig geworden sind. Erst dann werden wir die Zusammenziehung vornehmen. Ist sie von einer elektromotorischen Wirkung begleitet, die in den Bereich der Empfindlichkeit des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom f\u00e4llt, so kann uns diese Wirkung nicht entgehen. Sie wird mit aller Sicherheit zu beobachten sein, wofern nur daf\u00fcr gesorgt ist, dafs die Hautstr\u00f6me bei der Zusammenziehung best\u00e4ndig bleiben.\t,\nNat\u00fcrlich gelten diese beiden Bedingungen f\u00fcr die Erreichung unseres Zieles, hinl\u00e4ngliche St\u00e4rke der erfolgenden Wirkung und Best\u00e4ndigbleiben der Hautstr\u00f6me, auch bei der ersterw\u00e4hnten Methode der Compensation. Auf die Verwirklichung dieser beiden Bedingungen kommt also jetzt Alles an.\nWas die erste Bedingung betrifft, so k\u00f6nnen wir begreiflich nur soviel dazu thun, dafs wir eben die Zusammenziehung in der Weise bewerkstelligen, in der von ihr die st\u00e4rkste Wirkung auf die Nadel zu erwarten steht. Die Zusammenziehung werden wir hier nat\u00fcrlich durch den Willen hervorbringen. Aber so wenig als wir uns bei der auf elektrischem, mechanischem, chemischem, kaustischem Wege vermittelten Zusaramenziehung begn\u00fcgen konnten mit einer einmaligen Zuckung (S. oben Abth. I. S. 30 ff.), so wenig wird dies hier erlaubt sein. Vielmehr wird auch hier stets die Zusammenziehung tetanisch sein m\u00fcssen, d. h. der Art, dafs die Muskeln m\u00f6glichst lange in m\u00f6glichst starker Spannung beharren.\nDoch liegt es in der Natur der Dinge, dafs dies hier nicht, wie beim Frosch, stets wird f\u00fcr alle Muskeln der Gliedmafsen zugleich der Fall sein k\u00f6nnen. Denn der m\u00f6glichst starken Anspannung s\u00e4mmtlicher Muskeln einer Gliedmafse entspricht eine bestimmte Stellung der letzteren, am Beine z. B., wegen des Uebergewichtes der Streckmuskeln, die Streckung. Es wird nun, wie man sich leicht denken kann, nicht immer zutreffen, dafs diese Stellung der Gliedmafse sich auch zugleich zur bequemen Ableitung des Stromes schickt. Diese letztere Bedingung ist aber sichtlich eine so wesentliche zum Gelingen des Versuches, dafs vielmehr sie es ist, wodurch vor Allem die Stellung der Gliedmafse bestimmt wird. Die zur Ableitung des Stromes bequemste Stellung mufs also zuerst ermittelt, und es m\u00fcssen alsdann den beiden antagonistischen","page":280},{"file":"p0281.txt","language":"de","ocr_de":"Tetanus der menschlichen GVedmafsen. \u2014 (i) Einleitung. 2S1\nMuskelgruppen solche Spannungen ertheilt werden, dafs sic in der so gegebenen Stellung einander das Gleichgewicht halten.\nHinsichtlich des zweiten Punktes, dafs n\u00e4mlich die Hautstr\u00f6me bei der Zusammenziehung unver\u00e4ndert bleiben sollen, ist nach dem oben S. 222 Gesagten zun\u00e4chst klar, dafs auf den Gebrauch von B\u00e4uschen zur Ableitung der Str\u00f6me hier ganz und gar Verzicht zu leisten ist. Denn bei der Anspannung der Muskeln \u00e4ndert sich die Gestalt der von den B\u00e4uschen ber\u00fchrten K\u00f6rperoberfl\u00e4che, und die Haut verschiebt sich darunter. Es k\u00f6nnen also leicht Hautstellen der Ber\u00fchrung der B\u00e4usche entzogen werden und andere zur Ber\u00fchrung damit kommen. Dies kann Anlafs geben zur Erzeugung von Str\u00f6men, welche um so leichter mit der negativen Schwankung zu verwechseln sind, als \u00fcber die Richtung dieser letzteren, ob sie in Bezug auf einen herrschenden Hautstrom positiv oder negativ sei, gar nichts im Voraus bekannt ist. Es liegt nahe, um diesen Uebelstand zu vermeiden, die B\u00e4usche auf irgend cine Art, z. B. mit H\u00fclfe einer Rollbinde, so fest an die K\u00f6rperoberll\u00e4che anzudr\u00fccken, dafs sich bei einer Gestaltver\u00e4nderung dieser Oberfl\u00e4che weder Punkte der B\u00e4usche von der Haut abl\u00f6sen, noch neue Punkte derselben damit in Ber\u00fchrung kommen k\u00f6nnen. Allein auch dies ist eitel, denn bei der Zusammenziehung ver\u00e4ndert der Querschnitt der Gliedmafse nicht nur seine Gestalt, sondern auch seine Gr\u00f6fse. Die dadurch bedingte Ver\u00e4nderung der Kraft, womit die B\u00e4usche der K\u00f6rperoberfl\u00e4che angedr\u00fcckt werden, reicht allein schon hin, wie oben S. 222 gesagt wurde, um starke und unregelm\u00e4fsige Str\u00f6me hervorzubringen.\nNoch mehr wie bei den fr\u00fcheren Versuchen sind wir also bei den hier bevorstehenden auf die Methode des Eintauchens, auf den Gebrauch der gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fse, der Hand- und Fufsgef\u00e4fse, und des Brustgef\u00e4fses beschr\u00e4nkt. Bei diesem Verfahren gen\u00fcgt es, so weit wir bis jetzt urtheilen k\u00f6nnen, damit die Hautstr\u00f6me bei der Zusammenziehung unver\u00e4ndert bleiben, dafs dabei keine neuen Hautstellen benetzt werden. Es mufs also die Tiefe dieselbe bleiben, bis zu der die Finger, die H\u00e4nde u. s. w. in die Zuleitungsfl\u00fcssigkeit tauchen.\nUm diesen Zweck, bei den verschiedenen Anordnungen, von denen wir Gebrauch machen werden, besser zu erreichen, sind verschiedene Vorkehrungen n\u00f6thig, die geh\u00f6rigen Ortes beschrieben werden sollen. Abgesehen von diesen Vorkehrungen, wodurch die Stellung der Glied-mafsen bei der Zusammenziehung gesichert wird, lassen sich noch verschiedene Kunstgriffe anwenden, um seihst bei einer stattlindenden Schwankung in der Tiefe des Eintauchens doch die H\u00f6he best\u00e4ndig zu erhalten, bis zu welcher die eingetauchten Theile in leitender Ber\u00fchrung mit der Fl\u00fcssigkeit sind. Diese Kunstgriffe sind die n\u00e4mlichen, die wir bereits","page":281},{"file":"p0282.txt","language":"de","ocr_de":"282\t5. Abschn. Kap. VIJ1. \u00a7. IV. 8 (u). Von den Str\u00f6men durch\noben Bd. I. S. 214 ersonnen haben, um dasselbe f\u00fcr die Zuleitungsplatten des Multiplicators zu leisten. Man kann also die Finger in der H\u00f6he, bis zu der sie eingetaucht sind, mit Kleb\u00e4ther in einer solchen Breite bestreichen, dafs bei etwaigen Schwankungen der Finger doch unm\u00f6glich jemals weder der obere Rand des Kleb\u00e4therringes unter, noch der untere \u00fcber die Oberfl\u00e4che der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit kommen kann. Oder man kann die Bekleidung der Zuleitungsplatten nachahmen, indem man die Finger mit Fliefspapier umwickelt, welches sich mit der L\u00f6sung tr\u00e4nkt, und Ursach wird, dafs die Finger auch beim Herausziehen stets in gleicher Art mit der Fl\u00fcssigkeit benetzt bleiben. Dasselbe l\u00e4fst sich an den H\u00e4nden mit gewirkten Handschuhen, an den F\u00fcfsen mit Socken erreichen.\nIndessen sind nach meinen zahlreichen Erfahrungen diese k\u00fcnstlichen Versuchsweisen \u00fcberfl\u00fcssig. Es gen\u00fcgt vielmehr, ehe man die Zusamraen-ziehung vornimmt, die Theile, von denen die Ableitung geschieht, etwas tiefer eingetaucht zu halten, als man es w\u00e4hrend der Zusammenziehung selber zu thun gedenkt. Wenn man dann diese Theile etwas aus der Fl\u00fcssigkeit herauszieht und wieder eintaucht, jedoch so, dafs keine neue Hautstelle benetzt wird, findet keine irgend in Betracht kommende elektromotorische Wirkung statt.\nDie allgemeinen hier gegebenen Regeln sind, ohne dafs es ausdr\u00fccklich gesagt werde, bei den jetzt zu beschreibenden Versuchen stets als befolgt vorauszusetzen.\nAls Zuleitungsfl\u00fcssigkeit bedienen wir uns zun\u00e4chst nun wieder unserer gew\u00f6hnlichen, der ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung.\n(u) Von der elektromotorischen Wirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus an den verschiedenen Gliedmafsen des menschlichen K\u00f6rpers.\nWir beginnen damit, den menschlichen K\u00f6rper auf die n\u00e4mliche Weise in den Multiplicatorkreis einzuf\u00fchren, wie dies mit dem lebenden unversehrten Frosch zu geschehen pflegt, n\u00e4mlich so, dafs die Ableitung einerseits an beiden F\u00fcfsen, andererseits am Rumpf stattfindet. Es werden also die F\u00fcfse in die mit Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllten Fufsgef\u00e4fse gesetzt, und die \u00fcber die eine kurze Seitenwand den Fufsspitzen gegen\u00fcber in die L\u00f6sung herabh\u00e4ngenden Zuleitungsplatten mit dem einen Multiplicatorende verkn\u00fcpft. Die Ableitung am Rumpfe geschieht allerdings nicht, wie beim Frosch, vom R\u00fccken mit H\u00fclfe des Sattelbausches, sondern von der Brust mittelst des Brustgef\u00e4fses. Dies pflege ich hier etwas anders anzuwenden, als fr\u00fcher, wo es sich darum handelte, die best\u00e4ndige elektromotorische Wirkung zwischen einem Punkte des Rumpfes nnd einem solchen der Gliedmafsen zu ermitteln. Dort mufste","page":282},{"file":"p0283.txt","language":"de","ocr_de":"willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedma\u00dfen.\t283\nman schnell, mit Ausschlufs des K\u00f6rpers, die ableitende Vorrichtung mittelst eines Bausches in sich schliefsen k\u00f6nnen, um durch die Ladungen von dem Vorhandensein eines best\u00e4ndigen Stromes Best\u00e4tigung zu erhalten. Es geschah daher die Ableitung am Brustgef\u00e4fs in der Art, dafs das eine der gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fse durch einen Bausch mit jenem in Verbindung gebracht wurde. Hier f\u00e4llt diese Verwickelung fort. Die Zuleitungsplatten k\u00f6nnen unmittelbar in das Brustgef\u00e4fs getaucht werden. Zu diesem Zweck werden sie in eine h\u00f6lzerne Blechklemme eingespannt, wie sie in Fig. 88. Taf. I. Fig. 122. Taf. IV dieses Bandes abgebildet ist. Zugleich mit ihnen wird ein Streifen Blattkupfer von der Breite der Klemme, der sich \u00fcber beide Platten fort erstreckt, und ein d\u00fcnner \u00fcbersponnener und gefirnifster Kupferdraht eingespannt. Die nach unten gewendete Fuge der Klemme wird rings um die Platten mit Kolophoniumkitt verstrichen. Die Klemme selber pafst genau in Eindr\u00fccke in den seitlichen R\u00e4ndern des Brustgef\u00e4fses, welche mit der Klemme gemacht wurden, nachdem die R\u00e4nder durch heifses Wasser in den knetbaren Zustand versetzt worden. Endlich ist an dem Brustgef\u00e4fs eine Klemmschraube befestigt, an welche der von den Zuleitungsplatten herkommende Draht befestigt wird. Ein anderer langer Draht geht von dieser Klemmschraube zum anderen Multiplicator-ende. Diese Einrichtung hat vor derjenigen, welche fr\u00fcher n\u00f6thig war, den Vortheil, dafs man dabei den Rumpf wenigstens so frei bewegen kann, als es die R\u00fccksicht auf die Dichtigkeit des Verschlusses des Brustgef\u00e4fses verstauet (S. oben S. 234).\nSo ist also jetzt, gewissermafsen, das GALVANi\u2019sche Pr\u00e4parat des lebenden menschlichen K\u00f6rpers in den Multiplicatorkreis eingeschaltet. Von den beiden F\u00fcfsen nach dem Brustgef\u00e4fs ist im K\u00f6rper ein heftiger aufsteigender Strom vorhanden, der die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom auf 60\u201480\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung h\u00e4lt. Es kommt jetzt nur noch darauf an, dafs s\u00e4mmtliche Muskeln beider Beine anhaltend in m\u00f6glichst starke Zusammenziehung versetzt werden. Die bequemste Stellung dazu ist f\u00fcr mich diejenige, wobei ich, die F\u00fcfse in den Fufs-gef\u00e4fsen, auf einem Gegenst\u00e4nde, z. B. einem Schraubsessel, von solcher H\u00f6he reite, dafs die beiden Beine dabei im Kniegelenk in einen stumpfen Winkel gebeugt sind.\nSobald ich nun die Zusammenziehung vornehme, geschieht wirklich ein Ausschlag der Nadel. Durch diesen Ausschlag wird die Nadel n\u00e4her an die Hemmung gef\u00fchrt.\nDer Strom, der bei der Zusamraenziehung im Bein entsteht, erscheint also als Verst\u00e4rkung des bereits vorhandenen aufsteigenden Stromes, er ist selber aufsteigend. Der bereits vorhandene aufsteigende","page":283},{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"284\t& Abschn. \u00c4ap. Vlll. \u00a7\u25a0 IV. 8 (u). Von den Str\u00f6men durch\nStrom erleidet also bei der Zusammenziehung eine positive und keine negative Schwankung, geschweige eine solche von angemessener Gr\u00f6fse. Er kann also der Muskelstrom nicht sein. Dies ist die Thatsache, auf deren Grund die Natur jenes Stromes als eines blofsen Hautstromes schon oben S. 245 behauptet worden ist. Wenn aber der positive Zuwachs des aufsteigenden Hautstromes bei der Zusammenziehung wirklich von der negativen Schwankung des Muskelstromes der Beine herr\u00fchrt, so ist also dieser Strom in den Beinen, statt aufsteigend wie im Frosch, vielmehr absteigend.\nDer Versuch gelingt nat\u00fcrlich auch mit nur einem Beine. Der Ausschlag f\u00e4llt aber dabei noch kleiner aus. Aus dieser Kleinheit des Ausschlages beeile man sich nicht, auf eine gleiche Geringf\u00fcgigkeit der Wirkung zu schliefsen, die ihm zu Grunde liegt. Vielmehr ist zu bedenken, dafs der Ausschlag in einer so hohen Breite der Theilung vor sich geht, dafs ihm, so klein wie er ist, in Bezug auf die Empfindlichkeit des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom doch eine ganz ansehnliche elektromotorische Wirkung entsprechen d\u00fcrfte.\nDies zeigt sich sogleich bei Wiederholung des Versuches in einer Gestalt, die uns jetzt wohl sehr nahe liegt. Anstalt n\u00e4mlich beide Fufs-gef\u00e4fse mit dem einen, und das Brustgef\u00e4fs mit dem anderen Multipli-catorende zu verbinden, lassen wir letzteres fort und verbinden von den beiden Fufsgef\u00e4fsen jedes mit einem Multiplicatorende. Jetzt stellt sich daher im Kreise, in dem die beiden Beine in entgegengesetzter Richtung eingeschaltet sind, ein mehr oder weniger vollkommenes Gleichgewicht her, je nach dem ein schw\u00e4cherer oder st\u00e4rkerer Eigenstrom der F\u00fcfse vorhanden ist. Die Anordnung ist in Bezug auf den menschlichen K\u00f6rper v\u00f6llig dieselbe als die oben S. 185 beschriebene in Bezug auf den Frosch. Sie ist, f\u00fcr die Beine, die Verwirklichung des oben S. 278 entworfenen Versuchsplanes, der auf die Methode der Compensation gegr\u00fcndet ist.\nBeim Frosch tetanisirten wir vom R\u00fcckenmark aus auf elektrischem Wege oder durch Strychnin, und mufsten daher, da jetzt nur noch das eine Bein in Starrkrampf gerathen darf, das Sitzbeingeflecht der anderen Seite zerst\u00f6ren. Am lebenden menschlichen K\u00f6rper, wo das Tetanisiren des einen Beines durch den Willenseinflufs geschehen kann, ist zur Beschr\u00e4nkung dieses Einflusses auf nur das eine Bein keine weitere Vorkehrung nothwendig.\nDer Erfolg des Versuches ist im Wesentlichen der n\u00e4mliche wie bei den vorher beschriebenen Gestalten desselben. Es entsteht, beim Anspannen s\u00e4mmtlicher Muskeln des einen Beines, ein Ausschlag, der einen in diesem Bein aufsteigenden Strom anzeigt. Da aber diesmal","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedmafsen.\t285\nder Ausschlag vom Nullpunkt oder von seiner Nachbarschaft aus entspringt, so f\u00e4llt er, trotz dem weit gr\u00f6fseren Widerstande des Kreises, doch viel gr\u00f6fser aus, als bei der vorigen Anordnung. Er bel\u00e4uft sich nun bei mir auf 40 \u2014 60\u00b0.\nL\u00e4fst man die Nadel zur Ruhe kommen, und spannt die Muskeln des anderen Beines an, so hat der Ausschlag die entgegengesetzte Richtung im Kreise. Spannt man beide Beine zugleich an, so m\u00fcfsten sich also im Grunde ihre Wirkungen aufheben. Dies ist indefs nur selten der Fall. Meist erh\u00e4lt man auch so Ausschl\u00e4ge, allein bald in der einen, bald in der anderen Richtung, bald stark, bald schwach. Als Grund davon l\u00e4fst sich angeben, dafs zwar die Wirkungen beider Beine ira Augenblick der Zusammenziehung einander entgegengesetzt sind, aber weder an Gr\u00f6fse gleich, noch genau in demselben Augenblick eintretend, noch endlich denselben Verlauf in der Zeit nehmend.\nDieselben Versuche, die wir so eben mit den Beinen angestellt haben, lassen sich nat\u00fcrlich auch mit den Armen anstellen. Es bleiben alle Vorkehrungen die n\u00e4mlichen, nur dafs an Stelle der Fufsgef\u00e4fse die Handgef\u00e4fse treten.\nBei dieser Versuchsweise ist jedoch die \u00e4ufserste Obhut zu verwenden darauf, dafs man nicht get\u00e4uscht werde durch die in der vorletzten Nummer (6) beschriebene r\u00e4thselhafte Wirkung, verm\u00f6ge welcher die zur Faust geballte Hand sich stark positiv verh\u00e4lt gegen die schwach gebeugte, und viel weniger negativ als diese gegen die Brusthaut. Da es nicht m\u00f6glich ist, bei geballter Faust die Muskeln des Unterarmes anzuspannen, ohne dabei die Kraft zu ver\u00e4ndern, mit der man die Hand zur Faust ballt, so mufs man den Versuch mit schwach gebeugten Fingern anstellen. Daraus entspringt jedoch ein namhafter Uebelstand. Man f\u00fchlt n\u00e4mlich durchaus, beim Anspannen s\u00e4mmtlicher Muskeln der Arme, das Bed\u00fcrfnifs eines St\u00fctzpunktes f\u00fcr die H\u00e4nde, und es ist unglaublich, wie viel bei diesen Versuchen darauf ankommt, dafs die gr\u00f6fste Sicherheit und Bequemlichkeit f\u00fcr die vorzunehmende Muskelanstrengung obwalte. Zuerst hatte ich in folgender Weise gesucht, diesem Bed\u00fcrfnifs abzuhelfen. Von einander gegen\u00fcberliegenden Punkten des Randes des Handgef\u00e4fses liefs ich in\u2019s Innere desselben zwei Oesen hinabh\u00e4ngen, die aus einem starken Strang von Guttapercha gebogen waren. In diesen Oesen ruhten die Enden eines ge-firnifsten runden Holzstabes von etwa 30mm Durchmesser, dessen Axe also in einem Durchmesser einer wagerechten Querebene des Gef\u00e4fses in einiger H\u00f6he \u00fcber dem Boden zu liegen kam. Diese St\u00e4be in beiden Gef\u00e4fsen ergriff ich mit den H\u00e4nden, und so liefs sich die Anspannung s\u00e4mmtlicher Armmuskeln sehr sch\u00f6n vollf\u00fchren. Allein gerade bei","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\t3- Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (ii). Von den Str\u00f6men durch\ndieser Gelegenheit wurde ich auf die Beobachtung der elektromotorischen Wirkung beim Faustballen gef\u00fchrt. Es mufste also diese sonst so vorteilhafte Versuchsweise aufgegeben werden. Am besten w\u00fcrde sie vielleicht zu ersetzen sein dadurch, dafs man im Inneren des Gef\u00e4fses einen Stab von nur etwa 10\u00b0\u2122 Durchmesser in derselben Art anbr\u00e4chte, wie vorher den dickeren, und die Hand darauf mit Daumen und Zeigefinger rittlings st\u00fctzte.\nIch habe dies Verfahren nicht in\u2019s Werk gesetzt, sondern mich damit begn\u00fcgt, die Spitzen der vier ersten Finger auf den Boden des Gef\u00e4fses zu st\u00fctzen. Dabei stelle ich die Gef\u00e4fse in solcher H\u00f6he auf, dafs ich, entweder im Stehen oder im Sitzen, bei erschlafft herabh\u00e4ngenden Armen den Boden der Gef\u00e4fse leicht mit den Fingern erreichen kann. So l\u00e4fst sich das Anspannen s\u00e4mmtlicher Muskeln der Arme mit ziemlicher Bequemlichkeit und Sicherheit bewerkstelligen.\nDer Erfolg des Versuches mit den Armen ist in jeder Hinsicht der n\u00e4mliche wie mit den Beinen. Verbindet man das Brustgef\u00e4fs mit dem einen und das eine oder beide Handgef\u00e4fse mit dem anderen Multipli-catorende, so hat man einen starken aufsteigenden Strom dauernd im Kreise, und dieser Strom wird beim Anspannen s\u00e4mmtlicher Armmuskeln verst\u00e4rkt.\nEs gelten folglich hier dieselben Schlufsfolgerungen, die oben S. 284 aus dem Ergebnifs des Versuches mit den Beinen gezogen wurden. Da der Strom von der Hand zur Brust eine angemessene negative Schwankung vermissen l\u00e4fst, so ist er nicht der Muskelstrora, er kann nur ein Hautstrom sein. Ist aber die elektromotorische Wirkung, die den willk\u00fcrlichen Tetanus der Arme begleitet, der Ausdruck der negativen Schwankung des Muskelstromes der Arme, so mufs dieser Strom im Arm wie im Bein absteigend sein.\nL\u00e4fst man das Brustgef\u00e4fs fort, und verbindet jedes der beiden Handgef\u00e4fse mit dem einen Multiplicatorende, so herrscht ann\u00e4hernd Gleichgewicht im Kreise, und beim Anspannen des einen Armes erfolgt ein Ausschlag von 40 \u2014 60\u00b0, der f\u00fcr beide Arme die entgegengesetzte Richtung hat, indem er stets einen in dem angespannten Arme aufsteigenden Strom anzeigt. Spannt man beide Arme zugleich an, so erh\u00e4lt man, wie oben von den Beinen, der Gr\u00f6fse und Richtung nach unregelm\u00e4fsige Ausschl\u00e4ge, in denen sich der Widerstreit der in beiden Armen aufsteigenden Str\u00f6me zu erkennen giebt.\nUeber die Gestalt des Versuches, wobei man die H\u00e4nde in den Handgef\u00e4fsen hat, mufs ich im Allgemeinen bemerken, dafs sie mir stets, ich weifs nicht recht warum, als h\u00f6chst unbequem erschienen ist. Nach meinem Gef\u00fchl lassen sich bei der Stellung des K\u00f6rpers und der Arme,","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedmafsen.\n287\ndie durch die \u00fcbrige Anordnung geboten ist, die Muskelkr\u00e4fte der Arme nicht recht entfalten. Ich gebe daher entschieden den Vorzug der folgenden Versuchsweise, obschon dabei der Widerstand des Kreises freilich gr\u00f6fser ist.\nAn Stelle der H\u00e4nde in die Handgef\u00e4fse, taucht man einen oder mehrere Finger jeder Hand in die gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fse. Diese werden am Rande des Arbeitstisches in geringer Entfernung von einander so aufgestellt, wie man es in Fig. 147. Taf. V. abgebildet sieht, und wie es mit Vortheil in allen Versuchen geschieht, wo die Finger eingetaucht werden sollen. Es ist gleichg\u00fcltig, welche Finger und wieviel eingetaucht werden. Allein es ist bei weitem am vortheil-haftesten, sich der Zeigefinger zu bedienen. Diese kann man n\u00e4mlich am weitesten vorstrecken, und daher beim Gebrauch derselben am leichtesten vermeiden, dafs noch andere Punkte der Hand mit der Wand des Zuleitungsgefafses in Ber\u00fchrung kommen, wodurch Str\u00f6me entstehen, sobald die Wand nicht v\u00f6llig trocken ist. Um diesem Zufall um so sicherer vorzubeugen und um zu verhindern, dafs die Tiefe schwanke, bis zu der man die Finger eingetaucht h\u00e4lt, ist es durchaus nothwendig, dafs die H\u00e4nde w\u00e4hrend der Muskelanstrengung einen St\u00fctzpunkt haben. Dies l\u00e4fst sich auf verschiedene Art bewerkstelligen. Die Einrichtung, bei der ich stehen geblieben bin, sieht man in Fig. 147 abgebildet.\nZur Seite der Zuleitungsgef\u00e4fse, nach aufsen von denselben, sind am Rande des Tisches Zwingen angeschraubt. Diese Zwingen sind aus einem einzigen St\u00fcck geschnitzt. In ihrem R\u00fccken l\u00e4uft ein drehrunder Stab senkrecht auf und nieder, und l\u00e4fst sich mittelst Klemmschrauben in jeder H\u00f6he feststellen. Jeder dieser St\u00e4be tr\u00e4gt ein St\u00fcck, welches einer Wetterfahne nicht un\u00e4hnlich sieht. In dem Blatt der Fahne ist aber ein kreisf\u00f6rmiges Loch von etwas mehr als 32\"\" Halbmesser ausgeschnitten, so dafs das Blatt einen Ring vorstellt. Die Fahnen sind senkrecht auf den Rand des Tisches gestellt, mit ihren Ringen nach dem Tisch hinsehend. Durch die Ringe geht ein runder Stab von 43'\" L\u00e4nge und 32\"\" Durchmesser und ist mit Leichtigkeit darin drehbar. Kn\u00f6pfe an seinen beiden Enden verhindern, indem sie gegen die Ringe stofsen, dafs der Stab sich in der Richtung seiner Axe verschiebe. Der Stab wird wagerecht vor der Front der Zuleitungsgef\u00e4fse aufgestellt, seine Axe etwas \u00fcber ihrem Rande, und so nahe an dieselben, dafs, wenn man sich die cylindrischen Gef\u00e4fse in die H\u00f6he fortgesetzt denkt, ihr Umfang den des Stabes gerade ber\u00fchren w\u00fcrde. Man setzt sich an den Tisch, fafst den Stab mit beiden H\u00e4nden, und indem man ihn, in seiner oberen H\u00e4lfte, von sich abdr\u00e9ht, taucht man die Zeigefinger in die Zuleitungsgef\u00e4fse ein.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\t5. Absehn. Kap. Vlll. \u00a7. IV. 8 (ii). Von den Str\u00f6men durch\nDer Elbogen wird beim Anspannen etwas in die H\u00f6he gehoben (S. die Fig.). Die Finger d\u00fcrfen den Grund der Gef\u00e4fse ber\u00fchren. Es tauchen dabei die beiden letzten Fingerglieder in die L\u00f6sung ein. So befindet- man sich, nach meinem Gef\u00fchl, wie auch nach dem der zahlreichen Personen, welche diesen Versuch unter meiner Leitung angestellt haben, in einer \u00fcberaus bequemen Lage, um die verschiedenen Muskelgruppen des Armes in die heftigste Spannung zu versetzen, welche die Stellung des Armes zul\u00e4fst (S. oben S. 280), ohne dafs man irgend Gefahr liefe, dabei die Tiefe des Eintauchens zu ver\u00e4ndern, oder die Zuleitungsgef\u00e4fse mit neuen Punkten der Hand zu ber\u00fchren.\nIst jedes der beiden Zuleitungsgef\u00e4fse mit einem Multiplicatorende verbunden, die Nadel unter dem Einfl\u00fcsse des Eigenstromes in gr\u00f6fserer oder geringerer N\u00e4he des Nullpunktes zur Ruhe gekommen und man spannt die Muskeln des einen Armes an, so entsteht sofort ein Ausschlag, der einen aufsteigenden Strom in dem Arm anzeigt, wie wir ihn bereits bei Anwendung der Handgef\u00e4fse beobachtet haben. Der Ausschlag f\u00e4llt auch, trotz des grofsen Widerstandes des Kreises, nicht viel kleiner aus, weil eben die Anordnung eine so sehr viel bequemere ist f\u00fcr die Entfaltung der Muskelkr\u00e4fte der Arme. Er betr\u00e4gt 30\u201440, ja sogar 50\u00ae. Das Ergebnifs der gleichzeitigen Anspannung der Muskeln beider Arme ist das n\u00e4mliche wie bei Anwendung der Handgef\u00e4fse. Mit dem Brustgef\u00e4fs als dem einen, und dem einen oder beiden Zu-leitungsgef\u00e4fsen als dem anderen Multiplicatorende, habe ich den Versuch nicht angestellt. Es ist aber keine Frage, dafs er im Wesentlichen denselben Erfolg liefern w\u00fcrde, wie bei Anwendung der Handgef\u00e4fse statt der gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fse.\nWir haben nun die elektromotorische Wirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus in den oberen und in den unteren Gliedmafsen des menschlichen K\u00f6rpers erkannt. Es giebt eine bequeme Art, bei einer und derselben Anordnung beide Versuche anzustellen. Sie besteht einfach darin, die beiden F\u00fcfse in die beiden Fufsgef\u00e4fse zu tauchen, die mit dem einen Multiplicatorende verkn\u00fcpft sind, die beiden H\u00e4nde aber in die beiden Handgef\u00e4fse, die mit dem anderen Multiplicatorende in Verbindung stehen. Dabei erh\u00e4lt man, wie man sich erinnert, einen starken Strom, der bei Anwendung der ges\u00e4ttigten Kochsalzl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit im Bein manchmal aufsteigend, meist jedoch, und namentlich bei l\u00e4ngerer Dauer des Eintauchens, fast stets absteigend ist (S. oben S. 236). Gleichviel welcher Strom herrsche, ist er im Multiplicatorkreis best\u00e4ndig geworden, und man spannt die Muskeln der Beine an, so erfolgt ein in den Beinen aufsteigender, in den Armen absteigender Ausschlag. Der Ausschlag hat die umgekehrte Richtung, wenn man die Muskeln der","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedmassen.\n2S9\nArme anspannt. Der in Bezug auf die herrschende Str\u00f6mungsrichtung negative Ausschlag ist dabei nat\u00fcrlich der gr\u00f6fsere. Ist z. B. der Strom in den Beinen absteigend, und die Nadel verweilt best\u00e4ndig auf etwa 60\u00b0, so kann es geschehen, dafs sie beim Anspannen der Armmuskeln auf 80\u00ae, beim Anspannen der Beinmuskeln auf \u201440\u00b0 getrieben wird. Man kann den Versuch auch nur mit einem Arm und einem Bein anstellen. Der Erfolg ist im Wesentlichen derselbe, nur dafs die Wirkung etwas kleiner ausf\u00e4llt. Man k\u00f6nnte auch den Versuch mit beiden Armen und Beinen noch dahin ab\u00e4ndern, dafs man das eine Hand- und das eine Fufsgef\u00e4fs mit dem einen, das andere Hand- und das andere Fufsgef\u00e4fs mit dem anderen Multiplicatorende verkn\u00fcpfte. Dabei m\u00fcfste sich bei ruhenden Muskeln ein leidliches Gleichgewicht im Kreise hersteilen, nach demselben Grunds\u00e4tze, der uns im Beginn unserer Untersuchung dazu gef\u00fchrt hat, zwei Zuleitungsplatten statt einer an jedem Multiplicatorende anzubringen (S. oben Bd. I. S. 207). Dann w\u00fcrden die Wirkungen bei der Zusammenziehung die Nadel in der N\u00e4he des Nullpunktes treffen und auf beiden Seiten gleichm\u00e4fsiger werden. Ich habe diesen Versuch, der nichts Neues lehren konnte, indefs nicht ausgef\u00fchrt.\nVon gr\u00f6fserer Wichtigkeit war es, jetzt noch den Versuch zu machen, die Wirkung der einzelnen Abtheilungen der Gliedmafsen beim Anspannen ihrer Muskeln von einander zu trennen, also die Wirkung vom Oberarm, dem Unterarm, dem Oberschenkel und dem Unterschenkel einzeln zu beobachten.\nEs giebt dazu offenbar zwei Wege. Der eine besteht darin, w\u00e4hrend man die ganzen Gliedmafsen in den Kreis einf\u00fchrt, nur die einzelnen Abtheilungen derselben zusammenzuziehen. Der andere besteht darin, zwar die ganzen Gliedmafsen zusamraenzuziehen, aber den Strom nur von ihren einzelnen Abtheilungen abzuleiten.\nIch habe von beiden Wegen Gebrauch gemacht. An den oberen Gliedmafsen n\u00e4mlich gelingt es mir nicht, den Willenseinflufs geh\u00f6rig entweder auf den Ober- oder auf den Unterarm einzuschr\u00e4nken. Allenfalls gelingt mir dies f\u00fcr den Oberarm. Wenn ich aber die Unterarmmuskeln anspanne, spanne ich auch immer zugleich die Oberarmmuskeln an. Hier habe ich daher suchen m\u00fcssen, das zweite Verfahren ins Werk zu setzen, d. h. den Strom von dem Oberarm oder dem Unterarm allein abzuleiten, w\u00e4hrend ich alle Muskeln des Armes ohne Unterschied in Tetanus versetzte. An den Beinen dagegen vermag ich, wenn ich sitze, den Oberschenkel und den Unterschenkel gesondert anzuspannen, und hier kann also der erste Weg eingeschlagen, d. h. der Strom nach wie vor vom ganzen Bein abgeleitet, und nur die Zusam-menzichung jedesmal auf die einzelne Abtheilung der Gliedmafse ein-II. 2\t19","page":289},{"file":"p0290.txt","language":"de","ocr_de":"290 Abschn. Kap. VUL \u00a7. IV. 8 (h). Von den Str\u00f6men durch\ngeschr\u00e4nkt werden. Es ist ein gl\u00fccklicher Umstand, dafs dies angeht; denn es w\u00fcrde nicht leicht sein , am Bein das erste Verfahren in\u2019s Werk zu setzen, d. h. den Strom allein vom Oberschenkel oder vom Unterschenkel abzuleiten.\nEs tauche also jetzt wieder, bei sitzender Stellung des K\u00f6rpers, der eine Fufs in das eine Fufsgef\u00e4fs, welches mit dem einen Multipli-catorende verkn\u00fcpft ist, und das andere Multiplicatorende sei in Verbindung entweder mit dem anderen Fufsgefafs.e, oder mit einem der Handgef\u00e4fse, oder mit dem Brustgef\u00e2fs\u00e7. Nach Beruhigung der Nadel wird nur entweder der Ober- oder der Unterschenkel angespannt. Der Erfolg ist der Richtung ij^ach der n\u00e4mliche, wie b\u00e7im .Anspannen des ganzen Beines. Aber der aufsteigende Ausschlag, <Jer somit in beiden F\u00e4llen erfolgt, ist, wie sich erwarten liefs, merklich schw\u00e4cher, als bei gleichzeitiger Anstrengung s\u00e4mmtlicher Beinmuskeln,\nSogar bei Zusammenziehung einer einzelnen Muskelgruppe des Oberschenkels giebt sich eine elektromotorische Wirkung zu erkennen. Man kann n\u00e4mlich im Stehen, indem man sich vorzugsweise auf das eine Bein st\u00fctzt, und das andere, dessen Fufs im Fufsgef\u00e4fs befindlich ist, gestreckt vor sich hinsetzt, an diesem die Gruppe des Rectus femoris, Cruralis, Vastus internus und Vastus externus, und meist wohl auch des Tensor fasciae latae, in die heftigste Spannung versetzen, indefs alle \u00fcbrigen Muskeln in vollkommener Erschlaffung verharren. Auch dabei erfolgt ein im Bein aufsteigender Ausschlag, der sich in g\u00fcnstigen F\u00e4llen auf 30\u00b0 bel\u00e4uft.\nMehrmals, wenn ich diesen Versuch \u00f6fter hintereinander wiederholte, bekam ich einen Krampf in der bezeichnten Muskelgruppe, so dafs die Zusammenziehung., abgesehen von dem ersten Anstofs, ganz unwillk\u00fcrlich vor sich ging und einige Zeit, sehr schmerzhaft anhielt, um sich zuletzt in eine Reihe immer schw\u00e4cher werdender Zuckungen aufzul\u00f6sen. Auch bei dieser unwillk\u00fcrlichen Anspannung der Muskeln zeigte sich der ira Bein aufsteigende Ausschlag.\nUm den bei der Zusammenziehung entstehenden Strom allein von dem Oberarm abzuleiten, wird der Elbogen des betreffenden Armes in das eine Handgef\u00e4fs getaucht. Die Ableitung auf der anderen Seite geschieht entweder durch das Brustgef\u00e4fs, oder durch die Hand oder den Elbogen in dem anderen Handgef\u00e4fse, oder durch einen oder beide F\u00fcfse in den Fufsgef\u00e4fsen, genug wie man will. Ist die Nadel beruhigt, so werden s\u00e4mmtliche Armrauskeln, mit Inbegriff der Muskeln des Unterarmes, angespannt. Dabei darf nat\u00fcrlich der Beugungszustand des El-bogengelenkes, oder der Dehnungszustand der Haut des Eibogens nicht ver\u00e4ndert werden, damit sich nicht die elektromotorische Wirkung wegen Ausdehnung der Haut in das Ergebnifs einmische (S. oben S. 261). Der","page":290},{"file":"p0291.txt","language":"de","ocr_de":"willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedma\u00dfen.\n291\nErfolg ist auch hier ein stets in dem angespannten Oberarm aufsteigender Ausschlag, der in g\u00fcnstigen F\u00e4llen eine ansehnliche Gr\u00f6fse, bis 40\u00b0, erreichen kann.\nEndlich, um nun auch dem Unterarm allein beizukommen, verfahre ich folgendermafsen. Das eine Multiplicatorende wird mit dem einen Fingergef\u00e4fs, das andere mit dem einen Handgef\u00e4fs verbunden. Das Fingergef\u00e4fs wird am Rande des Tisches hinter dem mit der Hand zu fassenden Stabe gerade so aufgestellt, wie es oben S. 287 f\u00fcr beide Fingergef\u00e4fse angegeben, Fig. 147 Taf. V abgebildet ist. Vor dem Stabe wird das eine Handgef\u00e4fs in solcher H\u00f6he und Entfernung aufgestellt, dafs, wenn man nun mit der Hand den Stab ergreift und den Finger in das Fingergef\u00e4fs taucht, man mit Bequemlichkeit zugleich den Elbogen in das Handgef\u00e4fs tauchen kann. Begreiflich mufs dazu der Spiegel der L\u00f6sung in dem Handgef\u00e4fs um eine passende Gr\u00f6fse tiefer liegen als der in dem Fingergef\u00e4fs. Beim Schliefsen des Kreises entsteht ein starker aufsteigender Strom im Vorderarme (S. oben S. 233). Hat sich die Nadel beruhigt, und man spannt s\u00e4mmtliche Muskeln des Armes an, so erfolgt ein aufsteigender Ausschlag, zwar nicht sehrgrofs, doch so, dafs nie ein Zweifel dar\u00fcber \u00fcbrig bleibt.\n(iii) Von der elektromotorischen Nachwirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus an den Gliedmafsen des menschlichen K\u00f6rpers.\nWir haben nunmehr an Arm und Bein, Ober-und Unterschenkel, Ober- und Unterarm, Str\u00f6me kennen gelernt, welche in dem Augenblick auftreten, wo s\u00e4mmtliche Muskeln dieser verschiedenen Glieder und Gliederabtheilungen in heftige Zusammenziehung gerathen. Wir haben aber bisher an diesen Str\u00f6men erst zweierlei beachtet; erstens ihre Richtung, die wir \u00fcberall dieselbe, n\u00e4mlich aufsteigend, gefunden haben, zweitens ihre verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsige St\u00e4rke, so weit sie sich nach der Gr\u00f6fse der Ausschl\u00e4ge beurtheilen l\u00e4fst. Es ist jetzt an der Zeit, dafs wir einem anderen Punkte in der Erscheinungsweise dieser Str\u00f6me unser Augenmerk zuwenden.\nEs ist bisher stets nur die Rede gewesen von Ausschl\u00e4gen durch jene Str\u00f6me, nicht von best\u00e4ndigen Ablenkungen der Nadel. Der Grund davon liegt auf der Hand. Er ist derselbe weshalb wir auch nie eine best\u00e4ndige Ablenkung durch die negative Schwankung des Stromes eines Gastroknemius, oder eines .auf elektrischem Wege oder durch Strychnin tetanisirten Frosches beobachtet haben. Die Muskeln sind ersch\u00f6pft und der Tetanus hat ein Ende, ehe die Nadel Zeit gehabt hat, eine neue Ruhelage anzunehmen. So auch hier. Man vermag nicht, wie\n19\u201d","page":291},{"file":"p0292.txt","language":"de","ocr_de":"292 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (hi). Von der elektromotorischen\nes nothwendig w\u00e4re, damit eine best\u00e4ndige Ablenkung zu Stande k\u00e4me, s\u00e4mmtlicbe Muskeln einer Gliedmafse mehrere Minuten lang auf dem Gipfel von Anspannung zu erhalten, der erfordert wird, damit eine merkliche Wirkung auf die Nadel ausge\u00fcbt werde.\nEine auffallende Erscheinung aber ist folgende. Man denke sich eine der vier Anordnungen des Versuches, wobei kein starker Hautstrom stattfindet, folglich die Nadel urspr\u00fcnglich auf dem Nullpunkt oder in seiner N\u00e4he verharrt. Diese vier Anordnungen sind die, wo entweder die beiden F\u00fcfse, oder die beiden H\u00e4nde, oder die beiden Zeigefinger, oder endlich die beiden Elbogen mit den beiden Multiplicatorenden verbunden, und dem entsprechend die Beine, oder die ganzen Arme, oder auch nur die Oberarme, in entgegengesetzter Richtung in den Kreis eingeschaltet sind. L\u00e4fst man, bei solcher Gestalt des Versuches, mit der Anspannung der Muskeln nach, so schl\u00e4gt die Nadel nicht, wie man erwarten sollte, durch den Nullpunkt hindurch, und zeigt jenseits die Ladungen an, die der Strom wegen des willk\u00fcrlichen Tetanus entwickelt hat, sondern sie n\u00e4hert sich allm\u00e4lig dem Nullpunkte; oder wenn sie ihn auch in ihren Schwingungen \u00fcberschreitet, so lehrt doch das Verh\u00e4ltnifs ihrer Ausschl\u00e4ge in beiden Quadranten, dafs die feste Gleichgewichtslage, um die sie schwingt, noch auf der Seite liegt, nach der sie bei der Zusammenziehung abgelenkt wurde.\nDer Mangel an Ladungen kann nicht daran Schuld sein. Erstens ist kein Grund vorhanden, weshalb der Strom bei der Zusammenziehung keine entwickeln sollte; zweitens zeigt folgender Versuch, dafs er wirklich dergleichen entwickelt. Indem man zwischen den Zuleitungs-gef\u00e4fsen neben dem menschlichen K\u00f6rper das Schliefsungsrohr anbringt, versichert man sich der Richtung, in der die Multiplicatorenden durch den Eigenstrom geladen sind. Man spannt die Muskeln auf der Seite an, wo die Richtung ihrer Wirkung mit der jener Ladungen zusammenf\u00e4llt. Entweder noch w\u00e4hrend der Anspannung oder unmittelbar nachher bringt man die gutleitende Nebenschliefsung zum Multiplicator wieder an. Alsdann erfolgt ein Ausschlag in entgegengesetzter Richtung von den Ladungen des Eigenstromes, zum Beweise, dafs der Strom bei der Zusammenziehung wirklich Ladungen entwickelt hat.\nUm jene Erscheinung zu erkl\u00e4ren, bleibt folglich nichts \u00fcbrig als die Annahme, dafs der Strom wegen der Zusammenziehung, wenn auch in geschw\u00e4chtem Mafse, diese selber noch etwas \u00fcberdauert. Die Richtigkeit dieser Annahme ist leicht zu erweisen. Man taucht die Zeigefinger in die Fingergef\u00e4fse, w\u00e4hrend sie noch mit dem Schliefsungsrohr \u00fcberbr\u00fcckt sind. Nach einiger Zeit l\u00e4fst man das Schliefsungsrohr abheben. Es erfolgt der Ausschlag, den wir dem Eigenstrom zuschreiben,","page":292},{"file":"p0293.txt","language":"de","ocr_de":"Nachwirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedmafsen. 293\nund der stets dieselbe Richtung und auch nahe dieselbe Gr\u00f6fse beh\u00e4lt, so oft man auch das Schliefsungsrohr wieder hinlegen und wieder abheben l\u00e4fst. Hat man sich sattsam davon \u00fcberzeugt, so nimmt man, nachdem das Rohr wieder eine Zeitlang aufgelegen hat, die Anspannung der Muskeln auf der Seite vor, wo der durch den Tetanus erzeugte Strom die umgekehrte Richtung vom Eigenstrom hat. Pl\u00f6tzlich spannt man die Muskeln wieder ab, und unmittelbar darauf l\u00e4fst man das Rohr abheben. Jetzt erfolgt ein Ausschlag auf derselben Seite, auf der er beim Anspannen der Muskeln in Abwesenheit des Rohres erfolgt sein w\u00fcrde. Der Strom, den dieser Ausschlag erzeugt, und der also den Eigenstrom \u00fcberwiegt, ist bis zu einer gewissen Grenze um so st\u00e4rker, je l\u00e4nger die Zusammenziehung gedauert hat. Hat sie nur wenige Augenblicke gew\u00e4hrt, so kann er so schwach sein, dafs er nicht einmal den Eigenstrom zu besiegen, nur ihn zu schw\u00e4chen vermag. Er kann aber auch, bei fortgesetzter kr\u00e4ftiger Anspannung, so stark werden, dafs der Ausschlag dadurch demjenigen an Gr\u00f6fse wenig nachgiebt, der bei Abwesenheit des Schliefsungsrohres durch den willk\u00fcrlichen Tetanus zu erfolgen pflegt. L\u00e4fst man endlich, zwischen der Abspannung der Muskeln und dem Abbeben des Schliefsungsrohres, statt dafs beide dicht aufeinander folgen, eine gewisse Frist verstreichen, so f\u00e4llt der Ausschlag um so kleiner aus, je gr\u00f6fser die Frist war. Nach wenigen Minuten ist keine deutliche Spur mehr davon vorhanden.