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{"created":"2022-01-31T13:55:43.196426+00:00","id":"lit16286","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Demant, B.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 3: 200-204","fulltext":[{"file":"p0200.txt","language":"de","ocr_de":"Beitrag zur Lehre \u00fcber die Zersetzung des Glycogens\nin den Muskeln.\nVon Dr. II. Delimit aus St. Petersburg.\n(Aim (l< iu\tInstitut zu Strujsslmr^.)\nU>it lteilaktiou \u00fbbirnobeit aut 21. April lsTnl)\nIn den Muskeln wurdet Glycogen verh\u00fcltjnissm\u00e4ssig sehr sp\u00e4t entdeckt. Die Ursache^ hiervon liegt ohne Zweifel in der raschen Zersetzung desselben nach dein Absterben des Muskels.\nEi mp rieht1) gelang es in einem Falle bei der Verarbeitung von 200 Pfd. Pferdeilei seit 100 grin, einer zuckerartigen Substanz, die er als Dextrin bezeichnetti, zu gewinnen.\nDagegen bei zwei anderen Pferden war er nicht im Stande dieses Dextrin darzustellen. Es ist jedenfalls h\u00f6chst wahrscheinlich, dass er mit Glycogen und aus demselben gebildetem Dextrin zu th\u00fcn hatte, und der Grund, warum er in zwei F\u00e4llen das Dextrin vermisste, liegt wahrscheinlich in der sp\u00e4teren Verarbeitung der betreffenden Muskeln.\nErst im Jahre 1SG9 wurde von Nasse2) das Glycogen in den Muskeln entdeckt und sp\u00e4ter von Br\u00fccke eine brauchbare Methode zu quantitativen Bestimmungen desselben in thierischcn Organen angegeben. Seitdem wurde von mehreren Autoren, besonders Weiss3), Chan del on4) die Rolle des Glycogens bei den verschiedensten Zust\u00e4nden der Muskeln festgestellt.\nNach dem Tode verschwindet das Glycogen in den Muskeln sehr rasch. Aus den Versuchen von Takacs5) hat sich ergeben, dass 30 Minuten nach dem Tode schon keine Spur von Glycogen in den Muskeln der Kaninchen, die er zu seinen Versuchen gebrauchte, nachzuweisen war.\n11 lTeber einige Bestandtheile der Fleischflnssigkeit. Annal, der Chemie n. Pharm. Kd. CXXXUI. 1*65, S. ;M-:>!)5.\n* \u00ee -Pfl\u00fcgers Archiv, Bd. II. 186U.\n3)\tSitzung d. Wien. Akad. d. Wissenseh. 1871.\n4)\tPfl\u00fcge r*s Archiv, Bd. 15 . 1876.\n% Diese Zeitschrift, Bd. II. 1878.","page":200},{"file":"p0201.txt","language":"de","ocr_de":"201\nDa bei der Zersetzung des Glycogens Zucker und Milchs\u00e4ure gebildet werden, beruht dieser Process sicherlich aut einer Hydratbildung, ohne dass man jedoch berechtigt w\u00e4re, ihn ohne Weiteres als Fermentation auT/.ufassen, weil bez\u00fcgliche Fermente nicht nachgewiesen und w\u00e4hrend des Lebens offenbar auch nicht vorhanden sind, inan m\u00fcsste denn annehmen wollen, dass stets Glycogen in dem Muskel zersetzt und eben so viel gleichzeitig neu gebildet w\u00fcrde. Beruht die Zerlegung des Glycogens beim Absterben des Muskels auf einer Fermentation, so muss das betreffende Ferment bei dem Tode des Muskels selbst erst entstehen.\nUm einen vorl\u00e4ufigen Anhaltspunkt f\u00fcr die L\u00f6sung dieser Frage zu gewinnen, habe ich die Wirkung des Phenol un tersucht, einer Substanz, deren g\u00fchrungshemrnender Ein-lluss auch bei grosser Verd\u00fcnnung bekannt ist, w\u00e4hrend es sich im Uebrigen ziemlich indifferent verh\u00e4lt. Es war anz\u00fc-nehmen, dass wenn unter der Einwirkung .schw\u00e4cher Phenoll\u00f6sung der Process der Zerlegung des Glycogen verhindert wurde, dieser Process den fermentativen zu/urechnen sei.