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{"created":"2022-01-31T16:33:14.973767+00:00","id":"lit16373","links":{},"metadata":{"alternative":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie","contributors":[{"name":"Salkowski, E.","role":"author"}],"detailsRefDisplay":"Zeitschrift f\u00fcr Physiologische Chemie 4: 284-289","fulltext":[{"file":"p0284.txt","language":"de","ocr_de":"Erkl\u00e4rung\nVon E. Salkowski in Berlin.\n(Der Redaktion ztigegaugen am 7. Juni 1880).\nHerr M. NenCki f\u00fchlt sich durch einige Bemerkungen, die ich zu dem von ihm und Schultzen ausgef\u00fchrten F\u00fctterungsversuch mit Glycocoll gemacht habe, beschwert, und halt meine Beurtheilung f\u00fcr unbillig1).\nDieser Vorwurf hat mich umsomehr \u00fcberrascht, als ich mir bewusst bin, eine vollkommen objective Kritik ge\u00fcbt zu haben, und es mir durchaus fern gelegen hat, eine unfruchtbare Polemik heraufzubeschw\u00f6ren. So unbegr\u00fcndet ich den Vorwurf des unbilligen Urtheils danach halte, so bin ich doch aus naheliegenden Gr\u00fcnden gen\u00f6thigt, mich gegen denselben zu vertheid igen.\nIch thue dieses, indem ich zun\u00e4chst ausdr\u00fccklich constat\u00e9e, dass auch meiner Ansicht nach, die Arbeit von Schultzen und Nencki \u00fcber die Vorstufen des Harnstoffs einen wichtigen Abschnitt in der Erkenntniss der Stoffwechselvorg\u00e4nge inaugurirt hat und zu den hervorragendsten Erscheinungen der biologischen Literatur geh\u00f6rt. Diese Anschauung geht aber, glaube ich, zur Gen\u00fcge schon daraus hervor, dass ich die Versuchsreihe von Schultzen und Nencki an die Spitze meiner Mittheilung gestellt und sie ausf\u00fchrlich gew\u00fcrdigt habe, \u2014 ich h\u00e4tte das gewiss nicht gethan, wenn ich derselben nicht einen so hohen Werth beilegte; \u2014 sie geht ferner aus meiner Aeusserung2) hervor : \u00abDiese Ausstellungen beeintr\u00e4chtigen aber nicht das Hauptfactum : Die Harnsloff-vermehrung, die sich nicht aus einer Steigerung des Eiweisszerfalles ableiten l\u00e4sst\u00bb.\n') Diese Zeitschrift, Band IV, S. 190.\n*1 Diese Zeitschrift, Band IV, S. 102. Im Original heisst es in Folge eines Druckfehlers \u00abder\u00bb Harnstoffvermehrung statt \u00abdie*.","page":284},{"file":"p0285.txt","language":"de","ocr_de":"285\nWenn Nencki trotzdem einen anderen Eindruck er* halten hat, bedauere ich dieses Missverst\u00e4ndnis, f\u00fchle ich mich aber von Schuld frei.\nMeine Aeusserung, dass ich die Versuchsreihe allerdings nicht f\u00fcr musterg\u00fcltig halte, die Nencki.beanstandet, ist ein Zugest\u00e4ndniss gegen\u00fcber der Aeusser\u00fcng Feder\u2019s1), \u00abob der von Schultzen und Nencki behaupteteUebergang von Glycocoll oder Leucin in Harnstoff richtig ist, muss V/eiteren Versuchen \u00fcberlassen bleiben\u00bb. Diese Anschauung Feders halte ich nicht f\u00fcr richtig, und ich hatte sie im Sinne, als ich loc. cit. Seite 101 sagte: \u00abUnter der Vor\u00e0us-setzung, dass nach F\u00fctterung mit Glycocoll. kein anderer K\u00f6rper auftreten kann, der beim Erhitzen in alkalischer Fl\u00fcssigkeit Kohlens\u00e4ure bildet, unter dieser