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{"created":"2022-01-31T15:57:40.895256+00:00","id":"lit16294","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Baumann, E.","role":"author"},{"name":"L. Brieger","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 3: 254-259","fulltext":[{"file":"p0254.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Indoxylschwefels\u00e4ure, das Indican des Harns.\nILRanmann und L Briefer.\n(Auh <lt>r ( tuMnisrlii-u Abthoihuic dt-* physiologischen Instituts in Berlin.i (Der Redaktion zugegiingen atu 1. Juni.)\nDie indigobildend\u00bb* Substanz, die in manchen Pflanzen vorkommt, ist nach den Untersuchungen von Schunck1) ein Ulycosid, das Indican, welches in reinem Zustande noch nicht dargestellt werden konnte. Dasselbe spaltet unter Einwirkung von S\u00e4uren Indigo ab. Schunck und Hoppe-Sey-ler2) haben im Harn von S\u00e4ugethieren das Auftreten einer Substanz constatirt, die \u00e4hnliche Eigenschaften zeigt, wie das Indican der Pflanze, d. h. bei Behandlung mit S\u00e4uren Indigo lietert. \u2018Schunck hielt daher diese Substanz tur identisch mit dem Indican der Pflanze, w\u00e4hrend Hoppe-Seyler3) wegen der leichteren Zersetzlichkeit des Indicans der Pflanze die Identit\u00e4t, desselben mit der Indigo bildenden Substanz des Harns bezweifelte.\nJaffe4) hat sp\u00e4ter als Quelle der Bildung des Indicans im Thierk\u00f6rper das Indol ermittelt, welches nach Nencki\u2019s5) Untersuchungen bei der F\u00e4ulniss der Eiweissk\u00f6rper in erheblicher Menge gebildet wird. Jaff\u00e9 hat ferner gezeigt, dass die Indigobildung bei der Zersetzung des Indicans in Folge einer gleichzeitig sfatBindenden Oxydation eintritt und reichlicher ist, wenn man neben der S\u00e4ure kleine Mengen oxy-dirender Mittel (Uldorwasser oder Uhlorkalkl\u00f6sung) einwirken l\u00e4sst.\nNencki6) hat das durch Einwirkung von S\u00e4uren allein\n*\u00bb Jaliresber. d. Chemie. 1855, S. \u00bb159 ; 1857. S. 5\u00ab\u00bb4: 1858. S. 465\n\u25a01 Arch. f. patliol. Anatomie, c27, S. 388.\n*) Chemische Analyse, 4. Aull. 1875, S. 191.\n*1 Pfl\u00fcgers Arch. 3, S. 418.\n*) Ber. d. deutsch, cliein. Gesellsch. 8, S. 33C\u00bb.\n\u2022l Id. 9. S. 3\u00fc0.","page":254},{"file":"p0255.txt","language":"de","ocr_de":"255\naus dem lndican entstehende Spaltungsprodukt dargestellt. Dasselbe ist ein in Alkohol und- Act her l\u00f6slicher, t heil weise -.ublimirbarer rot lier Farbstoff.\nDer Kii'ie von uns1) hat vor einigen Jahren nachgewiesen. dass das lndican in Ptlanzcn (Isatis tinctoria) durchaus verschieden ist: von der Indigo bildenden Substanz des ltarns, \u00bblass das lndican des Harns kein (\u00bblycosid istv sondern die. Eigenschaften einer starken S\u00e4ure besitzt und bei seiner Versetzung mit Salzs\u00e4ure Schwefels\u00e4ure abspaltet. Das In-dic.au des Harns w\u00e4re'demnach'als eine Aelherschwefels\u00e4ure aulzulassen, die sich von einem llydroxylmdol ableite wie die Phenolschwi\u2018leis\u00e4ure vom Phenol.2)\nDiese Scbliisse, welche der Eine von uns aus. seinen fr\u00fcheren Untersuchungen gezogen hatte,, konnten als unanfechtbar aber erst dann gelten, wenn dieselben (lurch Dar-* Stellung und Untersuchung des reinen liidicans aus dem Harn best\u00e4tigt werden konnten. Mittelst der von dem Am deren von uns3) vor Kurzem beschriebenen Met linde der Indolbereilung konnten wir uns gegen 20 grm. reines