\nDenselben Versuch habe ich mit gleichem Erfolge mit beiden F\u00fcfsen in beiden Fufsgef\u00e4fsen wiederholt. Mit den Fingern in den Finger-gef\u00e4fsen ist er auch von meinem Freunde Herrn G. Kirchhoff an meinen Vorrichtungen angestellt worden.\nEs ist klar, was wir von dieser Wirkung zu denken haben. Unter der Voraussetzung, dafs der beim willk\u00fcrlichen Tetanus entstehende Strom der negativen Schwankung des Muskelstromes entspricht, wie wir sie am Frosch beobachtet haben, erscheint diese nachtr\u00e4gliche Wirkung der Zusammenziehung am menschlichen K\u00f6rper offenbar als einerlei mit der Nachwirkung, die wir oben S. 151 am Gastroknemius und den Oberschenkelmuskeln des Frosches beobachtet haben. Auch diese nahm, wie man sich erinnert, an St\u00e4rke zu mit der Dauer des Tetanus. Auch sie verschwand nach einiger Zeit von selber. Beim Teta-nisiren eines Gastroknemius vom Nerven aus erscheint sie freilich im Verh\u00e4ltnifs zur Wirkung des Tetanus selber sehr viel kleiner, als die Wirkung, die wir ihr jetzt am menschlichen K\u00f6rper gleichstellen. Allein es ist nicht zu vergessen, dafs die St\u00e4rke der Nachwirkung mit der St\u00e4rke und Dauer der Zusammenziehung w\u00e4chst. Das Product aus diesen Factoren f\u00e4llt nun wahrscheinlich gr\u00f6fser aus, wenn Muskeln im","page":293},{"file":"p0294.txt","language":"de","ocr_de":"294\t3. Ab sehn. Kap. 17111. \u00a7.1V. 8 (iv). Vermischte Bemerkungen\nlebenden K\u00f6rper durch den Willen, als wenn sie, vom \u00fcbrigen K\u00f6rper getrennt, vom Nerven aus durch den elektrischen Strom tetanisirt werden. Viel n\u00e4her mag der ersteren Gr\u00f6fse des Products schon diejenige kommen, die beim Tetanisiren^solcher Muskeln unmittelbar durch Wechselstr\u00f6me erreicht werden kann. Und in der That tritt auch unter diesen Umst\u00e4nden bereits eine so starke Nachwirkung des Tetanus auf, dafs sie der am menschlichen K\u00f6rper so eben von uns beobachteten wohl vergleichbar ist. Aufserdem ist die M\u00f6glichkeit vorhanden, dafs die Nachwirkung an den Muskeln warmbl\u00fctiger Thiere eine st\u00e4rkere sei als an denen kaltbl\u00fctiger. Es wird \u00fcbrigens, in der Folge, noch einmal auf diesen Punkt zur\u00fcckgekommen werden.\nDer Mangel einer solchen Nachwirkung bei der durch das Faustballen u. s. w. hervorgebrachten elektromotorischen Wirkung ist der oben S. 262 verk\u00fcndigte fernere Grund, weshalb diese Wirkung nicht der Muskelzusammenziehung zugeschrieben werden kann.\n(iv) Weitere Bemerkungen \u00fcber das Verfahren, die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedmafsen zu beobachten.\nDie eben dargelegten Thatsachen geh\u00f6ren nicht zu den leichter wahrnehmbaren dieses Gebietes. Damit sie mit Klarheit und in geh\u00f6riger St\u00e4rke hervortreten, m\u00fcssen sich verschiedene Bedingungen vereinigen, welche nicht alle gleich leicht zu beschaffen sind. Bei dem besonderen Interesse, welches sich f\u00fcr Viele an jene Thatsachen zu kn\u00fcpfen scheint, halte ich es nicht f\u00fcr \u00fcberfl\u00fcssig, noch einiges N\u00e4here \u00fcber diese Bedingungen mitzutheilen, und \u00fcber die Bestrebungen, an denen ich es nicht habe fehlen lassen, um die in Rede stehenden Versuche minder schwer anstellbar zu machen.\nZun\u00e4chst ist zu sagen, dafs die beste Gestalt des Versuches diejenige ist, wobei die beiden Finger in die beiden Fingergef\u00e4fse tauchen, deren jedes mit einem Multiplicatorende verkn\u00fcpft ist. Die Wirkung f\u00e4llt allerdings dabei schw\u00e4cher aus, als bei mehreren anderen der oben beschriebenen Anordnungen. Allein dieser Nachtheil wird, meiner Meinung nach, reichlich aufgewogen durch die gr\u00f6fsere Bequemlichkeit und Sicherheit der Versuchsweise. Diese Versuchsweise wird daher im Folgenden stets stillschweigend vorausgesetzt, wo von der Ablenkung der Multiplicatornadel durch willk\u00fcrlichen Tetanus die Rede ist, ohne dafs die Art der Ableitung des Stromes vom menschlichen K\u00f6rper sich n\u00e4her angegeben findet. In dieser Gestalt ist beil\u00e4ufig der Versuch schon fr\u00fcher bekannt geworden. Eine grofse Menge Physiker und Physiologen","page":294},{"file":"p0295.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Beobachtung der Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus. 295\nhaben sich mit seiner Wiederholung, Ausbildung und Deutung besch\u00e4ftigt. Von diesen Bem\u00fchungen wird sp\u00e4ter die Rede sein. 1\nWas die Art und Weise betrifft, die Gleichartigkeit des durch den menschlichen K\u00f6rper bei erschlafften Muskeln gebildeten Kreises zu erzielen und zu bewahren, und die Grenzen, bis zu welchen dies Unter verschiedenen Umst\u00e4nden ausf\u00fchrbar ist, so haben \\Vir, was dar\u00fcber zu wissen n\u00f6thig ist, bereits oben S. 281 abgehandelt, insofern es nicht bereits durch den fr\u00fcheren Gang unserer Untersuchung gegeben war. Wir setzen also diese Seite der experimentellen Schwierigkeiten als \u00fcberwunden voraus.\nDemn\u00e4chst liegt die wichtigste Bedingung zum Gelingen der in Rede stehenden Versuche in der T\u00fcchtigkeit der Muskelzusammenziehung selber. Fehlt es an dieser, so hilft die Empfindlichkeit des Multipli-cators nur wenig. Wenigstens versagt alsdann mein Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom leicht bereits eine deutliche Antwort. Hierin liegt eine grofse Schwierigkeit dieser Versuche, und zwar, wie nicht zu l\u00e4ugnen ist, gerade am meisten bei der so eben besonders empfohlenen Gestalt derselben, insofern es sich dabei nicht allein darum handelt, den einen Arm kr\u00e4ftig anzuspannen, sondern zugleich darum, d\u00e9n anderen Arm vollst\u00e4ndig erschlafft zu lassen. Jungen M\u00e4nnern, die Leibes\u00fcbungen getrieben haben, wird dies nicht schwer. Ich spanne den einen Arm dermafsen an, dafs die Muskeln sich hart wie Holz anf\u00fchlen, dafs der Arm heftig erzittert und der Tisch mit ihm, und dafs nach einigen Secunden ein lebhaftes Gef\u00fchl von W\u00e4rme im Arm versp\u00fcrt wird. Dabei bleibt der andere Arm so schlaff als ob das Armgeflecht durchschnitten w\u00e4re. Ich thue dies beliebig mit dem einen oder anderen Arm. Mein Freund Herr G. Kirchhoff besitzt in hohem Grade dieselbe Fertigkeit. Allein dies ist nicht Jedermanns Sache beim ersten Versuch. Nicht Jeder hat ohne Weiteres die F\u00e4higkeit, ohne eine bestimmte Handlung zu beabsichtigen, ohne einen \u00e4ufseren Widerstand, den es zu bew\u00e4ltigen gilt, seine Muskeln willk\u00fcrlich in anhaltende Spannung zu versetzen, und noch dazu die Anstrengung nach Belieben auf den einen oder den anderen Arm zu beschr\u00e4nken. Viele befinden sich in dem Falle, zwar den einen Arm, namentlich den rechten, gen\u00fcgend anspannen zu k\u00f6nnen, und verm\u00f6gen auch auf ihn die Anstrengung zu beschr\u00e4nken. Den linken Arm dagegen gl\u00fcckt es ihnen nicht, in angemessene Th\u00e4tigkeit zu versetzen, oder wenigstens wird dabei auch der rechte Arm in Mitbewegung gezogen.\nTrotzdem ist der Versuch, unter meiner Leitung, und an meinen Vorrichtungen, jetzt bereits etwa f\u00fcnfzig Personen mehr oder minder\nS. unten, (vi).","page":295},{"file":"p0296.txt","language":"de","ocr_de":"296\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (iv). Vermischte Bemerkungen\ngut gegl\u00fcckt. Die meisten derselben geh\u00f6rten dem gelehrten Stande an. Viele davon befanden sich in der Bl\u00fcthe der Jahre, mehrere aber auch im vorger\u00fcckten, ja im Greisenalter. Auch eine junge Dame von sechszehn Jahren hat in Paris den Versuch mit Erfolg angestellt. Eine athletische Musculatur ist also zum Gelingen des Versuches kein unumg\u00e4ngliches Erfordernis. Nichtsdestoweniger wird durch die St\u00e4rke und Uebung der Muskeln sein Gelingen sicherer, sein Erfolg gl\u00e4nzender gemacht. Und es ist sehr merkw\u00fcrdig, wie viel dabei, selbst wenn diese Bedingungen erf\u00fcllt sind, noch auf den Augenblick ankommt. Die geringste k\u00f6rperliche Verstimmung, das leiseste Unwohlsein \u00fcbt einen Ein-flufs aus auf die Art, wie der Versuch von statten geht.\nEine andere Bedingung, von der viel abh\u00e4ngt, und die auch noch dem Individuum anhaftet, welches sich dem Versuch unterzieht, ist die Leitungsf\u00e4higkeit der Oberhaut. Die Wirkungen, die zwei Individuen hervorbringen, sind begreiflich nicht ihrer elektromotorischen Leistung an sich, sondern dieser dividirt durch den Widerstand des Kreises proportional. Von der Leitung durch die Oberhaut h\u00e4ngt aber dieser letztere, wie man sich erinnert, vor allen Dingen ab (S. oben S. 191 ff.). Schwache Muskeln k\u00f6nnen durch feine feuchte Haut in ihrer Wirkung beg\u00fcnstigt, starke Muskeln hingegen durch derbe trockne Haut darin beeintr\u00e4chtigt werden, und so erstere \u00fcber letztere in dem Wettstreit an diesem neuen Kraftmesser gewissermafsen den Sieg erschleichen. Man vers\u00e4ume daher nicht, die Haut wenigstens so gut leitend zu machen als m\u00f6glich, indem man die Finger vor dem Versuch sorgf\u00e4ltig mit Seife w\u00e4scht, dann mit Wasser absp\u00fchlt, und nur so weit abtrocknet, dafs die Haut noch durchfeuchtet (moite) in die L\u00f6sung gelangt.\nBei alledem ist ein sehr hoher Grad von Empfindlichkeit des Mul-tiplicators kaum zu entbehren, wenn einigermafsen in die Augen fallende Wirkungen erscheinen sollen. An einem Multiplicator von 3000 Windungen, von der Arbeit des Herrn Kleiner, an dem ich in der physikalischen Sammlung in Giefsen den Versuch machte, und den ich selber aufgestellt hatte, erfolgten nur 2 \u2014 3\u00b0 Ausschlag auf jeder Seite.1 An dem Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom, an dem ich \u00fcbrigens die Erscheinung zuerst beobachtete, erhalte ich nicht mehr als 5\u20147\u00b0 Ausschlag.\nIch bin deshalb, wie oben schon bemerkt wurde, darauf bedacht gewesen, eine Ab\u00e4nderung des Versuches ausfindig zu machen, durch die er auch minder empfindlichen Strompr\u00fcfern schon zug\u00e4nglich w\u00fcrde.\nZuerst versuchte ich, wie sich die St\u00e4rke des Stromes vergr\u00f6fsern w\u00fcrde, wenn ich die Polarisation so viel wie m\u00f6glich aus dem Kreise\n1 S. unten, (vi).","page":296},{"file":"p0297.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Beobachtung der Strome beim willk\u00fcrlichen Tetanus. 297\nverbannte, durch Anwendung von Kupferelektroden in ges\u00e4ttigter schwefelsaurer Kupferoxydl\u00f6sung als Zuleitungsfl\u00fcssigkeit, statt der Platinelektroden, deren wir uns f\u00fcr gew\u00f6hnlich zu bedienen pflegen. Die Kupferelektroden hatten 25ram Breite und tauchten 50mm tief in die L\u00f6sung ein. Um sie gleichartig zu erhalten, schlug ich folgenden Weg ein. In den Kreis einer S\u00e4ule aus sechs GROvE\u2019schen Ketten der kleineren Art (S. oben Bd. I. S. 446) schaltete ich die beiden Zuleitungs-gefafse mit ihrer Kupferl\u00f6sung als Zersetzungszellen ein, so dafs die abzugleichenden Zuleitungsplattcn die negativen, zwei andere Kupferplatten die positiven Elektroden bildeten. Die letzteren waren einander ganz gleich, und befanden sich jede in gleichem Abstande von der negativen Elektrode. Die beiden Zersetzungszellen waren einander also \u00fcberhaupt ganz \u00e4hnlich. Nachdem sich die Zuleitungsplatten mit einer ganz gleichm\u00e4fsigen Schicht galvanoplastischen Kupfers \u00fcberzogen hatten, wurde der Kreis der S\u00e4ule durch Ausheben eines Schliefsungs-hakens aus Quecksilber ge\u00f6ffnet. Die Oberfl\u00e4chen der negativen Elektroden mufsten sich nun in ganz gleichem Zustande befinden. Die positiven Elektroden wurden entfernt, die negativen mit dem Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom verbunden, und \u00fcber die Zuleitungsgef\u00e4fse ein mit derselben Kupferl\u00f6sung getr\u00e4nkter Bausch gebr\u00fcckt. Trotz des zur Abgleichung der Platten angewendeten Kunstgriffes erfolgte hiebei doch ein betr\u00e4chtlicher Ausschlag, der sogar eine best\u00e4ndige Ablenkung von 22\u00b0 hinterliefs. Als ich aber, statt der beiden Enden des Bausches, die beiden Zeigefinger in die Gefafse tauchte, stellte sich die Nadel dem Nullpunkt nahe ein. Bei der Zusammenziehung des einen Armes erfolgte indefs kein merklich st\u00e4rkerer Ausschlag als mit den Platinelektroden in der Kochsalzl\u00f6sung. Es war, durch diese Anordnung, augenscheinlich nichts gewonnen.\nEine andere Idee, auf die ich kam, geht gleichfalls darauf aus, die elektromotorische Kraft, die dem Strom bei der Zusammenziehung zu Grunde liegt, dadurch zu vergr\u00f6fsern, dafs sie eine ihr entgegengesetzt wirkende Kraft der Art \u00fcber die Seite schafft. Sie sucht aber diese Gegenkraft diesmal nicht in der Vorrichtung, sondern in dem menschlichen K\u00f6rper selber. Sie st\u00fctzt sich n\u00e4mlich auf folgende Schlufsreihe. Der Strom, den man beim Anspannen eines Armes in dem Multiplicator-kreise wahrnimmt, ist zu betrachten als die Resultante der Str\u00f6me, welche die einzelnen Muskeln durch jenen Kreis senden; entweder die Muskeln des ruhenden Armes in positiver, oder die des angespannten Armes in negativer Richtung. Gleichviel welcher von diesen beiden F\u00e4llen in Wirklichkeit stattfindet, wovon sp\u00e4ter no.ch die Rede sein soll, es ist zwar m\u00f6glich, jedoch nicht wahrscheinlich, und jedenfalls","page":297},{"file":"p0298.txt","language":"de","ocr_de":"298\t& Abschn. Kap. V1U. \u00a7. IV. 8 (iv). Vermischte Bemerlcungen\nganz uncrwiesen, dafs s\u00e4mratliche Muskeln des Armes dazu in einerlei Sinne beitragen. Es ist vielmehr weit nat\u00fcrlicher sich vorzustellen, dafs der eine Muskel viel, ein zweiter wenig, ein dritter gar nicht zum aufsteigenden Strom beitr\u00e4gt, der sich beim Anspannen kundgiebt, dafs endlich ein vierter gar in absteigendem Sinne wirkt. Nach dieser Vorstellung w\u00fcrde man also stets nur den Unterschied der Str\u00f6me aller aufsteigend und aller absteigend wirksamen Muskeln an der Nadel beobachten, und es w\u00fcrde die Gruppe der aufsteigend wirksamen Muskeln elektromotorisch die Oberhand haben \u00fcber die der absteigend wirksamen. K\u00f6nnte man die Gruppe der aufsteigend wirksamen Muskeln allein anspannen, die andere aber erschlafft lassen, oder k\u00f6nnte man gar, indem man dergestalt verf\u00fchre, noch an dem anderen Arme die Gruppe der absteigend wirksamen Muskeln anspannen, so sieht man leicht, m\u00fcfste man eine Wirkung erhalten, welche die beim Anspannen aller Muskeln eines Armes um so mehr \u00fcbertreffen w\u00fcrde, je mehr die entgegengesetzten Wirkungen beider Gruppen sich in Wirklichkeit der Gleichheit n\u00e4herten.\nLeider ist es nicht viel weniger unthunlich, die Gruppe der absteigend wirksamen Muskeln durch den Versuch herauszufinden, als durch die Betrachtung der Lage und des Baues der verschiedenen Muskeln. Es gelingt ja nicht einmal, allein den Oberarm, und allein den Unterarm mit der Heftigkeit anzuspannen, wie es der Versuch verlangt (S. oben S. 289), geschweige dafs man nach Belieben einzelne Muskeln dergestalt in willk\u00fcrlichen Tetanus versetzen k\u00f6nnte. Alles, was sich in dieser Beziehung thun l\u00e4fst, ist, solche Muskclgruppen, durch deren Zusammenziehung gewisse Bewegungen ausgef\u00fchrt werden, dadurch vereinzelt anzuspannen, dafs man diese Bewegungen beabsichtigt. Zwei solcher Gruppen, welche fast die ganze Muskelmasse des Armes ausmachen , sind die der Strecker und Beuger. Es war die M\u00f6glichkeit da, dafs durch einen gl\u00fccklichen Zufall die Vertheilung der Armmuskeln in diese beiden Gruppen der Vertheilung nach ihrer Wirkungsrichtung wenigstens ann\u00e4hernd entspr\u00e4che, so dafs etwa s\u00e4mmtliche Strecker im Verein aufsteigend, s\u00e4mmtliche Beuger absteigend wirkten, oder umgekehrt. Ich versuchte daher, die elektromotorische Wirkung durch die Anspannung dieser Muskelgruppen allein zu beobachten. Dies gelang zwar, aber jene M\u00f6glichkeit best\u00e4tigte sich nicht.\nUm nur die Beuger anzuspannen, begaben wir uns, mein Freund Herr Kirchhoff und ich, an der Fig. 147 Taf. V abgebildeten Vorrichtung, von vorn herein in eine solche Lage, dafs der anzuspannende Arm v\u00f6llig gebeugt war. Wir suchten ihn dann beim Anspannen noch mehr zu beugen, und dr\u00fcckten zugleich den Stab aus allen Kr\u00e4ften mit","page":298},{"file":"p0299.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Beobachtung der Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus. 299\nden Fingern, den eingetauchten Zeigefinger ausgenommen. Der Erfolg war bei Herrn Kirchhoff sowohl als bei mir ein Strom in derselben Richtung, nur schw\u00e4cher, als ob auch die Strecker angestrengt worden w\u00e4ren. Dies ist das Ergebnifs der Anstrengung der Beugemuskeln, worauf ich mich oben S. 262 in der Er\u00f6rterung \u00fcber den Strom beim Faustballen berufen habe.\nUm nur die Strecker anzuspannen, diente uns derselbe Kunstgriff. Der anzuspannende Arm und die Finger, mit Ausnahme des eintauchenden Zeigefingers, wurden m\u00f6glichst gestreckt. Wir suchten sie dann beim Anspannen noch mehr zu strecken. Der Erfolg war bei Herrn Kirchhoff sowohl als bei mir ein Strom in derselben Richtung, nur schw\u00e4cherj als ob auch die Beuger angestrengt worden w\u00e4ren.\nEs wirken folglich die Strecker und Beuger in demselben Sinne elektromotorisch, und der beim Anspannen s\u00e4mmtlicher Armmuskeln sich kundgebende Strom w\u00fcrde nicht der Unterschied, sondern die Summe der Str\u00f6me sein, die beide Gruppen von Muskeln einzeln durch den Multiplicatorkreis senden. Welche von beiden Gruppen kr\u00e4ftiger elektromotorisch wirke, hat sich in den bisherigen Versuchen nicht mit Bestimmtheit herausgestellt.\nMan kann, indem man eine bestimmte Bewegung beabsichtigt, noch andere antagonistische Muskelgruppen im Unterarme dergestalt einzeln zusammenziehen, z. B. die der Pronatoren und der Supinatoren, ferner die der Adductoren und Abductoren der Handwurzel (Extensor carpi radialis longus und brevis, Flexor carpi radialis, und Extensor und Flexor carpi ulnaris). Doch ist es mir bisher nicht gelungen, die gesonderte Anspannung dieser Gruppen so vorzunehmen, dafs zugleich der Strom mit Sicherheit abgeleitet werden konnte.\nEine andere Art, die elektromotorische Kraft in dem in Rede stehenden Versuch zu vergr\u00f6fsern, ist nicht von mir ersonnen worden, sondern hat Mousson zum Urheber. Auch Buff und Bancalari sind unabh\u00e4ngig von Mousson und von einander auf denselben Gedanken gekommen. Dieser Gedanke ist der, den Versuch statt von einem Menschen, gleichzeitig von mehreren anstellen zu lassen, die nach dem Bilde der S\u00e4ule in den Kreis eingeschaltet sind. Das N\u00e4here von Mousson\u2019s, Buff\u2019s und Bancalari\u2019s Versuchen und den \u00e4hnlichen anderer Physiker wird sp\u00e4ter kurz mitgetheilt werden. 1 Hier wollen wir die Zweck-m\u00e4fsigkeit des Vorschlages von unserem Standpunkt aus selbst\u00e4ndig pr\u00fcfen.\nIndem man mehrere Menschen hintereinander in den Kreis einf\u00fchrt, die gleichzeitig die entsprechenden Arme zusammenziehen, vervielfacht\n1 S. unten, (vi).","page":299},{"file":"p0300.txt","language":"de","ocr_de":"300\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. I V. 3 (iv). Vermischte Bemerkungen\nman nicht allein die elektromotorische Kraft, sondern auch den Theil des Gesammtwiderstandes des Kreises, der vom menschlichen K\u00f6rper herr\u00fchrt. Sobald folglich der Widerstand des Multiplicators, bis zu den Fingern hin gerechnet, nicht verschwindet gegen den des menschlichen K\u00f6rpers, wird allerdings, durch die s\u00e4ulenartige Anordnung mehrerer Menschen eine Verst\u00e4rkung des Stromes erreicht werden, wofern man nur \u00fcber eine Anzahl von Individuen gebietet, die in der That dieselbe Leistungsf\u00e4higkeit in Bezug auf diesen Versuch besitzen, oder wofern die hinzugef\u00fcgten Individuen st\u00e4rker, oder wenigstens nur innerhalb gewisser Grenzen schw\u00e4cher sind. Man bedient sich aber, zu diesen Versuchen, der Natur der Dinge nach, stets sehr langer Multiplicatoren. Somit wird auch die s\u00e4ulenartige Anordnung wohl stets vortheilhaft sein, und um so mehr, je gr\u00f6fser der Widerstand des Multiplicators ist.\nUm diese Anordnung herzustellen, darf man nicht die verschiedenen Personen, die man in den Kreis aufnimmt, sich die H\u00e4nde reichen lassen, worauf man leicht verf\u00e4llt, weil es von Alters her hei den Versuchen \u00fcber den Schlag der KuEisT\u2019schen Flasche so gebr\u00e4uchlich ist. Denn es ist unm\u00f6glich, dafs dabei nicht alle Uebelst\u00e4nde auftreten, um derenwillen wir uns den Gebrauch der B\u00e4usche bei diesen Versuchen untersagt haben (S. oben S. 222. 223). Indem beim Anspannen des einen Armes nothwendig die Innigkeit der Ber\u00fchrung und die St\u00e4rke des Druckes zwischen je zwei H\u00e4nden ver\u00e4ndert werden wird, k\u00f6nnen vor\u00fcbergehende Str\u00f6me von verschiedener St\u00e4rke und Richtung auftreten, von denen es schwer sein wird, den eigentlich zu beobachtenden Strom zu unterscheiden. Man mufs also vielmehr, zwischen je zwei Personen, die an dem Versuche theilnehmen, ein Zuleitungsgef\u00e4fs mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung anbringen, und jede der beiden Personen einen Finger darin eintauchen lassen, unter Befolgung aller der Vorschriften, die im Vorigen f\u00fcr den Fall nur einer Person entwickelt worden sind, deren Finger in ein einziges Paar Zuleitungsgef\u00e4fse tauchen. Keines der Individuen darf eine Verletzung am eingetauchten Finger haben. S\u00e4mmtliche eingetauchte Finger m\u00fcssen vor dem Versuch mit Seife gewaschen, mit Wasser abgesp\u00fchlt und leicht getrocknet bis zum Gelenk zwischen dem ersten und zweiten Fingerglied eingetaucht werden. S\u00e4mmtliche H\u00e4nde m\u00fcssen auf das sorgf\u00e4ltigste unterst\u00fctzt sein. Dann mufs die best\u00e4ndige Ablenkung der Nadel abgewartet, und nun erst darf zum m\u00f6glichst gleichzeitigen Anspannen s\u00e4mmtlicher entsprechenden Arme geschritten werden, wobei darauf zu achten ist, dafs nicht durch Benetzung neuer Hautstellen Anlafs zu Hautstr\u00f6men gegeben werde.\nSo also wird man zu verfahren haben, um die s\u00e4ulenartige Anordnung mehrerer Menschen zum Kreise ohne Gefahr vor T\u00e4uschung","page":300},{"file":"p0301.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Beobachtung der Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus. 301\nin\u2019s Werk zu setzen. Es ist aber nun noch ein ganz anderer Punkt zu erw\u00e4gen. Es fragt sich n\u00e4mlich, ob es nicht, wenn man einmal zur gleichzeitigen Anwendung mehrerer Individuen schreiten will, noch eine andere, in der Mehrzahl der F\u00e4lle zweckm\u00e4fsigere Gestalt des Versuches gebe. Der Widerstand der langen Multiplicatoren, die man zu diesem Versuch anwendet, mag immerhin nicht verschwinden gegen den des menschlichen K\u00f6rpers. Indessen wird er doch wohl meist kleiner sein. Und alsdann wird es vortheilhafter sein, die Menschen nicht s\u00e4ulenartig, sondern nach dem Bilde der zusammengesetzten Kette (S. oben Bd. I. S. 701) in den Kreis aufzunehmen. Dies ergiebt sich aus der Ungleichheit\n\u2022 k\nW\n-----1- w\n71\nW +\nw\nwo k die elektromotorische Kraft eines Menschen, n seinen Widerstand, W den Widerstand des Multiplicatorkreises, endlich n die Anzahl der Menschen darstellt, die zum Versuch verwendet werden. Ist W, der aufserwesentliche Widerstand, der gr\u00f6fsere, so ist die linke Seite der Ungleichheit gr\u00f6fser oder die s\u00e4ulenartige Anordnung die vortheilhaftere. Ist dagegen w, der wesentliche Widerstand, der gr\u00f6fsere, so ist die rechte Seite der Ungleichheit die gr\u00f6fsere, die zusammengesetzte Kette bringt mehr Vortheil als die S\u00e4ule. Anstatt die Menschen zur S\u00e4ule zu verbinden, wird man also alsdann vielmehr, um die gr\u00f6\u00dftm\u00f6gliche Wirkung zu erhalten, sie die Finger s\u00e4mmtlich entweder in ein gemeinschaftliches Zuleitungsgef\u00e4fs tauchen lassen, oder, wenn man \u00fcber mehrere Paar Zuleitungsgef\u00e4fse mit Platinplatten u. s. w. gebietet, die einzelnen Paare nebeneinander in den Multiplicatorkreis aufnehmen m\u00fcssen.\nIch habe, in Gemeinschaft mit meinem Freunde Herrn .Kirchhoff, einige Versuche \u00fcber diesen Gegenstand unternommen. Kirchhoff hatte sich, gleich mir, eine grofse Fertigkeit im willk\u00fcrlichen Tetanisiren der Arme erworben (S. oben S. 295). Einzeln lenkten wir die Nadel des Mul-tiplicators f\u00fcr den Nervenstrom nahezu um dieselbe Gr\u00f6fse, n\u00e4mlich um etwa 45\u00b0 ab. Bildete aber Kirchhoff eine Nebenschliefsung zu mir in Bezug auf den Multiplicatorkreis, so schw\u00e4chte er meine Wirkung mehr als ich die seine, wenn ich zu ihm die Nebenschliefsung abgab. Daraus schien zu folgen, dafs die Gleichheit der Wirkungen, die wir einzeln hervorbrachten, nicht auf Gleichheit unserer elektromotorischen Kr\u00e4fte bei gleichem Widerstande beruhte, sondern dafs mir die gr\u00f6fsere elektromotorische Kraft und der gr\u00f6fsere Widerstand, Kirchhoff die kleinere elektromotorische Kraft und der kleinere Widerstand zukam, so zwar, dafs der Quotient bei jedem von uns ziemlich denselben Werth","page":301},{"file":"p0302.txt","language":"de","ocr_de":"302 A Absehn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (iv). Vermischte Bemerkungen\nerreichte. Eine Vergleichung unserer Widerst\u00e4nde, wodurch die Richtigkeit dieses Schlufses h\u00e4tte gepr\u00fcft werden k\u00f6nnen, wurde nicht angestellt. Es sprach jedoch noch der Umstand daf\u00fcr, dafs es bei Kirch-hoff sehr viel schwerer hielt, Herr zu werden \u00fcber die Hautungleichartigkeiten, als bei mir (Vergl. oben S. 204).\nAls Kirchhoff und ich s\u00e4ulenartig verbunden am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom wirkten, lenkten wir die Nadel \u2018auf beiden Seiten bis zu etwa 65\u00b0 ab. Als zusammengesetzte Kette trieben wir sie aber nur bis zu ungef\u00e4hr 55\u00b0. Es erwies sich also die s\u00e4ulenartige Anordnung als vorthcilhafter denn die zusammengesetzte Kette. Es mufs folglich der Widerstand des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom, der dem eines Kupferdrahtes von 263510\u2122 L\u00e4nge iy)d lm\u2122 Durchmesser etwa gleichkommt, den des menschlichen K\u00f6rpers unter den hier obwaltenden Umst\u00e4nden noch \u00fcbertreffen.\nWir wollten nun denselben Versuch am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom anstellen, dessen Widerstand dem eines nur 32320\u2122 langen Drahtes von demselben Durchmesser gleich zu sch\u00e4tzen ist. Hier h\u00e4tte unzweifelhaft die zusammengesetzte Kette \u00fcber die S\u00e4ule gesiegt. Allein es gab sich bei diesen Versuchen noch ein Umstand zu erkennen,, der unserer Aufmerksamkeit eine andere Richtung gab, indem er zu zeigen schien, dafs die Verst\u00e4rkung der Wirkung auf dem hier betretenen Wege doch zuletzt nicht sicher zu erreichen sei. Dieser Umstand war der, dafs mehreremal die Wirkung von Kirchhoff und mir, wenn wir uns zur zusammengesetzten Kette verbanden, kleiner ausfiel, als wenn jeder von uns sich allein im Kreise befand.\nDies ist, ohne Hinzunahme eines neuen Erkl\u00e4rungsprincips, ein ganz unbegreifliches Ergebnifs. Denn es seien k und kl, w und m' die elektromotorischen Kr\u00e4fte und Widerst\u00e4nde der beiden Personen, die den Versuch anstellen, W der Widerstand des Multiplicatorkreises, und das Verh\u00e4ltnifs der Wirkungen, die beide Personen einzeln hervorbringen, sei gegeben durch die Gleichung\nk _ k'\nW + m U\u2018 W + m1\nDamit nun z. B.\nsei, mufs\nk re1 + k \u2019 m\nV\nWm + Wre1 + rem1\t' W+ re1\n, W + re1\nK \u2014 K \u25a0\u20147-==----\u2014r- 1\nn(fr + re) n(W+ m) < W\noder, da","page":302},{"file":"p0303.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Beobachtung der Str\u00f6me beim willlc\u00fcrlichen Tetanus. 303\nsei#. Diese Ungleichheit ist nur m\u00f6glich unter der Bedingung, dafs n < 1 sei, d. h., die Wirkung der zusammengesetzten Kette kann zwar schw\u00e4cher sein als die st\u00e4rkere, nicht aber als die schw\u00e4chere Einzelwirkung. Ist n \u2014 1, wie es bei Kirchhoff und mir ann\u00e4herungsweise der Fall war, so mufs sie st\u00e4rker sein als beide.\nIch weifs daher, um den beobachteten Erfolg zu erkl\u00e4ren, keine andere Auskunft, als sich zu denken, dafs in solchen F\u00e4llen die Wirkungen bei Kirchhoff und mir nicht gleichzeitig genug waren, keinen hinreichend \u00fcbereinstimmenden Verlauf in der Zeit nahmen, so dafs wir uns nacheinander einer dem anderen eine blofse Nebenschliefsung darboten oder uns wenigstens mehr durch Nebenschliefsung schw\u00e4chten, als durch unsere elektromotorische Kraft verst\u00e4rkten. Es mufs Zufall gewesen sein, dafs es uns bei der Anordnung zur S\u00e4ule nicht auch begegnete, zusammen schw\u00e4cher als einzeln zu wirken. Denn auch hier h\u00e4tten wir uns bei ungleichzeitiger Kraftentwickelung einander durch Widerstand mehr schw\u00e4chen k\u00f6nnen, als wir uns durch Summirung unserer elektromotorischen Kr\u00e4fte verst\u00e4rkten, wenn auch nicht in dem Mafse, wie bei der Anordnung zur zusammengesetzten Kette. Noch ein anderer Umstand tritt hinzu, um die Richtigkeit dieser Erkl\u00e4rung wahrscheinlich zu machen. Es ist der oben S. 285. 286. 288 angemerkte, dafs man beim gleichzeitigen Zusammenziehen beider Beine und beider Arme fast nie, wie es sein sollte, Gleichgewicht beobachtet, sondern meist einen gr\u00f6fseren oder kleineren Ausschlag in der einen oder der anderen Richtung erh\u00e4lt.\nLeider haben \u00e4ufsere Umst\u00e4nde die Fortsetzung dieser Versuche von Seiten Kirchhoff\u2019s und meiner verhindert, und ich habe bis zum Abschlufs, dieser Zeilen f\u00fcr den Druck nicht wieder Gelegenheit gefunden, die Sache in\u2019s Klare zu bringen. Es mufs aber danach, wie bemerkt, doch zweifelhaft bleiben, ob die Verbindung mehrerer Personen zur Anstellung des Versuches wirklich einen tadelfreien Weg zur Verst\u00e4rkung der Wirkung abgebe.\nSchliefslich gedenke ich noch eines solchen Weges, auf den ich seither durch die oben mitgetheilten Untersuchungen \u00fcber Thermostr\u00f6me am menschlichen K\u00f6rper gef\u00fchrt worden bin. Man erinnert sich, dafs durch Erw\u00e4rmen der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit der Widerstand der Oberhaut sehr vermindert wird (S. oben S. 212). Ich stellte also den Versuch statt in ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung von der zeitigen Lufttemperatur, in solcher von etwa 45\u00b0 C. an; und so gelang es mir, die Nadel des Mul-tiplicators f\u00fcr den Nervenstrom bis auf 60\u201470\u00b0, die des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom bis auf 10\u201412\u00b0 abzulenken. Dies halte ich jedenfalls f\u00fcr eine bessere Art des Versuches, als das Hinzuziehen einer zwei-","page":303},{"file":"p0304.txt","language":"de","ocr_de":"304\n3. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8 (v). Versuche,\nten Person. Nichts verhindert \u00fcbrigens, beide Versuchsweisen, zu noch gr\u00f6fserer Wirksamkeit, mit einander zu verbinden. Da alsdann der Widerstand des K\u00f6rpers ein kleinerer wird, so ist es \u00fcbrigens denkbar, dafs unter Umst\u00e4nden, wo, bei kalter Zuleitungsfl\u00fcssigkeit, die zusammengesetzte Kette vortheilhafter gewesen w\u00e4re, nunmehr, bei warmer Zuleitungsfl\u00fcssigkeit, der s\u00e4ulenartigen Anordnung der Vorzug zu schenken sei.\nUebrigens wird uns die Folge mit noch einem Mittel bekannt machen, die in Rede stehende Wirkung au\u00dferordentlich zu verst\u00e4rken. Doch ist nicht zu glauben, dafs dies Mittel sich bei Denen, die den Versuch nur zum Vergn\u00fcgen wiederholen wollen, eines grofsen Beifalls erfreuen werde. Es besteht n\u00e4mlich in nichts anderem, als in der Beseitigung des Widerstandes der Oberhaut durch deren Entfernung, d. h. durch Ableitung des Stromes von verletzten Hautstellen.1\n(v) Versuche, um die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus der mensch-lichen Gliedmafsen am strompr\u00fcfenden Schenkel n a ch zu w eis en.\nEs gab m\u00f6glicherweise noch eine andere Art, die hier in Rede stehenden Versuche zug\u00e4nglicher zu machen. Ihre Unzug\u00e4nglichkeit beruht, wie wir gesehen haben, zu einem guten Theil auf der Schwierigkeit, sich einen hinreichend empfindlichen Multiplicator zu verschaffen. Diese Schwierigkeit, und zugleich alle diejenigen, welche sich an die Handhabung eines so zarten Werkzeuges kn\u00fcpfen, w\u00fcrden gehoben sein, wenn es gel\u00e4nge, den Multiplicator aus diesen Versuchen \u00fcberhaupt zu verbannen und an seine Stelle ein anderes strompr\u00fcfendes Mittel, seinen Nebenbuhler an Empfindlichkeit, den strompr\u00fcfenden Froschschenkel zu setzen; mit anderen Worten, wenn es gel\u00e4nge, secund\u00e4re Zuckung oder secund\u00e4ren Tetanus von den Gliedmafsen des lebenden unversehrten Menschen zu erlangen.\nWenn sich sonst nichts dem Zustandekommen der secund\u00e4ren Zuckung widersetzt, wird dazu nur n\u00f6thig sein, im Uebrigen mit Beibehaltung der beschriebenen Anordnungen, aus den jedesmal angewendeten Zuleitungsgef\u00e4fsen die Multiplicatorenden zu entfernen, an Stelle derselben mit Eiweifsh\u00e4utchen versehene Zuleitungsb\u00e4usche anzubringen, und sie zu \u00fcberbr\u00fccken mit dem Nerven des in gewohnter Art aufgestellten strompr\u00fcfenden Schenkels. Wenn alsdann die Muskeln zusammengezogen werden, wird die Stromdichte im Nerven, gleichviel ob sie vorher Null war oder bereits einen endlichen Werth besafs, in\u2019s Schwanken gerathen und es wird, je nachdem man es bei einzel-\n1 S. unten, (xi).","page":304},{"file":"p0305.txt","language":"de","ocr_de":"secund\u00e4re Zuckung von den menschlichen Gtiedmafsen tu erlangen. 305\nnen Zuckungen bewenden l\u00e4fst oder auch die Gliedraafsen willk\u00fcrlich tetanisirt, beziehlich secund\u00e4re Zuckung und secund\u00e4rer Tetanus ein-treten m\u00fcssen.\nIndessen sind meine Bem\u00fchungen, dies zu beobachten, leider vergeblich geblieben. Die Anordnungen, welche ich versuchte, waren erstens die Finger in den Fingergef\u00e4fsen, zweitens die H\u00e4nde in den Handgef\u00e4fsen, drittens die F\u00fcfse in den Fufsgef\u00e4fsen. Im letzten Falle war die Zuleitungsfl\u00fcssigkeit erw\u00e4rmt. Nie fand, auch bei den heftigsten Anstrengungen meiner Muskeln, die leiseste Zuckung des strompr\u00fcfenden Schenkels statt, die als secund\u00e4re Zuckung auszulegen gewesen w\u00e4re.\nDies verneinende Ergebnifs l\u00e4fst sich folgendermafsen begreiflich machen. Wir wollen zun\u00e4chst annehmen, dafs die elektromotorische Wirkung beim willk\u00fcrlichen Tetanus ganz dieselbe Beschaffenheit habe als die beim elektrischen Tetanisiren der Froschgliedmafsen. Dann kann jenes Ergebnifs nur daher r\u00fchren, dafs die elektromotorische Wirkung nicht die hinreichende Gr\u00f6fse hat, um Zuckung zu erzeugen. Die n\u00e4here Betrachtung lehrt, dafs dies auch in der That zweifelhaft bleibt. Nur unter den g\u00fcnstigsten Bedingungen vermag der strompr\u00fcfende Froschschenkel den Strom anzuzeigen zwischen L\u00e4ngsschnitt und k\u00fcnstlichem Querschnitt seines eigenen Nerven, wenn dieser Strom in seiner ganzen Gr\u00f6fse pl\u00f6tzlich hergestellt und abgebrochen wird (S. oben Abth. I. S. 273). Dieser Strom ist aber so stark, dafs er die Nadel des Mul-tiplicators f\u00fcr den Nervenstrom nicht selten kr\u00e4ftig an die Hemmung f\u00fchrt. Seine Wirkung auf die Nadel ist also sehr viel gr\u00f6fser, als die des Stromes, zu dem der willk\u00fcrliche Tetanus der Gliedmafsen unter den g\u00fcnstigsten Umst\u00e4nden Anlafs giebt. Zwar giebt uns die letztere Wirkung, weil sie von einem unterbrochenen Strom herr\u00fchrt, kein richtiges Mafs von der St\u00e4rke der einzelnen St\u00f6fse dieses Stromes ab. Nichts verhindert uns aber, uns zu denken, dafs diese einzelnen St\u00f6fse doch noch an St\u00e4rke zur\u00fcckstehen hinter dem schw\u00e4chsten Strom, der noch Zuckung zu bewirken vermag, dem Strom n\u00e4mlich zwischen L\u00e4ngsschnitt und k\u00fcnstlichem Querschnitt eines Ischiadnerven vom Frosch.\nAlso schon so gelingt es, jenes verneinende Ergebnifs zu erkl\u00e4ren. Aber cs fragt sich auch noch, ob es \u00fcberhaupt zul\u00e4ssig sei, anzunehmen, wie wir gethan haben, dafs der elektromotorische Vorgang beim willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedmafsen dem an den Froschgliedmafsen in unseren fr\u00fcheren Versuchen in allen St\u00fccken gleichzusetzen sei.\nDie einzelnen Zuckungen, die man durch den Willen hervorbringt, haben n\u00e4mlich nicht dieselbe Geschwindigkeit, wie die auf elektrischem\nH- 2-\t20","page":305},{"file":"p0306.txt","language":"de","ocr_de":"306\n3. Abschn. Kap. VJI1. \u00a7. IV. 8 (v). Versuche\u2022\nWege erzeugten. Davon ist es leicht, sich die subjective Ueberzeugung zu verschaffen. Wenn auch vielleicht nicht im gleichen Mafse, so gilt doch dasselbe f\u00fcr die auf mechanischem und kaustischem Wege hervorgebrachten Zuckungen und f\u00fcr die Reflexzuckungen, die dem Tetanus durch Strychninvergiftung vorhergehen. Zu der absoluten Schw\u00e4che der in den Versuchen am Menschen stattfindenden Wirkung kommt also noch ihre verglcichweise Langsamkeit hinzu, um das Ausbleiben der secund\u00e4ren Zuckung des Froschschenkels bei einzelnen Zuckungen der Gliedmafsen zu erkl\u00e4ren.\nDies ist aber noch nicht Alles. Wenn wir die Gliedmafsen des Frosches vom Nerven aus tetanisirten, wurden stets s\u00e4mmtliche Primitivr\u00f6hren des Nerven gleichzeitig erregt, und s\u00e4mmtliche Muskeln zuckten demgem\u00e4fs und erschlafften wiederum zu gleicher Zeit. Einer jeden solchen Gesammtzuckung der Gliedmafse entsprach ein Zahn, einer jeden Erschlaffung eine L\u00fccke zwischen zwei Z\u00e4hnen der kammf\u00f6rmigen Curve Fig. 89 Taf. I. Fig. 145 Taf. V dieses Bandes. Beim willk\u00fcrlichen Tetanus der Gliedmafsen verh\u00e4lt es sich anders. Zvvar ist auch hier die Zusammenziehung keine stetige, sondern eine unterbrochene, wie Wollaston und P. Erman gezeigt haben.1 Allein es zucken und erschlaffen abwechselnd dabei nicht alle Muskeln zu gleicher Zeit. Vielmehr ge-rathen die Glieder dabei in ein Zittern, welches nicht anders zu erkl\u00e4ren ist als durch die Annahme, dafs von den beiden Muskelgruppen, welche das Glied in der Ebene der Erbitterung bewegen, abwechselnd die eine und die andere die gr\u00f6fsere Spannung besitzt. Es ziehen sich folglich nicht s\u00e4mmtliche Makeln zu gleicher Zeit zusammen, sondern die Zusammenziehung der einen Mwskelgruppe f\u00e4llt in den Zwischenraum der Erschlaffung der anderen zwischen je zwei Zusammenziehungen derselben.