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{"created":"2022-01-31T14:50:03.204720+00:00","id":"lit16363","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Preusse, C.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 4: 209-213","fulltext":[{"file":"p0209.txt","language":"de","ocr_de":"lieber das Verhalten des Vanillins im Thierktfrper. Von C. Prensse.\n(Au\u00bb der chemischen Abtheilung des physiologischen Institute zu Berlin.)\nDurch die Freundlichkeit der Herren Haar mann, und\nReimer gelangte ich vor einiger Zeit in den Besitz diner grosseren Menge reinen Vanillins und eines alkoholischen Extraktes aus Vanilleschoten, und fand so die willkommene Gelegenheit, beide Pr\u00e4parate r\u00fccksichtlich ihres Verhaltens im Thierk\u00f6rper mit einander zu vergleichen. - Einem mittek kr\u00e4ftigen Kaninchen wurde das Vanillin in t\u00e4glichen Bosen von 2 gr., nachdem es in warmer, mit etwas kohlensaurem Natron versetzter Milch gel\u00f6st war, in den Magen gebracht. Tage hindurch zeigte sich keine Aenderung in dem Befinden des Kaninchens. Nachdem es 8 gr. Vanillin erhalten hatte, verminderte sich die Fresslust, und gegen Ende des Ver-. suches nahm es gar keine Nahrung mehr auf. Nach 16 gr. stellte sich bei dem Thier eine l\u00e4hmungsartige Schw\u00e4che der Hinterextremit\u00e4ten ein, welche bis zu dem Tode, der nach 20 gr. eintrat, anhielt. Das Thier ging offenbar an Inanition zu Grunde, eine Auffassung, welche durch die Section ihre Best\u00e4tigung fand. Bei jeglichem Mangel des Fettgewebes war\nder Magen v\u00f6llig leer, seine Innenfl\u00e4che nur mit einer Schicht Schleim \u00fcberzogen.\n. ^as alkoholische Extrakt, welches der Rechnung nach m ca. 12 gr. 1 gr. Vanillin enthielt, wurde in t\u00e4glichen, von 4 12 gr. steigenden Dosen einem zweiten Kaninchen als Emulsion (mit Zucker, Gummi und Wasser bereitet) eingegeben. Mehrere Tage hindurch f\u00fchlte sich das Kaninchen\u2019 wohl, dann verminderte sich die Nahrungsaufnahme, Durchfalle und grosse Schw\u00e4che in den Hinterextremit\u00e4ten traten auf, und schliesslich ging das Thier nach 150 gr. des Extraktes erheblich abgemagert zu Grunde.","page":209},{"file":"p0210.txt","language":"de","ocr_de":"210\nDie auf den Organismus von reinem Vanillin und entsprechenden Mengen reinen Vanillenextraktes ausge\u00fcbten Wirkungen unterschieden sich mithin nur dadurch von einander, dass durch letzteres auch Durchfalle hervorgerufen wurden. Die Versuche zeigen ferner, dass das Vanillin erst in Dosen, welche mehreren Pfunden von Vanille entsprechen, im Organismus St\u00f6rungen erzeugt : die letzteren bleiben jedoch weit hinter denen zur\u00fcck, welche von gleichen Dosen vieler anderer aromatischer Substanzen, z. B. der Salicyl-s\u00e4ure, veranlasst werden.\nDa das Vanillin Speisen nur in Mllgr. oder Bruchtheilen von Mllgr. als Gew\u00fcrz zugesetzt wird, so ist klar, dass die nach dem Genuss von Vanillins zuweilen beobachteten Vergiftungserscheinungen keinent\u00e4lls auf das Vanillin, sondern auf andere in dem Eis enthaltene Substanzen zur\u00fcckzuf\u00fchren sind, was \u00fcbrigens in Uebereinstimmung mit den hier\u00fcber vorliegenden Beobachtungen steht.