Voraussetzung kann man in der That den Beweis (n\u00e4mlich des Ueberganges von Glycocoll in Harnstoff) als erbracht ansehen\u00bb [sc. durch den Versuch von Schultzen und Nencki]. Der Anschauung Feder\u2019s gegen\u00fcber konnte ich nur soviel zugeben, dass die Versuchsreihe selbst nicht musterg\u00fcltig ist. Als musterg\u00fcltig kann meiner Ansicht nach keine Stoffwechselreihe gelten, in der nicht die gesammte N-Einfuhr und -Ausfuhr bestimmt ist. Daraus ergibt sich von selbst, dass ich weit entfernt bin, diese Bezeichnung f\u00fcr meine Versuche zu beanspruchen. Immerhin unterscheidet sich meine Versuchsanordnung dadurch zum Vortheil, dass \u00fcberall die S - Ausscheidung oder wenigstens die Schwefels\u00e4ureausscheidung im Ham bestimmt ist.\nIch sollte meinen, daraus geht wahrlich zur Gen\u00fcge hervor, dass ich die Arbeit von Schultzen und Nencki nicht unbillig beurtheilt habe und gerechter als Andere, deren Urtheil Nencki ruhig hingenommen hat.\nW\u00e4re ich weniger wohlwollend gewesen, so h\u00e4tte icii wohl die Frage aufwerfen k\u00f6nnen, ob es den Prinzipien der chemischen Forschung entspricht, \u2014 selbst 10 Jahre zur\u00fcek-gerechnet \u2014 die Umwandlung einer Substanz in eine andere auf Grund einer Reaction anzunehmen, ob nicht vielmehr\n*) Zeitschrift f\u00fcr Biologie XUI, S. 296.","page":285},{"file":"p0286.txt","language":"de","ocr_de":"286\njeder Chemiker bem\u00fcht sein wird, die neugebildete Substanz zu isoliren und ob etwa f\u00fcr die Versuche am Thier andere Principien der Forschung gelten, wie ausserhalb des K\u00f6rpers ; ich hatte mit einem Worte Sch. und N. den Vorwurf machen k\u00f6nnen, dass sie sich ausschliesslich auf die Kohlens\u00e4ure-entwickelung in alkalischer L\u00f6sung verlassen und auch nicht den kleinsten Versuch zu einer anderweitigen Nachweisung des Harnstoffs gemacht haben.\nDurchaus nicht einverstanden bin ich mit Nencki \u00fcber den Einfluss, den die Art der Versuchsausf\u00fchrung auf nachfolgende Arbeiten gehabt hat. ln diesem Punkt scheint mir Nencki vielmehr seine Verdienste zu \u00fcbersch\u00e4tzen.\nWas zun\u00e4chst die Versuchsanordnung im Allgemeinen betrifft, so sagen Sch. und N. selbst1) : \u00abDie Basis, auf der alle unsere Versuche fundiren, ist das von Voit entdeckte und sicher begr\u00fcndete Gesetz vom Stickstoffgleichgewicht und die bekannte Erfahrung, dass man beim, Thier durch gleichm\u00e4\u00dfige Di\u00e4t eine sehr constante t\u00e4gliche Harnstoffausschei-\u00e0ung erzielen kann etc.\u00bb Damit geben sie den Standpunkt richtig an.\nIn der \u00abEinf\u00fchrung der Bunsen'schen Methode in die physiologische Chemie\u00bb, auf die Nencki sich beruft, vermag ich beim besten Willen keine sch\u00f6pferische That zu erkennen, so wenig, wie in den kleinen Handgriffen, die Sch. und N. zur Erleichterung der Ausf\u00fchrung derselben angeben. Ich halte es vielmehr f\u00fcr selbstverst\u00e4ndlich, dass die Autoren, nachdem sie mit der Liebig\u2019schen Methode Schiflbruch gelitten (gegen deren Anwendung bei F\u00fctterung mit irgendwelchen heterogenen Substanzen Liebig selbst wohl energisch protestirt haben w\u00fcrde), sich nach einer anderen umsahen und die Methode, die Bunsen in detaillirter Weise f\u00fcr den Menschenharn angegeben hatte, nunmehr am Hundeharn anwendeten.