\nDem entsprechend wird also auch die Curve der Stromdichte im strompr\u00fcfenden Nerven nicht mehr der oben bezeichneten gleichzustellen sein, sondern sie wird betrachtet werden k\u00f6nnen als zusammengesetzt aus zwei solchen Curven, von denen die eine gegen die andere um die Breite eines Zahnes verschoben ist. Ueber die Gestalt der Z\u00e4hne der Curve, \u00fcber das Verh\u00e4ltnifs ihrer Breite zu der der L\u00fccken, die sie zwischen sich lassen, ist erfahrungsm\u00e4fsig durchaus nichts bestimmt. Nichts verhindert uns also anzunehmen, dafs diese Gestalt und dieses Verh\u00e4ltnifs der Art seien, dafs die resultirende Curve entweder gar nichts mehr von einer kammf\u00f6rmigen hat, oder dafs we-\n1 Gilbert\u2019s Annalen der Physik. 1812. Bd. XL. S. 18. 32.* \u2014 Vergl. unten, Kap. IX.","page":306},{"file":"p0307.txt","language":"de","ocr_de":"secund\u00e4re Zuclcung von den menschlichen Gliedmafsen tu erlangen. 307\nnigstens die \u00fcbrigbleibenden Z\u00e4bne aufserordentlich viel k\u00fcrzer sind als die der beiden einzelnen Curven. Dies kann man sich auf verschiedene Arten denken, je nach der Vorstellung von der Gestalt der Z\u00e4hne, die man dabei zum Grunde legt.\nGleichviel, wie man diese Vermuthung im Einzelnen ausf\u00fchre, man sieht, dafs sie vollst\u00e4ndig erkl\u00e4rt, weshalb der willk\u00fcrliche Tetanus der menschlichen Gliedmafsen aufser Stande ist, secund\u00e4ren Tetanus des strompr\u00fcfenden Froschschenkels zu erzeugen. Zugleich aber ergiebt sich dabei, dafs die Multiplicatorwirkung, die jener Tetanus erzeugt, uns hier ein viel richtigeres Mafs von der absoluten St\u00e4rke des Stromes giebt, als dies in den Frosch versuchen der Fall ist, weil eben die elektromotorische Wirkung der Zusammenziehung hier keine unterbrochene mehr ist. Und so wirft unsere letzte Betrachtung abermals Licht darauf, weshalb auch einzelne secund\u00e4re Zuckungen des strompr\u00fcfenden Schenkels durch willk\u00fcrliche Zusammenziehung der menschlichen Gliedmafsen verraifst werden.\nWahrscheinlich \u00fcbrigens wirkt schon ein dem eben dargelegten \u00e4hnliches Verhalten mit, um das Erscheinen des secund\u00e4ren Tetanus beim Tetanus durch Strychninvergiftung am Frosche zu erschweren (S. oben S. 184. 185). Denn ohne Zweifel steht diese Art der dauernden Innervation der durch den Willen n\u00e4her als die beim elektrischen Teta-nisiren, und in der That ist es auch nichts Ungew\u00f6hnliches, auf dem Gipfel des Strychninkrampfes die Gliedmafsen wie heim willk\u00fcrlichen Tetanus erzittern zu sehen (S. oben Abth. I. S. 515).\nLegt man die Vorstellung zum Grunde, dafs, trotz der Unterbrochen-heit des willk\u00fcrlichen Tetanus, die dabei stattfindende elektromotorische Wirkung keine unterbrochene mehr sei, sondern eine stetige, so mufs noch eine andere Versuchsweise in Anwendung gebracht werden, ehe man es aufgiebt, Zuckung des strompr\u00fcfenden Schenkels durch diese elektromotorische Wirkung zu erlangen. Sie besteht darin, den stetigen Strom, den die Zusammenziehung erzeugt, in dem Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels schnell herzustellen und wieder abzubrechen, wie wir dies mit dem Nervenstrom gethan haben, um eine physiologische Wirkung von demselben zu erlangen (S. oben Abth. I. S. 273). Wenigstens wird so vermuthlich immer noch leichter secund\u00e4re Zuckung ein-treten als beim Beginn oder gar beim Nachlassen des willk\u00fcrlichen Tetanus , wo die Curve der Stromdichte im Nerven schwerlich solche Steilheit besitzt, dafs, selbst bei noch weit betr\u00e4chtlicherer absoluter Gr\u00f6fse ihrer Ordinaten, Zuckung stattfinden k\u00f6nnte.\nUm den Versuch anzustellen, bringt man zwischen die Zuleitungsb\u00e4usche einen Zwischenbausch an, bekleidet diesen und einen der Zu-\n20'","page":307},{"file":"p0308.txt","language":"de","ocr_de":"308\t3. Ab sehn. Kap. Fill. \u00a7\u25a0 IV. S (vi). Geschichtliches\nleitungsb\u00e4usche mit Eiweifsh\u00e4utchen, und iiberbr\u00fcckt sie mit dem Nerven des strompr\u00fcfenden Froschschenkels. Zwischen dem Zwischenbausch und dem anderen Zuleitungsbausche schliefst und \u00f6ffnet man den Kreis mittelst des Schliefsungsbausches. Damit ein entscheidender Erfolg beobachtet w\u00fcrde, ra\u00fcfste nat\u00fcrlich der strompr\u00fcfende Schenkel in Ruhe bleiben, so lange keine Muskeln angespannt sind; erst beim willk\u00fcrlichen Tetanus d\u00fcrfte er auf das Schliefsen und Oeffnen des Kreises mit Zuckung antworten. Es findet daher diese Versuchsweise nur Anwendung auf diejenigen der oben beschriebenen Anordnungen, bei denen, nach l\u00e4ngerer Schliefsung, kein merklicher Strom im Kreise zur\u00fcckbleibt. Dies sind die drei bereits im Vorigen (S. oben S. 305) von uns angewendeten, da die Gestalt des Versuches, wobei beide Elbogen in die Zu-leitungsgef\u00e4fse tauchen (S. oben S. 290), zu unbequem ist. Ich habe, in allen drei F\u00e4llen, mehreremal den Versuch vergeblich angestellt. Es liegt also der bei der Zusammenziehung entstehende Strom, bei der Geschwindigkeit der Herstellung und Unterbrechung, wie sie hier erlangt werden kann, unterhalb der Grenze der Empfindlichkeit des strompr\u00fcfenden Schenkels.\nDie Folge wird lehren, dafs dies selbst dann der Fall ist, wenn der Widerstand des K\u00f6rpers durch Ilinwegschaffung der Oberhaut betr\u00e4chtlich vermindert worden ist.\n(vi) Geschichtliches zu den vorigen Versuchen.\nMit den Fingern in den gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fsen habe ich den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus eines Armes bereits im Jahr 1845 am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom beobachtet. Die Versuche des vierten Kapitels und des dritten Paragraphen dieses Kapitels waren dieser Beobachtung, mit wenigen Ausnahmen, voraufgegangen. Es lag dieselbe ganz nat\u00fcrlich am Ende des Weges, den ich schon 1842 in meinem \u00bbvorl\u00e4ufigen Abrisse\u00ab betrat, als ich die negative Schwankung des Stromes der Froschmuskeln bei der Zusammenzichung nachwies. Nicht durch Zufall wurde ich darauf gef\u00fchrt, sondern ich wufste, dafs ein derartiger Erfolg unter gewissen Bedingungen nicht ausbleiben konnte, obschon ich allerdings nicht im Stande war vorauszusehen, dafs er gerade unter diesen Umst\u00e4nden und gerade in dieser Richtung ein-treten w\u00fcrde.\nSeit dem Jahr 1845 waren viele Berliner und ausw\u00e4rtige Gelehrte bei mir Zeugen der durch willk\u00fcrliche Zusammenziehung hervorgebrachten Nadelablenkungen. Im September 1847 hatte ich die Ehre, die Erscheinung, im Beisein meines Freundes Br\u00fccke, Herrn Alexander von Humboldt zu zeigen. Im M\u00e4rz 1848 gab ich in der Vorrede zu","page":308},{"file":"p0309.txt","language":"de","ocr_de":"zur elektromotorischen Wirlcung des willk\u00fcrlichen Tetanus. 309\ndiesem Werke eine Andeutung des Versuches (S. oben Bd. I. S. xv). Im Herbste desselben Jahres endlich theilte ich ihn, im Verein mit der Grundthatsache des elektrotonischen Zustandes der Nerven, der hiesigen Akademie der Wissenschaften bei Uebersendung des ersten Bandes dieses Werkes mit, indem ich mich auf das Zeugnifs zweier Mitglieder der Akademie, der Herren v. Humboldt und Magnus berief.1\nDie erw\u00e4hnte Stelle meiner Vorrede gab ein halbes Jahr sp\u00e4ter Herrn v. Humboldt Veranlassung, die Aufmerksamkeit der Pariser Akademie der Wissenschaften auf den in Rede stehenden Versuch zu lenken.\u2019 Um die Zweifel zu besiegen, welche in Folge dieser Mittheilung, zwar nicht \u00f6ffentlich, doch in Privatbriefen ausgesprochen wurden, hatte Herr v. Humboldt die G\u00fcte, sich am 15. Mai 1849 abermals zu mir zu begeben und in Gegenwart der Herren Johannes M\u00fcller und Helmholtz den Versuch selber anzustellen. Mit Bezug hierauf, und mit einer Nachschrift v. Humboldt\u2019s versehen, erschien ein Brief von mir an v. Humboldt in den Comptes rendus etc. 21 Mai 1849. t. XXVIII. p. 641.\u201c3 In diesem Briefe setzte ich kurz das Verfahren, dessen ich mich zu bedienen pflege, auseinander, wobei ich meine thierisch-elektrischen Versuchsweisen, Multiplicator, Zuleitungsgef\u00e4fse u. s. w. als bekannt voraussetzte, aus dem Grunde, dafs v. Humboldt bereits ausdr\u00fccklich auf den schon im Herbst 1848 erschienenen ersten Band dieser Untersuchungen hingewiesen hatte.1 Ich beschrieb sodann, so weit ich sie damals kannte, die Hautstr\u00f6mungen bei gesunden Fingern, sowie die bei Gegenwart einer Wunde an dem einen Finger, endlich den Erfolg bei der Zusammenziehung.\nIn Folge dieses Briefes versuchten mehrere Gelehrte die von mir angegebene Thatsache zu beobachten. Indessen blieben ihre Bestrebungen meist erfolglos und ihre Er\u00f6rterungen des Gegenstandes ohne Werth, weil sie, ungeachtet der eben erw\u00e4hnten und sp\u00e4ter nochmals5 wiederholten Aufforderung v. Humboldt\u2019s, es vers\u00e4umten, zuvor Kenntnifs von meinen fr\u00fcheren Arbeiten zu nehmen. Die ersten, die sich mit\n* Bericht \u00fcber die zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen der K\u00f6nigl. Preufs. Akademie der Wissenschaften zu Berlin. October 1848. S. 362; \u2014 L\u2019Institut, t. XVII. No. 795. p. 102.'\n3 Comptes rendus etc. 30 Avril 1849. t. XXVIII. p. 570;* \u2014 L\u2019Institut, t. XVII. No. 800. p. 138.*\n3\tL\u2019Institut. No. 803. p. 161;* \u2014 Archives des Sciences physiques et naturelles. t. XI. p. 217;* \u2014 Philosophical Magazine. 3. Series. July 1849. Suppl, vol. XXXIV. p. 543;* \u2014 The American Journal of Science and Arts. 2. Series, vol. VIII. p. 404;* \u2014 Zantedeschi, Annali di Fisica. 1849 \u20141850. p. 13.*\n4\tComptes rendus etc. 30 Avril 1849. t. XXVIII. p. 570. *\n3 Comptes rendus etc. 21 Mai 1849. t, XXVIII. p. 643.*","page":309},{"file":"p0310.txt","language":"de","ocr_de":"310\n3Abschn. Kap. \u00a5111. \u00a7. IV. 8 (vi). Geschichtliches\nder Wiederholung meines Versuches befafsten, waren Despretz und Becquerel der Vater.\nDespretz benutzte einen RumiKORFF\u2019schen Multiplicator von nur 1800 Windungen, der also auch unter den g\u00fcnstigsten Umst\u00e4nden h\u00f6chstens eine Spur von Ablenkung h\u00e4tte zeigen k\u00f6nnen. Zuerst fafste er mit den H\u00e4nden kupferne Handhaben, die er aber zu diesem Behuf hatte versilbern, vergolden und platiniren lassen. Er fand, dafs man nur mit der einen Hand die Handhabe zu dr\u00fccken brauchte, um Ablenkungen von 50 \u2014 90\u00b0 bald in der einen, bald in der anderen Richtung zu bewirken. Diese Versuche stellte Despretz an, bevor er meinen Brief an v. Humbolbt zu Gesicht bekommen. Nachdem er davon Kenntnifs erhalten, fing er damit an sich zu versichern, dafs ungleiche Temperatur der Salzl\u00f6sung in den beiden Gef\u00e4fsen, worin die Finger tauchten, keine Spur von Strom erzeugte, wobei ihm also die oben S. 208 beschriebenen Wirkungen entgingen. Damit, beim Eintauchen der Finger, die Fl\u00fcssigkeit nicht neue Punkte der Zuleitungsplalten benetze, wurden die Platten bis unter den Spiegel der Fl\u00fcssigkeit mit Siegellack \u00fcberzogen (Vergl. oben Bd. I. S. 215. Bd. II. Abth. I. S. 188. 190. Abth. II. S. 282). Die Zusammenziehung eines Armes gab unter diesen Umst\u00e4nden Ablenkungen bald im einen, bald im anderen Sinne.\nDa es Despretz nicht gl\u00fcckte, auf die von mir angegebene Art unzweideutige Erfolge zu beobachten, so suchte er auf eigenen Wegen dazu zu gelangen. Er zog den einen Arm bereits in der Luft zusammen, und tauchte nun erst die Finger ein. Er tauchte statt der Finger die ganzen zur Faust geballten H\u00e4nde in grofse Gefafse mit Salzl\u00f6sung ein; beides ohne bestimmtes bejahendes oder verneinendes Ergebnis. Die Richtung der Ausschl\u00e4ge, welche er erhielt, entsprach bald der von mir angegebenen, bald widersprach sie ihr.\nUm den Versuch zu gr\u00f6fserer Einfachheit zur\u00fcckzuf\u00fchren, suchte Despretz den Multiplicator durch den strompr\u00fcfenden Froschschenkel zu ersetzen. Froschschenkel wurden mit den Armen zum Kreise geschlossen, w\u00e4hrend ein Arm angespannt war. Da auch dies mifslang, kehrte Despretz zu den Versuchen mit den Handhaben zur\u00fcck. Ver-muthlich um dabei den Druck im Augenblick der Zusammenziehung zu vermeiden, wurden diesmal die Handhaben mit seidenen Schn\u00fcren auf den mit Salzl\u00f6sung benetzten Handr\u00fccken festgebunden. Die best\u00e4ndige Ablenkung der Nadel durch die blofse Ungleichartigkeit des so gebildeten Kreises betrug 10\u00b0, \u00fcbertraf also beil\u00e4ufig um mindestens das zehnfache den Ausschlag, den Despretz, an seinem Multiplicator, durch den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus des einen Armes h\u00e4tte erwarten k\u00f6nnen. Endlich, da auch dies nichts fruchten wollte, schlofs","page":310},{"file":"p0311.txt","language":"de","ocr_de":"zur elektromotorischen Wirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus. 311\nDespretz, wie es scheint, nur den Kreis in der Luft mit Armen und H\u00e4nden in der N\u00e4he eines astatischen Nadelpaares Und spannte den einen Arm an, allein, was nicht zu verwundern ist, gleichfalls ohne Erfolg. Despretz begn\u00fcgte sich nicht, nach diesen Versuchen das von mir angek\u00fcndigte Ergebnifs zu bezweifeln, sondern er dehnte seihe Zweifel auch noch aus \u00fcber die thierisch-elektrischen Versuche an Fr\u00f6schen, von denen ihm \u00fcbrigens wohl nur die Matteucci\u2019s bekannt waren. Seine Sorge ist, dafs alle diese Erscheinungen, statt von den thieri-schen Theilen* vielmehr ausgehen von den zur Ableitung angewendeten Metallen. Bei den Vorstellungen, die er sich von den thierisch-elektrischen Versuchen gemacht zu haben scheint, kann man seine Zweifel nur gerechtfertigt finden. Ganz gewifs gingen in allen Versuchen Despretz\u2019 die Wirkungen einzig und allein von den Metallen aus. 1\nBecquerel dem Vater gl\u00fcckte es so wenig als Despretz meinen Versuch zu wiederholen. Ohne zu bedenken, dafs dies sehr wohl daher r\u00fchren mochte, dafs sein Multiplicator nicht die geh\u00f6rige Empfindlichkeit besafs, gab Becquerel ohne Weiteres zu verstehen, dafs ich mich durch Hautungleichartigkeiten und durch die Ladungen der Platin-platten aufs gr\u00f6blichste habe t\u00e4uschen lassen;2 und die wissenschaftliche Tagespresse verfehlte nicht, in diese verdiente Abfertigung meiher kindischen Behauptungen mit lautem Hohne einzustimmen.3\nEine solche Verunglimpfung seines Ansehens, wobei noch dazu ein Nachdruck auf den deutschen Ursprung der angefochtenen Thatsache gelegt wurde, konnte v. Husiboldt nicht f\u00fcglich ungeahndet hingehen lassen. Am 6. Juni 1849 hegab er sich abermals zu mir in Gemeinschaft mit Herrn E. Mitscherlich, damit auch dieser von der Wahrheit meiner Thatsachen Zeugnifs ablegen m\u00f6chte. Mein Freund W. Heintz war bei diesen Versuchen gegenw\u00e4rtig. Einige Tage sp\u00e4ter wiederholte Herr Mitscherlich seine Pr\u00fcfung. Das Ergebnifs derselben, welches\n1 Comptes rendus etc. 28 Mai 1849. t. XXVIII. p. 653;* \u2014 L\u2019Institut, t. XVII. No. 804. p. 169;* \u2014 Philosophical Magazine. 3. Ser. July 1849. vol. XXXV. p. 53;* \u2014 The American Journal of Science and Arts. 2. Series, vol. VIII. p. 406;* \u2014 Archives des Sciences physiques et naturelles\u00bb Juillet 1849. t. XI. p. 217.\u2019 Hier stimmt de la Rive den Behauptungen Despretz\u2019 hei hinsichtlich der Unm\u00f6glichkeit zarte hydroelektrische Str\u00f6me, wie die angeblich thierisch-elektrischen, mit H\u00fclfe des Multiplicators sicher zu erkennen und zu studiren, und zwar wegen der elektromotorischen Wirkungen, welche die Folge seien der Ber\u00fchrung der Fl\u00fcssigkeiten und der metallischen Multiplicatorenden.\n\u2019 Seine \u00bbNote\u00ab steht mit der von Despretz zugleich an den eben erw\u00e4hnten Stellen.\n\u00e4 S. z. B. Journal des D\u00e9bats politiques et litt\u00e9raires. 1 Juin 1849. Feuilleton. \u2014 Archives g\u00e9n\u00e9rales de M\u00e9decine etc. 4. S\u00e9r. t. XX. p. 253.*","page":311},{"file":"p0312.txt","language":"de","ocr_de":"312\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (vi). Geschichtliches\nder Leser leicht err\u00e4th, findet sich in einem Briefe v. Humboldt\u2019s an Arago in den Comptes rendus etc. 2 Juillet 1849. t. XXIX. p. 8.\u201c1 *\nDie Angreifer zogen nach diesem Briefe wenigstens zum Theil ihre Stellungen etwas zur\u00fcck.3 Im Uebrigen aber verlautete seitdem in Frankreich nichts von meinem Versuch, nur dafs Ducros sich seiner annahm, ein Mann, der seit Jahren den Lesern der Comptes rendus bekannt war durch seine in zahllosen Aufs\u00e4tzen stets von Neuem vorgebrachten ausschweifenden Behauptungen vornehmlich auf dem Felde der Elektrothera-peutik. Dieser brachte es bald dahin, Dicht nur durch den Vorgang des Empfindens, sondern sogar durch den des Denkens, durch arithmetische Operationen n\u00e4mlich, die Multiplicatornadel in Schwankungen zu versetzen, die um so heftiger sein sollten, je verwickelter die Operation.* Die Akademie verschm\u00e4hte nicht, Kenntnifs von diesen schwer zu bezeichnenden Leistungen zu nehmen, und zuletzt entwickelte sich daraus in ihrem Schoofse zwischen Despretz und Pouillet ein Streit \u00fcber den Einflufs, den Luftstr\u00f6mungen auf Stellung und Bewegung der Magnetnadel \u00e4ufsern k\u00f6nnen (Vergl. oben Bd. I. S. 194).4\nIn England hatte inzwischen Robert Hunt sich bestrebt, meinen Versuch zu wiederholen. Dieser hatte meine Angaben entweder entstellt vernommen, oder mifsverstanden: denn er glaubt danach zu verfahren, indem er nach Despretz\u2019 Weise (S. oben S. 310) den einen Arm bereits in der Luft zusammenzieht, und dann erst beide Finger eintaucht, wobei man nat\u00fcrlich sehr leicht T\u00e4uschungen durch die Hautungleichartigkeiten ausgesetzt ist. Die Platinplatten in seinem Versuch waren anderthalb Zoll breit und tauchten zwei Zoll tief in die Kochsalzl\u00f6sung ein. Sie waren also fast so ausgedehnt, als die von mir angewendeten. Die L\u00f6sung enthielt \u00a7iv Kochsalz auf die Imperial Pint, also etwa 18 Theile Salz auf 100 Theile L\u00f6sung, war also bei weitem nicht ges\u00e4ttigt. Der Multiplicator wird nicht n\u00e4her beschrieben. Beim Eintauchen der Finger in der angegebenen Art sah Hunt Ausschl\u00e4ge von 2\u00b0 erfolgen, deren Richtung er nicht angiebt, die also wahrscheinlich den von mir bezeichneten Sinn einhielten. Unter der Voraussetzung,\n1 L\u2019Institut, t. XVII. No. 809. p. 210. *\u2014 Kurz zusammengestellt hat diese\nVerhandlungen auch C. Scarpellini in der Corrispondenza scientifica in Roma. No. 11. 22 Agosto 1849. p. 86.*\n3 Gazette des H\u00f4pitaux civils et militaires. 3. Se\u2019rie. t. I. No. 78. p. 311.* 5 Juillet 1849; \u2014 Journal des D\u00e9bats etc. 12 Juillet 1849. Feuilleton;* \u2014 Archives g\u00e9n\u00e9rales de M\u00e9decine etc. 4. S\u00e9r. t. XX. p. 496.*\n3\tComptes rendus etc. 28 Mai 1849. t. XXVIII. p. 677;* \u2014 2 Juillet, t. XXIX. p. 16;* \u2014 9 Juillet, p. 26;*\u2014 16 Juillet, p. 57.*\n4\tDespretz, Comptes rendus etc. 27 Ao\u00fbt 1849. t. XXIX. p. 225;* \u2014 Pouillet, Ibidem. 3 Septembre, p. 245;* \u2014 Despretz, Ibidem. 10 Septembre, p. 273.*","page":312},{"file":"p0313.txt","language":"de","ocr_de":"zur elektromotorischen Wirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus. 313\ndenn auch dies findet sich nicht gesagt, dafs das Eintauchen der Finger hei erschlafften Armen die Nadel in Ruhe liefs, mag Hunt wirklich den Strom durch die Zusamraenziehung beobachtet haben. Anstatt nun aber die Empfindlichkeit des Multiplicators zu erh\u00f6hen, verl\u00e4fst Hunt den richtigen Weg und wendet sich der fehlerhaften durch Despretz eingef\u00fchrten Versuchsweise zu, die darin besteht, die metallischen Mul-tiplicatorenden unmittelbar mit den H\u00e4nden zu ber\u00fchren. Dr\u00fcckte er die eine Platinplatte des Multiplicators mit den Fingern, w\u00e4hrend die andere nur entweder leise ber\u00fchrt wurde oder durch die Salzl\u00f6sung mit der anderen Hand in Verbindung stand, so erfolgten Ausschl\u00e4ge bis zu 30\u00b0, deren Gr\u00f6fse anf\u00e4nglich mit der St\u00e4rke des Druckes im geraden Verh\u00e4ltnifs stand, endlich aber, unter scheinbar unver\u00e4nderten Umst\u00e4nden, verschwindend ward. Hunt stellt sich vor, dafs diese Ausschl\u00e4ge dem Strome der zusammengezogenen Muskeln zuzuschreiben seien und dafs sie deshalb aufh\u00f6rten, weil die Muskeln erm\u00fcdeten. Auch er glaubt sich \u00fcbrigens, gleich Despretz (S. oben S. 310), \u00fcberzeugt zu haben, dafs verschiedene Temperatur der Kochsalzl\u00f6sung keine merkliche Wirkungen nach sich zog. 1\nAlb. Mousson in Z\u00fcrich scheint auch keine richtige Kenntnifs von . meiner Versuchsweise gehabt zu haben. Die seinige schildert er folgen-dermafsen: \u00bbDie Enden eines empfindlichen Galvanometers werden mit \u00bbPlatinstreifen versehen und in zwei Schalen mit Salzwasser getaucht. \u00bbFafst man zugleich jeden der Streifen mit einer Hand, so zeigt sich, \u00bbdadurch allein, noch keinerlei Wirkung, wird aber der eine Arm \u00bbkrampfhaft angespannt, so geht von dieser Seite ein Strom durch das \u00bbGalvanometer, der die Nadel oft um 30 und 40\u00b0 abzulenken vermag.\u00ab Mousson beobachtete also, wie es scheint, einen absteigenden Strom im angespannten Arm, ohne dafs ihm dieser Widerspruch mit dem von mir angek\u00fcndigten Erfolge weiter auffiel. Mousson fand aber ferner, dafs bei s\u00e4ulenartiger Anordnung von zwei oder mehreren Personen, die sich die H\u00e4nde gaben, der Strom schw\u00e4cher ausfiel, als bei nur einer; sodann, dafs eine wesentliche Bedingung der von ihm beobachteten Wirkung in dem mit den Fingern auf die Zuleitungsplatten ausge\u00fcbten Druck liege. Wurden die Armmuskeln angespannt, ohne dafs zugleich ein Druck auf die Elektroden stattfand, so blieb der Strom\n1 The Athenaeum. No. 1128. June 9, 1849. p. 597;* \u2014 Mechanic\u2019s Magazine, etc. vol. L. p. 565.* \u2014 Die Herausgeber des Philosophical Magazine sagen in einer Anmerkung zur Uebersetzung meines Schreibens an v. Humboldt (S. oben S. 309), dafs in England die Wiederholung des Versuches gegl\u00fcckt sei. Dasselbe theilte mir der Uebersetzer, Herr Lettsom, unter dem 26. Juni 1849 brieflich mit. Ich weifs nicht, oh sich diese Angaben auf Hunt\u2019s Versuche, oder auf andere beziehen.","page":313},{"file":"p0314.txt","language":"de","ocr_de":"314\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8 (vi). Geschichtliches\naus. Mousson h\u00e4lt es danach f\u00fcr folgerecht, den Ursprung des Stromes zu suchen \u00bbin diesem Drucke, in der dadurch ver\u00e4nderten Ber\u00fch-\u00bbrung und den dadurch bewirkten schweifsigen oder anderen Abson-\u00bbderungen. \u00ab 1\nBald darauf liefs sich Matteucci in dieser Angelegenheit vernehmen. \u00bbC\u2019est avec le plus vif int\u00e9r\u00eat,\u00ab sagt er, \u00bbque j\u2019ai r\u00e9p\u00e9t\u00e9 cette \u00bbexp\u00e9rience. J\u2019avais esp\u00e9r\u00e9 qu\u2019elle me tirerait, une fois pour toutes, \u00bbde l\u2019incertitude dans laquelle je suis depuis la d\u00e9couverte de la con-\u00bb traction induite. Malgr\u00e9 un tr\u00e8s-grand nombre d\u2019exp\u00e9riences, dans \u00bblesquelles j\u2019ai t\u00e2ch\u00e9 de d\u00e9couvrir la vraie nature de la contraction in-\u00bbduite, j\u2019ai d\u00fb \u00e0 la fin conclure qu\u2019il m\u2019\u00e9tait impossible de d\u00e9cider si \u00bbla cause \u00e9tait un d\u00e9gagement d\u2019\u00e9lectricit\u00e9 par la contraction, ou un \u00bbv\u00e9ritable cas d\u2019induction nerveuse.\u00ab Ich lege Werth auf diese Aeufse-rung. Sie zeigt unzweideutig, dafs Matteucci noch ira Sommer 1849 keine Ahnung besafs von der negativen Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung, die ich im Sommer 1842 entdeckte. Sie beweist auf\u2019s Neue, dafs die Angaben Matteucci\u2019s im Essai etc., die in meinem \u00bb vorl\u00e4ufigen Abrifs \u00ab auf die negative Schwankung gedeutet sind, sich nicht auf diese bezogen, sondern nur auf die Abnahme der mechanischen und elektromotorischen Leistungsf\u00e4higkeit der Muskeln, welche die unvermeidliche Folge anhaltender Zusammenziehung ist (Vergl. oben Abth. I. S. 11 ff.).\nBei der Wiederholung meines Versuches wendete Matteucci nur eine verd\u00fcnnte Kochsalzl\u00f6sung an. Die Nadel kam auf Null. Die Empfindlichkeit des Multiplicators findet sich nicht n\u00e4her bestimmt. Es ist aber kein Grund vorhanden anzunehmen, dafs er anderer Art gewesen sei, als die Multiplicatoren, deren sich Matteucci sonst zu bedienen pflegt, d. h. von mehr als 2500 \u2014 3000 Windungen (S. oben Bd. I. S. 119. Bd. II. Abth. I. S. 479). Als Matteucci abwechselnd den einen und den anderen Arm anspannte, erhielt er stets Nadelbewegungen von 15\u201420\u00b0, deren Gr\u00f6fse jedoch der St\u00e4rke der Anstrengung nicht entsprach, und deren Richtung kein Gesetz erkennen liefs. Matteucci versuchte, gleich Despretz, vergeblich, durch die Zusammenziehung seiner Arme, statt die Nadel zur Ablenkung, den strompr\u00fcfenden Froschschenkel zum Zucken zu bringen. Im Gef\u00fchle seiner Unfehlbarkeit auf diesem Gebiete schliefst Matteucci: \u00bbJ\u2019ai donc bien d\u00e9montr\u00e9 que, de l\u2019exp\u00e9rience de M. du \u00bbBois-Reymond, il ne r\u00e9sulte pas la preuve du d\u00e9veloppement de \u00bbl\u2019\u00e9lectricit\u00e9 par la contraction musculaire\u00ab und wendet sich dann ge-\n1 Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Z\u00fcrich. Bd. I. S. 373.* (18. Juni 1849).","page":314},{"file":"p0315.txt","language":"de","ocr_de":"zur elektromotorischen Wirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus. 31g\ng\u00e8hDESPRETz, der bei Gelegenheit meines Versuches zugleich \u00fcber alle \u00fcbrigen thierisch - elektrischen Untersuchungen mit Anwendung des Mul-tiplicators den Stab gebrochen hatte (S. oben S. 311). 1 * * *\nBuff in Giessen war mit keinem empfindlicheren Strompr\u00fcfer ausger\u00fcstet als Despret.\" Becquerel und Matteucci. Der ihm zu Gebote stehende Multiplicator war ein KLEiNER\u2019scher von 3000 Umg\u00e4ngen, dessen Nadel 30\" zu einer Schwingung brauchte. Der Multiplicator war mit Zuleitungsgef\u00e4fsen nach meiner Angabe, von der Arbeit des Herrn Hoss in Giessen, versehen. Die Wiederholung des Versuches in der von mir beschriebenen Art gelang trotzdem nicht, indem nur ungewisse Wirkungen erhalten wurden. Um aber den Strom zu verst\u00e4rken, traf Buff, wie schon Mousson vor ihm (S. oben S. 313), die Anordnung, dafs sich mehrere Personen die befeuchteten H\u00e4nde reichten, und Alle gleichzeitig den rechten oder gleichzeitig den linken Arm anstrengten, w\u00e4hrend die beiden Endglieder der Reihe die Verbindung mit dem Multiplicator herstellten. So brachten 16 Personen vereint eine Ablenkung von 10 \u2014 12\u00b0 stets in dem richtigen, von mir angegebenen Sinne hervor (Vergl. oben S. 288).a\nEinige Wochen sp\u00e4ter hatte ich die Genugthuung, auf der Durchreise in Giessen mit den n\u00e4mlichen Vorrichtungen in Gegenwart der Herren Buff, Bischoff, Ludwig aus Marburg, A. W. Hoffmann aus London einige Versuche auszuf\u00fchren. Nachdem ich mich bem\u00fcht hatte,\n1 Comptes rendus etc. 25 Juin 1849. t. XXVIII. p. 783 ;*\u2014 L\u2019Institut. Ko. 808.\np. 202.* \u2014 Ganz \u00fcbereinstimmend \u00e4ufsert sich Matteucci noch \u00fcber den Versuch in einer Abhandlung vom 1. April 1850, die in den Philosophical Transactions etc. For the Year 1850. P. II. p. 646* gedruckt steht, und in einem gegen mich gerichteten Schreiben an die Pariser Akademie vom 24. Mai desselben Jahres (Comptes rendus etc. 3 Juin 1850. t. XXX. p. 706;* \u2014 auch als besondere Schrift zu Florenz\nbei Lemonniee gedruckt unter dem Titel: R\u00e9ponse aux deux derni\u00e8res Lettres de M. du Bois-Reymond, inse\u2019re\u2019es dans les n0517 et 18 des Comptes-rendus de l\u2019Aca-\nde\u2019mie, et en ge\u2019n\u00e9ral \u00e0 toutes les observations faites par le m\u00eame auteur sur quelques-unes de mes recherches d\u2019\u00e9lectro-physiologie, p. 7*). In der Abhandlung in den Philosophical Transactions bedient sich Matteucci bereits, nach Moussons, Buffs und Bancalari\u2019s Vorg\u00e4nge (S. oben S. 299. 313 und weiter unten im Text) der s\u00e4ulenartigen Anordnung zur Verst\u00e4rkung des Stromes. Er liefs nicht weniger als 30 \u2014 40 Menschen einen Kreis bilden, und, w\u00e4hrend alle den entsprechenden Arm anspannten, die beiden \u00e4ufsersten den Nerven des strompr\u00fcfenden Froschschenkels ber\u00fchren. Matteucci behauptet, dafs eine seiner Muskels\u00e4ulen aus nur wenigen Gliedern durch diesen Kreis hindurch Zuckung des strompr\u00fcfenden Schenkels hervorzubringen vermocht habe.\n\u2019 W\u00e4hler und Liebig\u2019s Annalen der Chemie und Pharmacie. 18. August 1849. Bd. LXX. S. 366* (13. Juli 1849); \u2014 Philosophical Magazine etc. 3. Ser. October 1849. vol. XXXV. p. 288.* \u2014 L\u2019Institut. 1850. t. XVIII. No. 840. p. 48;* \u2014 Cor-rispondenza scienlifica in Roma. No. 17. p. 138.*","page":315},{"file":"p0316.txt","language":"de","ocr_de":"316\t3. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8(\\i), Geschichtliches\ndie vortheilhaftesten Bedingungen herzustellen, die diese Vorrichtungen zuliefsen, gelang es mir sowohl als Herrn Prof. Bdff auch ganz allein, ohne s\u00e4ulenartige Verbindung mehrerer Personen, die Nadel his auf 2\u00b0 stets in der richtigen Richtung, zur Ueberzeugung aller Anwesenden, durch die Anstrengung des einen oder des anderen Armes ahzulenken (S. oben S. 296). Herr Buff hat die G\u00fcte gehabt, einen Bericht auch \u00fcber diese Versuche in den Annalen der Chemie und Pharmacie zu ver\u00f6ffentlichen.1\nZu gleicher Zeit mit Mousson und Buff ist Bancalari in Genua, der Entdecker der Wirkung des Magnetes auf die Flamme, auf den Gedanken gekommen, den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus durch s\u00e4ulenartige Anordnung mehrerer Menschen zu verst\u00e4rken. Bancalari benutzte einen GouRjON\u2019schen Multiplicator von 3000 Windungen. Die Platinenden des Multiplicators tauchten nicht unmittelbar in die Gef\u00e4fse, in welche die Finger oder H\u00e4nde getaucht werden sollten, sondern in Gef\u00e4fse, welche mit den ersteren durch dicke Baumwollendochte verbunden waren; eine Anordnung zum Vermeiden des Anwogens der Fl\u00fcssigkeit gegen die Platten, welche wir schon oben Bd. I. S. 119 durch Matteucci kennen gelernt, jedoch an ihre Stelle die Umh\u00fcllung mit Fliefspapier gesetzt haben. Beim Zusammenziehen des einen oder anderen Armes erhielt Bancalari Ausschl\u00e4ge, welche sich nie \u00fcber 5\u20146\u00b0 erstreckten, h\u00e4ufig weit darunter blieben. Aber drei Personen, die einzeln nur 5 \u20146\u00b0 Ablenkung erzeugten, brachten zur S\u00e4ule vereint 12\u00b0 hervor. Es wird nicht gesagt, wie die Verbindung der einzelnen Personen unter sich vermittelt war, ob sie sich die H\u00e4nde reichten, oder die Finger in eingeschaltete Gef\u00e4fse mit Salzl\u00f6sung tauchten.\nSchliefslich erkl\u00e4rt Bancalari, welcher diese Versuche sonst f\u00fcr tadelfreie Wiederholungen des meinigen ausgiebt, dafs er stets und unter allen Umst\u00e4nden die Richtung des Stromes umgekehrt wie ich, d. h. in dem angespannten Arme von der Schulter zur Hand gefunden habe. Dies reicht hin, um zu zeigen, dafs er es gar nicht mit dem wahren Strome wegen der Zusammenziehung zu thun gehabt habe. W\u00e4re ein Zweifel dar\u00fcber m\u00f6glich, so w\u00fcrde er gehoben durch die Bemerkung Bancalari\u2019s, dafs beim Abspannen der Muskeln sich ein Strom kundgebe in umgekehrter Richtung von dem beim Anspannen. Dies stimmt nicht mit der Erscheinungsweise des Stromes beim willk\u00fcrlichen Tetanus, wie wir sie oben S. 291 kennen gelernt haben. Dieser Strom verschwindet heim Auspannen der Arme nicht pl\u00f6tzlich, sondern nimmt allm\u00e4lig genug an St\u00e4rke ab, damit die dadurch entwickelten Ladungen\nA. a. \u00db. 3. November 1849. Bd. LXXI. S. 239. *","page":316},{"file":"p0317.txt","language":"de","ocr_de":"zur elektromotorischen Wirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus. 317\nin feinem Augenblick die Oberhand gewinnen, damit also die Gleichgewichtslage, um welche die Nadel schwingt, nie in den entgegengesetzten Quadranten von dem verlegt werde, in welchem der erste Ausschlag geschah. Es kann also wohl die Nadel im R\u00fcckschwung den Nullpunkt \u00fcberschreiten, nie jedoch wird ihr R\u00fcckschwung so grofs, dafs er zu deuten w\u00e4re auf einen im Augenblick des Abspan-nens entstehenden Strom in umgekehrter Richtung von dem, der beim Anspannen entstand. Welchen Ursprungs der Strom gewesen sei, den Bancalari beobachtet und f\u00fcr den Strom wegen der Zusammenziehung gehalten hat, dies zu ermitteln kann wohl nicht unsere Aufgabe sein. Schwerlich jedoch ist Bancalari in Versuchen dieser Art sehr bewandert gewesen, da er in dem angeblichen Strom beim Abspannen nicht einmal den Strom der Ladungen erkannte, den der Strom beim Anspannen, gleichviel welcher Quelle er entsprang, auf den Platinenden entwickelt hatte. 1\nZantedeschi, welcher demn\u00e4chst hier das Wort nahm, hatte gleichfalls einen GouRJON\u2019schen Multipiicator von 3000 Windungen. Die Platinenden desselben, welche bis auf eine Kreisfl\u00e4che von 6mm Durchmesser mit Firnifs bekleidet waren, fafste er zwischen Daumen und Zeigefinger, nachdem er diese mit Salzwasser angefeuchtet hatte. Wenn die Nadel sich von den ersten unregelm\u00e4fsigen Ausschl\u00e4gen erholt hatte, beugte Zantedeschi entweder oder streckte den Arm. In beiden F\u00e4llen beobachtete er Ausschl\u00e4ge, die sich beim Strecken auf 35\u00b0, beim Beugen auf 18\u00b0 beliefen, stets aber absteigend gerichtet waren, also umgekehrt wie ich es angegeben. Die Str\u00f6me sanken, w\u00e4hrend die Arme gestreckt und gebeugt gehalten wurden, sehr bald von ihrer H\u00f6he herab, und ebenso bei \u00f6fterer Wiederholung des Versuches. Doch behauptet Zantedeschi, dafs, wenn die Wirkung durch die Strecker eines Armes ersch\u00f6pft sei, man noch die Wirkung durch die Beuger wahrnehmen k\u00f6nne. Beim Nachlassen der Muskeln gebe sich ein Strom kund in umgekehrter Richtung von dem beim Anspannen. Die Erkl\u00e4rung dieses Stromes durch die freiwerdenden Ladungen bleibt auch hier unerw\u00e4hnt. Da verschiedene Personen in diesen Versuchen eine verschiedene elektromotorische Kraft entwickeln, so habe die Verbindung mehrerer Menschen zur S\u00e4ule h\u00e4ufig Schw\u00e4chung, statt Verst\u00e4rkung zum Erfolg (Vergl. oben S. 300).2\n1 Corrispondenza scicntifiea in Roma. 22 Agosto 1849. No. 11. p. 85.*\u2014 Vergl. auch Ivi, 10 Novembre 1849. No. 14. p. 114\u2019, einige Bemerkungen von mir \u00fcber Bancalari\u2019s Versuch.\n* Zantedeschi, Annali di Fisica. 1849 \u20141850. p. 13. 55;\u2019\u2014 Corrispondenza scientifica in Roma. 3 Ottobre 1849. No. 13. p. 101;\u2019 \u2014 Ivi, 12 D\u00e9cembre 1849. No. 15. p. 119.*","page":317},{"file":"p0318.txt","language":"de","ocr_de":"318\n3. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8 (vi). Geschichtliches\nHerr Zantedeschi hat mir unter dem 28. October 1849 ferner brieflich mitgetheilt, dafs es ihm, bei demselben Verfahren, gelungen sei, durch den Strom bei der Zusammenziehung Zuckung des strompr\u00fcfenden Froschschenkels zu erregen. Statt des Multiplicators wurden in den Kreis der zwischen Daumen und Zeigefinger gehaltenen Platinplatten zwei Kupferstreifen geschaltet, welche auf einer Glasplatte in 40\"\"\" Abstand aufgekittet waren. Auf den einen Kupferstreifen kam der Nerv, auf den anderen das Bein des strompr\u00fcfenden Schenkels zu liegen. Beim stofsweisen Anspannen und Abspannen der Muskeln zuckte der Schenkel. 1 *\nIch brauche wohl nicht beraerklich zu machen, dafs Zantedeschi sich bei diesen Versuchen g\u00e4nzlich get\u00e4uscht hat. Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus ist, wie man gesehen hat, nicht im Stande, Zuckungen zu erregen, und ebensowenig vermag er die Nadel eines Multiplicators von 3000 Windungen bis zu 35\u201c abzulenken. Beim Abspannen folgt ihm keine Bewegung der Nadel, der negative Kr\u00e4fte zu Grunde l\u00e4gen. Welch eine, dem Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus v\u00f6llig fremde Wirkung Zantedeschi, wie schon vor ihm mehrere andere, in die Irre gef\u00fchrt habe, wird die folgende Nummer (vii) lehren.\nNachdem ich \u00fcbrigens Herrn Zantedeschi brieflich darauf aufmerksam gemacht hatte, dafs er am Multiplicator die Richtung des Stromes anders als ich angegeben habe, beeilte sich derselbe zu erkl\u00e4ren, dafs dies nur ein Irrthum seinerseits, beruhend auf der Verwechselung der Pole der Multiplicatornadel, gewesen sei.\u201c\nSp\u00e4ter hat Zantedeschi den Versuch am Multiplicator noch in der Art wiederholt, dafs er den mit Salzwasser befeuchteten kleinen Finger jeder Hand in einen an den Multiplicatordraht gel\u00f6theten silbernen Fingerhut steckte. Beim Anspannen der Armmuskeln seien 3 \u2014 4\u201c Ausschlag im aufsteigenden Sinne entstanden. Es ist m\u00f6glich, obschon aus mancherlei Gr\u00fcnden noch immer stark zu bezweifeln, dafs Zantedeschi dabei wirklich den Strom wegen des willk\u00fcrlichen Tetanus vor sich gehabt habe.3\n1 Dieser Brief findet sich abgedruckt in den Annali di Fisica. 1849\u20141850. p. 77.\u2019\na Ivi, p. 160.\u2019\ns Ivi, p. 392.* \u2014 Der Vollst\u00e4ndigkeit wegen mag hier auch erw\u00e4hnt werden, dafs Marchiandi in Turin damals geglaubt hat gegen meinen Versuch eine Priori-t\u00e4tsreclamation zu Gunsten der Gelehrten Italiens erheben zu m\u00fcssen. Und zwar gr\u00fcndet er diese Reclamation auf die oben Ahlh. I. S. 238. 243. 247. 259 erw\u00e4hnten Versuche Puccinotti\u2019s und Pacinotti\u2019s in Pisa (Corrispondenza scientiiica in Roma. No. 14. 10 Novembre 1849. p. 109\u2019). Puccinotti selber besafs indefs Einsicht genug, um die ihm zugedachte Ehre abzulehnen (Gazzetta Toscana delle Scienze medico-fisiche. Anno VII. No. 35, 36. 4. Novembre 1849. p. 274;*\u2014 Corrispondenza","page":318},{"file":"p0319.txt","language":"de","ocr_de":"zur elektromotorischen Wirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus. 319\nZuletzt ist hier noch der Versuche Cima\u2019s zu gedenken. Auch ihm stand nur ein GouRJorfscher Multiplicator von 3000 Windungen zu Gebote, Das Nadelpaar schlug 33\" und ein GALVANi\u2019sches Pr\u00e4parat brachte hei der von Nobili angegebenen Versuchsweise (S. oben Bd. I. S. 104) einen Ausschlag von 30\u00b0 hervor. Der Multiplicator war also wohl viel weniger empfindlich, als mein Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom und h\u00e4tte nur unter den g\u00fcnstigsten Bedingungen eine Spur von Wirkung beim willk\u00fcrlichen Tetanus zeigen k\u00f6nnen.\nCima fing an, nach meiner Angabe mit Platinenden in Kochsalzl\u00f6sung zu arbeiten. Aber durch theoretische Betrachtungen geleitet, deren Ergebnifs nicht zur n\u00e4heren Kenntnifsnahme einladet, ersetzte er auch in vielen Versuchen diese zuleitende Vorrichtung durch Gef\u00e4fse mit Quecksilber, worin einerseits verquickte Kupferplatten, andererseits die trockenen, manchmal auch die feuchten Finger getaucht wurden. Cima berichtet, dafs wenn er dreifsig Menschen einander die H\u00e4nde reichen, und die beiden \u00e4ufsersten die trockenen Finger in die Queck-silhergef\u00e4fse tauchen liefs, eine S\u00e4ule aus acht halben Froschoberschenkeln durch diesen Kreis hindurch noch 20 \u2014 25\u00b0 Ausschlag hervorgebracht habe. Den eigentlich beabsichtigten Versuchen liefs Cima sehr zweckm\u00e4fsig einige Studien \u00fcber Hautstr\u00f6rae vorangehen. Er hat das Verdienst, zuerst darauf aufmerksam gemacht zu haben, wie unsicher das Verfahren sei, bei der s\u00e4ulenartigen Anordnung mehrerer Menschen zum Kreise, dieselben sich die H\u00e4nde reichen zu lassen, indem das blofse Andr\u00fccken zweier befeuchteten inneren Handfl\u00e4chen gegeneinander bereits Anlafs zu Str\u00f6men gebe (Vergl. oben S. 300).