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{"created":"2022-01-31T16:23:03.972504+00:00","id":"lit16304","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Sotnitschewsky","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 3: 391-395","fulltext":[{"file":"p0391.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber Phosphorvergiftung.\nVon Dr. Kotnitwliewsky au* Kiew,\n(Ans dein phyi<iologiS(-h>cheiuiK\u00ab'hen Institute in Strasshnr\u00ab i. K.) (Der Hcdaetion zuge^nnKen am Ti. August.)\nBei der Phosphorvergiftung wird, wie bekannt, eine hochgradige St\u00f6rung des Stoffwechsels beobachtet; dieselbe spricht sich in der Verfettung tier Organe ans, sowie iri dem Auftreten solcher Spallungsproducte der Eiweissk\u00f6rper, die im normalen Zustande nicht Vorkommen, z. B., des Leucins und Tyrosins, weicht4 in der Leber, im Blut* in den Muskeln und zuweilen im Harn gefunden wurden; Alle diese .Er-scheinungen gaben einigen Autoren den Anlass die Phosphorvergiftung mit der acuten gelben Leberatrophie zu identiticiren (Bauer1), Ossiko'vszky2); der Unterschied zwischen beiden Prozessen soll nach ihnen nur quantitativ sein, d. h. in der Intensit\u00e4t liegen.\nAuf Grund neuerer klinischer Beobachtungen (Schult zen und Riess3) und experimenteller Untersuchungen sind an Stellt * von Leucin und Tyrosin andere stickstoffhaltige Materien im I rin gefunden, n\u00e4mlich pepton\u00e4hnliche, in Alkohol unl\u00f6sliche Substanzen, auch Fleischmilchs\u00e4ure; dabei war der Harnsloff-gehalt sehr gesunken fast bis zum Verschwinden. Lebert und Wiss4), Bauer5) und A. fanden hingegen bei ihren Experimenten die Menge des Harnstoffs nicht vermindert, sogar ziemlich gesteigert. Keiner aber von tien obenerw\u00e4hnten Autoren fand im Urin \u00ablas Leucin und Tyrosin, obwohl diese Stolle in verschiedenen Organen nach dem Tode erkannt wurden.\n') Zoitsclvr. f. Biologie. B<1. VII., i\u00bb:l.\n') Wiener med. Presse 1870, Nr. 50 .*,1.\nAnn. U. r.liarit\u00e9kninkeuli., IM. XV., 1. *) Areh. g\u00f9n. d med. 1808. r\u2019) Loc. eit.","page":391},{"file":"p0392.txt","language":"de","ocr_de":"Der Umstand, dass Leucin und Tyrosin w\u00e4hrend dos normalen Lebens im Harn nicht auftret en und dass diese Stoffe, wie bekannt, sehr leicht bei der F\u00e4ulniss von ei weissballigen Substanzen gebildet werden, legt die Frage nahe, off dieselben nicht etwa in den erw\u00e4hnten F\u00e4llen nur als* F\u00fculnissproducte zu betrachten sind. Eine solche Vermutlmiig scheint um so mehr begr\u00fcndet, als diese Stoffe bei derjenigen Krankheit-, wo 'dieselben in dem noch lebenden Organismus gebildet werden, wie bei der acuten gelben Leberatrophie, in allen F\u00e4llen auch im Urin nachgewiesen werden konnten.\nUin die Frage zu l\u00f6sen, ob das Leucin und Tyrosin wirklich auch bei der Phosphor vergi ft ung noch w\u00e4hrend des Lebens gebildet wird, oder ob sie nur postmortale F\u00e4ulnissproducle sind, habe ich an zwei mit Phosphor vergifteten Hunden die Leber untersucht als dasjenige Organ, in welchem diese Stoffe haupts\u00e4chlich in einigen fr\u00fcheren Untersuchungen beobachtet worden sind ; es wurde\ndabei das Eintreten fauliger Z<\nrsetzungen\nmit voller Sicherheit\nvermieden.\nIch gab den Versuchsthicreu kleine Dosen von Phosphor (0,01 gr.) nach und nach steigernd (0,04), um eine m\u00f6glichst hohe Stufe der Ver\u00e4nderungen der Organe zu bekommen, lu den letzten Tagen musste die Anwendung des Phosphors vvegefi des heftigen Erbrechens ausgesetzt werden; obwohl in beiden Versuchen den Thieren ungef\u00e4hr die gleiche Menge Phosphor verabreicht wurde, stellten sich dennoch die Intoxica-lionserscheinungen bei dem zweiten fr\u00fcher ein und verliefen acuter. Sobald alle Vergiftungserscheinungen ihr Maximum erreicht hatten und man vermutlich konnte, dass die Tliiere dem Tode nahe waren, wurden dieselben gd\u00f6dtet.