\nZur Entscheidung dieser Frage verfuhr.'ich-in folgender Weise: Kaninchen (alle meine Versuche wurden an Kaninchen ausgef\u00fchrt) wurden durch den Nackenstich get\u00f6dtet, sofort die Bauchh\u00f6hle ge\u00f6ffnet, in die aorta abdominalis eine Gan\u00fcfe eingebracht, und nun unter ziemlich starkem Druck die Aussp\u00fclung der beiden Hinterl\u00e4ufe vorgenommen, zu welchem Zwecke ich stets eine L\u00f6sung von 1V Phenol und zugleich 1% Steinsalz benutzte.\t,\nGew\u00f6hnlich verstrichen bei der Einf\u00fchrung der C\u00cean\u00fcle und anderen Vorbereitungen von dem Tode, des Thieres bis zum Beginn der Einspritzung 4\u20148 Minuten, hi einem Versuche (Nr. V.) dagegen 13 Minuten. Die Aussp\u00fclung wurde so lang\u00ab* ausgef\u00fchrt bis aus der vena cava interior die eingespritzte Fl\u00fcssigkeit ganz farblos wieder heraustloss, ,wel-rlie Procedur \u20182 \u2014 3,4 Stunde in Anspruch nahm. Dann wurde zu verschiedenen Zeiten (wie es in der Tabelle angegeben ist) die Muskulatur von jedem Schenkel besonders abgetrennt und den folgenden Prodecuren unterworfen : Die","page":201},{"file":"p0202.txt","language":"de","ocr_de":"202\ngewonnene Muskulatur wurde m\u00f6glichst fein zerhackt, dann mit der Selicere noch zerschnitten, gewogen und nun in kleinen Portionen in siedendes Wasser gehracht, wobei ich immer darauf achtete, dass das Wasser stets im Kochen bliebe. Die Muskulatur wurde im Laufe von 3 Minuten aufgekocht, dann die Fl\u00fcssigkeit abgegossen, die Muskeln aus der Schale herausgenommen und in einem M\u00f6rser m\u00f6glichst fein zerrieben, dann wieder 3 Minuten gekocht, nochmals zerrieben und endlich zum 3. Mal dasselbe wiederholt, dann die Fl\u00fcssigkeit 14 -Vs Stunde stehen gelassen und nun ab-iiltrirt, der R\u00fcckstand auf dem Filter mit siedendem Wasser vollkommen ausgewaschen. Ras so erhaltene Extract wurde auf dem Wasserbade bis zu ganz geringem Volum (30\u201410 Cc.) abgedampft und zur Abk\u00fchlung in ein kaltes Zimmer gebracht.\nNach vollst\u00e4ndigem Erkalten wurde die Fl\u00fcssigkeit mit Salzs\u00e4ure und Jodquecksilberjodkalium so lange behandelt, bis durch einen weiteren Tropfen des Reagens kein Niederschlag mehr entstand, dann die Fl\u00fcssigkeit abfiltrirt, der R\u00fcckstand mit Wasser, dem etwas Salzs\u00e4ure und Jodquecksilberjodkaliuni zugef\u00fcgt war, ausgewaschen und in dem auf solche Weise erhaltenen Filtrat das Glycogen mit Alkohol ausgetallt; das Glycogen auf ein gewogenes Filter gebracht und zuerst mit schwachem, dann mit 05 procentigem Alkohol ausgewaschen, getrocknet und gewogen. Die von mir dabei erhaltenen Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt.\nVer- such. . \u25a0\tZ<*it in Stunden Vom Tode bis zur Verarbeit, der Muskeln.\tGewicht' der frischen Muskeln.\tMenge des Glycogens.\tGlycogongehalt in l\u2019rocenten.\tZeit in Minuten vom Tode bis zum beginn der Einspritzung.\n1.\ta Stunden. tv.\t\u00f6S Urin.. 77 \"\t0.2(17 0,2*23\t0,35t > 0.200\t5 Miiyiteu.\nII.\t3\u2018, <i\t08 -8() \u25a0\t0.104 0.0*24\t0.1 (KJ 0.030\t8;\nIII.\t3', 7\t'>\t82 > SS >\to.O it 0.075\t0.053 0.08(>\t4 \u2022 \u2022 /'. \u2022\n- IV.\t3 *\tOS \u00bb 82\t0.170 0.204\t0.182 0,358\tV \\ .1\nV.\tr, > : 3\t8t*. \" 87 \u00bb\t0,078\t0,080\t13\tv\nVI.\t17\t\u00bb 43\tS ,\tV ; 80 \u00bb\t0,081 Spuren\t0,003 ron Glycogen.\t5","page":202},{"file":"p0203.txt","language":"de","ocr_de":"203\nAus dieser Tabelle ist ersichtlich, dass bei \u00ab1er Aus- \u25a0 ' sp\u00fclung der Muskeln mit Phenol die Zersetzung des Glycogens nach dein Tode fast ganz aufgehoben wird und der Glycogengchalt im Laufe von vielen Stunden ganz unver\u00e4ndert bleibi.