Indol verschaffen, das wir zur Gewinnung des ludicans innerhalb \u00e4 'ragen an <*iiM*n ca. 21* Kilo schweren kr\u00e4ftigen Hund verf\u00fctterten. Das \"Uliier erhielt an den ersten 3 Tagen je^3 gr. Indol: da es diese (iahen sehr gut ertrug, bekam es am 4. Tage 4 grm. und am 5. Tage etwas \u00fcber 5 grm. Indol. Der Harn des Thieres zeigte eine r\u00f6llilicb braune Farbe. Die Schwefels\u00e4uren Salze waren schon nach dem ersten Tage sehr vermindert. Der Harn nach der letzten und gr\u00f6ssten Indolgabe war frei von Sulfaten. Der Abnahme der Sulfate entsprechend waren die gepaarten Schwefels\u00e4uren vermehrt.\nDer an lndican enorm reiche Harn wurde zur Kristallisation eingedampft; die von Salzen und auskrystallisirtem Harnstoff getrennte braunrolhe Mutterlauge.wurde mit AI.*\nkohol von 9<f% b xtrahirl. Der ca. 5 Liter betragende afko-\n> \u2019\n') PfI iiger's Arch. la. S. 201. Diese Zeitsclir. 1. S. liO.\nD E. Baumann. Die synthetischen Processe im Thierk\u00f6rper, Berlin. Itirschwald 1X78, S. Dl.\t\u2022\n3i Brieger, diese Zeitsclir. 3, S. 141.","page":255},{"file":"p0256.txt","language":"de","ocr_de":"250\nholisclie Auszug wurde nun in der K\u00e4lte mit alkoholischer L\u00f6sung von Oxals\u00e4ure versetzt, so lange ein Niederschlag entstand. Nach 10 Minuten wurde der Niederschlag abfil-trirt, das Filtrat wurde ohne Zeitverlust mit weingeistiger Kalil\u00f6sung bis zur schwach alkalischen Reaction versetzt, von ausgeschiedenem oxalsaurem Kali abtiltrirl, bis auf etwa i Liter eingeengt und mit einem gleichen Volumen Aether gefallt. Es entstand ein reichlicher syrup\u00f6ser Niederschlag, der neben Salzen, Harnstoff, Extraktiv- und Farbstoffen den gr\u00f6sseren Theil der Indigo bildenden Substanz enthielt. Dieser Syrup wurde nun mit 5)0% Alkohol wiederholt ausgekocht und wieder mit dem gleichen Volumen Aether gef\u00e4llt.\nDurch wiederholte F\u00e4llung der alkoholischen L\u00f6sung1) mit Aether gelingt allm\u00e4lig eine vollkommene Abtrennung des Harnstoffs, w\u00e4hrend beim Wiederaufl\u00f6sen dieser Niederschl\u00e4ge in Alkohol ein Theil der Extraktivstoffe ungel\u00f6st zur\u00fcckbleibt. Die so gereinigte alkoholische L\u00f6sung wird nun mit Aether so lange versetzt bis eine bleibende Tr\u00fcbung entsteht. f Beim Stehen in der K\u00e4lte scheiden sich an den W\u00e4nden des Gef\u00e4sses Krystallwarzen, die aus mikroskopischen Bl\u00e4ttchen bestehen, ab. Zuweilen finden sich in der\nFl\u00fcssigkeit nach einiger Zeit grosse durchsichtige Tafeln. Beide Krystallisationen bestehen aus der Kaliumverbindung der Indigo bildenden Substanz. Durch allm\u00e4ligen weiteren Zusatz von Aether werden die Krystallisationen noch reichlicher, daneben entstehen aber noch immer schmierige Niederschl\u00e4ge. Letztere werden von den Krystallen durch Abwaschen mit kaltem Alkohol getrennt. Die Krystalle werden nun durch\n1-2 maliges Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol gereinigt. Man erh\u00e4lt sie so in blendend weissen, gl\u00e4nzenden \u25a0j\t} ^in ihrem Aussehen erinnern an\nphenol- oder kresolschwefelsaures Kalium.\n11 Fin kleinerer Theil des Indicans gehl immer in die alkohol\u00e4therische L\u00f6sung \u00fcber, aus welcher er durch viel absoluten Aether ausgef'\u00e4llt werden kann.","page":256},{"file":"p0257.txt","language":"de","ocr_de":"257\n\u201cBer. 58,2%' 2,5U \u00bb 15,5 \u00bb 3S,2 \u00bb\nDie Analyse ergab \u00ablie Zusammensetzung :\nI !