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{"created":"2022-01-31T12:24:29.113978+00:00","id":"lit16362","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Brieger, L.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 4: 204-208","fulltext":[{"file":"p0204.txt","language":"de","ocr_de":"Ueber die fl\u00fcchtigen Phenole, deren Aetherschwefels\u00e4uren im menschlichen Urin Vorkommen.\nVon Dr. L. \u00dfrieger.\nAssistenzarzt der medicinischen Universit\u00e4tsklinik zu Berlin.\n(Ans der cliem. Abtheilung des pkysiolog. Instituts in Berlin.)\n(Der Redaktion zugegangen am ln. April.)\nIn den Destillationsprodukten des mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uerten Kuhharns wies Staedeler1) neben dem Phenol einen diesem nahestehenden \u00f6ligen K\u00f6rper nach, den er Tauryls\u00e4ure nannte und dem er die Formel C7 Hs 0 zusprach. Engelhardt und Latschinotf2 *) vermutheten die Identit\u00e4t dieser S\u00e4ure mit dem von ihnen k\u00fcnstlich dargestellten a-Kresol, die sp\u00e4ter durch die Untersuchungen Baumann\u2019s8) best\u00e4tigt wurde, dem es gelang, aus dem Pferdeharn phenolschwefelsaures und kresolschwefelsaures Kalium darzustellen. Sp\u00e4ter zeigte Pr eusse4), dass neben dem Parakresol noch geringe Mengen von Orthokresolschwefels\u00e4ure und vielleicht auch von Metakresolschwefels\u00e4ure im Pferdeluirn Vorkommen.\nDie Entstehung und das Vorkommen fl\u00fcchtiger Phenole fand eine Erkl\u00e4rung in dem Auftreten derselben bei der Eiweissf\u00e4ulniss5) und durch den Nachweis derselben Substanzen im Darminhalte6 *). Vor Kurzem haben Baumann\n\u2019) Annalen d. Chemie u. Pharmacie, 77, p. 17 ff.\n') Bericht d. deutsch. ehern. Gesellsch. 1869, p. 447.\n*) Bericht d. deutsch, ehern. Gesellsch. 1876, p. 1389 u. Pfl\u00fcger's Archiv, Bd. XIII.\n4) Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. II, p. 355.\n\u2022) Baumann, Bericht d. deutsch, ehern. Gesellschaft, Band X,\npag. 685.\n*) Br i eg er, Bericht d. deusch. ehern. Gesellsch. Bd. X. p. 1027,\nund Journal f\u00fcr prakt. Chemie [2] 17, p. 134, und Zeitschr. f\u00fcr physiol. Chemie, Bd. Ill, p. 147.","page":204},{"file":"p0205.txt","language":"de","ocr_de":"'\t' 205''\nund ich1) dargethan, dass die bei der Eiweissfaulniss auf-tretenden fl\u00fcchtigen Phenole im Wesentlichen identisch sind mit den bei der Destillation von Pferdeharn mit Salzs\u00e4ure \u00fcbergehenden fl\u00fcchtigen Phenolen. Wir haben daraus geschlossen, dass die Entstehung derselben im Allgemeinen auf eine fermentative Zersetzung von Eiweiss, . bezw, Tyrosin zur\u00fcckzuf\u00fchren sei. Von letzterem ist in der That durch Weyl2) gezeigt worden, dass es bei der F\u00e4ulniss unter gewissen Umst\u00e4nden Par\u00e4kresol bildet.\nF\u00fcr diese Auffassung der Entstehung der fl\u00fcchtigen Phenole im Thierk\u00f6rper war es noch erw\u00fcnscht, auch die Zusammensetzung der im menschlichen Harne als Aether-schwefels\u00e4uren erhaltenen fl\u00fcchtigen Phenole kennen zu lernen, insbesondere mit R\u00fccksicht auf die zeitliche Vermehrung bei gewissen Krankheiten8) (Carcinoma ventriCuli, septischen Zust\u00e4nden, gewissen Infektionskrankheiten, wie Erysipelas, Scarlatina etc.) Ueber die Natur der im menschlichen Harne enthaltenen Aetherschwefels\u00e4uren fl\u00fcchtiger Phenole liegen bis jetzt Untersuchungen nicht vor. Es war nicht daran zu denken, aus normalem menschlichen Ilarn f\u00fcr die Untersuchung hinreichende Mengen zu gewinnen. Dieser Zweck konnte nur erreicht werden, durch Verarbeitung von Harn von Patienten, die an Krankheiten litten, welche mit Steigerung der Phenolausscheidung einhergehen, \u201d Selbstverst\u00e4ndlich wurde darauf geachtet, dass derartigen Leuten w\u00e4hrend dieser Zeit ausser der! gew\u00f6hnlichen Krankenkost keinerlei aromatischen Produkte, sondern nur indifferente Substanzen Verabfolgt wurden.