\nDass ich meine Versuche nach dem Muster der Nencki-schen angestellt, d\u00fcrfte schwer zu beweisen sein ; ich habe durchweg das Hauptgewicht auf das Verh\u00e4ltnis zwischen\n*) Zeitschrift f. Biologie VIII, S. 128,","page":286},{"file":"p0287.txt","language":"de","ocr_de":"287\nHarnstoff und Schwefel, resp. Schwefels\u00e4ure gelegt, wovon sich bei Sch. und N. keine Spur tindet. Eine gewisse Aehn-lichkeit in der Versuchsausf\u00fchrung muss ja zugegeben werden, aber sie ist in der Natur der Sache begr\u00fcndet r F\u00fctterungsversuche mit heterogenen Substanzen lassen sich eben nicht\nanders anstellen. Oder sollte Nencki es als besonderes\n\u00bb \u00bb\nVerdienst betrachten, dass neben den Bunsen\u2019schen Bestimmungen1) auch die directen N-Bestimmungen ausgef\u00fchrt sind? Der Gedanke lag, scheint mir, nicht gerade fern, umsoweniger als Sch. und N. sowohl den Begriff als auch die Methode hierzu bereits vorfanden.\nNencki macht mir ferner den Vorwurf, dass ich bei der kritischen Betrachtung der Glycocollreihe nicht auch die Publication in den Berichten der chemischen Gesellschaft ber\u00fccksichtigt habe. Dieser Vorwurf erledigt sich sehr einfach dadurch, dass die Mittheilung in den Berichten die vorl\u00e4ufige, die im Voit'schen Archiv enthaltene, die sp\u00e4tere, ausf\u00fchrliche ist. Ein Jeder sieht in der aus-\u2019 f\u00fchrlichen Publication den endg\u00fcltigen Ausdruck der Ansicht des Autors. Es lag f\u00fcr mich gar keine; Veranlassung vor, die fr\u00fchere vorl\u00e4ufige Mittheilung zu vergleichen. Die ausf\u00fchrliche Publication hebt ausserdem naturgem\u00e4ss alle entgegenstehenden Angaben der vorl\u00e4ufigen auf. Gehen wir von diesem Princip ab, so gerathen wir in die heilloseste Verwirrung da Widerspr\u00fcche zwischen vorl\u00e4ufiger und ausf\u00fchrlicher Mittheilung nicht zu den Seltenheiten geh\u00f6ren.\nJedenfalls bin ich erfreut, zu sehen, dass auch Nencki, wie ich, die f\u00fcr das Resultat g\u00fcnstigere Art der Berechnung vorzieht und uns damit der unangenehmen Nothwendigkeit enthebt, Sch. und N. aufs Wort zu glauben, dass das verwendete Glycocoll nur zu etwa */\u2666 aus Glycocoll bestand. Die Verwendung eines so unreinen Pr\u00e4parates h\u00e4tte ja in der That das Vertrauen in die Versuche stark ersch\u00fcttern m\u00fcssen.\n\u2019) Wenn ich diese die \u00abgew\u00f6hnliche\u00bb nannte, so geschah das selbstverst\u00e4ndlich nur zur Unterscheidung von meiner \u00abmodificirten\u00bb. Es geh\u00f6rt in der That einige Voreingenommenheit dazu, um'in dem Wort etwas anderes zu suchen.\t.","page":287},{"file":"p0288.txt","language":"de","ocr_de":"288\nIch f\u00fcr meinen Theil habe freilich nie daran geglaubt, dass Sch. und N. ein so unreines Pr\u00e4parat benutzt haben, und habe darum diese Erkl\u00e4rung \u00abkeine gl\u00fcckliche\u00bb genannt.