\nZum Ziel gelangte \u00fcbrigens Cima\", wie sich bei seinen H\u00fclfsmitteln von selbst versteht, trotz aller M\u00fche so wenig als seine Vorg\u00e4nger. Als nur eine Person in der von mir angegebenen Art den Versuch anstellte, wobei, nach Becquerel\u2019s Vorgang, die Finger bis unterhalb des Spiegels der Fl\u00fcssigkeit mit einer Fettschicht bekleidet waren, blieb die Nadel ganz unbewegt. Bei s\u00e4ulenartiger Anordnung mehrerer Men-\nscientifica in Roma. No. 14. p. 112\u2019)- Zantedeschi aber nahm Marchiandi sehr \u00fcbel, dafs er PecciNOTTi und Pacinotti die Priorit\u00e4t zugeschrieben habe, da sie vielmehr ihm und Fario, wegen ihrer gleichfalls oben Ablh. I. S. 239 erw\u00e4hnten Versuche, geb\u00fchre. Es gew\u00e4hrt ein gewisses Interesse zu beobachten, wie Zantedeschi, der offenbar urspr\u00fcnglich nicht daran gedacht hatte, erst durch Marchiandi\u2019s Beginnen darauf aufmerksam wird, dafs sich auf jene Versuche allenfalls eine Reclamation gr\u00fcnden lasse; wie er mir sodann anfangs noch eine Stelle neben sich in der Geschichte dieser Entdeckung einr\u00e4umt; zuletzt aber sich ein Herz fafst und nur noch allein von seinen Versuchen und von seinen Ergebnissen spricht. (Annali di Fisica. 1849 \u20141850. p. 157;*\u2014 Corrispondenza scientifica in Roma. No. 16. p. 125;* \u2014 Annali di Fisica 1849 \u2014 1850. p. 359. 392. 394,*)","page":319},{"file":"p0320.txt","language":"de","ocr_de":"320\n3. Alschn. Kap. Till. \u00a7. IV. 8 (vi). Geschichtliches\nsehen fanden nur unregelm\u00e4fsige Wirkungen statt. Endlich bei Anwendung der Quecksilbergefafse und mehrerer zur S\u00e4ule verbundenen Individuen wurde eine Spur von Wirkung im Allgemeinen in richtiger Richtung beobachtet. Allein die St\u00e4rke des Stromes stand in keinem Verh\u00e4ltnifs zu der Zahl der Kettenglieder. Es wurden eben so grofse Wirkungen erhalten, wenn beide Arme gleichzeitig angespannt wurden, Im Augenblick des Anspaunens fand ein erneuter Ausschlag in demselben Sinne statt, wie vorher. Wahrscheinlich mit Recht vermuthete Cima, dafs diese Wirkungen von nichts herr\u00fchrten, als von der ver\u00e4nderten Innigkeit und Ausdehnung der Ber\u00fchrung zwischen den H\u00e4nden der verschiedenen zum Kreise verbundenen Personen. Er schaltete deshalb Gef\u00e4fse mit Kochsalzl\u00f6sung zwischen je zwei Personen ein, und liefs die Finger darin tauchen. Allein nun brachte wieder die unsichere Haltung der Finger in den Gef\u00e4fsen St\u00f6rungen hervor. Endlich wendete sich auch Cima zum Gebrauch des strompr\u00fcfenden Froschschenkels,* dem er f\u00e4lschlich eine weit gr\u00f6fsere Empfindlichkeit zuschreibt als dem Multiplicator (S. oben Bd. I. S. 160). Und er gelangt zu dem Schl\u00fcsse: \u00bbFinalmente il fatto della nessuna proporzionalit\u00e0 della intensit\u00e0 \u00bb della corrente col grado della contrazione, ottenuta col galvanometro, \u00bbe i risultati costantemente negativi ottenuti coll\u2019 uso della rana \u00bbgalvanoscopica, non ci permettono di ammettere corne dimostrato il \u00bbfatto annunziato dal sig. du Bois-Reymond.\u00ab 1 *\nSo standen die Dinge, als ich im Fr\u00fchjahr 1850 Gelegenheit hatte, mit meinen Instrumenten versehen, mich einige Zeit in Paris aufzuhalten. Einige Mittheilungen, die ich der Akademie der Wissenschaften daselbst machte,* veranlafsten diese, eine Commission, bestehend aus den Herren Magendie , Despretz , Rayer und Pouillet, mit der n\u00e4heren Kenntnifsnahme meiner Untersuchungen zu beauftragen, der sich Herr Becquerel freiwillig anschlofs. Nachdem die Commission zu wiederholten Malen meinen Versuchen beigewohnt hatte, stattete sie am 15. Juli d. J. der Akademie ihren Bericht ab, der Pouillet zum Verfasser hat.3 Es ist hier nicht der Ort, n\u00e4her auf diesen Bericht cinzugehen. Es\n1 Annali di Fisica, Chimica e Scienze affini T. II. Fase. 6. p. 225.*. (1 Mai 1850.)\n' Comptes rendus etc. 25 Mars 1850. t. XXX. p. 349;* \u2014 8 Avril 1850. p. 406;* \u2014 L\u2019Institut, t. XVIII. No. 847. p. 97.* No. 850. p. 123;* \u2014 Annales de Chimie et de Physique. 3. Se'rie. t. XXX. p. 119. 178;* \u2014 Corrispondenza scientifica in Roma. No. 19. p. 153.* No. 21. p. 169;* \u2014 Archives des Sciences physiques et naturelles. 1850. t. XIV. p. 105.*\n8 Comptes rendus etc. t. XXXI. p. 28;* \u2014 L\u2019Institut, t. XVIII. No. 863. p. 224.* No. 864. p. 235.* No. 866. p. 251;* \u2014 Archives g\u00e9n\u00e9rales de M\u00e9decine. 4. S\u00e9r, t. XXIII. p. 528;* \u2014 Archiv f\u00fcr physiologische Heilkunde. Bd. IX. S. 663.\u2019","page":320},{"file":"p0321.txt","language":"de","ocr_de":"zur elektromotorischen Wirkung des willk\u00fcrlichen Tetanus. 321\ngen\u00fcge die Bemerkung, dafs, wenn ich bisher dazu geschwiegen habe und noch schweige, der Grund davon nicht ist, dafs ich mich den darin gef\u00e4llten Urtheilen unterwerfe.\nWas den hier in Rede stehenden Versuch betrifft, so erkannte der Bericht die Wahrheit meiner Aussagen nunmehr mit aller Freim\u00fctigkeit unbedingt an, und machte dadurch der Reihe unfruchtbarer Bem\u00fchungen zur Wiederholung des Versuches, wie wir sie im Vorigen kennen gelernt haben, gl\u00fccklich ein Ende. Es wurde fortan aus dem Mifslingen des Versuches nicht mehr ohne Weiteres der Schlufs gezogen, dafs ich mich get\u00e4uscht habe, sondern es mufste wohl oder \u00fcbel nun auch noch die andere M\u00f6glichkeit zugegeben werden, dafs inan nicht die H\u00fclfsmittel, vielleicht auch nicht die hinl\u00e4ngliche Uebung in den hier n\u00f6thigen Handgriffen besitze, um meine Angaben best\u00e4tigen zu k\u00f6nnen. Gegen die Bedeutung des Versuches aber, wie ich sie in meiner ersten Mittheilung an die Pariser Akademie hingestellt hatte, und wie sie im Vorigen von mir festgehalten worden ist, erhob der Bericht Bedenken, auf die wir alsbald n\u00e4her zur\u00fcckkommen werden.\n(vn) Ueber die von Despretz, Hont, Mousson und Zantedeschi beobachteten falschen Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus.\nDie im Vorigen geschilderten Bestrebungen zur Wiederholung des in Rede stehenden Versuches sind zun\u00e4chst s\u00e4mmtlich daran gescheitert, dafs die Multiplicatoren, deren man sich bediente, nicht empfindlich genug waren. Alle diese Multiplicatoren waren, wie bereits mehrmals bemerkt wurde, nur der Art, dafs sie, unter den g\u00fcnstigsten Bedingungen , h\u00f6chstens eine Spur von Wirkung im Bereich von 1 \u20142\u00b0 h\u00e4tten zeigen k\u00f6nnen. Unter diesen g\u00fcnstigen Bedingungen ist zu verstehen die Anwendung ausgedehnter, v\u00f6llig gleichartiger, und vor jeder St\u00f6rung der Gleichartigkeit w\u00e4hrend des Versuches gesch\u00fctzter Platinelektroden ; einer Zuleitungsfl\u00fcssigkeit ferner, die der Haut die hinl\u00e4ngliche Leitungsf\u00e4higkeit ertheilt (S. oben S. 191. 196), aber doch noch die Abgleichung der Platinenden im verlangten Mafse gestattet; die Bew\u00e4ltigung der von Seiten der Hautungleichartigkeiten drohenden St\u00f6rungen; endlich das Gebieten \u00fcber ein Paar muskelkr\u00e4ftige wohlge\u00fcbtc Arme. Mit den Schwierigkeiten, diese Bedingungen herzustellen, sind wir nur zu wohl vertraut. Kein Wunder also, wenn Versuche, in denen nur die eine oder die andere derselben durch Zufall erf\u00fcllt sein mochte, nur selten zu scheinbar g\u00fcnstigen, stets zu ungewissen Ergebnissen f\u00fchrten.\nDiese Art des Erfolges unter den oben aufgez\u00e4hlten ist jedoch unter die besseren zu rechnen. Weit mehr vom Ziel ab irrten diejenigen, II. 2.\t21","page":321},{"file":"p0322.txt","language":"de","ocr_de":"322\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (vu). Ueber Str\u00f6me\ndie, wie Despretz, Hunt, Mousson, Zantedeschi, Cima, den von mir empfohlenen Weg der Stromableitung verliefsen und die metallischen Multiplicatorenden unmittelbar mit der Haut in Ber\u00fchrung brachten.\nIch habe, im Beginn dieser Untersuchungen (S. oben Bd. I. S. 209), die Gr\u00fcnde auseinandergesetzt, weshalb es unm\u00f6glich ist, mit H\u00fclfe der Methode des Anlegens metallischer Multiplicatorenden an die thierischen Theile unmittelbar sichere thierisch-elektrische Versuche anzustellen, wenn es sich nicht um Wirkungen von solcher St\u00e4rke handelt, wie etwa die Zitterfische sie darbieten. Wir sahen, dafs man bei dieser Methode f\u00fcr die Gleichartigkeit der metallischen Multiplicatorenden jeglicher B\u00fcrgschaft entbehrt; dafs, selbst wenn man diese Enden vorher auf das sorgf\u00e4ltigste abgeglichen'hat, sie doch sofort wieder ungleichartig erscheinen, wenn sie nicht unverr\u00fcckt in der n\u00e4mlichen Fl\u00fcssigkeit bleiben, in der die Abgleichung geschah; endlich dafs nach Fech-ner\u2019s Grunds\u00e4tzen elektromotorische Unterschiede an der Oberfl\u00e4che der thierischen Theile bei Ber\u00fchrung mit Metallen unmittelbar st\u00e4rker wirken, als bei Ber\u00fchrung mit Fl\u00fcssigkeiten. Am wenigsten von allen Metallen ist aber, nach dem oben ebendas. S. 81. 145. 146 Gesagten, das Quecksilber in dieser Art mit Sicherheit anwendbar, wegen des ewigen Wechsels seiner Oberfl\u00e4che, wodurch eine auch nur ann\u00e4hernde Abgleichung derselben in der That unm\u00f6glich gemacht wird.\nNichtsdestoweniger findet es sich, dafs, verm\u00f6ge eines unerwarteten Umstandes, Cima doch noch das beste Theil erw\u00e4hlte, indem er unter den Metallen dem Quecksilber den Vorzug gab. Erscheint es n\u00e4mlich schon von diesem Standpunkt der Kenntnifs aus als kein gl\u00fccklicher Gedanke, die Methode des Anlegens hier an die Stelle meiner Versuchsweise zu setzen, so liefs sich doch nicht vorhersehen, dafs dieser Gedanke in dem Mafs ungl\u00fccklich sein w\u00fcrde, als es sich nun herausgestellt hat; dafs gerade in diesem besonderen Falle die unmittelbare Ber\u00fchrung der Metalle mit dem K\u00f6rper zu den allerbedenklichsten St\u00f6rungen Anlafs geben w\u00fcrde.\nMan erinnert sich der seltsamen elektromotorischen Wirkungen, die bei Ber\u00fchrung des menschlichen K\u00f6rpers mit B\u00e4uschen eintraten in Folge einer durch Druck herbeigef\u00fchrten Ver\u00e4nderung der Ber\u00fchrung (S. oben S. 222. 268). Ganz \u00e4hnliche Wirkungen geben sich zu erkennen, wenn man, statt der B\u00e4usche, Metalle unmittelbar an den K\u00f6rper anlegt und die Ber\u00fchrung durch st\u00e4rkeres und geringeres Anpressen ver\u00e4ndert. Um so gef\u00e4hrlicher ist hier die Erscheinungsweise dieser Wirkungen, als sie, im Gegens\u00e4tze zu denen bei Anwendung der B\u00e4usche, eine gewisse Gesetzm\u00e4fsigkeit erkennen lassen. Durch diese Gesetzm\u00e4fsigkeit ist Hunt, insbesondere aber Zanteeeschi, in die Irre gef\u00fchrt worden.","page":322},{"file":"p0323.txt","language":"de","ocr_de":"durch Dr\u00fccken der Elektroden.\n323\nMousson hat sich nicht dadurch t\u00e4uschen lassen. Despretz scheint sie sich nicht dargeboten zu haben.\nIch nahm zwei Streifen Platinblech von 48mm L\u00e4nge auf Amm Breite, und firnifste sie auf beiden Seiten mit Bernsteinlack, der durch Kienrufs gef\u00e4rbt war, um besser seine Grenze zu sehen, und der Stetigkeit des Ueberzuges versichert zu sein. Die beiden Enden der Streifen blieben frei vom Lack, das eine in einer solchen Strecke, dafs es bequem in eine PoGGENDORFF\u2019sche Blechklemme befestigt werden konnte, das andere, welches zur Elektrode bestimmt war, in 6\u201d\u2122 L\u00e4nge. Die freie Oberfl\u00e4che auf jeder Seite der Elektrode betrug also nur 24 Quadratmillimeter. Die Fl\u00e4che darf nicht gr\u00f6fser sein, weil sonst bei der den Druck begleitenden Abplattung der Fingerspitzen gegeneinander neue Punkte der Haut mit dem Metall in Ber\u00fchrung kommen, wodurch die Wirkungen ganz unregelm\u00e4fsig werden.\nW\u00e4hrend das erstere Ende jeder Platte durch die Blechklemme mit dem Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom in Verbindung gesetzt war, fafste ich das andere zwischen Daumen und Zeigefinger, die ich vorher mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung benetzt hatte. Beim ersten Schliefsen der Kette erfolgt stets ein Ausschlag von gr\u00f6fserer oder geringerer Heftigkeit bald in dem einen, bald in dem anderen Sinne. Indessen kommt die Nadel meist in geringer Entfernung vom Nullpunkte zur Ruhe. Uebt man nun mit Daumen und Zeigefinger einen Druck auf die eine Elektrode aus, so wird die Nadel auf\u2019s Neue heftig abgelenkt, und zwar, wie ich im Widerspruch mit Mousson\u2019s und mit Zantedeschi\u2019s erster Angabe (S. oben S. 313. 317) finde, stets in dem Sinne, dafs der Strom aufsteigend ist in dem Arme, dessen Finger den Druck aus\u00fcben. Der Richtung nach ist also der Erfolg in der That, als ob die Nadel den Strom wegen der Zusammenziehung anzeigte. Da man nun, wenn man s\u00e4mmtliche Muskeln des einen Armes anspannt, auch meist unwillk\u00fcrlich den Druck auf die zwischen den Fingern gehaltene Elektrode verst\u00e4rkt, so erkl\u00e4rt sich Hunt\u2019s und Zantedeschi\u2019s T\u00e4uschung, auf diese Art die von mir beschriebene Thatsache best\u00e4tigt zu haben.\nIndessen geh\u00f6rt nur geringe Aufmerksamkeit dazu, um zu erkennen, dafs, obschon ein Bruchtheil des aufsteigenden Stromes auf Rechnung der Zusammenziehung der Muskeln kommen mag, dies doch nur ein verschwindender Bruchtheil sein kann, und dafs der bei weitem gr\u00f6fsere Theil des Stromes einer ganz anderen Ursache seine Entstehung verdankt.\nDer erste Umstand, der f\u00fcr uns darauf hinweist, wenn er auch f\u00fcr Hunt und Zantedeschi die gleiche Bedeutung nicht wohl haben konnte, ist die verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig ungeheure St\u00e4rke des Stromes. Die\n~..... 21\u00b0","page":323},{"file":"p0324.txt","language":"de","ocr_de":"324\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8 (vu). (Jeher Str'\u00f6me\nNadel des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom kann dadurch bis auf 50\u00b0 getrieben werden. Wird statt des Multiplicators der Nerv des strompr\u00fcfenden Froschschenkels mit H\u00fclfe der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung in den Kreis gebracht, so ger\u00e4th, wie Zantedeschl es gesehen hat, bei raschem Wechsel von Druck und Nachlassen des Drucks der Schenkel in lebhafte Zuckungen.\nF\u00fcr\u2019s zweite ist kein Unterschied zu bemerken in der St\u00e4rke der Wirkung, je nachdem man blos die Beuger des Zeigefingers und Daumens und den Gegensteller des letzteren anstrengt, oder gleichzeitig alle anderen Muskeln des Armes zusammenzieht. Dagegen wird, wie Mousson richtig gesehen hat, die Wirkung unmerklich, wenn man sich bem\u00fcht, die Muskeln des Armes anzuspannen, ohne dabei den Druck auf die Elektrode zu vermehren.\nDrittens beh\u00e4lt die Wirkung dieselbe Richtung und St\u00e4rke bei, wenn man, anstatt selber den Druck durch willk\u00fcrliche Zusammenziehung auszu\u00fcben, Daumen und Zeigefinger durch einen Anderen zusammendr\u00fccken l\u00e4fst. Diesen Einwurf hat sogar schon Cima gegen Zante-deschi\u2019s Versuche am strompr\u00fcfenden Froschschenkel gemacht. 1\nEndlich viertens bedarf es, um die in Rede stehende Wirkung zu erzeugen, \u00fcberhaupt gar nicht einmal des menschlichen K\u00f6rpers. Vielmehr l\u00e4fst sich dieselbe Wirkung, und des geringeren Widerstandes halber sogar noch st\u00e4rker beobachten, wenn man das feuchte Polster der Finger durch einen Bausch ersetzt. Auf nichtleitender Unterlage wird ein mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkter Bausch nach Art des Sattelbausches gelegt. Die Elektroden werden in einiger Entfernung von einander zwischen seine Lagen geschoben, so dafs die freie Oberfl\u00e4che , des Metalls ganz in dem Bausche steckt. Die Entfernung mufs grofs genug sein, damit ein Druck, den man auf den Bausch an der Stelle aus\u00fcbt, wo die eine Elektrode liegt, sich nicht bis zur anderen Elektrode fortpflanze. Ist die Nadel zur Ruhe gekommen, und man \u00fcbt auf den Bausch \u00fcber der einen Elektrode mittelst der Finger oder einer Schraube, noch besser mittelst eines Gewichtes einen angemessenen Druck aus, so entsteht ein starker Ausschlag, der die gedr\u00fcckte Elektrode wie vorher als positiv gegen die nicht gedr\u00fcckte anzeigt.\nDie Wirkung zeigt sich folglich \u00fcberall abh\u00e4ngig vom Druck, der die Elektrode trifft, v\u00f6llig unabh\u00e4ngig aber von der Betheiligung angespannter Muskeln. Damit ist die Sache, so weit sie uns angeht, eigentlich bereits abgethan. Es werden aber in der Folge sogar noch andere Gr\u00fcnde hinzutreten, um die Unabh\u00e4ngigkeit des beim Dr\u00fccken\n1 Annali di Fisiea, Chimica e Scienze affini. t. II. 1850. p. 237.*","page":324},{"file":"p0325.txt","language":"de","ocr_de":"durch Dr\u00fccken der Elektroden,\n325\nder Elektroden mit den Fingern entstehenden Stromes von der Zusammenziehung der Muskeln ersichtlich zu machen. Ich habe n\u00e4mlich versucht, der Wirkung selber, welche Hunt und Zantedeschi get\u00e4uscht hat, etwas n\u00e4her auf den Grund zu gehen. Jedoch bin ich, in diesem Bestreben, nicht sonderlich gl\u00fccklich gewesen. Folgendes ist, was ich dar\u00fcber habe ermitteln k\u00f6nnen.\nZun\u00e4chst ist klar, dafs die Wirkung beim Zusammendr\u00fccken nicht beruht auf einer Verminderung des Widerstandes, wodurch ein bereits im Kreise gegenw\u00e4rtiger Strom verst\u00e4rkt w\u00fcrde. Denn jene Wirkung hat verschiedene Richtung im Kreise, je nachdem man die eine oder die andere Elektrode dr\u00fcckt; stets wird dadurch die gedr\u00fcckte Elektrode positiv gemacht gegen die nicht gedr\u00fcckte. Es kommt allerdings vor, dafs die Wirkung auf der einen Seite sehr viel kleiner ausf\u00e4llt als auf der anderen, dafs sie auf der einen Seite ganz vermifst wird, ja dafs sie, wie auch Despretz berichtet,1 auf beiden Seiten einerlei Richtung hat, wenn auch alsdann die Gr\u00f6fse beider Ausschl\u00e4ge eine sehr verschiedene zu sein pflegt. Allein abgesehen davon, dafs in so rohen Versuchen keine vollkommene Regelm\u00e4fsigkeit der Erscheinungen zu verlangen ist, erkl\u00e4ren sich jene Abweichungen leicht in folgender Art.\nWenn nach Herstellung des Kreises die Nadel auf Null zur\u00fcckgekehrt ist, ist doch stets noch durch irgend eine Ungleichartigkeit ein Strom im Kreise vorhanden, nur durch Ladungen dergestalt bis zur Unmerklichkeit aufgewogen. Trifft nun der Druck die negative Elektrode dieses Stromes, so nimmt sie, weil der Druck zugleich als Ersch\u00fctterung wirkt, an Negativit\u00e4t zu (S. oben Bd. I. S. 212. 239. 268. Bd. II. Abth. I. S. 190). Diese Zunahme an Negativit\u00e4t kann nun offenbar die Positivit\u00e4t, die der Druck aus anderen Ursachen der Elektrode zu ertheilen strebt, zum Theil oder ganz aufwiegen, ja \u00fcberwiegen. Im ersten Fall sind nur die Wirkungen auf beiden Seiten ungleich, im zweiten ist die eine Null, im dritten haben sie gleiche Richtung bei ungleicher Gr\u00f6fse. Obschon die Richtigkeit dieser Erkl\u00e4rung kaum zu bezweifeln ist, will ich doch nicht unterlassen zu bemerken, dafs es mir noch an Beobachtungen dar\u00fcber fehlt, ob wirklich die Elektrode, die die schw\u00e4chere Wirkung beim Dr\u00fccken giebt, auch immer die negative Elektrode eines im Kreise vorhandenen Stromes ist.\nWie dem auch sei, die Bemerkung, dafs der auf die Elektroden ausge\u00fcbte Druck zugleich als Ersch\u00fctterung wirke, ist vielleicht geeignet, uns auf die richtige Spur zu f\u00fchren. Die Wirkung heim Dr\u00fccken ist n\u00e4mlich nicht best\u00e4ndiger Art. Wenn man bei Anstellung des Ver-\n1 Comptes rendus etc. 28 Mai 1849. t. XXVIII. p. 655.*","page":325},{"file":"p0326.txt","language":"de","ocr_de":"326\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (vn). Ueber Str\u00f6me\nsuches mit den Fingern den Druck m\u00f6glichst iange gleichm\u00e4fsig fortsetzt, so dafs die Nadel hinreichend ruhig wird, um eine neue Wirkung sicher anzeigen zu k\u00f6nnen, und man h\u00f6rt nun pl\u00f6tzlich zu dr\u00fccken auf, so erfolgt im Allgemeinen nicht, wie Zantedeschi es angiebt (S. oben S. 317), ein Ausschlag im Sinne der Ladungen des ersten Stromes, sondern abermals ein Ausschlag in derselben Richtung wie vorher. Erneuert man nach einiger Zeit den Druck, so erneuert sich auch der Ausschlag stets in derselben Richtung, wenngleich schw\u00e4cher als das erste Mal, u. s. f. in\u2019s Unbestimmte. Zuletzt werden die Wirkungen sehr schwach und oft auch unregelm\u00e4\u00dfig. Sicherer und sch\u00f6ner l\u00e4fst sich diese Aufeinanderfolge von Wirkungen beobachten bei Anstellung des Versuches mit einem Bausch, zwischen dessen Lagen man die eine oder die andere Elektrode mit der Schraube oder dem Gewichte dr\u00fcckt, indem man hier einen beliebig starken Druck beliebig lange fortsetzen kann, so dafs die Nadel Zeit hat, geh\u00f6rig zur Ruhe zu kommen. Beim Nachlassen wie beim erneuten Anziehen der Schraube, beim Abheben und Wiederumaufsetzen des Gewichtes, findet der Ausschlag statt im n\u00e4mlichen Sinn wie beim ersten Druck.\nDafs ein Strom erregt werde, wenn man von zwei in einen Elektrolyten tauchenden gleichartigen Elektroden die eine bewege, ist schon fr\u00fcher mehrmals beobachtet worden. Nach Sturgeon wird von zwei in verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure befindlichen Eisendr\u00e4hten der ersch\u00fctterte negativ.1 * Bewegtes Zinn gegen ruhendes verh\u00e4lt sich nach Faraday in verd\u00fcnnter Salpeters\u00e4ure positiv,\u201c Zink, verquickt und unverquickt, nach Poggen-dorff in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure negativ.3 Endlich hat Beetz, wie ich aus m\u00fcndlicher Mittheilung weifs, h\u00e4ufig zu bemerken Gelegenheit gehabt, dafs bewegtes Platin in verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure positiv gegen ruhendes erscheint.4\nEine Wirkung der Art also k\u00f6nnte auch hier zu Grunde liegen. Ein Weg, um dies nachzuweisen, w\u00fcrde sichtlich sein, zu zeigen, dafs\n1 Recent experimental Researches in Electromagnetism and Galvanism. 1830; \u2014 Annals of Electricity, Magnetism and Chemistry etc. vol. VI. p. 408.*\n1 Experimental Researches in Electricity. Reprinted from the Philosophical Transactions, vol. II. London 1844. p. 61. Series XVII. January 1840. 1919;* \u2014 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1841. Bd. LUI. S. 319.*\n3\tAnnalen u. s. w. 1840. Bd. XLIX. S. 42 Anm.*\n4\tBecquerel sagt in seinem Traite' experimental de l\u2019\u00c9lectricite' et du Magn\u00e9-tisme etc. t. II. p. 76:* \u00bbQuand on plonge...., dans l\u2019acide nitrique, deux lames \u00bbde cuivre en communication avec le multiplicateur, le courant change plusieurs \u00bbfois de direction, pour peu que l\u2019on d\u00e9place les lames.\u00ab Dieser Satz ist unverst\u00e4ndlich, scheint aber doch auf eine den hier in Rede stehenden \u00e4hnliche Beobachtung zu deuten.","page":326},{"file":"p0327.txt","language":"de","ocr_de":"durch Dr\u00fccken der Elektroden.\n327\ndie Wirkung des Drucks und die des Erschiitterns bei einerlei Natur des Metalls sowohl als des Elektrolyten die n\u00e4mliche Richtung und auch die n\u00e4mliche verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsige St\u00e4rke besitzen. Dies habe ich zu leisten versucht; allein die Uebereinstiramung, die sich herausgestellt hat, ist nicht gerade sehr befriedigend zu nennen.\nIch habe mit drei Metallen experimentirt, mit Platin, mit Kupfer und mit Zink. Die Elektroden hatten s\u00e4mmtlich die oben S. 323 angegebene Gr\u00f6fse, und waren ebenso, wie daselbst beschrieben ist, mit schwarzem Bernsteinlack gefirnifst. Bernsteinlack hatte ich gew\u00e4hlt, weil er selbst von ziemlich concentrirten alkalischen Aufl\u00f6sungen nur m\u00e4fsig angegriffen wird. Die Versuchsweisen bei Anstellung des Versuches mit den Fingern und mit einem Bausch waren die n\u00e4mlichen, wie oben. Um die Wirkung der Ersch\u00fctterung der Elektroden in einer sie frei urasp\u00fchlenden Fl\u00fcssigkeit zu erforschen, wurden zwei N\u00e4pfchen mit der zu pr\u00fcfenden Fl\u00fcssigkeit gef\u00fcllt, und durch einen mit derselben Fl\u00fcssigkeit getr\u00e4nkten Bausch verbunden. In jedes N\u00e4pfchen liefs ich eine der Elektroden so tief hinabh\u00e4ngen, dafs die Lackschicht bis unter den Spiegel der Fl\u00fcssigkeit reichte, und sch\u00fcttelte abwechselnd eine der Elektroden mit der Hand, wenn die Nadel zur Ruhe gekommen war.\nDie Ergebnisse der Versuche, was die Richtung der Ausschl\u00e4ge anbetrifft, finden sich in folgender Tabelle zusammengestellt, in der \u00fcbrigens, der Vollst\u00e4ndigkeit halber, auch mehrere Versuche aufgenommen sind, welche ohne Bezug auf die schwebende Frage sind. Ein Pluszeichen in einem Fache bedeutet, dafs die gedr\u00fcckte oder ersch\u00fctterte Elektrode sich positiv verh\u00e4lt, beim Fingerdruck alsdann zugleich, dafs der Strom im dr\u00fcckenden Arme aufsteigend ist wie bei der Zusammenziehung; ein Minuszeichen, dafs das Entgegengesetzte der Fall ist; beide Zeichen, dafs bald das Eine, bald das Andere eintritt; eine Null, dafs keine deutliche Wirkung erhalten wurde; ein Fragezeichen, dafs zwar Wirkungen vorhanden sind, aber so unregelm\u00e4fsig, dafs kein Gesetz derselben erhellt; endlich ein leeres Fach, dafs das betreffende Metall in der betreffenden Fl\u00fcssigkeit, oder auf die betreffende Art, nicht gepr\u00fcft worden ist. Die Angaben von Sturgeon (St), Faradav (F), Poggendorff (P), Beetz (B), Hunt (H) und Zantedeschi (Z) habe ich, gleichfalls der Vollst\u00e4ndigkeit halber, auch noch dieser Tabelle einverleibt. Wo die Anfangsbuchstaben eingeklammert sind, habe ich selber den Versuch auch angestellt. F\u00fcr die fremden Versuche gilt begreiflich die Angabe der Elektrodengr\u00f6fse nicht.","page":327},{"file":"p0328.txt","language":"de","ocr_de":"328\t<?. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (vu). Ueber Str\u00f6me\nArt des Versuchs.\t48 Quadrat-Millimeter benetzter Oberfl\u00e4che.\tUnbenetzte Finger (Schweifs).\tBrunnenwasser.\tGes\u00e4ttigte Kochsalz- l\u00f6sung.\tGes\u00e4ttigte schwefelsaure Kupferoxydl\u00f6sung.\tGes\u00e4ttigte schwefelsaure Zinkoxydl\u00f6sung.\tVerd\u00fcnnte Schwefel- s\u00e4ure.\tGemeine Salpeters\u00e4ure.\tChlorwasserstoffs\u00e4ure.\tConcentrirte Essigs\u00e4ure.\tVerd\u00fcnnte Kalihydrat- l\u00f6sung.\tiSa :3 es \u2019S I s C\nVersuche mit Fingerdruck.\tPlatin\t+\t+\t+ (H, Z)\t\t\t+\t+\t\t+\t\u00b11\t\u2014\n\tKupfer\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\u2014\t\t\u2014\t\u2014\t\t\u2014\t+\t\u25a0+\n\tZink\t?\t?\t\u2014\t\t\u2014\t\t\t\t\t\u2014\t+\nVersuche mit Zusammendr\u00fcckung eines Bausches.\tPlatin\t\t0\t+\t\t\t+\t\t\t\t\u2014\t\n\tKupfer\t\t+\t\u2014\t+\t\t\u2014\t\t\t\t+\t\u2014\n\tZink\t\t\u2014\t\u2014\t\t\u2014\t\u2014\t\t\t\t+\t\u2014\nVersuche mit Sch\u00fctteln freier Elektroden.\tPlatin\t\t0\t0\t\t\t+ <B)\t\t\t\t+\t0\n\tKupfer\t\t+\t+\t4-\t\t+\t\t\t\t\u2014\t\u2014\n\tZink\t\t\t\u2014\t\t\u2014\t(P)\t\t\t\t\u2014\t\u2014\n\tVer- quicktes Zink\t\t\t\t\t\tP\t\t\t\t\t\n\tZinn\t\t\t\t\t\t\t+ F\t+ F\t\t\t\n\tEisen\t\t\t\t\t\t\t\tSt\t\t\t\nAnmerkung. Zink im Bausch mit Kochsalzl\u00f6sung und verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure gedr\u00fcckt findet sich negativ angegeben. Es fand indefs dabei ein seltsamer Umstand statt. Dieser Erfolg trat n\u00e4mlich nur zu Anfang ein. Hatten die Zinkplallen schon eine Weile zwischen den Lagen des Bausches zugebracht, so entstand beim Druck zuerst eine kleine negative Wirkung, die sich alsbald in eine ungleich gr\u00f6fsere positive verkehrte. Die positive Wirkung \u00fcberdauerte das Dr\u00fccken selber, so dafs die Nadel in Folge des abwechselnden Dr\u00fcckens der einen und der anderen Elektrode bald in dem einen, bald in dem anderen Quadranten der Theilung zur Ruhe kam.","page":328},{"file":"p0329.txt","language":"de","ocr_de":"durch Dr\u00fccken der Elektroden.\n329\nUeber die St\u00e4rke der Wirkung sind nat\u00fcrlich genauere Angaben unm\u00f6glich, da man ja, ausgenommen h\u00f6chstens bei Anwendung des Gewichtes bei der zweiten Versuchsweise, nicht zweimal denselben Druck in derselben Zeit auf dieselbe Art herbeif\u00fchrt, bei der dritten Versuchsweise nicht zweimal das Sch\u00fctteln auf dieselbe Art vornimmt. Es gen\u00fcge daher die allgemeine Bemerkung, dafs die Gr\u00f6fse der Ausschl\u00e4ge, wie leicht vorherzusehen war, bei allen drei Versuchsweisen mit dem Kupfer und dem Zink bedeutender ist als mit dem Platin, und mit den Salzl\u00f6sungen und den Minerals\u00e4uren wiederum bedeutender als mit dem Brunnenwasser, dem Schweifs der Finger, der Essigs\u00e4ure und den alkalischen Fl\u00fcssigkeiten. Dafs die St\u00e4rke der Wirkung in den Versuchen mit dem Fingerdruck weit kleiner ausf\u00e4llt als bei den beiden anderen Versuchsweisen, ist f\u00fcr die erste von beiden schon oben S. 324 angedeutet worden, und versteht sich ohnehin von selbst. Bei den Versuchen mit dem menschlichen K\u00f6rper w\u00e4chst aber daf\u00fcr, wie hier beil\u00e4ufig erw\u00e4hnt werden mag, die Wirkung ausnehmend rasch mit der Ber\u00fchrungsfl\u00e4che zwischen Metall und Haut. Auch bei den anderen Versuchsweisen wird wohl die Wirkung mit der erregenden Fl\u00e4che an St\u00e4rke zunehmen. _ Allein in den ersteren Versuchen kommt noch wesentlich in Betracht, dafs durch die Ausdehnung der Ber\u00fchrungsfl\u00e4che in nahe gleichem Mafse der Widerstand der Oberhaut vermindert wird, der, namentlich bei Anwendung des Multiplicators f\u00fcr den Muskelstrom, einen so bedeutenden Theil des Widerstandes des Kreises ausmacht. Daher beim Ergreifen kupferner Handhaben mit der ganzen Hand, die mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung'benetzt ist, ein leichter Druck mit der einen oder mit der anderen Hand gen\u00fcgt, um die Nadel an die Hemmung zu schleudern in dem Sinne, der die gedr\u00fcckte Handhabe als negativ anzeigt.\nHinsichtlich der St\u00e4rke der Wirkung hat sich somit zwischen den Versuchen mit Fingerdruck, mit Zusammendr\u00fcckung eines Bausches und mit Sch\u00fctteln freier Elektroden die gew\u00fcnschte Uebcreiustimmung ergeben (S. oben S. 326. 327). Indessen will dies nichts sagen. Ein Mangel an Uebereinstimmung w\u00e4re wohl bedeutend gewesen. Das Stattfinden der Uebereinstimmung aber kann auch einfach darauf bezogen werden, dafs \u00fcberhaupt positivere Metalle in chemisch wirksameren Fl\u00fcssigkeiten st\u00e4rkere Wirkungen zulassen. Um also die Frage zu entscheiden, ob in der That die Wirkung in den drei Versuchsweisen f\u00fcr einerlei gehalten werden d\u00fcrfe, haben wir uns zu hallen an die Betrachtung der Richtungen, in denen die Ausschl\u00e4ge in den drei F\u00e4llen bei Anwendung desselben Metalls und derselben Fl\u00fcssigkeit erfolgt sind. Und da lehrt","page":329},{"file":"p0330.txt","language":"de","ocr_de":"330\n3- Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (vu). Ueber Str\u00f6me\neia Blick auf obige Tabelle, dafs die Frage schwerlich ohne Weiteres bejaht werden d\u00fcrfe.\nF\u00fcr Platin und Zink zwar stimmen die Ergebnisse leidlich \u00fcberein. Nur hinsichtlich der alkalischen Fl\u00fcssigkeiten zeigen sich Abweichungen. F\u00fcr Kupfer dagegen findet fast gar keine Uebereinstimmung statt, die Abweichung wird zur Regel. Beim Sch\u00fctteln freier Kupferelektroden hat der Ausschlag in allen Fl\u00fcssigkeiten die umgekehrte Richtung von der, die er beim Dr\u00fccken der Elektroden zwischen den mit denselben Fl\u00fcssigkeiten benetzten Fiugern zeigt.. Was aber noch unerwarteter ist, nicht einmal die Ergebnisse beim Dr\u00fccken der Kupferelektroden zwischen den Lagen eines Bausches und zwischen den Fingern stimmen hinreichend \u00fcberein.\nUnter diesen Umst\u00e4nden habe ich es aufgegeben, diese Angelegenheit, die ich zuerst in einem raschen Anlauf zu erledigen gedachte, selber bereits jetzt zu Ende zu f\u00fchren. Um so gerechtfertigter schien mir dies, als sie, wie schon bemerkt (S. oben S. 324), f\u00fcr den Gang meiner Untersuchung jede Bedeutung eingeb\u00fcfst hatte, sobald einmal der Ursprung der Ausschl\u00e4ge beim Zusammendr\u00fccken der Elektroden mit den Fingern in etwas anderem nachgewiesen war, als in der Anstrengung der Muskeln. An einem solchen, der Muskelzusammenziehung fremden Ursprung jener Ausschl\u00e4ge aber kann jetzt vollends nicht mehr gezwei-felt werden. Nicht nur dafs wir abermals mit g\u00e4nzlicher Beseitigung des menschlichen K\u00f6rpers aus dem Kreise, jetzt sogar ohne Druck, durch blofses Ersch\u00fcttern der Elektroden in der sie frei urasp\u00fchlenden Fl\u00fcssigkeit, Wirkungen erhalten haben, die denen beim Dr\u00fccken der Elektroden mit den Fingern, wenn auch nicht v\u00f6llig gleich zu stellen, doch unstreitig nahe verwandt sind. Es hat sich herausgestellt, dafs bei Anwendung alkalischer Fl\u00fcssigkeit zum Benetzen der Finger, das Dr\u00fccken der Platinelektroden theils in ihrer Richtung unsichere, theils entschieden in dem dr\u00fcckenden Arm absteigende Ausschl\u00e4ge giebt, die also gar keine Verwechselung mehr mit der Wirkung wegen der Zusammenziehung zulassen. Andere Metalle, wie Kupfer und Zink, geben sogar mit Kochsalzl\u00f6sung solche absteigende Ausschl\u00e4ge. Wenn das Gl\u00fcck gewollt h\u00e4tte, dafs, statt der aufsteigenden Wirkung heim Dr\u00fccken der mit Kochsalzl\u00f6sung benetzten Platinelektroden, diese absteigenden Wirkungen den Beobachtern, die auf diesem Wege meinen Versuch zu wiederholen glaubten, zuerst aufgestofsen w\u00e4ren, so w\u00fcrde die ganze T\u00e4uschung, die wir aufzudecken hier bestrebt gewesen sind, vielleicht vermieden worden sein.\nBei der geschilderten Sachlage versteht es sich von selbst, dafs","page":330},{"file":"p0331.txt","language":"de","ocr_de":"durch Dr\u00fccken der Elektroden.\n331\nvon einer tiefer gehenden physikalischen Zergliederung der beobachteten Wirkungen die Rede nicht sein kann. Nichtsdestoweniger l\u00e4fst sich, wie mir scheint, bereits Folgendes sagen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird beim Dr\u00fccken und Sch\u00fctteln der Elektrode keine elektromotorische Kraft erzeugt, sondern nur diejenige ver\u00e4ndert, die, nach bekannten Grunds\u00e4tzen (S. oben S. 248), ihren Sitz hat an der Grenze des Metalls und der Fl\u00fcssigkeit, gleichviel ob zwischen Metall und Fl\u00fcssigkeit allein, oder zugleich zwischen dem unver\u00e4nderten Metall und einer d\u00fcnnen durch die Fl\u00fcssigkeit ver\u00e4nderten Schicht desselben. Wo die Wirkung beim Dr\u00fccken oder beim Ersch\u00fcttern dahin geht, das Metall positiver erscheinen zu lassen, da mufs sie entweder eine aus dem Metall in die Fl\u00fcssigkeit gerichtete Kraft vermehren, oder sie mufs eine umgekehrt gerichtete Kraft vermindern. Die umgekehrten Schl\u00fcsse gelten, wo die Wirkung dahin geht, das Metall negativer erscheinen zu lassen. Freilich zieht diese Vorstellungsweise eine seltsame Folge nach sich. Denn im Allgemeinen hat die elektromotorische Kraft zwischen verschiedenen Metallen und einerlei Fl\u00fcssigkeit, so viel man weifs, auch einerlei Richtung. 1 * Wenn also der Druck und die Ersch\u00fctterung ein Metall in einer Fl\u00fcssigkeit positiver, ein anderes in derselben Fl\u00fcssigkeit negativer erscheinen lassen, so mufs man sich denken, dafs der Druck und die Ersch\u00fctterung die Kraft f\u00fcr das eine Metall vermehren, f\u00fcr das andere sie vermindern. Es ist aber schwer, sich vorzustellen, wie die gleiche Ursache unter scheinbar so \u00e4hnlichen Umst\u00e4nden so den umgekehrten Erfolg herbeif\u00fchren k\u00f6nne. Giebt man aber zu, dafs bei Platin der Druck und die Ersch\u00fctterung die Kraft vermindern, beim Kupfer und beim Zink sie vermehren, so erscheint wenigstens der Umstand in der Ordnung, dafs bei alkalischen Fl\u00fcssigkeiten die Wirkung meist die umgekehrte Richtung zeigt von der bei sauren Fl\u00fcssigkeiten und Salzl\u00f6sungen. Denn Platin in Salpeters\u00e4ure, Schwefels\u00e4ure, Gblorwasser-stoffs\u00e4ure, salpetersaurer Silberoxydl\u00f6sung stehend, ladet nach Fechner durch sein hervorragendes Ende den Condensator positiv, in Kalilauge negativ.\u2019\nZu bemerken ist noch in Bezug auf den Gegenstand der Anmerkung zur Tabelle oben S. 328, dafs, nach Fechner, von zwei ungleichzeitig in Kochsalzl\u00f6sung eingetauchten St\u00fccken destillirten Zinkes sich das j\u00fcngst eingetauchte erst positiv, dann negativ verh\u00e4lt.3\n1 S. Fechner in Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1839. \u00dfd. XLVIII. S. 269.* \u2014 Platin, Kupfer und Zink mit Kalilauge.\n1 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1839. Bd. XLVII. S. 22. 25. 28;* \u2014 Bd. XLVIII. S. 267.*\n\u00bb Ebendas. Bd. XLVII. S. 31. 32.*","page":331},{"file":"p0332.txt","language":"de","ocr_de":"332\n3. Abschn. Kap. VIII, \u00a7. IV. 8 (vm). Betrachtungen\n(viii) Betrachtungen \u00fcber die Str\u00f6me b eim willk\u00fcrli ch en Tetanus und Entwickelung einiger Bedenken gegen die Deutung derselben als Ausdruck der negativen Schwankung des Muskelstromes der menschlichen\nGlie dmafs en.\nNach diesen Abschweifungen nehmen wir den Faden unserer eigentlichen Untersuchung wieder auf. Es ist Zeit, die gewonnenen Ergebnisse im Zusammenhang zu \u00fcberblicken und sie gegen einige Einw\u00fcrfe zu sichern, die dagegen erhoben werden k\u00f6nnen.\nEs war unser Zweck, am lebenden unversehrten menschlichen K\u00f6rper wo m\u00f6glich den ruhenden Muskelstrom und seine negative Schwankung hei der Zusammenziehung nachzuweisen. Nachdem wir uns aber in den ersten Nummern dieses Paragraphen mit den elektromotorischen Wirkungen der Haut vertraut gemacht hatten, waren wir zu der Einsicht gelangt, dafs auf das Erstere Verzicht zu leisten sei. Verm\u00f6ge unserer Kenntnifs der parelektronomischen Schicht am nat\u00fcrlichen Querschnitt der Muskeln und ihres Verhaltens bei der Zusammenziehung sahen wir indessen, dafs aus dem Mifslingen des einen Unternehmens durchaus kein Schlufs zu ziehen sei auf die gleiche Unm\u00f6glichkeit des anderen. Der Erfolg scheint zu lehren, dafs diese Ansicht die richtige war. Wir haben eine elektromotorische Wirkung entdeckt, welche den willk\u00fcrlichen Tetanus der Gliedmafsen des menschlichen K\u00f6rpers stets begleitet.\nDar\u00fcber, dafs diese Wirkung in der That stattfinde, und dafs sie von dem menschlichen K\u00f6rper ausgehe, brauche ich jetzt wohl kaum noch Worte zu verlieren.\nDafs so Viele sich aufser Stande gefunden haben, die Wirkung zu beobachten, beweist nur, was ich auch nie behauptet habe, dafs dies nicht Jedermanns Sache sei, nicht, dafs meine eigene Beobachtung falsch sei. Nach dem Bericht \u00fcber die darauf verwendeten Bem\u00fchungen, der in der vorletzten Nummer mitgetheilt wurde, wird dies wohl genugsam einleuchten. Haben doch von jenen Beobachtern die, welche Thermo-str\u00f6me beim Eintauchen der Finger in die mit ungleich warmer L\u00f6sung gef\u00fcllten Gef\u00e4fse vermutheten, diese Str\u00f6me auch nicht wahrzunehmen vermocht, die so sehr viel leichter nachzuweisen sind.