\nEs wurden viele Hundert Liter Meiischenharn auf dem\nf\t\u2022 v '\t* *\t-V\nWasserbade eingedampft und dann mit concentrirter Salzs\u00e4ure destillirt; das Destillat mit Aether a\u00fcsgesch\u00fcttelt, der Aether verjagt und der Aetherr\u00fcckstand mit AetzkalL destillirt bis keine \u00f6ligen Tropfen mehr \u00fcbergingen. Die Trennung der Phenole vom Aetzkali geschah durch Destillation mit\n') Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. III, p. 149.\t\u2022\n*) Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. III, p. 312.\n*) Brieger, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. II, p. 241,","page":205},{"file":"p0206.txt","language":"de","ocr_de":"206\nverd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure. Durch Aussalzen wurden dann die Phenole aus dem Wasser m\u00f6glichst ausgeschieden, \u00fcber Chlorcalcium getrocknet und rektificirt. Eine Fraktion wurde bei 194\u2014105\u00b0 C., eine andere zwischen 195 \u2014 200\u00b0 C. aufgefangen. Die bei 194\u2014195\u00b0 C. siedende Portion, ca. 6 gr., wurde mit concentrirter Schwefels\u00e4ure versetzt, nach 24 Stunden mit Barytwasser neutralist, Kohlens\u00e4ure hindurchgeleitet, um den \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt zu entfernen, und vom kohlensauren Baryt abfiltrirt. Aus der L\u00f6sung wurde durch ges\u00e4ttigtes Barytwasser ein basisches Salz' in kleinen Kry-stallen ausgei\u00e4llt. Die davon abfiltrirte Fl\u00fcssigkeit wurde durch Einleiten von Kohlens\u00e4ure vom \u00fcbersch\u00fcssigen Baryt befreit und dann zur Trockene verdampft, wobei ein schlecht krystallisirendes, leicht l\u00f6sliches Barytsalz zur\u00fcckblieb. Die L\u00f6sung dieses Salzes gab mit Eisenchlorid eine r\u00f6thliche F\u00e4rbung wie phenolsulphosaurer Baryt. Die Barytbestimmung gab etwas h\u00f6heren Werth als dem phenolsulphosaurem Salze entspricht, w\u00e4hrend die C- und H-Bestimmung niedrigere Zahlen ergab. Es scheint demnach, dass dieses Salz\naus einem Gemenge von phenolsulfosauren und phenoldisulfo-sauren Baryt bestand.\nDer mit Barytwasser gewaschene, krystallinische Niederschlag des basischen Salzes wurde in Wasser vertheilt, mit Kohlens\u00e4ure zerlegt, auf dem Wasserbade erhitzt, vom kohlensauren Baryt befreit und dann zur Krystallisation verdunstet. Das Ki ystallwasser entwich bei 110\u00b0 C. Die Analyse ergab Werthe, die f\u00fcr kres\u00f6lsulfosauren Baryt stimmten.\n\tgefunden\t\tr \u201e CHa\n\t\t\t(Ba) SO.\n\tI.\tII.\tIII.\tverlangt.\nc\t32,36\t-\t\u2014\t32,8\nH\t2,93\t-\t\u2014\t2,7\nBa\t-\t26,9\t26,6\t26,#\nMit Eisenchlorid f\u00e4rbte sich eine L\u00f6sung dieses kresol-sulfosauren Baryts sch\u00f6n blau. Aus der F\u00e4llbarkeit des Barytsalzes durch \u00fcbersch\u00fcssiges Barytwasser und der Unl\u00f6slichkeit des basischen Salzes geht mit Sicherheit hervor, dass","page":206},{"file":"p0207.txt","language":"de","ocr_de":"207\ndiese Sulfos\u00fcure mit der von Engelhardt und L a t s chin o ff entdeckten Parakresolsulfos\u00e4ure identisch ist.\nUm zu pr\u00fcfen, ob ausser Parakresol noch isomere Phenole in dem Phenolgemisch enthalten sein w\u00fcrden, habe ich die 2. bei 195\u2014200\u00b0 G. gewonnene Fraktion, ca. 2 gr. mit 10 gr. Kali geschmolzen, mit verd\u00fcnnter Schwefels\u00e4ure behandelt, liltrirt und mit Aether extrahirt.