\nBez\u00fcglich der Ausscheidung des Vanillins aus dem K\u00f6rper entstand die Frage, ob es denselben unver\u00e4ndert, resp. nach welchen Umwandlungen es ihn verlasse. Man konnte annehmen, dass das Vanillin wegen der in ihm enthaltenen freien Hydroxylgruppe\n/ OGH3\\\nI Ce Ha OH\t)\nV CHO\t/\n\u00e4hnlich\twie andere\thydroxylirte, aromatische\tVerbindungen\nin Form einer Aethcrschwefels\u00e4ure ausgeschieden, und dass es wegen seiner Aldehydnatur vor der Ausscheidung zu Va-nillins\u00e4ure oxydirt\tw\u00fcrde. Unter\tdiesen\tGesichtspunkten\nwurde zun\u00e4chst in dem Harn des Kaninchens, das mit Vanillin gef\u00fcttert werden sollte, die Menge der Schwefels\u00e4ure, sowohl die als Sulfate als auch die als Aethers\u00e4ure (B) ausgeschiedene bestimmt. In 50 Cc. normalen Harns wurden von ersterer (A), als S03 berechnet, 0,1416 gr., von letzterer (B) 0,0339 gr. gefunden;","page":210},{"file":"p0211.txt","language":"de","ocr_de":"211\nt Schon nach 2 gr. Vanillin nahm die Aethers\u00e4ure erheblich zu, und zwar in dem Verh\u00e4ltnisse\nJL- lg\nB \u201c 1,\u00f6>\nZu keiner Zeit des F\u00fbtterungsVersuches aber gelang es\ndie Sulfate v\u00f6llig zum Verschwinden zu bringen.;\nUm den Paarling der neu gebildeten Aetherschwefel-saure zu gewinnen, wurde der Harn mit Salzs\u00e4ure auf dem Wasserbade erw\u00e4rmt und mit Aether ausgesch\u00fcttelL Der Aether hinterliess eine braune, syrup\u00f6se Fl\u00fcssigkeit, welche mit kohlensaurem Natron neutralisirt, nochmals mit Aether behandelt wurde. Nach dem Verdunsten desselben wurde ein nach Vanillin riechender R\u00fcckstand gewonnen, aus welchem jedoch, wegen der geringen Menge, die Darstellung des Vanillins in Krystallen nicht gelang.\nNunmehr wurde die vom Aether getrennte alkalische Fl\u00fcssigkeit mit Schwefels\u00e4ure versetzt und mit Aether wieder-holentlich gesch\u00fcttelt. Von demselben wurde eine S\u00e4ure aufgenommen, welche, durch \u00d6deres Umkrystallisiren aus Wasser, und durch Waschen mit wenig Aether gereinigt, in Form feiner weisser Nadeln, denen noch eine Spur von Harnfarbstoff anhing, erhalten wurde. Sie hatte einen Schmelzpunkt von 205.\u00b0 C und sublimirte bei vorsichtigem Erhitzen vollst\u00e4ndig. Sie war stickstofffrei und gab-bei der Elementaranalyse die Zusammensetzung der Vanillins\u00e4ure.\nVon 0,1572 gr. wurden erhalten: COa 0,3276 gr HsO 0,0650 gr. oder\t' \u2019\nVersuch\tTheorie\nG 56,84% ...... 57,14%\nH 4,50 \u00bb\t.\t...\t4,76 *\nObwohl der Schmelzpunkt dieser S\u00e4ure um 6\u00b0 C. niedriger gefunden wurde als der der reinen Vanillins\u00e4ure, welcher von F. Tiemann*) zu 211-212\" C. angegeben wird, so kann doch kein Zweifel an ihrer Identit\u00e4t mit Vanillinsaure entstehen, da schon Spuren fremder Beimengungen ihren Schmelzpunkt erheblich herabzusetzen verm\u00f6gen.\n') Ber. d. deutsch, chem. Gesellscli. 1875, p. 509.","page":211},{"file":"p0212.txt","language":"de","ocr_de":"212\nAus dem Harn, welcher nach F\u00fctterung eines anderen Kaninchens mit dem alkoholischen Extrakte der Vanilleschoten erhalten war, Hess ebenfalls Vanillins\u00e4ure darstellen.