\nDie Wirklichkeit des Stromes beim willk\u00fcrlichen Tetanus also kann nicht wohl mehr Gegenstand der Er\u00f6rterung sein. Was den Ursprung dieses Stromes betrifft, so k\u00f6nnte man, um denselben zu verd\u00e4chtigen, zuerst an eine St\u00f6rung von Seiten der metallischen Multiplicatorenden denken. Eine solche k\u00f6nnte indefs bei meiner Versuchsweise nur von einer Ersch\u00fctterung derselben herr\u00fchren. Eine Ersch\u00fctterung der Art","page":332},{"file":"p0333.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus.\n333\nfindet nun zwar zu Zeiten statt. Bei dem heftigen Anspannen der Glied-mafsen kommt es vor, dafs sie selber und was ihnen zum St\u00fctzpunkt dient, mit ihnen, in zitternde Bewegung gerathen. Es ist m\u00f6glich, dafs sich diese bis auf die Zuleitungsplatten erstreckt. Allein man kann, w\u00e4hrend das Schliefsungsrohr aufliegt, den Arbeitstisch nebst der zuleitenden Vorrichtung in weit heftigere Schwingungen versetzen; man kann die Fl\u00fcssigkeit in der N\u00e4he der Platinplatten mit einem Glasstab heftig umr\u00fchren; ja man kann die wagerechte Stange, welche die Platinplatten tr\u00e4gt, in dem doppelt durchbohrten Klotze l\u00f6sen, in dem sie sich verschiebt (S. Fig. 6 Taf. I. Bd. I.), und die Platinplatten in der Fl\u00fcssigkeit lebhaft sch\u00fctteln; die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Ner-venstrom bleibt unbewegt, trotz der so sehr viel besseren Leitungsf\u00e4higkeit des Kreises und trotzdem in den beiden letzten F\u00e4llen die Ersch\u00fctterung nur in dem einen Gef\u00e4fse vor sich geht, da sich, bei gemeinsamer Ersch\u00fctterung beider, doch nur der Unterschied der in beiden stattfindenden Wirkungen kundgeben k\u00f6nnte, von dem ohnehin nicht zu begreifen ist, wie er stets einerlei Richtung haben sollte in Bezug auf die angespannte Gliedmafse. So haben wir auch schon oben (S. die Tabelle S. 328), freilich bei kleinerer erregender Oberfl\u00e4che und nur am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom, das Sch\u00fctteln der einen von zwei in ges\u00e4ttigte Kochsalzl\u00f6sung tauchenden Platinelektroden unwirksam gefunden.\nAber man k\u00f6nnte einwenden, dafs wir hier mit gleichartigen, ungeladenen Elektroden den Gegenversuch anstellen, w\u00e4hrend beim wirklichen Versuch meist ein voraufgegangener Strom die Platinplatten po-larisirt habe. Der Einwand ist nichtig, denn erstens m\u00fcfste der Strom alsdann beim Anspannen beider Arme dieselbe Richtung haben, was nicht der Fall ist, f\u00fcr\u2019s zweite b\u00fcfst, wie ich gefunden habe, f\u00fcr so schwache Str\u00f6me, wie sie hier in Betracht kommen, der Vorssel-mann de HEER\u2019sche Sch\u00fcttelversuch seine Geltung ein. Ich nahm in den Kreis des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom und der Zuleitungs-gef\u00e4fse mit ihrem Schliefsungsrohr eine schwache S\u00e4ure-Alkali-Kette nach Art der oben Abth. I. S. 441 beschriebenen auf. Nach vollst\u00e4ndiger Entwickelung der Ladungen hielt sie die Nadel auf etwa 50\u00b0 best\u00e4ndiger Ablenkung. Unter diesen Umst\u00e4nden konnte ich das Paar Zuleitungsplatten, welches als negative Elektrode diente, sch\u00fctteln so viel ich wollte; die Nadel blieb unbewegt, beil\u00e4ufig ganz im Einklang damit, dafs auch Aufhebung des Luftdrucks die Ladungen innerhalb dieses Bereiches von Stromst\u00e4rken unver\u00e4ndert l\u00e4fst (S. oben Abth. I. S. 191).\nAlso vom menschlichen K\u00f6rper r\u00fchrt die Wirkung her. Aber viel-","page":333},{"file":"p0334.txt","language":"de","ocr_de":"334\n3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8 (vm). Betrachtungen\nleicht stammt sie blos von den unvermeidlichen kleinen Bewegungen des eingetauchten K\u00f6rpertheiles her, die, trotz den getroffenen Vorkehrungen, heim Anspannen der Gliedmafsen doch wohl noch stets zu bef\u00fcrchten sind. Auch dies ist nicht der Fall. Wird der Versuch regelrecht angestellt; hat man den eingetauchten Theil hinreichend lange in der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit gehalten; hat man Sorge getragen, ihn zu Anfang tiefer einzutauchen, als man ihn beim Anspannen zu halten gedenkt, damit, falls dabei die Tiefe schwanken sollte, bis zu der er eintaucht, doch nicht neue Punkte der Haut mit der Fl\u00fcssigkeit in Ber\u00fchrung kommen (S. oben S. 282): so kann man ihn in der Fl\u00fcssigkeit bewegen wie man will, es wird keine deutliche Wirkung auf die Nadel versp\u00fcrt.\nVon dieser Art von Einw\u00fcrfen gegen die in Rede stehenden Versuche kann, wie gesagt, die Rede nicht mehr sein. Dagegen kann allerdings gefragt werden, ob die elektromotorische Wirkung, die ohne Zweifel den willk\u00fcrlichen Tetanus begleitet, der negativen Schwankung des Muskelstromes der menschlichen Gliedmafsen zuzuschreiben sei.\nWir haben zwar bisher keinen Grund gefunden, daran zu zweifeln. Was die St\u00e4rke und Richtung der Wirkung betrifft, so ist schon zur Gen\u00fcge auseinandergesetzt worden, dafs beide Umst\u00e4nde hier ganz bedeutungslos sind. So wenig wir darin ein Merkmal der negativen Schwankung haben erblicken k\u00f6nnen, so wenig haben wir uns daran zu stofsen gehabt, dafs die elektromotorische Wirkung beim willk\u00fcrlichen Tetanus gerade diese und keine andere Richtung einh\u00e4lt, und gerade diese und keine andere Gr\u00f6fse besitzt. Nur Eins war in Bezug auf die St\u00e4rke der Wirkung zu verlangen, und dies ist im vollsten Mafse eingetroffen. Diese St\u00e4rke mufste gleichen Schritt halten mit der Entwickelung, der Uebung, der jedesmaligen Anstrengung der Muskeln, und so haben wir es gefunden. Wir haben ferner, wie wir es nach dem Vorgang an einzelnen Froschmuskeln erwarten mufsten, im Gefolge dieser Wirkung eine im gleichen Sinne stattfindende Nachwirkung erkannt, welche allm\u00e4lig dem nat\u00fcrlichen Zustande Platz macht. Allerdings erscheint diese Nachwirkung hier verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig st\u00e4rker als wir sie an den Froschmuskeln sahen. Allein es fehlt nicht an Gr\u00fcnden, um diese Abweichung zu besch\u00f6nigen. Endlich haben wir wohl die secund\u00e4re Zuckung des strompr\u00fcfenden Schenkels durch die muthmafs-Iiche negative Schwankung des Muskelstromes der menschlichen Gliedmafsen vermifst. Indefs auch hief\u00fcr liefsen sich, dem Anschein nach, sehr triftige Gr\u00fcnde beibringen.\nVon dem Verhalten der Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus bei Anwendung anderer Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten als der Kochsalz- und der schwefelsauren Kupferoxydl\u00f6sung (S. oben S. 297) ist noch nicht die","page":334},{"file":"p0335.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Str\u00f6me leim willk\u00fcrlichen Tetanus.\n335\nRede gewesen. Es versteht sich, dafs ich dies Verhalten in allen den Fl\u00fcssigkeiten gepr\u00fcft habe, die in dem Vorigen vorgekommen sind, n\u00e4mlich im Brunnenwasser, der verd\u00fcnnten Schwefels\u00e4ure, der Kalihydrat-und der essigsauren Natronl\u00f6sung, und zwar in den drei ersten auch fast bei allen den Anordnungen, die in der Kochsalzl\u00f6sung angewandt und unter (n) aufgez\u00e4hlt worden sind. Der Erfolg war der Richtung nach stets derselbe als in der Kochsalzl\u00f6sung. Der Gr\u00f6fse nach liefs er nur solche Abweichungen wahrnehmen, die auf den verschiedenen Widerstand des Kreises gedeutet werden konnten. Also auch diese Probe besteht er, wie er soll. Dies beweist, wie man sich erinnert, zwar nicht, dafs der Strom bei der Zusammenziehung aus den Muskeln stamme. Wir haben mehrere Beispiele von Str\u00f6men gehabt, die ebenfalls in den verschiedenartigsten Fl\u00fcssigkeiten ihre Richtung unver\u00e4ndert beibehalten, trotzdem dafs sie unzweifelhaft Hautstr\u00f6me sind (S. oben S. 273). Aber der entgegengesetzte Erfolg h\u00e4tte jenem Strom mit Bestimmtheit einen anderen Ursprung als in den Muskeln angewiesen.\nWie die Sachen stehen, sieht man, dafs die von uns beim willk\u00fcrlichen Tetanus beobachtete elektromotorische Wirkung, so weit wir sie erforscht haben, sich ohne allen Zwang betrachten l\u00e4fst als der Ausdruck der negativen Schwankung des Muskelstrome? der menschlichen Gliedmafsen. Es ist danach im h\u00f6chsten Grade wahrscheinlich, dafs sie es in der That sei. Es ist um so wahrscheinlicher, als es wunderbar w\u00e4re, wenn die negative Schwankung nicht auf diese Weise, in der einen oder anderen Richtung und Gr\u00f6fse, am menschlichen K\u00f6rper sichtbar w\u00fcrde. Es ist endlich um so wahrscheinlicher, als es keine bekannte Wirkung giebt, die gleichzeitig bei der Zusammenziehung stattfindet, und der man den Ausschlag der Nadel zuschreiben k\u00f6nnte. Um also zu bezweifeln, dafs dieser Ausschlag herr\u00fchrt von der .negativen Schwankung des Muskelstromes, mufs man erstens l\u00e4ugnen, dafs eine Wirkung erscheine, von der es h\u00f6chst wahrscheinlich ist, dafs sie erscheinen werde. Man mufs dies zweitens thun, obschon eine Wirkung auftritt, die mit der zu erwartenden hinreichend \u00fcbereinstimmt. Man mufs drittens eine Hypothese aus der Luft greifen, um diese nun ganz unerkl\u00e4rliche Wirkung doch nicht der Ursach ermangeln zu lassen.\nIch mufs bekennen, dafs ich, f\u00fcr mein Theil, mich bei dieser Sachlage beruhigt hatte. Aber sei\u2019s, dafs ich an dieser Stelle meiner Untersuchungen, wie ich glaube, gegen meine Gewohnheit, mich zu voreiliger Siegesgewifsheit habe hinreifsen lassen, sei\u2019s dafs Anderen doch nicht so wie mir der Zusammenhang meiner Schlufsfolgerung vorschweben mochte; es scheint, als ob damit wenigstens einer grofsen Anzahl von","page":335},{"file":"p0336.txt","language":"de","ocr_de":"336 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8(ix). Von der negativen Schwankung\nGelehrten noch nicht volles Gen\u00fcge geschehen sei. Sondern nachdem die Zweifel an der Richtigkeit des nackten Thatbestandes meiner Versuche endlich beseitigt waren, zog sich die Skepsis dieser Gelehrten, weit entfernt sich zu ergeben, hinter diese neue Verschanzung zur\u00fcck. Was \u00f6ffentlich in diesem Sinne verlautet hat, ist nur wenig. Aber durch zahlreiche Unterhaltungen und briefliche Mittheilung bin ich in Stand gesetzt, die Bedenken, welche man mir entgegenstellt, in folgender Art zusammenzufassen.\nErstlich bleibt es f\u00fcr Viele doch noch immer ein Stein des An-stofses, dafs die elektromotorische Wirkung beim willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedmafsen aufsteigend ist, w\u00e4hrend wir diese Wirkung beim Frosch absteigend gefunden haben.\nZweitens h\u00f6re ich die Bef\u00fcrchtung \u00e4ufsern, dafs der Strom bei der Zusammenziehung ein thermoelektrischer sein m\u00f6ge, hervorgebracht durch die Temperaturerh\u00f6hung, welche die Muskelzusammenziehung begleitet.\nEndlich drittens hat sich die Meinung gebildet, dafs der Strom bei der Zusammenziehung statt von den Muskeln, sehr wohl herr\u00fchren k\u00f6nne von einer irgend wie vermittelten elektromotorischen Ver\u00e4nderung der Haut der Finger.\nDiese drei Punkte wollen wir jetzt nacheinander einer etwas genaueren Pr\u00fcfung unterwerfen.\n(ix) Untersuchung der negativen Schwankung des Muskelstromes an dem Unterschenkel des Kaninchens.\nCima,1 Matteucci 3 und Pouillet, letzterer als Berichterstatter der Pariser Commission,3 haben nacheinander auf den angeblichen Widerspruch in meinen Behauptungen aufmerksam gemacht, wonach die Wirkung bei der Zusajnmenziehung an den Beinen des Frosches absteigend, an den Armen des Menschen aufsteigend sein sollte. Pouillet dr\u00fcckt sich folgendermafsen aus:\n\u00bbMais pourquoi le courant est-il direct dans le premier cas (am \u00bbFrosch), et inverse4 dans le second (am Menschen)? C\u2019est l\u00e0 un point\n1\tAnnali di Fisica, Chimica e Scienze affini. 1850. t. II. p. 239.* (1 Maggio 1850.)\n2\tR\u00e9ponse aux deux derni\u00e8res lettres de M. de Bois-Reymond etc. Florence, Imprimerie de Le Monnjer. p. 7* (24 Mai 1850); \u2014 Comptes rendus etc. 3 Juin 1850. t. XXX. p. 706.\u2019 \u2014 In meiner dritten Antwort an Matteucci (Comptes rendus etc. 22 Juillet 1850. t. XXX. p. 91*) habe ich durch eine Auseinandersetzung, \u00e4hnlich der oben S. 238 gegebenen, bereits gezeigt, dafs hier weniger ein Widerspruch auf meiner Seite, als ein Mifsverst\u00e4ndnifs auf Seiten meiner Gegner obwalte.\ns Comptes rendus etc. 15 Juillet 1850. t. XXXI. p. 28.*\n4 Ueber den Sinn der Ausdr\u00fccke direct und inverse vergl. oben Bd. I. S. 305.","page":336},{"file":"p0337.txt","language":"de","ocr_de":"an dem Unterschenkel des Kaninchens.\n337\n\u00bbimportant; il est \u00e0 regretter que M. du Bois-Reymond, qui a pris \u00bbsoin de signaler lui-m\u00eame cette diff\u00e9rence, cette inversion constante \u00bbdans le sens du courant, n\u2019ait pas senti la n\u00e9cessit\u00e9 d\u2019en expliquer \u00bbla raison: tant que cette explication ne sera pas donn\u00e9e, on pourra \u00bbcontester qu\u2019il y ait une liaison n\u00e9cessaire ou m\u00eame une liaison quel-\u00bb conque entre les deux exp\u00e9riences. D\u2019apr\u00e8s les principes de M. du \u00bbBois-Reymond, l\u2019effet d\u2019une contraction soutenue n\u2019est pas de faire \u00bbna\u00eetre un courant, mais d\u2019affaiblir et de suspendre par intermittence \u00bbun courant qui pr\u00e9existait; il faut donc un courant pr\u00e9existant, ou \u00bbplut\u00f4t il en faut deux qui soient \u00e9gaux et oppos\u00e9s, et qui se neutra-\u00bblisent, puisque l\u2019aiguille du galvanom\u00e8tre est au z\u00e9ro; l\u2019un doit se \u00bbtrouver essentiellement dans le bras qui va se contracter, et c\u2019est lui \u00bbque la contraction affaiblira; l\u2019autre, par raison de sym\u00e9trie, doit se \u00bbtrouver dans l\u2019autre bras, et c\u2019est lui que la contraction rendra pr\u00e9-\u00bb dominant. Ainsi, le courant que l\u2019on observe au moment de la con-\u00bb traction, n\u2019est pas d\u00e9velopp\u00e9 dans le bras contract\u00e9; il est, au con-\u00bb traire, pr\u00e9existant dans le bras au repos, et il se montre par cela \u00bbseul qu\u2019il cesse d\u2019\u00eatre compl\u00e8tement neutralis\u00e9. Si la question doit, \u00bben effet, \u00eatre pos\u00e9e en ces termes, il nous semble que, pour assimiler \u00bbcette exp\u00e9rience aux pr\u00e9c\u00e9dentes, il ne reste plus qu\u2019une condition \u00e0 \u00bbremplir, c\u2019est de d\u00e9montrer nettement que les muscles du bras de \u00bbl\u2019homme, sur lesquels s\u2019exerce la contraction, si on les consid\u00e8re dans \u00bbleur \u00e9tat naturel, sont dispos\u00e9s de telle sorte qu\u2019ils donnent naissance \u00bb\u00e0 un courant direct continu, allant de l\u2019\u00e9paule \u00e0 la main, et qu\u2019ils \u00bbdonnent ce courant d\u2019apr\u00e8s les lois des sections longitudinales et trans-\u00bbversales. Cette condition est indispensable; tant qu\u2019elle ne sera pas \u00bbremplie, les exp\u00e9riences ne peuvent \u00eatre assimil\u00e9es.\u00ab\nWie man sieht, Pouillet kennt den Stand der Frage sehr gut.1 Er \u00fcbersieht vollkommen die M\u00f6glichkeit, dafs der ruhende Muskelstrom in den Armen des Menschen ein absteigender sein k\u00f6nne, w\u00e4hrend er in den Beinen des Frosches ein aufsteigender ist. Allein dies ist ihm nicht genug. Er will, dafs bewiesen werde, dafs auch wirklich der Strom in den Armen des Menschen absteigend sei.\n1 In Betreff der Vorstellungsweise Pouillet\u2019s, dafs der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus allein vom ruhenden Arm ausgehe, s. unten, (xn). Durch die Kennl-nifs der parelektronomischen Schicht ist eine Aenderung jenerVorstellungsweise n\u00f6thig geworden. Ich pflegte aber, vor Bekanntmachung der Ergebnisse meiner Untersuchungen \u00fcber die parelektronomische Schicht (Monatsberichte der Berliner Akademie. 30. Juni 1851. S. 380), die Dinge in der That so darzustellen, wie es oben von Pouillet geschehen ist. Was demnach jetzt, in dieser Beziehung, in seiner Darlegung mangelhaft erscheint, ist ihm nicht zur Last zu legen.\nII. \u00e4.\n22","page":337},{"file":"p0338.txt","language":"de","ocr_de":"338 3. Abs\u00e9hn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8(ix). Von der negativen Schvanlcung\nLeider ist es aus mehreren Gr\u00fcnden, wo nicht unm\u00f6glich, doch unendlich schwierig, diesem Wunsch zu willfahren. Ich brauche nicht zu wiederholen, was ich schon so oft gesagt habe, dafs nicht daran zu denken ist, auf theoretischem Wege die Resultante aus den Str\u00f6men zu bestimmen, welche die einzelnen Muskeln durch den Kreis senden. Ebenso unthunlich ist aber am lebenden unversehrten Menschen, wie wir gesehen haben, ihre Bestimmung auf experimentellem Wege. Man m\u00fcfste also, um Pouillet\u2019s Wunsch zu erf\u00fcllen, \u00fcber die Leiche eines muskelkr\u00e4ftigen Hingerichteten unmittelbar nach dem Tode verf\u00fcgen. Am Orte der Hinrichtung oder in n\u00e4chster N\u00e4he desselben m\u00fcfsten meine Vorrichtungen, wenn nicht die zartesten, doch vielleicht die launischsten aller Beobachtungswerkzeuge, schlagfertig aufgestellt sein. Man m\u00fcfste von mehreren geschickten Anatomen umgeben sein, die mit gr\u00f6fster Geschwindigkeit die Gliedmafsen bis auf die Fascia superficialis von ihren Hautbedeckungen befreiten, ohne irgendwo Muskeln zu verletzen, d. h. einen k\u00fcnstlichen Querschnitt bloszulegen.\nMit einem einzelnen Arm ginge der Versuch nun schon gar nicht. Denn wie sollte man vom Schulterende des Armes den Strom auf die n\u00e4mliche Weise ableiten, wie diese Ableitung im unverletzten K\u00f6rper geschieht? Man m\u00fcfste also vielmehr, um ganz sicher zu gehen, die Pr\u00e4paration der Fascia superficialis vorn und hinten bis zur Mittellinie des Rumpfes und Halses fortsetzen und den Strom von beiden H\u00e4nden ableiten oder, um den Widerstand der Oberhaut aufser Spiel zu bringen, von beiden unteren Gelenkfl\u00e4chen der Unterarme nach Exarticulation der H\u00e4nde, wobei keine Muskeln verletzt werden. Der Strom des von der Haut entbl\u00f6fsten Armes w\u00fcrde wegen der fortgefallenen Nebenschliefsung durch die Haut die Oberhand haben.\nBesser w\u00fcrde sich der Unterschenkel zu diesem Versuch eignen, von dem wir jetzt wissen, dafs auch er beim willk\u00fcrlichen Tetanus den aufsteigenden Strom giebt, also, wenn dieser Strom der Ausdruck der negativen Schwankung ist, in der Ruhe den absteigenden Strom besitzen mufs, da er doch mit dem in der Ruhe bekanntlich aufsteigend wirksamen Unterschenkel des Frosches eine viel gr\u00f6fsere Aehnlichkeit des Baues besitzt, als der menschliche Arm mit dem Gesammtbein des Frosches. Um die Richtung des ruhenden Stromes am menschlichen Unterschenkel zu beobachten, k\u00f6nnte man, nach Herstellung des Fascien-pr\u00e4parats des Beines, den Fufs ira Fufsgelenk exarticuliren, wobei kein Muskel verletzt zu werden braucht; nach Durchschneidung des Kniescheibenbandes die Unterschenkelstrecker aufw\u00e4rts Zur\u00fcckschlagen, die Sehnen des Sartorius, Gracilis, Semitendinosus, Semimembranosus und Biceps abtrennen, und vom reingeschabten Femur nur so viel stehen","page":338},{"file":"p0339.txt","language":"de","ocr_de":"an dem Unterschenkel des Kaninchens.\n339\nlassen, als noth wendig w\u00e4re, um die Gastroknemien und den M. popliteus unversehrt zu erhalten. Den Strom k\u00f6nnte man dann von der unteren Gelenkfl\u00e4che der Tibia einerseits, und, bei gebeugtem Knie, von dem vorderen Theil der unteren Gelenkfl\u00e4che des Femur ableiten. Zu diesem Versuch k\u00f6nnte \u00fcbrigens auch eine hoch ausgef\u00fchrte Amputation oder eine Exarticulation des Oberschenkels Gelegenheit bieten. Nur dafs wenige F\u00e4lle denkbar sind, wo diese Operation indicirt, und das Bein bis zum unteren Viertel des Femur noch zu unseren Zwecken brauchbar w\u00e4re.\nEs geh\u00f6rt gewifs nicht viel Erfahrung in Unternehmungen dieser Art dazu, um die uns\u00e4glichen Schwierigkeiten zu ermessen, die man zu besiegen haben w\u00fcrde, um zu einem sicheren Ziele zu gelangen. Ohnehin w\u00fcrde ein einziger Versuch auch noch nicht beweisend sein. Endlich fragt es sich noch, ob nicht an so grofsen Muskelmassen, wie sie hier zur Untersuchung k\u00e4men, sich von Seiten der parelektrono-mischen Schicht unerwartete St\u00f6rungen einer anderen Art einfinden w\u00fcrden. Es w\u00e4re nicht unm\u00f6glich, dafs an so langen Muskeln die Schicht an beiden nat\u00fcrlichen Querschnitten sehr verschiedene Ausbildung bes\u00e4fse, und zwar die gr\u00f6fsere bald an dem einen, bald an dem anderen Querschnitt. Die Richtung des von beiden sehnigen Enden abgeleiteten Stromes im ruhenden Zustande der Muskeln brauchte dann keine best\u00e4ndige mehr zu sein. Sie brauchte nicht mehr die entgegengesetzte zu sein von der, welche der Ausschlag beim Tetanisiren anzeigt. Es m\u00fcfste also der Unterschenkel nach allen den zeitraubenden Vorkehrungen, nach der langwierigen Pr\u00e4paration, nach der Pr\u00fcfung auf den ruhenden Strom, auch noch tetanisirt werden k\u00f6nnen mit der Sicherheit, dafs er sich noch in allen seinen Theilen mit gleicher Kraft zusammenzieht.\nIch mufs bekennen, dafs ich dies f\u00fcr unausf\u00fchrbar halte. Es wird jedoch sehr sch\u00e4tzenswerth sein, wenn Jemand, dem sich die Gelegenheit bietet, den Versuch machen will. Ich habe einstweilen gesucht, mich auf eine andere Art zu behelfen. Der angebliche Widerspruch in meinen Behauptungen, den Cima und Matteucci mir vorwerfen (S. oben S. 336), w\u00fcrde, ganz abgesehen von allen theoretischen Er\u00f6rterungen, offenbar sehr-gemildert, ja, ich meine sogar, gehoben sein, wenn es gel\u00e4nge, auch nur an irgend einer Gliedmafse irgend eines Thieres bei der Zusammenziehung einen aufsteigenden, also w\u00e4hrend der Ruhe einen absteigenden Strom nachzuweisen. Denn es ist durchaus kein Grund vorhanden, hier lieber den Frosch, als irgend ein anderes Thier, als das Vorbild zu betrachten, dem sich der Erfolg am Menschen anzu-schliefsen hat, um in der Ordnung zu erscheinen. Noch mehr zutreffen\n22\u201c","page":339},{"file":"p0340.txt","language":"de","ocr_de":"340 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8(ix). Von der negativen Schwankung\nw\u00fcrde die Schlufsfolgerung sichtlich, wenn jenes Thier zugleich dem Menschen ungleich n\u00e4her st\u00e4nde als der Frosch, jene Gliedmafse daran ungleich menschen\u00e4hnlicher gebildet w\u00e4re, als am Frosch.\nIn dieser Unternehmung glaube ich nun vollkommen gl\u00fccklich gewesen zu sein. Beispiele von absteigenden Str\u00f6men an Gliedmafsen im Zustande der Ruhe finden sich bereits aufgef\u00fchrt in meinem vorl\u00e4ufigen Abrifis1 und oben Bd. I. S. 471. Allein mit diesen Gliedmafsen ist zu unserem jetzigen Zwecke gerade nicht viel anzufangen. Hingegen der Unterschenkel des Kaninchens eignet sich vollkommen zu dieser Untersuchung. Zwar ist oben Bd. I. ebendas, angegeben, dafs man nicht wohl vom Ober- und Unterschenkel des Kaninchens allein, ohne Verletzung von Muskeln, den Strom ableiten k\u00f6nne. Bei n\u00e4herer Betrachtung der anatomischen Verh\u00e4ltnisse indessen hat sich dies Urtheil f\u00fcr den Unterschenkel als voreilig erwiesen. Nur f\u00fcr den Oberschenkel des Kaninchens bleibt es richtig. Am Kaninchenunterschenkel kann man sehr gut gerade die Zurichtung ausf\u00fchren, die oben f\u00fcr den menschlichen Unterschenkel als nothwendig bezeichnet wurde, um ihn in derselben Art, wie enth\u00e4utete Froschgliedmafsen, auf seinen Strom zu pr\u00fcfen.\nMan bedient sich am besten junger Kaninchen, erstens weil man bei der Zurichtung in mehrfacher Beziehung auf geringere Schwierigkeiten st\u00f6fst, zweitens aus einem sp\u00e4ter einleuchtenden Grunde. Man erschl\u00e4gt das Thier, reifst die Haut vom Bein ab, f\u00fchrt einen Schnitt durch die Beuger des Unterschenkels, schl\u00e4gt sie nach unten zur\u00fcck, trennt ihre aponeurotischen Anheftungen am Unterschenkel mittelst der Scheere, zerschneidet das Kniescheibenband, schl\u00e4gt die Unterschenkelstrecker aufw\u00e4rts zur\u00fcck, schabt die untere H\u00e4lfte des Oberschenkelbeines rein von Muskelfleisch, beifst den Knochen etwas oberhalb des Kniegelenkes mit der Zange ab und exarticulirt den Fufs im Fufs-gelenk. Dann legt man den Unterschenkel mit gebeugtem Kniegelenk auf eine Glasplatte, die in die wagerechte Klemme des allgemeinen Tr\u00e4gers (S. oben Bd. I. S. 449) gespannt ist, und deren Breite seiner L\u00e4nge etwas nachsteht. Endlich bringt man an seinem oberen Ende die Condyle\u00bb des Oberschenkelbeines, an seinem unteren die Gelenkfl\u00e4che der Tibia in Ber\u00fchrung mit den Zuleitungsb\u00e4uschen. Es entsteht ein absteigender Ausschlag, der am Multiplicator f\u00fcr den Muskelstrom 15\u201430\u00b0 betr\u00e4gt. Ebenso wirkt \u00fcbrigens die frei zugerichtete Muskelmasse des Soleus, der Gastroknemii und des Plantaris, wenn sie ohne alle Verletzung beiderseits mit sehnigen Enden aufgelegt wird. Die\n1 Poggendorff\u2019s Annalen u. s. w. 1843. Bd. LVI1I. S. 2.","page":340},{"file":"p0341.txt","language":"de","ocr_de":"an dem Unterschenkel des Kaninchens.\n341\nSchw\u00e4che des Ausschlages r\u00fchrt her von der parelektronomischen Schicht. Taucht man die Muskeln in Kochsalzl\u00f6sung und legt sie wieder auf, nachdem man sie mit Wasser abgesp\u00fchlt und getrocknet hat, so fliegt die Nadel an die Hemmung, die der absteigenden Str\u00f6mungsrichtung entspricht (S. oben S. 50).\nDieser letzte Versuch reicht wohl hin, um zu zeigen, nicht nur dafs der absteigende Strom wirklich der Muskelstrom ist, sondern auch dafs seine absteigende Richtung nicht etwa auf einer hohen Entwickelungsstufe der parelektronomischen Schicht beruht, in Folge deren wir auch GALVANi\u2019sche Pr\u00e4parate und Gastroknemien vom Frosch haben absteigend wirken sehen (S. oben S. 34). Dies wird sich jetzt, durch die aufsteigende Richtung des Ausschlages beim Tetanus, ohnehin best\u00e4tigen m\u00fcssen, wenn es uns gelingt, den Unterschenkel unter diesen Umst\u00e4nden noch in hinreichend kr\u00e4ftige Zusammenziehung zu versetzen, damit er auf die Nadel wirken k\u00f6nne.\nZuerst suchte ich nat\u00fcrlich den Unterschenkel vom Ischiadicus aus zu tetanisiren, der auf die Platinbl\u00e9che der stromzuf\u00fchrenden Vorrichtung aufgelegt wurde, gerade wie \u201ewir dies beim Frosch zu thun gewohnt sind. Die Zurichtung war dabei die n\u00e4mliche wie vorhin, nur dafs, wegen der Nothwendigkeit den Ischiadicus zu schonen, der Biceps und die inneren Beuger nicht mehr zugleich, sondern einzeln durchschnitten und gegen den Unterschenkel behufs ihrer Abtrennung zur\u00fcckgeschlagen werden mufsten. Obschon, ' nach erlangter geh\u00f6riger Uebuug in den Handgriffen des Versuches, die Dauer der Zurichtung vom Augenblick der T\u00f6dtung an schwerlich jemals zwei Minuten \u00fcberstieg, gelang es mir doch auf diesem Wege nicht, einen brauchbaren Tetanus hervorzubringen. Nach Einer matten Zuckung erschlafften jedesmal die Muskeln, und auch die st\u00e4rksten Schl\u00e4ge des Magneteleklro-molors blieben vom Nerven aus ohne fernere Wirkung. Vergeblich bestrich ich diesen, sobald er blosgelegt war, mit Oliven\u00f6l oder mit H\u00fchnereiweifs von 37\u00b0 C., um sein Erkalten und Vertrocknen zu verz\u00f6gern. Ich mufs es daher, nach meinen Erfahrungen, f\u00fcr unm\u00f6glich erkl\u00e4ren, Muskeln warmbl\u00fctiger Thiere, gleich denen kaltbl\u00fctiger, vom Nerven aus zu tetanisiren. Uebrigens zeigten sich sogar bei den sp\u00e4rlichen Zuckungen, die ich dergestalt erhielt, bereits Spuren der negativen Schwankung des absteigenden Stromes im Kaninchenunterschenkel, n\u00e4mlich kleine Ausschl\u00e4ge in aufsteigender Richtung.\nIch sann nunmehr darauf, wie der Unterschenkel auf andere Art, als vom Nerven aus, wohl zu tetanisiren sein w\u00fcrde. Zuerst versuchte ich die chemische und die kaustische Erregung der Muskeln unmittelbar. Ich sah jedoch alsbald, dafs dies Verfahren durchaus untauglich","page":341},{"file":"p0342.txt","language":"de","ocr_de":"342 3. Abschn. Kap. VJ11. \u00a7. IV. 8(ix). Von der negativen Schwankung\nist. Weniger weil die Zuckungen zu schwach und fl\u00fcchtig ausfallen, als deshalb, weil durch das Aetzmittel oder die Hitze, deren man sich zur Erregung bedient, die Kraft der parelektronomischen Schicht vermindert, ja stellenweise vernichtet wird. Man sieht daher freilich heftige Wirkungen bald in der einen, bald in der anderen Richtung erfolgen, je nachdem man einen unteren oder einen oberen Sehnenspiegel verbrennt oder an\u00e4tzt (Vergl. oben S. 106. 123). Diese Wirkungen sind aber best\u00e4ndiger Art, sie \u00fcberdauern die Zusammenziehung und haben folglich nichts mit ihr zu schaffen, wenn sie auch anfangs einen von ihr herr\u00fchrenden Antheil in sich bergen m\u00f6gen.\nIn dieser Verlegenheit entschlofs ich mich endlich, ein Verfahren in\u2019s Werk zu setzen, dessen Anwendung beim ersten Blick fast unm\u00f6glich erscheint, das sich jedoch in der Ausf\u00fchrung vortrefflich bew\u00e4hrt hat, wie es denn bei n\u00e4herer Ueberlegung sich auch theoretisch als v\u00f6llig tadelfrei darstellt. Ich meine das elektrische Tetanisiren der im Multiplicatorkreise befindlichen Muskeln mittelst unmittelbar auf sie gerichteter Schl\u00e4ge.\nWas bei dieser Methode zuerst unm\u00f6glich scheint, ist, dafs dabei nicht sollten St\u00f6rungen auftreten durch das unvermeidliche Hereinbrechen eines Theiles des erregenden Str\u00f6mungsvorganges in den Multiplicatorkreis. Allein es versteht sich, dafs wir uns hier zum Tetanisiren so wenig als \u00fcberhaupt bisher gleich gerichteter Str\u00f6me bedienen werden. Wir werden, wie immer, abwechselnd gerichtete Schl\u00e4ge in Anwendung bringen, z. B. die des Magnetelektromotors. Dergleichen Schl\u00e4ge k\u00f6nnen aber, wenn sie in den Multiplicatorkreis einbrechen, nur einander aufhebende Wirkungen auf die Nadeln aus\u00fcben, bis sie stark genug werden, ihren Magnetismus zu ver\u00e4ndern. Alsdann k\u00f6nnen sie, wenn die Nadeln bereits abgelenkt sind, sie noch weiter ablenken. Nie jedoch k\u00f6nnen sie diejenige Wirkung hervorbringen, die wir zu sehen erwarten, n\u00e4mlich einen R\u00fcckschwung der Nadeln im Augenblick des Tetanus, und nie wird daher die unmittelbare Wirkung der Schl\u00e4ge auf die Nadeln, wenn wirklich eine stattfinden sollte, verwechselt werden k\u00f6nnen mit der Wirkung der negativen Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung (Vergl. oben Abth. I. S. 40 ff. 430. 604). Es ist aber gar nicht ausgemacht, dafs man nicht den st\u00e4rksten Tetanus der aufliegenden Muskeln hervorbringen k\u00f6nne durch Schl\u00e4ge, die so schwach sind, dafs sie noch keine doppelsinnige Ablenkung erzeugen. Ohnehin hat man stets ein leichtes Mittel in H\u00e4nden, sich zu versichern, dafs die beobachtete Wirkung in der That vom Tetanus und nicht von den Schl\u00e4gen selber herger\u00fchrt habe. Dazu ist nur n\u00f6thig, den Versuch so lange fortzusetzen, bis die Muskeln sich nicht mehr zusammenziehen,","page":342},{"file":"p0343.txt","language":"de","ocr_de":"an dem Unterschenkel des Kaninchens.\n343\nwas, bei den Muskeln warmbl\u00fctiger Thiere, nur allzufr\u00fch der Fall ist. Bleibt alsdann beim Tetanisiren die Nadel in Ruhe, oder wird sie in dem entgegengesetzten Sinne abgelenkt von dem, worin sie beim Tetanus abwich, so kann doch wohl diese letztere Wirkung auch in der That nur vom Tetanus abh\u00e4ngig gewesen sein.\nVersuchen wir nunmehr unser Gl\u00fcck. Um die Schl\u00e4ge des Magnetelektromotors dem Unterschenkel zuzuf\u00fchren, wurde dieser auf Kork gelegt, und in den Kork wurden zu beiden Seiten des Unterschenkels und mit ihm in Ber\u00fchrung zwei kupferne, versilberte Nadeln so ein-gestofsen, dafs sie von der L\u00e4nge der Gliedmafse etwa das mittlere Drittel zwischen sich fafsten. Die Nadeln hatten an ihrem oberen Ende Klemmschrauben, und standen in Verbindung mit den Enden der inducirten Rolle des oben Abth. I. S. 393 Anm. beschriebenen Maguetelektromotors. Um die Richtung der Schliefsungs- und Oeffnungsschl\u00e4ge zwischen den Nadeln mit Leichtigkeit umkehren zu k\u00f6nnen, war der PonUsche Stromwender in den Kreis der Nadeln und der inducirten Rolle eingeschaltet. Die Feder des Magnetelektromotors spielte fortw\u00e4hrend. Es war aber zwischen den Gef\u00e4fsen A und B, oder a und \u00df des Stromwenders (S. oben Bd. I. S. 426. Bd. II. Taf. III. Fig. 108) ein kurzer Schliefsungs-draht angebracht, so dafs die Schl\u00e4ge erst dann mit merklicher Kraft den Muskel trafen, wenn dieser Draht entfernt worden war. Diese Art, mit Inductionsstr\u00f6men zu tetanisiren, ist die beste, weil dabei dem l\u00e4stigen Umstande vorgebeugt ist, dafs, noch ehe man es beabsichtigt, Zusammenziehungen, unipolare Zuckungen n\u00e4mlich eintreten (S. oben Bd. I. S. 429).\nZuerst raufste nat\u00fcrlich die St\u00e4rke der inducirten Schl\u00e4ge ermittelt werden, welche ohne Gefahr f\u00fcr die Astasie des Nadelpaares angewendet werden konnten, wobei freilich die Astasie f\u00fcr dies eine Mal verloren gegeben wurde. Nach Herstellung der Astasie, und bei Beobachtung der nunmehr erkannten, nicht zu \u00fcberschreitenden Grenze der Stromst\u00e4rke, gelang aber der Versuch tadellos. Sobald die Neben-schliefsung entfernt wurde, entstand lebhafter Tetanus der Unterschenkelmuskeln. Der Unterschenkel mufs jedoch nicht zu grofs sein, indem es sonst geschehen kann, dafs nicht alle Muskeln gleichm\u00e4fsig vom Tetanus ergriffen werden. Dies ist der oben S. 340 angedeutete fernere Grund, weshalb man hier besser thut, sich kleiner, als grofser Kaninchen zu bedienen.\nSobald der Tetanus anfing, erfolgte eine negative Wirkung auf die Nadel, ein aufsteigender Ausschlag n\u00e4mlich von etwa 10\u2014 15\u00b0 am Mul-tiplicator f\u00fcr den Muskelstrom. Die Richtung des Ausschlages war unabh\u00e4ngig von der der Schliefsungs- und Oeffnungsstr\u00f6me zwischen den","page":343},{"file":"p0344.txt","language":"de","ocr_de":"344 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (ix). Von der negativen Schwankung\nstromzuf\u00fchrenden Nadeln. Der Ausschlag konnte \u00fcbrigens nur zwei, h\u00f6chstens dreimal an demselben Unterschenkel beobachtet werden. Denn nicht \u00f6fter gelang es, auch auf diesem Wege, hinl\u00e4nglich kr\u00e4ftigen Tetanus zu erregen. Nachdem die Leistungsf\u00e4higkeit der Muskeln ersch\u00f6pft war, blieb beim Tetanisiren entweder gar keine Wirkung der Schl\u00e4ge zur\u00fcck, oder eine Wirkung von etwa nur 1 \", die ihre Richtung mit dem Umlegen der Wippe des Stromwenders \u00e4nderte. Die Richtung zeigte an, dafs es die Oeffnungsschl\u00e4ge waren, welche die Nadel ablenkten. Dies erscheint in der Ordnung, wenn man erw\u00e4gt, dafs die st\u00e4rkeren und k\u00fcrzeren Oeffnungsschl\u00e4ge weniger durch die Polarisation an den versilberten Kupfernadeln geschw\u00e4cht werden m\u00fcssen, als die schw\u00e4cheren und langsameren Oeffnungsschl\u00e4ge (S. oben Abth. I. S. 405. 436).\nDenselben Versuch habe ich mit demselben Erfolge beil\u00e4ufig noch mit k\u00fcnstlichem Querschnitt angestellt, um dem Einwand zu begegnen, den zu vernehmen mich nicht sehr gewundert haben w\u00fcrde, dafs ja bei warmbl\u00fctigen Thieren der Muskelstrom bei der Zusammenziehung, statt einer negativen, vielleicht eine positive Schwankung erleide. Die Zurichtung war folgende. Das Kaninchen wurde erschlagen, die Haut vom Unterschenkel abgerissen, die Achillessehne durchschnitten, der Soleus, Plantaris und die Gastroknemien nach aufw\u00e4rts aus ihren Binden gel\u00f6st und in der Gegend ihrer st\u00e4rksten gemeinsamen Anschwellung durchschnitten. Es wurde einerseits die Achillessehne, andererseits der k\u00fcnstliche Querschnitt an die mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleideten B\u00e4usche gelegt. Die stromzuf\u00fchrenden Nadeln wurden diesmal nicht der L\u00e4nge, sondern der Quere nach an dem Muskelst\u00fcck angebracht, so dafs sie das St\u00fcck seitlich zusammendr\u00fcckten. Dies hatte zum Zweck, die Ber\u00fchrung zwischen dem k\u00fcnstlichen Querschnitt und dem entsprechenden Bausch bei der Zuckung best\u00e4ndig zu erhalten, indem sich n\u00e4mlich zeigte, dafs eine Verschiebung des Querschnittes hinreichte, um eine Ver\u00e4nderung der best\u00e4ndigen Ablenkung zu erzeugen. Stets fand, im Augenblick des Tetanus, eine lebhafte negative Schwankung des Stromes statt, die g\u00e4nzlich aufh\u00f6rte, nachdem die Leistungsf\u00e4higkeit der Muskeln ersch\u00f6pft war.\nEndlich habe ich zum Ueberflufs auch noch versucht, die aufsteigende elektromotorische Wirkung beim Tetanisiren des Unterschenkels des Kaninchens am lebenden unversehrten Thiere nachzuweisen.\nIch habe ein Brett von 20cm Breite, 2cm Dicke und von ver\u00e4nderlicher L\u00e4nge. Es besteht n\u00e4mlich aus zwei 20cm langen St\u00fccken, die nach Art der beiden H\u00e4lften eines Ausziehtisches einander gen\u00e4hert oder von einander entfernt werden k\u00f6nnen. Durch eingelegte St\u00fccke, deren Breite immer um lcm w\u00e4chst, wird, gleichfalls wie bei einem","page":344},{"file":"p0345.txt","language":"de","ocr_de":"an dem Unterschenkel des Kaninchens.\t345\nAusziehtisch, die Ebene des Brettes wieder erg\u00e4nzt. Auf dies Brett wird das Kaninchen mit dem Bauch gelegt, und dem Brett eine solche L\u00e4nge ertheilt, dafs es, bei v\u00f6lliger Streckung des Kaninchens, von dem Fufsgelenk bis zum Handgelenk reicht. Die F\u00fcfse und die H\u00e4nde des Kaninchens werden gegen den abgerundeten Rand des Brettes umgebogen und daselbst festgebunden. Ueber die Unterschenkel und die Unterarme gehen gleichfalls B\u00e4nder, und durch zwei Rollbinden werden das Becken und der Brustkasten wider das Brett gedr\u00fcckt. So erreiche ich eine so v\u00f6llige Unbeweglichkeit des Kaninchens, wenn auch nicht hei heftigen unregelm\u00e4fsigen Bewegungen, wie sie das willk\u00fcrliche Str\u00e4uben, doch bei der symmetrischen Anstrengung aller Glied-raafsen, wie sie der Starrkrampf mit sich bringt, dafs der st\u00e4rkste Tetanus in nichts Anderem mehr sichtbar wird, als in dem bekannten, hier ganz gleichg\u00fcltigen Zur\u00fcckschlagen des Kopfes.\nDas Brett wird mit seiner unteren Fl\u00e4che in der H\u00f6he des Randes der Zuleitungsgef\u00e4fse wagerecht aufgestellt, sein Fufsende nach den Ge-f\u00e4fsen zugekehrt. Die F\u00fcfse des Kaninchens ragen \u00fcber den Rand des Brettes hinreichend weit nach unten vor, um in die Zuleitungsgef\u00e4fse getaucht werden zu k\u00f6nnen. So befindet sich das Kaninchen also in derselben Lage als der Frosch in den Versuchen oben S. 185 und der menschliche K\u00f6rper in den Versuchen S. 284.\nStets entstand, wenn die dichte Behaarung der Zehen von der L\u00f6sung durchdrungen war, an dem Multiplicator f\u00fcr den Nerveustrora ein mehr oder minder starker Ausschlag, bald in dem einen, bald in dem anderen Sinne, \u00fcber dessen Ursache ich nichts N\u00e4heres anzugeben weifs, der aber offenbar demjenigen zu vergleichen ist, der auch beim Menschen stets das erste Schliefsen symmetrischer Hautstellen zum Kreise begleitet (S. oben S. 203). Wie dort, stellte sich auch hier die Nadel bald in hinreichender N\u00e4he des Nullpunktes best\u00e4ndig ein, und es handelte sich also nur noch darum, Tetanus des einen Unterschenkels zu bewirken.\nDies ist jedoch unm\u00f6glich. Dagegen ist leicht zu machen, dafs w\u00e4hrend s\u00e4mmtliche \u00fcbrige Beinmuskeln zucken, der eine Unterschenkel und Fufs erschlafft bleibe. Sobald alsdann die Zusamraenziehung der \u00fcbrigen Muskeln nur gleichm\u00e4fsig geschieht, mufs die elektromotorische Wirkung die n\u00e4mliche sein, als ob allein der Unterschenkel tetanisirt w\u00fcrde, der an der Zuckung Theil hat. Dieser Versuchsplan ist leicht in\u2019s Werk zu setzen. Man braucht dazu nur den N. tibialis und pero-naeus in der Kniekehle zu zerschneiden, was ohne alle Blutung und Muskelverletzung gelingt, und dann das Thier mit Strychnin zu vergiften.