\nIch kann nicht umhin, zu bemerken, dass auf mich die \u00abAbwehr\u00bb von Nencki den Eindruck macht, als ob Nencki nicht allein durch die Art der Kritik, sondern auch davon schon unangenehm ber\u00fchrt ist, dass icti \u00fcberhaupt Kritik ge\u00fcbt habe. Ich bef\u00fcrchte, dass ich mir noch \u00f6fters das Missfallen Nencki\u2019s zuziehen werde, da ich kritische Besprechungen ebenso f\u00fcr Pflicht halte, wie die Gorrectur sinnentstellender Rechnungs- und Druckfehler, f\u00fcr die ich von Nencki eher Dank erwartet h\u00e4tte.\nWas schliesslich die Aeusserungen Nencki\u2019s \u00fcber die Richtung meiner Arbeiten betrifft, so kann e^ mir nat\u00fcrlich nicht in den Sinn kommen, daraufhin hier eine Verth\u00e8idi-gung meiner wissenschaftlichen Bestrebungen zu schreiben. Derartige, pers\u00f6nlicher Gereiztheit entsprungene Aeusserungen richten sich selbst und bed\u00fcrfen der Widerlegung nicht.\nZu meinem Leidwesen muss ich hieran noch eine Reclamation schliessen. In demselben Heft, S. 205 citirt Brieger sich allein als Autor f\u00fcr die Thatsache, dass phenolbildende Substanz in manchen Krankheiten in sehr vermehrter Menge vorkommt.\nDiese Art des Citirens muss zu unrichtigen Vorstellungen f\u00fchren. Die Thatsache, dass unter pathologischen Verh\u00e4ltnissen die phenolbildende Substanz im Harn in ausserordentlich vermehrter Menge vorkommt, ist von mir allein gefunden1). Ich theile diese Beobachtung mit Niemand \u2014 auch Herrn Briegers Name hat mit dem Fuhd als solchen nichts zu thun \u2014 und ich halte dieselbe allerdings f\u00fcr wichtig, da gerade das reichliche Auftreten bei Ileus und Peritonitis, der von mir betonte Parallelismus mit der Indicanausscheidung auf die Entstehung des Phenols im Darmkanal hinwies, die ich dann durch Unterbindungsversuche am Darm r sicherstellte.\n*) Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1876, Nr. 46.","page":288},{"file":"p0289.txt","language":"de","ocr_de":"289\nHerrn Brieger\u2019s erste Publication*) \u00fcber die Pherioi-ausscheidung im Harn unter pathologischen Verh\u00e4ltnissen ist mehr als 1 * 2 Jahre sp\u00e4ter erfolgt, wie die meinige und auch die Auffindung von Phenol im Darminhalt des Menschen Seitens Herrn Brieger\u2019s immer noch etwa ein halbes Jahr sp\u00e4ter, nachdem ich eben die Unterbindungsversuche am Darme publicirt hatte.\nIch w\u00fcrde gerne annehmen, dass hier ein zuf\u00e4lliges Versehen vorliegt, wenn die fr\u00fcheren Publica! ionen von Br i eg er und die von ihm gutgeheissenen von Nenki im Centralblatt f\u00fcr die medicinischen Wissenschaften (1878 Nr. \u2022 34 und 47) eine solche Annahme nicht ausschl\u00f6ssen.\nHerrn Briegers Verdienste in der vorliegenden Frage sollen nicht bestritten werden, aber ich bin denn doch ge-n\u00f6thigt, zu constatiren, dass dieses einseitige Citiren der eigenen Arbeit dem literarischen Usus widerspricht und das Sachverh\u00e4ltniss hiermit richtigstellen.\n') Ebendaselbst 1878, Nr. 30.","page":289}],"identifier":"lit16373","issued":"1880","language":"de","pages":"284-289","startpages":"284","title":"Erkl\u00e4rung","type":"Journal Article","volume":"4"},"revision":0,"updated":"2022-01-31T16:33:14.973773+00:00"}