\nUm in\u2019s Klare dar\u00fcber zu kommen, ob die Zunahme der Aetherschwefels\u00e4ure nur durch Vanillins\u00e4ure oder auch durch Umwandlungsprodukte derselben bedingt sei, wurden einem Kaninchen 1,1 gr. Vanillins\u00e4ure als Natronsalz in w\u00e4sseriger L\u00f6sung gereicht. Es trat eine nachweisbare Ver-\nA\nmehrung der Aetherschwefels\u00e4ure ein (von \u20145- = 2,8 vor\nD\nA\ndem Versuch zu\u20145- =1,1 nach der Eingabe), und als Paar-\nD\nling der Schwefels\u00e4ure wurde nur die Vanillins\u00e4ure gefunden. Sie war jedoch nicht ausschliesslich als Aethers\u00e4ure ausgeschieden, denn es gelang auch aus dem frischen Harn nach dem Ans\u00e4uern mit Essigs\u00e4ure eine geringe Menge Vanillins\u00e4ure, welche darin mit Schwefels\u00e4ure nicht gepaart enthalten gewesen sein muss, auszuziehen.\nEs blieb noch \u00fcbrig festzustellen, ob unter der l\u00e4ngeren Einwirkung der F\u00e4ulniss die Vanillins\u00e4ure \u00e4hnlich wie ich es f\u00fcr die Protecatechus\u00e4ure, die in Kohlens\u00e4ure und Brenz-catechin gespalten wird, nachgewiesen habe1), eine Zerlegung in Guajacol und Kohlens\u00e4ure\n(c. Ho OH113 = C. H. \u00a3jS% ,,n V \\ COOH\tOH+CO\u00bb/\nerzielt werden k\u00f6nne. Zu dem Zwecke wurden 1,3 gr. Vanillins\u00e4ure als Ammoniaksalz in einem Liter Wasser mit Pancreas einer Temperatur von 30\u201435\u00b0 G. ausgesetzt. Nach zehn Tagen war die Fl\u00fcssigkeit stark in F\u00e4ulniss \u00fcbergegangen und reagirte stark alkalisch. Sie wurde mit Aether \"gesch\u00fcttelt und der Aether verdunstet. Der sp\u00e4rliche R\u00fcckstand f\u00e4rbte sich durch Kochen mit Millon\u2019s Reagenz nicht, reducirte auch alkalische Kupferl\u00f6sung nicht. Es hatte sich somit Guajacol in nachweisbarer Menge nicht gebildet. Als darauf die F\u00e4ulnissfl\u00fcssigkeit mit Schwefels\u00e4ure anges\u00e4uert\n*) Diese Zeitschrift, Band II, p. 330.","page":212},{"file":"p0213.txt","language":"de","ocr_de":"213\nund mit Aether gesch\u00fcttelt wurde, konnte fast das gesammte Quantum der angewandten Vanillins\u00e4ure wieder gewonnen werden.\nDer F\u00e4ulnissversuch hatte somit best\u00e4tigt, dass in dem Kaninchenharn nach Vanillin ein anderes Umwandlungs-\u2019 produkt als die Vanillins\u00e4ure nicht vorhanden war.\nEs mag nicht unerw\u00e4hnt bleiben, dass bei der Untersuchung des Harns die Aufmerksamkeit auch auf einen etwa vorhandenen stickstoffhaltigen, resp. die Pol\u00e4risationsebene drehenden oder Kupferoxyd reducirenden K\u00f6rper, der dem Vanillin die Entstehung verdanken m\u00f6chte, gerichtet gewesen ist, allein weder nach reinem Vanillin noch nach dem Extract der Schote, noch nach Vanillins\u00e4ure selbst wurden derartige Substanzen gefunden. Die Vanillins\u00e4ure hatte somit ihre Verwandtschaft mit der Protocatechus\u00e4ure, deren Verhalten im Thierk\u00f6rper ich schon fr\u00fcher beschrieben habe, bewahrt.\nFasst man die Resultate der vorstehenden Versuche kurz zusammen, so ergiebt sich:\n1)\tUnver\u00e4ndertes Vanillin geht im Thier-' k\u00f6rper nur spurweise in den Harn \u00fcber und wird als Aethers\u00e4ure ausgeschieden.\n2)\tDas Vanillin wird zu Vanilles\u00e4ure oxydirt, welche zum geringsten Theile ungepaart, zum gr\u00f6ssten Theile als Aethers\u00e4ure ausgef\u00fchrt Wird.","page":213}],"identifier":"lit16363","issued":"1880","language":"de","pages":"209-213","startpages":"209","title":"Ueber das Verhalten des Vanillins im Thierk\u00f6rper","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T14:50:03.204725+00:00"}