\n\u2022i\nBei der Section fanden sich die schon bekannten, der Phosporvergiftung eigenth\u00fcmlichen Ver\u00e4nderungen, wie Blutungen und Verfettungen der Organe insbesondere eine exquisite Phosphorleber. Die letzere wurde sofort nach der Er\u00f6ffnung der Bauchh\u00f6hle herausgenommen, in kleine St\u00fcckchen zerschnitten, in absoluten Alkohol gebracht und noch unter dem Alkohol in einem M\u00f6rser sorgf\u00e4ltig zerrieben; nach kurzer Zeit wurde der Alkohol abtiltrirt und der auf","page":392},{"file":"p0393.txt","language":"de","ocr_de":"393\ndem Filter zur\u00fcckgebliebene Leberbrei in einer Schale mit einer grossen Menge destillirten Wassers \u00dcbergosse\u00ab, einige Minuten gekocht und nach dem Erkalten die Fl\u00fcssigkeit ab-tiltrirl. Nun wurden Wasser- und Alkohol-Extrakt gesondert zuerst mit neutralem dann mit basischem Blei-Acetat ausgefallt , tiltrirt, aus dem Filtrat das \u00fcbersch\u00fcssige Blei durch Schwefelwasserstoff entfernt, auf dem Wasserbild bis aut ein kleines Volumen eingeengt und endlich an einem k\u00fchlen Orte? zur Kristallisation stehen gelassen.\nNach einigen Tagen konnte man in dem Wasserextraktr\u00fcckstande abgeschiedene kleine Krystulle erkennen} die . bei der mikroskopischen Untersuchung dits charakteristische Aussehen der Tyrosinkrystalle darboten : sie bestanden ans farblosen, seidengl\u00e4nzenden N\u00fcdelchen, welclie hier und da sternf\u00f6rmige Gruppen bildeten. Diese Krystulle gaben beim Kochen mil Millon* s Beagens die f\u00fcr das Tyrosin charakteristische rosarothe F\u00e4rbung. Bei der * mikroskopischen Untersuchung des Niederschlags vom Alkoholextrakt wurden auch Krystulle gefunden, welche kt \u00bbine bestimmbare Formen darstellten: sie bestanden aus k\u00f6rnigen, runden, gelbIicligetarbteii, einzelnen, und zuweilen zusammengesetzten K\u00fcgelchen. Diese Krystulle musste man nach ihrer Form und der Methode der Darstellung als Leucinkrystalle ansprechen.\nBei dem zweiten Versuche, welcher nach derselben Methode ausgef\u00fchrt war, gab die Lebcruntersuchung fast dasselbe Resultat: (1er Unterschied bestand nur darin, dass es in diesem Falle mir nicht gelang, die Tyrosinkrystalle zu erhalten, obwohl das Wasserextrakt bei der Tyrosiiiprobe mit aller Sicherheit ein positives Resultat gab.\nIn diesem Falle habe ich auch den Harn, welcher bei der Section unmittelbar aus der Harnblase aufgefangen war, untersucht: dabei wurde in demselben Leucin und Tyrosin nicht aufgefunden, es zeigte sich aber ziemlich viel Harnstoff und als abormer Bestandteil \u2014 Fleisch milchsaure.\nIch halte mich auf Grund der Ergebnisse dieser Untersuchungen f\u00fcr berechtigt, die Entstehung des Leucins und Tyrosins im Organismus bei der Phosphorvergiftung als eine vollkommen nachgewiesene Thutsache anzunehmen.","page":393},{"file":"p0394.txt","language":"de","ocr_de":"m\nAusserdem wurden von mir noch einige Kxjhm*i11lojiIe ausgebihrt zur Entscheidung der Frage, ob die Anwesenheit drs Phosphors im D\u00fcnndarm irgend einen Einfluss an! die Bildung des Cb y lus und die B cs orpt io n. desselben liai. Diese Versuche wurden an Kaninchen uugcstelll und zwar in folgender Weise.\nDie Thielen blieben zun\u00e4chst w\u00e4hrend i\\ Stunden ohne Nahrung, um den mesenleriellen Chylusgef\u00fcssen Zeit zu geben sich vollkommen zu entleeren. Nachher wurde mittelst einer Schlundsonde in den Magen eine geringe Menge von Phos-phor\u00f6l (die Quantit\u00e4t de* Phosphors = O,0d), welches mit Dununi in eine Emulsion verwandelt war, eingef\u00fchrl und nach einer Stunde wurde Milch gegeben. Ein anderes Kaninchen bekam zu derselben Zeit nur Milch. 