\t-\nIn den Versuchen III. u. IV. war sogar in den Schenkeln, die viel sp\u00e4ter nach dem Tode verarl\u00bbeitet wurden, der Procentgehalt an Glycogen gr\u00f6sser, als in denen (1er anderen Seite, die mit 3Vs und 5 Stunden fr\u00fcher in Arbeit genommen waren. Dieses h\u00e4ngt davon ab, dass in den letztgenannten Schenkeln die Aussp\u00fclung, zufolge*einer Verstopfung der art. iliacae der betreffenden Seite mit einer Luftblase, nicht so gut gelungen war. Im Versuche V. wurde nur der rechte Schenkel durch die art. iliaca comm. dextra ausge* sp\u00fclt, ! wobei vom Tode des Thieres bis zum Beginn der Einspritzung 13 Minuten vergingen und w\u00e4hrend im. linken nicht ausgesp\u00fclten Schenkel 1 */* Stunden nach dem Tode keine Spur von Glycogen nachzuweisen war, fand sich im Beeilten noch eine bedeutende Menge von Glycogen, wie. aus der Tabelle erhellt.\nIm Versuche VI. befand sich in einem Schenkel 17 Stunden nach dem Tode noch eine reichliche Menge von-Glykogen und im Schenkel der anderen Seite, sogar nach 43 Stunden, obwohl in sehr geringer Menge, die sich nicht zu einer quantitativen Bestimmung eignete.\nAusserdem habe ich noch einen Versuch ausgefidirt mit demselben Erfolge, ohne aber quantitative Bestimmung auszuf\u00fchren und darum ist dieser Versuch aus der Tabelle\nausgeschlossen.\tV\nDurch meine Versuche scheint es mir fest gestellt, dass . das Phenol die postmortale Zersetzung des Glycogens auf l\u00e4ngere Zeit aufliebt, die oben gestellte Frage muss also bejahend beantwortet werden. Man kann sonach, wie ich glaube, mit Sicherheit die Umwandlung des Glycogens in den Muskeln als einen G\u00e4hrungsprocess betrachten, der durch \u00bbin Ferment hervorgerufen wird, welches wahrscheinlich beim Absterben des Muskels gebildet wird.","page":203},{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"204\n*\nIch m\u00f6chte noch zuf\u00fcgen, dass in allen meinen Versuchen, wo der Procentgehalt an Glycogen gering gefunden wurde, der Nackenstich nicht sofort gelungen war, so dass sich heftige Gonvulsioneii vor dem Tode des Thicres einstellten, was nach den Resultaten von Weiss mit einem Glycogen Verlust verbunden sein muss.\nNoch eine 'therapeutische Vermut hung \u00fcber das Phenol auf Grund der obigen Versuche sei mir gestattet.\nIm Laufe der letzten 3 Jahre wurde von mehreren Seiten (Ebstein u. Anderen) das Phenol zur Behandlung des diabetes mellitus vorgeschlagen; man behauptet sehr gute Erfolge bei dieser Krankheit gesehen zu haben.\nDu bei genannter Krankheit es sich doch aller Wahrscheinlichkeit nach um einen gesteigerten Verbrauch des Glycogens und seine Umwandlung in Zucker handelt, zutolge dessen das subjective Hauptsymptom beim Diabetes best\u00e4ndige Mattigkeit und leichtes Erm\u00fcden der betreffenden Kranken ist, so scheint es mir aut Grund meiner Versuche, dass die Behandlung des Diabetes mit Phenol, welches ohne Zweifel die Zersetzung des Glycogens zu ersparen vermag, auch von diesem Standpunkte sehr zweckm\u00e4ssig scheint.\nStrassburg i. E.","page":204}],"identifier":"lit16286","issued":"1879","language":"de","pages":"200-204","startpages":"200","title":"Beitrag zur Lehre \u00fcber die Zersetzung des Glycogens in den Muskeln","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T13:55:43.196432+00:00"}