\u00ab 11\u00ab N SO4 K.\n(Jet.\nG\t57,8\t%\nH\t2,55\u00bb\nK\t15,7\t\u00bb\nS(>4\t57,b\t\u00bb\nDas ludican \u00ables Harns ist, wie aus (let* Analyse, und mis den im Nachstehenden beschriebenen Kigimschafieh her-vorgeht. die Alkaliverbimlung \u00abl\u00ab*r Aetherschwtdels\u00fcure eines fivdroxylirteu Indols, di\u00ab* wir ludoxylsebw\u00ab lels\u00e4nre nennen. Ks erscheint ang\u00ab*z\u00ab*igt f\u00fcr die Indigo bihlend\u00ab* Substanz des Harns mir l<*tzt<*r<* Bezeichnung gellen zu lassen lind \u00ablen \\anu*n \u00ablinlicau\u00bb ausschliesslich f\u00fcr \u00abli\u00ab* Indigo bildende S\u00fcb-slai,/. \u00abI\u00ab*r\tBilanz\u00ab*, die von\tder ln\u00abloxyls\u00ab bw\u00ab\u2018lels\u00c4ur<*-absolut\nversrhii\u2018\u00abl<*n ist, zu gebrauchen.\t/\nDas indoxylscbwetelsaur\u00ab* Kali z\u00ab*i^t in .seinem chemisch.-u Verhalten die gr\u00f6sst\u00ab* liebereinst immun# mit dein plie-imlschwelelsanivn Kalium. Fs ist in Wasser l\u00ab*icht, sehr schwer in kaltem, l\u00ab*ichler in beiss\u00ab*m Alkohol l\u00f6slich. Die huloxylscliwetels\u00fcure wint wie all\u00ab* A\u00ab*tberschw\u00ab*fe1s\u00e4uren von Phenolen l\u00ab*\u00efeht heim Frw\u00e4rmen mit verd\u00fcnnter Salzs\u00e4ure in Scbw\u00ab*fels\u00fcure und <*inen ph\u00ab*n\u00abdartigen K\u00f6rper gespalten; bei \u00ablieser Zers\u00ab*tzung verf\u00e4rbt sich \u00ablie Fl\u00fcssigkeit und <;s tritt ein \u00ab*igentlitimliehor fae\u00e4lartiger (i\u00ab*ru\u00abb Versclmden von 'dem des Indols un\u00abl Skatols auf. Isl die Fl\u00fcssigkeit massig eon-\u00ab\u2022\u00ab\u2018iilrirt, su_si\u00ab*ld man heim B\u00ab*giiin\u00ab* \u00abl\u00ab*r Zersetzung die Ab-sebeidung \u00f6liger Str\u00ab;ifen und Tropfen. Diese, ebenso, der <\u00bb\u00e9-rueli verscliwin\u00abl\u00ab*u bald und das urspr\u00fcngliche Spaltungsprodukt ist alsdann \u00fcberg\u00ab*gang\u00ab*n in einen amorphen braiumn K\u00f6rper, d\u00ab*r sieb in Alkohol, Aether -und Chloroform, luit hither Farbe l\u00f6st; in Wasser ist er unl\u00f6slich. Neben diesem rotheir Farbstoff enth\u00e4lt \u00abl\u00ab*r braune Ni\u00ab*\u00abterschlag immer .Imligo. Wild \u00ab1er Luftzutritt bei \u00abl\u00ab*r Zielsetzung \u00ab1er indoxylsehwofel-s\u00e4ur\u00ab* vollkommen ausgeschlossen, s\u00abi entsteht nur \u00ab1er rot he Farbstoll. Wird \u00abli\u00ab* Spaltung mit Salzs\u00e4ure, hei Gegenwart von gelind\u00ab* oxydirenden Substanzi'ii ausgef\u00fchrt, so entsteht\nZfitsclirift f. |\u00bbli> wi\u00bb.\u00bbl. Cluiuin, 111.\t17.'.","page":257},{"file":"p0258.txt","language":"de","ocr_de":"258\nIndigo. Am besten eignet sich zu dieser Oxydation das Eisonchlorid; f\u00fcgt man zu einer L\u00f6sung von indoxylschwe-felsaurem Kalium in Wasser einige Tropfen Eisenchlorid, su tritt zun\u00e4chst keine Iteaktion ein; auf Xusatz von eonceu-trirtcr Salzs\u00e4ure entsteht schon in der K\u00e4lte erst Griin-dann Blau-F\u00e4rbung. Letztere vermehrt sich alhn\u00fclig; gelindes Erw\u00e4rmen auf b<)-7<r beschleunigt die \u00c0nsscb\u00e9idw\u00bb^ des Indigos, der- sich am Boden des Gef\u00e4sses in dichten, krystallinischen Flocken sammelt. Die dar\u00fcber stehende Fl\u00fcssigkeit erscheint nur schwach gef\u00e4rbt, wenn man nicht zu hoch erhitzt oder einen allzugrossen Ueberschuss von cdncentrirler Salzs\u00e4ure angewendet hat.