3Stunden nach der Milchf\u00fctterung, \u00abds man vermuthen konnte, dass die Bildung des Cliylus erfolgt war und die Desorption desselben-schon angefangen hatte, wurden beide Thieren get\u00fcdtet. Nach der Er\u00f6lfnung der Bauch\u00f6hle boten die Chylusgef\u00e4ssc des Mesenteriums (*inen evidenten Unterschied dar: bei.dem Kaninchen, welchem ich nur Milch in den Magen eingef\u00fchrl hatte', waren diese Gelasse mit Cliylus gef\u00fcllt und stellten sich wie ein Netz von weissen Linien dar, dagegen bei dem anderen, wo Phosphoremulsion voraus gegeben war', waren dieselben fast leer und kaum sichtbar,\nBei der mikroskopischen Untersuchung des schleimartigen D\u00fcnndarminhalts des mit Phosphor vergifteten Thieres konnte mau darin mit Sicherheit die Anwesenheit der Fetttr\u00f6pfchen, resp. den Uebergang der Milch constatiren, ausserdem fand man viele abgestossene Epithelzellen. Die Untersuchung des D\u00fcnndarminhalts auf Phosphor mittelst des Mitscherlichschon Apparates gab ein negatives Besultat, im Mageninhalt dagegen konnte man nicht nur Phosphorgeruch sondern auch Bildung von Phosphord\u00e4mpfen wahrnehmen.\nLetzteres Experiment mit Phosphor\u00f6l habe ich sechsmal wiederholt und immer mit fast demselben Hesultate.\nDann wurde der Versuch in folgender Weise variirt: es wurde bei zwei Kaninchen, welche w\u00e4hrend 20 Stunden nicht gef\u00fcttert waren, die Einspritzung von Oelemulsion mit","page":394},{"file":"p0395.txt","language":"de","ocr_de":"395\nder Pravaz'schon Spritze direkt ins Duodenum gemacht : in eim\u00bbm Falle wurde zur Knudsion reines Oliven\u00f6l im an dt\u2018reu Phosphor\u00f6l genommen. Die Quantit\u00e4t des Phosphors war 0,0:2 gr., die der eiugespritzten Emulsion betrugt) 8 Gern. Eine gr\u00f6ssere Menge .der Fl\u00fcssigkeit war wegen der Contractionen dt*r Wandungen des Duodenums sehr schwer oinzuluhren; dies war besonders der Fall bei der Einspritzung vori Phosphor\u00f6lemulsion. 1 Vs \u00bbStunde nach dieser Operation wurden, beide Thiero get\u00f6dtet.\nBei der Section ergab sich, dass in dem Falle, wo die Emulsion von reinem Ool eingesprilzl war, die Ghylusgefasse obwohl nur unbedeutend mit Ghylus gelullt waren; bei Mein anderen Kaninchen, bei welchem man Phosphor\u00f6lemulsion zur Einspritzung benutzt hatte, waren die Ghylusgefasse leer und fast unsichtbar; ausserdem zeigten sich die Blutgef\u00e4sse der Schleimhaut des D\u00fcnndarms sehr stark ihjicirt.\nAuf Grund dieser Befunde bei allen an den Kaninchen ausgef\u00fchrten Experimenten ist zu vermutheu, da^s die Anwesenheit von nicht zu wenig Phosphor, wenn nicht vollkommen die Ghylusresorption unterbricht, so doch dieselbe sehr bedeutend behindert. Worin die n\u00e4chste Ursache elfter solchen Erscheinung liegt ist schwer zu sa Jen: wahrscheinlich entsteht in Folge der Phosphoroxydalion irgend eine Ver\u00e4nderung der Epithelion des D\u00fcnndarms,; obwohl bei der mikroskopischen Untersuchung kein Unterschied von normalen zu bemerken war.\nWenn auch nach obigen Versuchen die Frage \u00fcher die Einwirkung des Phosphors auf die Ghylusresorption noch nicht als vollst\u00e4ndig erledigt und nach allen Richtungen aufgekl\u00e4rt anzusehen ist, so schienen mir doch die erhaltenen Resultate von einigem Interesse und der Mittheilung werth zu sein.\nZum Schluss benutze ich die Gelegenheit Herrn Prot. Hoppe-Soy 1er, auf dessen Veranlassung Und unter dessen Leitung ich diese Arbeit ausgef\u00fchrt habe, meinen .herzlichsten Dank auszusprechen.","page":395}],"identifier":"lit16304","issued":"1879","language":"de","pages":"391-395","startpages":"391","title":"Ueber Phosphorvergiftung","type":"Journal Article","volume":"3"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:23:03.972509+00:00"}