\nDer Aetherr\u00fcckstand wurde mit Chloroform behandelt, nach dessen Verdunsten Spuren einer S\u00e4ure hinterblieben, die nicht krystallisirt erhalten werden konnte. Ihre L\u00f6sung zeigte die Reaktion der Salicyls\u00e4ure. Es ist damit naehge-wiesen, dass Orthokresol jedenfalls nur in Spuren im Harn vorhanden war.\nDer Aetherr\u00fcckstand wurde in viel Wasser aufgenommen mit wenig Bleiacetat versetzt, wodurch alle fremden Beimengungen gef\u00e4llt wurden, liltrirt, Schwefelwasserstoff durchgeleitet, dann erhitzt und das Filtrat verdunstet. Es krystalli-sirte eine S\u00e4ure heraus, die bei 210\u00b0 C. schmolz und ein Molek\u00fcl Krystallwasser enthielt. Ihre Analyse ergab gut \u00fcbereinstimmende Werthe f\u00fcr Paraoxybenzoes\u00e4ure :\nr. \u00bb OII '\num cooii\ngefunden verlangt\t.\n0\t60,9\t60,86\nH\t4,7\t4,34\nAuch das Verhalten dieser S\u00e4ure gegen Eisenchlorid mit dem es einen gelben im Ueberschuss l\u00f6slichen, sowie gegen Bromwasser mit dem es gleichfalls einen gelben\u00bb im Ueberschuss aber unl\u00f6slichen Niederschlag gab, bewiesen auf das Unzweideutigste, dass diese S\u00e4ure Paraoxybenzoes\u00e4ure war.\nEs ist somit festgestellt, dass die Hauptmenge der fl\u00fcchtigen Phenole des menschlichen Harns aus Parakresol besteht. Phenol kommt darin nur in geringer Menge und Orthokresol wahrscheinlich nur in Spuren vor.\nOben habe ich erw\u00e4hnt, dass bei der Destillation des an die Phenole gebundenen Kali \u00f6lige Tropfen \u00fcbergingen.","page":207},{"file":"p0208.txt","language":"de","ocr_de":"1\n208\nSchon Hoppe-Seyler1) gibt an, dass im Pferdeharn neben dem Phenol fl\u00fcchtige kampherartige K\u00f6rper sich vorfinden. Ich habe nun dieses aus Menschenharn gewonnene Oel, soweit der Vorrath reichte, etwas genauer studirt; dieses leicht fl\u00fcchtige Oel ist von hellgelber Farbe und angenehm pfeffer-m\u00fcnz\u00e4hnlichem Ger\u00fcche, erstarrt nicht und ist durch keines der bekannten F\u00e4llungsmittel in krystallinischer Form zu bringen. Es ist specifisch leichter als Wasser, auf dem es in Tropfen herumschwimmt. Einige mit einer feinen Pipette abgehobene Tropfen mit Natrium geschmolzen, geben mit Eisenvitriol und Salzs\u00e4ure Berliner Blauf\u00e4rbung. Dieser K\u00f6rper ist also N-haltig. Er ist unl\u00f6slich in Alkalien, und l\u00e4sst mit verd\u00fcnnter und concentrirter Salpeters\u00e4ure einen weissen, amorphen Niederschlag ausfallen, der sich im Ueberschuss der S\u00e4uren wieder l\u00f6st. Mit rauchender Salpeters\u00e4ure, concentrirter Schwefels\u00e4ure, Millon\u2019s Reagenz f\u00e4rbt er sich roth. Charakteristisch ist sein Verhalten gegen Salzs\u00e4ure, die im Ueberschuss eine sch\u00f6ne rothe F\u00e4rbung desselben erzeugt, die sich alsbald in ein sch\u00f6nes Blau umwandelt, das an die Farbenerscheinung erinnert, die beim Erhitzen von Liweiss mit Schwefels\u00e4ure entsteht. Nach einiger Zeit schwindet dieser blaue Farbenton, um einem schmutzigen Violett zu weichen. Bromwasser ruft mit diesem K\u00f6rper einen harzigen Niederschlag hervor. Essigs\u00e4ure oder Eisenchlorid verm\u00f6gen nicht diesen K\u00f6rper sichtbar zu ver\u00e4ndern.\nGeringe Mengen davon einem Kaninchen unter die Haut injicirt, st\u00f6ren dessen Wohlbehagen nicht im Geringsten.\n\u2018) Handbuch der physiol.- und pathol.-chemischen Analyse 1875, pag. 109.","page":208}],"identifier":"lit16362","issued":"1880","language":"de","pages":"204-208","startpages":"204","title":"Ueber die fl\u00fcchtigen Phenole, deren Aetherschwefels\u00e4uren im menschlichen Urin vorkommen","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T12:24:29.113983+00:00"}