\nln meinen Versuchen wurde nach der Durchschneidung ein wenig Baumwolle, mit einer ges\u00e4ttigten L\u00f6sung von salpetersaurem Strychnin","page":345},{"file":"p0346.txt","language":"de","ocr_de":"346 3. Abtchn. Kap.Vffi. \u00a7. IV. 8{ix). Von der negativen Schwankung\ngetr\u00e4nkt, in die Wunde gethan, die Hautwunde zugen\u00e4ht, das Kaninchen auf die Zuleitungsgef\u00e4fse gelegt und der Tetanus abgewartet.\nSchon bei den einzelnen St\u00f6fsen, die dem Ausbruch des Tetanus vorherzugehen pflegen, zeigten sich leichte Ausschl\u00e4ge, gerade wie wir dies beim Frosch beobachtet haben (S. oben S. 184). Vollends bei dem grofsen Anfall entstand ein Ausschlag von 15 \u2014 30\u00b0, in Anbetracht der geringen wirksamen Muskelmasse und des grofsen Widerstandes des Kreises gewifs eine sehr ansehnliche Wirkungsgr\u00f6fse. Der Ausschlag hatte die verlangte Richtung, n\u00e4mlich im unverletzten Bein einen aufsteigenden Strom anzeigend. Einigemal trat eine St\u00f6rung auf, die ich nicht zu erkl\u00e4ren weifs. Es wurde n\u00e4mlich der im unverletzten Bein aufsteigende Ausschlag auf dem Fufse gefolgt von einem gr\u00f6fseren Ausschlage, auch wohl von einer best\u00e4ndigen Ablenkung in der anderen Richtung. Solche St\u00f6rungen traten aber auch manchmal ein schon allein bei heftigen Bewegungen des Thieres, wo gar kein Tetanus stattfand, der auf die Nadel h\u00e4tte wirken k\u00f6nnen. Ich glaube deshalb nicht, dafs auf diese St\u00f6rungen das geringste zu geben sei.\nIch h\u00e4tte gern einen solchen Versuch auch f\u00fcr das ganze Bein des Kaninchens angestcllt. Allein die gemeinsame Durchschneidung der NN. ischiadicus, obturatorius und cruralis ist mir als ein so gewaltiger Eingriff erschienen, dafs ich davon abgestanden bin. Ich suchte daher den ausschliefslichen Tetanus des einen Beines folgendermafsen auf elektrischem Wege zu bewirken. Zwei Stopfnadeln wurden mit Ausnahme des Oehrs und der Spitze mit Lack \u00fcberzogen. Das Oehr beider wurde mit Klemmschrauben versehen und die Nadeln dadurch mit den Enden der inducirten Rolle des Magnetelektromotors verkn\u00fcpft. Das Kaninchen wurde wie vorher befestigt und seine Hinterbacken wurden geschoren. Hierauf stiefs ich die beiden Nadeln, in etwa lcm Abstand von einander, in die eine Hinterbacke. Die Verbindungslinie der Nadeln lief der Wirbels\u00e4ule parallel, und h\u00e4lftete den Zwischenraum zwischen Kreuzbein und absteigendem Aste des Sitzbeins. Ihre Mitte lag dem Sitzbeiu-stachel etwa gegen\u00fcber. Die Nadeln wurden so tief eingestochen, dafs ich annehmen konnte, dafs ihre Spitzen sich in der H\u00f6he des Plexus sacralis bef\u00e4nden.\nDurch das Lackiren der Nadeln hatte ich beabsichtigt, nicht allein den Str\u00f6mungsvorgang zwischen den Nadeln mehr auf die Gegend der Nervenst\u00e4mme hinzurichten, sondern auch dem Thiere den Versuch ertr\u00e4glicher zu machen, indem ich ihm die Schmerzen ersparte, die das unmittelbare Einbrechen des Stromes in voller St\u00e4rke in die Hautwunde hervorgebracht haben w\u00fcrde. Ich hatte ferner gehofft, dafs bei hinl\u00e4nglich schwachen Str\u00f6men der Tetanus auf das Bein der Seite, wo","page":346},{"file":"p0347.txt","language":"de","ocr_de":"an dem Unterschenkel des Kaninchens.\n347\nsich die Nadeln befanden, eingeschr\u00e4nkt bleiben w\u00fcrde. Nichtsdestoweniger schrie das Kaninchen beim Tetanisiren mehrmals laut auf, und zwar gleichviel, ob die Oeffnungs- oder die Schliefsungsstr\u00f6me die aufsteigenden waren. Vom MARiANiNi\u2019schen Gesetz also gab sich bei dieser Gelegenheit nichts zu erkennen (Vergl. oben Bd. I. S. 361). Gleichzeitig entstand ein Ausschlag am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom, der einen auf der Seite der Nadeln absteigenden Strom anzeigte. Als ich nun aber die Nadeln in derselben Art auf der anderen Seite anbrachte, hatte der Ausschlag beim Tetanisiren noch dieselbe Richtung, und als ich endlich zu jeder Seite des Kreuzbeins, zwischen ihm und dem Sitzbeinstachel, eine der beiden Nadeln anbrachte, war die Richtung des Ausschlages auch noch stets die n\u00e4mliche. Von der Richtung der Schliefsungs- und Oeffnungsschl\u00e4ge war die Richtung des Ausschlages unabh\u00e4ngig. Auch blieb die Nadel so gut wie v\u00f6llig in Ruhe, als ich nach T\u00f6dtung und Erstarrung des Kaninchens die Versuche mit viel st\u00e4rkeren Str\u00f6men wiederholte.\nEs ist also klar, dafs der stets gleichgerichtete Ausschlag beim Tetanisiren nichts Anderes war, als der Ausdruck eines zuf\u00e4lligerweise vorhandenen Unterschiedes in der elektromotorischen Wirkung der beiden Beine, welche selbst dann gleichm\u00e4fsig in Tetanus geriethen, wenn die Nadeln sich auf derselben Seite des Kreuzbeins befanden. Die Stromesschleifen, welche bis zur anderen Seite hinreichten, waren noch stark genug, um auch in den hier gelegenen Nervenst\u00e4mmen den Gipfel anhaltender Erregung hervorzubringen. Man sollte jedoch meinen, dafs man, durch passende Abschw\u00e4chung der Str\u00f6me, zuletzt bei einem Punkt anlangen m\u00fcfste, wo dies nicht mehr der Fall w\u00e4re, sondern der Tetanus auf das Bein der Seite, wo sich die Nadeln bef\u00e4nden, wirklich eingeschr\u00e4nkt bliebe.\nIch habe indessen diesen Versuch auf sich beruhen lassen, da die obigen f\u00fcr das, was wir hier beabsichtigen, bereits v\u00f6llig ausreichen, und ich aufserdem so viel gesehen hatte, als dafs ein anderer Zweck, den ich mit dem letzten Versuch verband, doch nicht zu erreichen sein w\u00fcrde. Ich w\u00fcnschte n\u00e4mlich dabei zugleich ein Mittel zu erhalten, um die Nachwirkung des Tetanus an einem warmbl\u00fctigen Thiere zu erforschen. Um diese Nachwirkung zu beobachten, mufs man \u00fcber einen Kreis gebieten, in dem aufser dem Strom einer ruhenden Muskelmasse und einem anderen Strom, der diesem die Wage h\u00e4lt, kein, oder nur ein so schwacher Strom vorhanden ist, dafs dieser letztere nebst dem Unterschied der beiden einander entgegenwirkenden Str\u00f6me, gegen den Strom durch die Nachwirkung nicht in Betracht kommt. Wenn man dann bei offenem Kreise tetanisirt und unmittelbar nach Aufh\u00f6ren","page":347},{"file":"p0348.txt","language":"de","ocr_de":"348 3. Abschn. Kap. Fill. \u00a7. IV. 8 (ix). Von der negativen Schwanlcung\ndes Tetanus den Kreis schliefst, kann man den Strom durch die Nachwirkung rein beobachten (S. oben S. 153. 292). Ich habe aber in den Versuchen am Kaninchen die Bedingung der Abwesenheit anderer Str\u00f6me im Kreise nie so vollkommen erf\u00fcllt gesehen, dafs es sich gelohnt h\u00e4tte, einen Versuch zur Beobachtung der Nachwirkung anzustellen.\nKehren wir zum eigentlichen Gegenst\u00e4nde dieser Untersuchung zur\u00fcck. Wir haben gefunden, dafs der ruhende Strom des Unterschenkels des Kaninchens, statt aufsteigend wie am Frosch, vielmehr absteigend ist, dafs folglich beim Tetanus die negative Schwankung dieses Stromes, statt einer absteigenden Wirkung, wie am Frosch, vielmehr eine aufsteigende hervorbringt. Dies Ergebnifs ist geeignet, die Zweifel Derjenigen zu heben, welche, mit Cima und Matteucci, einen Widerspruch darin sehen, dafs die elektromotorische Wirkung beim Tetanus in den Beinen des Frosches eine absteigende, in den Armen des Menschen eine aufsteigende ist. Es zeigt, meinen theoretischen Auseinandersetzungen gem\u00e4fs, dafs die Richtung der elektromotorischen Wirkung beim Tetanus erst dann von Bedeutung wird, wenn die Wirkungsrichtung der ruhenden Muskeln bereits feststeht. Es beweist abermals, was ich schon so oft einsichtlich zu machen versucht habe, dafs die Wirkungsrichtung und -Gr\u00f6fse der Gliedmafsen bei ruhenden Muskeln an sich etwas ganz Unwesentliches, Gleichg\u00fcltiges ist, und, wie die Wirkungsrichtung und -Gr\u00f6fse einzelner Muskeln zwischen ihren sehnigen Enden von einem Muskel zum anderen, in derselben Thierart von einer Gliedmafse zur anderen, in derselben Gliedmafse von einer Thierart zur anderen schwanken kann.\nEs ist aber, wenn ich nicht irre, durch die obigen Versuche noch etwas mehr geschehen. Wir haben gefunden, dafs auch am menschlichen Unterschenkel die elektromotorische Wirkung bei der Zusammenziehung aufsteigend ist. Auch Denjenigen also, die, wie der Berichterstatter der Pariser Commission, zwar zugeben, dafs der ruhende Strom der menschlichen Arme sehr wohl absteigend sein k\u00f6nne, aber noch den Beweis verlangen, dafs er wirklich absteigend sei, auch Diesen d\u00fcrfte jetzt, wenn sie billig sein wollen, Gen\u00fcge geleistet sein. Denn der Versuch am Arm hat vor dem Versuch am Unterschenkel nichts voraus. Lassen wir also den Arm bei Seite und halten uns lediglich an den Unterschenkel. Es ist keine Frage, dafs der Unterschenkel des Kaninchens ungleich menschen\u00e4hnlicher gebildet ist als der des Frosches, zwar, wegen des tiefen Ansatzes der Beuger des Kniegelenkes, nicht in seinen \u00e4ufseren Umrissen am unversehrten Thier, doch hinsichtlich der Anordnung seiner Muskeln. Von diesem menschen\u00e4hnlich gebildeten Unterschenkel steht nun fest, dafs auch er bei der Zusammenziehung nicht","page":348},{"file":"p0349.txt","language":"de","ocr_de":"an dem Unterschenkel des Kaninchens.\n349\nabsteigend wirkt, wie der des Frosches, sondern aufsteigend wie der des Menschen. Und ein aufmerksamerer Blick auf die Verschiedenheit im Bau des Menschen- und Kaninchenunterschenkels einerseits und des Froschunterschenkels andererseits weist auch bald einen Umstand auf, der die Verschiedenheit in der elektromotorischen Wirkung auf beiden Seiten, wenn auch nicht als nothwendig erkennen l\u00e4fst, doch wenigstens begreiflich macht.\nDer sogenannte Gastroknemius des Frosches besitzt n\u00e4mlich an seinem oberen Ende keinen freien nat\u00fcrlichen Querschnitt (Vergl. oben Bd. I. S. 512. 513. Bd. II. Abth. II. S. 106). In der folgenden Beschreibung des Baues dieses Muskels ist der Frosch auf seinen F\u00fcfsen stehend wie ein Mensch gedacht. Das Kopfende des Muskels heifst daher das obere, das Fufsende das untere, die Tibialfl\u00e4che wird als vordere, die R\u00fcckenfl\u00e4che als hintere bezeichnet. Aufsen und Innen bezieht sich auf die den Muskel symmetrisch h\u00e4lftende Ebene.\nEine sehnige Scheidewand, welche senkrecht auf der Ausbreitung der Achillessehne steht, h\u00e4lftet den Muskel nahe symmetrisch. Sie ist die in\u2019s Innere des Muskels eindringende Fortsetzung seiner beiden Kopfsehnen, der kurzen oberen hinteren und inneren, deren oberer Zipfel sich an das Ober-, der untere an das Unterschenkelbein heftet, und der l\u00e4ngeren unteren \u00e4ufseren und vorderen, die zwar einige ihrer \u00e4ufseren Fasern an das Oberschenkelbein schickt, grofsentheils jedoch verschmilzt mit dem \u00e4ufseren Rand der Aponeurose des Triceps Cuv., so dafs dieser Muskel auch noch das Fufsgelenk strecken kann. Man sieht diese letztere Sehne gut in e Fig. 141. Taf. V dieses Bandes. Ihr oberes Ende ist, behufs der Pr\u00e4paration des N. peron\u00e4us (S. oben Abth. I. S. 546), von der Aponeurose des Triceps getrennt worden, aber die Stelle, wo es davon abgel\u00f6st wurde, ist noch deutlich erkennbar.\nDie sehnige Scheidewand des Gastroknemius hat einen vorderen geraden und einen hinteren gew\u00f6lbten Rand. Letzterer tritt an der R\u00fcckenfl\u00e4che des Muskels nirgends zu Tage. Erstcrer dagegen wird ungef\u00e4hr in den oberen sechs Siebenteln der L\u00e4ngsmittellinie der abgeplatteten Tibialfl\u00e4che sichtbar. Die Muskelb\u00fcndel des Gastroknemius sind n\u00e4mlich sehr viel k\u00fcrzer als der ganze Muskel, und nehmen folgenden Verlauf.\nDiejenigen dieser B\u00fcndel, welche von der L\u00e4ngsmittellinie der Ausbreitung der Achillessehne, oder ihrer Durchschnittslinie mit der fortgesetzt gedachten Ebene der sehnigen Scheidewand entspringen, laufen schr\u00e4g nach oben und vorn, und heften sich an den gew\u00f6lbten hinteren Rand der Scheidewand. Das oberste dieser B\u00fcndel liegt in der L\u00e4ngsmittellinie des oberen fleischigen Theils der R\u00fcckenfl\u00e4che. Das","page":349},{"file":"p0350.txt","language":"de","ocr_de":"350 3. Absckn. Kap. VIII. \u00a7.1V. 8 (ix). Von der negativen Schwankung\nunterste bildet das unterste Siebentel der L\u00e4ngsmittellinie der Tibial-fl\u00e4che, deren sechs obere Siebentel eingenommen sind durch den vorderen geraden Rand der sehnigen Scheidewand.\nDie B\u00fcndel, welche von den beiden H\u00e4lften der Ausbreitung zur Seite der L\u00e4ngsmittellinie entspringen, laufen schr\u00e4g nach oben, vorn und innen, und heften sich an die entsprechenden Seitenfl\u00e4chen der Scheidewand. Dabei treffen unstreitig solche B\u00fcndel mit ihren oberen Enden nahe aufeinander, deren untere Enden von symmetrischen Punkten der Ausbreitung kommen.\nEndlich die B\u00fcndel, welche von dem Umfange selbst der Ausbreitung entspringen, heften sich an den vorderen geraden Rand der sehnigen Scheidewand. Sie bilden den fleischigen Theil der Oberfl\u00e4che des Muskels. In der Tibialfl\u00e4che verlaufen sie rein nach oben und innen, daher der vordere Rand der Scheidewand mit den von beiden Seiten unter gleichen Winkeln schr\u00e4g daran stofsenden B\u00fcndeln das Bild eines mit dem Kiel nach oben gehaltenen Federschaftes mit seinen Strahlen gew\u00e4hrt. Es geh\u00f6rt danach der Gastroknemius des Frosches zu den gefiederten Muskeln.\nNur eine kleine Abweichung von dem hier geschilderten symmetrisch regelm\u00e4fsigen Bau wird bemerkbar an der Stelle, wo sich die l\u00e4ngere der beiden Kopfsehnen, die untere vordere und \u00e4ufsere, in die Scheidewand fortsetzt. Diese Sehne kommt zwischen den beiden H\u00e4lften des Muskels, unter und vor der anderen Kopfsehne, hervor wie ein B\u00fccherzeichen aus einem Buche. Sogleich aber schl\u00e4gt sie sich, der Oberfl\u00e4che des Muskels entlang, nach oben und aufsen, und l\u00f6st sich von der Oberfl\u00e4che, um frei nach oben zu gehen, erst wenn sie den \u00e4ufseren Umfang des Muskels erreicht hat. Die mit der Oberfl\u00e4che des Muskels verwachsene Strecke der Sehne nun dient einigen B\u00fcndeln zum Ansatz, deren obere Enden also nicht an die mittlere Scheidewand gehen, und dies ist der einzige Punkt am oberen Ende des Gastroknemius, wo man von einem freien nat\u00fcrlichen Querschnitt desselben sprechen kann.\nBenetzt man diese Stelle mit einer entwickelnden Fl\u00fcssigkeit, so erh\u00e4lt man stets einen kleinen absteigenden Ausschlag. Er r\u00fchrt ganz gewifs nicht allein von der negativen Schwankung her, die die Folge ist der Zuckungen, welche das An\u00e4tzen h\u00e4ufig begleiten. So ist also, obschon unvollkommen, auch am Gastroknemius des Frosches der oben S. 106. 123 beschriebene Versuch anstellbar.\nUeberall anderw\u00e4rts am oberen Ende des Muskels ist es so gut als ob gar kein nat\u00fcrlicher Querschnitt vorhanden w\u00e4re. Die sehnige Scheidewand des Gastroknemius gelingt es n\u00e4mlich nicht selten bei der","page":350},{"file":"p0351.txt","language":"de","ocr_de":"an dem Unterschenkel des Kaninchens.\n351\noben Abtb. I. S. 97 beschriebenen Darstellungsweise des k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes in zwei Bl\u00e4tter zu spalten. Jedes dieser Bl\u00e4tter enth\u00e4lt alsdann den oberen nat\u00fcrlichen Querschnitt der einen Seitenh\u00e4lfte des Muskels, deren unterer nat\u00fcrlicher Querschnitt zu suchen ist in der entsprechenden H\u00e4lfte der Ausbreitung der Achillessehne. Es ist also als ob urspr\u00fcnglich ein oberer vorderer Querschnitt des Muskels dagewesen w\u00e4re, entsprechend dem unteren hinteren Querschnitt, der mit der Ausbreitung der Achillessehne bekleidet ist, und als ob dieser obere vordere Querschnitt in der L\u00e4ngsmittellinie nach hinten eingeknickt, seine beiden symmetrischen H\u00e4lften, wie die eines Buches, welches man zuschl\u00e4gt, nach vorn zusammengeklappt, und mit einander verklebt worden w\u00e4ren.\nDadurch ist aber die Negativit\u00e4t des oberen Querschnittes ganz aufser Spiel gebracht. In elektrischer Beziehung w\u00fcrde nichts am Ga-stroknemius ge\u00e4ndert werden, wenn die Scheidewand daraus entfernt w\u00fcrde, und je zwei B\u00fcndel, deren obere Enden jetzt an entsprechenden Punkten ihrer beiden Seitenfl\u00e4chen aufsitzen, mit einander verw\u00fcchsen zu einem Bogen oder einer Schlinge, deren beide Schenkel sich nach wie vor an symmetrische Punkte der Ausbreitung der Achillessehne hefteten.\nDer Gastroknemius besitzt somit nur Eine negative Fl\u00e4chenbegrenzung, die Ausbreitung der Achillessehne \u00fcber dem unteren nat\u00fcrlichen Querschnitt. Seine ganze \u00fcbrige Begrenzung ist neutral, oder in Bezug auf den nat\u00fcrlichen Querschnitt positiv (S. oben S. 116).1 Dasselbe gilt beil\u00e4\u00fcfig vom inneren Kopf des Triceps Cuv., der einen dem des Gastroknemius sehr \u00e4hnlichen Bau besitzt (S. oben Bd. I. S. 492. 496). Dies ist der Grund, weshalb diese Muskeln, im unversehrten Zustande und bei m\u00e4fsiger Entwickelung der parelektronomischen Schicht, nur aufsteigend, bei hoher Entwickelung der Schicht, nur absteigend wirken k\u00f6nnen (Vcrgl. oben S. 35). Um sie bei m\u00e4fsiger Entwickelung der Schicht absteigend wirken zu sehen, mufs am oberen Ende des Muskels ein k\u00fcnstlicher Querschnitt angelegt werden.\nSehr verschieden von dem Gastroknemius des Frosches ist nun die entsprechende Muskelgruppe an der Wade des Kaninchens und des Menschen gebildet. Hier besitzen n\u00e4mlich die beiden Gastroknemii, der externus und der internus, an ihrem oberen Ende jeder einen freien\n1 Die in der Fig. 33. Taf. IV. Bd. I. gegebene Abbildung eines k\u00fcnstlichen L\u00e4ngsschnittes vom Gastroknemius giebt insofern kein gutes Bild von dem Bau des Muskels, als der L\u00e4ngsschnitt darin nicht zusammenf\u00e4llt mit der sehnigen Scheidewand, sondern sie unter einem spitzen Winkel schneidet. Der Bau des Gastroknemius war mir damals noch nicht so klar geworden wie jetzt.","page":351},{"file":"p0352.txt","language":"de","ocr_de":"352 3- Ahschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (x). Der Strom leim willk\u00fcrlichen\nnat\u00fcrlichen Querschnitt. Daraus folgt nun freilich nicht mit Nothwen-digkeit, dafs der Unterschenkel absteigend wirken m\u00fcsse. Denn es k\u00f6nnten ja die unteren Querschnitte der Muskeln die Oberhand haben \u00fcber die oberen. Allein es ist, wie oben S. 349 bevorwortet wurde, doch wenigstens einsichtlich gemacht, wie, im Gegens\u00e4tze zum Unterschenkel des Frosches, der des Kaninchens, folglich auch der des Menschen, absteigend wirken k\u00f6nne.\n(x) Der Strom beim willk\u00fcrlich en Tetanus ist nicht thermoelektrischen Ursprungs.\nDem Einwurfe, dafs der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus ein thermoelektrischer sei, erzeugt durch die bei der Muskelzusammenziehung entwickelte W\u00e4rme, fehlte es im Munde seiner Urheber1 eigentlich an jeder thats\u00e4chlichen Grundlage. Denn vor meinen oben S. 207 ff. beschriebenen Versuchen war aufser der verschollenen Beobachtung Nobili\u2019s an der Thon-Thermokette, deren Analogie doch eine sehr entfernte ist, von Thermostr\u00f6men feuchter Leiter nichts bekannt. Aufserdem war es im h\u00f6chsten Grade unwahrscheinlich, dafs in einem Kreise von so bedeutendem Widerstande irgend ein Thermostrom sichtbar gemacht werden k\u00f6nne. Jetzt steht die Sache anders. Wir wissen, dafs zwei ungleich warme sonst gleichartige Hautstellen einen Strom erzeugen, der die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom unter Umst\u00e4nden au die Hemmung f\u00fchrt. Dadurch wird das Bedenken, von dem hier die Rede ist, erst zu einem solchen, welches ernstliche Ber\u00fccksichtigung verdient.\nUnd beim ersten Blick scheint es beinahe, als ob man auf diesem Wege den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus wirklich erkl\u00e4ren k\u00f6nnte, ohne ihn abh\u00e4ngig zu machen von der negativen Schwankung des Muskelstromes der menschlichen Gliedinafsen. Der Natur der Dinge nach werden die Versuche dar\u00fcber angestellt bei einer Temperatur der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit zwischen 0\u00b0 und 30\u00b0 C. Innerhalb dieser Grenzen verh\u00e4lt sich die w\u00e4rmere Hautstelle negativ gegen die k\u00e4ltere, und zwar, bei gleichem Temperaturunterschied, um so mehr, je n\u00e4her dem Nullpunkt. Der angespannte Arm, um uns an die gangbarste Form des Versuches zu halten, wird, im Verh\u00e4ltnis zum erschlafften, erw\u00e4rmt. Es mufs sich folglich der Finger des angespannten Armes innerhalb der angegebenen Temperaturgrenze negativ verhalten gegen den Finger des in Ruhe gebliebenen. So verh\u00e4lt er sich aber in der That. Stellt man\n1 Gedruckt worden ist dieser Einwand meines Wissens nur von Despretz und von Hont an den oben S. 311. 313 Anm. angegebenen Stellen.","page":352},{"file":"p0353.txt","language":"de","ocr_de":"Tetanus ist nicht thermoelektrischen Ursprungs.\n353\nden Versuch mit Zuleitungsfl\u00fcssigkeit von 0\u00b0 an, so wird zwar der Strom nicht st\u00e4rker, wie es nach dem Obigen der Fall sein sollte, sondern schw\u00e4cher. Dies l\u00e4fst sich aber aus dem bei niederer Temperatur gr\u00f6fseren Widerstande der Oberhaut erkl\u00e4ren (S. oben S. 212). Die Nachwirkung des Tetanus erkl\u00e4rt sich nat\u00fcrlich bei dieser Deutungsweise der Erscheinung gerade so gut wie bei der anderen.\nBei n\u00e4herer Erw\u00e4gung indessen stellt sich dieser erste Anschein bald als ganz tr\u00fcglich heraus. Erstens halte ich es f\u00fcr sehr unwahrscheinlich, dafs bereits nach wenigen Secunden das Anspannen der Armmuskeln eine irgend merkliche Temperaturerh\u00f6hung der Haut der Finger, das der Oberschenkelmuskeln bei der oben S. 290 beschriebenen Gestalt des Versuches eine solche der Haut des Fufses zur Folge habe. Versuche dar\u00fcber anzustellen, habe ich nicht f\u00fcr noting gehalten. Denn zugegeben, es finde beim Anspannen, was jedenfalls ganz unm\u00f6glich ist, eine Temperaturerh\u00f6hung der eingetauchten Hautstelle um mehrere Grade C. wirklich statt, so w\u00fcrde der dadurch bedingte Temperaturunterschied doch ganz unverm\u00f6gend sein, am Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom einen Ausschlag von der Gr\u00f6fse zu erzeugen, wie wir ihn beim Anspannen beobachtet haben. Dieser Ausschlag bel\u00e4uft sich auf 40\u00b0 und dar\u00fcber. Dagegen beim gleichzeitigen Eintauchen eines Fingers bei 15 und eines Fingers bei 30\u00b0 C. in die Zuleitungsgefafse erh\u00e4lt man h\u00f6chstens 20 \u2014 30\u00b0 Ausschlag (S. oben S. 208. 227), obschon der Widerstand der Oberhaut an letzterem Finger bereits sehr vermindert ist (S. oben S. 212). Ein Temperaturunterschied der Finger von 5\u00b0C. z. B. aber bleibt bereits so gut wie wirkungslos. Es ist also schon hienach nicht daran zu denken, den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus von der Temperaturerh\u00f6hung der angespannten Gliedmafse abzuleiten.\nBei der Gestalt des Versuches ferner, bei der der Strom des Unterarmes von Elbogen und Finger abgeleitet wird (S. oben S. 291), m\u00fcfste der Finger mehr erw\u00e4rmt werden als der Elbogen, denn der Strom ist aufsteigend im Unterarm, d. h. der Finger erscheint in Folge des Tetanus negativer gegen den Elbogen. Dies scheint undenkbar, um so mehr als, wie man sich erinnert, bei dieser Versuchsweise auch die Oberarmmuskeln angespannt werden. Wenn also \u00fcberhaupt eine merkliche Erw\u00e4rmung der Oberhaut des Armes stattfindet, so wird die Haut des Eibogens daran sicherlich ebensoviel und leicht noch mehr Antheil haben als die viel entlegenere der Finger.\nVollends entscheidend aber ist nachstehende Betrachtung. Man entsinnt sich der merkw\u00fcrdigen Thatsache, dafs, w\u00e4hrend zwischen 0\" und darunter, und etwa 30\u00b0 C. sich der w\u00e4rmere Finger negativ verh\u00e4lt gegen den k\u00e4lteren, sich umgekehrt, zwischen etwa 30\u00b0, und 45\u00b0 und II. 2.\t23","page":353},{"file":"p0354.txt","language":"de","ocr_de":"354 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (x). Der Strom leim willk\u00fcrlichen\ndar\u00fcber, der w\u00e4rmere Finger positiv verh\u00e4lt gegen den k\u00e4lteren (S. oben S. 208). W\u00e4re der Strom bei der Zusammenziehung durch die Temperaturerh\u00f6hung der angespannten Gliedmafse bedingt, so m\u00fcfste also offenbar dieser Strom seine Richtung umkehren, wenn man ihn in Zuleitungsfl\u00fcssigkeit von einer Temperatur \u00fcber 30\u00b0 anstellt. Dies ist aber, wie wir schon wissen, nicht der Fall. Vielmehr beh\u00e4lt der Strom seine Richtung bei, und erscheint sogar betr\u00e4chtlich verst\u00e4rkt wegen des durch die W\u00e4rme verminderten Widerstandes der Oberhaut (S. oben S. 303).\nDamit ist, wie es scheint, die Sache abgethan. Doch werden sich sp\u00e4ter zu diesen sogar noch andere Gr\u00fcnde gesellen. Da aber jetzt durch Helmholtz auch in Muskeln kaltbl\u00fctiger Thiere, die dem Kreislauf entzogen sind, eine Temperaturerh\u00f6hung beim Tetanus nachgewiesen ist,1 so k\u00f6nnte die Gegenpartei sich vielleicht noch folgendermafsen vernehmen lassen. Die Unm\u00f6glichkeit, den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus von einer Temperaturerh\u00f6hung der eingetauchten Hautstelle abzuleiten, m\u00fcsse nach dem Obigen zwar zugegeben werden. Aber k\u00f6nnte nicht der Strom, wenngleich im Inneren der Gliedmafscn erzeugt, doch nur durch die Temperaturerh\u00f6hung der Muskeln bedingt sein? Ist nicht vielleicht die ganze Erscheinung der negativen Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung einfach thermoelektrischer Natur?\nDiese Ansicht, die ich wirklich habe \u00e4ufsern h\u00f6ren, ist jedoch nicht minder unhaltbar als die so eben von der Hand gewiesene. Zugegeben, obschon dies gewifs nicht richtig ist, die von Helmholtz beobachtete Temperaturerh\u00f6hung der Muskeln um etwa ein bis zwei Zehntel Grade C. sei im Stande, einen so starken elektromotorischen Unterschied zu erzeugen, wie er der negativen Schwankung zu Grunde liegt. Wie sollte es kommen, dafs nicht L\u00e4ngs- und Querschnitt des Muskels in gleichem Mafse erw\u00e4rmt w\u00fcrden? Wie sollte vielmehr stets die Vertheilung der thermoelektrischen Spannungen am Muskel gerade dieselbe sein, nur mit entgegengesetztem Zeichen, wie die der Spannungen, welche den ruhenden Muskelstrom erzeugen?\nSchon dies w\u00fcrde gen\u00fcgen. Aber keine geringere Schwierigkeit entspringt f\u00fcr die thermoelektrische Theorie der negativen Schwankung aus der Untersuchung des zuckenden Muskels mittelst des strompr\u00fcfenden Froschschenkels. Diese Untersuchung lehrt bekanntlich, dafs die elektromotorische Wirkung der Zusammenziehung keine allm\u00e4lig wiederum abnehmende ist, sondern dafs sie ebenso schnell verschwindet, wie sie eintritt, dafs das Ganze einen blitzschnellen Stromstofs, einem voltaelektrischen Inductionsschlage vergleichbar, vorstellt. Nur so wird\n1 MBller\u2019s Archiv f\u00fcr Anatomie und Physiologie. Jahrgang 1848. S. 144.*","page":354},{"file":"p0355.txt","language":"de","ocr_de":"Tetanus ist nicht thermoelektrischen Ursprungs.\t355\nes verst\u00e4ndlich, dafs es f\u00fcr das Erscheinen und die St\u00e4rke der secun-d\u00e4ren Zuckung gleichg\u00fcltig ist, ob der ruhende Muskelstrom irn Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels auf- oder absteigt. Die elektromotorische Wirkung des Tetanus aber ist eine dichtgedr\u00e4ngte Reihe solcher schnellen St\u00f6fse (S. oben Abth. I. S. 99 ff.). Es m\u00fcfste also die in jeder einzelnen Zusammenziehung blitzschnell freigewordene W\u00e4rme ebenso schnell wieder gebunden werden, und nach Beendigung des Tetanus d\u00fcrfte keine merkliche Menge freier W\u00e4rme Zur\u00fcckbleiben. Wollte man aber auch jenes schnelle Wiederumgebundenwerden der freigewordenen W\u00e4rme als Hypothese zugeben, man d\u00fcrfte es nicht. Denn nach Helmholtz geht die Nadel des Thermomultiplicators sehr langsam wieder auf den Nullpunkt zur\u00fcck, wrenn man mit der Reizung aufh\u00f6rt, oder wenn die Reizbarkeit der Muskeln erlischt.1\nEndlich ist noch zu erw\u00e4hnen, dafs auch der Nervenstrom seine negative Schwankung hat, von nicht geringerer Gr\u00f6fse im Verh\u00e4ltnifs zu seiner St\u00e4rke als die des Muskelstromes und von derselben Beschaffenheit in Bezug auf die Vertheilung der Spannungen, w\u00e4hrend Helmholtz zum Schl\u00fcsse gelangt ist, dafs, wenn eine W\u00e4rmeentwickelung die Innervation begleite, sie gegen die in den Muskeln verschwindend klein sei, und jedenfalls nicht \u00fcber wenige Tausendtheile eines Grades hinausgehe.a\nWill man der W\u00e4rmeentwickelung in den Muskeln einen Einflufs auf die elektrischen Erscheinungen zugestehen, so glaube ich daher, tliut man besser, diesen Einflufs vorl\u00e4ufig in der leichten Verminderung des eigenth\u00fcmlichen Widerstandes der Muskeln zu suchen, welche wir oben Abth. I. S. 81 im Gefolge der Zusammenziehung entdeckt haben.\n(xi) Beweis, dafs der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Haut beruhe.\nVon den drei oben S. 336 aufgez\u00e4hlten Einw\u00fcrfen gegen die in dieser Nummer mitgetheilten Versuche bleibt uns jetzt noch der letzte zu erw\u00e4gen. Es wird gefragt, ob nicht der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus, statt der Ausdruck zu sein der negativen Schwankung des Muskelstromes der Gliedmafsen, herr\u00fchren k\u00f6nne von einer irgendwie vermittelten Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte an der Grenze der Haut und der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit.\nWir haben zwar, nach Mafsgabe unserer bisherigen Kenntnifs, alles N\u00f6thige gethan, um einer solchen Ver\u00e4nderung vorzubeugen. Nach m\u00f6g-\n1 Ebendas. S. 157.*\n1 Ebendas. S. 164.*\n23' .","page":355},{"file":"p0356.txt","language":"de","ocr_de":"356 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8(xi). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus\nliehst genauer Erforschung der elektromotorischen Beschaffenheit der Haut schien uns, abgesehen von der leicht zu vermeidenden Wirkung, die das Ausdehnen der Haut begleitet, keine andere Gefahr hier zu drohen als seitens der Benetzung neuer Hautstellen mit der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit. Wir haben daher Vorkehrungen getroffen, damit die cingetauch-ten K\u00f6rpertheile die Tiefe, bis zu der sie von der Fl\u00fcssigkeit besp\u00fchlt werden, bei der Zusammenziehung nicht ver\u00e4ndern, und damit eine solche Ver\u00e4nderung, wenn sie dennoch stattf\u00e4nde, wenigstens elektromotorisch wirkungslos bliebe (S. oben S. 281. 334). Wir durften also glauben, in dieser Beziehung genug gethan zu haben.\nDie Urheber des in Rede stehenden Einwurfes kennen diese Mafs-regeln und ihre Tragweite zum Theil sehr wohl. Allein sie f\u00fchlen sich dabei nicht beruhigt. Sie argw\u00f6hnen vielmehr, dafs, in Folge der Muskelanstrengung, die elektromotorische Beschaffenheit der Haut selber eine Ver\u00e4nderung eingehen k\u00f6nnte. Welcher Art diese Ver\u00e4nderung sei, und wie sie zu Stande komme, dar\u00fcber lassen sic sich nicht aus.\nNur Herr Becquerel der Vater hat sich in den Sitzungen, die die Commission der Pariser Akademie bei mir hielt, dar\u00fcber erkl\u00e4rt. Seiner Meinung nach n\u00e4mlich w\u00fcrde beim willk\u00fcrlichen Tetanus des Armes eine verst\u00e4rkte Hautabsonderung am Finger stattfinden. Um diese Meinung zu erh\u00e4rten, forderte Herr Becquerel mich auf, w\u00e4hrend ich beide Zeigefinger zum Eintauchen in die Zuleitungsgef\u00e4fse bereit hielt, den einen Arm anzuspannen, ihn einige Zeitlang angespannt zu halten, und kurze Zeit nach dem Abspannen die Zeigefinger einzutauchen. Es entstand ein schwacher Ausschlag in derselben Richtung, als ob bei eingetauchten Fingern derselbe Arm angespannt worden w\u00e4re.\nWie man leicht bemerkt, war n\u00e4mlich der von Herrn Becquerel vorgeschlagene Versuch nichts Anderes, als eine fehlerhafte Form des oben S. 292. 293 beschriebenen Versuches, durch den ich die elektromotorische Nachwirkung des Tetanus am lebenden unversehrten Menschen nachgewiesen habe. Fehlerhaft nenne ich die BECQUEREL\u2019sche Versuchsweise deshalb, weil dabei gar leicht T\u00e4uschungen durch Hautungleichartigkeiten eintreten k\u00f6nnen, die sich entwickeln, w\u00e4hrend die Finger, ohne zum Kreise geschlossen zu sein, allerlei Einfl\u00fcssen ausgesetzt an der Luft gehalten werden. Weder aber hat Herr Becquerel dies jemals einsehen wollen, noch hat die Commission meiner Erkl\u00e4rung des Becque-REL\u2019schen Versuches jemals Geh\u00f6r geschenkt. Sondern dieser Versuch findet sich, ohne weitere Angabe seiner Bedeutung, in einer Anmerkung zum Bericht angef\u00fchrt,1 als von Herrn Becquerel angegeben, w\u00e4hrend\n1 Comptes rendus etc. 15 Juillet 1850. t. XXXI. p. 38. *","page":356},{"file":"p0357.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Haut. 357\ndoch in einer der Abhandlungen, die dem Berichte zu Grunde liegen, die Nachwirkung des Tetanus auf den Muskelstrom ausdr\u00fccklich beschrieben steht! (S. oben S. 151 Anm. 1.) Die Verhandlung aber \u00fcber den Strom bei der Zusammenziehung schliefst der Berichterstatter mit folgenden Worten, die sich an die oben S. 336. 337 angef\u00fchrten anschliefsen: \u00bbMais \u00bbadmettons, pour un instant, que cette premi\u00e8re difficult\u00e9 soit lev\u00e9e, que \u00bbla forme des muscles du bras qui entrent ici en jeu, que leur structure, \u00bbleur enlacement, leur disposition absolue et relative conduisent \u00e0 la con-\u00bb elusion voulue, c\u2019est-\u00e0-dire qu\u2019il suffise d\u2019y appliquer les lois du courant \u00bbmusculaire,1 2 pour faire voir qu\u2019en composant les directions et les inten-\u00bb sit\u00e9s, l\u2019on obtient pour r\u00e9sultat final un courant continu dirig\u00e9 de l\u2019\u00e9paule \u00bb\u00e0 la main; toute la question serait-elle r\u00e9solue? faudrait-il regarder comme \u00bbcertain que les deux exp\u00e9riences (S. oben S. 337) sont identiques, et \u00bbqu\u2019elles s\u2019expliquent rigoureusement par la m\u00eame cause? Nous ne le pen-\u00bbsons pas, il y aurait encore des doutes d\u00e9pendants de la diversit\u00e9 des \u00bbconditions et de la complication du probl\u00e8me: mais le moment n\u2019est pas \u00bbveifb de les faire ressortir et d\u2019en discuter la valeur.\u00ab\u201c Worin diese Zweifel bestehen, die die Commission sich also sogar f\u00fcr den Fall noch vorbeh\u00e4lt, dafs die zuerst von ihr gestellte unm\u00f6gliche Aufgabe gel\u00f6st w\u00e4re, die aufsteigende Richtung des Stromes beim willk\u00fcrlichen Tetanus der Armmuskeln aus der Anordnung dieser Muskeln abzuleiten (S. oben S. 338), dies geht ziemlich deutlich hervor aus einer sp\u00e4teren Aeufserung Pouillet\u2019s in seinen Notions g\u00e9n\u00e9rales de Physique et de M\u00e9t\u00e9orologie (2m\u00b0 \u00c9d. Paris 1852. p. 288. 289), wo er von der thierischen Elektri-cit\u00e4t, mit Inbegriff des in Rede stehenden Stromes, sagt: \u00bbOn ne sait \u00bbpas si elle doit son origine \u00e0 des actions chimiques ordinaires, ou \u00e0 \u00bbdes forces r\u00e9sultant de l\u2019organisation elle-m\u00eame.\u00ab Ohne geradezu der BECQ\u00fcEREL\u2019schen Hypothese zu huldigen, die vielmehr wohl durch seinen Einflufs von der Erw\u00e4hnung in dem Bericht ausgeschlossen blieb, f\u00fcrchtet auch Pouillet, dafs der Strom bei der Zusammenziehung noch irgendwie durch Hautungleichartigkeiten bedingt sein m\u00f6ge.\nIch will im Folgenden die Gr\u00fcnde zusammenstellen, aus denen ich mich f\u00fcr berechtigt halte, die Becquerel\u2019scIic Vermuthung, so wie jede \u00e4hnliche, welche die Ursache des Stromes beim willk\u00fcrlichen Tetanus in einer Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Beschaffenheit der Haut sucht, von der Hand zu weisen. Ein Theil dieser Gr\u00fcnde beruht auf\n1\tUnter lois du courant musculaire versteht Herr Pouillet nach meinem Vorg\u00e4nge das, was ich im Deutschen das Gesetz des Muskelstromes zu nennen pflege, nicht etwa das, was Matteucci, offenbar unpassend, mit demselben Namen belegt hatte (S. oben Bd. I. S. 527).\n2\tComptes rendus etc. 15 Juillet 1850. t. XXXI. p. 46.*","page":357},{"file":"p0358.txt","language":"de","ocr_de":"358 & Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8(xi). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus\nThatsachen, die uns schon von fr\u00fcherher bekannt sind. Ein anderer Theil st\u00fctzt sich auf noch anzustellende Versuche.\nWas zun\u00e4chst Becquerel\u2019s Annahme einer vermehrten Hautabsonderung an der tetanisirten Gliedmafse betrifft, so f\u00fchrt heftige und anhaltende Muskelbewegung allerdings eine lebhaftere Th\u00e4tigkeit der Schweifsdr\u00fcsen herbei. Allein es ist mir nicht bewufst, dafs \u00f6rtliche Muskelzusammenziehung, und noch dazu von so kurzer Dauer, wie die, um welche es sich hier handelt, \u00f6rtlichen Schweifs bewirkte. Oder wollte man, um dies wahrscheinlicher zu machen, sich auf Krankheitsf\u00e4lle berufen, gleich den von Holland und von Giesker und Henle beobachteten, wo beim Sprechen und Kauen Schweifs auf der Wange ausbrach? 1 Jedenfalls f\u00fchlt und sieht man hier nichts von einer solchen vermehrten Absonderung der Schweifsdr\u00fcsen. Auch steht die elektromotorische Wirkung gar nicht im Verh\u00e4ltnifs zur subjectiven Anstrengung des Individuums, sondern zur wirklichen Leistung seiner Muskeln. Es ist aber offenbar die erste, welche die Schweifsabsonderung bedingt. Wer daran zweifeln sollte, kann sich t\u00e4glich auf Turns\u00e4len \u00fcberzeugen, wie ein schw\u00e4chliche* unge\u00fcbter Mensch, der sich sehr anstrengt, bei geringerer Leistung mehr in Schweifs ger\u00e4th, als ein kr\u00e4ftiger und ge\u00fcbter bei viel gewaltigerer.\nAllein wir wollen zugeben, dafs die \u00f6rtliche Zusammenziehung, wenn auch in unwahrnehmbarem Mafse, doch wirklich eine vermehrte Th\u00e4tigkeit der Schweifsdr\u00fcsen an der Haut der entsprechenden Glied-mafsen herbeif\u00fchre. Es fragt sich alsdann noch, ob dadurch auch eine elektromotorische Wirkung gesetzt werde, und zwar in der Richtung, wie es der Fall sein m\u00fcfste, um dadurch die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus zu erkl\u00e4ren. Ich habe versucht, diese Frage unmittelbar durch den Versuch zu entscheiden.\nUm \u00f6rtlichen Schweifs der Hand hervorzurufen, steckte ich Hand und Unterarm in einen luftdichten Sack von d\u00fcnner Guttapercha, der unterhalb des Eibogens mittelst eines Taschentuches so um den Arm zugebunden wurde, dafs er ohne bel\u00e4stigenden Druck doch gut schlofs. Ueber der Guttaperchah\u00fclle wurden Hand und Unterarm noch mit einer wollenen Decke umwickelt. Vorher hatte ich die H\u00e4nde in den mit Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllten Handgef\u00e4fsen auf Richtung und Gr\u00f6fse ihres Eigenstroraes gepr\u00fcft. In der Guttaperchah\u00fclle bedeckte sich die Hand nach einiger Zeit wirklich mit Schweifs. Als ich nun, nach viertelst\u00fcndigem Aufenthalt der Hand in der Gultaperehah\u00fclle, das elektromotorische Verhalten der geschwitzten Hand gegen die ungeschwitzte un-\n1 Henle, Pathologische Untersuchungen. Berlin 1840. S. 147;**\u2014 Allgemeine Anatomie u. s. w. Leipzig 1841. S. 698.