\nDer ansgeschiedene Indigo enth\u00e4lt Spuren von dem rot lien Farbstoff, die durch Waschen mit Alkohol ent lernt werden k\u00f6nnen; alsdann ist er chemisch rein und identisch mit aus der Dtlauze gewonnenen ludigbluu.\nDie Zersetzung der Indoxylschwetelsaure durch Salzs\u00e4ure bei Gegenwart von Wasser.geschieht also in folgender Weise :\n<* 11\u00ab\\S<>4 K\"+ ILO C\u00ab Ile X. OH + KI1S04 Das erste Spaltungsprodukt ist das Indoxyl, das sich aber ausseronlentlich leicht weiter ver\u00e4ndert; dasselbe geht ohne Zweifel durch eine Gondensalion, in den rolhen F\u00e4rbst oll -\u00fcber, dessen Formel wir bis jetzt noch nicht gen\u00fcgend lest stellen konnten. Durch Oxydationsmittel gelingt es nicht diesen rolhen Farbstoll' in Indigo \u00fcberzuf\u00fchren. Wichtiger ist die Oxydation des Indoxyls zu Indigo:\n2 ((\u00bbs Ile NOU) -f O2 = Gie Mn\u00bb N2 Oa 21L 0\nIndoxyl\tIndigo\nDiese Oxydation gelingt am leichtesten mittelst E i sen -chlorid, wenn reine Indoxylsehwefels\u00e4ure mit Salzs\u00e4ure zerlegt wird. Sind neben der Imloxylschwefels\u00e4ure gleichzeitig andere leicht oxydirbare Substanzen in gr\u00f6sserer Menge in L\u00f6sung, wie dies im Harn der Fall ist, so ist es besser, zur Oxydation ein st\u00e4rkeres Agens einige Tropfen Ghlorwusser oder unterchlorigsaures Natron anzuwenden.\nErhitzt man indoxylschwefelsaures Kali in neutraler","page":258},{"file":"p0259.txt","language":"de","ocr_de":"259\nw\u00e4sseriger L\u00f6sung aut 120\u2014130\u00b0, so tritt vollst\u00e4ndige Zersetzung ein; es entsteht ein brauner Niederschlag, der neben Indigo den rothen Farbstoff enth\u00e4lt. In der w\u00e4sserigen L\u00f6sung ist saures, schwefelsaures Kali.\nBeim Erw\u00e4rmen mit Wasser und Aelzkali ist die Indo-\\yIscliwefeIs;iure ebenso resistent wie die Dhonolschwefel-s\u00e4ure; mehrst\u00fcndiges Erhitzen auf 100\u2014170\u00b0 bewirkte bei Legenwart von Aelzkali keine Zersetzung.\nWird \u00ablas trockene iudoxylschwefelsaure Kali, in einer trockenen Heagirr\u00f6hre rasch bis zum schwachen Gl\u00fchen \u00fcber einer starken Klamme erhitzt, so entwickeln.sich unter Zersetzung purpurne D\u00e4mpfe von Indigo, der sich' im k\u00e4lteren I heile verdichtet; zugleich trill tier; Geruch auf, der\nsich beim Sublimiren des Indigos entwickelt.\t*\n\u00bb *\nDie stets mehr oder weniger braunrothe F\u00e4rbung \u00abtos Harns, welcher reich an hidoxylschwefejs\u00fcure ist, wird, wie aus dem Mifgetheilteu hervorgehl, nicht durch die. Gingen wart dieser S\u00e4ure selbst bedingt, sondern wie es scheint, durch Weitere Oxydationsprodukte des Indols im Thierk\u00f6rper. Diese braunen Karbstotle sieben zu der Indoxylschwefels\u00e4ure in. derselben Beziehung wie die braungr\u00fcnen bis schwarzen Karbstotle des Garbolliarns zu der 1\u2018heimisch wetels\u00fciife1) in demselben,\nDer eine von mis liai diese laitersuchung in Gemeinschaft mit Herrn K. Tie mann, welcher sich bereits an den beschriebenen Versuchen zur Charakterisirung des Ibdoxyls beiheilig! hat, fortgesetzt.2)\n'j Baumann und l\u2019reusse, diese Zeit soli r.% S. 15lj.\n*t S. Her. d. deutsch, clieiil. Oes,'lisch. XII,-, lieft II. 10.","page":259}],"identifier":"lit16294","issued":"1879","language":"de","pages":"254-259","startpages":"254","title":"Ueber Indoxylschwefels\u00e4ure, das Indican des Harns","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T15:57:40.895262+00:00"}