*","page":358},{"file":"p0359.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elehtromolorischen Kr\u00e4fte der Haut, 359\ntersuchte, fand ich erstere stark positiv gegen letztere. In einigen F\u00e4llen wurde die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom gegen die Hemmung gef\u00fchrt. Die Wirkung ging nat\u00fcrlich in kurzer Zeit vor\u00fcber. Wurde einige Minuten sp\u00e4ter die Pr\u00fcfung wiederholt, so zeigte sich wieder der Eigenstrom der H\u00e4nde wie vor dem Versuch.\nDa die Hand in der Guttaperchah\u00fclle von der Verdunstung abgeschlossen ist, kann sich offenbar ihre Temperatur steigern im Vergleich zu der der anderen Hand. W\u00e4hrend die oberfl\u00e4chliche Temperatur dieser letzteren 28 \u2014 30\u201c C. betr\u00e4gt (S. oben S. 226), mag die jener nahe 37\u00b0 kommen. Bei 28 \u2014 30\u00b0 ist die Haut, wie man sich erinnert, am negativsten (S. oben S. 208), und man k\u00f6nnte also versucht sein, den hier beobachteten Strom f\u00fcr nichts als einen Thermostrom zu halten, erzeugt durch den Unterschied der Temperatur, der durch die gehemmte Verdunstung der einen Hand bedingt w\u00fcrde.\nDiese Vorstellung ist jedoch nicht richtig. Erstens ist zu bedenken, dafs, sobald man die Hand aus der Guttaperchah\u00fclle zieht, eine starke Verdunstung eintritt, in Folge deren die Hand wiederum oberfl\u00e4chlich abgek\u00fchlt wird, wie man sehr deutlich durch das Gef\u00fchl wahrnimmt. F\u00fcr\u2019s zweite habe ich versucht, einen wie starken Strom ich denn erhalten w\u00fcrde, wenn ich die eine Hand in L\u00f6sung von 37\u00b0, die andere in solcher von 30\u00b0 einige Zeit hielte und dann beide gleichzeitig in die Handgef\u00e4fse \u00fcbertr\u00fcge, deren L\u00f6sung 16\u00b0 warm war. Die Wirkung war fast unmerklich, w\u00e4hrend, wie gesagt, in dem Versuch mit der Guttaperchah\u00fclle die Nadel nicht selten bis an die Hemmung geht. Und doch mul's der Widerstand des Kreises im letzteren Versuch entschiede^ betr\u00e4chtlicher sein als im ersteren, wo die Haut beider H\u00e4nde reichlich durchfeuchtet wird.\nIch habe untersucht, wie sich diese Str\u00f6me wegen ungleichen Schwitzens beider H\u00e4nde in verschiedenen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten verhalten w\u00fcrden. In Brunnenwasser fand ich sie wie in Kochsalzl\u00f6sung, nur schienen sie mir st\u00e4rker zu sein. In der S\u00e4ure hatten sie dieselbe Richtung, schienen aber schw\u00e4cher als in der L\u00f6sung. Endlich in Kalihydratl\u00f6sung bin ich \u00fcber ihre Richtung nicht ganz in\u2019s Reine gekommen. Das erstemal, als ich den Versuch anstellte, hatten die Str\u00f6me die umgekehrte Richtung von der in den \u00fcbrigen Zuleitungsfl\u00fcssigkeitcn. Als ich aber, um mich dieses wichtigen Ergebnisses zu versichern, den Versuch sp\u00e4ter einmal wiederholte, hatten die Str\u00f6me die andere Richtung, n\u00e4mlich diesmal dieselbe wie in den \u00fcbrigen Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten.\nWie dem auch sei, wir wissen von diesen Str\u00f6men nunmehr so viel als wir brauchen, um die Zul\u00e4ssigkeit der Bi\u00e4CQUEREL\u2019schen Hypothese zu beurtheilen. Verschiedener Zustand der beiden H\u00e4nde in Bezug auf Schweifs ist wirklich im Stande, einen Strom zu erzeugen. Allein","page":359},{"file":"p0360.txt","language":"de","ocr_de":"tJ60 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8 (xi). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus\ndieser Strom hat die verkehrte Richtung von der, die er haben m\u00fcfste, damit es m\u00f6glich w\u00e4re, die elektromotorische Wirkung heim willk\u00fcrlichen Tetanus zu erkl\u00e4ren durch einen Schweifsausbruch an der teta-nisirten Gliedmafse. Er ist, in dem Arme der schwitzenden Hand, statt aufsteigend, wie er sollte, vielmehr absteigend. Die Becquerei/scIic Hypothese ist also dergestalt unmittelbar widerlegt.\nNicht besser besteht die Probe des Versuches eine andere Verinu-thung, auf die man hier gerathen k\u00f6nnte, und die mit der Becquerel\u2019-schen wenigstens noch den Vortheil theilt, einigermafsen in der Wirklichkeit zu fufsen. Es ist Thatsache, dafs heftige \u00f6rtliche Zusamraen-ziehung eine Hyper\u00e4mie, einen Congestionszustand der betreffenden Gliedmafse herbeif\u00fchrt. Damit ein solcher Zustand merklich werde, dazu geh\u00f6rt nun freilich etwas mehr, als die in meinem Versuch stattlindende Anstrengung. Nichtsdestoweniger k\u00f6nnte man doch fragen, ob nicht eine durch den Tetanus bewirkte Hyper\u00e4mie der Haut den Grund des dabei sich kundgebenden Stromes enthalte.\nEs ist nichts leichter, als einen aufserordentlich viel gr\u00f6fseren Unterschied im Congestionszustande beider H\u00e4nde herbeizuf\u00fchren, als er, falls wirklich einer dadurch bewirkt wird, die Folge sein kann des Anspannens s\u00e4mmtlicher Muskeln des einen Armes in meinem Versuch. Man braucht dazu bekanntlich nur, w\u00e4hrend die eine Hand am K\u00f6rper schlaff herunterh\u00e4ngt, die andere einige Zeit lang \u00fcber den Kopf erhoben zu halten. Diese wird blutleer und leichenblafs, w\u00e4hrend jene von Blut strotzt und krebsroth erscheint. Ich habe mich aber nicht \u00fcberzeugen k\u00f6nnen, dafs die solchergestalt verschieden mit Blut angef\u00fcllten H\u00e4nde, gleichzeitig in die Handgef\u00e4fse getaucht, sich irgend anders elektromotorisch verhielten, wie sonst. Der im \u00e4ufsersten Mafs verschiedene Congestionszustand zweier Hautstellen scheint auf ihr elektromotorisches Verhalten keinen merklichen Einflufs auszu\u00fcben. Um wie viel weniger kann also in Betracht kommen der geringe Unterschied der Art, der in .meinem Versuch durch die Zusammenziehung vielleicht bewirkt wird.\nEs gab noch eine andere Art, dieselbe Frage dem Versuch zu unterwerfen.\nNach dem Muster des Petit-MoREL\u2019schen Schraubentourniquet\u2019s liefs ich mir, von Herrn Birk sen., ein f\u00fcr das erste Glied des Zeigefingers passendes Tourniquet machen, welches dazu bestimmt war, dieses Glied schnell und mit grofser Kraft ohne Ersch\u00fctterung zusammenzuschn\u00fcren. Die Schraube des Tourniquets lag, wie der Kasten eines Siegelringes, an der R\u00fcckenfl\u00e4che des Fingers (S. Fig. 148. Taf. VI.). Das Band umfafste seine Volarfl\u00e4che. Die Schraube wurde m\u00e4fsig an-","page":360},{"file":"p0361.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Haut. 361\ngezogen, so dafs das Tourniquet, gleich einem Siegelringe, fest am Finger hing, und beide Zeigefinger in die Fingergef\u00e4fse getaucht. War die Nadel zur Ruhe gekommen, so wurde das Tourniquet rasch und kr\u00e4ftig zugezogen. Sofort r\u00f6thete sich der Finger und schwoll unterhalb des Bandes an. So kr\u00e4ftig wirkte \u00fcbrigens die Schraube, dafs die Spur des Bandes noch nach vielen Stunden sichtbar war. Nichtsdestoweniger blieb die Nadel des Multiplicators f\u00fcr den Nervenstrom w\u00e4hrend des Zuziehens des Tourniquets unbewegt, wenn nur der Finger dabei rubig gehalten worden war. Einigemal gab sich eine \u00e4ufserst schwache Wirkung zu erkennen in absteigender Richtung auf der Seite, wo das Tourniquet lag. Vielleicht ist dieselbe auf Ausdehnung der Haut des Fingers durch Spannung nach dem Tourniquet hin zu deuten (S. oben S. 261). Wie dem auch sei, man sieht abermals, dafs eine ungleich bedeutendere Aenderung des Kreislaufes, als die welche bei der Zusammenziehung stattfinden kann, sich keiner elektromotorischen Wirkung f\u00e4hig erweist.\nDies ist aber noch nicht Alles. Sondern wenn nun das Tourniquet so fest zugezogen blieb als es irgend ertr\u00e4glich war, und es wurden die Muskeln desselben Armes angespannt, so trat sofort der gew\u00f6hnliche Strom in aufsteigender Richtung ein. Es ist aber wohl hinreichend klar, dafs dies nicht die Folge sein konnte einer Ver\u00e4nderung des Hautkreislaufes des eingetauchten Fingers unterhalb des Tourniquets. Denn dieser Kreislauf konnte, eben wegen des Tourniquets, gar keine Ver\u00e4nderung mehr erfahren durch Ursachen, welche, wie die Zusammenziehung der Armmuskeln, oberhalb der umschn\u00fcrten Stelle ihren Sitz \u2018 hatten. Und auf alle F\u00e4lle war die durch das Tourniquet bewirkte Hyper\u00e4mie der Haut bereits so bedeutend, dafs, wenn wirklich durch das Tourniquet hindurch noch eine \u00e4hnliche Wirkung seitens der Muskeln gelangt w\u00e4re, diese zur Wirkung des Tourniquets doch nur einen verschwindenden Bruchtheil hinzutragen konnte.\nIn der beschriebenen Gestalt ist der Versuch von mir mit Herrn Stud. Lindner angestellt worden, indem abwechselnd der Eine von uns das Tourniquet an dem Finger des Anderen zuzog. Allein schon ehe ich in Besitz des Tourniquets war, habe ich mit meinen Freunden den Herren G. Kirchhofe und A. Fick denselben Versuch in folgender Art ausgef\u00fchrt, deren hier noch gedacht werden mag, da sie, obschon unvollkommener, vor der vorigen den Vorzug hat,' in\u2019s Werk gesetzt werden zu k\u00f6nnen mit H\u00fclfsmitteln, die in Jedermanns H\u00e4nden sind.\nEs wurde um das erste Glied des Zeigefingers der einen Hand ein vieldoppelter Ring aus Zwirnsf\u00e4den gelegt, durch den ein Knebel gesteckt war. Unter dem Knebel lag eine Kautchukplatte, um zu ver-","page":361},{"file":"p0362.txt","language":"de","ocr_de":"362 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (xi). Der Strom beim rvilllc\u00fcrliehen Tetanus\nh\u00fcten, dafs beim Drehen des Knebels eine Hautfalte ergriffen und eingeklemmt w\u00fcrde. Obschon nat\u00fcrlich die Handhabung dieser Vorrichtung sehr viel schwieriger war als die des Tourniquets, und es insbesondere nicht leicht war, den Knebel umzudrehen ohne den zu knebelnden Finger dabei etwas zu bewegen, so war doch der Erfolg des Versuches im Wesentlichen ganz der n\u00e4mliche wie mit dem Tourniquet. Beim Zudrehen des Knebels blieb die Nadel so gut wie unbewegt, und w\u00e4hrend er auf\u2019s \u00e4ufserste zugedreht gehalten wurde, konnte der Strom wegen des willk\u00fcrlichen Tetanus wie gew\u00f6hnlich hervorgebracht werden.\nIch habe auch an den Herren Kirchhoff und Fick und an mir selber ein gew\u00f6hnliches Petit-MoREi/sches Schraubentourniquet dem Oberarm angelegt, und die A. brachialis bis zum Verschwinden des Pulses an der A. radialis zusammengedr\u00fcckt. Auch bei dieser Versuchsweise findet unzweifelhaft schon eine viel gr\u00f6fsere Ver\u00e4nderung des Blutumlaufes in den Haargef\u00e4fsen der Haut statt, als beim willk\u00fcrlichen Tetanus, bei dem die A. radialis, so viel es das Zittern des Armes zu beurtheilen erlaubt, ruhig fortschl\u00e4gt. Die Hautvenen unterhalb des Tourniquets schwellen an und ihre Klappen treten hervor. Doch blieb auch hier die Nadel w\u00e4hrend des Zuschn\u00fcrens unbewegt. Hingegen verliefs sie sofort den Nullpunkt im richtigen Sinne, als, bei zugeschn\u00fcrtem Tourniquet, die Armmuskeln so gut es anging angespannt wurden.\nNach diesen Versuchen, wird man gestehen, ist die Congestions-hypothese, gleich der von der vermehrten Th\u00e4tigkeit der Schweifsdr\u00fcsen, als thats\u00e4chlich widerlegt zu betrachten. Ich weifs nicht, welche Hypothese der Art zur Verd\u00e4chtigung meines Versuches nun noch \u00fcbrig bleibt, die auch nur einen Schein von Berechtigung h\u00e4tte. Ich kann nicht errathen, was Herr Becquerel nunmehr Vorbringen wird, um nur nicht gezwungen zu sein, die verhafste Wahrheit zuzugeben. Ich k\u00f6nnte hier f\u00fcglich diesen Kampf, der gleichsam zu einem Ossianischen mit Nebelgestalten wird, auf sich beruhen lassen. Indessen habe ich noch einige Betrachtungen und Thatsachen mitzutheilen, wodurch, wie ich glaube, in den Augen jedes Unbefangenen der Sieg vollends zu meinen Gunsten entschieden wird.\nIch hebe also zun\u00e4chst nochmals ausdr\u00fccklich hervor, dafs es keine bekannte Ver\u00e4nderung der Haut giebt, welche man noch anrufen k\u00f6nnte, um die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus dadurch zu erkl\u00e4ren. Aber noch mehr, es ergeben sich, theils bereits aus dein Vorhergehenden, theils aus dem Folgenden, Bedingungen f\u00fcr die Natur dieser Ver\u00e4nderung, die es mehr als unwahrscheinlich, die es undenkbar scheinen lassen, dafs jemals eine solche Ver\u00e4nderung in Wirklichkeit aufgedeckt werde.","page":362},{"file":"p0363.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Haut. 363\nDiese Ver\u00e4nderung m\u00fcfste im unmittelbaren Gefolge der Zusammenziehung, bei allen Menschen mit nie fehlender Regelm\u00e4fsigkeit, und der mechanischen Leistung der Muskeln proportional, auftreten. Sie m\u00fcfste die Zusammenziehung selber um etwas \u00fcberdauern. Sie m\u00fcfste die davon betroffene Hautstelle, z. B. die Hand, den Zeigefinger, den Fufs, den Elbogen, in angemessenem Grade negativ erscheinen lassen gegen eine nicht davon betroffene, z. B. die andere Hand, den anderen Zeigefinger, Fufs oder Elbogen, oder die Brust, u. d. m., damit der in den Gliedmafsen aufsteigende Strom zu Stande k\u00e4me.\nObschon hierin nichts Unm\u00f6gliches liegt, so verdient doch bemerkt zu werden, dafs alle Ver\u00e4nderungen der elektromotorischen Beschaffenheit der Haut, auf die wir in Wirklichkeit gef\u00fchrt worden sind, vielmehr die Haut positiver, und nicht negativer erscheinen lassen. Die kalte oder warme Hautstelle verh\u00e4lt sich positiv gegen die bei nat\u00fcrlicher Temperatur verharrende (S. oben S. 208). Die ersteingetauchte Hautstelle verh\u00e4lt sich wenigstens in Kochsalzl\u00f6sung und Brunnenwasser regelm\u00e4fsig positiv gegen die j\u00fcngstbenetzte (S. oben S. 218). Die ausgedehnte Hautstelle verh\u00e4lt sich positiv gegen die nicht ausgedehnte (S. oben S. 264). Die verletzte Hautstelle verh\u00e4lt sich positiv gegen die nicht verletzte (S. oben S. 268). Endlich die schwitzende Hautstelle verh\u00e4lt sich positiv gegen die nicht schwitzende (S. oben S. 358).\nEinzig die hypothetische Ver\u00e4nderung der Haut, die wir hier con-struiren, wie sie sein m\u00fcfste, um die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus dadurch zu erkl\u00e4ren, einzig diese w\u00fcrde das Vorrecht haben, die . Haut negativer, statt positiver erscheinen zu machen. Und sie m\u00fcfste dies gleichm\u00e4fsig in Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten der verschiedensten Art. Diese letztere Forderung klingt zwar theoretisch sehr bedenklich, hat indefs thats\u00e4chlich hier wohl weniger zu bedeuten, da ja merkw\u00fcrdigerweise auch die meisten der uns bekannt gewordenen wirklichen Hautstr\u00f6me ihre Richtung in den verschiedenartigsten Zuleitungsfl\u00fcssigkciten bewahren (S. oben S. 273). Ohnehin mufs, wie ich sogleich beweisen werde, jene vorausgesetzte Ver\u00e4nderung nicht oder nicht blos an der Oberfl\u00e4che der Haut, sondern auch unter ihr in dem Papillark\u00f6rper ihren Sitz haben.\nIch habe es mich n\u00e4mlich nicht verdriefsen lassen, mir auch noch die thats\u00e4chliche Ueberzeugung davon zu verschaffen, dafs die elektromotorische Wirkung beim willk\u00fcrlichen Tetanus in gleicher Richtung fortbesteht, unter sonst gleichen Umst\u00e4nden aber an St\u00e4rke zunimmt, wenn die Oberhaut entfernt wird. So mufs nat\u00fcrlich das Verhalten sein, wenn der Strom bei der Zusammenziehung von den Muskeln herr\u00fchrt, da alsdann der Widerstand der Oberhaut fortgeschafft wird (S. oben S. 304).","page":363},{"file":"p0364.txt","language":"de","ocr_de":"364 '?\u2022 Abschn. Kap. VIII. \u00a7\u25a0 IV. 8(xi). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus\nIch begann damit, mir nur an den beiden Zeigefingern Stichwunden in der oben S. 272 beschriebenen Art beizubringen, und stellte den Versuch abwechselnd an mit blutenden Wunden und nachdem sie mit Kleb\u00e4ther verschlossen worden waren. Meine Absicht war, dabei zu beobachten, ob der Strom wegen der Zusaramenziehung bei offenen Wunden st\u00e4rker erscheinen w\u00fcrde als bei verklebten. W\u00e4re dies mit Sicherheit der Fall gewesen, so h\u00e4tte ich offenbar die Frage bereits durch diesen einfachen Versuch f\u00fcr erledigt halten d\u00fcrfen. Allein obschon bei Gegenwart von Wunden von gleicher Beschaffenheit an zwei Hautstellen sich ein leidliches Gleichgewicht im Kreise herzustellen pflegt (S. oben S. 268), so fand ich doch diese Anordnung zu feineren Beobachtungen nicht geeignet, weil oft die Nadel auf keine Weise zur Ruhe zu bringen ist, sondern zwischen \u00b1 20\u201440\u00b0 im Hin - und Herwandern begriffen bleibt. Es schien mir daher wohl, als ob die Wirkung des Tetanus bei offenen Wunden die bei verklebten stets um ein Merkliches \u00fcbertraf. Indessen fand ich mich durch dies Ergebnifs noch nicht befriedigt.\nEs blieb nun nichts \u00fcbrig als folgender Versuchsplan. Es mufste der Strom von einer bestimmt umschriebenen Hautstelle zuerst im unverletzten Zustande abgeleitet werden. Dann mufste diese Hautstelle mittelst Blasenpflasters ihrer Oberhaut beraubt, und der Versuch unter \u00fcbrigens gleichen Umst\u00e4nden wiederholt werden. Nach der Heilung mufste er zum dritten Mal an derselben Stelle vorgenommen werden, um die Ueberzeugung zu gewinnen, dafs die bei Gegenwart der Verletzung wahrgenommene Ver\u00e4nderung des Stromes auch wirklich der Verletzung zuzuschreiben war.\nDie Hindernisse, die sich der Ausf\u00fchrung dieses Planes widersetzen, sind aufserordentlich grofs. An den H\u00e4nden und F\u00fcfsen k\u00f6nnen aus Gr\u00fcnden, die keiner Auseinandersetzung bed\u00fcrfen, die Blasenpflasterwunden nicht gut angelegt werden. Die Elbogen sind auch keine bequeme Stelle, obschon ich sp\u00e4ter einmal mich noch dazu verstehen mufste, mir hier ein Blasenpflaster anzulegen (S. unten). So bleibt keine zum Eintauchen geschickte Hautstelle \u00fcbrig, um den Versuch daran vorzunehmen, und wir finden uns auf die alte Schwierigkeit zur\u00fcckgeworfen, wie alsdann die Ableitung mit Sicherheit zu bewerkstelligen sei, da, wie man sich erinnert, mit B\u00e4uschen hier nun einmal nichts anzufangen ist (S. oben S. 222. 281).\nFolgendermafsen ist es mir gelungen, diese Hindernisse zu besiegen. Als Hautstellen, von denen die Ableitung vorgenommen werden sollte, w\u00e4hlte ich die R\u00fcckenfl\u00e4che der beiden Unterarme dicht oberhalb der Kn\u00f6chel des Handgelenks.","page":364},{"file":"p0365.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Haut. 365\nAus einer starken Platte geschwefelter Guttapercha verfertigte ich \u00fcber einer h\u00f6lzernen Form zwei an beiden Enden offene cylindrische R\u00f6hren von elliptischem Querschnitt. Die L\u00e4nge jeder R\u00f6hre betrug 62mra. Die grofse Axe der Ellipse des Querschnittes mafs 33\u201c\u201d\u201d, die kleine Axe 20\u201d\u201d\u201d. Der untere Rand der R\u00f6hren war nicht scharf abgeschnitten, sondern, gleich dem hinteren Rande des Brustgef\u00e4fses (S. oben S. 234), in 11\u201d\u2122 Breite umgelegt, so dafs er zu der als Kopf eines Hutes gedachten R\u00f6hre die Krampe abgab (Fig. 149 A. Taf. VI.).\nDiese R\u00f6hren wurden an der bezeichneten Stelle des Unterarmes mit ihrem unteren breiten Rande, oder ihrer Krampe, so aufgesetzt, dafs die grofse Axe ihres elliptischen Querschnittes der L\u00e4nge des Armes nach verlief. Wie das nur mit drei Seitenw\u00e4nden versehene parallele-pipedische Brustgef\u00e4fs im Verein mit der Brust ein vollst\u00e4ndiges Gef\u00e4fs bildete, worin eine Zuleitungsfl\u00fcssigkeit die Brusthaut frei, als w\u00e4re sie eingetaucht, besp\u00fchlen konnte: so sollten hier die eines Bodens ermangelnden Handgelenkgef\u00e4fse (so m\u00f6gen die R\u00f6hren heifsen) durch die R\u00fcckenfl\u00e4che des Unterarmes gleichfalls erg\u00e4nzt werden zu einem vollst\u00e4ndigen Gef\u00e4fse, das man mit der Fl\u00fcssigkeit f\u00fcllen k\u00f6nnte, um so den Strom von der den Grund des Gef\u00e4fses bildenden Hautstelle sicher, als w\u00e4re sie eingetaucht, abzuleiten.\nHier wie dort war das Schwierige die Art des Verschlusses. Um ihn zu erzielen, waren zun\u00e4chst die Kr\u00e4mpen eines jeden der beiden Handgelenkgef\u00e4fse im knetbaren Zustande der bezeichneten Hautstelle an einem bestimmten Arm angedr\u00fcckt worden und in dieser Lage erkalten gelassen. Sodann hatte ich eigenth\u00fcmliche Binden, welche den Dienst des Gurtes beim Brustgef\u00e4fs versahen, indem sie die mit Oel bestrichenen Kr\u00e4mpen gegen die entsprechende Stelle des Unterarmes andr\u00fcckten.\nDie Binden bestanden aus einem l\u00e4nglich viereckigen St\u00fccke doppelt gelegter starker Leinwand. Die beiden schm\u00e4leren Seiten des l\u00e4nglich viereckten St\u00fcckes waren zu zwei Zipfeln ausgeschnitten. Denkt man sich zwei F\u00e4hnlein, wie sie an den Lanzen der Uhlanen befindlich sind, mit dem an den Schaft genagelten Ende zusammengen\u00e4ht, so hat man eine deutliche Vorstellung von der allgemeinen Gestalt meiner Binden. An jeden der vier Zipfel war ein Band gen\u00e4ht. In der Mitte der Binden befand sich eine elliptische Oeffnung, die grofse Axe der Ellipse quer auf die L\u00e4ngsrichtung der Binde gestellt (Fig. 149 B. Taf. VI.).\nDurch diese Oeffnung wurde der Kopf der hutf\u00f6rmigen Handgelenkgef\u00e4fse gesteckt, wie der Kopf durch die Oeffnung in einem Chilenischen Poncho. Die Gef\u00e4fse wurden dann mit ihren Kr\u00e4mpen an der R\u00fcckenfl\u00e4che des Armes in die richtige Lage gebracht, die B\u00e4nder an den vier Zipfeln an der Volarfl\u00e4che zu zweien verschlungen, nach der","page":365},{"file":"p0366.txt","language":"de","ocr_de":"366 3. Abschn. Kap. VI11. \u00a7. IV. 8 (xi). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus\nR\u00fcckenfl\u00e4che fortgef\u00fchrt und dort \u00fcber den Krampen fest zugebunden. Es zeigte sich, dafs die Gef\u00e4fse auf diese Weise vollkommen dicht hielten unter dem Druck einer Fl\u00fcssigkeitss\u00e4ule, die sie bis an ihren oberen freien Rand erf\u00fcllte.\nDer eigentliche Versuch begann nun damit, dafs, nachdem mir von einem Geh\u00fclfen (Herrn Lindner) die Handgelenkgef\u00e4fse angelegt worden waren, ich den Stab der in Fig. 147 Taf. V abgebildeten Vorrichtung mit den H\u00e4nden ergriff, als wollte ich den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus in der gew\u00f6hnlichen Art, mit den Fingern in den Finger-gef\u00e4fsen, darstellen. Dabei kann man leicht den unteren Theil der R\u00fcckenfl\u00e4che des Unterarmes rein nach aufw\u00e4rts kehren und nahe wagerecht halten, so dafs die darauf befindlichen Handgelenkgef\u00e4fse mit ihrer Oeffnung nach oben senkrecht zu stehen kommen. Die H\u00e0nd-gelenkgef\u00e4fse wurden mit Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt, die aber diesmal nicht ges\u00e4ttigt war, sondern zu gleichen Theilen aus ges\u00e4ttigter L\u00f6sung und Brunnenwasser bestand. Der Grund davon wird sofort einleuchten. In der N\u00e4he der Handgelenkgef\u00e4fse waren die gew\u00f6hnlichen Zuleitungs-gef\u00e4fse passend aufgestellt, und wurden mit jenen in hergebrachter Weise leitend verbunden durch zweimal rechtwinklig gebogene heberartige R\u00f6hren voll ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung, die an beiden Enden durch Fliefspapierstopfen verschlossen waren, jedoch nicht auf den Grund der Handgelenkgef\u00e4fse reichten. Endlich die Zuleitungsgef\u00e4fse hingen mit dem Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom zusammen.\nAls ich nun den einen oder den anderen Arm willk\u00fcrlich tetani-sirte, wobei der Stab der Vorrichtung Fig. 147 dazu da war, um dem Versch\u00fctten der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit durch Bewegung der H\u00e4nde vorzubeugen, entstand ein kaum wahrnehmbarer Ausschlag in aufsteigender Richtung im tetanisirten Arm. Mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung in den Handgelenkgef\u00e4fsen betrug er 2\u2014 3\u00b0. Diese grofse Schw\u00e4che der Wirkung erkl\u00e4rt sich theils aus der geringen Ausdehnung der benetzten Ilautstelle und der geringen Leitungsf\u00e4higkeit der Haut der R\u00fcckenfl\u00e4che des Armes im Vergleich z. B. zu der der Handsohle; theils mag sie ihren Grund haben in der in Bezug auf die Anordnung der Muskeln unvorteilhaften Lage der Ableitungsstellen.\nNachdem dergestalt die elektromotorische Wirkung des Tetanus bei dieser Art der Ableitung des Stromes und bei unverletzter Haut erforscht war, legte ich mir am Abend desselben Tages an den Hautstellen, welche den Grund der Handgelenkgef\u00e4fse bildeten, mit Oel eingeriebene Blasenpflaster (Emplastrum vesicatorium ordinarium Ph. Bor.). Die Blasenpflaster waren elliptisch, wie der Querschnitt der Handgelenkgef\u00e4fse. Ihre grofse Axe mafs 22, ihre kleine 13mra. Sie kamen nat\u00fcrlich so","page":366},{"file":"p0367.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Haut. 367\nzu liegen, dafs ihre Axen und Mittelpunkte zusammenfielen mit denen der elliptischen Hautstellen, welche den Grund der Handgelenkgef\u00e4fse bildeten. Es versteht sich von seihst, dafs diese Stellen und ihre Umgebung zuvor rasirt worden waren. Rings um die Blasenpflaster wurde die Haut sorgf\u00e4ltig und in einer dicken Schicht mit Kleb\u00e4ther bestrichen, damit nicht, wenn die Pflaster sich versch\u00f6ben, die Blasen aufserhalh des passenden Bezirkes sich hinauserstreckten.\nAm anderen Morgen waren zwei gute Blasen gebildet. Sie wurden ge\u00f6ffnet und die Oberhaut von denselben entfernt. Abermals ergriff ich den Stab der Vorrichtung Fig. 147. Taf. V mit den H\u00e4nden, als wollte ich den Versuch in der gew\u00f6hnlichen Form anstellen. Die Handgelenkgef\u00e4fse wurden aufgesetzt, so dafs sich die Wunden in deren Grunde befanden, festgebunden, und mit der verd\u00fcnnteren Kochsalzl\u00f6sung gef\u00fcllt. Es schien mir erlaubt, die Unannehmlichkeit, die dieser Theil des Versuches f\u00fcr mich mit sich f\u00fchrte, dadurch in etwas zu vermindern, dafs ich nicht v\u00f6llig ges\u00e4ttigte L\u00f6sung mit dem enthl\u00f6fsten Papillark\u00f6rper in Ber\u00fchrung brachte. Man begreift nun auch leicht, weshalb ich es vermied, die heberf\u00f6rmigen R\u00f6hren, welche die Handgelenkgef\u00e4fse mit den Zuleitungsgef\u00e4fsen in Verbindung setzten, auf den Grund der ersteren Gef\u00e4fse reichen zu lassen. Ihr Ende w\u00fcrde hier auf der Wundfl\u00e4che geruht und heftige Schmerzen verursacht haben.\nSo war nun endlich derselbe Kreis als am gestrigen Tage mit dem einzigen Unterschiede hergestellt, dafs am Grunde der beiden Handgelenkgef\u00e4fse die Zuleitungsfl\u00fcssigkeit diesmal zwar eine etwas kleinere, daf\u00fcr aber von der Oberhaut entbl\u00f6fste Stelle der R\u00fcckenfl\u00e4che des Unterarmes besp\u00fchlte. Die Wunden erwiesen sich sehr sch\u00f6n gleichartig, so dafs die Nadel sich nahe dem Nullpunkt einstellte. Kaum aber spannte ich die Muskeln des einen Armes an, so ging sie in aufsteigendem Sinne bis auf 65\u00b0. Dasselbe war der Fall mit dem anderen Arm. Jeder Arm wurde dreimal willk\u00fcrlich tetanisirt und alle dreimal mit demselben Erfolge.\nAufser meinem Geholfen, Herrn Lindner, war mein Freund Herr Dr. G. Werther Zeuge dieses Versuches. Nachdem er vollendet war, wurde an den Wunden noch ein Theil der oben S. 269. 275 beschriebenen Beobachtungen angestellt. Nach der theils mechanischen, theils chemischen Mifshandlung, die die Wunden bei diesen verschiedenen Versuchen erfahren hatten, heilten sie nur schwer. Es stiefs sich ein Brandschorf ah und erst nach ungef\u00e4hr acht Tagen gelang es mir sie trocken zu legen. Als sie, nach mehreren Wochen, vollkommen geheilt waren, so dafs nur noch rothe Flecke ihre St\u00e4tte bezeichneten, wiederholte ich den Versuch und beobachtete, wie man sich leicht","page":367},{"file":"p0368.txt","language":"de","ocr_de":"368 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8(xi). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus\ndenken kann, denselben Erfolg wie das erste Mal vor Anlegung der Wunden.\nHier ist der Ort zu berichten, dafs ich, durch v. Humboldt\u2019s ber\u00fchmte Versuche1 auf diesen Kunstgriff aufmerksam gemacht, mir bereits fr\u00fcher* an denselben Stellen Blasenpflasterwunden angelegt hatte, in der Hoffnung, mit H\u00fclfe derselben secund\u00e4re Zuckung des strompr\u00fcfenden Froschschenkels von den menschlichen Gliedmafsen zu erlangen. Zuerst hatte ich nur an dem einen Arm eine Wunde und brachte den strompr\u00fcfenden Schenkel zwischen Zunge und Wunde an, d. h. ich ber\u00fchrte den Nerven des Schenkels mit der Zunge, w\u00e4hrend der Fufs auf der Wunde lag, und umgekehrt, und strengte dann meine Armmuskeln schnell und kr\u00e4ftig an. Nie jedoch erfolgte eine Zuckung, die als secund\u00e4re Zuckung auszulegen gewesen w\u00e4re. In der Meinung, dafs vielleicht zwischen Handgelenk und Zunge kein kr\u00e4ftiger Muskelstrom vorhanden sei, brachte ich jetzt auch noch am anderen Arm eine Wunde an der entsprechenden Stelle an. Die erste Wunde war w\u00e4hrenddem mit Unguentum Sabinae eiternd erhalten (S. oben S. 269). Allein auch zwischen beiden Wunden wollte keine secund\u00e4re Zuckung erscheinen.\nDa ich damals noch nicht im Besitz der Handgelenkgef\u00e4fse war, mit den B\u00e4uschen nicht zum Ziele kam und auch die Versuche mit den H\u00e4nden in den Handgef\u00e4fsen noch nicht angestellt hatte, so konnte ich nicht wissen, ob das Fchlschlagen der secund\u00e4ren Zuckung in den obigen Versuchen nicht darauf beruhte, dafs zwischen den zur Ableitung gew\u00e4hlten Stellen an der R\u00fcckenfl\u00e4che des Unterarmes oberhalb der Kn\u00f6chel beim Anspannen eines Armes gar keine so kr\u00e4ftige elektromotorische Wirkung stattfinde, wie z. B. zwischen den Fingern. Es war dies zwar nicht wahrscheinlich; es lag mir aber so viel daran, die secund\u00e4re Zuckung vom unversehrten lebenden menschlichen K\u00f6rper aus zu erlangen, dafs ich kein Mittel dazu unversucht lassen mochte, welches auch nur die mindeste Aussicht auf Erfolg hot. Ein solches Mittel aber lag hier allerdings nahe. Da ich beim Gebrauch des strompr\u00fcfenden Schenkels in der Wahl der Hautstellen, von denen ich den Strom ab-\n\u25a0 Gren\u2019s Neues Journal der Physik. Bd. II. 1795. S. 119;* \u2014 Bd. III. 1796. S. 166;*\u2014 Versuche \u00fcber die gereizte Muskel - und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1799. Bd. I. S. 191. 197. 203. 206. 321. 323.*\u2014 S. auch Philipp Michaelis, in Gren\u2019s Neuem Journal der Physik. Bd. IV. 1797. S. 12.21.\u2019\n' Im M\u00e4rz 1849. Die Herren v. Humboldt, Joh. M\u00fcller und Helmholtz sahen am 15. Mai d. Jahres (S. oben S. 309) noch die Narben an meinen Armen. Ich f\u00fchre dies nur an, um der Meinung vorzubeugen, als sei ich erst durch die Versuche Despretz\u2019, Matteucci\u2019s, Zantedeschi\u2019s und Cima\u2019s (S. oben S. 310. 314. 318. 320) auf den Gedanken gebracht worden, den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus auch am strompr\u00fcfenden Schenkel nachzuweisen.","page":368},{"file":"p0369.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Haut. 369\nzuleiten gedachte, nicht mehr durch die R\u00fccksicht beschr\u00e4nkt war, ob diese Hautstellen eintauchbar seien oder nicht, so konnte ich sie so w\u00e4hlen , dafs ich zwischen ihnen bei der Zusammenziehung jedenfalls den st\u00e4rksten Strom erhielt, der bei dieser Versuchsweise \u00fcberhaupt zu erhalten ist. Dazu war nur n\u00f6thig, die eine Wunde \u00fcber dem nat\u00fcrlichen L\u00e4ngsschnitt einer kr\u00e4ftigen Muskelmasse, die andere \u00fcber dem nat\u00fcrlichen Querschnitt derselben oder einer benachbarten Muskelmasse anzulegen. Alsdann mufste ich bei der Zusammenziehung der Muskelmassen in einem zwischen beiden Wunden angebrachten Leiter die Wirkung der negativen Schwankung in solchem Mafse erhalten, wie die Nebenschliefsung durch die Lederhaut und die \u00fcbrigen angrenzenden Gebilde es nur irgend gestattete. (Vergl. oben S. 303 ff.)\nIch setzte diesen Versuchsplan in\u2019s Werk, indem ich an einem und demselben Arm ein Blasenpflaster an der R\u00fcckenfl\u00e4che des Unterarmes \u00fcber dem Bauch des Supinator longus, Extensor carpi radialis longus und brevis, und ein zweites an der R\u00fcckenfl\u00e4che des Oberarmes, oberhalb des Olekranon \u00fcber dem von diesem Fortsatz emporsteigenden Sehnenspiegel des Triceps brachii anbrachte, unter dem der untere nat\u00fcrliche Querschnitt dieses Muskels liegt. Der Erfolg war indefs nichtig. Es gelang mir nicht durch pl\u00f6tzliches Anspannen meiner Armmuskeln den strompr\u00fcfenden Schenkel zum Zucken zu bringen, weder als der Fufs die eine, der Nerv die andere Wunde ber\u00fchrte, noch als ein in der L\u00e4ngsmittelcbene des Beckens geh\u00e4lftetes \u00e4chtes GALVAm\u2019sches Pr\u00e4parat (S. oben Bd. I. S. 467) die beiden Wunden mit seinen F\u00fcfsen ber\u00fchrte; noch endlich als ich von den Wunden aus mit ges\u00e4ttigter Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkte und mit Eiweifsh\u00e4utchen bekleidete B\u00e4usche einander so nahe brachte, dafs ich den Zwischenraum zwischen denselben mit dem Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels \u00fcberbr\u00fccken konnte. Leider habe ich damals vers\u00e4umt, auch noch den Kunstgriff anzuwenden, den wir oben S. 307 gebraucht haben, um leichter Zuckung zu erlangen f\u00fcr den Fall, dafs der Strom bei der Zusammenziehung, wie es den Anschein hat, ein mehr stetiger sein sollte.\nEbensowenig wie bei der Zusammenziehung fand \u00fcbrigens Zuckung statt, wenn bei ruhenden Muskeln die Kette in den obigen F\u00e4llen rasch geschlossen und ge\u00f6ffnet wurde. Dies erkl\u00e4rt sich aus der Schw\u00e4chung des Muskelstromes durch die parelektronomische Schicht und die Nebenschliefsung durch die Lederhaut.\nM\u00f6glicherweise war es ein Fehler, den ich bei diesen Versuchen beging, dafs die Wunden \u00fcber L\u00e4ngs- und Querschnitt zweier verschiedenen Muskelgruppen angelegt waren. Unter der Voraussetzung, dafs die Wechsel von An- und Abspannung, aus denen sich der Tetanus zull. a.\t24","page":369},{"file":"p0370.txt","language":"de","ocr_de":"370 *?\u2022 Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7. IV. S(xi). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus\nsaramensetzt, in allen Muskeln eines Gliedmafses zusammenfallen, w\u00fcrde gegen jenes Verfahren allerdings nichts einzuwenden sein. Diese Voraussetzung schien hier um so mehr gerechtfertigt, als die s\u00e4mmtlichen vier Muskeln von einem und demselben Nerven (dem N. radialis) versorgt werden. Nichtsdestoweniger ist oben S. 306 gezeigt worden, dafs beim willk\u00fcrlichen Tetanus am lebenden K\u00f6rper auf jene Annahme nicht mehr zu fufsen ist, und es mufs somit fraglich bleiben, ob nicht in diesem Umstande ein Grund zum Mifslingen meiner Bestrebungen gelegen habe.\nUebrigens ist auch noch nicht ausgemacht, dafs der Strom in dem zwischen den beiden letztbezeichneten Hautstellen angebrachten Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels den zwischen den Handgelenkwunden wirklich sehr an St\u00e4rke \u00fcbertraf. Was diesen anlangt, so ist nach dem Ergebnifs des jetzt am Multiplicator mit H\u00fclfe der Handgelenkgef\u00e4fse gelungenen Versuches, und mit Hinblick auf die oben S. 305 gegebene Auseinandersetzung, nunmehr wohl deutlich, dafs auch er nicht die hinreichende absolute St\u00e4rke besafs, um Zuckung zu bewirken, so wenig wie der durch Zusammenziehung bewirkte Strom bei irgend einer der von uns versuchten Anordnungen.1\nAuf die absolute St\u00e4rke dieses Stromes kam es uns hier \u00fcbrigens im Wesentlichen gar nicht an. Es kam uns an darauf, durch die Beobachtung die voraussichtliche Verst\u00e4rkung des Stromes durch Entfernung der Oberhaut zu best\u00e4tigen, und dies ist uns auf das Vollst\u00e4ndigste gelungen (Vergl. oben S. 304). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus hat also auch diese Probe \u00fcberstanden, und der hypothetischen Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Eigenschaften der Haut, wodurch Einige diesen Strom erkl\u00e4ren m\u00f6chten, wird somit, erw\u00e4hntermafsen (S. oben S. 363), die neue Bedingung vorgeschrieben, eine solche zu sein, welche nicht oder nicht blos an der Oberfl\u00e4che der Haut, sondern auch unter ihr in dem Papillark\u00f6rper ihren Sitz habe.\nAuch diese Bedingung l\u00e4fst sich noch ertragen. Sie schliefst noch keine Unm\u00f6glichkeit, noch keinen Widerspruch in sich ein. Etwas anderes ist es mit den beiden Punkten, die ich nun noch darzulegen habe.\nDer erste Punkt ist der, dafs die Ver\u00e4nderung der Haut, von der\n1 Ich darf die Beschreibung meiner Versuche an Blasenpflasterwunden nicht verlassen, ohne zu erw\u00e4hnen, dafs ich mehrmals vergeblich versucht habe, v. Humboldt's merkw\u00fcrdige Beobachtung \u00fcber die durch Galvanisiren der Wunden bewirkte b\u00f6sartige Umwandlung ihrer Feuchtigkeit zu erneuern. Man sehe an den oben S. 368 angegebenen Stellen. Sollte diese Beobachtung vielleicht darin ihre Erkl\u00e4rung Anden, dafs die Lymphe der Blasenpflasterwunden Cantharidin enth\u00e4lt? Sie riecht wenigstens nach Canlhariden (vergl. Marc.deron, M\u00e9decine e'claire\u2019e par les Sciences exactes, t. IV. No. 3 ; \u2014 Hufeland und Goettling, Aufkl\u00e4rungen der Arzneiwissenschaft u. s. w. Bd. I. 1793. S. 59. GO*).","page":370},{"file":"p0371.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Haut. 371\ndie Rede ist, durch nichts anderes vermittelt sein k\u00f6nnte, als durch die Nerven. Dies geht mit Bestimmtheit hervor aus dem Erfolg des Versuches mit dein Tourniquet in seinen verschiedenen Gestalten (S. oben S. 360 ff.). Ich frage nun erstlich, welche Ver\u00e4nderung die Nerven in der Haut, den Papillark\u00f6rper mit eingerechnet, im Nu hervorbringen sollen, wodurch die Haut negativer w\u00fcrde im Verh\u00e4ltnifs der mechanischen Leistung der Muskeln, die gleichzeitig angespannt werden. Ich frage f\u00fcr\u2019s zweite ob es irgend denkbar ist, dafs eine solche Ver\u00e4nderung in der Haut des Fufses durch die Nerven vermittelt werde, in Folge der Anstrengung allein der Gruppe der Unterschenkelstrecker, mit der der N. ischiadicus gar nichts zu schaffen hat, dessen Zweige grofsentheils die Haut des Fufses versehen, w\u00e4hrend Aeste der N. cruralis sich in jenen Muskeln verbreiten (S. oben S. 290). Wenn mich nicht Alles t\u00e4uscht, sind durch diese Fragen die Vertheidiger der hypothetischen Ver\u00e4nderung, die Gegner meiner Lehre, ad absurdum gef\u00fchrt.\nAber nicht genug. Bei der oben S. 291 beschriebenen Form des Versuches, bei der der Strom vom Zeigefinger und Elbogen desselben Armes abgeleitet wird und s\u00e4mmtliche Muskeln des Armes angespannt werden, m\u00fcfste ohne Zweifel auch die Haut des Eibogens die hypothetische Ver\u00e4nderung erleiden. Denn wenn man den Versuch mit beiden Elbogen in beiden Handgef\u00e4fsen oder mit dem einen Elbogen in dem einen Handgef\u00e4fs einerseits, andererseits dem Brustgef\u00e4fs macht, wobei auch s\u00e4mmtliche Muskeln des Armes angespannt werden, entsteht in dem Oberarm des angespannten Armes ein aufsteigender Strom, d. h. der Elbogen dieses Armes ist negativer geworden (S. oben S. 290). In dem eben erw\u00e4hnten Versuch, wo sich nur der Unterarm im Kreise befindet, ist der Strom bei der Zusammenziehung stets ansteigend; es findet stets eine Verst\u00e4rkung des auch bei ruhenden Muskeln herrschenden starken Stromes von der Hand im Arm zum Elbogen statt. Will man also die in Rede stehende Hypothese durchf\u00fchren, so sieht man sich gezwungen, zu dem Heer von Annahmen, welche man schon hat machen m\u00fcssen, auch noch die hinzuzuf\u00fcgen, dafs die Hautstellcn durch die Ver\u00e4nderung, welche den Tetanus begleiten soll, umsomehr negativer werden, je mehr sie es schon sind im Verh\u00e4ltnifs zu einander. Die Haut des Fingers, die bereits stark negativ ist gegen die des El-bogens, w\u00fcrde in Folge der Zusammenziehung mehr als der Elbogen an Negativit\u00e4t zunehmen, und daher der aufsteigende Strom. Anders kommt man nicht durch. Denn denkt man sich, dafs die verschiedenen Stellen des Armes alle in gleichem Mafse jene Ver\u00e4nderung erfahren, so kommt kein Strom zu Stande; und denkt man sich, dafs je positiver eine Hautstelle ist, um so st\u00e4rker negativ Werde sie durch die Zusammen-\n24\u00b0","page":371},{"file":"p0372.txt","language":"de","ocr_de":"372 3. Absch. Kap, V/1I. \u00a7. IV. 8 (xi). Der Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus\nziehung, so erh\u00e4lt man einen absteigenden Strom statt des aufsteigenden, dessen man bedarf.\nAlso im geraden Verh\u00e4ltnifs zu ihrer Negativit\u00e4t sollen die verschiedenen Hautstellen negativer werden in Folge des willk\u00fcrlichen Tetanus benachbarter Muskeln. Dieser Satz l\u00e4fst eine unmittelbare experimentelle Pr\u00fcfung zu. Aufser Elbogen und Finger giebt es noch andere Hautstellen, zwischen denen ein starker best\u00e4ndiger Strom erhalten werden kann. Wenn man in der Umgebung dieser Hautstellen die Zusaramenziehung von Muskeln vorn\u00e4hme, so m\u00fcfste das Ergebnifs stets Verst\u00e4rkung dieses Stromes sein.\nWenn z. B. der Strom zwischen Hand und Fufs aufsteigend ist im Bein (S. oben S. 236), folglich sich die Hand positiv verh\u00e4lt gegen den Fufs, und man spannt Arm und Bein zugleich an, so m\u00fcfste, nach der obigen Schlufsfolgerung, der Fufs mehr an Negativit\u00e4t zunehmen als die Hand, d. h. es m\u00fcfste ein Ausschlag im Sinne des schon herrschenden aufsteigenden Stromes geschehen. W\u00e4re hingegen der Strom urspr\u00fcnglich absteigend, so m\u00fcfste das Umgekehrte der Fall sein, der Ausschlag bei der Zusammenziehung m\u00fcfste alsdann stets absteigend sein. Es m\u00fcfste also die Richtung dieses Ausschlages statt durch ein best\u00e4ndiges Uehergewicht des Armes entweder oder des Beines bestimmt und somit selber best\u00e4ndig, vielmehr abh\u00e4ngig sein von der unbest\u00e4ndigen Richtung des Stromes zwischen Hand und Fufs, und zwar stets damit zusammenfallend.\nBeim Anstellen des Versuches fand ich es ausnehmend schwer, ja kaum thunlich, Arm und Bein in ihrer ganzen Ausdehnung gleichzeitig mit gleicher Kraft anzuspannen. Demgem\u00e4fs ging die Nadel aus der Ruhelage, in der sie durch den gerade herrschenden Strom gehalten wurde, gleichviel ob dieser auf- oder absteigend war, bald vor- bald r\u00fcckw\u00e4rts, bis zuletzt der Arm oder das Bein den Sieg davontrug, und sie im Sinne des st\u00e4rker wirksamen Gliedes entschieden abgelenkt wurde. Auf keinen Fall hatte die Richtung, in der dies schliefslich geschah, irgend etwas zu schaffen mit der Richtung des herrschenden Stromes zwischen Hand und Fufs. Wenn eine vorwiegende Richtung jener Ablenkung unterschieden werden konnte, so war vielmehr das zu bemerken, dafs der Arm, unstreitig wegen seiner gr\u00f6fseren Uebung, meistens zuletzt das Uehergewicht erhielt.\nEs gab noch eine andere Gelegenheit diesen Versuch auszuf\u00fchren, bei der die Schwierigkeit fortf\u00e4llt, die hei der beschriebenen Gestalt desselben aus der ungleichen Beherrschung von Arm und Bein wenigstens bei mir erw\u00e4chst. Durch die beiden H\u00e4nde selber n\u00e4mlich wird diese Gelegenheit geboten, deren R\u00fccken, wie man sich erinnert, sich stark positiv verh\u00e4lt gegen ihre Sohle.","page":372},{"file":"p0373.txt","language":"de","ocr_de":"beruht nicht auf Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Kr\u00e4fte der Baut. 373\nIch brauche nicht zu sagen, was sich von selbst versteht, dafs man den Strom beim willk\u00fcrlichen Tetanus der beiden Arme ebensogut bei Ableitung des Stromes vom R\u00fccken allein, als bei Ableitung von der Handsohle allein wahrnehmen kann. Ich habe diesen Versuch angestellt, theils indem ich den Spiegel der Zuleitungsfl\u00fcssigkeiten nur mit den genannten Hautstellen ber\u00fchrte, theils auch indem ich eine oder beide Handsohlen mit Kleb\u00e4ther \u00fcberzog. Der Strom bei der Zusammenziehung erscheint in der richtigen Richtung, trotz der so sehr verschiedenen elektromotorischen Eigenschaften der beiden Hautstellen, gerade wie er dies von einer Wundfl\u00e4che aus thut. Er erscheint schw\u00e4cher namentlich vom Handr\u00fccken aus, einmal wegen vergr\u00f6fserten Widerstandes, f\u00fcr\u2019s zweite wegen der Unbequemlichkeit, die der Versuch unter allen Umst\u00e4nden mit sich bringt, gleichviel wie man es bewirke, dafs die Ableitung nur von R\u00fccken oder nur von Sohle geschieht, ob durch Bestreichen der auszuschliefsenden Fl\u00e4che mit Kleb\u00e4ther oder durch die besondere Haltung der H\u00e4nde in den Zuleitungsgef\u00e4fsen.\nWie dem auch sei, es ist nach der obigen Schlufsfolgc klar, dafs wenn man die Zuleitungsfl\u00fcssigkeit einerseits mit dem Handr\u00fccken, andererseits mit der Handsoble ber\u00fchrt, so dafs man einen best\u00e4ndigen Strom im K\u00f6rper von Ilandsohle zu Handr\u00fccken hat, und man spannt die Muskeln beider Arme an, so m\u00fcfste stets ein Ausschlag in dem Sinne des herrschenden Stromes erfolgen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Ausschlag ist vielmehr bald nach der einen, bald nach der anderen Seite gerichtet, gerade als ob man den Versuch in seiner gew\u00f6hnlichen Gestalt anstellte (S. oben S. 286. 288).\n(xii) Schlufsbemerkungen \u00fcber die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus.\nIch glaube, dafs nach diesen Versuchen und Betrachtungen jeder Unbefangene mir Recht geben wird, wenn ich hier aufh\u00f6re, Gr\u00fcnde gegen die Ansicht zu h\u00e4ufen, wonach die Str\u00f6me bei der Zusammeu-ziehung auf einer Ver\u00e4nderung der elektromotorischen Beschaffenheit der Haut beruhen sollen.\nIch habe gezeigt, dafs diese Ansicht jedes Grundes entbehrt, dafs sie Unm\u00f6glichkeiten in sich schliefst und auf Widerspr\u00fcche f\u00fchrt. Ihr gegen\u00fcber steht eine Erkl\u00e4rung des Thatbestandes, so einfach, so nat\u00fcrlich, so nach allen Seiten befriedigend, dafs es wirklich nicht zu begreifen sein w\u00fcrde, wie man nach einer anderen hat suchen k\u00f6nnen, wenn nicht zum Verst\u00e4ndnifs dieser Erkl\u00e4rung einige Vertrautheit mit dem Gang und den Ergebnissen dieser Untersuchungen geh\u00f6rte.\nMir, der ich ganz nat\u00fcrlich im Besitz dieser Kenntnisse war, wie","page":373},{"file":"p0374.txt","language":"de","ocr_de":"374\t3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7'. IV. 8(xn). Schlufsbemerlcungen\ndenjenigen deutschen Forschern, die sie sich nach mir angeeignet haben, ist diese Ansicht stets als die richtige erschienen. Vollends ist dies nun der Fall, wo sie Stich gehalten hat vor Proben der verschiedensten Art, wo jede andere Deutung von ihr aus dem Felde geschlagen ist. Wird jetzt auch die Gegenpartei sich befriedigt erkl\u00e4ren? Wird man aufh\u00f6ren, hypothetische Ursachen bei den Haaren herbeizuziehen, wo ausreichende Gr\u00fcnde bereits wirklich vorhanden sind? Ich weifs es nicht. Welches aber auch der Erfolg sei, ich f\u00fchle um so mehr das Recht, ehe ich die Waffen wieder aufnehme, hier erst erneute wohlbegr\u00fcndete Angriffe abzuwarten, als ich selber, wie hier beil\u00e4ufig gesagt sein mag, dieser ganzen Angelegenheit niemals eine solche Wichtigkeit beigelcgt habe, wie ein grofser Theil der wissenschaftlichen Welt es gethan hat. Ich habe in dem in Rede stehenden Versuch nie etwas anderes gesehen, und sehe auch zur Stunde darin noch nichts anderes, als einen immerhin pikanten Folgesatz des Grundversuches, den ich bereits sechs Jahre fr\u00fcher in meinem vorl\u00e4ufigen Abrifs beschrieb, der negativen Schwankung n\u00e4mlich des Stromes eines auf elektrischem Wege tetanisirten Froschmuskels. W\u00e4re der Versuch am Frosch geh\u00f6rig bekannt, verstanden und gew\u00fcrdigt worden, der am Menschen h\u00e4tte schwerlich das Aufsehen, aber auch schwerlich den Widerspruch erweckt, wie es jetzt der Fall gewesen ist. Von meinem Standpunkt aus hat der so viel besprochene Versuch vor jenem unbeachtet gebliebenen eben so wenig voraus, als, nach Joh. M\u00fcller\u2019s treffender Bemerkung, Ure\u2019s galvanische Versuche an Hingerichteten vor dem gew\u00f6hnlichsten Froschschenkelversuch.1 Sein wissenschaftlicher Werth ist daher in meinen Augen verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig sehr gering. Er beweist nur die Wirklichkeit von etwas, was sich ohnehin von selbst versteht. Die Art, wie der Strom darin zu Stande kommt, ist viel zu verwickelt, als dafs er als Grundversuch dieser Klasse von Erscheinungen gelten, oder zur weiteren Fortbildung unserer Kenntnifs derselben dienen k\u00f6nnte. Dafs die Zusammenziehung darin willk\u00fcrlich geschieht, kann nur denen ein Vorzug scheinen, die, mit der Physik der Nerven minder vertraut, nicht bedenken, dafs ein willk\u00fcrlich oder auf irgend eine andere Art tetanisirter Nerv sich in einem beliebigen Punkte unterhalb der Stelle, wo die Erregung geschah, in nichts von einander unterscheiden.\nFolgendes ist also nunmehr die Vorstellungsweise, bei der wir hinsichtlich der Str\u00f6me durch willk\u00fcrlichen Tetanus der menschlichen Gliedmafsen stehen bleiben. Es sind zwei verschiedene F\u00e4lle zu zer-\nHandbuch der Physiologie u. s. w. Bd. I. 3. Auflage. 1838. S. 642.*","page":374},{"file":"p0375.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus.\n375\ngliedern, der in welchem die Ableitung der Str\u00f6me von asymmetrischen und der in welchem sie von symmetrischen Hautstellen geschieht.\nIm ersten Falle ist fast stets ein starker Hautstrom vorhanden und widersetzt sich der Wahrnehmung des Stromes der ruhenden Muskeln in Gemeinschaft mit dem Widerstande der Oberhaut, der Nebcn-schliefsung durch die Lederhaut, endlich der Schw\u00e4chung der elektromotorischen Kraft durch die parelcktronomische Schicht. In dem oben beschriebenen Versuch, in welchem ich mit dem Nerven des strompr\u00fcfenden Schenkels den Kreis zweier, \u00fcber L\u00e4ngs- und Querschnitt benachbarter Muskelgruppen angelegten Wunden schliefsen und \u00f6ffnen konnte, ohne dafs Zuckung erfolgte, waren die beiden ersten Hindernisse f\u00fcr die Wahrnehmung des Stromes der ruhenden Muskeln zwar beseitigt, aber die beiden letzten reichten noch hin, um sie zu vereiteln. Beim willk\u00fcrlichen Tetanus werden die Muskelmassen, wegen der parelektro-nomischen Schicht, im negativen Sinne st\u00e4rker wirksam als sie w\u00e4hrend der Ruhe positiv wirksam waren. Diese im Augenblick der Zusammenziehung zeitweise auftretende Wirkung ist es \u00fcberdies leicht von den w\u00e4hrenddem best\u00e4ndig bleibenden Hautstr\u00f6men zu unterscheiden, und so kommen also die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus zwischen asymmetrischen Hautstellen zu Stande. Sie sind aufsteigend von Hand und Fufs zum Rumpf, aufsteigend in Oberarm, Unterarm, Oberschenkel und Unterschenkel. Es ist daraus zu schliefsen, dafs bei ruhenden Muskeln der Strom in allen diesen Gliedern und Gliederabtheilungen die umgekehrte Richtung hat, d. h. absteigend ist.\nWas den Fall betrifft, wo die Ableitung der Str\u00f6me von symmetrischen K\u00f6rperstellen geschieht, so fallen dabei die starken Hautstr\u00f6me fort, die bei der vorigen Klasse von Anordnungen ein wesentliches Hin-dernifs abgaben f\u00fcr die Wahrnehmung des Stromes der ruhenden Muskeln. Allein damit ist begreiflich nichts gewonnen f\u00fcr diese Wahrnehmung, weil nun die Muskelstr\u00f6me auf beiden Seiten sich das Gleichgewicht halten. Beim willk\u00fcrlichen Tetanus der Muskeln auf der einen Seite kehrt sich der Strom auf dieser Seite, wie vorhin gesagt wurde, um, und wird st\u00e4rker in negativer Richtung, als er in positiver war. Anstatt also ferner dem Strom der anderen Seite das Gleichgewicht zu halten, f\u00fcgt er sich ihm hinzu, und es entsteht ein Ausschlag im Sinne des Stromes der nicht tetanisirten Muskeln. So verwickelt ist die Entstehungsweise dieses Ausschlages. Weder r\u00fchrt er allein her von einer Abnahme des Stromes des tetanisirten Gliedmafses, wie Pouillet sich dachte (S. oben S. 337); noch entsteht erst im Augenblick der Zu-sammenzichung ein Strom in diesem Gliedmafs, wie ich selber es wohl darzustellen pflegte, so lange es sich eben nur darum handelte, den","page":375},{"file":"p0376.txt","language":"de","ocr_de":"376\t5. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. IV. 8 (xu). Schlafsbemerkuncjen\nnackten Thatbestand des Versuches zu veranschaulichen1; sondern diese beiden Vorg\u00e4nge finden gleichzeitig statt, indem ein in den ruhenden Muskeln vorhandener Strom sich beim Tetanus umkehrt, und in umgekehrter Richtung zu gr\u00f6fserer St\u00e4rke anw\u00e4chst als ihm w\u00e4hrend der Ruhe im urspr\u00fcnglichen Sinne zukam.\nOben S. 260 ist \u00fcber den Eigenstrom zwischen symmetrischen Hautstellen unter anderen die Vermuthung ge\u00e4ufsert worden, er m\u00f6ge der Ausdruck sein einer ungleichen Ausbildung der parelektronomischen Schicht an den Muskeln der beiden Seiten. In Bezug auf diese Vermuthung ist jetzt noch zu bemerken, dafs ihre Zul\u00e4ssigkeit davon abh\u00e4ngt, ob sich im Laufe fortgesetzter Versuche mit Entschiedenheit eine stets gleiche Richtung des Eigenstromes zwischen beliebigen Fingern beider H\u00e4nde und zwischen beiden H\u00e4nden herausstellt (S. oben S. 205). Denn der Strom bei der Zusammenziehung beh\u00e4lt zwischen beliebigen Fingern und den H\u00e4nden stets einerlei Richtung. Es ist aber gleichg\u00fcltig ob ein Arm \u00fcber den anderen in Folge der negativen Schwankung, oder in Folge einer h\u00f6heren Ausbildung der parelektronomischen Schicht an den Muskeln dieses letzteren, den Sieg davontrage. Es kann daher wohl der durch verschiedene Ausbildung der parelektronomischen Schicht bedingte Unterschied der Str\u00f6me der ruhenden Muskeln beider Arme sein Zeichen wechseln, d. h. bald der eine Arm, bald der andere das Uebergewicht haben, aber in der Richtung, in der dieser Unterschied einmal erscheint, mufs er sich auch zwischen beliebigen Fingern der beiden H\u00e4nde und diesen selber zeigen. Sollte sich diese Ansicht von dem Wesen und der Ursache des Eigenstromes bei fortgesetzten Forschungen wirklich best\u00e4tigen, so sieht man endlich, dafs derselbe ganz \u00dcbereinkommen w\u00fcrde mit dem Strome, den wir beim Eintauchen der beiden F\u00fcfse eines rittlings angebrachten GALvANi\u2019schen Pr\u00e4parates in die beiden Zuleitungsgef\u00e4fse des Multiplicators am Anfang dieser Untersuchungen erhielten (S. oben Bd. I. S. 469) und erst viel sp\u00e4ter (S. oben S. 170) mit H\u00fclfe unserer Kenntnifs der parelektronomischen Schicht zu erkl\u00e4ren vermochten.\n1 Monatsberichte der Berliner Akademie. October 1848. S. 362; \u2014 Comptes rendus etc. 21 Mai 1849. t. XXVIII. p. 641. * (V\u00e9rgl. oben S. 337 Anm.).","page":376},{"file":"p0377.txt","language":"de","ocr_de":"\u00fcber die Str\u00f6me beim willk\u00fcrlichen Tetanus.\n377\n\u00a7\u2022 v.\nVon den secund\u00e4r-elektromotorischen Wirkungen der Muskeln und Nerven.\n1. Einleitung.\nDie elektromotorischen Erscheinungen der Nerven und Muskeln, um die es sich bisher handelte, lassen sich, wenn wir uns rein an das Thats\u00e4chliche halten, in zwei grofse Klassen eintheilen.\nDie eine Klasse umfafst diejenigen Erscheinungen, die ohne irgend einen \u00e4ufseren Einflufs, durch eine den Geweben innewohnende Th\u00e4tig-keit, hervorgebracht werden. Hierher geh\u00f6ren der Strom des ruhenden Muskels und Nerven, nebst den Ver\u00e4nderungen, welche beide Str\u00f6me theils beim Tetanisiren, theils in Folge allerhand verderblicher Einfl\u00fcsse erleiden, gleichviel ob diese Ver\u00e4nderungen nur so lange anhalten, als der Einflufs, der sie hervorrief, oder ob sie denselben mehr oder weniger \u00fcberdauern. Denn die Ver\u00e4nderungen der elektromotorischen Th\u00e4-tigkeit sind in diesen F\u00e4llen nicht unmittelbare Wirkungen der \u00e4ufseren Einfl\u00fcsse, sondern diese treffen die Gewebe \u00fcberhaupt, ver\u00e4ndern deren Zustand und mit ihm die elektromotorische Th\u00e4tigkeit, daher denn auch Einfl\u00fcsse der verschiedensten Art letztere in gleicher Weise bedingen, wofern sie auf die Gewebe einerlei Wirkung aus\u00fcben, z. B. die mannigfaltigen Reize, wodurch wir Tetanus und gleichzeitig negative Schwankung des Muskel- und Nervenstromes erzeugt haben.\nDie andere Klasse elektromotorischer Erscheinungen wird gebildet durch den von uns sogenannten elektrotonischen Zustand der Nerven, der sein Entsprechendes hei den Muskeln noch nicht gefunden hat. Unter dem Einflufs eines elektrischen Stromes wirken w\u00e4hrend der Dauer desselben die Nerven in bestimmter Art elektromotorisch. Der fremde elektrische Strom erscheint als die unmittelbare Ursache des im Nerven auftretenden elektrischen Vorganges und kann in seiner Wirksamkeit durch kein anderes Agens ersetzt werden.\nJetzt wartet unser noch eine dritte Klasse elektromotorischer Ph\u00e4nomene der Nerven und Muskeln. Sie gleicht der vorigen darin, dafs ein fremder elektrischer Strom zun\u00e4chst als unmittelbare Ursache der an den beiden Geweben wahrnehmbaren elektromotorischen Leistungen erscheint. Sie unterscheidet sich aber von derselben darin, dafs diesmal die elektrische Th\u00e4tigkeit der Nerven und Muskeln erst bemerkbar wird, nachdem der fremde Strom vor\u00fcber ist, und dafs sie ihren Sitz zun\u00e4chst ausschliefslich in der unmittelbar betroffenen Strecke hat. Es","page":377},{"file":"p0378.txt","language":"de","ocr_de":"378\t3. Ab sehn. Kap. VIII. \u00a7. V. 1. Einleitung zur Lehre von den\nwird sich uns, im Lauf der Untersuchung, allerdings die Frage aufdr\u00e4ngen, ob nicht diese Erscheinungen mit denen des elektrotonischen Zustandes wesentlich einerlei seien, wie auch schon die in diesem Zustand sich \u00e4ufsernden, beim ersten Blick scheinbar neuen elektromoto rischen Kr\u00e4fte mit h\u00f6chster Wahrscheinlichkeit als einerlei mit denen bezeichnet worden sind, die die Erscheinung des Stromes des ruhenden Nerven bedingen. Einstweilen jedoch wird es rathsam sein, die neuen Erscheinungen, frei von irgend welcher Voraussetzung, so zu untersuchen und zu zergliedern, als ob es sich um eine neue Art Ladung in einer polarisirbaren Reihe von Leitern handelte, eine Klasse von Wirkungen, womit die in Rede stehenden Erscheinungen in der That zun\u00e4chst die auffallendste Aehnlichkeit zeigen.\nDie Grundwahrnehmung, von der ich hier ausging, wurde denn auch hei Gelegenheit der oben Bd. I. S. 376 mitgetheilten Untersuchung der Peltier\u2019sehen Ladung gemacht. Da diese letztere Erscheinung in der n\u00e4chsten Folge eine grofse Rolle spielen wird, so d\u00fcrfte es angemessen sein, das damals dar\u00fcber Ermittelte mit Ber\u00fccksichtigung einiger Umst\u00e4nde, welche mir seitdem bekannt geworden sind, kurz zu wiederholen.\nZuerst n\u00e4mlich hin ich jetzt in Stand gesetzt, Peltier\u2019s eigene Angaben mitzutheilen.1 \u00bbOn doit \u00e0 M. Ritter\u00ab \u2014 sagt er \u2014 \u00bbpuis \u00e0 M. de la Rive, la connaissance de ce fait: qu\u2019un arc m\u00e9tallique formant un circuit hydro-\u00e9lectrique par son immersion dans deux liquides s\u00e9par\u00e9s devient un couple volta\u00efque et produit un courant en sens inverse d\u2019autant plus \u00e9nergique que le m\u00e9tal est plus inalt\u00e9rable. On avait pens\u00e9 d\u2019abord qu\u2019une polarisation mol\u00e9culaire de tout l\u2019arc \u00e9tait la cause de ce contre-courant; mais il a \u00e9t\u00e9 reconnu depuis qu\u2019il n\u2019y avait que les bouts immerg\u00e9s qui jouissaient de cette facult\u00e9, et qu\u2019elle \u00e9tait due \u00e0 une couche d\u2019oxig\u00e8ne au p\u00f4le positif, et une d\u2019hydrog\u00e8ne au p\u00f4le n\u00e9gatif. La m\u00eame cause produit les m\u00eames effets sur la grenouille: la p\u00e2te positive se charge d'oxig\u00e8ne et la n\u00e9gative d\u2019hydrog\u00e8ne. Le contre-courant se d\u00e9montre en plongeant les pates dans deux tasses o\u00f9\naboutit le fil d\u2019un galvanom\u00e8tre tr\u00e8s-sensible.....Plus la pile sera forte,\nplus le temps du courant sera long, plus les p\u00e2tes seront charg\u00e9es .... Ce qui est vrai pour une grenouille enti\u00e8re l\u2019est encore pour un muscle, pour une portion de muscle.... Au-dessus des portions immerg\u00e9es il n\u2019y a aucun effet produit. C\u2019est en vain que l\u2019on interroge toutes les parties non immerg\u00e9es par des fils de pla-\n1 Sie stehen L\u2019Instilut 1834. t. II. No. 84. p. 410.* \u2014 S. auch Notice sur la Vie et les Travaux scientifiques de J. C. A. Peltier etc. Paris 1847. p. 112. 113,*","page":378},{"file":"p0379.txt","language":"de","ocr_de":"secund\u00e4r-elelctromotorischen Wirkungen der Muskeln und Nerven. 379\ntine et un bon galvanom\u00e8tre, on ne trouve aucune de ces agglom\u00e9rations \u00e9lectriques, comme le suppose M. Marianini.\u00ab (Vergl. oben Bd. I. S. 376.)\nF\u00fcr seine Behauptung, dafs das positive Bein sich mit Sauerstoff, das negative mit Wasserstoff \u00fcberziehe, f\u00fchrt Peltier nicht den mindesten Beweis an. Er stellt vielmehr, wie man sieht, auch noch die Meinung auf, das mit den Zcrsetzungsproducten des Wassers oberfl\u00e4chlich bekleidete Muskelfleisch verhalte sich elektromotorisch gleich einer metallischen Zwischenplatte, ohne weder zu zeigen, dafs die Thatsachen zu dieser Ansicht zwingen, noch dieselbe auf anderem Wege annehmbarer zu machen. Auffallend ist, dafs er hiebei des Froschstromes gar nicht gedenkt, mit dem doch der von den Giiedmafsen ausgehende se-cund\u00e4re Strom sich algebraisch summirt. Becquerel und Matteucci (S. oben Bd. I. S. 377) haben zu Peltier\u2019s Angaben nichts hinzugef\u00fcgt, nur dafs der letztere erw\u00e4hnt, man k\u00f6nne die elektromotorische Gegenkraft auch mittelst des strompr\u00fcfenden Schenkels darthun, und aus mehreren hintereinander durchstr\u00f6mten Froschgliedmafsen eine se-cund\u00e4re S\u00e4ule zusammensetzen.1\nNachdem wir oben a. a. 0. das Dasein einer solchen rasch verg\u00e4nglichen, von Stromst\u00e4rke und -Dauer innerhalb gewisser Grenzen abh\u00e4ngigen Gegenkraft an durchstr\u00f6mten Froschgliedmafsen festgestellt hatten, gelang es uns auch alsbald, an der Eintrittsstelle des Stromes in das Pr\u00e4parat den elektropositiven, an seiner Austrittsstelle den elektro-negativen Bestandtheil des zuleitenden Elektrolyten nachzuweisen. Die thierischen Gewebe scheinen sich also in der That, wie sich Peltier dachte, gleich einer metallischen Zwischenplatte dem Wandern der Ionen zu widersetzen und somit sie zur Ausscheidung zu veranlassen. Es Jag uns demnach sehr nahe uns eine der urspr\u00fcnglichen Peltier\u2019sehen \u00e4hnliche Vorstellung von dem Wesen des von ihm entdeckten Ladungsvorganges zu bilden, denn die Vermuthung, auf die er diese Vorstellung gr\u00fcndete, war f\u00fcr uns eine Thatsache. Der Versuch indefs, den Peltier anstelltc um die Richtigkeit seiner Vorstellung zu pr\u00fcfen, und dessen Ergebnifs ihn darin best\u00e4rkte, gab in unseren H\u00e4nden einen ganz anderen Erfolg. Dieser Versuch bestand darin, nach dem Durchgang des Stromes die Multiplicatorenden auch solchen Theilen des Pr\u00e4parates anzulegen, die gar nicht mit der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit in Ber\u00fchrung gewesen waren. Peltier erhielt dabei keine Spur von Wirkung, wie aus den gesperrten Worten in seiner oben angef\u00fchrten Mitthei-\n1 Biblioth\u00e8que universelle etc. Nouvelle Serie. D\u00e9cembre 1838. t. XVIII. p. 360*; \u2014\u25a0 Essai etc. p. 14. *","page":379},{"file":"p0380.txt","language":"de","ocr_de":"380\t3. Abschn. Kay. Fill. \u00a7. V. 1. Einleitung zur Lehre von den\nlung erhellt, und schlofs daraus folgerichtig, dafs der Sitz der elektromotorischen Kraft nur an der Grenze der durchstr\u00f6mten Theile und der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit sei. Er t\u00e4uschte sich aber, was den Thatbestand anlangt; denn in Wirklichkeit verh\u00e4lt sich, wie wir fanden, jeder einzelne Theil des Pr\u00e4parates in derselben Richtung elektromotorisch wirksam wie das Ganze.\nSo wurden wir zur Annahme gef\u00fchrt, dafs die durchstr\u00f6mten Froschmuskeln in derselben Art Ladungen annehmen, wie dies der Fall sein m\u00fcfste mit Platinschwamm oder mit einem St\u00fcck Kohle, die mit einem Elektrolyten getr\u00e4nkt w\u00e4re. Ein solches Av\u00fcrde nach allen Richtungen eine dichtgedr\u00e4ngte Reihe unz\u00e4hliger, nach Art der Metalle po-larisirbarer Zwischenplatten darbieten. Es m\u00fcfste also, nach dem Durchgang eines Stromes, auf allen Punkten eine dem daselbst herrschenden Strom entgegengesetzte und seiner Dichte entsprechende elektromotorische Kraft entfalten. Gleichviel wo die Multiplicatorenden angelegt w\u00fcrden, mit Ausschlufs solcher Punkte der Oberfl\u00e4che die auf isoelektrischen Curven gelegen waren, w\u00fcrde man einen Strom in umgekehrter Richtung von dem urspr\u00fcnglichen erhalten. Der Strom m\u00fcfste, hei gleichem Widerstande des Kreises, um so st\u00e4rker sein, je l\u00e4nger die Strecke des Kohlenst\u00fcckes w\u00e4re, die man dergestalt mit den Multiplicatorenden umfafste.\nNach den hier vorgezeichneten Gesetzen schienen die Muskeln po-larisirbar zu sein. Anstatt um die Erzeugung einer G\u00dfovE\u2019schen Gasbatterie oder einer Kette aus mehreren fl\u00fcssigen Leitern durch den Strom, wie sie Peltier muthmafste, w\u00fcrde es sich demnach hier vielmehr handeln um eine den Muskeln zustehende besondere Eigenschaft den elektrischen Str\u00f6men gegen\u00fcber, die man die innere Polarisir-barkeit nennen kann.\nPeltier betrachtete, ohne irgend einen Beweis daf\u00fcr heizubringen, die von ihm entdeckte Erscheinung als den Muskeln lediglich verm\u00f6ge ihres Aggregatzustandes, und ganz unabh\u00e4ngig von ihren Lebenseigenschaften zukommend. Es war jedoch, wie man sieht, die M\u00f6glichkeit sehr wohl vorhanden, dafs dies besondere Verhalten der Muskeln in Beziehung stehe zu ihren sonstigen elektromotorischen Eigenschaften. Indessen glaubten wir durch den Versuch zu finden, dafs auch gesottene Muskeln noch ebenso wie die zuckungsf\u00e4higen innerlich polarisirbar seien,1 und es schien also in der That, als ob die innere Polarisirbar-keit nichts mit dem Lebenszustande zu schaffen habe.\n1 Die Folge wird lehren, dafs unsere Vorstellungen \u00fcber diesen Punkt einer wesentlichen Berichtigung bed\u00fcrfen. S. unten, 6.","page":380},{"file":"p0381.txt","language":"de","ocr_de":"secundnr-eleklromotorischen Wirkungen der Muskeln und Nerven. 381\nEs entstand somit die Vermuthung, dafs noch andere por\u00f6se und mit Fl\u00fcssigkeiten getr\u00e4nkte K\u00f6rper derselben Erscheinung f\u00e4hig seien. Es wurden in dieser Hinsicht gepr\u00fcft Froschhaut, thierische Blase, elastisches Gewebe, Holz und por\u00f6ser Thon. Blase, Holz und por\u00f6ser Thon waren mit Wasser getr\u00e4nkt. Die Blase und der Thon gaben kein Zeichen von Polarisation. Die Froschhaut und das Holz dagegen zeigten Polarisation, als sie dem Strom ausgesetzt und dann in den Multiplicatorkreis gebracht wurden. Auch das elastische Gewebe gab eine secund\u00e4r-elektromotorische Wirkung, allein merkw\u00fcrdigerweise in umgekehrter Richtung von den Muskeln, dem Holz und der Froschhaut, d. h. dem urspr\u00fcnglichen Strom gleichgerichtet.\nDiese Wirkungen nahmen wir ohne Weiteres f\u00fcr einerlei mit den an den Muskeln beobachteten, d. h. f\u00fcr gleichfalls auf innerer Polarisation beruhend. Wir hatten jedoch nicht gezeigt, dafs dieselben auch beobachtet werden k\u00f6nnen, wenn man die Multiplicatorenden an beliebige zwei auf der Bahn des Stroms gelegene Punkte anbringt. Nun ist aber allerdings die M\u00f6glichkeit vorhanden, dafs auch an den Ber\u00fchrungsstellen dieser K\u00f6rper mit der Zuleitungsfl\u00fcssigkeit, wie an denen der Muskeln, eine Ausscheidung von Zersetzungsstolfen stattfinde, (obschon wir beim Holz vergeblich danach suchten); dafs diese Ausscheidung, was wir damals nicht bedachten, elektromotorisch wirke; und dafs diese Wirkung sich bei den Muskeln mit der inneren Polarisation und dem Muskelstrom algebraisch summirt, die secund\u00e4ren Str\u00f6me der \u00fcbrigen por\u00f6sen K\u00f6rper aber allein bedingt habe. Es kann folglich noch gar nicht f\u00fcr bewiesen gelten, dafs jene K\u00f6rper gleich den Muskeln eine innere Polarisirharkeit in der einen oder der anderen Richtung besitzen, und unsere damalige Untersuchung ist daher auch in diesem Punkte als unvollst\u00e4ndig anzusehen.\nSie wird jetzt, was diese und manche andere L\u00fccke betrifft, erg\u00e4nzt werden. Folgendes ist nunmehr die Wahrnehmung, die mich hier zu weiteren Ermittelungen aufforderte. Bei den Versuchen \u00fcber die innere Polarisation der Froschmuskeln ereignete es sich zuweilen, dafs anstatt eines Ausschlages in umgekehrter Richtung des urspr\u00fcnglichen Stromes ein solcher in derselben Richtung erhalten wurde. Dies geschah vorz\u00fcglich, wenn bei verh\u00e4ltnifsm\u00e4fsig grofscr St\u00e4rke des urspr\u00fcnglichen Stromes das Pr\u00e4parat demselben nur kurze Zeit ausgesetzt wurde. Diese gleichgerichtete Wirkung war vor\u00fcbergehend wie die Umgekehrte, von Peltier zuerst gesehene, mit der sie sich \u00fcbrigens, wie mit der den Muskeln eigenen elektromotorischen Wirkung, algebraisch zu summiren schien. Was sie aber, n\u00e4chst der Richtung, in meinen Augen vorz\u00fcglich vor derselben auszeichnete, war der Umstand, dafs","page":381},{"file":"p0382.txt","language":"de","ocr_de":"382\t<?. /tbschn. Kap. VIII. \u00a7. V. 2. (i). Wie den Ihierischen Theilen der\nsie nicht, gleich jener, den Verlust der Lebenseigenschaften zu \u00fcberdauern schien. Durch diesen Umstand erhielt die neue Erscheinung offenbar eine ungemeine Wichtigkeit. Die Vermuthung lag unabweisbar nahe, dafs dieselbe mit den uns bereits bekannten elektromotorischen Erscheinungen der Muskeln auf die eine oder die andere Art Zusammenh\u00e4nge, dafs sie vielleicht nichts sei als eine neue Bewegungserscheinung des Muskelstromes unter dem Einfl\u00fcsse fremder Stromeskr\u00e4fte, wie wir dergleichen ja an den Nerven kennen gelernt haben. Zur n\u00e4heren Untersuchung dieses Verhaltens schreiten wir also jetzt. Doch findet sich, dafs, ehe wir zu dieser Untersuchung selbst gelangen, noch eine lange Reihe vorbereitender Studien durchzumachen ist.\nDie Gesammtheit der elektromotorischen Erscheinungen, welche in dem Folgenden als das Ergebnifs der Durchstr\u00f6mung der Muskeln und Nerven, sowie anderer thierischer und pflanzlicher Theile, ja sogar por\u00f6ser feuchter Leiter nicht organischen Ursprungs, beschrieben werden sollen, mag \u00fcbrigens mit dem Namen der secund\u00e4r-elektromoto-rischcn Erscheinungen umfafst werden.\n2. Beschreibung der Versuchsweisen und Vorrichtungen.\n(i) Von der Art, bei diesen Versuchen den erregenden Strom den thie-rischen Theilen zu- und den erregten davon abzuleiten.\nDie \u00e4lteren, so eben in Erinnerung gebrachten Ergebnisse wurden gewonnen, indem die Gliedmafscn zuerst wie gew\u00f6hnlich am Multipli-cator f\u00fcr den Muskelstrom gepr\u00fcft, dann von den Zuleitungsgef\u00e4fsen des Multiplicators auf die der S\u00e4ule \u00fcbertragen, und zuletzt zwischen die Multiplicatorenden in ihre fr\u00fchere Lage gebracht wurden. Auch wird man, mit H\u00fclfe dieser Versuchsweise, dieselben im Allgemeinen best\u00e4tigen k\u00f6nnen. Um jedoch diese Erscheinungen genauer zu verfolgen, mufsten feinere H\u00fclfsmittel angewandt werden.\nErstens mufsten die Versuche, statt mit unf\u00f6rmlichen Gewebemassen, wie ein Froschschenkel sie darbietet, mit einzelnen Muskeln angestellt werden.\nSodann erwies es sich als unumg\u00e4nglich noting, dafs die thieri-schen Theile, w\u00e4hrend sie vom erregenden Strom getroffen wurden, unverr\u00fcckt im Multiplicatorkreise blieben. Es war n\u00e4mlich oft zweifelhaft ob eine nach der Einwirkung des Stromes beobachtete Ver\u00e4nderung des elektromotorischen Verhaltens herr\u00fchre von dieser Einwirkung oder von ver\u00e4nderter Lage der thierischen Theile zwischen den Mulliplicator-enden. Dazu mufsten diese Theile also nebst der beiderseits zun\u00e4chst daran stofsenden Strecke feuchten Leiters beliebig zu einem Theile bald","page":382},{"file":"p0383.txt","language":"de","ocr_de":"erregende Strom zu-, der erregte davon abzuleilen sei.\n383\ndes Multiplicatorkreises, bald der erregenden Kette gemacht werden k\u00f6nnen, ohne dafs im letzteren Fall eine Wirkung der Kette auf die Nadel anders bemerkbar wurde, als nachdem die thierischen Theile wieder Theil des Multiplicatorkreises geworden, in Folge der Einwirkung des Stromes auf dieselben. Dies suchte ich zuerst mit H\u00fclfe der Fig. 150 Taf. VI. im Grundrifs schematisch dargestellten Anordnung zu erreichen.\nAuf einer wohl isolirenden Unterlage sieht man in M, Mx die gew\u00f6hnlichen Zuleitungsgef\u00e4fse des Multipticators 3J\u00ce nebeneinander so aufgestellt, dafs ihre Platinplatten nicht in einer Ebene liegen, sondern dafs das eine Gef\u00e4fs, M in der Zeichnung, eine gewisse Strecke hinter dem anderen Mx zu stehen kommt. M und M x gegen\u00fcber und in gleicher Entfernung von beiden, befinden sich zwei ganz \u00e4hnliche Zuleitungsgef\u00e4fse S, Sx, in denen aber die Kochsalzl\u00f6sung durch ges\u00e4ttigte schwefelsaure Kupferoxydl\u00f6sung und die Platinplatten durch Kupferplatten ersetzt sind. Diese Gef\u00e4fse stellen die Enden der erregenden Kette 3 dar, deren Best\u00e4ndigkeit dergestalt m\u00f6glichst gesichert ist. Zinkplatten in ges\u00e4ttigter schwefelsaurer Zinkoxydl\u00f6sung w\u00e4ren als Elektroden der S\u00e4ule vielleicht insofern vorzuziehen gewesen, als die Polarisation mittelst derselben noch sicherer vermieden wird. Doch bietet die Kupferl\u00f6sung verm\u00f6ge ihrer F\u00e4rbung den Vortheil dar, dafs man die Grenzen ihrer Verbreitung in B\u00e4uschen, R\u00f6hren mit Fl\u00fcssigkeit u. d. m. stets leicht erkennt und daher nie Gefahr l\u00e4uft, durch unbemerkte Verunreinigungen mit derselben in die Irre gef\u00fchrt zu werden. Die vier Gef\u00e4fse sind mit Zuleitungsb\u00e4uschen der gew\u00f6hnlichen Art versehen, von denen die in S,S, tauchenden nat\u00fcrlich mit der Kupferl\u00f6sung getr\u00e4nkt sind. Die L\u00fccke zwischen dem Bausch in M und dem in S, und die zwischen dem in Mx und dem in Sx, sind mit Il\u00fclfsb\u00e4uschen H, H, von der eigent\u00fcmlichen Gestalt \u00fcberbr\u00fcckt, die man in der Figur erkennt. Diese B\u00e4usche, die ich die Querb\u00e4usche nennen will, sind mit Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkt, und ruhen deshalb unmittelbar auf den ebendamit getr\u00e4nkten Zuleitungsb\u00e4uschen des Multi-plicators in M und Mx auf. Hingegen von den Zuleitungsb\u00e4uschen der S\u00e4ule S und Sx sind sie durch mehrere Lagen Fliefspapier getrennt, von denen die unteren an die Zuleitungsb\u00e4usche stofsenden mit schwefelsaurer Kupferoxydl\u00f6sung, die oberen, an die Querb\u00e4usche stofsenden mit Kochsalzl\u00f6sung getr\u00e4nkt sind. Diese Sicherheitsb\u00e4usche, wie ich sie nenne, verhindern, dafs die Zuleitungsb\u00e4usche und die Querb\u00e4usche einander verunreinigen, und m\u00fcssen demgem\u00e4fs jedesmal erneut werden, wenn die Kupferl\u00f6sung den mit der Salzl\u00f6sung, und die Salzl\u00f6sung den mit der Kupferl\u00f6sung getr\u00e4nkten Bausch durchdrungen hat. Nat\u00fcrlich ist solche Einrichtung getroffen, dafs der durch die Sicher-","page":383},{"file":"p0384.txt","language":"de","ocr_de":"384 3. Abschn. Kap. VIII. \u00a7. V. 2(\u00ef). Wie den thierischen Theilen\nheitsb\u00e4usche bedingte Unterschied der H\u00f6he der Unterlagen, auf denen die Querb\u00e4usche ruhen, auf irgend eine andere Art ausgeglichen wird.\nWie man sieht bieten die einander gegen\u00fcberstehenden R\u00e4nder ab, cd der Querb\u00e4usche, geh\u00f6rig mit Eiweifsh\u00e4utchen versehen, eine eben so bequeme Gelegenheit zum Auflegen thicrischer Theile dar, als die vorderen R\u00e4nder der Zuleitungsb\u00e4usche bei der gew\u00f6hnlichen Gestalt unserer Vorrichtung, w\u00e4hrend die vorspringenden senkrechten Kanten derselben in anderen F\u00e4llen dienen k\u00f6nnen, um an senkrechte Fl\u00e4chen freischwebender Theile behufs der Erforschung ihrer elektromotorischen Kr\u00e4fte angelegt zu werden. Dergestalt abgeleitete Theile w\u00fcrden, nebst den Querb\u00e4uschen, einen Theil entweder des Multiplicator- oder des S\u00e4ulenkreises bilden, je nachdem der eine oder der andere dieser Kreise geschlossen ist.\nEs fragt sich nun zun\u00e4chst, ob es bei dieser Anordnung und bei offenem Multiplicatorkreise gelinge, den Strom durch die B\u00e4usche und den dieselben verbindenden Schliefsungsbausch zu senden, ohne dafs ein Theil desselben in den Multiplicatorkreis einbreche, und ohne dafs, beim Schliefsen des Multiplicatorkreises unmittelbar nach Oeffnung des S\u00e4ulenkreises, eine Wirkung auf die Nadel stattfinde.\nDies ist in der That der Fall. Bei den grofsen Stromst\u00e4rken aber, und der grofsen Empfindlichkeit des Multiplicators die hier oft nothwendig sind, gen\u00fcgt es dazu nicht, einfach den einen Kreis w\u00e4hrend der Schliefsung des anderen an Einer Stelle zu \u00f6ffnen. Alsdann w\u00fcrde im Fall der Schliefsung des Kettenkreises, wenigstens bei schlechter Leitung zwischen den Querb\u00e4uschen, eine Wirkung auf die Nadel stattfinden nach Art der oben Abth. I. S. 496 beschriebenen. Um diese sicher zu beseitigen, giebt es zwei Mittel. Erstens das oben ebendaselbst angegebene, den Multiplicator sowohl als die S\u00e4ule auf das volkommenste zu isoliren. Zweitens, den Kreis nicht blos an Einer Stelle zu \u00f6ffnen, sondern die beiden Zuleitungsgef\u00e4fse, die zu einem der beiden Kreise geh\u00f6ren, zugleich beziehlich vom Multiplicator oder von der S\u00e4ule abzuschneiden, also in Fig. 150 z. B. den Multiplicatorkreis bei e und f, den S\u00e4ulenkreis bei g und h zu unterbrechen.\nIch hatte, um ganz sicher zu gehen, beide Mittel zugleich in Anwendung gebracht, und es dadurch erlangt, dafs ich von den Gef\u00e4fsen S,Sl aus den Strom einer f\u00fcnfziggliedrigen GiiovE\u2019schen S\u00e4ule durch die Querb\u00e4usche und den sie verbindenden Schliefsungsbausch senden konnte, ohne dafs sich die leiseste Spur einer Nadelbcwegung an dem, sonst zwischen den Gef\u00e4fsen M, M\\ befindlichen, zeitweise aber beiderseits von denselben abgeschnittenen Multiplicator f\u00fcr den Nervenstrom kundgab. Ebenso unbewegt blieb die Nadel, wenn alsdann pl\u00f6tzlich","page":384},{"file":"z0001table1.txt","language":"de","ocr_de":"Bcmd. IL.\nTafel. I\ngez. v. JSmiZ du Bois _ Reymond.\tgest.v. C.E. Weber.","page":0},{"file":"z0002table2.txt","language":"de","ocr_de":"Tafel.TL.\n\u00a3caid.-TT.\nT Z","page":0},{"file":"z0003table3.txt","language":"de","ocr_de":"Jiand JL.\nTafel LU.\ngez. v. 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